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V A
2731
Anlage 1
Konsequenzen des Urteils des
Bundessozialgerichts B 12 KR 36/00 R
zur Beitragshöhe für
freiwillig krankenversicherte Sozialhilfeempfänger
Ihr Schreiben vom 22.07.2002-
V A 11
Der in Ihrem o.g. Schreiben erhobene Vorwurf, Nachteile für den Berliner Landeshaushalt in Millionenhöhe durch den Abschluss der Vereinbarungen zur Pauschalierung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verursacht zu haben, wird zurückgewiesen.
Eine Kündigung der entsprechenden Vereinbarungen wird gegenwärtig nicht in Betracht gezogen. Die Vertragsbedingungen wurden in langwierigen Verhandlungen festgelegt und von Seiten des Trägers der Sozialhilfe zuvor verantwortungsbewusst geprüft.
Für meine Position ist weiterhin Ausschlag gebend, dass durch die auf Bundesebene vorgesehene Zusammenführung von Arbeitslosen - und Sozialhilfe eine nicht unbeträchtliche Anzahl bisher freiwillig versicherter Sozialhilfeempfänger pflichtversichert werden soll .
Dazu kommt die in der neuen Koalitionsvereinbarung wieder in Aussicht gestellte Umsetzung des Art. 28 GSG.
Sobald das Vorhaben der Bundesregierung – alle Sozialhilfeempfänger in die Pflichtversicherung einzubeziehen – umgesetzt wird, sind die daraus resultierenden Auswirkungen zu prüfen und neue Schlussfolgerungen für die Beitragshöhe der freiwillig versicherten Sozialhilfeempfänger zu ziehen.
Bis dahin sollen die Sachbearbeiter in den Sozialämtern von der verwaltungsaufwändigen Einzelfallprüfung zur Feststellung der Beitragshöhe entlastet werden.
In dieser Hinsicht wird mein Standpunkt auch von den Berliner Bezirksämtern geteilt, die in der Sitzung der Amtsleiter Soziales am 29.08.2002 der Position meines Hauses zugestimmt haben.
Zur Begründung des Aufrechterhaltens der Vereinbarungen wird zusätzlich zu den einzelnen Punkten Ihres o.g. Schreibens folgendes ausgeführt:
zu 1. und 5.
Ihre Feststellung, dass die bis zum 31.12.2001 vereinbarten Beiträge rechtswidrig überhöht waren, trifft nicht zu.
Auf den vorangegangenen Schriftwechsel wird verwiesen und ergänzend bemerkt, dass das Urteil des Bundessozialgerichtes einen Einzelfall entschieden hat und nur für diesen Einzelfall juristische Konsequenzen für die Vergangenheit gezogen werden.
Vergleichbare Fälle können auf dem Urteil aufbauend nur für die Zukunft neu bewertet werden. Deshalb kam auch eine Rückforderung nicht in Betracht.
Die Feststellung des Gerichtes, dass bei freiwillig versicherten Sozialhilfeempfängern in der Regel nur die Erhebung des Mindestbeitrages in Betracht kommt enthält die Aussage, dass es durchaus davon Ausnahmen geben kann. Ob dieser Betrag über- oder unterschritten wird, wäre in aufwändigen Einzelfallprüfungen monatlich zu ermitteln, sofern es keine Vereinbarung gibt.
Der Bedarf, der dem Mindestbeitrag im Jahre 2001 zugrunde liegt, entsprach dem 2,66 – fachen des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Nach meinen letzten Berechnungen in dieser Sache ergab sich jedoch ein Bedarf in Höhe des 2,95 – fachen Regelsatzes, damit wird das Mindesteinkommen deutlich überschritten. Legt man einer Berechnung alle denkbaren Hilfearten zugrunde erreicht man sogar einen Höchstbedarf, der dem 5,5 – fachen Regelsatze entspricht.
Sicher wird das nicht regelmäßig der Fall sein, das Anliegen einer Pauschalierung besteht jedoch darin, unterschiedliche Sachverhalte einem einheitlichen Maßstab zu unterwerfen. Auf der Basis des Mindesteinkommens wäre allerdings kein Vertrag mit den Krankenkassen zustande gekommen.
