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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa
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Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich der Gedenkfeier an der "Säule der Gefangenen"

08.05.2017 11:00

Ich darf mich zunächst ganz herzlich bei Ihnen für die Einladung bedanken. Ich bin heute gerne zu Ihnen gekommen. Es ist es mir wichtig, dass wir Deutsche uns immer daran erinnern, was im sogenannten ‚Dritten Reich‘ geschehen ist. Wie die Menschenrechte kompromisslos missachtet wurden. Wie Jüdinnen und Juden auf grausame und zynische Art verfolgt und ermordet wurden. Ja, und wie auch Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus anderen Ländern in Deutschland ausgebeutet und getötet wurden.   Die Liste der deutschen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur ist lang. All diese Verbrechen aufzuzählen, ist nicht möglich. Das ist das eigentlich Beschämende. Wo soll man anfangen, wo aufhören bei einer Schilderung oder Aufzählung. Was aber deutlich wird, ist dies: Der Terror, der im ‚Dritten Reich‘ herrschte, war durch und durch totalitär. Es war Staatsterror der übelsten Art.   Natürlich liegt die Frage nahe: Gab es so etwas wie Zivilcourage in Nazi-Deutschland? Diese Frage ist meines Erachtens zu bejahen. Es gab viele Menschen, die den Mut aufbrachten, sich zu widersetzen. Ich meine damit nicht nur die Widerstandsgruppen, deren Wirken hervorragend in der ‚Gedenkstätte Deutscher Widerstand‘ dokumentiert ist.   Ich meine vor allem auch die Einzelpersonen oder Familien, die den Mut aufbrachten, Menschen, die verfolgt wurden, zu verstecken. Dazu gehörte schon sehr viel Mut und Zivilcourage in der damaligen Zeit. Das nötigt mir persönlich große Hochachtung ab. Natürlich kann sich Zivilcourage in diktatorischen Regimen bestenfalls versteckt zeigen. Zu groß ist das Risiko, gefasst, gefoltert und getötet zu werden. Und natürlich ist Zivilcourage in diesen Systemen des Staatsterrors kein Massenphänomen. Denn die Angst vor der Repression war allgegenwärtig.   Und dennoch: es gab sie - die couragierten Menschen. Auch während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Berliner Historiker Rainer Sandvoß hat in beeindruckender Weise über viele Jahre die Widerstandsaktivitäten in den Berliner Bezirken zwischen 1933 und 1945 erforscht und rekonstruiert. Auch hier in Steglitz-Zehlendorf gab es viele Beispiele einer ausgesprochen weitgehenden Zivilcourage, wie sein Buch ‚Widerstand in Steglitz und Zehlendorf‘ deutlich macht. Im bürgerlichen Südwesten Berlins waren die Nazi-Hochburgen gegen Ende der Weimarer Republik. Doch spätestens mit der sogenannten ‚Reichskristallnacht‘ versagten viele aus dem humanistisch geprägten Bürgertum dem NS-Staat die bedingungslose Gefolgschaft.   Einige ließen Taten folgen: Versteckten Juden in ihren Häusern; Widerstandskreise wurden gebildet, wie der Solf-Kreis oder die Mittwochsgesellschaft. Auch der Kreisauer Kreis tagte in Lichterfelde im Haus von York von Wartenburg.  Ein weiterer Kreis bildete sich um die unbekannte Lucie Strewe. Sie baute einen Helferkreis auf, der rassisch Verfolgte versteckte. Wir sehen: Es gab Zivilcourage im Dritten Reich. Nicht alle beugten sich dem nationalsozialistischen Terror.   Aber wahr bleibt auch: Es waren nicht genug, um die NS-Diktatur in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Aber was wir eben auch sehen können: es gab schon im Dritten Reich Menschen, die ein anderes Deutschland wollten.  Sie lehnten Hitler-Deutschland ab.   Meine Damen und Herren, heute ist der 8. Mai. Ein historischer Tag für uns Deutsche. Ein Tag der Befreiung, weil Deutschland 1945 militärisch kapitulierte. Und der Tag einer Verfassungsgarantie, gegeben mit unserem Grundgesetz aus dem Jahr 1949: Die Grundrechte und die Menschenwürde sind unantastbar. Für alle Zeit.   Leider müssen wir auch heute noch feststellen, dass es weiterhin Rechtsextremisten gibt, die nichts gelernt haben aus der deutschen Vergangenheit. Die unsere Verfassungsgrundsätze missachten. Wir müssen also wachsam sein und bleiben. Auf ihre eigene Art zeigt diese Wachsamkeit Frau Mensah-Schramm mit ihrer Aktion ‚Putzen gegen den Hass‘.   Sie, liebe Frau Mensah-Schramm, machen so auf ein Problem aufmerksam, dass wir alle sehr ernst nehmen müssen: Wir dürfen nicht zulassen, dass Antisemitismus und Rassismus sich wieder in unseren Alltag einschleichen und gesellschaftsfähig werden. Und dazu gehört auch das Entfernen rechter Parolen an Wänden in der Öffentlichkeit. Ich denke, wir alle freuen uns auf Ihre Worte, die sie gleich an uns richten werden.   Vielen Dank.