W. Michael Blumenthal
Nach einer vielseitigen und ungewöhnlichen Karriere als Wirtschaftsprofessor, Politiker, Manager und Autor war Michael Blumenthal von 1997 bis September 2014 Direktor des Jüdischen Museums Berlin. Für eine Übergangszeit steht er dem Museum beratend auch im Jahr 2015 als Gründungsdirektor zur Verfügung.
Michael Blumenthal wurde 1926 in Oranienburg bei Berlin geboren. Als er drei Jahre alt war, zog die Familie nach Berlin. 1938 wurde sein Vater nach Buchenwald verschleppt und dort sechs Wochen lang festgehalten und misshandelt. Nach seiner Freilassung konnte die Familie 1939 nach Shanghai flüchten und überlebte dort den Krieg.
1947 wanderte Michael Blumenthal in die Vereinigten Staaten aus und nahm 1952 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. Nach seiner Promotion (Ph.D.) an der renommierten Princeton University lehrte er dort von 1954 bis 1957 als Dozent für Volkswirtschaft. Anschließend stieg er bei der Crown Cork International Corporation zum Vizepräsidenten und Direktor auf.
In den 60er Jahren wechselte er in die Politik. Von 1961 bis 1967 war er im Außenministerium als Berater der Präsidenten Kennedy und Johnson in Handelsfragen tätig. Es folgten zehn Jahre als Präsident und später als Vorstandsvorsitzender bei der Bendix Corporation, ehe ihn Präsident Jimmy Carter 1977 als Finanzminister in sein Kabinett berief. 1979 trat Michael Blumenthal von seinem Amt zurück. Er betätigte sich erneut in der Wirtschaft und stieg 1980 als Vizepräsident bei der Burroughs Corporation ein, wo er ein Jahr später Vorstandsvorsitzender wurde. 1986 wurde Michael Blumenthal Vorstandsvorsitzender der durch eine Fusion neuentstandenen Unisys Corporation. Nach seiner Pensionierung war er Partner und Leitender Berater bei der Investmentbank Lazard Frères & Co. LLC.
In diese Zeit fällt auch seine zunehmende Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen Juden. Für sein 1998 erschienenes Buch »Die unsichtbare Mauer: Die dreihundertjährige Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie« erforschte er die Lebensläufe mehrerer Vorfahren – zu denen die für ihre Berliner Salons berühmte Rahel Varnhagen, der Opernkomponist Giacomo Meyerbeer und der Literaturkritiker Arthur Eloesser zählen. An ihrem Beispiel schildert er die schwierigen Beziehungen zwischen jüdischen und nichtjüdi-schen Deutschen seit dem 17. Jahrhundert und spürt der Frage nach, wie es zur Katastrophe des Holocaust kommen konnte.
1997 wurde Michael Blumenthal zum Direktor des Jüdischen Museums Berlin berufen. Er entwickelte die Konzeption des Museums dahingehend weiter, dass das Museum nicht ausschließlich die Geschichte von Berliner Juden darstellt, sondern ein Museum für die gesamte deutsch-jüdische Geschichte von den frühesten Zeugnissen bis in die Gegenwart ist. Unter seiner Leitung hat sich das Museum in kürzester Zeit nicht nur zu einem kulturellen Höhepunkt in Berlin entwickelt, es wurde auch zum Publikumsmagneten und zu einer weltweit beachteten Institution. Michael Blumenthal hat nicht nur die große Ausstrahlung des Museums im In- und Ausland kontinuierlich gestärkt, er hat vor allem mit seiner völkerverbinden Persönlichkeit und als unerschütterlicher Fürsprecher der deutsch-jüdischen Verständigung dazu beigetragen, dass Deutschland und die Deutschen in der Welt, nicht zuletzt in den USA, wieder und weiterhin an Ansehen gewonnen haben.
Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin wird mit Michael Blumenthal eine Persönlichkeit von internationalem Rang, die große Leistungen für Berlin erbracht hat und sich in hervorragender Weise um die deutsch-jüdische Verständigung verdient gemacht hat, geehrt.
Künstler: Michael Triegel (*1968)
- 118. Ehrenbürger
- Verleihung 24.04.2015