Da nach den Vorstellungen der Krankenkassen mindestens der 3,55 - fache Regelsatz zugrunde zu legen wäre, boten wir auf Fachebene den 3- fachen Regelsatz an. Auch der letztlich gefundene Kompromiss wurde für vertretbar gehalten, da der vermiedene Verwaltungsmehraufwand die „Mehrkosten“ neutralisiert.
zu 2.
An dieser Stelle wird um Verständnis dafür gebeten, dass die von Ihnen angeregte weitergehende Überprüfung der Höhe des Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt bei Hilfeempfängern in Einrichtungen nicht vorgenommen wird. Da an den geschlossenen Vereinbarungen zunächst festgehalten wird, sind nachträgliche schwierige Überprüfungen, die nicht zu einem anderen Vereinbarungsergebnis führen, gegenwärtig – auch im Hinblick auf arbeitsintensive andere Aufgaben im Sachgebiet – entbehrlich. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in anderen Bundesländern gerade für Hilfeempfänger in Einrichtungen ein Bedarf in Höhe des 3,5 bzw. 3,7 – fachen Regelsatzes vereinbart worden ist. Damit wird augenscheinlich in diesem Punkt an der Aussage der Empfehlungsvereinbarung auf Bundesebene aus dem Jahre 1997 festgehalten. Der Berliner Kompromiss, auch für Hilfeempfänger in Einrichtungen den 3,2 – fachen Regelsatz der Beitragsberechnung zugrunde zu legen, ist in diesem Zusammenhang ein positives Verhandlungsergebnis. Wenn in der Vereinbarung mit der BKK ein anderes (besseres) Ergebnis erreicht wurde, sollte dies eher begrüßt und nicht als rechtlich fragwürdig bewertet werden.
zu 3. und 4.
Leider ist es nicht gelungen, zwischenzeitlich Daten darüber zu bekommen, wie viele freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger in bzw. außerhalb von Einrichtungen leben.
Da diese Daten noch nicht erhoben werden, hätte eine entsprechende Anfrage bei den Bezirksämtern unzumutbare Mehrarbeit bedeutet. Von den Krankenkassen konnten uns diese Angaben auch nicht übermittelt werden.
Für Ihre Hinweise, in welcher Richtung Vereinbarungen mit den Krankenkassen hätten getroffen werden können, danke ich Ihnen, muss aber an dieser Stelle nochmals betonen, dass die Kassen als Verhandlungspartner in eigener Sache auftreten.
Das Angebot einer Pauschalierung nur für den Kreis der Hilfeempfänger in Einrichtungen wäre auf keine Akzeptanz gestoßen, da gerade die Beitragsgestaltung für Hilfeempfänger außerhalb von Einrichtungen den Verwaltungsaufwand verursacht.
Für die verhandelnden Seiten und auch für die Berliner Bezirksämter stand fest, dass eine Vereinbarung zur Pauschalierung der Beitragsbemessung für jede Seite günstiger ist als Einzelberechnungen.
Sofern die von Ihnen vorgeschlagenen Verfahren nicht auszuhandeln wären, würden die individuellen Bedingungen monatlich zu prüfen sein. Bei Hilfeempfängern außerhalb von Einrichtungen sind die Lebensverhältnisse durchaus nicht statisch, so kann sich z.B. die Familiengröße ändern, und gerade diese hätte erheblichen Einfluss auf die Beitragshöhe.
Die Berechnung der Personalkosten wird nicht als überhöht angesehen, zumal notwendige Verwaltungsarbeit, die u.U. dadurch entsteht, wenn sich im Nachhinein Änderungen ergeben, in diese Berechnung gar nicht eingeflossen sind.
