Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Walter Momper anlässlich der Enthüllung der Büste des ehemaligen Parlamentspräsidenten Reinhard Führer am Donnerstag, dem 18. November 2010, um 19 Uhr im Festsaal
19.11.2010 00:00, Abgeordnetenhaus
Walter Momper 19.11.2010, Abgeordnetenhaus
- Es gilt das gesprochene Wort –
Anrede,
wir übergeben heute die Portraitbüste von Reinhard Führer der Öffentlichkeit. Die Skulptur des Bildhauers Thomas K. Müller wird die Galerie des Abgeordnetenhauses um das 14. Objekt bereichern. Sie wird neben so berühmten Namen wie Willy Brandt und Otto Suhr und über Berlin hinaus bekannten Persönlichkeiten wie Hanna-Renate Laurien ihren würdigen Platz finden.
In dem Film, den wir nachher sehen, werden Weggefährten von Reinhard Führer zu Wort kommen, die ihn in seinem Leben ein Stück weit begleitet haben. Wir werden zudem die schrittweise Annäherung des Künstlers an sein „Objekt“ mit beobachten können. Die beeindruckende Filmdokumentation ist von Auszubildenden des SOS Berufsausbildungszentrums erarbeitet worden.
Sehr geehrter Herr Führer,
Sie waren mein direkter Vorgänger im Amt. Sie wurden am 18. November 1999 zum Präsidentern des Abgeordnetenhauses gewählt und Sie werden heute mit dieser Bronzebüste geehrt.
Anrede,
Reinhard Führer wurde am 22. November 1945 in einem Flecken namens Gaweinstal in Niederösterrreich in eine südmährische Familie geboren. Die Eltern waren Vertriebene aus dem Sudetenland, also Sudetendeutsche. 1946 kommt die Familie nach Baden- Würtemberg. Reinhard Führer absolviert eine Lehre als Mechaniker.
Anschließend haben Sie in der Elektroindustrie gearbeitet und bildeten sich daneben auf einer Aufbauschule weiter. Facharbeiter sind in Berlin begehrt. Sie beginnen bei „National Regiestrierkassen“, Stundenlohn 3,30 DM!
Die Schule verläßt Herr Führer schließlich mit der Fachschulreife. Danach besucht er bis 1970 die Techniker-Abendschule und erlangt dort den Abschluss als Nachrichtentechniker. 1973 beginnt Reinhard Führer ein Studium an der Akademie für Betriebswirtschaft. Nach dem Abschluss arbeitet Herr Führer als Betriebswirt im gemeinnützigen St. Josef Krankenhaus und danach im Seniorenhaus an der Ullsteinstraße.
Reinhard Führer zieht erstmals 1975 in das Abgeordnetenhaus ein. Schnell macht er sich einen Namen als effizienter Arbeiter, gut vernetzt, kommunikativ – auch über die Parteigrenzen hinweg. 1980 zieht er in den Hauptausschuss ein und wirkt dort für viele Jahre als Haushaltsexperte für die CDU-Fraktion.
Insgesamt ist Reinhard Führer im Abgeordnetenhaus an der Gestaltung unterschiedlichster Aufgaben beteiligt: über fünf Wahlperioden als Abgeordneter immer wieder gewählt, engagiert er sich über vier Legislaturperiodenn hinweg im Ausschuss für Bundesangelegenheiten und im Präsidium. Er arbeitet im Ausschuss für Inneres, für Rechnungsprüfung, für Geschäftsordnung und im Ausschuss für Gesundheit und Umweltschutz, als Mitglied und als Ausschussvorsitzender.
1991 übernimmt Reinhard Führer das Amt des Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses. 1999 kann er seine politische Laufbahn mit der Wahl zum Präsidenten krönen. Die Berliner Zeitung frotzelt: „Der Dauer-Vize wird „erster Mann“ Berlins. Und was sagt Vize Führer selbst bei seiner Wahl?
Ich zitiere besagten Artikel: „ Momper und ich waren zeitgleich als jüngste Abgeordnete ins Parlament gewählt worden, dann habe ich gedacht : Donnerwetter, wie schnell der Karriere macht. Nun habe ich Momper wieder eingeholt.“ Da war ich dann plötzlich Ihr Vize.
Im sagenumwobenen sogenannten Kanzlerzimmer dieses Hauses hält Reinhard Führer die Geschäftsführerrunden ab. Er gilt als zuverlässiger Partner, der sich an Absprachen mit der eigenen wie auch anderen Parteien hält. Wenn die rituelle , offizielle Runde beendet ist, gibt es noch einen inoffiziellen Nachschlag ohne die Ohren der Verwaltung.
2001 verzichtet er auf sein Abgeordnetenhaus- mandat und widmet sich seitdem als Geschäftsführer einem privaten Seniorenhaus in Tempelhof.
Herrn Führers Werdegang ist typisch für die Nachkriegsgeneration: Zum frühen Broterwerb gezwungen, muss Bildung abends und in späteren Jahren nachgeholt werden: der Zweite Bildungsweg, aber mit Eigenfinanzierung!
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge wählte Reinhardt Führer – quasi nahtlos – 2001 zum Vorsitzenden des Landesverbandes Berlin und 2002 zum bundesdeutschen Präsidenten des Gesamtverbandes. Die Übernahme dieses Ehrenamtes ist eine große Ehre , aber auch Herausforderung.
Die Kriegsgräberfürsorge ist international tätig, ihre Arbeit war nicht immer gesellschaftlich so anerkannt wie heute. Mit Reinhard Führer hat die Organisation einen Präsidenten an der Spitze, der - aufgewachsen mit der Verlusterfahrung der Eltern von der Heimat - einen auch ganz persönlichen Zugang zu dem Leitmotiv des Volksbunds hat: „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“.
Heute nun danken wir einem ehemaligen Präsidenten mit der Enthüllung einer Portraitbüste, die an seine Arbeit erinnert.
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