Vor Eintritt in die Tagesordnung

Siehe Inhaltsprotokoll.

 

Punkt 1 der Tagesordnung

Aktuelle Viertelstunde

 

 

Siehe Inhaltsprotokoll.

 

Punkt 2 der Tagesordnung

a) Besprechung gem. § 21 Abs. 3 GO Abghs

    Neuordnung des Geschäftsstraßenmanagements

    in Berlin – neue Chancen für den Einzelhandel?

    (auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS)

 

b) Antrag der Fraktion der CDU

    Gesetz zur Gründung und zu den

    Aufgaben einer Standortgemeinschaft

    – Standortgemeinschaftsgesetz (StandOGemG) –

    Drs 15/3345

0268

 

 

 

 

 

0257

 

 

Vors. Thiel: Dazu begrüße ich auch die Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz, die zu diesem Tagesordnungspunkt zugeladen sind. Ich begrüße unsere Anzuhörenden, Frau Wiezorek von der ews Stadtsanierungsgesellschaft mbH, Herrn Jochen Brückmann von der IHK Berlin – vor allem zu TOP 2 a) –, Herrn Federwisch vom Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V. – stärker zu TOP 2 b) – und Herrn Winkelmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Tempelhofer Damm e. V. – Herr Winkelmann hat uns eine Tischvorlage zukommen lassen, die verteilt wurde. Die eingeladene AG City konnte keinen Vertreter entsenden, da zeitgleich eine Vorstandssitzung stattfindet und alle Kräfte dort gebraucht werden.

 

Wir werden beide Punkte gemeinsam besprechen, über den Antrag der CDU allerdings erst abstimmen können, wenn er im mitberatenden Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz beraten wurde und uns die Beschlussempfehlung zugeleitet wurde. Wenn das geschehen ist, werden wir – unter Einbeziehung des Wortprotokolls – diesen Tagesordnungspunkt noch einmal aufrufen.

 

Zum zeitlichen Ablauf: Frau Wiezorek wird uns eine Einführung von ca. 10 Minuten geben, und danach bitte ich die anderen Gäste, ihre Statements – wenn möglich – auf etwa fünf Minuten zu begrenzen, damit wir Zeit für die Aussprache haben. – Jetzt bitte ich zum Tagesordnungspunkt 2 a) um die Begründung des Besprechungswunsches. – Für die Koalition, Frau Hildebrandt – bitte!

 

Frau Abg. Hildebrandt (SPD): Die Koalition hat den Besprechungspunkt „Neuordnung des Geschäftsstraßenmanagements in Berlin“ auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir es für sinnvoll halten, eine breitere Diskussion über diesen Punkt anzuregen. Hintergrund ist, dass uns mit dem Antrag der CDU ein sehr spezielles und scharfes Instrument vorgeschlagen wird, das in eine politische Landschaft hineinragt, die eigentlich eher von Deregulierungsdiskussionen geprägt ist. Demzufolge bedarf es aus unserer Sicht einer breit angelegten Diskussion über das Geschäftsstraßenmanagement und die Möglichkeiten, dieses bei der Lösung seiner Probleme zu unterstützen. Es sollte keine Fokussierung allein auf diesen Gesetzentwurf geben, sondern wir wollen eine Diskussion aller Möglichkeiten, insbesondere wenn man bedenkt, dass in einigen Bundesländern derzeit schon Varianten erwägt oder erprobt werden und diese Erfahrungen auch für uns interessant sein könnten. Insofern begrüßen wir die heutige Anhörung und erhoffen uns vielfältige Informationen.

 

Vors. Thiel: Danke, Frau Hildebrandt! – Zur Begründung des CDU-Antrags – Herr Kollege Tromp, bitte!

 

Abg. Tromp (CDU): Die CDU-Fraktion hat dieses Gesetz eingebracht, um – wie meine Vorrednerin es gerade richtig charakterisiert hat – eine breite Diskussion anzustoßen: Wie geht es weiter mit den Berliner Bezirkszentren? – Diese sind ja nicht nur Einkaufsstraßen, sondern auch Standorte urbanen Lebens für die öffentliche Hand, die Verwaltung, Dienstleister etc. Wir wollen außerdem eine Diskussion über ein Instrument anregen, das in Nordamerika, aber auch in Australien und anderen Kontinenten dieser Erde bereits Anwendung findet, insgesamt an über 1 200 Standorten, und wir wollen gemeinsam mit Ihnen darüber diskutieren, ob dieses Instrument evtl. geeignet ist, um in Berlin Kräfte, die bis dato und auch künftig auf freiwilliger Basis arbeiten, stärker in ihren Bemühungen zu unterstützen, um diese Bezirkszentren aufzuwerten.

 

Ich betone ausdrücklich, dieser Gesetzentwurf der CDU ist ein Diskussionsvorschlag. Wir sind selbstverständlich bereit, mit Ihnen zu diskutieren: Was kann man besser machen? Was kann man noch verändern, um das Instrument an Berlin anzupassen? – Der eine oder andere hat da unterschiedliche Vorstellungen, aber wir dürften uns einig sein, dass wir diesen Bezirkszentren helfen wollen, damit sie sich selbst helfen können. Denn eines wollen wir definitiv alle nicht – dass Vater Staat von oben herab vorschreibt, was vor Ort zu geschehen hat. Was wir wollen, ist doch, dass die Leute vor Ort sich selbst helfen können. Mit diesem Gesetzentwurf haben wir einen ersten Vorschlag unterbreitet.

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Herr Tromp! – Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie ein Wortprotokoll wünschen. Dann werden wir so verfahren. – Jetzt hat Frau Wiezorek das Wort. – Bitte schön!

 

Frau Wiezorek (ews Stadtsanierungsgesellschaft mbH): Meine Damen und Herren! Ich fokussiere meinen Beitrag auf die Frage: Braucht Berlin ein Gesetz zur Bildung von Standortgemeinschaften? – Ich möchte am Anfang des Vortrags kurz auf die Fragestellung eingehen: Gibt es überhaupt Probleme mit den bestehenden Initiativen, so dass wir ein neues Instrument benötigen? – Zur Erinnerung: Sie wissen vielleicht, dass wir in Berlin bereits über 60 Standortgemeinschaften haben, die versuchen, an ihrem Standort eine Profilierung und Professionalisierung durchzuführen. Es handelt sich vor allem um Zusammenschlüsse von Gewerbetreibenden, aber einige der Initiativen haben bereits heute Eigentümer, Vereine und andere in das Netzwerk eingebunden. Diese Initiativen arbeiten ehrenamtlich. Das bedeutet, dass sie eigentlich in erster Linie Dienstleister oder Einzelhändler an dem Standort sind. In der Konsequenz führt dies dazu – und das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb die AG City-West heute nicht anwesend sein kann –, dass keine dieser Initiativen die Zeit findet, ein abgestimmtes Finanzierungs- und Maßnahmenkonzept aufzustellen sowie keine über eine sichere Finanzierungsbasis bzw. über Planungssicherheit verfügt. Im Überblick noch einmal: Was ist das Problem dieser Standortgemeinschaften? – Es sind freiwillige Zusammenschlüsse, die mit einem hohen Anteil „Trittbrettfahrern“ kämpfen. Die, die aktiv sind – und das möchte ich deutlich betonen, an vielen Standorten gibt es sehr aktive Mitglieder –, versuchen ihre Ziele umzusetzen. Das Problem ist jedoch oftmals, dass nicht genügend Kraft finanzieller, personeller und professioneller Art vorhanden ist, um messbare Umsetzungserfolge nachweisen zu können.

 

Jetzt ist die Frage: Bieten BIDs einen Lösungsansatz für das, was man als Problem definieren kann? – BIDs ist die Abkürzung für Business-Improvement-Districts. Herr Tromp hat es eben schon gesagt, dass dieser Ansatz aus Nordamerika kommt. Diese lokalen Managementinitiativen sind dort sehr erfolgreich. Wie funktioniert das? – Ganz kurz im Ablauf: Was sind die Charakteristika? – Es ist ein Public-Private-Partnership-Ansatz. Das bedeutet, dass nicht nur Gewerbetreibende, sondern auch Grundstückseigentümer, die öffentliche Hand und andere Initiativen sich verpflichten zusammenzuarbeiten mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und ein verbindliches, abgestimmtes Finanzierungs- und Maßnahmenkonzept aufstellen. Dieses Konzept ist die Grundlage für den Vertrag, den Öffentliche und Private eingehen. Festgesetzt wird so ein Bereich durch die öffentliche Hand. Die Laufzeit geht zunächst über fünf Jahre. Das ist nicht nur in den USA so, auch in Hamburg hat man sich für diese Laufzeit entschieden. Die Finanzierung der BIDs resultiert durch eine neue Vorgehensweise im Vergleich zu dem, was wir bisher kennen. Es erfolgt ein Beitragseinzug von allen Eigentümern mit der Grundsteuer. Es wird sozusagen ein Beitrag festgesetzt, der die Maßnahmen, die vorher festgelegt worden sind, finanziert. Dieser Beitrag wird durch die öffentliche Hand mit der Grundsteuer von den Eigentümern eingezogen. Das Geld, das dann zusammenkommt, wird einem BID-Management, also einem Management dieser Initiative, zur Verfügung gestellt. Die rechtliche Legitimation einer solchen Vorgehensweise, dass die öffentliche Hand Gelder von Privaten einzieht, wird nur durch eine gesetzliche Grundlage erreicht. Das Gesetz legt vor allen Dingen fest, dass es eine verpflichtende Abgabe aller Eigentümer in diesem festgesetzten, klar abgegrenzten Bereich gibt. Die betroffenen Grundstücke werden in dem Vertrag definiert. Diese Eigentümer sind dann verpflichtet zu zahlen. Das sichert ein Gesetz. Das Gesetz regelt außerdem noch – das haben Sie auch bei der Gesetzesvorlage der CDU gesehen – die Verfahrensweise, die Antragsweise, die Finanzierung und die Laufzeit.

 

Ganz kurz, um es ein bisschen anschaulicher zu machen: Was wollen diese Initiativen eigentlich erreichen? – Sie können anhand dieser Bilder aus New York sehen [siehe Seite 4 der Anlage], dass es zum einen stark um Marketing, um Außenwirkung und Profilierung der Standorte geht. Die linken Bilder zeigen, dass das in Form von Events, Festivitäten etc. erfolgt. Es ist aber auch der Service am Kunden, die Dienstleistung zu verbessern, z. B. indem man den Kunden freies Parken für einen bestimmten Zeitraum in der Nähe der Geschäfte anbietet. Es geht aber auch um mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Sie können an den rechten Bildern sehen, dass es um Aufenthaltsplätze für die Besucher und Bewohner geht oder auch um Informationsangebote für Besucher von außen. Letztlich werden solche Schwerpunktsetzungen aus dem Standort selbst heraus kristallisiert und mit dem Maßnahmenkonzept festgesetzt. Das kann je Standort ganz unterschiedlich sein und wird von den privaten Akteuren selbst entschieden – in Abstimmung mit der öffentlichen Hand.

 

Ich komme jetzt zu der Übertragung auf Deutschland. Nordrhein-Westfalen war das Bundesland, das sich als erstes – bereits seit 1999 – mit diesem Ansatz und der Übertragung auseinander gesetzt hat. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung werde ich Ihnen jetzt kurz darstellen: Nordrhein-Westfalen fördert seit dem 1. Januar 2004 die Gründung von so genannten Immobilien- und Standortgemeinschaften für maximal zwei Jahre. Es handelt sich dabei nicht um eine Gesetzgebung. Vielmehr hat man sich für ein Förderprogramm entschieden. Das bedeutet, dass das Land 100 000 € pro Standort und Jahr zahlt und die Komplementärfinanzierung durch die Kommune und die Privatwirtschaft mit jeweils 10 bzw. 30 % je Jahr erfolgt. Gefördert werden mit dem Geld nur die Konzeptentwicklung und die Moderation des Prozesses. Es geht also darum, dass sich die Initiativen am Standort finden und zusammen Maßnahmen und Konzepte erarbeiten. Es werden keine Projektumsetzungen gefördert. Das soll nach den zwei Jahren hundertprozentig privat finanziert geschehen. Die öffentliche Hand plant, sich nach zwei Jahren zurückzuziehen.

 

Fazit: Die Anschubfinanzierung ist in der schwierigen Phase der Findung als Starthilfe sehr positiv zu bewerten. Die Eigentümer werden gezielt aufgefordert, an diesen Modellen teilzunehmen, und sie werden in die Konzeptionsfindung einbezogen. Dass die Projektentwicklung mit dem Eigentümer nicht nur dessen Grundstück betrifft, sondern grundstücksübergreifend Eigentümer in eine langfristige Konzeptionsentwicklung eingebunden werden, ist ein neuer Ansatz in Deutschland. Aber es bleibt letztlich eine freiwillig finanzierte Beteiligung aller Akteure. Das Problem dürfte dann entstehen, wenn die öffentliche Hand die Förderung beendet und die Anschlussfinanzierung – sprich: die Projektumsetzung – zu 100 % privat finanziert werden soll. Diese Finanzierung ist letztlich ein Risiko. Es bleibt unsicher, ob man den Anteil der öffentlichen Hand durch private Mittel ersetzen kann und ob damit die Projekte, die geplant sind, tatsächlich umgesetzt werden können.

 

Hamburg ist den entgegengesetzten Weg gegangen. Hamburg hat sich für ein Gesetz entschieden, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz regelt die Bildung von so genannten Innovationsbereichen. Zum Charakter der Gesetzgebung ist wichtig zu sagen: Es ist eine anbietende Gesetzgebung, keine vorschreibende. Das bedeutet, das Gesetz wird nur wirksam, wenn es eine Initiative gibt, die sich so organisieren möchte, die eine Mehrheit am Standort bekommt, die das Antragsverfahren durchsteht sowie die entsprechende Finanzierungsbasis bietet. Ansonsten gibt es keinen Zwang zur Bildung von Innovationsbereichen, nur weil das Gesetz existiert. Aber wenn es zur Einrichtung eines solchen Bereiches kommt, dann bedeutet dies eine verpflichtende Zahlung aller Eigentümer in diesem festgelegten Gebiet. Den Abgabeneinzug regelt die öffentliche Hand. Die Festsetzung des Bereichs ist in Hamburg auf fünf Jahre begrenzt. Ob so ein Antragsverfahren erfolgreich ist, klärt abschließend eine Abstimmung. Zunächst ist es wichtig, dass sich öffentliche und private Akteure darauf einigen, welche Maßnahmen, insbesondere eventuell geplante Maßnahmen im öffentlichen Raum, in so einem Bereich zulässig sind. In einem nächsten Schritt ist die Zustimmung der Eigentümer zu dieser verpflichtenden Zahlung einzuholen. In Hamburg ist das Einverständnis von mehr als zwei Dritteln der Eigentümer notwendig, damit ein Innovationsbereich festgesetzt wird. Man hat sich für ein Negativquorum entschieden. Das bedeutet, dass die Festsetzung dieses Bereichs erfolgt, wenn weniger als ein Drittel der Eigentümer widersprechen. Ein Negativquorum wurde gewählt, weil das Antragsverfahren – das liegt auf der Hand – ein sehr aufwendiger Prozess ist. Eine Initiative kann so einen Antrag nicht in einem Jahr durchbringen. Vielmehr muss je nach Standort und Maßnahmenpaket von mindestens zwei Jahren bis zur Festsetzung des Bereiches ausgegangen werden. Das Überzeugen von Akteuren, das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept aufzustellen und dann mit der öffentlichen Hand bis zum Vertrag abzustimmen, das ist ein sehr langwieriger Prozess. Das kostet viel Kraft. Deshalb sagt man: Es müssen gewichtige Gründe vorliegen, damit man das Verfahren stoppt. Und dafür sollen die Gegner aktiv werden. – Mindestens ein Drittel der Eigentümer muss sagen: Wir wollen keinen Innovationsbereich.

 

Fazit: Diese Vorgehensweise Hamburgs ist nur möglich gewesen – das Gesetzgebungsverfahren und die Vorbereitung der ersten Anträge für mehrere Standorte – durch eine intensive Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Akteuren in Hamburg und – vielleicht für dieses Gremium wichtig – durch eine parteiübergreifende Zusammenarbeit. Die öffentliche Hand verpflichtet sich durch dieses Gesetz einerseits zur Einziehung der Beiträge, aber auch zu einer Beratung in der Konzeptions- und Gründungsphase. Die Handelskammer Hamburg verpflichtet sich zur Kontrolle der Servicegesellschaft. Das bedeutet, sie prüft während des Prozesses, inwiefern das wirtschaftliche Handeln der Servicegesellschaft korrekt ist. Die private Initiative verpflichtet sich zur hundertprozentigen Finanzierung der Maßnahmen.