Der von Ihnen pauschal erhobene Vorwurf der Mehrbelastung für den Berliner Haushaltes entbehrt einer Grundlage. Da ein Mindestbeitrag nicht zu vereinbaren war, kann dieser auch nicht einer Vergleichsrechnung zugrunde gelegt werden. Mit der notwendigen monatlichen Einzelfallprüfung fallen jedoch die Personalkosten an.
zu 6.
Vereinbarungen anderer Bundesländer wurden vor der Entscheidungsfindung, soweit sie bekannt waren, zur Kenntnis genommen.
Auch zur Zeit liegen hier nicht alle Verträge anderer Bundesländer vor. Dennoch zeigen Ergebnisse, dass auch hier Kompromisslösungen gefunden worden sind. Im Land Brandenburg einigte man sich auf den 2,9- fachen Regelsatz ab 01.01.2002 und ab 01.01.2003 auf den 3 – fachen Regelsatz, obwohl der Mindestbeitrag seitens des Träger der Sozialhilfe anvisiert war.
Bundesland/ Kommune |
Pauschalierung für Hilfeempfänger
außerhalb von Einrichtungen |
Pauschalierung für Hilfeempfänger
innerhalb von Einrichtungen |
Saarland (Verhandlungsergebnis liegt hier noch nicht vor) |
2,99 |
3,7 |
Baden- Württemberg (Mindestbeitrag bis 2004 zur Vermeidung einer Rückabwicklung seit 1999) |
Mindestbeitrag bis 2004, danach entweder 2,8 oder weiter Mindestbeitrag |
Mindestbeitrag bis 2004, danach 2,8 oder 3,0 |
Bayern |
Mindestbeitrag |
3,5 |
Brandenburg |
bis 31.12.2002: 2,9, ab 01.01.03 – 3,0 |
bis 31.12.2002: 2,9, ab 01.01.03 – 3,0 |
Bremen |
3,0 |
3,0 |
Hessen (Verhandlungsergebnis liegt hier noch nicht vor) |
Mindestbeitrag |
3,5 |
Niedersachsen (Verhandlungsergebnis liegt hier noch nicht vor) |
Mindestbeitrag Empfehlung für weitere Verhandlungen: 3,12 maximal |
Mindestbeitrag Empfehlung für weitere Verhandlungen: 3,12 maximal |
Rheinland - Pfalz |
Einzelfeststellung in allen Fällen mit IKK: 3,0 |
Einzelfeststellung in allen Fällen mit IKK: 3,0 |
Sachsen |
Mindestbeitrag |
Mindestbeitrag |
Schleswig – Holstein (Verhandlungsergebnis liegt hier noch nicht vor) |
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Landkreise: 2,7 |
Thüringen (Verhandlungsergebnis liegt hier noch nicht vor) |
Mindestbeitrag |
maximal 3,5 |
Hamburg |
Mindestbeitrag (ab 01.01.2001) |
3,7 (ab 01.01.2001) |
Den Bundesländern, die Verträge in der Höhe des Mindestbeitrages für Hilfeempfänger in- und außerhalb von Einrichtungen abschlossen, gilt mein Respekt.
Es ist aber keineswegs so, dass von den Trägern der Sozialhilfe überall günstiger als in Berlin verhandelt worden ist. Wenn zu verzeichnen ist, dass der Mindestbeitrag lediglich für Hilfeempfänger außerhalb von Einrichtungen gilt, für Hilfeempfänger in Einrichtungen dagegen das 3,5 oder 3,7- fache des Regelsatzes die Berechnungsgrundlage darstellt, ergibt sich ein anderes Bild. Während für Hilfeempfänger außerhalb von Einrichtungen die Chance besteht, wieder von Sozialhilfe unabhängig zu werden, gibt es diese für Hilfeempfänger in Einrichtungen in der Regel nicht. Auf lange Sicht sind damit den anderen Bundesländern die hohen Beiträge in Einrichtungen sicher.
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das Berliner Ergebnis (besonders bei der Vereinbarung mit der BKK) positiv zu bewerten.
Mit freundlichen Grüßen Beglaubigt:
Im Auftrag
Mielke
Ausschuss-Kennung : Hauptgcxzqsq