Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner zum 22. Jahrestag der Ermordnung von Dieter Eich mit der Einweihung einer Gedenktafel
24.05.2022 17:00, Gedenktafel Walter-Friedrich-Straße 52, Berlin
Heute vor genau 22 Jahren wurde Dieter Eich ermordet. Dieter Eich ist ein Opfer rechtsextremer Gewalt. Dies anzuerkennen hat viel zu lange gedauert. Umso wichtiger ist es, dass sich heute so viele Menschen versammelt haben, um ihm zu gedenken.
Und Sie, die hier versammelt sind, machen darüber hinaus auch deutlich: Rechter Hass, Hetze und Gewalt haben in Berlin keinen Platz – auch nicht am Stadtrand. Dieter Eich wurde ermordet, weil er in den Augen seiner Mörder „unwert“ war zu leben. Einer der Täter und Dieter Eich wohnten im gleichen Haus. Sie begegneten einander im Treppenhaus, hörten morgens dieselben Vögel singen und kauften im gleichen Supermarkt ein. Ein Bindeglied war das jedoch nicht.
Getrieben vom faschistischen Gedankengut diffamierten die Täter Dieter Eich als „asozialen Arbeitslosen“. Aus einer Stimmung heraus schlugen sie ihn in der Nacht zum 24. Mai 2000 zusammen, ermordeten ihn dann mit einem Jagdmesser und feierten sich dafür. Es war Mordlust, es war reine Kaltblütigkeit, es war unverkennbar rechtsextremer Hass. Die Ereignisse aus jener Nacht bestürzen mich auch heute noch, sie machen unendlich wütend und fassungslos.
Berlin ist eine Stadt, die wie kaum eine andere auf der Welt für Freiheit und Vielfalt steht. Das darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch in unserer Stadt jeden Tag Angriffe auf Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens, ihres sozialen Status, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung gibt. Als Berlinerinnen und Berliner dürfen wir dies nicht totschweigen und erst recht nicht wegsehen. Erheben wir unsere Stimme also gemeinsam und verteidigen wir unsere bunte und vielfältige Gesellschaft gemeinsam!
Wenn es also einen Hoffnungsschimmer gibt, dann ist es das starke zivilgesellschaftliche Engagement für Dieter Eich und gegen Rechtsextremismus hier im Kiez und in ganz Berlin. Im Namen des Berliner Abgeordnetenhauses möchte ich mich bei allen bedanken, die sich dafür eingesetzt haben, dass von nun an eine Gedenktafel hier vor Ort wachrüttelt, auf die Geschehnisse aufmerksam macht und vor allem auch Mahnung ist.
Mein Dank gilt daher der Bezirksverordnetenversammlung Pankow und dem Bezirksamt Pankow. Besonders möchte ich auch das Engagement der Gedenkinitiative „Niemand ist vergessen“ hervorheben. Und nicht zuletzt ist auch der Wohnungsbaugesellschaft HoWoGe zu danken. Ihnen allen war das Unrecht an Dieter Eich nicht egal, Sie sind „dran geblieben“ und haben gezeigt, dass es kein unwertes Leben gibt! Es ist wichtiger denn je, dass wir den Opfern rechter Gewalt mehr öffentliche Aufmerksamkeit schenken und rechtsextreme Netzwerke aufdecken.
Es ist daher auch von großer Wichtigkeit, dass wir uns Abgeordnetenhaus von Berlin im Rahmen eines Untersuchungsausschusses mit der rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln auseinandersetzen. Wir erleben leider eine deutliche Zunahme rechter Gewalttaten in Berlin. Daher müssen wir dafür einstehen, dass alle Berlinerinnen und Berliner, alle Menschen in unserer Gesellschaft gleich viel wert sind, völlig egal was sie oder er leistet. Aufstehen gegen Rechts ist und bleibt ein Gebot der Stunde. Haben Sie vielen Dank!