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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa
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Begrüßung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Walter Momper anlässlich der Buchvorstellung „Der Preußische Landtag 1899 - 1947“ von PD Dr. Siegfried Heimann

30.06.2011 18:00, Festsaal

Walter Momper 30.06.2011, Festsaal

-Es gilt das gesprochene Wort-

Ich begrüße Sie im Festsaal des Abgeordneten-hauses von Berlin und heiße Sie alle sehr herzlich willkommen.

Mit der heutigen Veranstaltung soll eine Buchveröffentlichung vorgestellt werden, die eine Lücke über die Geschichte dieses Gebäudes, dem ehemaligen Preußischen Landtag, schließt.

Unser Haus steht seit 1993 zwar öfter im Blickpunkt der Öffentlichkeit als Ort der parlamentarischen Auseinandersetzung und zahlreicher Veranstaltungen, doch viele wussten zum Zeitpunkt des Umzuges des Berliner Parlaments vom Rathaus Schöneberg hierher und wissen es größtenteils auch bis heute nicht oder nur bruchstückhaft, was sich in diesem geschichts-trächtigen Haus seit 1899 politisch zugetragen hat.

Der Bau selbst spiegelt in seiner baulichen Ausformung die Veränderungen der Geschichte mit den unterschiedlichen Nutzungen preußischer und deutscher Geschichte wider. Das alles ist ein Spiegelbild.

Nach langen Jahren der Verzögerungen wurde 1892 mit dem Bau des neuen Gebäudes für die beiden Kammern des Preußischen Landtages begonnen. 1899 konnte der neue Sitz des Preußischen Hauses der Abgeordneten an der damaligen Prinz-Albrecht-Straße seiner Bestimmung übergeben werden. 1904 wurde das benachbarte Herrenhaus an der Leipziger Straße fertiggestellt, dort wo heute der Bundesrat domiziliert.

Der Architekt Friedrich Schultze schuf mit seinem Entwurf ein modernes Arbeitsgebäude in den Formen der italienischen Hochrenaissance. Die bestechende Funktionalität in der von ihm geschaffenen „Parlamentsmaschine“ ist auch noch für den heutigen Benutzer erstaunlich.

Das Preußische Abgeordnetenhaus, eine Institution der 1849 vom König oktroyierten preußischen Verfassung – ein Zwangsprodukt sozusagen. Die Zusammensetzung wurde durch das berüchtigte „Dreiklassenwahlrecht“ bestimmt. Das Parlament des Dreiklassenwahlrechts tagte bis Ende 1918.

Nach dem Ende der Monarchie und der Revolution vom November 1918 wurde das Preußische Abgeordnetenhaus mitsamt seinem Wahlrecht aufgelöst und die Institution „Herrenhaus“ abgeschafft.

In den folgenden Tagen wurde in diesem Gebäude deutsche Geschichte geschrieben. Im Dezember 1918 tagte der 1. Allgemeine Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte – also das Revolutionsparlament - im Plenarsaal des Hauses und entschied sich – nach leidenschaftlicher Debatte – für die Durchführung der Wahl einer deutschen verfassungs-gebenden Nationalversammlung und die Einführung der repräsentativen Demokratie nach westlichen Vorbild. Man entschied sich gegen das Rätesystem und gegen den Bolschewismus. Was immer man darunter verstand. Mit dieser Entscheidung wurden die Weichen für die erste deutsche Republik, die Weimarer Republik, gestellt.

Wenige Tage später am 31. Dezember 1918 gründeten diejenigen, die sich auf dem Reichskongress für eine Räterepublik nach russischen Vorbild ausgesprochen hatten, in diesem Festsaal die Kommunistische Partei Deutschland.

Ab 1919 erarbeitete die Verfassungsgebende Preußische Landesversammlung eine neue demokratische Verfassung Preußens im Deutschen Reich. Von 1921 bis 1933 tagten in diesem Haus die Abgeordneten des Preußischen Landtages, die aus allgemeinen, freien, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahlen hervorgingen.

Das Dreiklassenwahlrecht gehörte der Vergangenheit an und endlich wurde auch den Frauen das Wahlrecht zugestanden.

Während der Weimarer Republik herrschten in Preußen – anders als im restlichen Deutschen Reich – stabile politische Verhältnisse. Die Große Koalition in Preußen unter der langjährigen Führung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Otto Braun galt als Bollwerk gegen den politischen Extremismus von rechts und links.

Erst mit dem Staatsstreich des Reichskanzlers von Papen, dem sog. „Preußenschlag“, gegen die legitime preußische Staatsregierung im Juli 1932 begann auch in Preußen der Anfang vom Ende des demokratischen Preußen. Und der Weg für Hitler war damit frei.

Nach der Machtübernahme durch die National-sozialisten im Januar 1933 wurden auch hier die demokratischen Institutionen gleichgeschaltet oder abgeschafft. 1934 ging das Gebäude des Preußischen Landtages in den Besitz einer eigens gegründeten Stiftung „Preußenhaus“ über und diente verschiedenen NS-Dienststellen als Sitz.

