SenStadt                                                                                                                   9. März 2004
I A 37                                                                                                                             9025-1328ü

 

 

 

 

 

 

 

 

Überarbeitung Stadt • Land • Fluss vom 14. Juni 2003

• Kommentare in rot und kursiv: z.B. Worum es geht?,

• Einschübe / umfassens Veränderungen in blau

• Textergänzungen/eigene Korrekturen in grün: z.B: Die Strategie Berlin 2020

 

 

Stadtentwicklungskonzept – Berlin 2020
Statusbericht
und perspektivische Handlungsansätze

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

A.      Anlass, Zielsetzung und strategische Thesen.......................................................................................................... 2

B.      Vorhandene Leitbilder und Potenziale...................................................................................................................... 10

C.     Ausgangslage................................................................................................................................................................ 16

D.     Metropole Berlin in Europa und in der Region........................................................................................................ 27

E.      Flächenpotenziale......................................................................................................................................................... 37

F.      Baustein Wohnen / Soziale Stadt............................................................................................................................... 44

G.     Baustein Wirtschaft und Wissenschaft..................................................................................................................... 59

H.     Baustein Freiraum ....................................................................................................................................................... 69

I.       Baustein Umwelt / Umweltschutz in Berlin.............................................................................................................. 78

J.      Baustein Mobilität und Verkehr .................................................................................................................................. 90

K.      Weitere Handlungsfelder............................................................................................................................................. 99

L.      Langfristige Entwicklungsvarianten bis 2030....................................................................................................... 105

M.     Zusammenfassung der zukünftigen Handlungsperspektiven.......................................................................... 113

 


A.   Anlass, Zielsetzung und strategische Thesen

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat mit der Erarbeitung des „Stadtentwicklungs­konzepts Berlin 2020“ (StEK 2020) im Sommer 2001 begonnen. Mit der Strategie sollen integrierte Leitlinien für die langfristige räumliche Entwicklung aufgezeigt werden. Dabei sind neue Orientierungen und modifizierte stadtentwicklungsplanerische Handlungsansätze ebenso erforderlich wie veränderte Prioritätensetzungen und verbesserte Koordination. Die gegenwärtige Phase der Umstrukturierung bietet eine neue Chance und Herausforderung für die Stadtentwicklungsplanung.
Das öffentliche Handeln im Generellen und das Planungshandeln im Speziellen sind heute – im Vergleich zur Euphorie der unmittelbaren Nachwendezeit – durch eine realistischere Sicht der Dinge geprägt. Neue, gravierende Herausforderungen sind mit extre­mer Finanzknapp­heit und einem hohen Sparzwang der öffentlichen Hand in der Stadtentwicklung zu bewälti­gen: der Umgang mit Wohnungsleerständen und sozialen Segregationsprozessen, die Len­kung von Entwicklungs­impulsen auf die strategisch richtigen Stellen, die Aktivierung vor­handener Flächenpotenziale sowie die Um- und Nachnutzung der gebauten Stadt.

Der vorliegende Statusbericht stellt einen Zwischenstand im Arbeitsprozess des Stadtent­wicklungskonzepts dar.
In diesem Kapitel werden kurz der Problemhintergrund und die zentralen Ziele erläutert. Anschließend wird die Neuorientierung der Berliner Stadtentwicklung thesenhaft dargestellt. Diese Thesen stellen als erster Entwurf einen Werkstattbericht dar, sie sind im weiteren Arbeits­prozess in Diskussionen weiterzuentwickeln (vgl. S. 5). Abschließend werden in einem Exkurs die Rahmenbedingungen für das öffentliche Handeln skizziert (vgl. S. 
7).
Einen wesentlichen Ansatzpunkt für das Stadtentwicklungskonzept stellt die Nutzung der vorhandenen Stärken dar. Berlin weist vielfältige Potenziale auf, die besser in die Stadtent­wicklung einzubinden sind. Ausgewählte Stärken und Potenziale werden im Kap. B darge­stellt.
In den anschließenden Bausteinen sind die zentralen stadtentwicklungsplanerischen Hand­lungsfelder in ihren jeweiligen Entwicklungen seit 1990, den maßgeblichen Trends und den perspektivischen Handlungsansätzen beschrieben (vgl. Kap. D bis K). Die abschließend aufgezeigten Entwicklungsvarianten stellen Bezüge zwischen den unterschiedlichen Stadt­räumen und den zukünftigen Bereichen der Stadtentwicklungsplanung her (vgl. Kap. L).
Abschließend werden die bisher identifizierten Themen für eine Umorientierung des Handelns in der räumlichen Stadtentwicklung zusammengefasst (vgl. Kap. M).

 

1.      Hintergrund

Die Rahmenbedingungen der Berliner Stadtentwicklung haben sich gegenüber den Annah­men der unmittelbaren Nachwendejahre verändert: eine konstante Bevölkerungsentwick­lung bei gleichzeitigem Altersumbau, eine moderate Wirtschaftsentwicklung und umfang­reiche Flächenangebote für alle Nutzungsarten stellen neue Anforderungen an die strategi­sche Planung. Hinzu kommt die Finanzkrise der Stadt.

Die demografischen Rahmenbedingungen sind bei einer stagnierenden Einwohneranzahl in Berlin durch massive Veränderungen im Altersaufbau geprägt. Zwischen 2002 und 2020 nimmt die Zahl der Kinder und Jugendlichen um etwa 13% ab, demgegenüber wird die Zahl der Älteren (ab 65 J.) um mehr als ein Viertel ansteigen.

Im Zusammenhang mit der erwarteten Bevölkerungsentwicklung steht auch der weitere Sub­urbanisierungsprozess, der vorwiegend durch junge und gutverdienende Familienhaushalte getragen wird. Während die Einwohnerzahl in Berlin in etwa konstant bleiben wird, wird für das unmittelbar angrenzende Brandenburger Umland ein moderater Bevölkerungs­zuwachs erwartet. Mit anderen Worten: die Metropolenregion Berlin-Brandenburg wird wie bisher nicht schrumpfen, sondern – mittelfristig – leicht wachsen.

Die wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven sind deutlich hinter den Erwartungen zu Beginn der 90er Jahre zurückgeblieben. Ein drastischer Rückgang der Beschäftigten insbe­sondere im Bereich des produktionsgeprägten Gewerbes und ein Anstieg der Arbeitslosen­quote auf ca. 18% (Juli 2003) stellen die deutlichen Folgen einer tiefgreifenden De-Industri­alisie­rung insbesondere im Ostteil der Stadt dar. Die strukturellen Veränderungen konnten bisher nur teilweise durch zunehmende Tertiärisierung und Neuansiedlungen ausgeglichen werden.


Die nachfolgende Übersicht bietet einen ersten Einblick über die Annahmen, die realen Ent­wicklungen seit der Wende sowie die mittelfristigen Perspektiven bis 2010 für zentrale stadt­entwicklungsrelevante Nutzungen:

Abb. 1: Vergleich zwischen Planungsannahmen von Anfang der 1990er Jahre mit der Realentwicklung bis 2000 und den heutigen Entwicklungsannahmen bis 2010

 

2.      Ziele

Das Stadtentwicklungskonzept Berlin 2020 orientiert sich an folgenden übergeordneten Ziel­vorstellungen:

·          Steigerung der Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit Berlins

Damit Berlin eine spezifische Position im Kreis der europäischen Metropolen einnehmen und seinen politischen Handlungsspielraum ausweiten kann, ist es unerlässlich, Wirt­schaftsunternehmen in der Stadt zu halten und neue zu akquirieren.

Die Funktionen Berlins als Hauptstadt und Dienstleistungsschwerpunkt sowie als der ostdeutsche Arbeitsmarkt mit Fachkräften stellen Potenziale dar, die im Sinne einer bes­seren Positio­nierung des Standortes Berlin zu entwickeln sind. Von besonderer Bedeu­tung sind hierfür die unternehmensbezogenen Dienstleistungen im Allgemeinen, Bio- und Umwelttechnologien, Forschung und Entwicklung, Kommunikationstechnologien/ Medien, Telematik sowie der Kultursektor. Darüber hinaus ist die Tourismusindustrie für die Stadt­entwicklung ein wesentlicher Faktor. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die wirtschaft­liche Bestandspflege, insbesondere zum Aufbau von Kompetenzzentren. Hierbei ist die zunehmende Netzwerkbildung zwischen Industrie und Dienstleistungen wichtig. Nicht zu vernachlässigen ist das Wachstumspotenzial bei den personenbezogenen Dienst­leistungen.

·          Erhalt einer sozial und funktional gemischten Stadt

Die gemischte Stadt ist ein wichtiger Standortfaktor in einer sich weiter ausdifferenzie­renden Gesellschaft. Die verschiedenen Gruppen der städtischen Gesellschaft fragen unterschiedliche soziale und funktionale Qualitäten nach.