 

Zum Abschluss die Frage: BIDs in Berlin? – Die hier diskutierte Gesetzesvorlage zur Bildung von Standortgemeinschaften lehnt sich sehr stark an die Vorgehensweise in Hamburg an, hat aber auch bedeutsame Unterschiede im Kreis der Beteiligten. Die Berliner Vorlage sieht vor, nicht nur die Grundstückseigentümer, sondern auch die Gewerbetreibenden in die Finanzierung einzubeziehen. Anders als in Hamburg, wo der Senat das Verfahren führt, sollen dies nach der Vorlage in Berlin die Bezirke machen. Der Antrag wird bei den Bezirken eingereicht, und die Bezirke führen das Festsetzungsverfahren durch. Zusätzlich unterscheidet sich das erforderliche Quorum zur Festsetzung. In Berlin sollen nur 50 %, also nicht eine Zweidrittelmehrheit wie in Hamburg, erforderlich sein, um die Abstimmung über die Einrichtung des Bereiches erfolgreich durchzuführen. Berlin hat sich aktuell für ein Instrument entschieden, welches ebenfalls an die Standortgemeinschaften gerichtet ist. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die IHK Berlin haben in Kooperation einen Wettbewerb ausgelobt: „MittendrIn Berlin! Die Zentren-Initiative“. Dies ist ein Standortmarketingansatz und letztlich darauf ausgerichtet, dass vorhandene Initiativen verstärkt mit anderen Akteuren kooperieren, ihr Standortprofil erarbeiten und dann für vier Aktionstage in der zweiten Hälfte dieses Jahres einen Wettbewerbsbeitrag erarbeiten.

 

BIDs, Innovationsbereiche oder Standortgemeinschaften – egal, wie man es nennen will – sind eine Möglichkeit zur Geschäftszentrenentwicklung. Sie sind sicher nicht das Allheilmittel für alle Standorte. Aber es wird auch in Berlin Standorte geben, die mit einem solchen Ansatz in Eigeninitiative und stärker als bisher die Möglichkeit haben, etwas für ihren Standort zu tun. Die Anschubfinanzierung, wie sie in NRW erfolgt, ist sehr sinnvoll, denn das ist der Knackpunkt bei der Übertragung des BID-Modells nach Deutschland. Sieht man sich an, wie das Instrument in Nordamerika funktioniert, stellt man fest, dass eine Vorbereitungszeit von zwei Jahren für die Initiativen notwendig ist, dass es sehr viel gemeinnütziges Engagement und individuelle Verantwortungsübernahme braucht und dass das in Deutschland womöglich ohne eine Förderung oder Mitfinanzierung nicht zu leisten ist. Insofern ist so ein Ansatz, wie er im Moment durch den Wettbewerb in Berlin läuft, sinnvoll. Aber um langfristiges, strategisches Arbeiten zu ermöglichen und den Standorten die Chance zu geben, etwas selbstbestimmt und mit Eigenengagement zu tun, ist es aus meiner Sicht empfehlenswert, parallel dazu ein Gesetzesverfahren einzuleiten, als Motivationshilfe für die Initiativen. Wenn sie tatsächlich die Kraft aufbringen, ein abgestimmtes Finanzierungs- und Maßnahmenkonzept vorbereiten zu können, und es schaffen, sich über den eigenen Tellerrand hinaus mit Eigentümern und anderen Akteuren zusammenzutun, dann ist die Festsetzung eines Innovationsbereiches eine Art Belohnung, denn dann ist die Finanzierung der geplanten Projekte gesichert. Ein Gesetz – allgemein, ich meine nicht die konkrete Vorlage der CDU, sondern überhaupt die Idee, die Möglichkeit zur Eigeninitiative von Standortkooperation gesetzlich zu regeln – ist aus meiner Sicht eine Chance für die Standorte, sich selbstbestimmt aufzuwerten. Das Instrument der BIDs bietet weitest gehende Planungs- und Finanzierungssicherheit und am Ende vor allem die Chance auf Umsetzungserfolge. So ein Verfahren funktioniert aber nur, wenn Politik, öffentliche und private Hand an einem Strang ziehen. – Vielen Dank!

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Frau Wiezorek! – Ich bitte jetzt die anderen Gäste, uns ihre Statements vorzutragen. – Herr Brückmann, bitte!

 

Herr Brückmann (IHK): Herr Vorsitzender! Vielen Dank für die Einladung, zu diesem wichtigen Thema heute hier zu sprechen. Ich will nur eines klarstellen: Wir haben uns mit dem Einzelhandelsverband insofern geeinigt, als dass ich Schulter an Schulter den Tagesordnungspunkt 2 a) für den Einzelhandelsverband mit vertrete und wir beim Tagesordnungspunkt 2 b) getrennt marschieren: Herr Federwisch an meiner Seite vertritt dann den Einzelhandelsverband und ich die IHK allein.

 

Der Antrag der CDU-Fraktion hat offensichtlich eines geschafft: Wir haben die Diskussion um die innerstädtischen Standorte neu entfacht, gerade auf parlamentarischer Ebene. Das finden wir erst einmal gut, zumal wir – also IHK und Einzelhandelsverband – uns seit Jahren bemühen, die Standortinitiativen, die es gibt, auf vielfältige Weise zu unterstützen. Ich finde aber auch wichtig, was seitens der anderen Fraktionen gesagt worden ist, nämlich dass man den Bogen etwas weiter spannen sollte, was diesen Gesetzantrag betrifft, denn die Standorte in Berlin haben vielfältige Probleme. Ich will nur ein paar Stichworte nennen: einmal das geänderte Verbraucherverhalten, die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben außerhalb der städtischen Zentren, die Erreichbarkeit der städtischen Zentren – aktuelles Thema – mit Bus, Bahn, aber auch Auto und die Vorschriften in den städtischen Zentren, Stichwort Denkmalschutz. Wenn das nicht flexibel bzw. wenn es in den innerstädtischen Zentren zu streng gehandhabt wird im Vergleich zu den Ansiedlungen auf der grünen Wiese, dann gibt es sicherlich Nachteile. Das Problemfeld ist etwas größer als das, was der Antrag der CDU-Fraktion aufgreift. Deshalb muss er nicht verkehrt sein. Aber, Herr Tromp, ich wollte den Bogen an dieser Stelle etwas weiter spannen.

 

Zunächst einmal klingt es ganz faszinierend, was die CDU-Fraktion hier vorschlägt. Sie formuliert ein gutes Ziel, das wir alle unterschreiben können: Es geht um die Erhöhung der Standortattraktivität dieser innerstädtischen Zentren. Wir sind uns alle einig, dass wir in Berlin vitale Zentren brauchen. Davon lebt Berlin. Gerade in Zeiten geringer Investitionsquoten lebt Berlin davon, dass es quirlig und lebendig ist, und das funktioniert eben nur in vitalen Zentren.

 

Es ist auch faszinierend, wenn man das Problem der Trittbrettfahrer herausgreift. Wenn einige sich in der Stadt engagieren und andere sich zurücklehnen und davon profitieren, so ist das sicherlich ein Phänomen, das es in Berlin und anderswo gibt und das man angehen muss. Es ist auch richtig, was schon von Frau Wiezorek gesagt worden ist, dass zunächst einmal die Eigeninitiative der lokalen Wirtschaft angesprochen ist, auch die Grundstückseigentümer. Hierzu eine Randbemerkung: Wenn Sie in weiteren Ausschüssen des Hauses oder auch in diesem Ausschuss weiterdiskutieren, gehören die Grundeigentümer wesentlich mit in die Anhörung hinein, weil sie ja dann den Großteil der Finanzierungslast zu tragen haben.

 

Ich möchte nun ein paar Gründe anführen, warum wir als IHK Berlin im Wesentlichen freiwillige Ansätze zur Attraktivitätssteigerung der städtischen Zentren bevorzugen, um zum Schluss mit einem vielleicht versöhnlichen oder wieder konsensualen Ausblick zu enden. Aus unserer Sicht wird die Einführung eines BID-Gesetzes oder die Umsetzung dieses vorgeschlagenen Gesetzes einen großen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Ich möchte jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, das können wir gern in der Diskussion machen. Ich glaube, es ist unstrittig, dass es etwas mit zusätzlicher Verwaltung zu tun hat. Wir sehen – gemeinsam mit den Verbänden der Grundeigentümer, der Immobilienbesitzer – die Gefahr, dass Aufgaben der öffentlichen Hand durch freiwillige Initiativen ein Stück weit substituiert werden könnten. Sicherlich muss auch beachtet werden – das ist sozusagen Prüfkriterium –, ob es mit der Einrichtung solcher Interessengemeinschaften qua Gesetz dazu kommt, dass bestimmte soziale Probleme verlagert werden. Wir kennen das bei Obdachlosigkeit, Kriminalität usw. Es ist die Gefahr gegeben, dass das an andere Standorte verdrängt wird.


Auf die Festlegung der Kriterien für die Höhe einer solchen geplanten Umlage oder Abgabe möchte ich nicht eingehen. Wir werden viel aus Hamburg lernen, ob sich diese Kriterien halten lassen. Auf jeden Fall wird es sicherlich eine schwierige Diskussion darum geben, wie diese Abgaben erhoben werden, aber das ist nur ein Rand, wo wir an dieser Stelle nicht so viele Bedenkenträger sahen.

 

Mir ist wichtig – wir sprachen auch über Investitionen in Köpfe –, zu sagen, dass eine verpflichtende Umlage oder Abgabe an diesen Standorten auch auf Widerstände stoßen kann. Es kann durchaus sein – das zeigen auch die Erfahrungen mit den einen oder anderen Aktivitäten in der Stadt –, dass sich Streit auftut, wenn ein Vorstoß gelingt oder nicht gelingt, das heißt, dass ein Stück weit darauf zu achten ist, dass wir nicht etwas, was vielleicht schon an Zusammenarbeit vorhanden ist, schwieriger gestalten.

 

Aus meiner Sicht ist es auch eine wichtige Frage, wer sich denn überhaupt beim Bezirksamt X, Y für die Einrichtung eines solchen Instruments bewerben darf. Da werden Kriterien aufgeführt, die noch recht weich sind, aber schon darauf hindeuten, dass es sich dabei insbesondere um Quartiere handelt, die in Schwierigkeiten geraten sind. Da ist es ein Stück weit ähnlich wie bei dem Quartiersmanagement: Es sollte darauf geachtet werden, dass dieses Instrument nicht zu negativ belegt wird. Oder anders herum gesagt: Wir von der IHK plädieren deutlich dafür, dass ein solches Instrument ggf. für jedweden Standort in der Stadt zur Verfügung stehen sollte. Es wird dann zwar einige juristische Probleme geben, eine solche Abgabe einzuführen, aber vom Grundsatz her sind wir der Ansicht: Wenn überhaupt, dann sollten alle die Chance haben, sich eines solchen Instruments zu bedienen. Warum sollten diejenigen, die stark sind, nicht auch das Recht haben, noch stärker zu werden?

 

Wenn man abgegrenzte Quartiere gesetzlich festlegt, dann schließt man unter Umständen – zum einen – mögliche interessierte Nachbarn aus. Zum anderen ist es so, dass es, wenn demokratisch legitimierte Mehrheitsvoten vorhanden sind, dann auch immer Grenzanbieter gibt, die dort gebunden werden.

 

Ein aus unserer Sicht wichtiger Punkt ist – das wäre vielleicht eher eine Frage an den Initiator des Gesetzentwurfs –, inwieweit Eigentümer von Wohnimmobilien und Eigentümer der öffentlichen Hand in diese Standortgemeinschaft einbezogen sind. Uns geht es darum, dass wir, wenn wir einerseits Trittbrettfahrer mitnehmen wollen, wie die Grundeigentümer, andererseits nicht neue Trittbrettfahrer, wie beispielsweise die Eigentümer von Wohnimmobilien, erzeugen. Diese könnten durchaus auch ein wirtschaftliches Interesse daran haben, dass der Standort attraktiver wird.

 

Was auch schwierig ist – das wäre dann sicherlich eine Diskussion, die wir einzeln vor Ort führen müssten –, das ist, dass die öffentliche Hand über das Genehmigungsverfahren nach wie vor ein Vetorecht – zumindest einen maßgeblichen Einfluss – behalten wird. Etwas salopp gesagt: Wenn sie nicht mitfinanziert, dann stellt sich die Frage, warum so ein maßgeblicher Einfluss erhalten bleiben soll. Wenn das Gesetz umgesetzt würde, dann wäre es sicherlich so, dass die Auseinandersetzungen, die Kommunikation zwischen Wirtschaft, Grundeigentümern und anderen Akteuren sowie der öffentlichen Hand zwangsläufig forciert werden würde. Das würde ich als einen guten Aspekt ansehen, aber inwieweit dann dort die Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand zum Tragen kämen, wäre sicherlich diskussionswürdig.

 

Insgesamt gesehen sind wir der Ansicht: Wir haben verschiedene Instrumente, um die innerstädtischen Quartiere attraktiver zu machen. Diese müssen sicherlich verschärft werden, wobei wir uns insbesondere vorstellen, dass die Kriterien für die Mittelvergabe für Geschäftsstraßenmanagementprojekte in der Stadt klarer definiert werden und das Ganze vielleicht etwas erfolgreicher vonstatten geht. Wir fänden es gut, wenn es im Sinne einer Public-Private-Partnership – ein oft zitiertes Wort – so wäre, dass, wenn es eine private Initiative vor Ort gäbe, die beispielsweise sagt: Wir geben für ein bestimmtes Projekt 100 000 € in den Topf –, dann die öffentliche Hand ihren Teil dazu beiträgt, und zwar entweder in Form eines Barschecks über 100 000 € oder sie erlässt bestimmte Vorschriften bzw. stellt die Nutzung des öffentlichen Straßenlands etc. frei. Insofern sind wir der Ansicht, dass es noch viele Ansatzpunkte gibt, die wir in Berlin nutzen sollten, um die innerstädtischen Zentren attraktiver zu machen. Ein Gesetz wie in dieser Vorlage, mit dem entsprechenden Verwaltungsaufwand, halten wir für ein nicht adäquates Mittel.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Brückmann! – Bitte, Herr Federwisch, Sie haben das Wort!

 

Herr Federwisch (Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V.): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Vorab kurz etwas zu meiner Person, damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben: Ich bin als Rechtsanwalt in der Berliner Kanzlei Nörr-Stiefenhofer-Lutz tätig und dort insbesondere auf das öffentliche Recht und das Verfassungsrecht spezialisiert. Meine heutige Aufgabe ist, Herrn Busch-Petersen würdevoll zu vertreten und möglichst innerhalb von fünf Minuten den Standpunkt des Handelsverbands zusammenzufassen.

 

Wir haben schon einiges gehört. Vom ersten Ansatz her ließe sich sicherlich vermuten, dass ein Handelsverband bzw. dessen Mitglieder, wenn es um die Einführung einer zusätzlichen Abgabe geht, deren Abgabenschuldner diese Mitglieder zum Teil sein sollen, erst einmal nicht sonderlich begeistert reagiert. Gleiches gilt, wenn es darum geht, zusätzliche bürokratische Hürden oder Ähnliches zu errichten, denn auch das begeistert einen Einzelhandelsverband nicht spontan. Dennoch ist es in diesem Fall so, dass der Handelsverband Berlin-Brandenburg die Initiative, das Konzept der Business-Improvement-Districts und insbesondere diesen Gesetzentwurf umzusetzen, begrüßt. Warum ist das so? – Wir haben bereits verschiedene Gründe gehört. Zum einen sind wir der Auffassung, dass die Instrumente, die vorhanden sind – es gibt in der Tat eine Reihe von Instrumenten, auch vollständig freiwilliger Natur –, angesichts der Entwicklungen, die wir in den vergangenen Jahren feststellen, nicht mehr ausreichen.

