Präsident Ralf Wieland zur Wahl der Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung vor 30 Jahren
Am 6. Mai 1990 wählten die DDR-Bürgerinnen und Bürger ihre Kommunalparlamente in der ganzen Republik. Es war neben der Volkskammerwahl vom 18. März 1990 die zweite wichtige freie und demokratische Wahl in der DDR. Gewählt wurde auch die Stadtverordnetenversammlung in Ost-Berlin.
Zum 30. Jahrestag dieser Kommunalwahl erklärt Parlamentspräsident Ralf Wieland:
„Demokratie lebt von Wahlen. Sie ermöglichen den politischen Wechsel. Besonders in den Kommunen, in denen es um die direkten Belange und Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung geht, sind Wahlen ein wichtiges Instrument, um zu einem Interessenausgleich bei der Entwicklung von Kommunen zu kommen.
Für die Menschen in der DDR war die Kommunalwahl vom 6. Mai 1990 die erste freie, gleiche und geheime Wahl, um die Zusammensetzung der Stadtvertretungen und Gemeindeversammlungen zu bestimmen. Beeindruckende 75 % der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimme ab. Das zeigt an, wie interessiert die Menschen in der DDR an der Entwicklung der Städte und Dörfer waren. Die friedliche Revolution, die in den Städten und Kommunen der DDR 1989 ihren Anfang nahm, fand ihre Erfüllung in dieser freien Kommunalwahl.
Im Ostteil Berlins wurde im Rahmen der Kommunalwahl die neue Stadtverordnetenversammlung gewählt. Ost-Berlin war (noch) kein Bundesland. Und dennoch gingen die Stadtverordneten Ende Mai selbstbewusst an die Arbeit und erarbeiteten eine Verfassung für die östliche Stadthälfte, die bereits im Juli 1990 verabschiedet wurde und sich stark an die Berliner Verfassung von 1948 anlehnte. Mit Blick auf die städtische Wiedervereinigung erachteten es viele Stadtverordnete als ein wesentliches Kriterium auf gleicher Augenhöhe mit dem Abgeordnetenhaus im Westen Berlins zu sein. Ich denke, dem Berliner Vereinigungsprozess hat diese Grundsatzentscheidung der Ost-Berliner Stadtverordneten gut getan. Die Ost-Berliner Verfassung gilt zwar als ‚vergessene Verfassung‘. Und dennoch war sie wichtig für die Bildung eines gemeinsamen Abgeordnetenhauses, das heute wie selbstverständlich als ein Parlament für alle Berlinerinnen und Berliner wahrgenommen wird. Das ist auch das Verdienst der einstigen Stadtverordneten in Ost-Berlin.“