Der Bestandssicherung und –qualifizierung kommt auch für die Bereiche des Wohnens und der sozialen Infrastruktur vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen ein besonderer Stellenwert zu. Für die Bestandsentwicklung relevant sind zum einen die Anforde­rungen, die durch die unterschiedlichen NutzerInnengruppen gestellt werden. Im Rahmen der Bestandsqualifizierung ist es darüber hinaus wesentlich, soziale Entmi­schungs­prozesse zu vermeiden und gemischte funktio­nale Strukturen zu sichern.

·          Berlin als grüne und ökologische Stadt erhalten und entwickeln

Die grünen Qualitäten Berlins sind ein wichtiger Faktor für die städtische Lebensqualität und das Image der Stadt, für ihre Besucherinnen und Besucher ebenso wie für diejenigen, die hier leben.

Die Grün- und Freiraumstrukturen stellen ein Potenzial dar, um die städtische Lebens- und ökologische Qualität zu steigern. Durch Nutzungsaufgaben (gewerbliche Flächen, Friedhofsflächen, Flächen der Ver- und Entsorgung) und -veränderungen (verkehrliche Infrastrukturen etc.) sind weitere Zuwächse für freiraumbezogene Nutzungen zu erwar­ten.

·          Metropolregion als Gewinn

Die Region ist als Ganzes zu sehen. Die Aktivitäten von Unternehmen und Menschen orientieren sich nicht an administrativen Grenzen. Die funktionalen Verflechtungen in der Region nehmen zu. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen Städten und Regionen in unterschiedlichen räumlichen Kontexten (regional, national, international) ist daher eine regionale Perspektive erforderlich, um die o.g. Ziele zu differenzieren und Handlungsan­sätze für die Umsetzung zu entwickeln. Dies zielt auch auf die Fusion von Berlin und Brandenburg.

Integrierte räumliche Stadtentwicklung

Die zu entwickelnden stadtentwicklungsplanerischen Handlungsansätze sind darauf ausge­richtet, diese Zielsetzungen umzusetzen. Es sind integrierte Strategien, die auch quer zu den bislang vor­herrschenden, sektoralen und ressortorientierten Maßnahmenbereichen liegen, zu bestimmen. Dabei bezieht sich Integration auf

·          unterschiedliche zeitliche Horizonte

-         kurzfristig mit dem Ziel der Entschärfung aktueller Problemlagen und Sicherung der laufenden Funktionsfähigkeit,

-         mittelfristig mit dem Ziel, einen Strukturwandel einzuleiten und zu bewältigen und

-         langfristig mit dem Ziel, die erforderliche Umsteuerung und Neuorientierung umzuset­zen und damit eine nachhaltige Stadtentwicklung sicherzustellen;

·          verschiedene räumliche Ebenen

-         gesamtstädtisch mit generellen Handlungserfordernissen und orientierende Rahmen­setzungen sowie mit Reflektion der regionalen Ebene

-         teilräumlich mit ausgewählten Handlungsfeldern, um spezifische Problemlagen zu bewältigen und

-         örtlich zur Umsetzung einer modellhaften Erprobung und Initiierung von Leitprojekten;

·          verschiedene sektorale Handlungsfelder mit Bezug zur räumlichen Planung

·          strategische und operative Elemente wie perspektivische Ziele für die langfristige Ent­wicklung und die entsprechenden konkretisierenden Umsetzungsschritte.

 

3.      Thesen für die zukünftige strategische Stadtentwicklung

Bestandsentwicklung steht im Vordergrund. Wachstum als Flächenzuwachs sekt­oraler Ansprüche bildet nicht mehr den Motor der Berliner Stadtentwicklung, sondern qualitative Veränderungen prägen die Stadt. Die Stadtentwicklung Berlins steht damit nicht vor ihrem Ende, sondern bekommt eine andere Qualität. Es ist Realis­mus in den Einschätzungen gefordert: Die Zukunft Berlins wird anhaltend durch sich wandelnde Qualitätsansprüche an die vorhandenen Bestände, sei es im Wohnen, in Gewerbe und Industrie, im Einzelhandel, der Freizeit, Kultur oder in den Freiräumen geprägt sein. Dies erfordert veränderte Ver­fahrensweisen in den Steuerungszuständigkeiten der öffentlichen Hand. Ziel der Bestands­entwicklung ist es, die vorhande­nen Qualitäten (bestehende Nutzungen, Bauflächen etc.) zu erhalten, zu stabilisie­ren, zu qualifzieren und damit an Veränderungen anzupassen.

Stärken und Chancen nutzen. Wissenschaft und Forschung, Kultur und Tourismus sind die zentralen Stärken Berlins. Diese sind für die Stadtentwicklung und die Imagebildung Berlins zu nutzen. Weitere Chancen liegen in stadt­strukturellen Faktoren wie der polyzentralen Struktur, der Innenstadt mit ihrer Funktionsvielfalt und der kleinteiligen Nutzungsmischung in vielen Quartieren. Diese Komponenten bieten subjektive Identifikationsmöglichkeiten, die für die Stabilisierung der Stadt wesentlich sind. In ihrer Mischung bilden die stadtstrukturellen Gegebenheiten auch eine Ausgangs­basis für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Hinzu kommen Qualitäten wie die vorhandenen Grün- und Freiflächen. Weitere Potenziale liegen in den verfügbaren Flächenangeboten sowie dem günstigen Bodenmarkt.

Planung als Rahmen und langfristige Perspektive, Management für die Umsetzung. Die veränderten Wachstumsperspektiven und die vorhandenen Flächenpotenziale erfordern generell sowohl im Bereich der Wohn- als auch der Gewerbe- und Freiflächen ein ver­ändertes Management. Dahinter steht ein neues Steuerungsverständnis. Zeit ist hierbei nicht nur für die Planung eine wichtige Dimension. Mit strategischen Zielen, klaren Regeln sowie eindeutigen Prioritäten und Nachrangigkeiten werden planerisch langfristige Entwicklungs­chancen offen gehalten.

Metropole in der Region. Die Metropolregion verfügt als Sitz von Hauptstadt und Regierung über Qualitäten, die sie deutlich positiv von anderen Regionen auf der nationalen und inter­nationalen Ebene abgrenzt. Defizite betreffen die Ausstattung mit Unternehmens-Head­quartern in Berlin. Um im Wettbewerb der Regionen und gegenüber den Herausforderungen der EU-Osterweiterung bestehen zu können, ist ein verändertes öffentliches Handeln und Marketing für die Region erforderlich. Auf der regionalen Ebene sind insbesondere in den Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft und des Tourismus´ veränderte Marketing- und Kooperationsformen einzuleiten.

Stadt-Umland-Beziehungen: eine neue Perspektive. Die Suburbanisierung lässt sich trotz des Überangebots an Flächen für jede nur denkbare Nutzung nicht mit Maßnahmen der Stadtentwicklung stoppen. Nachfrager – sei es nach Wohnhäusern, Gewerbeflächen oder Erholungsmöglichkeiten – orientieren sich regional, ohne Rücksicht auf administrative Grenzen und Zuständigkeiten. Chancen bieten sich Berlin im Zusammenhang mit der demo­grafischen Entwicklung, weil in Verbindung mit den qualitativen Veränderungen aufgrund der Alterung der Bevölkerung die Zentralitäts-, Lage- und Erreichbarkeitsvorteile der Stadt dauer­haft zum Tragen kommen können. Die Flächenpotenziale in der Stadt werden hierfür als strategische Reserve benötigt und sollten durch konsequente Nachrangigkeiten gesichert werden.

Die innere Stadt ist der Aktivposten. Die innere Stadt ist mit Wissenschafts-, Regierungs- und Kultureinrichtungen der wirtschaftliche Möglichkeitsraum Berlins: sie bietet Anknüp­fungspunkte zwischen urbanen Milieus und urban-orientierten Nutzungen insbesondere in den Bereichen der dienstleistungs­orientierten Unternehmen und der Wissenschaft. Hier sind neue öffentlich-private Kooperationsformen zu etablieren, um diese wirtschaftlichen Motoren für die Stadtentwicklung zu nutzen.

Die innere Stadt ist mehr als der Kern. Die historische Mitte, der Alexanderplatz und die City West, aber auch Bereiche wie Neukölln-Nord oder Friedrichshain sowie die angrenzen­den Ränder bilden die innere Stadt. Die unterschiedlichen Räume haben differenzierte Funk­tionen für die Stadt, ihre Verzahnung ist zentrales strategisches Ziel. Diese erweiterte Innen­stadt ist gleichzeitig Aktionsraum für die „Motoren“ der Stadtentwick­lung, Identifikationsbe­reich und Integrations­maschine.

