Der Senat wird aufgefordert:

 

 

1.    sich zur gesetzlich festgelegten Rolle der Bezirke zu bekennen und mit seinen Entscheidungen der Zuständigkeitsver­mutung zu Gunsten der Bezirke zu genügen.

 

2.                                  Die Rolle der Hauptverwaltung grundsätzlich auf die Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktion zu beschränken.

 

3.    Aufgaben nur dann nachgeordneten Behörden der Hauptver­waltung zuzuordnen, wenn die Art der Aufgabe einen schnellen und unmittelbaren Zugriff von der Behördenspitze zur operativen Ebene un­bedingt erfordert, wie dies z.B. bei der Verbre­chensbekämpfung oder der Feuerwehr der Fall ist.

 

4.    Zur Steuerung der Bezirke (und der nachgeordneten Behörden) endlich ein Querschnittscontrolling, das sowohl die fachlichen Anforderungen als auch die haushaltsmäßigen Aspekte umfasst, einzurichten.

 

5.                                  Endlich dem VGG zu entsprechen und das von den Bezirken erfolgreich erprobte betriebswirtschaft­liche Steuerungssystem der KPMG vollständig in den Haupt- und Bezirksverwaltungen einzuführen.

 

6.     Die Zuweisungsbeträge an die Bezirke uneinge­schränkt nach dem Konzept der KPMG zu ermit­teln. Abschläge auf die errechneten Zuweisungs­preise sollen nur dann möglich sein, wenn vom Se­nat konkrete Rationalisierungspotentiale benannt worden sind.


7.    Die sogenannte „Phase 3“ der Budgetie­rung, das Herunterbrechen der Globalbud­gets auf die Kostenstellen, so zu organisie­ren, dass ein deutlicher Anreiz für wirt­schaftliches Handeln gegeben ist.

 

8.    Die Fach- und Ressourcenverantwortung auch für die Transferausgaben zusammen zu führen. Dort, wo die Bezirke Finanzver­antwortung haben, müssen sie auch maß­geblichen Einfluss auf die fachlichen Ent­scheidungen erhalten.

 

9.    Die Verantwortlichkeiten der Hauptverwal­tung für die Planung der Be­zirksbudgets zu klären. Planungsmängel der Hauptverwaltung sind künftig zu Las­ten der Senatsfach- oder -finanzverwaltung zu sanktionieren.

 

10.  Die Overheadkosten der Senatsverwaltun­gen im Rahmen der Kosten- und Leis­tungsrechnung auf die Leistungen für die Bürger (outputorientierte Produkte) zu ver­rechnen.

 

11.  Ein Konzept zu entwickeln, welches die systematische Finanzierung des Erhalts der öffentlichen Infrastruktur auf Basis des in der Kosten- und Leistungsrechnung aus­gewiesenen Werteverzehrs zum Gegen­stand hat.

 

12.  Haushaltsüberschreitungen in den Bezirks­haushaltsplänen künftig nur dann eigen­verantwortlich zuzulassen, wenn sie im laufenden Haushaltsjahr durch zusätzliche Zuführungen an den Bezirkshaushaltsplan gedeckt werden oder rechtlich und tat­sächlich sichergestellt ist, dass ein Aus­gleich innerhalb des Finanzplanungszeit­raumes stattfindet. Die hierfür erforder­lichen gesetzlichen Regelungen sind vor­zubereiten.

 

 

Begründung:

 

I. Allgemeines

 

Berlin ist die Hauptstadt einer föderalen Republik. Deshalb muss die Hauptstadt in sich den Staatsaufbau des Landes widerspiegeln – so wie alle anderen Bundesländer, Städte, Kreise und Gemein­den auch. Insofern verkörpert die Hauptstadt eines Landes nach innen und außen das staatliche Selbst­verständnis einer Nation. Wir stehen aus gutem Grund nicht in der Tradition eines unverbrüchlichen Zentralismus, wie Franzosen oder Briten. Auch in Fragen der Machtverteilung haben wir konsequent funktionierende Mechanismen innerstaatlicher Balance und personaler Kompetenzaufteilung installiert.