 

Die Problematik der Trittbrettfahrer wurde schon zweimal angesprochen. Deshalb fasse ich mich kurz und verweise nur noch einmal darauf, dass das Problem der Trittbrettfahrer im Resultat nicht allein in der mangelnden Finanzierung liegt, sondern darüber hinaus geht es auch um deren allgemein demotivierende Wirkung. Ich denke, das kennt jeder von sich selbst. Wenn es darum geht, sich in einer Initiative zu engagieren – das machen immer die gleichen Beteiligten –, dann reicht es denjenigen nach einer Weile, die das bisher immer gemacht haben, wenn alle anderen davon profitieren, sich jedoch nicht beteiligen.

 

Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen: Meiner Ansicht nach ist es keineswegs so, dass man BID und freiwillige Standortgemeinschaft oder Eigentümerinitiative als gegenüberstehende Modelle betrachten sollte. Wenn es Eigentümerinitiativen oder Standortgemeinschaften gibt, die funktionieren – in Einzelfällen ist das so, so hören auch wir es –, dann reicht das. Dann kann man in der Tat bei diesem Gesetzentwurf sogar fragen: Wäre hier eine Standortgemeinschaft, ein BID mit Zwangsabgabe, überhaupt noch zulässig? – Aber das ist nicht der Regelfall. Der Regelfall, von dem wir erfahren, ist, dass diese Standortgemeinschaften unter einer mangelnden Sicherheit der Finanzierung, einer mangelnden Mitwirkungsbereitschaft leiden und deshalb nicht das leisten können, was eigentlich möglich wäre. Deshalb wird es aus meiner Sicht kein Gegeneinander und auch keinen Wettstreit der unterschiedlichen Systeme geben. Für mich ist das BID nur ein weiterer Schritt, eine weitere Option, Maßnahmen zur Stärkung von Standorten vorzunehmen. Auch hier ist der Hinweis vollkommen richtig: Es besteht keineswegs ein Einrichtungszwang. Das heißt, es wird nur dann die gesetzliche Grundlage geschaffen, wenn die Mehrheiten vorhanden sind, um ein solches umsetzen zu können.

 

Ein zweiter Grund, weshalb der Handelsverband in diesem Fall für die Einführung eines solchen scharfen Schwerts bzw. die Möglichkeit seines Einsatzes ist: Wir sind davon überzeugt, dass dieses Konzept – betrachtet man es im Ausland, und betrachtet man die Entwicklung der  letzten 30 Jahre – schlichtweg funktioniert. Die Entwicklung von 1970 bis heute lässt an sich keine Fragen offen. Wenn wir uns die Beispielfälle anschauen – Kollegen von uns waren auch in den USA und haben dort einzelne Business-Improvent-Districts besucht –, dann kennen wir keinen Fall, in dem ein Business-Improvement-District nach fünf Jahren mangels Erfolgs eingestellt und gesagt wurde, das funktioniert nicht oder der Eingriff ist für die Beteiligten zu hart. Der Erfolg geht eher in die andere Richtung, das heißt, in aller Regel werden diese Districts nach regelmäßiger Überprüfung eher noch erweitert. – Das vielleicht noch als Hinweis zu der Frage: Wenn an Randbereichen möglicherweise Interessenten festzustellen sind, die gern mitwirken möchten und beim ersten Anlauf nicht innerhalb des Bereichs gelegen haben, dann ist es überhaupt nicht ausgeschlossen, dass das nachträglich noch erweitert wird.

 

Wie schon gesagt wurde, ist der BID nicht die Wunderwaffe, die nun sämtliche Standortnachteile des innerstädtischen Einzelhandels lösen kann. Ein BID hat sicherlich nur einen geringen Einfluss darauf, dass die Bodenpreise auf der grünen Wiese niedriger sind als in der Innenstadt – keine Frage. Aber es löst viele Probleme oder entfaltet viele positive Effekte, die wir  – neben anderen Maßnahmen – zurzeit durchaus auch auf Bundesebene feststellen können. Auch wenn es sich ein bisschen vom BID entfernt, so möchte ich trotzdem erwähnen, dass wir gerade im letzten Jahr die Novellierung des Baugesetzbuchs vorgenommen haben, wo Maßnahmen durch den Bundesgesetzgeber ergriffen wurden, die letztlich auch die Innenstädte stärken sollen. Wenn ich dann ein Instrument habe, das für die Innenstädte positive Effekte auslösen kann, dann ist es meines Erachtens nicht richtig zu sagen: Es werden nicht alle Probleme gelöst; deshalb lassen wir es lieber.

 

Erlauben Sie mir als Juristen noch zwei, drei Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf an sich: Es ist bereits die Frage angesprochen worden, wer eigentlich der Adressat dieser Zwangsabgabe ist. Das ist ein wichtiger Punkt, insbesondere für die Verfassungsmäßigkeit. Das wird eines der entscheidenden Kriterien dafür sein, ob so ein Gesetz hält. In Hamburg wurde – wie gesagt – der Weg gewählt, dass nur die Grundeigentümer diese Zwangsabgabe leisten sollen. Wir kennen das Konzept aus Großbritannien, das letztes Jahr umgesetzt wurde. Dort sind es nur die Gewerbetreibenden und nicht die Grundeigentümer, die einbezogen wurden. Wenn Sie sich dann noch vergegenwärtigen, dass das Bundesverfassungsgericht für eine solche besondere zusätzliche Abgabe verlangt, dass eine homogene Gruppe, die dieser Finanzierungsaufgabe näher steht als alle anderen in der Gesellschaft, herangezogen wird, dann haben wir erhebliche Zweifel, dass es ausreichend ist, eine dieser beiden Teilgruppen herauszugreifen – entweder Grundeigentümer oder Gewerbetreibende – und zu sagen: Nur ihr leistet diese Zwangsabgabe, die anderen nicht.

 

Ein kleines Nebenproblem, das sich daraus entwickelt – ich weiß nicht, ob das in Hamburg gesehen und vielleicht bewusst umgesetzt wurde –, ist: Bei bestehenden Mietverträgen – jedenfalls dann, wenn sie keine Sonderregelungen in den Vertragstexten haben – haben Sie aus Sicht des Eigentümers den schönen Nebeneffekt, dass Sie diese Zwangsabgabe komplett auf den Mieter umlegen können. Aus unserer Sicht ist das nicht der richtige Ansatz. Man sollte gleich in den Schlüssel im Gesetz hineinschreiben, wer wie viel trägt.

 

Es ist ein weiterer Punkt angesprochen worden, der auch rechtliche Aspekte berührt: Die BIDs sollten überall errichtet werden können. – Auch dabei haben wir erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel, dass das ginge, denn dann liefe es letztlich darauf hinaus zu sagen: Die Mehrheit ist der Meinung, dass eine bestimmte Maßnahme für uns alle wirtschaftlich sinnvoll ist. Damit hätten wir schon die Legitimation einer zusätzlichen Abgabe. – Unseres Erachtens reicht das nicht aus. Deshalb sollten bestimmte Mindestanforderungen im Gesetz verankert werden, die die Ausgangslage des BIDs, den Problempunkt beschreiben, der sich meines Erachtens auch beschreiben lässt. Wenn man sich einmal im Ausland anschaut, wann es zu Einrichtungen des Business-Improvement-Districts kommt, dann ist es immer die gleiche Situation, dass im Grunde der Trading-Down-Effect beginnt und hier gegengesteuert werden soll, was ohne weiteres geregelt werden kann.

 

Als letzten Hinweis werfe ich einen Blick ins Ausland: Wenn Sie sich anschauen, welche Tendenzen in der Gesetzgebung im Ausland festzustellen sind, dann ist es gerade in den USA so, dass die Business-Impro-vement-Districts eher mehr Spielräume bei der Durchführung von Maßnahmen erhalten als zu Beginn, als sie eingeführt wurden und das Konzept umgesetzt wurde, weil man festgestellt hat, dass eine größere Flexibilität und ein größerer Handlungsspielraum zu noch besseren Effekten bei der Standortstärkung führen. – Das sollte als Fazit genügen. – Danke!

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Herr Federwisch! – Herr Winkelmann, bitte, Sie haben das Wort!

 

Herr Winkelmann (Werbegemeinschaft Tempelhofer Damm e. V.): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die Ursachen, Anforderungen und Inhalte verweise ich auf meine Stellungnahme, die ich nicht noch einmal wiederholen möchte.

 

Ich spreche zwar nicht für alle der 60 Arbeitsgemeinschaften Berlins, aber doch für einen relativ großen Teil. Freiwillige Standortgemeinschaften oder Standortinitiativen haben bislang keine ausreichende Wirkung erzielt. Zeitweise mit mehr, aber häufig auch mit weniger Erfolg versuchen wir, mit einem bürgerschaftlichen Engagement an unseren Standorten Verbesserungen zu erzielen. Das ist im Hinblick auf die Trittbrettfahrer – das wurde bereits angesprochen –, aber oftmals auch aus Desinteresse zumeist nicht möglich, wobei das Desinteresse dahin geht, dass der entscheidende Knackpunkt für solche freiwilligen Initiativen meines Erachtens der Zeitmangel der Akteure ist, bedingt durch den Arbeitsaufwand im eigenen Betrieb, die Sicherung der Existenz, die in Bezug auf die konjunkturelle Situation heute einen hohen Stellenwert hat, die nicht ausreichende Finanzierung und die nicht 100-prozentige Professionalität unsererseits. Dabei halte ich die Professionalität für das Entscheidende und nicht nur die Finanzierung, dass wir, die Arbeitsgemeinschaften, die sich um ihrem Kiez bemühen, jemanden zur Hand bekommen, der professionell Themen, die von uns Gewerbetreibenden, Immobilienbesitzern oder anderen Leuten eingebracht werden, umsetzen kann. Das halte ich – wie gesagt – für einen ganz entscheidenden Punkt.

 

Der Einzelhandel hat eine unverzichtbare Leitfunktion für die Innenstadt und somit auch für unsere bezirklichen Einkaufsstraßen. Um diese nicht noch weiter zu gefährden, benötigen wir kurzfristig aktive Strategien zur Stärkung dieser Einkaufsstraßen. Hierfür ist der vorliegende Gesetzentwurf der Berliner CDU ein adäquates Mittel, das im Kern zielführend ist. Das heißt – wie schon von meinen Vorrednern angesprochen wurde –, dass dieser Gesetzentwurf wahrscheinlich heute nicht zur Abstimmung steht, sondern er dient als Diskussionsgrundlage. Ich halte es für sehr wichtig, dass überhaupt eine Diskussionsgrundlage für die Arbeitsgemeinschaften aufgetan wurde.

 

Parallel dazu ist es erforderlich, die weitere Einzelhandelsflächenentwicklung in Berlin zu begrenzen bzw. eine stadtverträgliche Bestandsqualifizierung zu priorisieren. Mittlerweile haben wir eine ausufernde Einzelhandelslandschaft auf diesen innerstädtischen „grünen Wiesen“, was dazu führt, dass die Einkaufsstraßen, diese gewachsenen Strukturen in Bedrängnis kommen. Das ist nicht vom Himmel gefallen. Wenn wir die Situation im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung sehen, dann ist diese vielleicht zu 15 % daran schuld, und alles Weitere ist im Endeffekt der Flächenentwicklung in Berlin geschuldet.

 

Ich bitte Sie, mit einem Rechtsinstrument die Einzelhandelsstrukturen sowie die kleinen und mittleren Gewerbestrukturen in den Berliner Kiezen zu sichern. Sichern Sie unsere Existenz und die unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sichern Sie die Lebensperspektiven unserer Kinder hinsichtlich der Nachfolge. – Vielen Dank!

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Winkelmann! – Wir kommen nun zur Stellungnahme des Senats. – Bitte, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort!

 

StS Strauch (SenWiArbFrau): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Ich beginne mit einem Dank an Herrn Winkelmann, stellvertretend für die vielen Standort-, Werbe- und Straßenarbeitsgemeinschaften, die wir in unserer Stadt haben. Ohne das Engagement von Ihnen, Herr Winkelmann und Ihren Standortgemeinschaften sähe es sicherlich um viele dezentrale Standorte in der Stadt sehr viel schlechter aus. Das möchte ich einmal voranstellen, auch wenn wir jetzt über bessere oder andere Instrumente sprechen. Sie tragen allerhand dazu bei, und wir können uns nur wünschen, dass dieses Instrument noch besser und intensiver greift.

 

Ich werde fünf Punkte ansprechen. – Mein erster Punkt ist: Ich glaube, wir sind uns in dem Ziel, die dezentrale Zentrenstruktur der Stadt zu stärken, einig. Das ist keine Frage.

 

Zweitens: Die Trittbrettfahrer sind ein Ärgernis. Das ist eigentlich das Hauptproblem, dass die Initiativen der Standortgemeinschaften durch Trittbrettfahrer boykottiert werden bzw. Trittbrettfahrer davon profitieren, ohne ihren Anteil mitzutragen.

 

Der dritte Punkt: Ein sinnvolles Instrument zur Lösung bestünde sicherlich in unterschiedlichen Formen der Public-Private-Partnership, die ganz unterschiedliche Inhalte und Organisationsformen haben können. Ich halte eine Leitlinie, die Sie in ähnlicher Form in der Koalitionsvereinbarung finden, weiterhin für sinnvoll, nämlich dass die öffentliche Hand für den öffentlichen Raum verantwortlich ist und die privaten Hände für die privaten Räume. Mit anderen Worten: Die öffentliche Hand hat eine besondere Verantwortung für die Sicherheit, die Sauberkeit und die Aufenthaltsqualität der öffentlichen Räume, und die privaten Hände müssen ihrerseits für die Attraktivität dessen, was in den Straßen passiert, sorgen. – Das war eine grobe Unterteilung, die jedoch meines Erachtens vom Grundsatz her sinnvoll und wichtig ist.

 

Mein vierter Punkt: Ich warne davor, Instrumente, die unter anderen gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen Erfolg haben, unbesehen zu übernehmen. Sicherlich muss man – gerade, wenn wir jetzt auch über BIDs reden – berücksichtigen, dass diese Instrumente in den Rahmen einer anderen Steuergesetzgebung, einer anderen Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern bzw. Bundesstaaten und Gemeinden und auch in ein anderes Selbstverständnis der jeweiligen Tätigkeitsbereiche und Verantwortlichkeiten fallen. Das schließt nicht aus, dass das, was woanders gemacht wird, trotzdem sinnvoll sein kann. Von anderen lernen heißt siegen lernen – oder auch nicht. Von da her ist das überhaupt nicht ausgeschlossen, aber man muss genau schauen.

 

Mein fünfter Punkt bezieht sich darauf, dass man sich dann vielleicht doch noch einmal im Einzelnen die verschiedenen Instrumente vor Augen führen muss, die es gibt, um das gemeinsame Ziel, nämlich die Erhaltung oder Stärkung der dezentralen Zentrenstruktur, zu erreichen.

 

Ich möchte daran erinnern, welche Instrumente es gibt und was das Spektrum ist, über das wir sinnvollerweise reden müssen. Herr Winkelmann, das ist zum einen ein Instrument, das wir nicht haben, nämlich die Begrenzung des Flächenwachstums. Meines Erachtens ist das nach unserer Rechtsordnung nicht möglich. Genauso wenig wie wir die Anzahl der Anwälte oder Apotheken oder Ärzte begrenzen können – jedenfalls dann, wenn die Ärzte privat tätig sind; bei Kassenärzten ist es etwas anders –, können wir die Anzahl und die Flächengröße der Einzelhandelsunternehmen begrenzen. Was wir allerdings können, das ist die mittelbare Begrenzung dadurch, dass wir das Planungsrecht zur Verfügung haben. Allerdings ist der Ansatz des Planungsrechts nicht ein Ansatz, der primär der Kontrolle der Quantität und Qualität des Handels dient, sondern der primär stadträumliche Funktionen zu beachten hat: Wo findet was in der Stadt statt? Wo findet es so statt, dass es stadtverträglich ist, damit sich die Nutzungen nicht gegenseitig beißen? – Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir neben dem Planungsrecht – Baunutzungsverordnung usw. – und Instrumenten wie Sanierungs- und Erhaltungssatzungen auch Instrumente haben wie Flächennutzungs-, Bebauungs- und Textbebauungspläne, dass wir so etwas wie Stadtentwicklungspläne oder auch Negativplanungen haben wie das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich, nämlich dass es ganz bewusst Ausschlussflächen gibt, auf denen kein Handel, sondern andere Dinge stattfinden sollen. Nun kann man gucken, ob diese Instrumente schon ausgereizt sind oder ob man in dem einen oder anderen Fall eventuell noch mehr tun kann.

