Parlamentspräsident Dennis Buchner zum Tod der Ehrenbürgerin Inge Deutschkron: „Wir trauern um eine starke Berlinerin“
Zum Tod der Berliner Ehrenbürgerin Inge Deutschkron am 9. März 2022 erklärt der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner:
„Mit Inge Deutschkron haben wir eine bedeutende jüdische Zeitzeugin des nationalsozialistischen Terrors in unserer Stadt verloren. Die Berliner Ehrenbürgerin brachte immer wieder die Kraft auf, ihre Geschichte zu erzählen und uns mit dieser wachzurütteln.
Als Jüdin erfuhr Inge Deutschkron im nationalsozialistischen Berlin Hass, Diskriminierung und Verfolgung. Untergetaucht lebte sie später in ständiger Angst und absoluter Abhängigkeit. Doch ihr Weg ließ sie der Shoah entkommen. Dazu trugen ‚stille Heldinnen und Helden‘ wie Otto Weidt bei. Menschen wie er waren das gute Gewissen der Stadt in dunklen Zeiten.
Es wäre verständlich gewesen, wenn Inge Deutschkron angesichts des Erlebten unserer Stadt, ja unserem Land, für immer den Rücken gekehrt hätte. Doch das hat sie nicht getan. Sie hat uns die größtmögliche Ehre erwiesen, indem sie zurückgekehrt ist und hier historische Aufklärungsarbeit leistete. Sie besuchte unzählige Schulen, gründete den Förderverein ‚Blindes Vertrauen‘ und rief im Rahmen ihrer Stiftung zu Courage auf. Ihr ‚Blumenstrauß-Projekt‘ ermöglichte Begegnungen zwischen Holocaust-Überlebenden und Berliner Schülerinnen und Schülern. Auch das Theaterstück im Gripstheater ‚Ab heute heißt Du Sara‘ von Volker Ludwig und Detlef Michel spielte ihr Schicksal in die Herzen vieler Berlinerinnen und Berliner. Inge Deutschkron war eine nachdrückliche Verteidigerin demokratischer Werte. Als Person war sie eine Inspiration und ging offen auf die Menschen, insbesondere auf Schülerinnen und Schüler zu. Mit dem Verdienstorden des Landes Berlin (2002), der Verleihung der Louise-Schroeder-Medaille (2008) und der Verleihung der Ehrenbürgerinnenwürde (2018) haben wir die Bedeutung von Inge Deutschkron für unsere Stadt unterstrichen.
Wer Inge Deutschkron persönlich begegnen durfte, wird das nie vergessen. Wir trauern um eine starke Berlinerin.“