Eine starke innere Stadt sichern. Die Stärke der erweiterten Innenstadt basiert auf zwei Komponenten: zum einen der vorhandenen Nutzungs­mischung, hier wohnen über 1 Mio. Menschen; zum anderen der Polyzentra­lität als einem differenzierten System zwischen prä­genden Funktionen wie Handel, Handwerk und Dienstleistun­gen sowie Kultur und Gastro­nomie.
Imagebildung und Identifikationsmöglichkeiten entstehen maßgeblich über den öffentlichen Raum. Seine Gestaltung und Entwicklung ist für die Identität der Teilzentren von größter Bedeutung.

Äußere Stadt als ruhender Pol. Ebenso wie in der Innenstadt laufen in der äußeren Stadt parallele Prozesse mit unterschiedlicher Entwicklungsdynamik ab. Die Ein­wohnerumvertei­lung der letzten Jahre ist hierfür ein Beispiel. Den­noch ist die äußere Stadt die stabile und die (sich selbst) stabilisierende Struktur in der Stadt­entwicklung Berlins. Im Vergleich zur Innenstadt gilt für die äußere Stadt daher im Gegensatz die Devise „Laufen lassen“, d.h. eine minimale Inter­vention der öffentlichen Hand.

Chancen in der äußeren Stadt entwickeln. Adlershof, der Flughafen BBI und Buch sind die erkennbaren Motoren für die Entwicklung in der äußeren Stadt. Sie wirken damit als dynamisches Potenzial für die äußere Stadt und sind für ihre Entwicklung zu nutzen.

Wohnen von urban bis grün. Wohnen in Berlin hat viele Facetten. Für den Bereich des Wohnens sind die strategischen Ansätze neu zu formulieren, denn die öffentliche Förderung im traditionellen Sinn (sozialer Wohnungsbau etc.) existiert nicht mehr. Die noch vorhande­nen öffentlichen Mittel sind auf die öffentlichen Einrichtungen und den öffentlichen Raum zu konzentrieren. Im Rahmen einer Doppelstrategie sind Leerstandsvermeidung und Stadtum­bau (Abriss und Aufwertung in Ost und West) ebenso relevant wie das Erfordernis nach neuen Wohn-Typologien aufgrund sich differenzierender Nachfragergruppen. Hierfür sind insbesondere die privaten Akteure gefordert.



 

 


Exkurs: Öffentliche Handeln – ein neues Steuerungsverständnis ist gefragt

Öffentliches Handeln und damit auch die Stadtentwicklungsplanung stehen in Berlin vor gro­ßen Herausforderungen. Gefordert ist nicht nur die Aufgabe der Versorgungsmentalität, son­dern ein Umsteuern. Es stellen sich grundlegende Steuerungsherausforderungen[1] wie

·          ein zunehmender Ökonomisierungsdruck, nicht nur, aber wesentlich verursacht durch die Finanzkrise der Stadt, vs. der Notwendigkeit einer nachhaltigen Stadtent­wicklung.
Die Globalisierung der Wirtschaft und der anhaltende technologische Wandel erzeugen eine wachsende Konkurrenz der Metropolregion um Systemqualitäten einerseits und füh­ren zu einer Dominanz wirtschaftlicher Entscheidungskriterien andererseits. Dies steht vielfach im Zielkonflikt zu den sozialen und ökologischen Ansprüchen, die mit dem Nach­haltigkeitskonzept verbunden werden.

·          eine erforderliche Langfristperspektive vs. einer kurzfristig orientierten Pro­jekt­steuerung.
Private Großinvestitionen sind zunehmend wichtige Impulsgeber in der Stadtentwicklung, gleichzeitig sind sie aber eher auf mittelfristige Verwertungsoptionen orientiert. Die Finanz­krise des Landes und die steigenden Wettbewerbsbeeinflussungen durch die EU sind weitere Anforderungen gegenüber den langfristigen bzw. kommunalen Handlungs­spiel­räumen. Strategische Planung entwickelt einen (langfristigen) Rahmen und eröffnet damit neue Chancen.

·          wachsende De-Regulierungszwänge vs. Re-Regulierungsbedarfen.
Der zunehmende Wettbewerbsdruck zielt nicht mehr nur auf Standort-, sondern vermehrt auf Systemqualitäten, zu denen auch geringe Regelungsdichten und eine hohe Flexibili­tät zählen. Vor dem Hintergrund eines veränderten Staatsaufgabenverständnisses sowie einer steigenden Pluralisierung und Dezentralisierung von Entscheidungs­strukturen ist es parallel zentrales Ziel, eine Gemeinwohl-Orientierung sicher zu stellen. Im Rahmen der Modifikation der Regelungssysteme sind daher komplexe und divergierende Interes­sen gegeneinander abzuwägen, um die notwendige strategische Steuerung zu gewähr­leisten als auch die operative Steuerung auf zentrale Kernaufgaben zu begrenzen.

In Wechselwirkung mit dem Wandel des Staats und der Staatsaufgaben verändern sich auch der Steuerungsbegriff und die Steuerungsformen. Es geht darum, Handlungsspielräume offen zu halten, Regeln und Handlungskorridore abzustimmen und für die Umsetzung von Strategien neue Verfahrensweisen zu etablieren.
Die Finanzsituation Berlins wird auf absehbare Zeit schwierig bleiben. Um die Neuver­schuldung bis 2009 auf Null zurückzufahren und einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, werden die Haushaltseinsparungen fortgesetzt. Daher ist ein „Perspektivwechsel bei der Definition staatlicher Aufgaben“ und eine deutliche Prioritätensetzung für die zukünftig exi­stenziellen Aufgaben der öffentlichen Hand notwendig.
[2] Für die Stadtentwicklung sind die Aufgabenbereiche zu identifizieren, in denen (noch) strategische Steuerungsmöglich­keiten vorhanden sind.

Hinsichtlich der Differenzierung der öffentlichen Aufgaben ergibt sich für die Stadtentwick­lungsplanung ein abgestuftes Aufgaben-System. Es umfasst die

·          Formulierung und Festlegung von Leitbildern als langfristig orientierender Rahmen, die

·          Festlegung von inhaltlichen und prozessualen Handlungskorridoren insbesondere zur kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzung in den jeweiligen Handlungsfeldern, die

·          Festlegung von Leitprojekten unterschiedlicher Fristigkeit, um die erforderliche Flexibiltät im Rahmen der Handlungskorridore zu gewährleisten, und die

·          Kontrolle über die Einhaltung der Handlungskorridore und der Umsetzung der Leitpro­jekte durch entsprechende Evaluierungs- und Indikatorenkonzepte.

Es wird zukünftig in der Berliner Stadtentwicklung vorrangig darum gehen,

·          das Management einzelner Stadtentwicklungsprozesse zu verbessern. Dies bedeu­tet nicht nur für die Beteiligten auf der Verwaltungsseite veränderte Kompetenzen und Arbeitsstrukturen. Ziel ist es auch, die gesellschaftlichen Institutionen, dies sind Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, im Rahmen von Prozessen besser zu verknüpfen, um endogene Potenziale für die Selbststeuerung zu aktivieren und zu fördern.

·          Moderations- und Kommunikationsprozesse zu stärken. Die erforderliche Neuorien­tierung der Berliner Stadtentwicklung setzt veränderte Konsensbildungen voraus. Nicht der Konsens auf dem Papier, sondern der Konsens in den Köpfen ist notwendig. Kriti­scher Abstand gegenüber Lobbyismus in der Entscheidungsvorbereitung und bei den Entscheidungsträgern ist ebenso gefragt wie Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Nur damit lassen sich die Innovationen generieren und umsetzen, die in der Stadt bereits angelegt sind und die die Stadt attraktiv machen.

·          neue und schärfere Prioritäten zu setzen. Dies heißt im Umkehrschluss auch, dass Nach­rangigkeiten festzulegen und „durchzustehen“ sind. Es umfasst auch die Konse­quenz, dass Gleichwertigkeitsziele hinterfragt und veränderte Verteilungsmechanismen entwickelt werden.
In Verbindung mit den zentralen Aufgaben der Stadtentwicklungsplanung bedeutet dies für die strategische Planung eine noch stärkere Auseinandersetzung mit Mehrdimensio­nalitäten, u.a. Vision und Leitbild als Rahmen, die unterschiedliche Fristigkeit von Hand­lungsan­sätzen und Leitprojekten und die entsprechenden Erfolgskontrollen.