 

Es gibt ferner das Instrument – darauf ist schon von mehreren hingewiesen worden –, dass man mit Fördermaßnahmen und mit Incentives, arbeiten kann – Frau Wiezorek hat als Beispiel Nordrhein-Westfalen geschildert. Wir haben eine ähnliche Initiative „MittendrIn Berlin!“ laufen, aber ich erinnere auch an unser Instrument wirtschaftsdienliche Maßnahmen. Wirtschaftsdienliche Maßnahmen werden zum Teil auch für das Geschäftsstraßenmanagement genutzt, wie beispielsweise für das Geschäftsstraßenmanagement Fennpfuhlmeile, Anton-Saefkow-Platz, ein Dachportal für die Geschäftsstraßen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg oder das Geschäftsstraßenmanagement in Mitte. Das heißt, es gibt auch dort Förderinstrumente, es gibt das Quartiersmanagement und einige andere Fördermaßnahmen, die aus meiner Sicht noch besser koordiniert werden können, als es bisher passiert, um dann auch den Stadtteilen noch mehr zu dienen.

 

Es gibt auch – das fand ich bei dem Einführungsreferat von Frau Wiezorek interessant – das Instrument der öffentlich-rechtlichen Verträge, die ihrerseits nicht unbedingt ein Gesetz voraussetzen. Sie setzen lediglich voraus, dass die Vertragspartner mitmachen, und zwar auf beiden Seiten, sowohl die öffentliche Hand als auch die verschiedenen Betriebsinhaber oder Grundstückseigentümer. Schließlich gibt es noch das letzte Instrument, um das es hier geht, nämlich die Gebote oder Verbote. – Frau Wiezorek hat freundlicherweise den Begriff anbietende Gesetzgebung genannt. Das ist erst einmal ein schöner Begriff.

 

Ich möchte zur Gesetzgebung als solcher gar nicht viel sagen, jedoch auf zwei, drei Punkte hinweisen: Frau Wiezorek erwähnte, es seien zwei Drittel Zustimmung erforderlich, die sie mit einem Klammerzusatz als Negativquorum bezeichnet hat. Mich interessiert, wie das Wahlforscher betrachten, ob ein Negativquorum von einem Drittel gleichzusetzen ist mit einer Zustimmung von zwei Dritteln. Gerade nach dem gestrigen Tag habe ich, wenn ich mir die Nichtwählerquoten angucke, die allergrößten Zweifel, und das ist der eingebaute Explosionspunkt, der in solchen Sachen steckt. Wenn Sie aus einem Negativquorum von weniger als einem Drittel schließen, dass mehr als zwei Drittel dafür sind und es folglich eine breite Zustimmung zu dieser Maßnahme gibt, dann habe ich große Zweifel daran. Das, Herr Abgeordneter Tromp, hat zur Folge, dass solche Maßnahmen unterlaufen, boykottiert oder behindert werden und dass dann die Intention, die ich ausdrücklich als positiv bezeichne, stark unterlaufen werden kann. Wenn so etwas nicht von einer breiten Mehrheit – mit wenigen Ausnahmen – getragen wird, habe ich große Zweifel, dass das klargeht. Das ist eine Praktikabilitätsüberlegung, die ich anstelle. Wir ärgern uns schon über drei Geschäftsinhaber am Kurfürstendamm, die bei der Beleuchtung nicht mitmachen, die typischen Trittbrettfahrer. Dort ist die Zustimmung auf freiwilliger Basis viel größer, und trotzdem gibt es den Ärger. Aber wenn Sie mit diesen Quoren arbeiten, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie diese auf jeden Fall noch einmal hinterfragen würden.

 

Der nächste Punkt betrifft einen Hinweis von Frau Wiezorek, den ich gern aufgreifen möchte: Wo und an welchen Stellen soll man das machen? – Wir denken immer, dass wir die Bereiche, die schon ins Trudeln gekommen sind, damit retten können, aber ich befürchte, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Bereiche, denen es relativ gut geht – das hat Frau Wiezorek in ihrer Arbeit überzeugend nachgewiesen –, kann man davor bewahren, ins Trudeln zu geraten – das wäre schon etwas. Aber die Bereiche, die uns Sorge bereiten und in denen wir etwas tun müssen – Turmstraße, Tempelhofer Damm und Ähnliche –, bekommen wir mit diesem Instrument auch nicht in den Griff. Dazu noch einmal der Grundsatz: Man schafft hier – egal, ob es freiwillig oder unter gesetzlichem Zwang geschieht – wohl nur etwas, wenn die Interessenidentität der Beteiligten sehr groß ist.

 


Bei den Bereichen, die schon im Trudeln sind, ist die Interessenidentität häufig nicht mehr gegeben. Diejenigen einzufangen, die sich dann zum Teil breit machen – die Zwischennutzungen oder die vielen Stehimbisse und Ähnliches –, wird außerordentlich schwierig sein. Wenn sie eine gesunde klassische Facheinzelhandelsstruktur haben, dann bekommen Sie es hin, aber bei solchen Strukturen, wie Sie sie in den problematischen Bereichen haben, fürchte ich, kommen wir nicht weiter. Wenn, dann sollten wir nach Möglichkeit doch ein greifendes Instrument finden, ein Instrument, das uns bei den Schwierigkeiten, die wir in der Stadt haben, hilft. – So viel als erste vorläufige Einschätzung. Ich räume ein, dass wir lernfähig sind. Wir haben eine Einladung herumgehen lassen. Schon bevor Ihr Gesetzentwurf vorlag, haben wir uns im letzten Sommer mit diesem Thema beschäftigt. Gemeinsam mit dem Institut für Städtebau greifen wir das Thema, das Sie in die Form eines Gesetzgebungsantrags gekleidet haben, noch einmal auf.

 

Meine allerletzte Bemerkung: Herr Federwisch! Sie haben auf einige rechtliche Probleme hingewiesen. Ich glaube, dass man, wenn man tatsächlich an die Umsetzung denken würde, doch noch vor einer Reihe von rechtlichen Problemen stünde, weil wir in einem anderen rechtlichen Environment leben, als wir es in den USA täten. – Vielen Dank!

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Staatssekretär Strauch! – Bitte, Frau Dunger-Löper!

 

Frau StS Dunger-Löper (SenStadt): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Ich kann direkt an das anknüpfen, was Herr Strauch soeben ausgeführt hat. Der Senat misst den städtischen Zentren und Geschäftsstraßen insgesamt – sowohl aus stadtentwicklungs- als auch aus wirtschaftspolitischen Gründen – einen herausragenden Stellenwert zu. Insofern sind wir uns an dieser Stelle einig. Die Frage ist nur: Sind wir uns über den Weg einig? – Wir beobachten überall anhaltende Strukturveränderungen im Einzelhandel und suchen nach Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken. Auf der einen Seite haben wir – Herr Strauch hat das eben schon angesprochen – unterschiedliche Instrumentarien, die wir beispielsweise auch im Stadtentwicklungsplan Zentren II dargestellt haben. Allerdings sind diese Instrumentarien nicht mit einem direkten Durchgriff verbunden, sondern greifen nur in einem intensiven Miteinander der verschiedenen Ebenen. Dieses Miteinander muss auf Seiten des Senats und auf Seiten der Bezirke eine wichtige Verankerung haben, aber sollte darüber hinaus noch mit vielen anderen Akteuren vor Ort abgestimmt werden.

 

Wir haben Zweifel, dass ein Instrumentarium, wie Sie es in diesem Antrag vorgestellt haben, geeignet ist, an dieser Stelle tatsächlich den Effekt zu erreichen, den Sie beabsichtigen, nämlich die Stärkung der Zentren in den einzelnen Bereichen Berlins. Stattdessen haben wir gemeinsam mit der IHK – Frau Wiezorek hat es vorhin schon angesprochen – und der Wirtschaftsverwaltung etwas anderes gemacht, nämlich die Zentreninitiative „MittendrIn“ angeschoben, die in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet und sich darauf orientiert, über Kommunikation gemeinsam an einem Strick zu ziehen, um vor Ort eine neue Qualität zu schaffen. Das unterstreicht im Grunde genommen noch einmal das, was Herr Strauch eben schon ausgeführt hat: Es funktioniert nur dann, wenn ein gemeinsames Wollen vorhanden ist und wenn sich dieses gemeinsame Wollen dann auch in gemeinsamen Aktivitäten niederschlägt. In diesem Antrag ist ein anderer Weg gewiesen, der im Grunde genommen – ich will es etwas polemisch formulieren – ein bisschen auch aus der Hilflosigkeit geboren wurde, nämlich den Weg der Anordnung zu gehen und zu sagen: Wir machen ein Instrument, dem sich alle unterwerfen müssen, wenn wir es denn einmal angeschoben haben. Dabei wird sicherlich die Bereitschaft der Einzelnen vor Ort verkannt – seien es die Gewerbetreibenden oder die Hausbesitzer, die sicherlich schwer zu motivieren sind, wie wir auf Grund unserer verschiedenen Erfahrungen aus den einzelnen Arbeitsgemeinschaften wissen –, diese mit dem Instrument einer Zwangsabgabe zu gemeinsamen Handlungen zu bringen. Das halten wir auf der einen Seite nicht für zielführend und auf der anderen Seite für einen erheblichen Widerspruch zu dem, was wir uns insgesamt auf die Fahnen geschrieben haben, nämlich die Entbürokratisierung und Deregulierung.

 

Um das zu erreichen – das hat Frau Wiezorek vorhin ausgeführt –, was Sie wollen, haben Sie einen hoch komplizierten und aufwendigen Vorlauf, der sicherlich auf der einen Seite eine Sortierungsfunktion hat, aber andererseits auch – ich weiß, wovon ich rede, weil ich selbst einmal eine solche Arbeitsgemeinschaft zum Jahr 2000 mitgegründet habe, die mit der Beratung von Herrn Brückmann noch immer munter lebt – einen solchen Zusammenschluss häufig überfordert und von da her nicht das erreicht, was Sie an dieser Stelle wollen. Ich denke, die Wege, die wir bisher beschritten haben – im Wesentlichen auch noch mal die Initiative „MittendrIn“ –, sind Wege, die die vorhandenen Strukturen stärken. Sie haben vorhin ausgeführt, dass es über 60 vorhandene Arbeitsgemeinschaften und Verbünde in den unterschiedlichsten Formen in Berlin bereits gibt. Ich glaube, dass wir gut daran täten, diese Entwicklung zu beobachten und zu sehen, wie sie zu neuen Qualitäten führt, und gegebenenfalls auch erst einmal die Hamburger Verhältnisse zu beobachten, die gerade im Anlaufen sind, um dann zu resümieren, ob hier ein anderer Weg sinnvoll verfolgt werden kann – abgesehen von dem, was von vielen Seiten eingewendet wurde, nämlich dass die rechtlichen Grundlagen dafür außerordentlich zweifelhaft sind und das Hamburger Gesetz möglicherweise einer dauerhaften Prüfung an dieser Stelle noch nicht unbedingt standhalten würde.

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Dunger-Löper! – Ich eröffne die Aussprache, und das Wort hat der Kollege Hoff. – Bitte schön!

 

Abg. Hoff (PDS): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Ich habe eine Reihe von Fragen und beginne mit Frau Wiezorek. Der Staatssekretär hat es angesprochen, nämlich die These, dass möglicherweise gerade nicht die umkippenden Einkaufsgebiete von einer solchen gesetzlichen Regelung profitieren würden, sondern die Regionen, denen es sowieso besser geht. Ist das an sich erst einmal ein Nachteil, oder verhindert man möglicherweise in bislang florierenden Einkaufsstraßen, dass dort eine negative Situation eintritt? Dazu würden mich – vielleicht auch im Kontext Ihrer Untersuchungen – die Hintergründe interessieren.

 

Zweitens: Es ist in der Diskussion – auch Herr Winkelmann hat es angesprochen – immer wieder das Problem der Center- und Konzentrationsentwicklungen auf der einen Seite und die negative Entwicklung für bislang florierende oder zumindest nicht umkippende Einkaufsstraßen auf der anderen Seite angesprochen worden. Ich möchte wissen, inwiefern eine solche Entwicklung der BIDs dazu beitragen könnte, derartige Konzentrationsprozesse wenn nicht abzuschwächen, so doch eine Stabilisierung in den centerfernen Einkaufsstraßen zu realisieren, um damit zu einer möglicherweise etwas ausgeglicheneren Stadtentwicklung zu kommen. Denn das Problem in der Diskussion scheint mir zu sein, dass man ein bisschen zu stark schwarz-weiß argumentiert. Auf der einen Seite gibt es die Centerentwicklung, die eine gewisse Zwangsläufigkeit hat. Deshalb würde ein solches Instrument auch nicht ausreichen. Insofern kann es nicht darum gehen, diese BIDs als ein Instrument gegen die Centerentwicklung zu verstehen bzw. ausschließlich für die Stabilisierung von bestimmten Einkaufsstraßen einzusetzen, sondern es sollte zu einer ausgeglicheneren Stadtraumentwicklung kommen – Sie hatten das in Ihrem Vortrag ein wenig betont. Deshalb interessiert mich, ob Sie das vielleicht noch mit ein, zwei Beispielen – vielleicht aus Hamburg und dem nordamerikanischen Raum – unterlegen könnten. Ich nehme an, dass es dort ähnliche Entwicklungen gegeben hat.

 

Die nächste Frage geht an Herrn Federwisch: Sie haben selbstbewusst angeführt, dass Sie Spezialist für Verfassungs- und öffentliches Recht sind. Sie haben sich für einen solchen Gesetzentwurf ausgesprochen. Es ist von verschiedenen Seiten die verfassungsrechtliche Problematik einer solchen Gesetzesregelung angesprochen worden. Ich nehme an, dass Sie, bevor Sie sich für eine solche Gesetzesregelung aussprachen, diesen Sachverhalt überprüft haben. Mich interessiert: Wie ist denn Ihre Einschätzung dazu?

 

Eine Frage an Herrn Brückmann: Ich habe dem Vortrag von Frau Wiezorek entnommen, dass die IHK in Berlin einen etwas anderen Weg geht als die Handelskammer in Hamburg. Ich wüsste gern den Grund für diese Unterschiedlichkeit in dem strategischen Ansatz. Man könnte möglicherweise auch so argumentieren, dass man das eine tun kann, ohne das andere zu lassen, das heißt, eine Initiative „MittendrIn Berlin!“ zu starten, ergänzt durch eine Gesetzesregelung, wenn man bestimmte Fragestellungen geprüft und möglicherweise auch einen bestimmten Erfolg oder Misserfolg in Hamburg festgestellt hat. Da die Akteure sowohl in der Handelskammer Hamburg als auch in der IHK Berlin ähnlich sind und es sich bei beiden Bundesländern um Stadtstaaten handelt, möchte ich gern den Hintergrund wissen.

 

Von der CDU-Fraktion interessiert mich, worin der Grund dafür besteht, dass sie in relevanten Bestandteilen von der Hamburger Gesetzesvorlage abgewichen ist. Weil die Hamburger Bezirke eine weniger exponierte Stellung im Stadtstaat haben, als es in Berlin der Fall ist? Was sind die Hintergründe dafür? Warum sollte man in zwei Stadtstaaten unterschiedliche Regelungen treffen, wenn man möchte, dass es eine bestimmte gesetzliche Regelung gibt?

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Herr Hoff! – Bitte, Herr von Lüdecke!

 

Abg. von Lüdeke (FDP): Ich möchte gern – Herr Brückmann ist bereits darauf eingegangen – auf die veränderten Einkaufsgewohnheiten zu sprechen kommen. Wir stehen, was den Handel betrifft, vor einer Revolution, wobei dem einen oder anderen bewusst ist, wie groß deren Folgen sein können. Zum einen haben wir eine Konzentration im großflächigen Einzelhandel, und auf der anderen Seite haben wir den Internethandel, von dem heute kein Markenartikel mehr verschont wird. Jeder Markenartikel kann auch über das Internet gehandelt werden. Das hat selbstverständlich Folgen für die Einkaufsstraßen. Nun abstrahiert das vorgestellte Modell von Frau Wiezorek dieses Phänomen etwas. Deshalb frage ich Sie speziell, wie Sie die Entwicklungen im Einzelhandel, die mit den Verbrauchergewohnheiten zu tun haben, in Ihr Modell einbauen.

