Entwurf der
Stellungnahme des Senats zu dem Antrag der Fraktion der FDP über Gesetz zur
Änderung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege von Berlin
1.
Der
Antrag der FDP-Fraktion fällt in den zeitlichen Zusammenhang mit der bis April
2005 geltenden Frist für die Bundesländer zur Umsetzung des seit 2002 geltenden
neuen Bundesnaturschutzgesetzes. Da sich die für die Länder bestehende
Umsetzungspflicht auf das gesamte neue Bundesnaturschutzgesetz bezieht,
bestehen bereits aus dieser Sicht Bedenken gegen den Änderungsantrag der FDP.
Berlin hat die Umsetzung teilweise, nämlich insbesondere in Bezug auf die europarechtlichen
Erfordernisse mit dem 9. ÄG - NatSchGBln vom Juli 2003 bereits geleistet; die
Umsetzung der übrigen Regelungen, die den eigentlichen naturschutzfachlichen
Innovationsgehalt (des neuen Bundesrechtes) umfassen, soll mit dem 10. ÄG
erfolgen; der Entwurf zu diesem Gesetz ist mit den Naturschutzverbänden und
innerhalb der federführenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgestimmt
und soll dem Abgeordnetenhaus im 1. Quartal 2005 zugeleitet werden.
2.
Mit
dem Antrag verfolgt die Fraktion der FDP (vermeintlich) im wesentlichen die
folgenden Zielsetzungen:
·
Stärkung
des bürgerschaftlichen Elementes, der Zusammenarbeit mit Bürgern in Sachen
Naturschutz (Anträge Nr. 6, 7, 8 und 9) sowie
·
Bürokratieabbau
und Minderung der Regelungsdichte zur Sicherung wirtschaftlich existenzieller
Aspekte (Anträge Nr. 3 und 4).
Dazu ist grundsätzlich festzustellen, dass der
FDP-Antrag die tatsächlichen Gegebenheiten der bestehenden Rechtslage ebenso
verkennt wie die der aktuellen Anwendungspraxis; im Einzelnen:
a) Zum Einen ist bürgerschaftliches und
ehrenamtliches Engagement im Sinne umweltpolitischer Kooperationsmöglichkeiten
durch vielfältige Regelungen des Berliner Naturschutzgesetzes gewährleistet.
Diese Regelungen haben sich bewährt und sollen mit der anstehenden Novellierung
z.B. durch das Instrument des „Vertragsnaturschutzes“ ergänzt werden.
Im Gegensatz zu den eigenen Ansprüchen weist der
FDP-Antrag demgegenüber gerade in diesem Bereich eher Rückschritte auf, indem
Eigene konstruktive Vorschläge zur Stärkung natur-
und umweltpolitischer
Kooperationen enthält der FDP-Antrag dagegen nicht.
Im Einzelnen ist hierzu folgendes festzustellen:
Zu 1.) Die Aussage, die in
§ 39 a Berliner Naturschutzgesetz geregelte Mitwirkung von Verbänden
sei entbehrlich, soweit diese über die Beteiligungsrechte des
Bundesnaturschutzgesetzes hinausgeht, verkennt die mit der neuen
bundesrechtlichen Gesetzeslage für die Länder verfolgte umweltpolitische
Zielsetzung. Zum einen hat die Bundesregierung den Katalog der
Beteiligungsrechte für Naturschutzverbände gegenüber der früheren Gesetzeslage
deutlich erweitert (jetzt § 60) sowie für Bundes- wie auch Landesebene
verbindlich das Instrument der Verbandsklage eingeführt; zum anderen enthält
§ 60 BNatschG die ausdrückliche Ermächtigung für die Länder zu weitergehenden
Regelungen.