·          neue Kooperationen zu suchen. Damit verbunden ist regelmäßig die Verlagerung bzw. das Teilen von Verantwortung und damit einhergehender Risiken. Gefragt ist auch der flexible Einsatz von Normen und Standards. Zwischen veränderten Kooperationsformen und Empowerment bestehen enge Wechselwirkungen. Für aktivierende Ansätze gibt es umfangreiche Potenziale (gesellschaftliche Gruppierungen, Lokale Agenda auf den unterschiedlichen Ebenen etc.). Diese bilden die Ausgangsbasis, um „Strukturen, Ver­fahren und Angebote für eine möglichst umfassende Beteiligung der Bürger“[3] zu ent­wi­ckeln.

·          den Wettbewerb zu fördern. Gefragt ist eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung im Ressourceneinsatz. Wettbewerb erfordert Regeln in Form von Zielvereinbarungen, Bewertungskriterien und Wirkungskontrollen. Die (Stadtentwicklungs-)Planung schafft hierfür einen Rahmen oder Handlungskorridor. Das Setzen von Zielen und die Analyse von Konkurrenten sind zentrale Ansatzpunkte. Für bestimmte Bereiche in der Berliner Stadtentwicklung ist dies eine neue Herausforderung. Wettbewerbsmethoden und „Benchmarking“, auch im Sinne eines Lernen von den Besten, dienen damit der lang­fristigen Qualitätssteigerung.


B.   Vorhandene Leitbilder und Potenziale

1.      Leitbilder

(Einfügen des Textes aus "... Modifikation... Handlungsansätze" vom Nov. 2002 von Seite 4).

Alte Leitbilder
Für Berlin wurden in den letzten zehn Jahren viele Leitbilder vorgeschlagen. Als allgemeine Leitbilder werden die „Dienstleistungsmetropole“, die „Stadt des Wissens“, das „Labor der Einheit“ oder die „Ost-West-Drehscheibe“ diskutiert. Die räumlichen Leitbilder beziehen sich teilweise auf die Gesamtstadt (FNP), sind teils teilräumlich (z.B. Planwerk Innenstadt) oder sektoral (z.B. StEP Verkehr) orientiert. Den Ansatz mit der höchsten Komplexität verfolgt die BerlinStudie mit ihrem mehrdimensionalen Leitbild, ohne dass jedoch eine räumliche Kon­kretisierung erfolgt.

Die verschiedenen inhaltlichen Leitbilder stehen parallel nebeneinander, das erschwert sowohl die Orientierung als auch u.U. ihre Wirkung. In jedem Fall sind sie den Zielen der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet. Die räumlichen Leit­bilder beziehen sich sämtlich auf das Modell der „europäischen Stadt“. Das Planwerk Innen­stadt hat die gedachten Funktionen seit 1996 exemplarisch für Teilbereiche umgesetzt. Es ist Leitbild, Planungsgrundlage, Kommunikationsmedium, Werbestrategie und Basis für Ver­mögensaktivierung.
Die vorhandenen Leitbilder enthalten als Projektio­nen Aussagen sowohl zum zukünftig Gewünschten (Utopie) als auch zum Machbaren (Pla­nung).

Es sind Prioritätensetzungen bzw. - insbesondere bezüglich der BerlinStudie - räumliche Aussagen und Konkretisierungen notwendig, um die Umsetzungsfähigkeit und Steuerungs­wirkung zu verbessern. Dies steht auch in Zusammenhang mit anderen laufenden Prozes­sen (Agenda 21, Enquete-Kommission „Eine Zukunft für Berlin“, Fachstrategien etc.) Dar­über hinaus sind an den aktuellen Rahmenbedingungen orientierte kurz- und mittelfristige Maßnahmen und Projekte zur Umsetzung zu bestimmen und ihre leitbildkonforme Wirkung zu bewerten.

Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts sind aus den vorhandenen Leitbildern die Ele­mente aufzugreifen, die für eine langfristige Strategie stadtentwicklungsplanerisch vorrangig abzustimmen sind.
Ziel ist es, die Orientierungs-, Motivations- und Kommunikationsfunktionen der vor­handenen Leitbilder stadtentwicklungsplanerisch zu optimieren. Wesentlich ist für den wei­teren Verlauf des Stadtentwicklungskonzepts nicht die Entwicklung eines weiteren, „neuen“ Leit­bilds, sondern die Kommunikation und Diskussion über die stadtentwicklungsplaneri­schen Konkre­tisierungen und Prioritätensetzungen.

 

2.      Potenziale und Stärken Berlins

Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts und der notwendigen Leitbild-Konkretisierung als Teil eines Konsensbildungsprozesses sind vor allem die vorhandenen Potenziale für die zukünftige Stadtentwicklung zu nutzen.

Im Folgenden werden die Stärken der Stadt dargestellt, die sich anhand von Zahlen, Daten und Fakten beschreiben lassen. In Bezug auf die strategische Planung und Stadtentwicklung ist diesen Chancen gemein, dass sie für die Entwicklung der städtischen Teilräume von gro­ßer Bedeutung sind, gleichzeitig aber eher mittelbare Schnittstellen zur räumlichen Planung aufweisen, weil sie häufig „quer“ zu den traditionell sektoral orientierten Feldern der Stadt­entwicklungsplanung liegen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche subjektiv wahr­genommene Potenziale, auf denen die Identifikation mit Berlin fußt und die daher im Rahmen der Stadtentwicklungsplanung ebenso zu berücksichtigen sind.

Berlin hat das Image einer kreativen und kommunikativen Stadt. In den letzten Jahren hat sich die Stadt durch vielfältige Faktoren etabliert, die es in der Zukunft zu sichern und weiter zu entwickeln gilt, wie z. B.:

Berlin ist Hauptstadt. Berlin hat durch die Funktion Hauptstadt und Regierungssitz zu sein, seine Position und Funktion in Deutschland und in Europa verändert. Berlin ist die Stadt der Entscheidungsträger und der gesellschaftliche Mittelpunkt Deutschlands geworden. Effekte ergeben sich durch die Hauptstadtfunktion für die unterschiedlichen Bereiche der regionalen Wirtschaft, insbesondere für den Dienstleistungs- und Tourismussektor.

 

Urbane Milieus  
Wir sind der Meinung, dass auch eine
subjektive Perspektive dessen, was "Urbanität" und "Stadtliebe" in 20 Jahren ausmacht, im Statusbericht beschrieben werden sollte. Gerade vor dem Hintergrund der beabsichtigten Adressaten sowie der zu ent­wickelnden Kommunikationsstrategie wäre das empfehlenswert. Dabei ist zu klären wer das machen könnte und bis wann?

Stichworte der "Urbanen Lebenswelten" wären:  
Stadtliebe / Identifikation (mein Berlin)  
Grundbedürfnisse (wie Wohnen, Arbeiten, Konsum, Freizeit, Erholung, etc.?)  
Kommunikation
Mobilität  
Raumbedürfnisse (Wohnung, Kiez, Park/Landschaft, Metropole, etc.)  
Berlin ist Wissen.
Die Stadt steht für wissenschaftliche Vielfalt und Spitzenleistungen, ins­besondere im Bereich der Life Sciences. Die breite Wissenslandschaft (vier Universitä­ten, zwei Kunsthochschulen, Fachhochschulen mit unterschiedlichsten Ausrichtungen, meh­rere Max-Planck- und Fraunhofer-Institute und zahlreiche außeruniversitäre Forschungsein­rich­tungen) macht die Stadt als Standort für Studierende attraktiv und bietet damit gleichzei­tig ein umfangreiches Arbeitskräftepotenzial.
Die wissenschaftlichen Potenziale stärker untereinander und mit der Wirtschaft zu vernetzen, um sie wirtschaftlich für die Stadt nutzbar zu machen, ist eine Schlüsselaufgabe, die auch auf die Stadtentwicklung im engeren Sinn zurückwirkt
(z.B. Berlin Buch). Dies betrifft vorran­gig strukturpolitische Standortentscheidungen, aber auch standortübergreifende Organisati­ons- und Marketingkonzepte.


 


Berlin ist Kult, als Stadt der Kultur und Clubs. Die Breite des Angebots zwischen traditio­neller Kultur und Off-Szene trägt erheblich zur Attraktivität der Stadt für ihre Bewohner und Besucher bei. Mittelfristig sind durch Umstrukturierungen wie beispielsweise die Sanierun­gen auf der Museumsinsel und die weitere Entwicklung im Umfeld des Kulturforums zusätz­liche Attraktionspotenziale zu erwarten.
Ebenso wie in anderen Bereichen stehen die Ausgaben im Kultursektor auf dem Prüfstand und erfordern eine verstärkte Prioritätensetzung. Parallel verändern sich Strukturen (z.B. Multimedia-Ansätze), nehmen die Entwicklungsdynamiken zu (Musik- und Filmwirtschaft) und erfordern die Weiterentwicklung der bisherigen Steuerungs- und Priorisierungsverfah­ren.
Mit dem Kultursektor ist ein Produktionsnetzwerk entstanden, dessen einzelne Teile sich gegenseitig bedingen. Dieses Netzwerk bietet Möglichkeiten für eine Anschlussverwertung in weiteren, mittelbaren Bereichen wie dem Tourismus oder der Einzelhandelsentwicklung. Die wirt­schaftlichen Effekte der Kultur systematisch zu erschließen und mit einem konzentrierten öffentlichen Mitteleinsatz zu optimieren, kann für die langfristige Stadtentwicklung von erheb­licher Bedeutung sein.