 

Wer über Berlin diskutiert, internationale Ver­gleiche zieht und über strukturelle Veränderungen innerhalb der Stadt nachdenkt, muss dazu offen diese Grundsatz­frage stellen. Das fahrlässige Ignorieren unserer Geschichte oder das bewusste Einschlagen eines anderen Weges wird langfristig nicht nur der de­mokratischen Teilhabe schaden, sondern auch die notwendigen wirkungsvollen Systemveränderungen in der Hauptstadt verfehlen.

 

Die CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin  stellt sich dieser Thematik und fordert den Senat auf, in Berlin Strukturen zu schaffen, die der demokratischen föderalen Struktur unseres Landes ebenso Rechnung trägt, wie den Anforderungen an die Fiskalpolitik dies betrifft Perspektiven im Hinblick

 

a) auf organisatorische Stellung der Bezirke,

b) ihre Stellung im Finanzsystem und

c) neue Formen der Bürgerbeteiligung.

 

Ziel ist ein schlüssiges Konzept für eine verant­wortliche Berliner Bürgergesellschaft. Die Berliner CDU wird dabei konsequent auf das Prinzip der Subsidiarität und den Grundsatz der demokra­tischen Partizipation achten.

 

 

II. Einzelbegründung

 

Zu 1. bis 3.:

 

Die Bezirke nehmen im wesentlichen operative Aufgaben wahr und sie nehmen als „Regionalver­tretungen“ alle Aufgaben wahr, d.h. sie erstellen Dienstleistungsprodukte die wegen ihrer Quanti­täten und den Anforderungen an Bürgernähe (Qua­lität) dezentral wahrzunehmen sind.

 

Die Hauptverwaltung soll im zweistufigen Ver­waltungsaufbau nur die Aufgaben von gesamt­städtischer Verantwortung wahrnehmen. Sie ver­fügt aber gegenüber den Bezirken über Aufsichts- und Wei­sungsbefugnisse. Der Senat kann auch Grundsätze und allgemeine Verwaltungsvorschrif­ten für die Tätigkeit der Bezirke erlassen. Er übt die Aufsicht darüber aus, dass diese eingehalten wer­den und die Rechtmäßigkeit der Verwaltung ge­wahrt bleibt. Eine Fachaufsicht der Hauptverwal­tung gegenüber den Bezirken gibt es nicht mehr. Nur noch in Ausnahmefällen hat die Hauptverwal­tung die Möglichkeit, über ein sogenanntes Ein­griffsrecht in Einzelfällen die Zuständigkeit an sich zu ziehen. Dies setzt aber voraus, dass durch das Handeln oder Unterlassen eines Bezirksamtes drin­gende Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigt werden.

 

Zur Hauptverwaltung gehören auch die sogenann­ten nachgeordneten Behörden. Solche Behörden sind z.B. die Verwaltungsämter. Nachgeordnete Behörden sind für ganz Berlin zuständig und einer bestimmten aufsichtsführenden Senatsverwaltung unmittelbar un­terstellt. Die Struktur dieser nachge­ordneten Behörden ist histo­risch gewachsen und folgt keinem nachvollziehbaren Konzept. Das nachgeordnete Behörden der Hauptverwaltung – also der zentralisierte Ansatz – leistungsfähiger sein sollen, als die dezentralen Bezirksverwaltungen, ist in der Vergangenheit mehrfach empirisch widerlegt worden (Landeswohnungsamt, Kfz-Zulassungs­stellen, Meldestellen usw.). Folglich sollten Ver­waltungsaufgaben nur dann von nachgeordneten Behörden der Hauptverwaltung wahrge­nommen werden, wenn die Art der Aufgabe einen schnellen und unmittelbaren Zugriff von der Behördenspitze zur operativen Ebene unbedingt erfordert, wie dies z.B. bei der Verbrechensbekämpfung oder der Feuer­wehr der Fall ist.