Der Vorschlag zur
Reduzierung von Mitwirkungsrechten der Naturschutzverbände auf ein
bundesrechtlich definiertes Mindestmaß widerspricht einer Stärkung und
Verbindung von bürgerschaftlichen und öffentlichen Engagement zum Wohle
Berlins. Die frühzeitige Information der Naturschutzverbände und der Austausch
unterschiedlicher Positionen hat sich in der Vergangenheit in vielfältiger
Weise als verfahrenserleichternd erwiesen. Die Naturschutzverbände nutzen das
Instrument der Verbandsklage nachweislich weder missbräuchlich noch
inflationär.
Außerdem muss festgestellt
werden, dass durch die aktuelle Entwicklung des EG- Rechts der
Ausnahmecharakter von Verbandsklagen in Frage gestellt wird. Die
gemeinschaftsrechtliche Umsetzung der Arhuskonvention hat schon bisher zur
Verankerung von Verbandsklagerechten in der UVP- und IVU- Richtlinie geführt,
deren nationaler Umsetzungsbedarf noch nicht durch die im Bundes- oder
Landesnaturschutzgesetz vorhandenen Verbandsklagen gedeckt wird. Es kann mithin
konstatiert werden, dass die Einführung von Verbandsklagen auf der Ebene des
EG- Rechts künftig zu einer Erweiterung umweltrechtlicher Verbandsklagen im
Bundes- und damit auch Landesrecht führen wird.
Im übrigen ist das
Abgeordnetenhaus in seiner Sitzung am 26. Juni 2003 mit seinem
Beschluss über das 9. Gesetz zur Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes
Vorschlägen des Senats zur Erweiterung von Beteiligungsrechten der
Naturschutzverbände gefolgt.
Zu 2.) Ein Auflösen des
Instituts des Landesbeauftragten für Naturschutz (§ 40 Berliner
Naturschutzgesetz) würde weder zu einer Vereinfachung noch zu einer
Entbürokratisierung der Berliner Verwaltung beitragen. Dem Landesbeauftragten
für Naturschutz und Landschaftspflege stehen keine formellen und damit
eventuell gerichtlich durchsetzbaren Beteiligungsrechte gegenüber den
Verwaltungsbehörden zu. Die Institution des Landesbeauftragten erbringt
entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag Beratungsleistungen für die Verwaltung.
Es handelt sich um ein Fachgremium mit lediglich Beratungsfunktion, das durch
das bei ihm angesiedelte Fachwissen den Naturschutzbehörden die Arbeit
erleichtern kann, ohne dass hierbei die Gefahr einer Verbürokratisierung durch
Wahrnehmung formalisierter Beteiligungsrechte an Verwaltungsentscheidungen
besteht.
Andere Bundesländer halten für derartige fach(wissenschaft)liche Aufgaben
besondere Institutionen mit teilweise sehr umfangreicher Ressourcenausstattung
vor.
b) Zum Anderen soll dem im Antrag der FDP
formulierten Ziel des „existenzsichernden Bürokratieabbaus“ vor allem durch den
Wegfall bewährter naturschutzfachlicher Instrumente wie
1.
Landschaftspläne
in besiedelten Bereichen der Stadt (Antrag Nr. 3)
sowie
2.
die
Ausgleichsabgabe zur Kompensierung von Eingriffen in Natur und
Landschaft (Antrag Nr. 4)
entsprochen werden.
Zu 1.) Gerade die neuartig entwickelten
Landschaftspläne für innerstädtische Siedlungsbereiche (mit der im Antrag
kritisierten Festsetzung von sog. Biotopflächenfaktoren) erbringen für den
betroffenen Bürger/Grundstückseigentümer ein Höchstmaß individueller
Wahlmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten (anstelle von staatlicher Intervention)
bei der Umsetzung von Naturschutzzielen.
Einer Beschränkung auf den baulichen Außenbereich würde deshalb entgegen der
Begründung des Antrags auch das bundesgesetzlich vorgeschriebene
Flächendeckungsprinzip für Landschaftspläne entgegenstehen.