Berlin ist eine Reise wert. U.a. die baulichen Veränderungen der letzten zehn Jahre, das „Neue Berlin“, tragen als touristische Ziele maßgeblich zur Attraktivität bei. Der Tourismus ist mittlerweile ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der gleichzeitig in besonderem Umfang von aktuellen Wirtschaftsentwicklungen abhängig und damit zeitweilig durch starke Schwan­kun­gen geprägt ist. Berlin positioniert sich als Reiseziel inzwischen vor allen anderen deut­schen Großstädten.
Weitere Aktivitäten, wie
den Anteil der Geschäfts- und ausländischen Reisenden zu vergrößern,
die Zusammenarbeit als touristische Region mit Brandenburg zu forcieren,
– den zentralen touristischen Bewegungsraum in Berlin zu profilieren

– das Einkaufsangebot in der City zu steigern,
– die Aktivitäten von Tourismus und Kulturwirtschaft zu vernetzen sowie
– die Entwicklung des Flughafens BBI zu betreiben,
sind Schwerpunkte mit gesamtstädtischer Entwicklungsrelevanz.

Berlin ist die Mischung. Die Stärken der städtischen Gesellschaft liegen in der Vielfalt, im Neben- und Miteinander unterschiedlicher Kulturen. Berlin hat die kritische Masse hierfür, mehr als alle anderen Städte in der Republik. Es gilt immer noch und immer wieder der alte Satz: Stadtluft macht frei. Hier treffen Szenen in ihren unterschiedlichen Facetten und in unterschiedlichen Kontexten aufeinander: die Wissenschaftsszene, die Kulturszene, die Schwulenszene.
Gesellschaftliche Gruppen ziehen sich an und stoßen sich ab. Anonymität und Nähe sind die Faktoren, die Bewegung in die Stadt bringen. Daraus entstehen Reibungen, Auseinander­setzungen, Netzwerke und schließlich Innovationen. Damit schließt sich der Kreis zu den zentralen städtischen Entwicklungsmotoren in Wissenschaft, Kultur, Medien.

Berlin ist gebaute Geschichte. Die Stadt ist in ihrer Struktur, mit ihren bebauten und freien Flächen, mit ihren Gebäuden und Monumenten ein Spiegel der Zeitläufe. Die baulichen Strukturen haben unterschiedliche zeitliche Dimensionen. Einige Spuren sind verdeckt und nicht leicht zu finden, andere schnell zu entdecken und leicht zu erfahren. Durch die Dauer­haftigkeit der Strukturen einerseits und die erlebbaren Brüche anderer­seits werden Ent­wicklungen und zukünftige Perspektiven hinterfragt. Gleichzeitig gewinnt die Stadt damit an erlebbarer Spannung, für die, die in Berlin leben und für die, die sich hier als Gäste aufhal­ten. Die Potenziale der historischen und gegenwärtigen Strukturen sind für die unterschiedli­chen Handlungsfelder der städtischen Entwicklung zu nutzen.

 

3.      „Stadtliebe“ oder die subjektiven Potenziale der urbanen Lebenswelten im Jahr 2020

Warum leben wir jetzt in dieser Stadt? Und warum sollten wir auch noch in 10 bis 15 Jahren hier leben wollen? Was soll in Berlin so bleiben, oder worauf lässt sich aufbauen, um unsere Stadtliebe wachsen zu lassen?

Berlin mal anders sehen: nicht aus der planerischen Perspektive, ohne fachliche Problem­sicht; nicht mit Daten und Fakten beschreiben, bewerten und Konzepte entwickeln; nicht in der klassischen Abfolge von Analyse mit Problemwahrnehmung und Zielentwicklung sowie Konzeptentwicklung und Umsetzung. Gefragt ist die subjektive Sicht derjenigen, die hier in ihren Alltagswelten leben, wohnen, arbeiten; die subjektive Sicht derjenigen, die diese Stadt – aus welchen Gründen auch immer – besuchen, sich hierher flüchten oder dann auch wie­der die Stadt verlassen.

Berlin mal anders sehen: nicht in der traditionellen Chronologie von gestern, heute, morgen, sondern aus der Zukunft auf heute zurückgeblickt. Dabei geht es hier weniger um das plane­rische „Übermorgen“ von 2005 oder den Blick auf 2010 oder 2020 als Trendfortschreibung heutiger Entwicklungen, sondern es geht darum, aus der Perspektive von 2030 oder 2040, Ideen für die Gestaltung der Entwicklung bis dahin zu bekommen.

Die Identifikation mit der Stadt hat mannigfache Ursachen. Als Voraussetzung individueller Lebensstile werden hier Grundbedürfnisse auf unterschiedlichste Art und Weise befriedigt. Wohnen, Arbeiten, Konsum, Freizeit, Kommunikation und Mobilität prägen uns und die Stadt und manifestieren ihre speziellen Raumbedürfnisse. Diese Räume schaffen Atmosphäre, die in Berlin u.a. durch das spezielle Nebeneinander von Orten höchster Aufmerksamkeit und den "backsides" der Subkultur geschaffen wird. Die Qualität dieser urbanen Lebenswelten zwischen Alltag und Überraschung gilt es in die Zukunft zu entwickeln.

Spannende Metropole. Berlin ist eine immer spannende, kraftvolle Hauptstadt mitten in Europa. Keine Großstadt, die sich ausruht. Eine große, heterogene Stadt voller ablesbarer Brüche und inspirierender Geschichtsspuren. Berlin ist nicht Paris, nicht London und auch nicht Wien oder Warschau. Aber von allen diesen Städten mental nur soweit entfernt, dass sich politische, wirtschaftliche, kulturelle oder ganz private Aktivitäten und Kommunikation leicht machen lassen.
Berlin ist auch eine Stadt, in der sich neue und alte, politische und ökonomische Macht und die demokratische Stadtgesellschaft aneinander reiben. Regierungsviertel und Potsdamer Platz sind mittendrin. Die Angebote der Hauptstadt und Metropole: wir könnten jederzeit daran teilhaben. Das ist spannend.

Berlin ist innovativ. Berlin ist ein Standort für Wissenschaft und Zukunftstechnologien. Wel­che Großstadt will das heutzutage nicht sein? Die innovativen Milieus liegen sowohl mitten in der Stadt (Humboldt Universität, Chausseestraße, Technische Universität) als auch an dezentralen Standorten (Adlershof, Buch, Freie Universität). Aus diesem Wissen auch Arbeit für viele und nicht nur für fellows und Nobelpreisträger zu generieren, stellt die große Her­ausforderung dar.

Berlin ist international. Die Einwanderer der ersten bis vierten Generation, die die Vertreter der multi-nationalen Konzerne sowie international renommierte Institute und Universitäten, Besucher von Messen und Touristen zeigen dies. Die Vielzahl der Botschaften und Vertre­tungen, die Nähe zu den Staaten Mittel- und Osteuropas ist spürbar. Das macht die Stadt interessant. Es bieten sich unerwartete Anblicke, das schafft einzigartige Atmosphären, nicht nur im Rahmen von Festivals und Kongressen.

Neue Arbeitswelten. Die urbanen Arbeitswelten des ersten, zweiten und dritten Sektors sind erfreulich gemischt: Es gibt Bürostandorte, aber keine „white collar downtown“ wie an­derswo. Hier arbeiten Gründerinnen und Erfinderinnen, Putzmänner und Rikscha-Fahrer, Lehrer und Angestellte, Ministerialdirigentinnen und Consultants. Dies ist eine Mischung aus Lohnarbeitern, Schwarzarbeitern und Selbstausbeutern; unterschiedliche Beschäftigungs­verhältnisse, die auch parallel nebeneinander bestehen und hinsichtlich nicht legaler Be­schäftigungen problema­tisch sein können, sind die Reaktion auf die sich verändernden Arbeitswelten.

Berlin lädt ein. Die Stadt wird zusehend eine internationale Metropole. Feste Pro­gramme und spontane Freiräume für einen wissenschaftlichen und kulturellen Austausch auf allen Niveaus sind selbstverständlich. Mal prätentiös - mal im Vorbeigehen. Reden und hören, sehen und gesehen werden, sich austauschen und diskutieren – Kommunikation als Basis für das Geschehen in der Stadt.