Im Juni 1934 wurde im Plenarsaal des Hauses der berüchtigte Volksgerichtshof als Terrorinstrument der NS-Justiz gegründet.

1935 wurde das Haus schließlich dem Reichsluftfahrtministerium überlassen und danach in weiten Teilen für die Zwecke eines „Haus der Flieger“ – also das Verbandshaus der Fliegerverbände -umgebaut.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude durch die Bombardierungen der Alliierten und durch die Kampfhandlungen in den Apriltagen 1945 schwer beschädigt und nach Ende des Krieges, aufgrund eines Befehls der Sowjetischen Militär-administration, ab 1947 schrittweise wieder aufgebaut.

Die erste Regierung der DDR nutzte in den Jahren zwischen 1949 und 1953 das Gebäude als Dienstsitz, in den nachfolgenden Jahren diente es u.a. RGW und war schließlich bis 1989 Sitz der Staatlichen Plankommission der DDR und von Ministerien. Zahlreiche bauliche Veränderungen wurden in dieser Zeit zwar projektiert, aber vor allem wegen der unmittelbaren Nähe des Baus zur Sektorengrenze nach West-Berlin nicht realisiert.

Durch den Bau der Mauer im August 1961 stand der ehemalige Preußische Landtag plötzlich im Schatten der Grenzanlagen und geriet in den nächsten 28 Jahren bei vielen Menschen in Vergessenheit.

Nach der Wiedervereinigung der Stadt entschied sich das Abgeordnetenhaus von Berlin – der damalige Präsident Jürgen Wohlrabe - bereits 1991 für das Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtages als künftigen Sitz und schon zwei Jahre später - im April 1993 - zog das Berliner Landesparlament vom langjährigen provisorischen Sitz im Rathaus Schöneberg in die Mitte des wiedervereinigten Berlin.

Heute befindet sich das Parlamentsgebäude, dass im Oktober 1990 unter Denkmalschutz gestellte worden ist, in unmittelbarer Nähe zum Potsdamer Platz und dem Regierungsviertel. Das Gebäude wird flankiert von der historischen Gedenkstätte „Topographie des Terrors“, dem Bundesministeriums für Finanzen, dem Martin-Gropius-Baus und nicht zuletzt vom Bundesrat, der seit dem Jahre 2000 seinen Sitz im ehemaligen Preußischen Herrenhaus hat.

Der ehemalige Preußische Landtag ist heute das Ziel von zahlreichen Gästen aus nah und fern. Über 20.000 Besucherinnen und Besucher jährlich lernen unser Haus kennen, informieren sich über die Arbeit des Berliner Landesparlaments und die wechselvolle Geschichte des Hauses oder nehmen als Zuhörer an den Plenar- und Ausschusssitzungen teil.

Durch das Buch von PD Dr. Siegfried Heimann, das heute vorgestellt wird, erhält der Leser Einblicke in die politischen Geschehnisse und Debatten, die hier zwischen 1899 und 1947 stattfanden und vervollständigt damit die bereits vorhandenen Erkenntnisse zur Geschichte dieses Hauses.

Ich bin Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Heimann, sehr dankbar, dass Sie meiner Bitte entsprochen haben, diese politische Geschichte des Preußischen Landtages aufzuzeigen. Und ich freue mich schon heute auf den Folgeband von Ihnen, der sich dann mit dem politischen Geschehen in diesem Haus zwischen 1947 und 1990 beschäftigen wird.

Ebenso danke ich Ihnen, Herr Professor Brandt, dass Sie dieses Buchprojekt mit Rat und Tat begleitet haben und dass Sie meiner Einladung gefolgt sind und am heutigen Abend den Einführungsvortrag halten werden.

Ich freue mich auch, dass sich der Christoph Links-Verlag bereit erklärt hat, diesen Band verlegerisch zu begleiten. Hier danke ich, stellvertretend für die Beteiligten, dem engagierten Verleger Christoph Links und Herrn Dr. Lahrem.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Hinweis geben, wenn Sie nach Abschluss der heutigen Veranstaltung das Haus verlassen.

Seit heute weist eine Informationsstele vor dem Haus die Fußgänger in deutscher und englischer Sprache auf die Geschichte und die Bedeutung dieses Gebäudes hin. Hier danke ich Frau Geyler- von Bernus und Frau Helga Lieser vom Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart e. V., die dieses Projekt gesteuert und punktgenau zum heutigen Tag realisiert haben.

Nunmehr freue ich mich, Ihnen, Herr Professor Brandt das Wort für Ihren Einführungsvortrag geben zu können und im Anschluss wird Herr Dr. Heimann aus seinem Buch lesen.

Nochmals herzlich willkommen im Abgeordnetenhaus von Berlin!

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