Zu 2.) Auf die Regelungen zur
Ausgleichsabgabe kann auch weiterhin nicht verzichtet werden, weil damit eine
Gleichbehandlung von Bürgern/Investoren u.ä., die mit ihren Vorhaben
unvermeidbar Natur und Landschaft in Anspruch nehmen, gewährleistet wird;
gleichzeitig wird so eine nicht vertretbare und nicht gerechtfertigte
Privilegierung solcher Vorhabenträger
ausgeschlossen, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der
Lage sind, geeignete Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Auch das neue
Bundesnaturschutzgesetz räumt jetzt ausdrücklich die Möglichkeit ein,
Ersatzzahlungen in den Landesnaturschutzgesetzen vorzusehen.
Die Entstehung und die Übernahme von Folgekosten
(Pflege und Unterhaltung) im Zusammenhang mit der Durchführung von
Ersatzmaßnahmen bleibt für Berlin auch weiterhin unumgänglich, insbesondere
dann, wenn die Maßnahmen auf landeseigenen Grundstücken durchgeführt werden und
zugleich der Umsetzung unstrittiger Zielsetzungen der Bauleitplanung dienen.
3. Darüber hinaus enthält der Antrag eine Reihe weiterer
Aspekte. (Anträge Nr. 1, 2, 5 und 10)
·
So
lässt die im Antrag (Nr. 1) vorgeschlagene Änderung des § 1 Berliner NatSchG
eine notwendige Auseinandersetzung mit der hierbei zu beachtenden
Rahmenvorschrift des § 4 BundesnaturschutzG nicht erkennen.
·
Auch
die im Antrag (Nr. 2) geforderte Aufhebung des § 2 Berliner NatSchG ist mit
Bundesrecht nicht vereinbar. Die Grundsätze des Naturschutzes und der
Landschaftspflege sind im neuen BundesnaturschutzG entgegen der alten Fassung
nicht mehr mit unmittelbarer Geltung für die Länder ausgestattet, weshalb die
LandesnaturschutzG hierzu zwingend eigene, den Rahmen des BundesnaturschutzG
ausfüllende Aussagen treffen müssen. Hierbei ist zu beachten, dass die die
Grundsätze regelnde bundesgesetzliche Rahmenvorschrift nicht nur
ergänzungsfähig sondern auch ergänzungsbedürftig im Sinne eigener Grundsätze
der Länder ist, durch die der spezifischen Situation des jeweiligen
Bundeslandes Rechnung getragen wird.
·
Mit
dem Änderungsantrag (Nr. 5) soll der §22a-Naturparks- ersatzlos gestrichen
werden. Diese Vorschrift ist die Rechtsgrundlage für das einzige räumlich
vorstellbare Vorhaben, nämlich den Naturpark Barnim, das seit 1998 gemeinsam
mit dem Land Brandenburg realisiert wird und den Landschaftsraum des Berliner
Nordens einbezieht. Entgegen der Annahme der FDP werden mit diesem Vorhaben
nicht allein naturschutzfachliche Ziele im engeren Sinne verfolgt, sondern vor
allem die Förderung des Fremdenverkehrs und des Tourismus und damit die
Stärkung regionaler Wirtschaftsstrukturen.
·
Die
Vorschrift des § 43 Abs. 2 (Nr. 10 des Antrags) ist in ihrer bisherigen Form
auch weiterhin für einen effektiven und ordnungsgemäßen Vollzug des
Naturschutzgesetzes fachlich erforderlich. Entgegen der Annahme der FDP werden
die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde nicht zu Maßnahmen ermächtigt, die sonst
allein der "Baupolizei" vorbehalten sind. Insbesondere zu
Durchsuchungen der in der Vorschrift genannten Örtlichkeiten sind die
Bediensteten der Naturschutzbehörden nicht befugt; die Suche nach Unterlagen
oder Behältnissen oder deren Mitnahme ist auch weiterhin nur als Durchsuchung
im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten oder Strafverfahren und somit auf der
Grundlage der hierfür geltenden besonderen Ermächtigungen zulässig.
Ausschuss-Kennung
: StadtUmgcxzqsq