Gedenkworte des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland zum Terroranschlag in Wien
05.11.2020 10:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal
Was uns heute noch bewegt, ist die Trauer. Die Trauer um die Opfer des hinterhältigen Anschlags auf unschuldige Menschen in Wien am vergangenen Montagabend. Die Trauer um den ermordeten Lehrer Samuel Paty. Die Trauer um die Opfer beim Anschlag von Nizza. Und die Trauer um das Opfer einer Messerattacke in Dresden. Wir in Berlin können sehr gut nachempfinden, welchen Schock das jüngste infame Attentat gegen unschuldige Menschen in Wien ausgelöst hat. Umso mehr sind unsere Gedanken auch heute noch bei den Menschen in Wien.
Die Frage, die wir uns immer wieder stellen müssen, betrifft uns alle unmittelbar: Tun wir genug, um solche Terroranschläge zu vermeiden? Ja, es stimmt: Hundertprozentige Sicherheit kann es in einer freiheitlichen Demokratie nicht geben. Doch es muss deutlich werden: Wir nehmen diese terroristischen Bedrohungen ernst. Sie sind und bleiben das unselige Gespenst, das wieder verstärkt in Europa umgeht.
Früher war für die Menschen in Europa der Krieg eine Geißel, heute ist es leider der Terrorismus, der unschuldige Frauen, Kinder und Männer angreift und so viel Leid verursacht. Dieser Terror, dieser Krieg im Schattenbereich einer offenen Gesellschaft, hat auch einen Namen. Es ist der islamistisch motivierte Terror, der vorgibt, religiös begründet zu sein. Wir alle wissen, dass keine Religion dieser Welt den Terror, also Gewalt und Mord, gutheißt.
Dieser Terror ist deshalb eine einzige Lebenslüge. Und dennoch müssen wir mit ihr umgehen. Denn sie existiert, auch mitten unter uns. Gleichwohl: Wir dürfen die verängstigten Menschen nicht verunsichert zurücklassen. Die Verteidigung der Freiheit und Demokratie ist deshalb unsere Verpflichtung. Sie ist der wirksamste Schutz gegen Gewalt und Terror. Wehrlos sind wir nicht. Das dürfen die Feinde der Demokratie ruhig wissen. Ein freies und demokratisches Europa, in dem die Grundrechte für alle Menschen gelten, ist und bleibt das Fundament unseres Friedens. Dieses Fundament lassen wir uns nicht zerstören – weder von innen noch von außen.
Das Berliner Abgeordnetenhaus spricht deshalb heute den Menschen in Wien sein tiefempfundenes Beileid aus. Wir verurteilen diese abscheuliche Tat und stehen an der Seite Wiens.