Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Einbürgerung
dezentralisieren –
Änderung des Gesetzes
über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen
Berliner Verwaltung
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Gesetz
zur Änderung des Gesetzes über die Zuständigkeiten
in
der Allgemeinen Berliner Verwaltung
(Allgemeines Zuständigkeitsgesetz – AZG)
Vom
...
Das
Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel
I
Das Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz – AZG) in der Fassung vom 22. Juli 1996 (GVBl. S. 302, 472), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juli 2002 (GVBl. S. 286 f), wird wie folgt geändert:
In der Anlage Allgemeiner Zuständigkeitskatalog (ZustKat AZG) wird Nr. 3 Staatshoheitsangelegenheiten, Verfassungsschutz, Statistik, Wahlen wie folgt geändert:
In Ziffer (2) wird der Halbsatz „Staatsangehörigkeitsangelegenheiten mit Ausnahme der Vorbereitungsarbeiten und der Anspruchseinbürgerungen“ einschließlich des Semikolons gestrichen.
Artikel II
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.
Begründung:
Die Gesetzesänderung beseitigt die Doppelzuständigkeit von Bezirken und Hauptverwaltung bei Einbürgerungsangelegenheiten.
Zwischen Bezirken und Senatsverwaltung besteht Einvernehmen darüber, dass diese Mischzuständigkeit ineffektiv ist, zu Verfahrensverzögerungen führt und hohe Kosten erzeugt.
Derzeit sind die Bezirke für die Bearbeitung der Anspruchseinbürgerungen und die Vorbereitung der Ermessenseinbürgerungen zuständig. Die erneute Prüfung und die Entscheidung über Ermessenseinbürgerungen durch die Senatsverwaltung, wie sie im Zuständigkeitskatalog zum AZG festgeschrieben ist, führt zu vermeidbarer Aktenwanderung und Mehrarbeit. Zudem bestehen Abgrenzungsprobleme zwischen Ermessens- und Anspruchseinbürgerungen.
Mit der hier
vorgenommen Streichung der Zuständigkeit der Senatsverwaltung verbleibt die
Bearbeitung aller Einbürgerungsvorgänge bei den Bezirken. Im AZG besteht eine Zuständigkeitsvermutung
für die Bezirke, sofern es sich nicht um spezifizierte Aufgaben von gesamtstädtischer
Bedeutung handelt
(§§ 3 u. 4 AZG).
Der Rat der Bürgermeister hatte bereits am 19.12.2002 gefordert, die Bearbeitung der Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vollständig auf die Bezirke zu verlagern.
Für die
Dezentralisierung sprechen zunächst die höhere Bürgernähe und die durch eine
klare Zuständigkeitszuordnung geschaffene erhöhte Transparenz für die
Antragstellenden. Zudem entspricht sie den Vorgaben der Verwaltungsreform,
deren wesentliche Anliegen Effektivitätsgewinne durch Dezentralisierung und
klare Aufgabenzuweisungen sind.
Verfassungsrechtlich
ist es im übrigen zweifelhaft, ob eine vollständige Rückverlagerung auf die
Ebene der Hauptverwaltung überhaupt verfassungskonform ist. Nach Art. 67 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 VvB kommt eine Zentralisierung nur dann in Frage, wenn die Materie
zwingend einer Durchführung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedarf.
Die gegen eine
Dezentralisierung vorgebrachten Sicherheitsbedenken sind nicht überzeugend. Die
Einbürgerung von Ausländern, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme
rechtfertigen, dass die BewerberInnen Bestrebungen verfolgt oder unterstützt,
die z. B. gegen die freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder die
Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, ist nach § 86 Nr. 2
AuslG rechtswidrig. Eine Einbürgerung durch einen Bezirk trotz
Sicherheitsbedenken dieser Art wäre daher ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften
gegen den die Senatsverwaltung mit Hilfe der Bezirksaufsicht, die eine
Rechtsaufsicht ist (§ 9 ff AZG), vorgehen kann.
In den wenigen
Fällen, bei denen die Senatsverwaltung im Gegensatz zur Bezirksebene Sicherheitsbedenken
geltend macht – ohne dass den Bezirken ein Verstoß gegen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften vorgehalten werden kann – besteht für die
Senatsverwaltung die Möglichkeit, im Rahmen ihres Eingriffsrechts gem. 13a AZG
vorzugehen, da insoweit Gesamtinteressen Berlins tangiert sind.
Fragen der
praktischen Durchführung können ohne Weiteres durch Vorlage- und Informationsverpflichtungen
der Bezirke geregelt werden, ohne dass der gesamte Aktenbestand zwischen
Bezirken und Senatsverwaltung hin- und herwandert.
Auf eine
Vereinheitlichung der Rechtspraxis der Bezirke kann durch eine Verankerung in
den Richtlinien für die Wahrnehmung von Staatsangehörigkeitsangelegenheiten
durch die Bezirksämter von Berlin hingewirkt werden. Auf aktuelle Rechtsentwicklungen
kann – wie bisher – mit Rundschreiben an die Bezirke reagiert werden.
Berlin, den 2. September
2003
Dr. Klotz Ratzmann Wieland
Mutlu
und die übrigen Mitglieder
der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen
Ausschuss-Kennung
: VerwRefKITgcxzqsq