 

Offensichtlich ist es eine normale Folge, dass sich bestimmte Quartiere entmischen. Deshalb komme ich auf das Instrument der Sonderabgabe zu sprechen, das uns heute die CDU liefert und das aus unserer Sicht eine zusätzliche Steuer ist.  – [Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)] – Herr Eßer, das ist immer so. Ich muss nicht betonen, wie hoch die Grundsteuer in Berlin ist, da sind wir führend. Wenn Sie die Vorstellung haben, dann lasten wir oben noch eine Sonderabgabe drauf, die wir bei den Grundeigentümern einziehen, dann ist das natürlich ein Problem. Es ist bereits darüber diskutiert worden, dass es andere Modelle gibt, die bei den Gewerbetreibenden ansetzen. Mich interessiert: Wie machen die das? Machen die das über die Fläche oder über den Umsatz? Welche Modelle gibt es? Wie ist die Umlagefähigkeit? Wie können Grundeigentümer das umlegen?

 

Dann habe ich noch eine Frage zur Zweidrittelmehrheit: Wer stimmt dabei ab? – Denn letztlich ist von entscheidender Bedeutung, wer diese Abstimmungen durchführt. Das, was dadurch passieren kann, kann für bestimmte Straßenzüge erhebliche Folgen nach sich ziehen, die man sich vorher gar nicht ausgemalt hat.

 

Das derzeitige Instrument ist aus unserer Sicht die Miete. Dazu wüsste ich gern, warum diesem Instrument nicht mehr getraut wird. Wir haben schließlich bei den wegbrechenden Quartieren, die in Schwierigkeiten sind, Folgen, und zwar in Form eines sinkenden Mietniveaus und des Steuerausfalls. Ich möchte darauf hinaus, dass die Stadt und die Bezirke gefordert sind, sich um diese Quartiere zu kümmern, weil sie letztlich die Steuerausfälle, das sinkende Mietniveau und den Verfall der Immobilien und Standorte zu verkraften haben. Unser Ansatz setzt auf Freiwilligkeit, wie es bei der AG City der Fall ist. Es ist schon ein erstaunliches Phänomen bei der Attraktivität der Straßen zu beobachten: Es gibt hässliche Plätze, die von der Stadt vernachlässigt werden, was letztlich zum Absinken der Qualität führt, ganz unabhängig von der Ladenentwicklung. Das greift alles irgendwo ineinander über.

 

Wir haben den Begriff Trittbrettfahrer gehört. Nehmen wir einmal als Beispiel die AG City, von der heute leider kein Vertreter da ist – bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bedanken, dass heute wenigstens eine Arbeitsgemeinschaft vertreten ist –, die viel leistet. Wenn ich einmal die Entwicklung der Weihnachtsbeleuchtung am Kurfürstendamm zurückverfolge, dann hat es ursprünglich einmal die Stadt Berlin bzw. der Bezirk als seine Aufgabe angesehen, zu Weihnachten den Kurfürstendamm zu schmücken, weil im Hintergrund die Überlegung stand, dass man darüber ein entsprechendes Steueraufkommen erzielt. Erst durch die knapperen Kassen wurde dazu übergegangen, zu sagen: Jetzt versuchen wir einmal anzuschieben, dass die Gewerbetreibenden das selbst organisieren. – Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Stadt oder der Bezirk ein starkes Interesse daran haben müsste, dass überhaupt irgendetwas in dieser Richtung passiert. Dass es Trittbrettfahrer gibt, ist gar keine Frage. Wenn dort ein Elektromarkt sitzt, dann wird der sagen: Warum soll ich etwas für die Weihnachtsbaumbeleuchtung bezahlen? Ich bin ein Magnet und sorge mit dafür, dass die Leute überhaupt hierher kommen. – Derartige Argumente werde ich dort sicherlich finden.

 

Der größte Trittbrettfahrer in diesem Zusammenhang ist die Stadt bzw. der Bezirk, denn die gehen davon aus, dass das die anderen verrichten müssen, was sich auch in Sachen Sonderabgabe zeigt. Es wäre viel inter-essanter, wenn die Sache anders angegangen würde, nämlich indem man hingeht und die Geschichte stimuliert. Wenn der Bezirk oder die Stadt das Steueraufkommen tatsächlich im Blick hat, dann wäre es viel inter-essanter zu stimulieren, dass diese freiwilligen Gemeinschaften sich zusammenfinden. Da stellt sich eher die Frage, ob der Bezirk oder die Stadt etwas draufpackt, nämlich unter dem Steuergesichtspunkt. – [Zurufe] – Nein, das muss kein Geld sein! Etwas draufpacken heißt, die Initiative selbst anzugehen und nicht abzukassieren, sondern anzuschieben. Das ist doch die Frage, die sich dabei stellt. Das können Sie mit Aktivitäten machen, die Sie bündeln. Sie müssen doch die Leute an den Tisch bringen, und das machen Sie gar nicht. Das nehmen Ihnen die Arbeitsgemeinschaft City oder andere Arbeitsgemeinschaften ab. Das macht nicht der Bezirk, der kümmert sich nicht darum – mit einigen Ausnahmen. Wie ich schon sagte, es gibt Bezirke, in denen Wirtschaftsstadträte hingehen und – – [Zuruf] – Ja, von der FDP zum Beispiel, aber die gehen nicht hin und sagen, wir wollen eine Sonderabgabe haben. Das machen die mit Sicherheit nicht, und schon gar nicht in einer Stadt, die sich in einer Situation befindet wie die unsere. Wir halten es für völlig abwegig, da eine Sonderabgabe zu fordern. Nein, lieber stimulieren und den Aspekt Steueraufkommen im Visier haben. Das ist das, was die Stadt und die Bezirke auszeichnen sollte und nicht umgekehrt: Wie kassieren wir die Leute ab?

 

Vors. Thiel: Danke schön, Herr von Lüdeke! – Bitte, Herr Jahnke!

 

Abg. Jahnke (SPD): Danke, Herr Vorsitzender! – Da kann ich direkt an die Worte meines Vorredners anknüpfen: Sie machen immer in Populismus, indem Sie vom Abkassieren reden, wenn zusätzliche Einnahmen akquiriert werden sollen, und ansonsten soll der Staat möglichst die Steuern senken und trotzdem mehr leisten. Das alles haut hinten und vorne nicht hin, aber Sie berühren vom Prinzip her – das macht unsere gesamte Anhörung – ein grundsätzliches Problem: Es geht darum, was in der Finanzwissenschaft intensiv diskutiert wird, ob man ein Äquivalenz- oder ein Leistungsfähigkeitsprinzip als Grundlage haben möchte. Äquivalenzprinzip bedeutet, ob man verstärkt diejenigen zur Kasse bitten kann, die insbesondere Nutznießer bestimmter Maßnahmen sind, oder ob das nicht der Fall ist. Das hängt bei den Standortgemeinschaften davon ab, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um für diesen Bereich etwas zu tun. Ich gebe Ihnen sogar insofern Recht, als dass jemand, der als Trittbrettfahrer gescholten wird, vielleicht sagt: Warum bin ich ein Trittbrettfahrer? Immerhin zahle ich meine Steuern, und insofern sollte ich zur Leistung allgemeiner Aufgaben schon genug beigetragen haben. – Die CDU nennt in ihrem Gesetzesantrag die Indikatoren allgemeines Sicherheitsempfinden und Sauberkeit in dem Gebiet. Na gut, da könnte man beinahe auf die Idee kommen, das sei eine Aufgabe der gesamten Solidargemeinschaft und nicht nur dieses kleinen Bereichs.

 

Andererseits ist in der Praxis zu sehen, dass das in einzelnen Bereichen nicht funktioniert. Vielleicht muss die Solidargemeinschaft doch etwas kleiner sein, um dafür Abgaben zu erhalten. Ich möchte gerade als Abgeordneter aus dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, von dem bereits viel die Rede gewesen ist, die Wilmersdorfer Straße als Beispiel anführen. Das ist eine der Hauptgeschäftsstraßen in Berlin, die sehr heterogen ist. Sie hat in der Mitte eine Fußgängerzone, die in den letzten Jahren erfreulicherweise wieder besser floriert, einen sehr problematischen Nordbereich mit hohen Leerständen und anderen negativen Anzeichen des Niedergangs und einen besseren südlichen Teil, in Richtung Adenauerplatz. Bekommen wir die Händler, die sich am Adenauerplatz befinden, oder Karstadt in der Fußgängerzone dazu, den problematischen Norden zu finanzieren? Das wäre genau der Punkt, den wir bei einer Definition der Standortgemeinschaft Wilmersdorfer Straße hinbekommen müssten. Ich bin der Ansicht, dass es schwierig sein wird, diese Leute zu einer Zwangsabgabe zu verpflichten, aber im Sinne dessen, was von den Referenten teilweise vorgeschlagen worden ist, kann ich mir durchaus vorstellen, dass man sie zu freiwilligen Abgaben bekommen könnte.

 

Damit sind wir bei den Projekten. Dazu habe ich eine Frage an alle Referenten, aber gerade auch an Frau Wiezorek: Welche Dinge wären vorstellbar, die dort laufen könnten, um die Gegend aufzuwerten? – Sie haben nur einige Beispiele von New York erwähnt, wie Straßenfeste und Ähnliches. Gibt es konkrete Maßnahmen, die über die eigentlichen staatlichen Aufgaben hinausgehen und zur Attraktivitätssteigerung in diesem Bereich beitragen können? – Leider muss ich sagen, dass so etwas wie die gemeinsame Weihnachtsbaumbeleuchtung am Kurfürstendamm, die Herr von Lüdeke angesprochen hat, gar nicht so reibungslos funktionierte. Es liegt im Interesse der Händler am Kurfürstendamm, dass dort die Weihnachtsbaumbeleuchtung funktioniert. Dass der Bezirk Trittbrettfahrer ist, Herr von Lüdeke, das ist eine völlig absurde Behauptung. Wir als Stadt freuen uns doch wohl, wenn wir einen funktionierenden Kurfürstendamm als Touristenmagneten haben. Da kann man doch nicht sagen, dass die Gemeinde quasi Trittbrettfahrer ist. – Entschuldigung, aber das ist Unsinn!

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Jahnke! – Herr Krug, bitte!

 

Abg. Krug (SPD): Jetzt bin ich auch Trittbrettfahrer bei Herrn Jahnke und schließe mich seinen Worten an. – Ich danke Ihnen für das, was Sie uns geboten haben, in einer Diskussion, die wir schon lange führen. Gerade Berlin als Einkaufsstadt ist ein besonders wichtiges Thema. Wenn ich dieses Faltblatt vor mir sehe, dann sind damit schon einige Punkte angesprochen worden.

 

Herr Federwisch! Irgendwie haben Sie mich ratlos zurückgelassen. Sie haben auf der einen Seite verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, aber auf der anderen Seite sind Sie für einen Gesetzentwurf, der sich so schwer fassen lässt. Deshalb frage ich Sie: Wie beurteilen Sie das? – Ich habe versucht, dieses wunderschöne Heftchen mit all seinen Vorschlägen, was davon geht und was nicht, durchzuarbeiten, aber bin doch ein bisschen ratlos geblieben. Vielleicht können Sie das noch ein wenig klarer darstellen.

 

Was mir bei Herrn Brückmann gefallen hat, das war die abgewogene Darstellung. – Ich war etwas überrascht, wie Herr Tromp einleitend seinen Gesetzentwurf erläuterte, denn ich vermutete, Sie seien ein heißer Kämpfer für dieses Gesetz. Sie haben das aber mehr in den Bereich einer reinen Diskussionsvorlage gerückt und gesagt: Na ja, wir können darüber reden. – Vielleicht sind Sie in einigen wesentlichen Punkten auch schon davon weggerückt.

 

Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass wir gar nicht wissen, wie wir ein solches Bürokratiemonstrum in den Griff bekommen wollen. Ich möchte gar nicht im Einzelnen erwähnen, was Sie da von uns oder von den Bezirken verlangen, aber wenn ich lese, dass der zuständige Bezirk die ordnungsgemäße Geschäftsführung des Aufgabenträgers überwacht, dann frage ich mich: Was machen die denn alles? – Die sollen die Grund-stücke bewerben, Werbemaßnahmen treffen, Veranstaltungen organisieren, Vereinbarungen über Maßnahmen und Vorgehensweisen treffen, bis zum Coaching der Finanzierungen. Damit haben wir riesengroße Schwierigkeiten. Vielleicht wollen Sie aber auch nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme initiieren – ich weiß es nicht. Sie haben so einen schönen Gesetzentwurf zu PPP eingebracht. Warum gehen Sie nicht auf dieser Strecke weiter voran und sagen, wir haben hier eine vernünftige Lösung – 60 Standortgemeinschaften haben wir allein in Berlin –, also gucken wir uns doch einmal an, wie wir weitermachen können?

 

Das ist auch meine Frage an Sie, Frau Wiezorek: Wenn wir schon im PPP-Bereich arbeiten und wirken, haben wir dann nicht auch Chancen, mehr Fördermittel einzusetzen und zu akquirieren, um das Thema „mangelnde personelle, fachliche und finanzielle Ressourcen“ besser in den Griff zu bekommen? – Denn das scheint doch die Grundlage dafür zu sein, hier überhaupt voranzukommen.

 

Herr Winkelmann, Sie haben so appellativ gesagt: Sichern Sie die Existenz unserer Standortgemeinschaften, Gewerbetreibenden und Händler. – Sehen Sie denn nicht gerade auch hier die Möglichkeit, ohne großen Gesetzesaufwand und Bürokratie das zu erreichen, was wir doch eigentlich im Konsens sehen, nämlich die Zentren und den Einzelhandel zu stärken? – Wenn es nach mir ginge, dann bitte ohne diesen riesigen bürokratischen Aufwand, von dem ich im Moment gar nicht weiß, wie er funktionieren soll.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Krug! – Bitte, Herr Eßer, Sie haben das Wort!

 

Abg. Eßer (Grüne): Ich habe gar nicht verstanden, worin der riesige bürokratische Aufwand bestehen soll. Irgendeiner muss kontrollieren – ob in Hamburg oder woanders. Das halte ich für logisch, und dazu hätte ich dann gern eine Stellungnahme, auch von der CDU. Es ist gesagt worden, dass das Verwalten, Vernetzen und Vorantreiben der BIDs ein Teil dieser gesellschaftlichen Selbstverwaltung ist. Die Kontrolle übernimmt in Hamburg die Handelskammer und nicht die staatliche Seite oder der Bezirk, aber es ist keine Frage, dass diese Kontrolle stattfinden muss. Was die Hamburger Handelskammer betrifft, so kann ich mir nicht vorstellen, dass diese gedenkt, einen riesigen bürokratischen Aufwand zu betreiben, wenn sie diese Aufgabe übernimmt. Deshalb muss das auch bei unserem Bezirk in Berlin nicht ausarten, aber es stellt sich die Frage: Ist diese Zuordnung korrekt, dass der Staat in diesem Modell nur für die Abgabenerhebung zuständig ist, damit das läuft, aber der Rest ist im Grunde genommen ein Teil der privaten Selbstverwaltung, und dann sollen diese Überwachung auch die dem zugeordneten öffentlich-rechtlichen Körperschaften durchführen? – Von der Logik her leuchtete mir das irgendwie ein, aber warum der Bezirk dann als staatliche Ebene bei der CDU ins Spiel kommt, das habe ich an dieser Stelle nicht ganz verstanden. – So viel zum Problem der Bürokratie.

 

Herr von Lüdeke! Ich empfand Ihren Vortrag, den Sie gehalten haben, wunderbar makroökonomisch, ansonsten kenne ich dieses Argumentationsmuster von der FDP überhaupt nicht. Sie hätten nur noch das Deficit-spending und Beschäftigungsprogramme im öffentlichen Dienst dranhängen sollen, damit es eine Kaufkraft gibt, mit der Sie diesen Anreiz ausüben können. – Mich überzeugt die Grundidee. So ist es doch mit allen öffentlichen Gütern: Wenn die anderen das irgendwie bezahlen und machen und ich komme ganz oder mit einem Minibeitrag davon und der Nutzen stellt sich ein, dann mache ich das doch. – So ist es auch mit unserer Straßenbeleuchtung. Spätestens da stellt sich immer die staatliche Steuern- und Abgabefrage. Ob es Ihnen nun passt oder nicht: Da kommt man nicht mit Null aus, weil ansonsten durch ein gewissermaßen kurzsichtiges rationales Verhalten des Einzelnen bestimmte Dinge überhaupt nicht stattfinden würden. – Über einen solchen Fall diskutieren wir hier. Wenn wir es für nützlich halten, eine solche Standortvernetzung durchzuführen, müssen wir sehen, dass diese in der erforderlichen Form nicht ohne ein staatliches Zwangsmittel wie die Abgabe oder sonst irgendetwas zu Stande kommt. Mit Blick auf die Interessenlage der Beteiligten scheint mir das völlig logisch beschrieben zu sein.


