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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa
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Begrüßung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich der Podiumsdiskussion "Verbraucherschutz in der digitalen Welt"

03.09.2015 18:00, Festsaal

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist tiefgreifend und unumkehrbar. In ihrer Auswirkung ist sie vergleichbar mit den Umwälzungen der Industrialisierung im 19. oder der Erfindung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert. Wir stehen also mitten in einem kulturellen Wandel. Das betrifft unser ganzes Leben, bis hinein in alltägliche Handlungen und Verhaltensweisen. Unsere Abhängigkeit von der digitalen Welt nimmt rasant zu. Wir erleben dabei Entwicklungen, die wir alle noch nicht abschließend einschätzen können, weil die Erfahrung fehlt, oder noch rudimentär ist. Bei der Beschreibung dieser Veränderungen fehlt es zudem an zeitlicher Distanz. Gleichwohl: All das darf uns nicht davon abhalten, Empfehlungen für die Gestaltung der digitalen Zukunft zu geben. Das versuchen wir auch heute Abend, indem wir über einen – zweifellos sehr wichtigen - Baustein in der digitalen Wirklichkeit reden – den Verbraucherschutz. Längst ist das Internet eine zusätzliche Handelsplattform geworden. Viele von uns bewegen sich als Käufer im Online-Markt, tätigen Finanzgeschäfte oder nehmen Info-Dienste von Medienportalen in Anspruch. Um nur einige Beispiele zu nennen. Während wir das tun, stimmen wir oft den uns präsentierten Geschäftsbedingungen zu. Ohne dieses Häkchen würde uns der Bestellwunsch verweigert werden. Damit ist aber klar, wir bewegen uns in einem Rechtsraum, deren Normen häufig von den Anbietern gesetzt werden und denen wir vorbehaltlos zustimmen sollen. Sicher, wir müssen das nicht tun. Doch wer kämpft sich ernsthaft durch die kleingedruckten Texte. Meist stimmen wir zu und hoffen, dass alles gut geht. Nur selten kommt es zu einer gerichtlichen Überprüfung der aufgestellten Nutzungsregeln. Hier ist sicher noch Klärungsbedarf für den Gesetzgeber. Verbraucherschutz muss an den tatsächlichen Verhaltensweisen der Verbraucherinnen und Verbraucher und den Realitäten der Märkte ausgerichtet sein. Wir brauchen eine Verbraucherschutzpolitik  für das Internet, die die unterschiedlichen Strukturen der verschiedenen Märkte genauso wie die unterschiedlichen Verhaltensformen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in der Gesetzgebung berücksichtigen. Verbraucher sollten nach ihren Interessen und Bedürfnissen alle neuen Dienstleistungen der digitalen Welt vertrauensvoll nutzen können. Denn viele davon haben einen entscheidenden Mehrwert für die Kommunikation, Informationsbeschaffung und -gewinnung und bieten innovative Lösungen für alltägliche Lebenssituationen.  Es kann jedoch nicht Aufgabe der Verbraucher sein, alle Produkte und Dienstleistungen auf eine Vielzahl von Aspekten wie Rechtskonformität, Datensicherheit und -schutz oder unterschiedliche Voreinstellungen überprüfen zu müssen. In einer digitalen Wissensgesellschaft ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher nur schwer möglich, alle verfügbaren Informationen zu kennen und zu bewerten. Ein an ihren Bedürfnissen ausgerichteter Verbraucherschutz muss diesen Umstand berücksichtigen. Eine Politik, die rein auf Information und Befähigung setzt, reicht nicht aus. Verbraucher müssen darauf vertrauen können, dass gesetzliche Regelungen, Institutionen oder andere Regulierungsmechanismen sie schützen und auch sicher sind. In der politischen Debatte, in der Gesetzgebung und in der Wissenschaft wird über das Verbraucherleitbild diskutiert. Die Wahrnehmung und Beschreibung des Verbrauchers und seiner Rolle ist fundamental für die Ausgestaltung der verbraucherpolitischen Maßnahmen. Im Wesentlichen gibt es drei Typen von Verbraucherinnen und Verbrauchern, an denen sich ein Leitbild ausrichten sollte. Da ist zum einen der Verbraucher, der auf Vertrauen setzt. Er geht davon aus, dass gesetzliche Regelungen eingehalten werden. Ein zweiter Typus ist der Verbraucher mit Handicap. Aus verschiedenen Gründen wie Sprachbarrieren, mangelnder Bildung oder aufgrund anderer spezifischer Lebenssituationen, kommt er mit den Möglichkeiten des Internets nicht wirklich zurecht. Daneben gibt es noch den Verbraucher, der verantwortungsvoll im Netz agiert. Er ist in der Lage, abgewogene Konsumentscheidungen zu treffen, wenn Markttransparenz und zuverlässige Informationen eine gute Entscheidungsgrundlage bieten. Als Grundlage einer Politik, die allen Verbrauchern gerecht wird, muss zudem die Verbraucherforschung ausgebaut werden. Ihre Impulse und Ergebnisse sollten stärker in der Politikgestaltung Berücksichtigung finden. Auf der Basis sicherer Erkenntnisse kann die Verbraucherpolitik den Markt so gestalten, dass auch der Typus der verletzlichen und vertrauenden Verbraucherinnen und Verbraucher nicht überfordert wird. Es müssen natürlich auch die spezifischen Bedürfnisse von Verbrauchergruppen wie etwa von Senioren, Kindern und Migranten berücksichtigt werden. Notwendig sind künftig klare gesetzliche Regelungen, damit Verbraucherpolitik nicht nur Politik für bestimmte Gruppen von Verbrauchern ist. Noch ein paar Sätze zum Datenschutz. Ein hoher Datenschutz muss sein. Das aber stößt auf Schwierigkeiten. Gigantische Datenmengen werden inzwischen bewegt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher und ihre Daten werden quasi zur Finanzierung scheinbar kostenloser Dienste und Angebote herangezogen. Das geht auch in globale Dimensionen über, wenn wir nur an bestimmte Dienste großer Netzgiganten denken. Nur ein starker und weitgehend harmonisierter Rechtsrahmen macht es möglich, in einem zunehmend globalen Marktumfeld europäische Grundrechte und Wertevorstellungen zugunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher durchzusetzen. Datenschutz ist Grundrechtsschutz, auch und gerade im immer bedeutsamer werdenden Umfeld der Privatwirtschaft. Insbesondere die Sicherstellung der Anwendbarkeit und die Durchsetzbarkeit europäischer Datenschutzbestimmungen sowie Schutzmaßnahmen für Datentransfers in Drittländer muss sichergestellt werden. Ich hoffe nun, die heutige Podiumsdiskussion wird für uns alle neue Erkenntnisse liefern – auch und gerade vor dem Hintergrund, dass wir uns künftig wohler fühlen, wenn wir ins Internet gehen und als Konsumenten auftreten. Ich darf nun Herrn Zimmer bitten, uns in die Veranstaltung einzuführen. Vielen Dank!