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Preisträger/-innen der Obermayer Awards 2022 stehen fest

Auszeichnung für herausragendes Engagement zur Bewahrung jüdischer Geschichte und zur Bekämpfung von Vorurteilen in der heutigen Zeit

Mit den Obermayer Awards wurden in diesem Jahr der Erinnerungsort Badehaus in Wolfratshausen (Bayern), Josef Wißkirchen aus Pulheim (Nordrhein-Westfalen), Shlomit Tripp und ihr Puppentheater Bubales (Berlin), der Förderkreis Synagoge Laufersweiler und Christof Pies (Rheinland-Pfalz), der Verein Treibhaus aus Döbeln (Sachsen) sowie die Geschichtswerkstatt zeitlupe aus Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) ausgezeichnet.

Die Obermayer Awards würdigen deutsche Bürger/-innen und Organisationen, die sich für die Erinnerung an die wichtige Rolle, die die jüdische Bevölkerung vor der Zeit des Nationalsozialismus über Hunderte von Jahren für die deutsche Gesellschaft spielte, einsetzen. Ausgezeichnet werden darüber hinaus Menschen, die sich ausgehend von den Lehren aus der Geschichte der Bekämpfung von Vorurteilen und Rassismus (einschließlich Antisemitismus) widmen und die Verständigung zwischen verschiedenen Gruppen fördern, um dem Aufkommen und der zunehmenden Verbreitung von Vorurteilen etwas entgegenzusetzen.

Die Preisverleihung fand am 25. Januar 2022 im Berliner Abgeordnetenhaus online statt.

„Diese innovativen, engagierten Preisträger/-innen der Obermayer Awards 2022 sind Vorbilder – nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, in denen man sich bemüht, ein Vermächtnis von brutalem Rassismus und Diskriminierung zu überwinden“, so Joel Obermayer, Geschäftsführer der Organisation Widen the Circle, die die Awards verwaltet. „Wir freuen uns besonders, dass unter den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern so viele sind, die mit jungen Menschen arbeiten. Denn wir brauchen das Engagement einer neuen Generation, um eine bessere Zukunft zu schaffen.“

Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner: "Die gegenwärtige Zeit der Corona-Pandemie zeigt, wie schnell wieder Sündenböcke für gesellschaftliche Konflikte gesucht werden. Auch antisemitische Ausfälle und Straftaten häufen sich leider. Ich bin froh, dass wir mit der Verleihung der Obermayer Awards ein Zeichen setzen können für Toleranz, Verständnis und Respekt. Ich gratuliere allen Preisträgerinnen und Preisträgern zu ihren tollen historischen und kulturellen Beiträgen."

 

Die Preisträger/-innen der Obermayer Awards 2022:

  • Erinnerungsort BADEHAUS (Wolfratshausen, Bayern):

Dieses Museum vermittelt die komplexe Geschichte des Lagers „Föhrenwald“ in Bayern. Die ursprünglich für Beschäftigte und Zwangsarbeiter/-innen in einer nahegelegenen NS-Munitionsfabrik errichtete Siedlung wurde nach dem Krieg als Lager für jüdische Holocaust-Überlebende (Displaced Persons) und später als Zufluchtsort für Heimatvertriebene genutzt. Der Verein „Bürger fürs BADEHAUS Waldram-Föhrenwald e.V.“ wurde vor zehn Jahren, 2012, gegen erheblichen lokalen Widerstand gegründet. Seitdem haben die inzwischen über 540 Mitglieder knapp 40.000 Ehrenamtsstunden in die Renovierung des Gebäudes und die Gestaltung innovativer Ausstellungen investiert, die u. a. Filme mit Zeitzeugeninterviews umfassen. Unter der Leitung von Dr. Sybille Krafft bindet der Verein junge Menschen aktiv in leitende und ehrenamtliche Aktivitäten ein und organisiert zahlreiche Veranstaltungen, Workshops und Konferenzen. Während der Pandemie entstand im Rahmen eines Projekts ein Film, in dem junge Deutsche Interviews mit drei Generationen ehemaliger Bewohner/-innen des Lagers Föhrenwald in Israel führen.

  • Josef Wißkirchen (Pulheim, Nordrhein-Westfalen):

Der pensionierte Lehrer begann schon Anfang der 1980er Jahre, die Geschichte der ehemaligen jüdischen Bevölkerung in kleinen rheinischen Städten wie Stommeln und Rommerskirchen zu dokumentieren und aufzuarbeiten. Heute gehört er zu den produktivsten deutschen Autoren im Bereich jüdischer Lokalgeschichte. Zu seinen zahlreichen Publikationen zählt das Werk „Juden in Stommeln“, aus dem später ein Fernsehfilm entstand. Oft begleitet er jüdische Nachfahren auf ihren Besuchen in der Region. Wißkirchen war darüber hinaus Initiator und Berater für die Einrichtung der Gedenkstätte für die Verbrechen des Nationalsozialismus in Brauweiler sowie die Restaurierung und Umgestaltung der Synagoge in Stommeln zu einem Kunstzentrum.

  • Bubales und Shlomit Tripp (Berlin):

Das mobile Puppentheater, 2011 gegründet, vermittelt deutschlandweit jüdische Kultur, Traditionen und Feiertage und wirkt so Klischees und Vorurteilen entgegen – insbesondere bei jenen, die noch keinen Kontakt zu jüdischen Menschen hatten oder erstmals etwas über jüdische Kultur erfahren. Gründerin Shlomit Tripp, Tochter jüdischer Immigranten aus Istanbul, wendet sich mit ihrem Programm vor allem an Kinder. Die Stücke stoßen jedoch auch bei nichtjüdischen Erwachsenen, darunter Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, auf große Resonanz. Die Stücke kommen in vielfältigen interkulturellen und interreligiösen Kontexten zum Einsatz, wobei die Puppen gelegentlich auch Arabisch und Türkisch sprechen. Die Hauptfigur ist Shlomo, ein jüdischer Junge, umgeben von weiteren Puppen wie seiner besten Freundin Aische, die Muslimin ist. Während der Pandemie hat Bubales Filme zu jüdischen Themen produziert, seit Ende 2021 sind Live-Aufführungen wieder möglich.

