Vorlage – zur Kenntnisnahme –
Der Senat legt nachstehende Vorlage dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Die Investitionsbank Berlin
(IBB) ist mit Inkrafttreten des Investitionsbankgesetzes vom 25.05.2004 am
01.09.2004 wirtschaftlich rückwirkend zum 01.01.2004 aus der Landesbank Berlin
herausgelöst und wird nunmehr als selbstständige Landesförderbank entsprechend
der Verständigung II zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Europäischen Union vom 27.03.2002 in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen
Rechts fortgeführt.
Schwerpunkt der Tätigkeit der Bank soll
zukünftig die Wirtschaftsförderung sein. Unter strikter Beachtung der
Wettbewerbsneutralität soll die IBB zukünftig der Berliner Wirtschaft insbesondere
kleinen und mittleren Unternehmen als Partnerin zur Verfügung stehen. Hierbei
soll der Ausbau der monetären Wirtschaftsförderung auf der Basis neuer kreditbasierter
Förderprodukte im Zentrum stehen (vgl. Gesetzesbegründung zum Gesetz zur rechtlichen
Verselbstständigung der Investitionsbank Berlin).
Entsprechend Verständigung
II enthalten § 5 des Investitionsbankgesetzes und § 4 der Satzung der
IBB vom 15.09.2004 eine abschließende Auflistung der Aufgaben und möglichen
Tätigkeitsfelder der IBB. § 6 Abs. 4 des Investitionsbankgesetzes und entsprechend
§ 5 der Satzung sehen vor, dass der Senat von Berlin darüber entscheidet,
welche konkreten Aufgaben die IBB tatsächlich ausführt.
In Umsetzung des Auftrags, die IBB als Partnerin der Berliner
Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands zu positionieren, hat der Senat in
seiner Sitzung am 12.10.2004 über die Durchführung folgender Programme durch
die IBB entschieden:
·
VC-Fonds
Berlin gemäß Investitionsbankgesetz § 5 Abs. 2 Ziff.1 Buchstabe c)
technischer Fortschritt und Innovation sowie Buchstabe g) Risikokapital;
·
IBB-Wachstumsprogramm
gemäß § 5 Abs. 2 Ziff.1 Buchstabe a) Mittelstandsförderung, insbesondere
kleine und mittlere Bestandsunternehmen sowie Kleinstunternehmen und Existenzgründer.
Beide
Programme sind Verständigung II-konform und stellen keinen Beihilfetatbestand
dar, da die IBB sich zu Marktkonditionen gemeinsam mit privaten Partnern
engagieren wird. Beide Programme sind von der IBB unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
durchzuführen und versprechen einen positiven Deckungsbeitrag.
Zu den
Programmen im Einzelnen:
Das Land Berlin und die Investitionsbank Berlin beabsichtigen, unter Einsatz von EFRE-Mitteln einen Venture-Capital-Fonds für Beteiligungen in der Frühphase von technologieorientierten Unternehmen aufzulegen. Ziel ist es, Anteile an innovativen Berliner Unternehmen mit Wachstumspotenzial frühzeitig zu erwerben, die Unternehmen kompetent und wertsteigernd in der Entwicklung zu begleiten und die Unternehmensanteile nach erfolgreicher Entwicklung wieder zu veräußern. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, die bestehende Finanzierungslücke für junge innovative Unternehmen zu schließen und die Wettbewerbsfähigkeit der Beteiligungsunternehmen zu stärken.
Der Fonds soll ein Volumen von 45 Mio. € erhalten. Im ersten Schritt (1. Closing) sollen 20 Mio. € durch das Engagement der IBB in Höhe von 6,25 Mio. € unter Einbindung von Mitteln des EFRE von 13,75 Mio. € aufgebracht werden. Im zweiten Schritt (2. Closing) sollen private Finanzpartner einbezogen werden. Die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission liegt vor. Dem ab 01.01.2007 geltenden beihilferechtlichen Status Berlins wird Rechnung getragen
Der VC-Fonds soll als rechtlich selbstständige GmbH (ohne eigenes
Personal) mit der IBB als zunächst einziger Gesellschafterin errichtet werden.
Im Rahmen des 2. Closing sollen weitere Gesellschafter aufgenommen werden. Das
Management des VC-Fonds soll durch die am Markt etablierte
IBB-Beteiligungsgesellschaft mbH erfolgen.
Der VC-Fonds wird Beteiligungen ausschließlich an kleinen und mittleren
Unternehmen mit einem Standort in Berlin eingehen, die mit innovativen,
technologieorientierten Produkten oder Dienstleistungen sowie Verfahren hohe
Umsatz- und Ertragspotenziale aufweisen. Der Fokus soll auf den Kompetenzfeldern
des Wirtschaftsstandorts Berlin liegen. Dabei sollen die Mittel vorrangig für
die Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte eingesetzt werden.