 

Zu 4. bis 6.:

 

Der Senat hat die Aufgabe, die qualitativen und quantitativen Ziele und Rahmenbedingungen für das Handeln der Bezirke (und der nachgeordneten Behörden) zu bestimmen und deren Ein­haltung zu kontrollieren. Das Fehlen eines entsprechenden Systems ist hauptursächlich für viele Fehlentwick­lungen, die den Bezirken zu Unrecht angelastet werden. Deshalb muss im Rahmen des Quer­schnittscontrollings ein systematisches Planungs- und Kon­trollsystem implementiert werden, das bisher nur bruchstückhaft vorhanden ist. Wesent­liche Elemente des Planungssystems sind die Erhe­bung und Nutzung der Strukturdaten und der Erlass von Verwaltungsvorschriften, insbesondere zur Festlegung der qualitativen Standards und zur Ge­staltung der Prozesse. Das Kontrollsystem beinhal­tet im wesentlichen die Abweichungsanalysen und die aus Abweichungen herzuleitenden Manage­mentprozesse. Das Querschnittcontrolling wird vervollständigt durch das Finanzcontrolling, das als Querschnittsaufgabe im Sinne einer Serviceleistung für die Senatsfachverwaltungen von der Senatsver­waltung für Finanzen wahrgenommen werden kann.

 

Die Bezirke sind mit der Bezirksgebiets- und der Verwaltungsre­form als autonome, demokratisch legitimierte Profit-Center angelegt worden. Kenn­zeichen sind die Globalzuweisungen aus dem Lan­deshaushalt und die betriebswirtschaftliche Aus­richtung ihrer Managementprozesse. Über das von der KPMG im Auftrag Berlins entwickelte System der Kosten- und Leistungsrechnung und der Bud­getierung wird sowohl Kunden- oder Outputorien­tierung, Wettbewerb und permanentes Benchmar­king hergestellt. Obwohl die Einführung des Sy­stems noch nicht vollständig abgeschlossen ist, ist der Bereich der Bezirksverwaltungen schon jetzt ein sich selbst optimierendes System. Dieses Sy­stem wird dann noch stärker als kostensenkender Faktor wirksam werden, wenn die vom Rot-Roten Senat eingeführten, nicht systemkonformen Kompo­nenten eliminiert werden und die Beziehun­gen zur Ebene der Hauptverwaltungen konzeptkon­form gestaltet werden.

 

Eines der wesentlichen Ziele zur Konzeption der Zuweisungen an die Bezirke war die outputorien­tierte und auskömmliche finan­zielle Ausstattung der Bezirke, d.h., jeder Bezirk sollte mittels ob­jektiver Preisbildung ausreichende Mittel für die Dienstleistung am Bürger erhalten. Dabei sollte der Zuweisungsbetrag aus den Durchschnittskosten mal Leistungseinheiten der outputorientierten Produkte errechnet werden.

 

Zu 7.:

 

Völlig vernachlässigt wurde die sogenannte „Phase 3“ der Budgetierung. Diese umfasst den Prozess, mit dem die Globalsummen auf die einzelnen Kostenstellen heruntergebrochen werden. Je nach­dem, wie dies organisiert wird, können die einzel­nen Kosten­stellen an ihrem jeweiligen betriebswirt­schaftlichen Erfolg partizipieren. Insofern ist dieses Modul der Budgetierung für die Schaffung von Anreizen von wesentlicher Bedeutung.

 

Zu 8.:

 

Die Einbeziehung der Transferausgaben (in den Bezirken insbesondere Sozialleistungen) und die damit verbundene Schaffung des sog. „T-Teils“ des Haushalts erfolgte entsprechend den Intentionen des KPMG-Konzepts. Allerdings blieb völlig unberücksichtigt, dass die Fach- und Ressourcenverantwortung ge­rade in den betroffenen Bereichen noch nicht zu­sammengeführt war. So werden z.B. Rahmenver­träge weiterhin von der Hauptverwaltung geschlossen, die damit verbundenen Finanzierungs­fragen jedoch auf die Bezirke übertragen, ohne dass ihnen hierfür ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Auch hier werden die zwangsläufig entstan­denen Defizite den Bezirken angelastet.

