Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Cornelia Seibeld, anlässlich der Eröffnungsveranstaltung SIMEP
29.11.2024 09:30, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal
Ich freue mich sehr, dass die „Simulation des Europäischen Parlaments“ wieder hier im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin – der Herzkammer der Berliner Demokratie – stattfindet. Vielen Dank, dass ich als Präsidentin bereits zum zweiten Mal die Schirmherrschaft dieser mittlerweile traditionellen Veranstaltung der „Jungen Europäischen Föderalist:innen Berlin-Brandenburg“ übernehmen darf. Und der volle Saal zeigt mir, dass das Interesse an Europa unter jungen Menschen sehr hoch ist. Sicherlich haben die aktuellen politischen Ereignisse und Polarisierungen in der Welt hieran ihren Anteil.
Sie haben das Sicherheitsgefühl unserer Gesellschaft beeinflusst und betreffen ebenso die Bereiche Wirtschaft, Finanzen oder Klima. Gleichzeitig zeigen sie uns: Was in Europa passiert, geht uns alle an. Europa steht für die Werte, die uns alle verbinden: Demokratie, Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaat. Doch wie wir alle wissen, sind diese Werte keine Selbstverständlichkeit. Sie müssen immer wieder verteidigt, verhandelt und gestärkt werden – gerade in einer Zeit, in der wir uns in einem globalen Kontext immer neuen Herausforderungen stellen müssen. Ein solcher Kontext wird aktuell stark durch die jüngsten Wahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika geprägt. Was auf der anderen Seite des Atlantiks geschieht, hat direkte Konsequenzen für Europa – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Die USA sind nicht nur ein historischer Verbündeter Europas, sondern auch ein zentraler Akteur in der Weltpolitik. Die Wahlen in den USA werfen Fragen auch für uns auf: wie positioniert sich Europa in einer Welt, die zunehmend von geopolitischen Spannungen geprägt wird? Es zeichnet sich ab, dass die Rolle der USA in der Ukraine, aber auch im Nahost-Konflikt eine andere werden könnte.
Und für Europa stellt sich die Frage, ob und wie es diese entstehende Lücke füllen kann und will. Allein mit der Erhöhung von Verteidigungsausgaben wird es nicht getan sein. Da trifft es sich gut, dass das Europaparlament in dieser Woche eine neue Kommission gewählt hat, die am 1. Dezember 2024 ihr Arbeit aufnimmt. Ein Fokus auf die Wirtschaft zu legen, insbesondere mit Blick auf die Konkurrenz auch aus den USA und China, sowie die Zölle als Mittel der Handelspolitik ist nicht nur sinnvoll, sondern zwingend für die Konkurrenzfähigkeit Europas.Europa ist dabei nicht nur Angelegenheit der Politikerinnen und Politiker. Die Arbeit für ein gemeinsames Europa findet nicht allein in der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament statt.
Europa ist in entscheidendem Maße eine Angelegenheit seiner Bürgerinnen und Bürger. Es bedarf der Mitarbeit aller. Das schließt Ihre Generation insbesondere mit ein. Denn von den Entwicklungen in und um Europa sind Sie wahrscheinlich am meisten betroffen. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir umso wichtiger, dass Sie zu dieser Veranstaltung zusammengekommen sind.
Gemeinsam setzen Sie sich mit europäischen Fragen und Problemen auseinander. Sie werden über verschiedene Themen sprechen und miteinander streiten. In simulierten Fraktions- und Plenarsitzungen werden Sie in Arbeitsgruppen die Abläufe des Europaparlaments besser verstehen lernen. Und gemeinsam werden Sie auch Lösungen finden. Dabei werden Sie feststellen: Zu den verschiedenen gesellschaftspolitischen Themen gibt es viele unterschiedliche Meinungen.
Auch die einzelnen Mitgliedsstaaten der europäischen Union sind sich nicht immer einig. Mit der Teilnahme an der SIMEP haben Sie sich entschieden, aktiv mitzugestalten. Das ist großartig. Ich kann nur hoffen, dass Sie Europa daher nicht nur als losen Zusammenschluss verschiedener Nationen, sondern als Chance für eine friedliche Zukunft begreifen.
Das Vereinte Europa ist ein Langzeitprojekt, zu dem Sie sich mit Ihrer heutigen Teilnahme bekennen. Lassen Sie uns noch einen Blick in die Vergangenheit werfen: Europa ist aus den Trümmern des 2. Weltkrieges und des Nationalsozialismus entstanden. Ohne die visionäre Freundschaft von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle und die deutsch-französische Zusammenarbeit wäre die Europäische Integration als Projekt des Friedens und der Versöhnung nach dem 2. Weltkrieg nicht möglich gewesen. Helmut Kohl und Francois Mitterrand führten dieses Erbe weiter, indem sie durch ihren Einsatz für die Europäische Einheit, insbesondere mit der Einführung des Euro, die wirtschaftliche und politische Integration Europas entscheidend vorantrieben.
Ich möchte zum Abschluss den Macherinnen und Machern der „Jungen Europäischen Föderalist:innen Berlin-Brandenburg“ herzlich für die Organisation der SIMEP danken. Ihnen allen wünsche ich noch interessante Debatten und spannende Erkenntnisse hier im Abgeordnetenhaus von Berlin.