Ansprache des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich der Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Berlin des Neuseeländischen Parlamentspräsidenten Mr. David Carter
22.04.2015 17:00, Festsaal
Es ist mir eine große Freude, Sie alle hier im Festsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin begrüßen zu dürfen. Die Stadt Berlin hat Sie heute gebeten, verehrter Präsident Carter, sich in das Goldene Buch einzutragen. Und wir sind erfreut, dass Sie uns diese Ehre erweisen. Auf den ersten Blick liegen Mitteleuropa und Neuseeland geografisch sehr weit voneinander entfernt. Doch die Verbindungen von Europa und Neuseeland sind sehr eng. Das hat natürlich mit dem Commonwealth of Nations zu tun, zu dem Neuseeland gehört. Das Mutterland ist Großbritannien. Und das liegt bekanntlich in Europa. So kann es auch nicht überraschen, dass knapp 70 Prozent der Bevölkerung Ihres Landes europäischer Abstammung sind – überwiegend natürlich britischer Abstammung. Aber es ist nicht so abwegig, wenn ich sage: Die Wurzeln Neuseelands liegen in Europa. Das zeigt sich übrigens auch daran, dass die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Neuseeland und Europa durchaus eng sind. Immerhin belegt Deutschland Platz sieben auf der Liste Ihrer wichtigsten Handelspartner. Deutsche Autos und Maschinen werden eben auch in Ihrem Land geschätzt. Das macht uns stolz. Neuseeland und Berlin – da gibt es durchaus zum Teil sehr nette Geschichten. Dass es einen neuseeländischen Metzger in Berlin gibt – The Sausage Man Never Sleeps. Er kreiert die geliebte deutsche Bratwurst neu – und das mit großem Erfolg. Immerhin nahm er an der Berliner Bratwurstmeisterschaft teil, die vor einigen Tagen stattfand. Aber auch in umgekehrter Richtung gibt es etwas Interessantes zu berichten. So nannte ein schwedischer Einwanderer, den es 1874 nach Neuseeland verschlug, den von ihm neu gegründeten Ort Berlin. Ja, auch in Neuseeland gibt es deshalb ein Berlin. Es soll das kleinste Berlin sein, das es auf der Welt gibt: Direkt am Highway No. 6, zwischen der Hafenstadt Westport und Christchurch. Präsident Carter, Sie besuchen eine Stadt, die sich nach Jahrzehnten der Teilung im Aufbruch befindet. Berlin wächst. 40.000 Menschen kommen jedes Jahr neu zu uns, um hier zu leben und zu arbeiten. Berlin ist attraktiv geworden. Das bekommen wir auch in unserer parlamentarischen Arbeit zu spüren. Wir brauchen mehr Wohnungen, die bezahlbar sind, wir müssen unsere städtische Infrastruktur verbessern und ausbauen, und wir müssen uns einstellen auf Menschen, die aus aller Welt zu uns kommen. Dazu gehören auch immer mehr Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten. Mit all dem beschäftigt sich unser Landesparlament, ohne dabei zu vergessen, dass auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen müssen. Denn nur sie können diesen Aufschwung tragen. Inzwischen ist Berlin nicht mehr geteilt. Davon haben viele Berlinerinnen und Berliner nach dem Zweiten Weltkrieg geträumt. Vor 26 Jahren fiel endlich die Mauer. Und noch heute sind wir dankbar, dass Berlin wieder eine ganz normale Stadt sein kann in der Mitte Europas. Das hat Deutschland, das hat Berlin auch einer Weltgemeinschaft zu verdanken, die uns neues Vertrauen geschenkt hat. Dass wir dieses Vertrauen nicht wieder enttäuschen, davon können Sie ausgehen. Das sage ich ganz bewusst auch in Richtung Neuseelands, weil sie den Menschen in Europa stark verbunden fühlen. Ich weiß, dass Sie vorhin die Gedenkstätte Berliner Mauer besucht haben, um sich über die damalige Teilung Berlins zu informieren. Daher denke ich, dass Sie es gut verstehen können, dass die Menschen in Berlin froh sind, wieder frei zu sein. Präsident Carter, ich darf nun das Wort an Sie weitergeben.