  • Förderkreis Synagoge Laufersweiler und Christof Pies (Rheinland-Pfalz):

Der Förderkreis wurde nach der Restaurierung der Synagoge in Laufersweiler im Jahr 1989 gegründet und engagiert sich seit 33 Jahren in der Gedenkarbeit; er vermittelt insbesondere jüngeren Menschen ein tieferes Verständnis des einst blühenden jüdischen Lebens der Gemeinde in Rheinland-Pfalz. Als Gründungsmitglied und derzeitiger Vorsitzender des Förderkreises hat Christof Pies entscheidend dazu beigetragen, dass das ehemalige Synagogengebäude heute ein Ort der Begegnung ist und mit Vorträgen, Lesungen und Konzerten belebt wird. Im Jahr 2014 wurde dort das „Forst-Mayer Studien- und Begegnungszentrum für das Landjudentum“ eingerichtet, das sowohl eine Bibliothek als auch digitale Medien umfasst und jugendpädagogische Programme sowie Führungen anbietet – maßgeblich initiiert von Christof Pies und ausgestattet mit Material aus seiner Forschungsbibliothek.

  • Treibhaus e.V. (Döbeln, Sachsen):

Der Fokus dieses Vereins liegt auf der generationenübergreifenden soziokulturellen Arbeit in Döbeln, einer sächsischen Stadt, in der es eine aktive rechte Szene gibt. Trotz Angriffen auf das Gebäude, Angestellte und Mitwirkende ist es dem Verein in den 25 Jahren seines Bestehens seit 1997 gelungen, einen Schutzraum einzurichten, in dem die Besucher*innen aller Altersgruppen sich frei von rechtsradikalen Einflüssen entfalten und ihr Umfeld positiv gestalten können. Das Programm zur Bekämpfung von Vorurteilen schafft Begegnungsmöglichkeiten für Menschen verschiedenster Hintergründe. Die Aktivitäten reichen von Kultur- und Sportveranstaltungen bis hin zu Bildungsangeboten, offenen Werkstätten und Bildungsfahrten. Zu den Projekten gehört auch eine Arbeitsgruppe, die die jüdische Lokalgeschichte während der NS-Zeit erforscht und die Ergebnisse im Kampf gegen Rechtsextremismus einsetzt.

  • zeitlupe | Stadt.Geschichte & Erinnerung unter Trägerschaft der RAA MV e.V. (Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern):

Die Geschichtswerkstatt zeitlupe setzt sich seit fünf Jahren für die Förderung von Demokratie und Menschenrechten in Mecklenburg-Vorpommern ein. Das Angebot umfasst Veranstaltungen und Unterrichtsformate mit Fokus auf jüdischer Geschichte und der Geschichte anderer verfolgter Gruppen in der Region. Eines der Programme widmet sich dem Konzentrationslager Neubrandenburg, einem Außenlager des KZ Ravensbrück. zeitlupe setzt auf Geschichtsvermittlung durch Projekte, die einen direkten Bezug zur Lebenserfahrung der teilnehmenden Jugendlichen und Erwachsenen herstellen. So fand z. B. im Frühjahr 2021 eine Projektwoche mit Auszubildenden in der Kranken- und Altenpflege und anderen Gesundheitsberufen statt. Thema waren die medizinischen Experimente, die im KZ Ravensbrück durchgeführt wurden, sowie der Widerstand gegen diese Versuche.

Hintergrundinformation

Die Obermayer Awards wurden im Jahr 2000 von Dr. Arthur S. Obermayer (1931-2016), einem vielfältig engagierten amerikanischen Unternehmer und Philanthropen, und seiner Frau Dr. Judith H. Obermayer ins Leben gerufen. Die Verwaltung erfolgt durch Widen the Circle. Die Preisverleihung in Berlin wird durch das Berliner Abgeordnetenhaus finanziell und organisatorisch unterstützt. Co-Sponsor ist das Leo Baeck Institut (New York). Weitere Informationen zu den Auszeichnungen und den Preisträger/-innen der Vorjahre finden Sie unter Widen the Circle bzw. WidenTheCircle.org/obermayer-awards.

Widen the Circle verfolgt das Ziel, Vorurteilen zu begegnen, indem ein gemeinsames Verständnis der Vergangenheit gefördert wird. Gegenseitiger Respekt, Versöhnung und Verständigung sollen insbesondere dort gestärkt werden, wo es seit Langem zur Ausgrenzung und Verfolgung einzelner Gruppen kommt. Widen the Circle wurde 2019 als gemeinnützige Organisation gegründet und wird von der Obermayer-Stiftung unterstützt. Derzeit konzentrieren sich die Aktivitäten auf drei Bereiche: Obermayer Awards, Widen the Circle Network, und International Bridge-Building (Internationaler „Brückenbau“ durch Begegnungen).

Pressekontakte:

Tatjana Kirchner (Deutschland) 030-8471-1812 kirchner@kirchner-pr.de
Dan Fleshler (USA) 646-552-1213 dfleshler@gmail.com
Ansgar Hinz (Berlin) 030 2325 1052, pressereferat@parlament-berlin.de