Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich des Parlamentarischen Abends des dbb
16.02.2012 18:00, Kleiner Sendesaal des rbb
-Es gilt das gesprochene Wort-
Sehr gerne habe ich die Einladung zu Ihrem Parlamentarischen Abend angenommen und die Schirmherrschaft übernommen.
Die Tatsache, dass so viele Politikerinnen und Politiker heute bei Ihnen sind, macht deutlich, welch hohen Stellenwert die politisch Verantwortlichen der Arbeit des dbb und seiner Mitglieder beimessen.
Unabhängig von den manchmal vorhandenen Unterschieden in den Auffassungen zwischen Politik und den Interessenvertretungen der Bediensteten, aber auch zwischen den politischen Parteien ist dies grundsätzlich ein positives Zeichen.
Die Verwaltungsreform, der ständig zunehmende Zwang zur Modernisierung von Verwaltungsabläufen, die Föderalismusreform, verschiedene Neuregelungen auf Bundesebene, vor allem aber die notwendigen Einsparungen im Berliner Haushalt haben in den letzten 10 Jahren erhebliche Einschnitte und Veränderungen zur Folge gehabt. Sehr häufig zum Leidwesen der Beschäftigtenvertretungen, der Gewerkschaften und natürlich der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Ich möchte an dieser Stelle bei den Stichworten Verwaltungsreform und Modernisierung die Gelegenheit nutzen, an einem konkreten Beispiel ein großes Lob auszusprechen.
Wenn ein Bürger heutzutage sich z. B. ummelden muss, findet er in der jetzigen Form des Bürgeramtes, der Möglichkeit vorab einen konkreten Termin vereinbaren zu können, eine Serviceleistung vor, die noch vor wenigen Jahren schwer vorstellbar war.
Richtig, die Politik musste die politische Grundsatzentscheidung treffen. Aber die Umsetzung, das neue „Kundenverständnis“, das geht nur mit dem Engagement der Beschäftigten.
Vieles ist auch nur unter dem Druck der notwendigen Haushaltskonsolidierung angepackt worden.
Aus meiner Sicht aber blieb den politisch Verantwortlichen angesichts der massiven Verschuldung des Landes Berlin keine andere Wahl, als diese sehr schmerzliche Konsolidierungspolitik umzusetzen, und weiter fortzuführen. Auch im kommenden Doppelhaushalt ist eine Reduzierung der Anzahl der Beschäftigten enthalten.
Ich weiß nur zu gut, dass die Interessenvertreter der Beamten und Angestellten der öffentlichen Verwaltung es manchmal schwer haben, sich mit ihren Forderungen ausreichend Gehör zu verschaffen, Verständnis in der Öffentlichkeit zu finden und vor allem bei den Verantwortlichen durchzusetzen.
Der Deutsche Beamtenbund hat in den vergangenen Jahren die politischen Entscheidungen sehr kritisch, aber auch konstruktiv begleitet. Nicht umsonst hat er sich mit zahlreichen Vorschlägen immer wieder zu Wort gemeldet.
Allerdings müssen die Tarifpartner auch gemeinsam erkennen, dass Modernisierung und Veränderungsdruck nach wie vor auf der Tagesordnung stehen werden. Globalisierung, neue Technologien, demografischer Wandel, Abbau von Bürokratie und die Schuldenbremse erfordern weiterhin in den Bereichen der öffentlichen Verwaltungen einen Diskussions- und Erneuerungsprozess.
Bei aller Notwendigkeit, die öffentlichen Haushalte zu entlasten, sollte die Politik aber immer darauf achten, im Land Berlin die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ausbildung und Einstellung von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zu kurz kommt.
Gerade vor dem Hintergrund des Wettbewerbs mit den anderen Ländern und den Bundesverwaltungen hier vor Ort und auch mit der privaten Wirtschaft muss Berlin verstärkt obacht geben, bei einem sich abzeichnenden Fachkräftemangel in puncto Besoldung und Qualität nicht ins Hintertreffen zu geraten. Auch dies gehört dazu, wenn wir gemeinsam die Zukunft gestalten wollen.
Ich bin froh, dass wir in unserem Land aktive und einsatzfreudige Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben, die sich für Ihre Kolleginnen und Kollegen voll einsetzen.
Die Konflikte, die sich naturgemäß aus den unterschiedlichen Interessenlagen ergeben, müssen – wenn notwendig – hart, aber fair und mit großem Verantwortungsbewusstsein ausgetragen werden.
Dabei sollten Arbeitgeber und Politik nicht vergessen, wie viel wir alle der Sozialpartnerschaft in unserem Land verdanken. Ohne sie hätte es in der Vergangenheit keinen sozialen Frieden gegeben. Tarifautonomie, Mitbestimmung und starke Gewerkschaften haben unsere Demokratie immer gestärkt und nicht, wie manche uns weiß machen wollen, geschwächt.
Ich wünsche Ihnen einen interessanten Abend mit vielen anregenden Gesprächen.
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