Die Beteiligung in der Frühphase ermöglicht das Eingehen des Engagements zu
relativ günstigen Bewertungen mit attraktiven Konditionen und ergibt damit ein
überdurchschnittliches Wertsteigerungspotenzial.
Die Engagements sollen als offene Beteiligungen erfolgen und zusätzlich je nach Kapitalbedarf, Liquiditäts- und Bilanzsituation mit stillen Beteiligungen oder Darlehen ergänzt werden. Zur Risikobegrenzung sollen keine Mehrheitsbeteiligung eingegangen werden und insgesamt sollen nicht mehr als 5 % des Gesamtfondsvolumens in ein Einzelunternehmen investiert werden.
Der Fonds hat insgesamt eine Laufzeit von 10 Jahren mit 3-jähriger Verlängerungsoption. Mit Beginn des siebenten Investitionsjahres (2010) werden plangemäß die ersten Beteiligungen verkauft. Nach Abwicklung des Fonds zum vorgesehenen Laufzeitende werden die Managementgesellschaft als Institution wie auch die verantwortlichen Personen insgesamt mit marktüblichen 20 % am Erfolg beteiligt.
Die zurückfließenden Mittel sowie der auf die EFRE-Mittel entfallende
Gewinnanteil muss entsprechend den Vorgaben der EU wieder zur Struktur-/
Innovationsförderung verwandt werden. Dies kann auch durch die Weiterführung
des Fonds erfolgen.
Die Wirtschaftlichkeit und des Programms und die damit verbundenen
Risiken wurden auf Grundlage der von der IBB vorgelegten Unterlagen vom Senat,
dem früheren IBB-Ausschuss und dem Verwaltungsrats der IBB geprüft und
erörtert. Aufgrund der vereinbarten kostendeckenden Managementfee und der
vertraglich gesicherten vorsichtigen Beteiligungsstrategie ist nach Auflösung
des Fonds zum Ende der Laufzeit ein positiver Deckungsbeitrag zu erwarten.
IBB-Wachstumsprogramm: Kooperationsdarlehen für den
Mittelstand
Das IBB-Wachstumsprogramm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen gewerblicher Unternehmen gemeinsam mit einer Geschäftsbank. Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit einer Betriebsstätte in Berlin, die sich mehrheitlich in Privatbesitz befinden. Der Gründungszeitpunkt sollte i.d.R. drei Jahre vor Antragstellung liegen. Das zu finanzierende Vorhaben muss in oder von dieser Betriebsstätte durchgeführt werden.
Die IBB erweitert mit
diesem Programm die Finanzierungsmöglichkeiten des Berliner Mittelstands unter
Wahrung der Wettbewerbsneutralität. Durch die gemeinsame Finanzierung wird das
Risiko zwischen Hausbank und IBB geteilt. Bonitätsbezogen zielt das Programm
auf Unternehmen, deren Rating nicht schlechter als „BB–“ ist (Standard &
Poors). Es erfolgt jedoch stets eine Einzelfallprüfung. Angestrebt wird ein
Neukreditvolumen von 27 Mio. € im ersten Jahr, das sich schrittweise
auf 52,6 Mio. € ab dem fünften Jahr aufbaut.
Die Grundlagen für die Kreditvergabe werden zwischen der Geschäftsbank und der IBB durch einen Rahmenvertrag geregelt. Insbesondere die Sicherheitenverwaltung soll grundsätzlich durch die Hausbank erfolgen, um einen schlanken Kreditprozess in der IBB zu gewährleisten. Es soll Sicherheitengleichrang bestehen. Sowohl die Hausbank als auch die IBB prüfen die Kreditanträge in eigener Verantwortung. Mit einer gegenseitigen Freistellung vom Bankgeheimnis soll der Informations- und Unterlagenaustausch vor allem in der Prüfungsphase beschleunigt werden. Der Bearbeitungsprozess ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die Geschäftsbank den Vertrieb des Produkts übernimmt (Hausbankprinzip).
Darlehen
können insbesondere zur Mitfinanzierung von Investitionen des Anlagevermögens
(die einer langfristigen Mittelbereitstellung bedürfen, im Rahmen von Betriebsübernahmen,
Neuansiedlungen, Verlagerungen, Erweiterungen, Rationalisierungsmaßnahmen und
Reinvestitionen) und für im Zusammenhang mit dieser Investition stehende Betriebsmittel
verwendet werden. Grundsätzlich ausgeschlossen sind die Umschuldung bzw. Nachfinanzierung
bereits begonnener und abgeschlossener Investitionen sowie Gründungs- und
Sanierungsfinanzierungen.