 

Zu 9. bis 10.:

 

Unbearbeitet blieb im Wesentlichen auch die Auf­gabe, im Rahmen der Einführung der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung das Verhältnis der Senatsfach- und –finanzverwaltung untereinan­der und im Verhältnis zu den Bezirken zu klären. Gegenwärtig werden die Bezirksbudgets vergan­genheitsorientiert auf der Basis der Istkosten des vorletzten Jahres ermittelt. Damit kann jedoch neuen Anforderungen in qualitativer und quantita­tiver Hinsicht sowie neuen Aufgaben nicht Rech­nung getragen werden. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, dass Mengenplanung und qualitative Vorgaben für die Pflichtaufgaben von den Senats­fachverwaltungen vorgegeben werden und die Budgets von der Senatsfinanzverwaltung anhand dieser Vorgabe nach dem Prinzip Menge mal Preis berechnet werden. Bei wesentlichen Abweichungen der Planmen­gen von den Istmengen und wesent­lichen qualitativen Veränderun­gen müssen die Kalkulationen unter maßgeblicher Mitwirkung der Bezirke evaluiert werden.

 

Die Klärung der Beziehungen der Verwaltungsebe­nen muss direkt im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung sichergestellt werden. Die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten ver­ursacht z.B. nicht nur die unmittelbaren Kosten der Betreuung und Overheadkosten im Bezirk. Auch die Kosten der Grundsatzbereiche in der Senats­verwaltung würden nicht entstehen, wenn das Land Berlin dieses Produkt nicht anbieten würde. Will man den Gesamtaufwand für ein Projekt erfassen, müssen die Overheadkosten der Senatsverwaltun­gen zwingend auf die Produktkosten der Bezirke verrechnet werden. Auf diese Weise kann dann transparent dargestellt werden, welcher Anteil der Haushaltsmittel für die internen Verwaltungspro­zesse verbraucht werden und welcher Anteil direkt beim Bürger ankommt.

 

Zu 11.:

 

Die Abschreibungen werden im Budgetierungs­system bisher nicht berücksichtigt. Die Folge ist, dass für den Werteverzehr der öffentlichen Infra­struktur keine angemessene Vorsorge getroffen werden kann. Statt einer systematischen Pflege des öffentlichen Eigentums verfällt die Infrastruktur, es sei denn, dass über Sonderprogramme wenigstens die gröbsten Missstände beseitigt wer­den können. Deshalb muss ein Konzept entwickelt werden, wie abgeleitet aus dem Werteverzehr, der in der Kosten- und Leistungsrechnung über die Abschreibungen abgebildet wird, die notwendigen Finanzmittel für den Erhalt der öffentlichen Infra­struktur systematisch bereitgestellt werden können.

 

Zu 12.:

 

Im Zusammenhang mit der Bezirksgebietsreform wurde den Bezirken die Möglichkeit eröffnet, eigenverantwortlich Haushaltsüberschreitungen zuzulassen. Mit diesem Instrument ist ein Bezirk nicht verantwortlich umgegangen, so dass der Landeshaushalt im wesentlichen völlig unkontrol­liert belastet worden ist. Dieser Vorgang hat eben­falls dazu geführt, dass den Bezirken insgesamt die Qualifikation zum eigenverantwortlichen Handeln abgesprochen wurde. Tatsächlich liegt die Verant­wortung hierfür beim Senat, der nicht rechtzeitig und konsequent diese Fehlentwicklung unterbunden hat.

 

Berlin, 4. November 2003

 

 

 

Zimmer  Goetze  Henkel  Wambach

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der CDU

 

 

Ausschuss-Kennung : VerwRefKITgcxzqsq