Ich bitte Herrn Federwisch – da schließe ich mich der Ausgangsfrage von Herrn Hoff an –, mir genauer zu erklären, was die verfassungsfesten Bedingungen Ihrer Meinung nach wären, insbesondere bezogen auf § 4 des CDU-Antrages, wo – wie ich auch finde – die Bedingungen dafür in keiner zureichenden Form beschrieben worden sind, was die verfassungsfesten Dinge sein könnten, dieses Konzept durchzuführen.

 

Ich komme noch einmal zum Problem Bürokratie zurück: Wenn etwas relativ schwierig ist, dann ist es die Erhebung dieser Abgabe und das von der staatlichen Seite alles genau auseinanderzufieseln, also die Frage von Quadratmetern usw., die den Eigentümern gehören, davon abzuziehen, was auf Gewerbemieter, die das betrifft, geht etc. und dieses zu betreiben. Da wäre das unmittelbar wie in den USA – ich weiß nicht, ob das in Deutschland über die Grundsteuer geht, die umlagefähig ist – sehr viel einfacher. Weiß das hier im Raum jemand, ob diese Lösung juristisch zulässig wäre – weil wir das Hebesatzrecht auf die Grundsteuer haben –, einen gesonderten Zuschlag auf die Grundsteuer in diesen Gebieten zu erheben? – Diese könnte dann übergewälzt werden, und man könnte sich die Frage stellen, ob man vorschreiben dürfte, dass das Überwälzen dieses Zuschlags nur auf die Gewerbemieter zulässig ist. Das würde die ganze Erhebung dieser Abgabe extrem entbürokratisieren, wenn man das dürfte. Vielleicht kann mir jemand eine Auskunft geben.

 

Ich habe noch eine Frage in Richtung Senat, aber auch in Richtung IHK. Herr Brückmann, Sie haben meine Tendenz gemerkt. Bei Ihren Reden habe ich die etwas verwaschene Zögerlichkeit: Das kann man so nicht machen und die Leute mit so einer Abgabe belasten – nicht so richtig verstanden. Vielleicht könnten Sie etwas mehr aus der Deckung kommen und mir mit einer schärferen Aussage auf die Sprünge helfen. Ich sage das ehrlich. Ich habe ein offenes Ohr gehabt, aber weder bei Herrn Strauch noch bei Ihnen irgendein Argument gefunden, das mich in der Frage erreicht hätte. Vielleicht gibt es das aber doch, und Sie haben sich etwas zu abgeschliffen geäußert, und dann verstehe ich, wo der Haken und die Öse ist.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Eßer! – Frau Hildebrandt, bitte!

 

Frau Abg. Hildebrandt (SPD): Vielen Dank! – Ich kann mich dem Redebeitrag von Herrn Eßer anschließen. Ich hätte auch diese Nachfrage an die IHK gehabt. Sie haben, Herr Brückmann, in Ihrer Stellungnahme sehr viele Detailprobleme angesprochen, aber wenn man sich diesem Thema widmet, dann sollte man doch ein mehrstufiges Verfahren in der Diskussion anwenden. Zunächst geht es um ganz grundsätzliche Fragen, ob man solche Instrumente für geeignet hält oder nicht, und dann beschäftigt man sich mit den grundsätzlichen Stellschrauben und danach entsprechend mit den kleineren Details. Deswegen interessiert mich von der IHK eine klare Stellungnahme, ob Sie nun dafür oder dagegen sind und welche Rahmenbedingungen Sie Ihrer Position zu Grunde legen.

 

Wenn man sich dieses Thema anschaut, gibt es einige wenige, an einer Hand abzuzählende Hauptkritikpunkte. Zum einen geht es um das Thema „Zwangsabgabe“ und Minderheitenschutz kontra Trittbrettfahrerproblematik. Ich bitte Sie, dazu noch einmal Stellung zu beziehen und auch die Erfahrungen aus anderen Bereichen mit einfließen zu lassen, was man dort festgestellt hat. Wie ist die Minderheitenproblematik zu bewerten, zum Beispiel bei der Einbeziehung von Freiberuflern und sehr kleiner Gewerbetreibender? Wie gefährdet sind die durch so etwas? Oder handelt es sich dabei letztlich um nicht ganz so ins Gewicht fallende Probleme, die auch anderweitig gelöst werden können? – Wir haben solche Lösungen beispielsweise auch in anderen Gesetzgebungen.

 

Ich möchte ein provokantes Beispiel zum Thema „Minderheitenschutz“ anführen. Wir sind ansonsten bei anderen Abgaben, die wir erheben, auch nicht so. Deswegen kann ich das nur zum Teil nachvollziehen, was hier gesagt wird. Ich möchte jetzt mit Absicht nicht das Straßenausbaubeitragsgesetz als Beispiel nennen, sondern nehmen wir einmal an, dass ein Grundstück überhaupt erst mit einer Zuwegung erschlossen wird, weil wir da eine bestehende Gesetzeslage haben, die alle betrifft, egal, wer der Grundstückseigentümer ist, wie groß oder klein er ist und was er dort betreibt. Wir haben dort soziale Abfederungen, aber letztlich haben wir dort auch einen Vollständigkeitsanspruch. Wir sagen nicht: Sie haben vorher schon dort gewohnt, und deswegen darf man Sie jetzt nicht mit der Erschließung belasten –, sondern man sagt: Sie profitieren alle. – Warum kann dieses Argument bei einer Geschäftsstraße nicht gelten, wo wir annehmen, dass eine große Bereitschaft für ein stärkeres Instrument zum Management besteht, oder gibt es Gründe, warum man dort anders argumentiert? – Diese Abwägung interessiert mich, auch was die Meinungsbildung in den jeweiligen Institutionen betrifft. Das ist eine Frage an die Arbeitsgemeinschaft, aber auch an die IHK und den Einzelhandelsverband: Wie einheitlich ist bei Ihnen die Meinung? – Wir wissen, dass wir ein demokratisches Prinzip haben. Auch dort gibt es garantiert pluralistische Meinungen. Wir selbst haben das Problem, dass wir mit wechselnden Mehrheiten immer einmal unterliegen. Das ist fast jedem der hier Anwesenden schon einmal passiert. Insofern interessiert mich die Tendenz, welche Probleme seitens der Mitglieder dort bestehen und vielleicht auch die, die im Verband eine Minderheitsmeinung darstellen.

 

Vors. Thiel: Danke, Frau Hildebrandt! – Herr Tromp!

 

Abg. Tromp (CDU): Ich hatte mich gemeldet, weil einige Fragen auch an die CDU-Fraktion, die den Gesetzentwurf eingebracht hat, gerichtet wurden. – Herr Krug, anscheinend habe ich Sie irritiert. Das offene Votum am Anfang meiner Begründung, dass wir über alles gerne diskutieren, bitte ich nicht so zu verstehen, dass wir von unserem eigenen Gesetzentwurf abrücken. Ich wollte ganz bewusst am Anfang dieser Anhörung das Signal aussenden, dass es für mich darum geht, von den üblichen Ritualen wegzukommen: Die bringen etwas ein, das teilen wir nicht. Es wird niedergestimmt, dann ist es weg. – Dazu ist mir die Initiative zu wichtig, weil der Ansatz ein neuer ist, der die Diskussion lohnt. Und wenn am Ende des Diskussionsprozesses vielleicht etwas Neues oder anderes dabei herauskommt, soll es mir auch Recht sein. Mir geht es darum, dass man das nicht einfach vom Tisch wischt, sondern sich wirklich damit auseinander setzt.

 

Warum sehen wir die Bezirke als Ansprechpartner vor? – Das lag zum einen daran, dass bei der Entstehung des Gesetzentwurfs mir die unterschiedlichen Meinungen der Industrie- und Handelskammern in Deutschland bekannt waren. – Der andere, für mich viel schwerwiegendere Grund ist: Wir geben unseren Bezirken wesentlich mehr Verantwortung als die Hamburger ihren Bezirken. Wir haben in jedem Bezirk ein Wirtschaftsamt und eine Wirtschaftsförderung. Für mich ist es ein Stück weit auch Wirtschaftsförderung, wenn ich Gewerbetreibende dabei unterstützen kann, vor Ort solche Strukturen zur Selbsthilfe aufzubauen.

 

Warum haben wir bei der Abgabe nicht nur die Immobilienbesitzer mit einbezogen, sondern auch die Gewerbetreibenden? – Wir wollten verhindern, dass diese Umlage, diese Zwangsabgabe, bei den Betriebskosten umlagefähig wird. Da nehmen wir sie nämlich heraus. In dem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, wie es mit Wohneigentümern aussieht, die, wenn ein Viertel aufgewertet wird, dann auch davon profitieren. Wir hielten es für den falschen Ansatz, dass hier auf einmal Privatpersonen, auch Mieter, mit einer solchen Abgabe belastet werden, die letzten Endes von einer Aufwertung am wenigsten profitieren. Das sind am stärksten diejenigen, die das Gewerbe vor Ort haben, seien es nun Einzelhandel, Gastronomie oder Dienstleister. Auch ein Arzt profitiert davon, weil ein Patient lieber zum Arzt kommt, wenn das ganze Umfeld angenehmer ist, als wenn das Viertel nicht so attraktiv ist, es sei denn, der Arzt ist eine Kapazität auf seinem Gebiet. Da gibt es schon einen Zusammenhang.

 

Die dritte Frage war, warum wir einen anderen Weg gewählt haben als Hamburg, was die Abgabe als solches betrifft. Die Hamburger haben die Grundsteuer gewählt. Wir waren der Meinung, dass wir, wenn wir den Weg der Grundsteuer wählen, das Finanzamt als zusätzliche Behörde mit einbeziehen müssen. Wir gingen bei der Überlegung davon aus, dass es dann eher noch bürokratischer werden würde, als wenn man das Finanzamt außen vor ließe. Deswegen haben wir, Herr von Lüdeke, genau den Weg gewählt, den Sie als Frage skizziert haben, nämlich über Flächen und Umrechnungsfaktoren. Darüber kann man aber trefflich diskutieren. Wenn im Rahmen der Diskussion herauskommt, dass der Weg über die Grundsteuer der leichtere ist, weil dort die Angaben und Daten bereits vorhanden sind, dann soll es mir auch Recht sein – Hauptsache, es ist ein praktikabler Weg, der wenig Bürokratismus nach sich zieht.

 

Dann gab es die Frage, ob es ein „Bürokratiemonstrum“ wird. Die im Gesetz beschriebenen Aufgaben sind Möglichkeiten. Jeder Standort wird für sich entscheiden, was an seinem Standort nötig ist, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Es wird keinen festen Aufgabenkatalog geben, den jeder Standort abarbeitet, sondern man wird sich die Sachen heraussuchen, die besonders wichtig an dem Standort sind. Deshalb glaube ich nicht, dass es hier zu einem Bürokratiemonstrum kommt.

 

Ich glaube persönlich, dass man das eine tun kann, ohne das andere zu lassen. Auch hier, wie in Amerika und anderswo, werden sich freiwillige Initiativen mit BIDs sinnvoll ergänzen.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Tromp! – Frau Wiezorek, bitte!

 

Frau Wiezorek (ews Stadtsanierungsgesellschaft mbH): Zunächst noch einmal zu der Frage: An welchen Standorten bilden sich eigentlich BIDs? – Wenn man nach Amerika schaut, gibt es allein in New York – das ist auch eine polizentrale Stadt – derzeit 45 BIDs, und zwar in allen Zentrentypen. Ich habe Beispiele sehr unterschiedlicher Zentrentypen untersucht, sowohl in Manhattan als auch in Brooklyn. Das können Stadtteilzentren, aber auch Nebenzentren oder das zentrale Hauptzentrum sein, in denen BIDs zu finden sind. Nach meinen Untersuchungen – das ist das Thema, das Herr Staatssekretär Strauch ansprach, nämlich das Thema der unterschiedlichen Gesellschaften, unterschiedlicher Mentalitäten und Aktivitäten an Standorten – bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der zentrale Unterschied ist, wenn man das auf Deutschland überträgt, dass es nicht möglich ist, an allen Standorten so etwas zu realisieren.

 

Ich habe – unabhängig davon, um was für eine Art Zentrum es sich nach dem Stadtentwicklungsplan Zentren handelt – drei Kriterien formuliert: Das muss ein Standort sein, der in dem Sinne Standortpotentiale aufweist. Es muss nicht das Hauptzentrum sein. Es kann sehr wohl auch das besondere Stadtteilzentrum sein. Es geht darum, dass der Standort Potentiale hat, die er auch so für sich definiert.

 

Zweitens muss die Organisationsstruktur vor Ort handlungsfähig sein, die vorhandenen Initiativen einbeziehen und in diesen Prozess aufnehmen. Wenn die Akteure vor Ort nicht handlungsfähig sind, kann man so etwas überhaupt nicht als Top-down-Prozess initiieren.

 

Das Dritte ist die Potenz der Eigentümer. Wenn es ein Standort ist, der letztlich bei den Bodenwerten keinerlei Wert mehr aufweist, wenn dort sowieso keine Rendite mehr erzeugt wird, dann wird das auch kein Standort sein, wo sich eine Initiative mit einer Mehrheit findet, die in irgendeiner Weise einen Beitrag für privatfinanzierte Maßnahmen aufbringen kann. Daraus mögen Sie nun Ihre Schlüsse ziehen, welche Standorte das in Berlin sein könnten. Es müssen Standorte sein, die in mehrerlei Hinsicht Potenzen und Potential aufweisen.

 

Wie ist das in Hamburg? Was sind das für Standorte? – In den Medien war einer der Standorte, der sich demnächst mit einem Antrag bewerben wird, der Neue Wall, sehr präsent. Dem einen oder anderen ist das vielleicht bekannt, dass das die exklusivste Einkaufsstraße in Hamburg ist, die bereits seit dem Gesetzesverfahren mit ihren Maßnahmen diesen Antrag vorbereitet. Der Neue Wall hat den Anspruch, diesen exklusiven Standort im öffentlichen Raum widerzuspiegeln. Das bedeutet, die Maßnahmen zielen auf eine gehobene Darstellung des Standortes ab. Das ist genau der Punkt, wenn es um die Diskussion geht: Übernehmen diese BIDs öffentliche Leistungen, oder ist das ein Plus auf öffentliche Leistungen? – Der Neue Wall leistet in seiner Außendarstellung das Plus, das er gerne haben möchte, auf das, was die öffentliche Hand für alle gleichermaßen macht. Er sagt: Wir sind etwas Besonderes. Wir wollen etwas Besonderes, und genau das finanzieren wir auch privat.

 

Ein Standort, der offensichtlich dem Neuen Wall bei der Antragstellung noch zuvorkommen wird, ist Hamburg-Bergedorf. Das ist wiederum kein exklusiver Standort, sondern ein Standort, der damit zu kämpfen hat, dass künftig an den beiden Enden der Geschäftsstraße Center ausgebaut werden, der sich dagegen wappnen und gegenüber dieser Centerentwicklung in Position bringen will. Dieser Standort wird den Schwerpunkt auf das Marketing setzen. Sie wollen sich profilieren und sagen: Wir sind auch da. Wir können eine Ergänzung und eine Synergie zu diesen Centerentwicklungen an den beiden Enden sein. – Dieser Standort wird der erste sein, weil er es im Antragsverfahren und bei der Vorbereitung des Maßnahmenkonzepts wesentlich einfacher hat – nämlich ein Marketingkonzept aufzustellen, zu finanzieren und sich zu vermarkten – als der Neue Wall, wo Baumaßnahmen am Standort erfolgen sollen. Das heißt, der Neue Wall hat sich entschieden, die Senatsplatte – wie sie in Hamburg genannt wird –, die Einheitsplatte, die überall im öffentlichen Raum ausgelegt wird, durch Granit zu ersetzen und diesen Mehrbetrag der baulichen Maßnahme zu zahlen.

