Worte des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich des 'Massakers von Orlando'
23.06.2016 11:00, Abgeordnetenhaus
Ein Massaker in Orlando erschütterte vor knapp zwei Wochen die USA. 49 Männer und Frauen wurden von einem Einzeltäter in einem Club erschossen, über 50 Menschen wurden teils lebensgefährlich verletzt. In diesem Club verkehrten vor allem Homosexuelle. Ein Ort der Musik, des Tanzes und der Lebenslust wurde mit den unzähligen Schüssen ein Ort des Schweigens und der Trauer. Unser Mitgefühl gehört daher den Opfer und ihren Angehörigen. Nach allem, was wir wissen, war dies der infamste Anschlag auf eine Minderheitengruppe, der jemals in den Vereinigten Staaten verübt wurde. Wir leben in Zeiten ausufernder Gewalt. Gewalt gegen Andersgläubige, Gewalt gegen Flüchtlinge, Gewalt gegen Ausländer, Gewalt gegen Homosexuelle, Gewalt gegen Polizisten, ja auch Gewalt gegen Politiker. Vor den Gewalttaten kommt der Hass – der Hass auf Menschen, die vermeintlich anders sind als andere. Das Minderheitenrecht, auf das wir Demokraten so stolz sein können, wird immer häufiger missachtet. Ich möchte anmerken, dass es nicht selten auch Politikerinnen und Politiker sind, die den Hass erst schüren und damit salonfähig machen. Ich denke, es reicht der Blick auf den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Ich denke, es reicht der Blick auf die „Schlacht“ um den Brexit. Ich denke, es reicht der Blick auf politische Gewalttaten in Europa und in Deutschland. Das sind nur einige Beispiele. Vielerorts herrscht ein vergiftetes Klima. Erzeugt wird ein Bewusstsein, dass die jeweilige Gesellschaft spaltet. Wir alle müssen uns die Frage stellen, ob wir in einer derartigen Gesellschaft leben wollen. Für die Mitglieder des Abgeordnetenhauses darf ich wohl sagen: Nein, wir wollen die offene, die bunte Gesellschaft. Wir wollen Freiheit und wir wollen Toleranz. Meine Damen und Herren, wir sollten nicht nur nach Orlando schauen. Auch in Berlin nehmen die gewalttätigen Übergriffe auf homosexuelle Menschen zu. Das zeigt leider der MANEO-Report. Wir dürfen davor nicht die Augen verschließen, sondern müssen entsprechend reagieren. Wir müssen Homophobie und Transphobie bekämpfen und die heterosexuelle Mehrheit muss deutlich machen, dass wir alle gleichberechtigte Mitglieder einer demokratischen und vielfältigen Gesellschaft sind. Das sollten wir heute – mehr denn je – als Auftrag empfinden. Vielen Dank.