Die Berliner lieben ihre Gäste. Hier fühlen sich die Stars genauso wohl wie die Fans, denn Berlin ist Herz und Schnauze. Als Gastgeber ist man flexibel: mal Berlinale und Grand Hyatt am Potsdamer Platz, mal Love Parade im Tiergarten oder auf dem Ku-damm-Mittel­streifen. DFB-Pokal-Finale und Kirchen­tag an einem Wochen­ende: kein Problem! Und es gibt auch Taxifahrer mit Humor und Fremdsprachenkenntnissen.
Die offene Stadt als Zukunftsstrategie durchdringt alle Lebensbereiche. Die Neugier auf Erfahrungen aus anderen Ländern und Kulturen hat Kontinuität; u.a. auch, weil die Stadt mit ihren verschiedenen, attraktiven Räumen ein robustes Gerüst für die unterschiedlichsten Aktivitäten bietet.

Großstadt – Kleinstadt. Berlin ist viele Städte und Dörfer. Die Kieze und Quartiere bilden die wichtige Heimat für den städtischen Alltag. Wer nicht in einem solchen wohnt, versucht zumindest dort den Markt am Samstagvormittag aufzusuchen. Soziale und funktionale Mischung sind hier verankert. Die Quartiere beweisen permanent sowohl ihre Beständigkeit als auch ihre Wandlungs- und Experimentierfreudigkeit.

Stadt der Frauen (+ Männer). BerlinerInnen sind ItalienerInnen und FranzösInnen, TürkIn­nen und PolInnen, Karrierefrauen und Hausmänner, Alleinstehende, Mütter, Ehe­frauen. BerlinerInnen sind die Drag Queen und die Politikerin, die Unternehmenschefin und die Kell­nerin. Die Stadt verfügt über Qualitäten für sie alle. Und dennoch gibt es – wie überall – viel zu tun, um die Lebens- und Arbeitswelten für Frauen und Männer besser und gerechter zu gestalten.

Berlin ist gut versorgt. Einkaufsmöglichkeiten, Schule, Kita und auch ein Park befinden sich in der Nähe. Die Vernetzung unterschiedlichster Aktivitäten hat hier immer ein Gesicht. Aus eigener Erfahrung und von Freunden aus anderen Städten wissen wir, dass hier Woh­nen und Essengehen preiswert sind. Urbane Lebensqualität, die nicht hoch genug einge­schätzt werden kann.

Kleingarten - Japanischer Garten - Zoologischer Garten ... Dass der Stadt ihre "natur­räumlichen Potenziale" wichtig sind, merkt man überall. Gehen wir mal in die Luft oder auf den Fernsehturm (oder man wohnt in einem Hochhaus), dann sehen wir vor lauter Be-Grü­nung und Durch-Grünung kaum den Rest der Stadt. Wohnhöfe, über 400.000 Straßen­bäume, pocket-Parks und Volksparks - die Attraktivität der Stadt trägt insbesondere einen grünen Stempel. Zudem hat die Stadt auch noch Glück, dass sie sich mitten in Brandenburg befindet: die Landschaften des Umlands sind in ihrer Vielfalt und Schönheit bestechend. Und sie reichen bis nach Berlin hinein.
Ob im Park mit Buch am Nachmittag, am Wasser mit Boot am Wochenende, im Kleingarten mit Gießkanne im Sommer oder mit Inline-skates im Wald im Kurzurlaub: die Freizeit- und Erholungsbedingungen in der Met­ropolenregion sind hervorragend.


C.   Ausgangslage

Ziel der nachfolgenden Darstellungen ist es, die Entwicklung in den unterschiedlichen Bereichen der Stadtentwicklung während der letzten zehn Jahre kurz zu skizzieren. Den generellen Einstieg hierfür bildet eine Auseinandersetzung mit zentralen Trends der Demo­grafie, Wirtschaft und der Gesellschaft und ihren möglichen Konsequenzen für Berlin.
Aufgrund der sektoralen Ausrichtung der vorhandenen raumbezogenen Planungen und Kon­zeptionen gliedert sich die Statusbestimmung in entsprechende Bausteine (vgl. Kap. D bis K). Die Analyse der zurückliegenden Entwicklungen bezieht sich vorrangig auf die zentralen stadtentwicklungs­planerischen Parameter, Konzepte und Ansätze wie Flächenpotenziale, Wohnen, Wirtschaft und Freiraum. In diesen Bausteinen werden weiterhin die spezifischen Entwicklungstrends und die zukünftigen langfristigen Perspektiven aufgezeigt, wie sie sich derzeit ermitteln und abschätzen lassen.
Daneben werden auch weitere Themen mit Stadtentwicklungsrelevanz wie Umwelt, Verkehr oder Kultur und Tourismus aufgegriffen (vgl. Kap.
I bis K).

Vergangenheit. Mehr als zehn Jahre nach der Wiedervereinigung sind die großen Pla­nungsprojekte und –aufgaben wie

·          die Aufstellung eines gesamtstädtischen Flächennutzungsplans,

·          die Umsetzung des Hauptstadt-Beschlusses,

·          die Wiederherstellung zentraler Stadtbereiche wie Potsdamer, Pariser und Leipziger Platz,

·          die Bewältigung der Wohnungsnot Anfang der 90er Jahre und

·          die Zusammenführung der technischen Infrastruktur in allen Bereichen

erfolgreich abgeschlossen. Berlin ist an vielen Stellen zusammengewachsen, etwa genauso viele andere Orte sind noch stärker zu verknüpfen und zu integrieren.

Zukunft. Im Rahmen der Arbeiten zum Stadtentwicklungskonzept Berlin 2020 sind unter­schiedliche zeitliche Perspektiven relevant und werden daher nebeneinander bzw. ver­knüpft dargestellt. Die Analyse der zurückliegenden Entwicklungen bezieht sich vorrangig auf den Zeitraum von 1990 bis heute. Für die zukünftige Entwicklung finden sich in den vor­han­denen Konzepten und Prognosen wie dem Flächennutzungsplan oder der Bevölkerungs­prognose weitere, unterschiedliche Zeithorizonte, die ebenfalls zu berücksichtigen sind. Dies sind in erster Linie die Jahre 2010, 2015 und in Ausnahmefällen auch 2020. Darüber hinaus ist in einzelnen Fällen auch der Blick aus der weiteren Zukunft nach 2020, also von 2030 oder 2040, zurück auf die heutige Situation und erforderliche Weichenstellungen gefragt (vgl. Kap. L), um über qualitative Ansätze Entwicklungskorridore abzuschätzen oder strategische Ansätze zu qualifizieren.

 

1.      Entwicklungstrends - Demografie

Für Berlin wird eine konstante Bevölkerungsentwicklung und eine steigende Haushaltszahl[4] prognostiziert. Verbunden mit der zu erwartenden Umstrukturierung des Altersaufbaus, stel­len sich hier ebenfalls bedeutende Anforderungen an eine Veränderung der Infrastruktur­angebote.

Die Ausgangsbasis für die Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung und davon abhängi­ger Faktoren (Beschäftigten, Haushalte etc.) ist die Bevölkerungsprognose für Berlin 2002-2020 (Basis-Variante). Demnach wird die Berliner Einwohnerschaft von 3,388 Mio. im Jahr 2001 auf 3,417 Mio. im Jahr 2010 zuneh­men und sich bis zum Jahr 2020 wieder 3,367 Mio. verringern.

Die Entwicklung bis 2010 basiert im Wesentlichen auf Wanderungsveränderungen, weil die natürliche Bevölkerungsentwicklung durch einen negativen Saldo gekennzeichnet ist. In der Bevölkerungsprognose wird davon ausgegangen, dass das Geburtendefizit 2002 – 2010 ca. –163.000 Personen betragen wird. Die Zuwanderung aus anderen Bundesländern wird per Saldo mit ca. 110.000 Personen angenommen, während die Abwanderung ins Umland mit einem negativen Saldo von 149.000 Personen prognostiziert wird. Demgegenüber wird für das Berliner Umland von 2001 bis 2020 eine weiterhin positive Entwicklung mit einer Zunahme der Bevölkerung um 6,6% erwartet, so dass die gesamt Metropolregion zwischen 2001 und 2020 rd. 40.000 Einwohner hinzugewinnt.[5]

In den Jahren seit 1990 konnte Berlin kaum Wanderungsgewinne erzielen, obwohl 1,4 Mio. Menschen neu in die Stadt gezogen sind. Zuwanderungen aus dem Ausland ergaben sich Anfang der 90er Jahre durch die politischen Veränderungen in den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie aufgrund von Kriegen in Südosteuropa. 1997 und 1998 war der Wanderungssaldo gegenüber dem Ausland erstmals negativ (mehr Wegzüge als Zu­züge), danach wieder leicht positiv. Das Ausmaß des Zuzugs aus dem Ausland ist auch zu­künftig von politischen Ereignissen und (novellierten) gesetzlichen Zuwanderungsbestim­mungen abhängig.