 

Zum Thema Zentrenplan: Welche Standorte werden es hier sein? – Es können die Standorte sein, die es wollen und es schaffen, diesen Prozess anzutreten. Theoretisch können es alle Standorte – mit bestimmten Potentialen, die ich genannt habe – sein, da sollte keinerlei Einschränkung stattfinden.

 

Was können BIDs überhaupt bewegen? – Das war die Frage von Herrn Hoff. Inwiefern können sie überhaupt in diesen Entwicklungskampf zwischen Zentren und Ausweitungen von Einzelhandelsflächen etc. eingreifen? – Es ist wichtig, die Frage zu stellen – das bezieht sich letztlich nicht auf den BID-Ansatz oder die Standortgemeinschaften –, was lokale Initiativen überhaupt beeinflussen können. Die Ursachen der Probleme an den Standorten können die Initiativen allesamt, ob es das Geschäftsstraßenmanagement, das QM oder das Sanierungsgebiet etc. ist, lokal nicht beeinflussen. Sie haben letztendlich nicht die Entscheidungsgewalt darüber, ob weitere Einzelhandelsflächen im Umkreis entstehen. Sie können auch die sozialen Probleme, die in einer Stadt entstehen, die Abnahme der Kaufkraft etc. nicht steuern. Darauf haben sie keinen Einfluss, sie können nur reagieren. – Zur Verdrängung sozialer Probleme: Die sozialen Probleme kann auch kein anderer der lokalen Ansätze lösen. Insofern muss man die Vorwürfe, inwiefern BIDs da handlungsfähig sind, immer ins Verhältnis zu dem setzen, was die anderen Ansätze leisten können. – Was man leisten kann und worum es hierbei geht, sind die Professionalisierung und die Abstimmung im lokalen Handeln der Initiativen. Es soll darum gehen, diese Standortgemeinschaften dafür zu professionalisieren, dass sie handlungsfähig sind und etwas eigenbestimmter ihre Ziele umsetzen können.

 

Dann ging es um das Thema, wie man das vertreten kann, die Zweidrittelmehrheit über ein Negativquorum zu definieren. Frau Hildebrandt hat es bereits angedeutet: Es gibt andere Instrumente, die genauso vorgehen. Hamburg hat sich mit seinem Verfahren an die Festsetzung von Sanierungsgebieten angelehnt. Das bedeutet, dass durch das Verfahren eine Information aller Eigentümer und Betroffenen mittels Auslegung, mittels öffentlicher Anhörung, mittels Anschreiben aller Eigentümer etc. gewährleistet wird. Das heißt, alle wissen, worum es geht. Es ist wichtig, dass man mittels des Prozesses und des Verfahrens absichert, dass alle wissen, worauf sie sich einlassen oder was kommt, und dann selbst entscheiden können, ob sie sich dagegen positionieren. Ein Sanierungsgebiet wird nach diesem Verfahren eingerichtet, und am Ende wird das mittels Straßenausbaubeitragsgesetz, aber auch mittels des Ausgleichsbetrages auf alle Eigentümer umgelegt.

 

Wer stimmt dabei ab? – Das war die Frage von Herrn von Lüdeke. Es werden Eigentümer in Hamburg und auch in den USA angeschrieben.

 

Sicher ist es wichtig zu fragen, welche Chancen man an diesen Standorten auf öffentliche Mittel hat. Es kam die Frage von Herrn Krug, ob man sich eher um andere Fördermittel bemühen sollte, bevor man einen solchen Bürokratieaufwand betreibt. Es ist richtig, dass man fragen muss: Was gibt es noch? – Ich möchte aber zwei Dinge zum Problem der öffentlichen Fördermittel anmerken, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Geschäftsstraßenmanagement. Aus meiner Sicht ist es zeitlich und räumlich sehr begrenzt. Es ist exklusiv. Das Geschäftsstraßenmanagement funktioniert nur über Kofinanzierungen der öffentlichen Hand, und es müssen oftmals auch EFRE-Mittel, EU-Mittel, zur Verfügung stehen. Die Notwendigkeit der Kofinanzierung führt dazu, dass die öffentliche Hand oder der Bezirk oftmals sagt: Wir können uns genau einen Standort leisten, bei dem wir das für zwei Jahre durchführen können. – Das bedeutet, dass die Standorte wiederum nicht für sich entscheiden können, ob es zwei, drei oder vier solcher Standorte im Bezirk gibt, sondern es ist letztendlich die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand, die die Zahl der Standorte festlegt.

 

Was Herr Eßer sagte, ist auch wichtig. Ich glaube ebenfalls, dass das, was Hamburg gemacht hat, nämlich nur die Grundstückseigentümer in die Finanzierung einzubeziehen, zu einem geringeren bürokratischen Aufwand führt und vor allen Dingen einen leichteren Zugriff und damit die Sicherheit der Finanzierung besser gewährleistet, als wenn man auch Mieter heranzieht, wo die Fluktuation höher ist und wo man im Grunde genommen erst einmal überlegen muss, wie man das erhebt und wer wo mit welchen Flächen Mieter ist. Über die Grundstückseigentümer ist das sicher einfacher.

 

Vors. Thiel: Vielen Dank, Frau Wiezorek! – Herr Brückmann, bitte!

 

Herr Brückmann (IHK): Als Erstes die klare Positionierung der IHK Berlin, Herr Eßer, Herr Hoff und andere: Wir stimmen dem Gesetzentwurf der CDU nicht zu. Wir denken, dass es viel sinnvoller ist, Privatinitiative zu fördern. Ich komme gleich darauf zurück, warum wir das so sehen. Das Ziel des Gesetzesantrages halte ich nach wie vor für richtig. Das geht in die richtige Richtung. Wir wollen in den städtischen Quartieren etwas tun. Das Instrument, über ein Gesetz etwas zu bewegen, halten wir an der Stelle auf Grund der Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemeinsam mit dem Einzelhandelsverband machen konnten, für falsch.

 

Worum geht es denn eigentlich? – Es geht doch darum, dass wir Engagement und Professionalität – das hat Frau Wiezorek auch als Ziel genannt, aber aus meiner Sicht mit dem falschen Instrument hinterlegt – vor Ort schaffen wollen. Ich halte es, Herr Hoff, fast schon für einen antagonistischen Widerspruch, diese Professionalität und dieses Engagement mit einem Gesetz und mit der öffentlichen Verwaltung initiieren zu wollen.

 

Warum habe ich so viele Fragezeichen gemacht? – Das hat den einfachen Hintergrund, dass ich zum Ausdruck bringen wollte, dass das ein Instrument ist, das mehr Fragezeichen initiiert, als man auf den ersten Blick sieht. Es klingt schön, dass man die Trittbrettfahrer mit ins Boot holt, aber daran hängen viele Fragezeichen. Frau Wiezorek sprach an, wie lange so ein Instrument braucht, um überhaupt wirksam zu werden. Auf verfassungsrechtliche Dinge wird Herr Federwisch gleich noch eingehen. Wir haben in der IHK klare Positionen. Wir setzen zunächst einmal auf private Ansätze, Public-Private-Partnership, und wir werden darauf schauen, was mit dem guten Beispiel oder dem vielleicht noch nicht gelungenen Beispiel in Hamburg passiert. – Der Neue Wall ist angesprochen worden. Unser Petitum ist auch: Wenn es ein solches Instrument gibt, dann muss es für alle Standorte gleichermaßen gelten.

 

Auf die Frage, warum wir als IHK Berlin eine etwas andere Meinung haben als die Handelskammer Hamburg, möchte ich auch gerne eingehen. Ohne darauf einzugehen, dass vielleicht die Hamburger Kaufmannschaft andere Traditionen in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, möchte ich an der Stelle nur sagen, dass die Handelskammer Hamburg eine eigene Servicegesellschaft gegründet hat, eine GmbH, die solche Aufgaben erledigt. Wir haben uns in Berlin dagegen entschieden. Die IHK Berlin plant nicht, GmbHs zu gründen, um Aufgaben wahrzunehmen, die vielleicht private Anbieter viel besser wahrnehmen können. – Zum anderen ist es so, das Gesetz in Hamburg ist auf Grund einer 20-jährigen Initiative von Grundeigentümern, nicht von Gewerbetreibenden, am Neuen Wall entstanden. Das heißt, da gibt es seit 20 Jahren einen funktionierenden Verein, der sich jetzt auf die Fahnen geschrieben hat, dort etwas „on top“ zu machen, die Granitplatte zu machen, die Fahrbahn zu verschmälern etc. Auf Grund dieser Historie ist dieses Gesetz entstanden. Das ist vielleicht der Unterschied, warum wir vor Ort zu anderen Ansätzen kommen, und vielleicht auch ein Grund, warum die Industrie- und Handelskammern regional aufgestellt sind.

 

Zum Thema Abgabe versus Grundsteuer wird Herr Federwisch noch einiges sagen. In der Begründung dieses Gesetzentwurfes ist ausdrücklich beschrieben, dass die Sachnähe für eine Abgabe immer gegeben sein muss. Deshalb gibt es in § 4 die Kriterien, wann ein Business-Improvement-District oder eine Standortgemeinschaft in Kraft treten kann, nämlich dann, wenn es Sachnähe gibt, wenn es einen Standort gibt, der nachweislich in Gefahr gerät, einen „Trading-down-Prozess“ zu erfahren. Das ist formaljuristisch und handwerklich sicherlich sauberer als der Hamburger Gesetzentwurf. Aber wenn ich auf der anderen Seite jeden Standort in Berlin als einen solchen bezeichnen kann – so habe ich es jedenfalls vorhin verstanden – und jeder Standort in die Gefahr eines solchen Abwärtsprozesses geraten kann, dann frage ich mich wirklich, ob dafür eine Abgabe gerechtfertigt ist. Ich möchte nicht auf die Juristerei hinaus. Wir sollten abwarten. Wir haben in Hamburg – die sind viel weiter – ein Beispiel, das wir uns anschauen können.

 

Die Industrie- und Handelskammer und auch die wohnungswirtschaftlichen Verbände glauben, dass wir die anderen Instrumente in Berlin noch nicht richtig ausgenutzt haben. Es gibt gute Ansätze. Sie kennen das aktuelle Beispiel vom Breitscheidplatz, wo private Grundeigentümer und die öffentliche Hand zusammen etwas auf die Beine stellen. Es gibt viele andere Beispiele. Herr Strauch sagte es – vielen Dank dafür –, dass es unterschiedliche Ansätze gibt, wie man Public-Private-Partnership machen kann. – Aber wenn wir beispielsweise wirtschaftsdienliche Maßnahmen in Berlin haben, bezirkliche Beschäftigungsbündnisse, und uns nichts anderes einfällt, als dass die Kofinanzierung immer durch die öffentliche Hand, das heißt, durch die Bezirke, zu erfolgen hat, dann frage ich mich, wo das Engagement der Wirtschaft ist. Da gibt es einen Ansatzpunkt zu überlegen, warum eine wirtschaftsdienliche Maßnahme nicht auch privat und freiwillig durch Grundeigentümer und Gewerbetreibende kofinanziert werden kann. Wenn es formale Dinge gibt, die dem entgegenstehen – das weiß ich jetzt nicht –, dann würde ich doch bitten zu prüfen, ob wir einen Weg finden können, um diese Dinge adäquat zu nutzen und vielleicht den einen oder anderen Grundstückseigentümer mit hinzuzuziehen. Da gibt es Möglichkeiten. Nordrhein-Westfalen macht uns das ja vor.

 

Ich glaube nicht, dass es im Kern darum geht, den letzten Trittbrettfahrer zu erfassen. Es geht darum, dass das Engagement vor Ort noch viel schmaler ist, als die 10, 20 oder 30 % Trittbrettfahrer, die wir mit diesem Gesetz einfangen. Es kommt zunächst darauf an, das Engagement vor Ort, den Common-Sense oder den gemeinsamen Willen zu stärken. Dazu dient ein Gesetz nicht. Im Gegenteil, da wirkt ein Gesetz eher kontraproduktiv. Man verlässt sich darauf. Man zeigt mit dem Finger darauf: Ihr habt nichts geschafft, ihr habt nichts beantragt usw. – Wir setzen da auf freiwillige Ansätze. Es geht nicht darum, dass man das eine tun sollte, ohne das andere zu lassen. Das ist die eine Aussage. Ich sage, man sollte den ersten Schritt vor dem zweiten machen, und das heißt für mich, dass wir als IHK dem Gesetzentwurf so nicht folgen können.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Brückmann! – Herr Federwisch, bitte!

 

Herr Federwisch (Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V.): Bevor ich insbesondere auf die verfassungsrechtlichen Fragen zu sprechen komme, habe ich doch noch drei Vorbemerkungen: Herr Brückmann, schon der Ausspruch war aus meiner Sicht nicht ganz korrekt. Wenn Sie sagen, Ihr Eindruck ist der, dass das Engagement und die Professionalität vor Ort durch Gesetz und Verwaltung initiiert werden sollen, ist es das, was das BID-Konzept gerade nicht ausmacht, sondern auch das BID-Konzept verlangt den Anstoß von den Gewerbetreibenden und Eigentümern vor Ort.

 


Alles Weitere ist dann eine Frage des erforderlichen Quorums, das im Gesetz zu regeln ist, aber die Initiative muss von den Betroffenen vor Ort ausgehen.

 

Eine kurze Bemerkung zu dem Ausspruch: Die Kommune als größter Trittbrettfahrer. – Diese Überlegung oder Gefahr ist gerade der Hintergrund des Vorschlages im Gesetzentwurf, dass eine zwingende öffentlich-rechtliche vertragliche Regelung zwischen dem Träger des BIDs und der jeweiligen Kommune geschlossen werden muss, um gleich im Vorfeld und zu Beginn der Maßnahme bestimmte Aufgabenbereiche abzugrenzen und während des laufenden Prozesses gar nicht erst in die Gefahr zu geraten, dass man sich nachher darüber streitet: Ist das eigentlich noch kommunale Daseinsvorsorge und ist dafür verfassungsgemäß die Gemeinde zuständig, oder sind das diese „On-Top-Leistungen“, die vom BID wahrgenommen werden können? – Auch hier noch einmal ein Beispiel aus den USA, aus einem Business-Improvement-District in L. A.: Dort übernimmt der BID oder die Trägergesellschaft zum Beispiel die Aufgaben, Graffiti-Schmierereien innerhalb von 24 Stunden wieder zu beseitigen. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, dass das normale Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge sind, die deshalb nicht von einer BID-Organisation wahrgenommen werden dürfen. – [Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)] – Gut, wie dem auch sei!

 

Ein anderes Beispiel in diesem betreffenden BID: Der Name lässt zunächst schmunzeln, er nennt sich L.-A.-Fashion-District, aber wenn man sich die Zahlen dahinter ansieht, dann ist es doch nicht so geringwertig. Es geht immerhin um 90 Häuserblocks, die dort zusammengefasst sind, 1 500 Einzelhandels- und Großhandelsgeschäfte umfassen und einen Jahresumsatz von 8 Milliarden US-$ machen. Weitere Maßnahmen, die dort zum Beispiel wahrgenommen werden, wenn es um Müllbeseitigung geht, eigentlich eine klassische Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, sind, dass täglich etliche Personen herumlaufen und Müll beseitigen, und zwar nicht den, der ordnungsgemäß in der Mülltonne beseitigt wurde, sondern den, der auf der Straße liegt, und da kommen immerhin drei Tonnen pro Tag zusammen. – [Zuruf des Abg. Hoff (PDS)] – Jetzt nicht noch die Ein-Euro-Job-Diskussion, das ist schon schwierig genug!

 

Dritter Punkt, bevor es um das Verfassungsrecht geht: Wir haben gehört, soziale Probleme würden verdrängt. Das kommt immer wieder als Gedanke. Nun ist es gerade – wie in den anderen Ländern festgestellt wurde – ein möglicher Aufgabenbereich eines BIDs, soziale Einrichtungen zu schaffen, wo Schwächergestellte eine Zuflucht oder Anlaufstation finden. Sicherlich wird die nicht in der ersten Reihe auf der Hauptgeschäftsstraße oder auf einem Platz liegen, sondern etwas abseits, aber es ist keineswegs zwingend, dass man davon ausgehen muss, dass Obdachlose oder ähnliche Personen in andere Stadtteile verdrängt werden.

