Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner zur Feierstunde "70 Jahre Rechnungshof von Berlin"
15.09.2022 18:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal
Ich möchte Sie alle recht herzlich hier bei uns im Abgeordnetenhaus von Berlin begrüßen. Ich freue mich, dass Sie so zahlreich gekommen sind, um eine ganz besondere Berliner Institution zu würdigen.
Wenn der Landesrechnungshof zu Besuch ist, dann ist das nicht immer für alle Beteiligten ein Anlass zur Freude. Hier im Berliner Landesparlament sind Frau Klingen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch stets gern gesehene Gäste. Aus diesem Grund freue ich mich auch besonders, dass wir heute in unserem Hause dieses besondere Jubiläum mit Ihnen allen begehen dürfen.
Herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren vom Berliner Rechnungshof. Sie leisten eine tolle Arbeit für unser Berlin. Sie sind der Garant dafür, dass die Haushaltsgrundsätze in den Verwaltungen unserer Stadt eingehalten werden und auch dafür, dass die Berlinerinnen und Berliner damit rechnen können, dass ihre Steuern zielgerichtet eingesetzt werden. Ich denke, wir alle hier im Saal sind uns einig: Rechnungshöfe sind eine wichtige Instanz für die staatliche Finanzkultur in einer Demokratie. Als Ratgeber und als Kritiker im Haushaltsvollzug, aber auch als Kontrollpartner für Parlamente brauchen wir sie. Hätten wir keine Rechnungshöfe, dann müssten wir sie erfinden. Denn für die finanzielle Balance in demokratisch verfassten Gesellschaften wirken die Rechnungshöfe wie Stabilisatoren. Ich möchte nicht behaupten, dass ohne Rechnungshöfe die finanzpolitische Anarchie ausbrechen würde. Aber in die Richtung würde sich das staatliche Finanzgebaren trotz Haushaltsordnung entwickeln.
Denn zur Wahrheit gehört eben auch, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier gar nicht die Zeit hätten, die Prüfung und Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben in der Exekutive selbst in allen Facetten zu übernehmen. Insofern gibt es zwischen dem Parlament und dem Landesrechnungshof eine staatstragende Verbindung, die dafür sorgt, dass letztlich die Gewaltenteilung auch in finanzpolitischer Hinsicht funktioniert. Ich weiß, dass auch unser Berliner Landesrechnungshof nicht immer einer Meinung ist mit dem Haushaltsgesetzgeber, also dem Parlament.
Wenn es zum Beispiel um die Höhe der Verschuldung des Landes geht, treffen auch immer mal wieder unterschiedliche Auffassungen aufeinander. Ich weiß natürlich auch, dass sich die Prüferinnen und Prüfer des Landesrechnungshofs auch verstärkt Möglichkeiten der Sanktion wünschen würden. Aber die Berichte und die damit einhergehenden Forderungen der Rechnungshöfe haben auch jetzt schon erhebliche Konsequenzen. Die Presse greift die Kritik des Berliner Rechnungshofes immer wieder gerne auf. Das bedeutet, dass die Öffentlichkeit immer davon erfährt, wenn aus Sicht des Rechnungshofes die Finanzpolitik zu beanstanden ist oder beim Vollzug des Haushalts Probleme auftauchen.
Der Berliner Rechnungshof agiert also mit den Ergebnissen seiner Prüfungen nicht im Verborgenen. Das ist sehr wichtig und trägt natürlich auch zur Systemrelevanz der Rechnungshöfe in unserem Land und in den Bundesländern bei. Systemrelevanz ist übrigens ein gutes Stichwort. Systemrelevant in Demokratien ist ganz zwingend die Gewaltenteilung. Das heißt für mich: Entscheidend ist, dass die Legitimität des Parlaments als Haushaltsgesetzgeber nicht in Frage steht. Die gewählten Abgeordneten sind dafür verantwortlich, den Haushalt aufzustellen und den Vollzug des Haushaltes zu beurteilen.
Im Rahmen der Gewaltenteilung gibt die Exekutive - also die Senats- und Bezirksverwaltungen - das Geld aus, das die Parlamentarierinnen und Parlamentarier zur Verfügung stellen. Am Ende muss die Sanktionsmöglichkeit der Verwaltung daher bei den Parlamenten liegen. Der Rechnungshof ist dabei selbstverständlich ein wichtiger Ratgeber, um Hinweise auf fehlerhaftes Finanzgebaren zu bekommen.
Wenn man aber dem Rechnungshof selbst die Sanktionsmöglichkeiten geben würde, würden die Rechte des Parlaments ein Stück beschnitten. Das würde zu weit führen. Trotz dieser klaren Rollenverteilung sollten wir aber die Bedeutung der Rechnungshöfe nicht kleinreden. Dazu besteht überhaupt kein Anlass. Die Bindung der Menschen an unseren Staat hängt auch davon ab, wie wir Politikerinnen und Politiker mit dem hart verdienten Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen. Die Erwartung ist, dass dies sorgsam und verantwortungsvoll geschieht. Dass dieser Erwartung auch entsprochen wird, darauf achtet hier in Berlin nicht zuletzt der Landesrechnungshof. Er übernimmt damit eine Schlüsselrolle für die Funktionsfähigkeit unserer politischen Ordnung.
Wenn es also um öffentliche Kassen geht, ist Vertrauen gut, Kontrolle aber besser. Da geht es um mehr als Geld. Vertrauen ist eben auch eine wichtige Währung für ein Gemeinwesen. Der Landesrechnungshof in Berlin stellt durch seine Prüftätigkeit eben jene Transparenz her, aus der finanzpolitisches Vertrauen erwächst. Er ist also auch ein Hüter unserer Finanzen. Er prüft, berät, er mahnt – und all das hat enorm an Bedeutung gewonnen, in einer Zeit, in der sich die Ansprüche der Bürger an den Staat von Grund auf geändert haben.
Meine tiefste Überzeugung ist: Unser Landesrechnungshof ist damit ein außerordentlich wichtiger Diener unserer Berliner Demokratie – und das seit siebzig Jahren. Damit leistet er einen großen Beitrag zum neuen und verheißungsvollen Aufbruch unserer Stadt ins 21. Jahrhundert. Da bleibt mir dann nur noch zu sagen: Herzlichen Dank dafür und alles Gute für die Zukunft des Berliner Rechnungshofes.