1993 setzte die für Agglomerationsräume typische Suburbanisierung ein, die insbesondere von Familien mit Kindern getragen wurde. Das Wachstum im Metroplenraum wurde bis 1993 durch Berlin getragen, ab 1994 erfolgten die Zuwächse zunehmend im Umland. Nach einem Maximum der Bevölke­rungs-Suburbanisierung in 1998 hat sich die Stadt-Umland-Abwande­rung deutlich verlang­samt. Seit dem Jahr 2001 verzeichnet auch Berlin wieder leichte Bevölkerungsgewinne. Ausgleichende Zuzüge erfolgten durch junge Menschen für Ausbil­dungszwecke und karriereorientierte Migranten. Es ist davon auszugehen, dass diese Grup­pen auch zukünftig die wichtigsten Zuwanderungspo­tenziale bilden. Wesentliches Ziel für die weitere Entwicklung sollte es sein, die nach Berlin zuwandernden Menschen in der Stadt zu halten.

Nach den aktuellen Bevölkerungsprognosen der Länder Berlin und Brandenburg für den Zeitraum 2002 – 2020 wird sich in den kommenden zehn Jahren die positive Entwicklung in der Metropolregion abgeschwächt fortsetzen. Nach 2012 werden – in Übereinstimmung mit der bundesweit prognostizierten Tendenz – auch im Berliner Raum abnehmende Bevölke­rungszahlen erwartet (2020: 4,38 Mio Einw.). Ursächlich dafür sind die ab 2010 sich beschleunigenden Einwohnerverluste in Berlin, die durch die nur noch geringen Zuwächse im Umland nicht mehr kompensiert werden können. Für den „äußeren Entwick­lungsraum“ ergibt die Prognoserechnung 2002 – 2020 einen weiteren Bevölkerungsverlust von rd. 223.000 Personen.[6]

Zuwanderung. Aufgrund der Situation und Struktur der Berliner Wirtschaft sind unter den gegenwärtigen Bedingungen nur eingeschränkte Zuwanderungsgewinne im Vergleich zu anderen Regionen durch Personen aus Mittel- und Osteuropa zu erwarten. Derzeit liegt Berlin mit einem Anteil von 0,6% Zuwanderungsgewinnen im Bundesdurchschnitt, während die süddeutschen Agglomerationsräume und insbesondere der grenznahe Raum in Ost­bayern stark überdurchschnittliche Zuwanderungsanteile aufweisen.[7] Weiterhin ist anzu­nehmen, dass sich Zuwanderer im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung auch zukünf­tig bundesweit auf die Räume orientieren werden, die durch ein starkes Wirtschafts­wachs­tum und Arbeitskräfte-Nachfrage gekennzeichnet sind.[8]

Potenziale für Zuwanderungsgewinne liegen insbesondere darin, Ausbildungswanderer nach Abschluss des Studiums in Berlin zu halten.[9] Dies erfordert entsprechend hoch qualifizierte Arbeitsplätze, deren Ansiedlung mit Priorität betrieben werden sollte. Mit dieser Anforderung stimmt überein, dass Beobachtungen eine zunehmende Attraktivität der Stadt für Unterneh­men der neuen Technologien und angrenzender Bereiche (Medien, Kommunikation, Bera­tungsunternehmen etc.) zeigen. Hinzukommen die Ausstrahlungen des Regierungs­wech­sels nach Berlin (Zuwande­rung von Verbänden, Institutionen etc.). Durch derartige Ansied­lungen können weitere Arbeitsplätze geschaffen werden.[10]

 

2.      Entwicklungstrends - Wirtschaft

Die wirtschaftliche Entwicklung seit 1991 ist durch einen Rück­gang der Beschäfti­gung um insgesamt etwa 130.000 Er­werbstätige geprägt. Die Arbeitslosenquote schwankt seit 1997 um 16% und ist mit Jahresbeginn 2003 sprunghaft ange­stie­gen (07/2003: 18,3%); die Zahl der Arbeits­losen ist zwischen 1991 und 2003 von 180.000 auf 309.900 Personen gestiegen. Dies ist insbesondere Folge einer tiefgrei­fenden De-Industriali­sierung im Ostteil der Stadt und des allge­mein nicht abge­schlossenen Strukturwandels, der sich weiter in Richtung Tertiärisierung fortsetzt. Dies spie­gelt sich in einer wachsenden Zahl von Erwerbstätigen im unternehmensbezogenen Dienst­leistungsbereich bei gleichzeitigem Rückgang der Erwerbszahlen im verarbeitendem Gewerbe, aber auch bei den öffentlichen Dienstleistungen (Staat etc.) wider.

Zwischen 1998 und 2002 hat Berlin ins­gesamt, im Gegensatz zu den übrigen deut­schen Großstädten, nicht von einem Be­schäftigtenzuwachs profitieren können.[11] Demgegenüber zählt Berlin bei ausgewähl­ten überregionalen Dienstleistungen wie Werbung, Verlagswesen, Wirtschaftsorganisationen und Film, TV, Radio zu den dynamischsten Standorten in Deutschland; im Wettbewerb um die Branchen Datenverarbeitung, Werbung und den Mediensektor hat Berlin damit seine Position deutlich verbessert.[12]

Bis 2010 wird eine annähernd konstante Erwerbstätigenzahl erwartet (ca. 1,54 Mio.); die weiteren Entwicklungstendenzen sind derzeit unklar, es erscheint jedoch aufgrund von Alte­rung der Bevölkerung ein leichter Rückgang der Personen im erwerbsfähigen Alter wahr­scheinlich.

In Verbindung mit übergeordneten Trends (Globalisierung, Tertiärisierung etc.) ist auch für Berlin ein längerfristiges Anhalten des Strukturwandels zu erwarten, der räumlich mit weite­ren Flächenfreisetzungen verbunden ist.

Wirtschaftlicher Strukturwandel. Der wirtschaftliche Wandel, der geprägt ist durch eine weiter stei­gende Bedeutung von Dienstleistungen und eine zunehmende internationale Ver­netzung wirtschaft­licher Aktivitäten, wird weiter anhalten. Daneben stehen Bestre­bungen, Regionen als wirtschaftliche Handlungsebene stärker zu verankern und Ansätze für regio­nale Netzstrukturen zu stärken, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Für Berlin erfordert dies, die Zusammenarbeit mit Branden­burg auf unterschiedlichen Ebe­nen zu intensivieren. Durch Prozesse wie u.a. just in time – Produktion, zunehmende Spezialisie­rung und Austauschbeziehun­gen wird eine erhebliche Steigerung des Güter- und Wirt­schaftsverkehrs erwartet. Die bisherigen Versuche, Güter- und Wirtschafts­verkehr zu ver­meiden oder stadt-, umwelt- und sozialverträglich zu gestalten, werden trotz vorhandener Ansätze wie GVZ, Plattformen zum Wirt­schaftsverkehr etc. durch die Steige­rungs­raten im Güter- und Wirtschaftsverkehr kompensiert.

Der wirtschaftliche Strukturwandel ist – parallel zum Wandel zur Dienstleistungs- und Wis­sensgesellschaft – geprägt durch langfristige technische Innovations­prozesse, die in einem Zyklus von ca. 50 bis 70 Jahren stattfinden (Kondratieffsche Wellen). Für die kommenden Jahrzehnte werden durch die Zukunftsforschung wach­sende Einflüsse der Bio- und Gen­tech­nologie auf die Wirtschaft erwartet. Im Zusammenhang mit der alternden Gesellschaft wer­den Medizin, Gesundheit und Wellness wichtige Faktoren für die Wirtschaftsentwicklung dar­stellen. In Berlin arbeitet gegenwärtig jeder achte Beschäftigte in diesem Bereich, der insge­samt etwa 10% der Bruttowertschöpfung des Landes erzielt.[13]

Erwerbstätigenentwicklung. Aufgrund der vorhandenen Wirtschaftsstruktur in der Bundes­republik wird es zukünftig stärkere Diskre­panzen zwischen wirtschaftsschwachen und pros­perierenden Regionen geben. In der Konsequenz ist mit weiter anhaltenden Wanderungs­bewegungen der mobilen Erwerbsbevölkerung aus strukturschwachen Räumen in pros­pe­rierende Agglomerati­onsräume zu rechnen. Für Berlin sind daher Gewinne von Erwerbs­tätigen aus den strukturschwachen Räumen der ostdeut­schen Länder anzu­nehmen, wenn in der Stadt aufgrund der wirtschaftlichen Entwick­lung bessere Arbeitsmarkt­chancen beste­hen.