 

Nun aber zum Verfassungsrecht: Es war sicherlich nicht meine Absicht, irgendjemanden ratlos zu hinterlassen, was unsere Einschätzung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Abgabe anbelangt. Da geht unser klares Votum dahin, dass die Zwangsabgabe, so wie sie in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen wird, einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält. Natürlich kann ich dafür meine Hand nicht ins Feuer legen. Es kann sein, dass das Verfassungsgericht diese Regelungen überprüft und bei verschiedenen Abwägungen, die dort vorzunehmen sind, zu einem anderen Ergebnis kommt. Aber so ist das nun einmal immer, wenn ein Instrument eingeführt werden soll, das es in dieser Form noch nicht gibt. – Was ich aber sagen kann, ist, dass wir uns mit der Frage befasst haben, welche Vorgaben das deutsche Verfassungsrecht setzt. Welche müssen beachtet werden? – Genau darauf wollte ich vorhin nur aufmerksam machen, dass man sehr behutsam vorgehen und sich mit den verschiedenen Weichenstellungen, die zu treffen sind, intensiv befassen muss.

 

Zwei Themenkomplexe sind aus unserer Sicht ganz wesentlich: Ein Themenkomplex ist die Frage der Finanzverfassung, Stichwort: Ist das nicht möglicherweise eine weitere Steuer? – Eine zusätzliche Steuer unter dem Deckmantel der Sonderabgabe wäre unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat aber in diversen Entscheidungen bestimmte Kriterien herausgearbeitet, wann ausnahmsweise neben Steuern zusätzliche Abgaben erhoben werden dürfen. Ob das nun, wie in diesem Gesetzentwurf bezeichnet, eine Sonderabgabe ist  – in Hamburg geht man davon aus, dass es ein Beitrag ist –, darauf kommt es meines Erachtens nicht entscheidend an, denn das Bundesverfassungsgericht hat die Anforderungen an diese nichtsteuerlichen Abgaben immer mehr angeglichen. – Ein Grund, weshalb wir auch der Auffassung sind, dass es richtig ist, Grundeigentümer und Gewerbetreibende mit einzubeziehen, sind gerade diese verfassungsrechtlichen Anforderungen, die zu beachten sind, dass ich nicht wahllos eine Gruppe, die davon möglicherweise profitiert hat, herausgreifen und belasten kann. Dann hätte ich ein verfassungsrechtliches Problem. Wenn ich aber sehe, dass Eigentümer und Gewerbetreibende gemeinsam profitieren und in gewissem Maße für den Standort verantwortlich sind, dann lässt es die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durchaus zu, diese Gruppen zusätzlich heranzuziehen. Das haben Sie in anderen Bereichen – das wurde schon angesprochen – häufiger. Das müssen nicht nur Straßenausbaubeiträge sein, bei Gebühren kennen Sie das im täglichen Leben. Auch das sind zusätzliche Abgaben, die zu Ihren Steuern noch hinzukommen.

 

Ein weiterer verfassungsrechtlicher Komplex sind sicherlich die Grundrechte. Eine zusätzliche Abgabe greift in die Grundrechte der Abgabenschuldner ein. Insbesondere muss dann beachtet werden, dass die Vorgabe der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Auch da haben wir mit einem etwas niedrigeren Quorum oder mit einem Negativquorum weniger Probleme, weil wir davon ausgehen, dass die Rechtfertigung dieser Sonderabgabe nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile der Betroffenen sind, sondern auch städtebauliche, nämlich die Erhaltung oder die Revitalisierung des Standortes.

 

Noch eine Anmerkung zum Thema Abwärtsspirale: Kann die gestoppt werden? – Nach den Beispielen, die mir in den letzten 30 Jahren in den USA bekannt geworden sind, zu urteilen, können wir auch hier wieder sagen: Anderer gesellschaftlicher Maßstab, anderer Rechtsraum –, aber dort waren es gerade die Fälle, wo die Abwärtsspirale schon ziemlich weit fortgeschritten war, die dann umgekehrt wurde, und nicht nur die Bereiche, die gut liefen und dann noch mehr Umsatz generieren wollten.

 

Vielleicht noch ein Wort zum Neuen Wall: Ist es nicht auch dort so? – Mir ist das konkrete Einkaufszentrum nicht bekannt, aber auch dort gibt es die Befürchtung, dass die Umsätze am Neuen Wall einbrechen, weil konkrete Planungen von Einkaufszentren im Raume stehen. Auch da ist es nicht so, dass wir eitel Sonnenschein haben und gerne mehr Umsätze machen wollen.

 

Thema Grundsteuer: Die Erhebung über die Grundsteuer scheidet meines Erachtens zumindest dann aus, wenn ich die Gewerbetreibenden mit hineinnehmen will. Mit diesem Gedanken, dass Sie vom Grundeigentümer noch einen Zuschlag fordern und diesem dann erlauben, diesen auf den Mieter überzuwälzen, sind Sie im Mietrecht, und das ist die Sache des Bundesgesetzgebers, der das abschließend geregelt hat. Da können Sie als Landesgesetzgeber meines Erachtens nicht heran und sagen: In diesem Fall ist eine Abwälzung auf den Mieter nicht zulässig. – Daneben gibt es die Frage, ob das bei der Grundsteuererhebung datenschutzrechtlich so möglich ist. Das ist aber ein anderer Bereich. – Vor diesem Hintergrund ist mein klares Votum, dass das geht. Das geht auch im Rahmen des deutschen Verfassungsrechts. Eine 100-prozentige Sicherheit kann man nie haben, wenn man ein neues Instrument einführt.

 

Vors. Thiel: Danke schön, Herr Federwisch! – Herr Winkelmann, bitte!

 

Herr Winkelmann (Werbegemeinschaft Tempelhofer Damm e. V.): Ich möchte mich jetzt nicht auf juristisches Glatteis begeben, aber mir liegt ein Rechtsgutachten im Hinblick auf das Business-Improvement in Hamburg vor: „Rechtliche Zulässigkeit der Schaffung von BIDs“ von Herrn Prof. Hellermann u. a. – Die Autoren kommen tatsächlich zu der Aussage, dass dies verfassungskonform sei. Ich bin zu wenig Jurist, um da weiter einsteigen zu können – aber das zur Verfassungskonformität.

 

Der bürokratische Aufwand ist angesprochen worden. Ich weiß nicht, wo der bürokratische Aufwand sein sollte, außer ein Gesetz dementsprechend über die Legislative zu verabschieden und so etwas durchzusetzen. Dieses Gesetz wird erstens nicht flächendeckend angewandt, sondern bei kleinen Standorten, die den Kriterien einer negativen Entwicklung entsprechen. Das orientiert sich nicht am Stadtentwicklungsplan Zentren, wo die positionierten Zentren aufgeführt sind, sondern das können auch Standortvereinigungen in irgendeiner Nebenstraße sein, wo der Nahversorgungsauftrag, der vom Gesetzgeber postuliert wurde, nicht mehr gewährleistet ist. Wir sollten nicht immer nur auf den Kurfürstendamm, die Wilmersdorfer Straße oder sonstige intakte Strukturen sehen, sondern auch einmal nach Frohnau oder Spandau usw. Im Übrigen sieht es so aus, dass das Marktrecht noch nie frei war. Die Bedenken von Seiten der Damen und Herren, die sagen, wir müssten immer liberaler werden, ziehen meines Erachtens nicht. Das Marktrecht war noch nie frei und wird auch nie frei sein. – [Abg. Buchholz (SPD): Da hören wir sonst immer andere Forderungen!] – Dem steht das Leben entgegen! – Die Arbeitsgemeinschaften fordern im Endeffekt nur einen gesetzlichen Rahmen, wie er auch immer heißt, weil wir ohne einen gesetzlichen Rahmen keine Möglichkeit haben, etwas effizient umzusetzen. Also über Freiwilligkeit – hier wird immer PPP oder „MittendrIn“ angesprochen – das sind alles Möglichkeiten, die für diese Standorte, die heute in Schwierigkeiten kommen, gar nicht ziehen. „MittendrIn Berlin!“ ist eine Angelegenheit für die Friedrichstraße oder den Kurfürstendamm, aber nicht für die Altstadt Spandau oder die Pichelsdorfer Straße. Die werden dies nicht umsetzen können.

 

Staatliche Zwangsmittel – wenn ich das schon immer höre: Bei der IHK und bei der Kammer zahle ich Pflichtbeiträge, keine staatlichen Zwangsmittel. Man sollte überlegen, ob die Erhebung unbedingt beim Finanzamt angesiedelt werden soll. Man kann durchaus einmal den Gedanken aufgreifen und sagen: Wie sieht es denn aus, kann man unsere Kammern, die uns immer so wunderbar vertreten, damit beauftragen, wie wir es in Hamburg haben? – Ich gehe davon aus, dass das durchaus Gesprächsgrundlage ist, und ich hoffe, dass wir da etwas weiter kommen. Wenn das eintreten würde, wäre es besser, als wenn wir ein Gesetz machen, das irgendwo exekutiert wird und woran jeder partizipiert.

 

Partizipation an diesem Gesetz: Es sollte nur von nichtintakten Strukturen in Anspruch genommen werden. Nichts gegen die AG City oder dergleichen. Aber es muss Hilfe zur Selbsthilfe sein, und derer bedarf der Kurfürstendamm nicht – so viel auch zu der liberalen Einstellung der IHK, die sagt, dass das für alle offen sein sollte. Der Gesetzentwurf ist hier eindeutig formuliert, ich weiß jetzt nicht, welcher Paragraph das ist.

 

Wenn von öffentlichen Subventionen gesprochen wird: Es wird gerade eine Zentreninitiative „MittendrIn“ veranstaltet. Wir hatten auch schon das Geschäftsstraßenmanagement, das uneffizient war. Wir haben da 20 000 DM vergeudet. Bei der Subvention des Tourismus wird mehr vergeudet. Aber das ist nur eine persönliche Anmerkung. Ich bin im Endeffekt gegen irgendwelche öffentlichen Subventionen. Selbstverständlich muss es in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe sein, aber wir brauchen da natürlich Unterstützung. Ich bin dafür, dass wir einen gesetzlichen Rahmen bekommen, eine Möglichkeit, zu planen und etwas umzusetzen, und nicht wieder – wie wir das in den Jahren davor gemacht haben – Akquisition betreiben, indem wir von Laden zu Laden laufen und sagen: Kannst du mal 20 € losmachen, damit wir unseren Standort besser voranbringen?

 

Ich bin fest der Meinung, dass wir – wenn wir die Überlegung haben, an den Gemeinsinn der Immobilienbesitzer, der Gewerbetreibenden und auch Freiberufler, also aller Betroffenen, zu appellieren, die an einer Standortqualifizierung partizipieren – mit dem Hintergrund eines eventuellen gesetzlichen Rahmens, wie er auch immer ist, für den Stadtraum in den Bezirken oder in Berlin insgesamt etwas bewirken können. – Danke schön!

 

Vors. Thiel: Danke schön, Herr Winkelmann! – Herr Staatssekretär Strauch, bitte!

 

StS Strauch (SenWiArbFrau): Auf die Schnelle drei Punkte: Der erste Punkt ist, ich habe mich zu den rechtlichen Einzelheiten bewusst nicht geäußert, weil es jetzt erst einmal um die Instrumente als solche ging. Ich muss aber gestehen, dass ich schon eine Reihe von verfassungsrechtlichen Problemen sehe. Nun sind wir in Berlin ein bisschen durch die Tourismusabgabe gebrannt. Aber auf der Ebene möchte ich nicht diskutieren, weil das Ziel als solches uns erst einmal eint.

 

Der zweite Punkt ist die grundsätzliche Effektivität. Da bin ich der Auffassung, dass das Instrument sehr viel Streitpotential birgt und damit kontraproduktiv ist, wenn es nicht von einer großen Mehrheit der betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer getragen wird. Wenn es von einer großen Mehrheit der Unternehmerinnen und Unternehmer getragen wird, dann brauchen wir wiederum nicht das Gesetz, dann können wir es anders machen. Wenn wir das Gesetz nehmen, um den Widerstand einer relativ bedeutenden Minderheit zu brechen, dann klappt es auch in der Praxis nicht. Das ist für mich der Kern des Einwandes. Wenn es nur zwei, drei Trittbrettfahrer sind – die hat man immer –, dann lieber ein freiwilliges Instrument.

 

Ich habe aus der heutigen Diskussion am meisten eines gelernt: Ich weiß nicht, wer es war, ob es Frau Wiezorek war, die auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag hinwies. Irgendwer hat gesagt: Es muss ja keine direkte finanzielle Zuwendung des Staates sein. Es kann zum Beispiel auch ein Erlass von Straßennutzungsentgelten oder sonstigen öffentlichen Gebühren sein. – Ich finde das einen interessanten Gedanken, den ich mitnehme, um dann noch weiter zu überlegen, ob man so eine PPP hinbekommen kann, wenn sich unternehmerische Initiative vor Ort zeigt, dass die dann von der öffentlichen Hand honoriert wird, indem die öffentliche Hand auf bestimmte Entgelte verzichtet, die sie sonst erheben würde, und vielleicht auch, indem sie ihrerseits einen Mehrwert im Sinne von Sicherheit und Sauberkeit schafft, den sie sonst nicht schaffen würde. Das ist möglicherweise – ich will mich nicht endgültig festlegen – dann der konsensualere Weg, den ich aus der Anhörung für mich mitnehme.

 

Vors. Thiel: Danke, Herr Staatssekretär Strauch! – Frau Staatssekretärin Dunger-Löper, bitte!

 

Frau StS Dunger-Löper (SenStadt): Lassen Sie mich nur noch zu zwei Punkten eine Anmerkung machen: Ich habe das Gefühl, dass eine Hauptbegründung für ein solches Verfahren diese viel beschriebenen Trittbrettfahrer sind. Wenn man sich aber vor Ort einmal anschaut, wo dieses überhaupt eine Rolle spielt, dann ist es vielleicht eine etwas einseitige Betrachtung. Wenn man sich darauf beschränkt zu sagen: Wir schauen immer nur auf die Weihnachtsbeleuchtung oder auf den Granit in den Straßen, dann mag das dort eine Rolle spielen. Angesichts der anderen Instrumentarien, die solche Arbeitsgemeinschaften heute entwickeln, zum Beispiel nach dem Fall der Rabattregelung mit entsprechenden Rabattkarten in verschiedenen Geschäften, die sich zusammengeschlossen haben, oder mit gemeinsamen Internetauftritten oder Ähnlichem, da stellt sich diese Frage in dem Maße nicht mehr, und da fällt im Grunde genommen diese Begründung in großen Teilen in sich zusammen.

 

Der zweite Punkt: Herr Eßer, Sie haben mich zwar nicht gefragt, aber ich antworte trotzdem auf Ihre Frage. Wir haben uns insgesamt als Motto aufgeschrieben: Wir wollen entbürokratisieren, wir wollen deregulieren. – Das machen wir an verschiedensten Stellen. Wir machen es mit der Bauordnung. Wir hatten Anträge der jetzt antragstellenden Fraktion zum Thema Rückschneidung der Regelung des Nachbarrechts etc. An dieser Stelle sollen wir nun genau das Gegenteil machen, indem wir mehr regulieren und Tatbestände schaffen, die die Einzelnen im Sinne einer Zwangsabgabe in ein bestimmtes Korsett zwängen, das sie eigentlich nicht übernehmen wollen. Ich glaube, im Sinne von Bürgerengagement und auch der Notwendigkeit, dass sich die Gewerbetreibenden vor Ort mit einbringen, ist dieses ganze Verfahren kontraproduktiv.

 

Vors. Thiel: Danke, Frau Staatssekretärin! – Ich bedanke mich herzlich bei Frau Wiezorek und den Herren für ihre Ausführungen und erkläre den Vorgang 2 a) für erledigt und den Vorgang 2 b) für vertagt.

 

Punkt 3 der Tagesordnung

Antrag der Fraktion der FDP

Ein Riesenrad bringt Riesenfreude

Drs 15/3334

0255

 

 

Siehe Inhaltsprotokoll.

 

Punkt 4 der Tagesordnung

Verschiedenes

 

 

Siehe Beschlussprotokoll.

 

 

 

Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq