Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland zur Eröffnung des Louis-Lewandowski-Festivals 2014
19.12.2014 15:00, Synagoge Pestalozzistraße
Wir haben soeben einem würdevollen Vorgang beigewohnt – der Wiedereinweihung der hiesigen Synagoge in der Pestalozzistraße. Diese Wiedereinweihung ist auch insofern eine Besonderheit, weil sie mit der Eröffnung des Louis-Lewandowski-Festivals verbunden wird, das sich ebenfalls anschickt, eine Institution in unserer Stadt zu werden. Und so freue ich mich, in diesem Jahr wieder dieses außergewöhnliche Festival mit Ihnen zusammen eröffnen zu können. Das Louis-Lewandowski-Festival ist mittlerweile ein Aushängeschild für Berlin. Musiker aus aller Welt kommen, nehmen teil an diesem Musikereignis und tragen so dazu bei, Berlins Ruf als Kulturhauptstadt zu bereichern. Das ist eine wundervolle Entwicklung und tut Berlin gut. Und ich möchte Ihnen dafür persönlich danken, lieber Herr Busch-Petersen, dass Sie es mit Ihrem unermüdlichen Einsatz und mit Ihren vielfältigen Kontakten immer wieder schaffen, so ein Musikfestival auf die Beine zu stellen. Das ist großartig. In diesem Jahr widmet sich das Festival thematisch den jüdischen Komponisten, die in die Vereinigten Staaten von Amerika flohen, als es dunkel wurde in Deutschland. Sehr dunkel sogar. Und ich habe das ja bereits im letzten Jahr angesprochen, als wir in Berlin an den 80. Jahrestag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erinnerten: damit wurde die kulturelle Vielfalt, und natürlich auch die musikalische Virtuosität in Deutschland massiv zerstört und eingeschränkt. Und die Auswirkungen spüren wir bis heute in den überlieferten Kompositionen. Das werden wir auch im Rahmen des Festivals zu hören bekommen. Unter dem Eindruck der Vertreibung und des neuen Exils in den USA wandelte sich oft auch die künstlerische Eingebung bei etlichen Komponisten. Das diesjährige Louis-Lewandowski-Festival wirft mit seiner Thematik unseren Blick indirekt auch auf das Leben im heutigen Deutschland. In weiten Teilen der Welt nehmen die kriegerischen Auseinandersetzungen zu. Männer, Frauen und Kinder müssen fliehen, lassen ihre Heimat zurück, weil sie sonst in den Wirren der Kriegshandlungen Gefahr laufen zu sterben. Die Menschen sind gezwungen zu fliehen. Sie gehen nicht freiwillig. Nur einige von ihnen kommen nach Deutschland, wollen Asyl. Von den Millionen Flüchtlingen beantragen in diesem Jahr um die 120.000 Flüchtlinge Asyl in unserem Land. Klar, es sind mehr Asylbewerber als sonst. Aber es sind keine Massen. Deutschland kann mehr Flüchtlinge aufnehmen, ohne dass unser Land wirtschaftlichen oder sozialen Schaden nimmt. Ja, wir wissen sogar: Deutschland profitiert von der Migration. Die Menschen, die zugewandert sind, erwirtschaften nach ihrer Integration mehr Volkseinkommen, als die Sozialleistungen für Flüchtlinge und Migranten insgesamt ausmachen. Das ist die Wahrheit, und deshalb sind alle zwielichtigen Proteste, die es in einigen Teilen Deutschlands aus Angst vor sogenannter Überfremdung gibt, vollkommen an den Haaren herbeigezogen. Diese Menschen wollen Frieden und sie wollen Sicherheit in Freiheit. Frieden und Freiheit sind die Stichworte: Sie ermöglichen erst die kulturelle Vielfalt einer Gesellschaft. Frieden und Freiheit nach innen wie nach außen bilden eben die Basis für das Leben im christlich-jüdischen Abendland. Daran hat sich seit Jahrhunderten nichts geändert. Alles, was wir tun, folgt dieser Einsicht. Louis Lewandowski hat es einst viel prägnanter, viel schöner ausgedrückt: „Liebe macht das Lied unsterblich“, waren seine Worte. Ja, aus Liebe zur synagogalen Musik ist auch das Louis-Lewandowski-Festival vor vier Jahren aus der Taufe gehoben worden. Darüber können wir uns alle freuen. Dafür nochmals herzlichen Dank an Sie, Herr Busch-Petersen! Herzlichen Dank auch an Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter! Und einen ganz herzlichen Dank an alle Musikerinnen und Musiker, die dazu beitragen, dass das diesjährige Louis-Lewandowski-Festival wieder ein voller Erfolg wird. Wir alle können sehr froh und stolz sein, dass es das Louis-Lewandowski-Festival gibt hier bei uns in Berlin und dass wir für das Auftaktkonzert diesen ganz besonderen Veranstaltungsort aufbieten können: die wiedereingeweihte Synagoge in der Pestalozzistraße. Ein feierlicher, berührender und schöner Nachmittag in und für Berlin. Vielen Dank, dass ich Ihr Gast sein darf.