Voraussetzung für die Gewährung von Darlehen ist die Vorlage eines tragfähigen Unternehmenskon-zeptes, dessen Durchführung eine nachhaltige Festigung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sowie die planmäßige Verzinsung und Tilgung der gewährten Mittel erwarten lässt. Ein Rechtsanspruch auf eine Finanzierung besteht nicht. Die Darlehensgewährung erfolgt durch die Konsortialbank. Die Kombination eines Kredites aus dem IBB-Wachstumsprogramm mit Fördermaßnahmen des Bundes, des Landes und der Europäischen Union ist möglich.
Die Darlehen werden auf
Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags in einer Höhe von grundsätzlich ab
500.000 € bis 2.500.000 € (im Ausnahmefall 5.000.000 €) mit einer
Laufzeit von grundsätzlich bis zu 10 Jahre und bei marktüblicher Verzinsung in
Abstimmung mit der Hausbank vergeben. Bis der in Vorbereitung befindliche
KMU-Fonds, der auf Kredite bis 500.000 € ausgelegt sein wird, am Markt
an-geboten wird, können über das IBB-Wachstums-programm auch Kredite von
niedrigerem Volumen angeboten werden (ab 200.000 €/IBB-Kreditvolu-men ).
Die
Tilgung erfolgt in gleich bleibenden Raten. Eine vorzeitige vollständige oder
teilweise Tilgung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Für die vorzeitige
Rückführung der Darlehen wird dem Endkreditnehmer eine Vorfälligkeitsentschädigung
berechnet.
Die
Darlehen sind in Abstimmung mit der Hausbank banküblich zu besichern. Die Sicherheitsbestellung
für das Darlehen erfolgt im Gleichrang mit der ebenfalls in die Finanzierung
eintretende Hausbank. Bei haftungsbeschränkten Gesellschaftsformen ist von den
Gesellschaftern/Geschäftsführern, die wesentlichen Einfluss auf das
Unternehmen ausüben, eine selbstschuldnerische Bürgschaft zu übernehmen. Diese
wird auch bei Kommanditgesellschaften von den Kommanditisten verlangt. Die
Sicherheitenverwaltung erfolgt durch die Hausbank.
Die
Kreditmittel dürfen nur anteilig mit den übrigen im Finanzierungsplan
vorgesehenen Mitteln über die Hausbank in Anspruch genommen werden.
Die
Mittel werden nach Erfüllung aller Auszahlungsvoraussetzungen entsprechend dem
Liquiditätsbedarf des Kreditnehmers – i.d.R. entsprechend dem
Vorhabensfortschritt – parallel zum Hausbankkredit ausgezahlt. Die IBB ist
unverzüglich zu unterrichten, wenn das Investitionsvorhaben oder dessen Finanzierung
sich ändert.
Ermäßigen sich die Kosten einzelner Hauptpositionen
des Investitionsplanes wesentlich, so können die eingesparten Mittel nur mit vorheriger
Zustimmung der IBB zur Deckung erhöhter Kosten anderer Positionen verwendet
werden.
Die IBB ist berechtigt, den Kreditbetrag anteilig zu
kürzen, wenn der Umfang der im Investitionsplan veranschlagten Gesamtausgaben
sich ermäßigt oder der Anteil anderer Finanzierungen sich erhöht. Soweit der
Bank durch die Kürzung ein Refinanzierungsnachteil entsteht, wird dem
Endkreditnehmer eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet. Die vertragsgemäße
Verwendung der Kreditmittel und Erfüllung etwaiger Auflagen werden von der Geschäftsbank
überwacht.
Das Programm ist aufgrund seiner Ausrichtung auf den
Mittelstand Verständigung II konform und stellt keinen Beihilfetatbestand dar,
da die Finanzhilfen zu marktüblichen Konditionen und gemeinsam mit den Hausbanken
vergeben werden.
Die Wirtschaftlichkeit des Programms und die damit verbundenen Risiken
wurden auf Grundlage einer von der IBB vorgelegten Deckungsbeitragsrechnung,
die positive Deckungsbeiträge aufweist, vom Senat und dem Verwaltungsrat der
IBB erörtert.
Gemäß § 6 Abs. 4 Investitionsbankgesetz wird dem Abgeordnetenhaus hiervon Mitteilung gemacht.
Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und die Zusammenführung
der Länder Berlin und Brandenburg:
Keine.
Rechtsgrundlagen:
§ 6 Abs. 4 Investitionsbankgesetz vom 25. Mai 2004 (GVBl. S. 227)
Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
Beim Programm VC-Fonds werden EFRE-Mittel eingesetzt. Ansonsten erfolgt die Finanzierung der Programme aus Kapitalmarktmitteln, die von der IBB aufgenommen werden.
b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen:
Keine.
Berlin, den 19. Oktober 2004
Der Senat von Berlin
Karin
S c h u b e r t
Harald W o l f
Bürgermeisterin Senator für Wirtschaft,
Arbeit und Frauen
Ausschuss-Kennung
: WiBetrTechgcxzqsq