Präsidentin Cornelia Seibeld zu den Novemberpogromen 1938
Zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 erklärt die Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses Cornelia Seibeld:
„Die Ermordung von über sechs Millionen Jüdinnen und Juden während des Holocaust ist und bleibt das größte und gleichzeitig unvorstellbarste Verbrechen an der Menschheit. Es waren Deutsche, die diesen Völkermord begangen haben. Dieser historischen Verantwortung müssen wir uns stellen, wir können uns dem nicht entziehen.
Am heutigen 9. November gedenken wir der Opfer der Novemberpogrome vom 9./10. November 1938. Vor 85 Jahren brannten überall in Deutschland Synagogen, wurden Jüdinnen und Juden in Lager gebracht oder gleich getötet, jüdische Geschäfte wurden mutwillig zerstört. Der Antisemitismus – Staatsideologie im damaligen Deutschland – zeigte sich von seiner finstersten und brutalsten Seite. Ein erstes antijüdisches Fanal wurde gesetzt, das dann in die systematische Verfolgung und Ermordung der deutschen und europäischen Jüdinnen und Juden einmündete.
Es ist gerade heute wichtig, an die Novemberpogrome zu erinnern. Es muss erschrecken, dass wir in unserer aufgeklärten Gesellschaft immer noch gegen den Antisemitismus ankämpfen müssen. Traurig ist, dass sich Jüdinnen und Juden wieder zunehmend unsicher fühlen in unserem Land, dass sie bedroht werden. Das macht deutlich: Wir haben zu lange geglaubt, dass der Antisemitismus im demokratischen Deutschland eine Randerscheinung ist. Diese Selbsttäuschung müssen wir ablegen, und wir müssen konsequenter gegen die Antisemiten vorgehen, auch bei den zugewanderten Menschen. Es ist unsere Pflicht und historische Verantwortung, jeglichen Antisemitismus in Deutschland zu unterbinden. Es kann und darf nicht sein, dass jüdisches Leben hier in Berlin oder anderswo in Deutschland wieder infrage gestellt wird. Auch für Jüdinnen und Juden ist Deutschland Heimat. Das zu gewährleisten, ist unser politischer Auftrag.
Im Rahmen einer Gedenkstunde wird das Abgeordnetenhaus gemeinsam mit dem Senat am 16. November vor der Plenarsitzung den vielen tausend Opfern der Novemberpogrome gedenken. Damit senden das Landesparlament und die Landesregierung auch ein weiteres Zeichen gegen den Antisemitismus in unserer Stadt.“