Textfeld: Die Abbildung beschreibt die Ressource „Humankapital“ als monetäre Größe in der Verteilung auf unterschiedliche Altersjahrgänge und Zeitpunkte. Die Struktur der Erwerbstätigen und die Art der Beschäftigungsverhältnisse wer­den sich verändern. Zukünftig wird es weni­ger Vollzeitarbeitsverhältnisse geben. Die Bedeutung von Teilzeitarbeit, Telearbeit, befristeten oder projekt-bezogenen Arbeits­verhältnissen wird zunehmen. Das Modell der „Lebensstelle“ hat schon heute eine geringere Bedeutung als noch vor zehn Jah­ren. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Zahl der Beschäftigungs­verhältnisse in einem Erwerbsleben zunehmen wird.

Der Anteil der erwerbstätigen Frauen wird weiter zunehmen, es werden sich ver­än­derte Formen einer „Erwerbstätigkeit im Ruhestand“ etablieren, um den Bedarf an Arbeits­kräften und qualifiziertem Know-how zu decken.[14] Die gegenwärtig diskutierten Größenord­nungen von Zuwanderung sind nicht aus­reichend, um die Erwerbstätigenzahlen konstant zu halten. Daher sind mittel- bis langfristig zunehmende (interregionale) Konkurrenzen um (junge) Human-Ressourcen zu erwarten. Bereits heute ist der Rückgang der Erwerbstätigen in Berlin und dem Umland größer als in westdeutschen Agglomerationsräumen. Es sind in Berlin in erhöhtem Maße Anstren­gungen erforderlich, um diesen Trend zu brechen und junge Erwerbstätige sowie know-how an die Stadt zu binden.

EU-Osterweiterung und Migration. Durch die EU-Osterweiterung sind für weite Teile der ostdeutschen Länder ab 2007 veränderte Förderbedingungen und wachsende wirtschaftliche Konkurrenzen zu erwarten. Für Berlin sind zwei Entwicklungen zu erwarten: zum einen eine Zunahme von arbeitsorientierten Pendler-Migranten[15] ins­besondere aus Polen, zum zweiten die Ansiedlung von polni­schen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mitbringen.
Die Stadt könnte von der Osterweiterung profitieren, wenn sie die Chance aufgreift, Ost-West-Kompetenz zu entwickeln und zu stärken, sowie Unternehmen bzw. Unternehmensan­siedlungen unterstützt, deren Export-Orientierung auf die MOE gerichtet ist. Diese Ansätze sind in starkem Maße von der Gesamtwirtschaftsentwicklung abhängig. Möglich ist auch die Verlagerung von Dienstleistungen in die neuen EU-Länder, ggf. mittelfristig auch eine erneute Rückverlagerung, wenn sich die Bedingungen (Förder- und Lohnstandards) annä­hern. Auf der überregionalen Ebene ergeben sich neue Chancen für eine Zusammen­arbeit mit den baltischen Staaten und – aufgrund der räumlichen Nähe – mit den Groß­städten im westlichen Teil Polens (
Posnan, Szczecin).

 

3.      Entwicklungstrends - Gesamtgesellschaft

Neben der für die Entwicklung einer langfristigen räumlichen Planung bedeutsamen Betrach­tung der zu erwartenden Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung sind insbesondere gesellschaftliche und soziale Entwicklungstrends zu berücksichtigen.

4-Generationen-Gesellschaft. Aufgrund der verlängerten Lebenserwartung entstehen neue Lebensabschnitte, die auch die gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen. Mit Phasen wie der Post-Adoleszenz und einem möglichen zweiten Aufbruch nach dem Auszug von Kindern aus dem Elternhaushalt bieten sich veränderte Perspektiven für die individuelle Lebens­gestaltung. So können Menschen der neuen dritten Generation, die im Alter zwischen Mitte 50 und Mitte 60 aus dem Erwerbsleben ausscheiden, für die Kinder- und Elterngeneration (1. und 2. Generation) sowie die der noch Älteren bzw. Hochbetagten (4. Generation) weitere Aufgaben übernehmen.

Veränderte Anforderungen der Geschlechter. Die Auseinandersetzung mit den Fragen einer geschlechtergerechten Teilhabe von Männern und Frauen an gesellschaftlichen Pro­zessen kann sich zukünftig beschleunigen, weil Frauen aufgrund der demographischen Alte­rung für den Erwerbsprozess wichtiger werden. In diesem Zusammenhang kommt – nicht nur hinsichtlich des Geschlechts – der Sicherung und Entwicklung einer wohnort- oder arbeitsplatznahen Versorgung, einer verlässlichen Kinderbetreuung und veränderten Wohn­formen in einer zunehmend differenzierten, individualisierten und älter werdenden Gesell­schaft (Angebote für Menschen in sozialen Notlagen, Mehr-Generationen, gemeinschaft­liches Wohnen) eine wachsende Bedeutung zu.

Folgen des Wertewandels. Im Kontext mit der veränderten Bevölkerungsstruktur sind gesamtgesellschaftliche Veränderungen wie ein Wandel der Wertvorstellungen, die Flexibili­sierung von Zeit-Regimen durch Veränderungen in der Arbeitswelt und die wachsende Bedeutung von Freizeit, die sich in den letzten Jahrzehnten aus einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit[16] ergab, zu sehen. Daraus resultiert u.a. eine zunehmende Individuali­sierung und Differenzierung von Lebensstilen und –milieus.
Es ist anzunehmen, dass sich zukünftig Milieus stärker räumlich differenzieren werden. Dies kann dazu führen, dass bereits ablau­fende soziale Segregationsprozesse verstärkt wer­den oder neue entstehen. Damit verbunden sind vielfach kritische Abwärtsspiralen und Des­integration sozialer Gruppen und räumlicher Quartiere. Gleichzeitig kann die Differenzie­rung von Lebensstilen und –milieus auch eine positive Profilierung und Steigerung der Attraktivität bestimmter Stadt­quartiere auslösen, die insgesamt zu einer Imagestärkung der Gesamt­stadt beitragen.
[17]
Umfragen zeigen, dass der Wandel der Wertvorstellungen auch mit einer Veränderung des sozialen Klimas einhergeht. Themen, die das individuelle Leben betreffen (Sicherheit vor Kriminalität, Sicherung der eigenen Rente etc.), werden wichtiger; globale oder gesamt­gesellschaftliche Probleme (Ökologie, Frieden) werden weniger relevant. Individuelle und Gruppeninteressen gewinnen an Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, gleichzeitig nimmt die Bindung an organisierte gesellschaftliche Gruppen ab. Dies ist im Zusammenhang mit den Trends für eine zunehmende Segregation kritisch zu bewerten. Daher sind für Strate­gien, die auf „empowerment“ und bürgerschaftliches Engagement zielen und die die Folgen der Alterung der Bevölkerung als auch die Anforderungen notwendiger sozialer Integrations­prozesse betreffen, veränderte Formen der Ansprache und Beteiligung erforderlich.
[18]

Freizeitgesellschaft. Der Trend zur „Freizeitgesellschaft“ zeigt sich in einer zunehmenden Erlebnisorientierung und Kommerzialisierung, die in räumlicher Hinsicht von neuen groß­maßstäblichen Angebotstypen sowie einem wachsenden Freizeitverkehr, der vielfach moto­risiert bewältigt wird, begleitet wird. Die Fortsetzung dieses Trends ist wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung (Kaufkraft etc.) abhängig. Andererseits konstatieren jüngste Umfrageergebnisse eine Trendumkehr hin zur Familie und Wiederbelebung alter Werte.[19] Es ist davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Trends nebeneinander bestehen werden, ohne sich vollständig zu ersetzen, so dass es zunehmend diversifizierte Lebens-, Freizeit- und Mobilitätsstile geben wird.

24-Stunden-Gesellschaft. Durch den Trend zur zeitlichen Flexibilisierung verändern sich sowohl die Arbeits- als auch die Lebensbedingungen. Die Entwicklungen zu „24-Stunden-An­gebot bzw. –Nachfrage“ an sieben Tagen („24 / 7“) in der Woche nehmen in den unter­schiedlichsten Bereichen sowohl durch individuelle Präferenzen (z.B. Einkaufen außerhalb der traditionellen Ladenöffnungszeiten, Fitnessangebote rund um die Uhr) als auch durch globale Anforderungen (z. B. Zusammenarbeit mit inter­nationalen Partnern, just in time – Produktion) zu.
Die stadtstrukturellen und -räumlichen Auswirkungen des Trends zur Lockerung von Zeit-Regimen u.a. sind derzeit offen. Es ist zu erwarten, dass unterschiedliche Auswirkungen parallel nebeneinander auftreten bzw. sich auch überlagern. Mögliche Veränderungen sind: eine Verstärkung verkehrlicher Spitzenbelastungen, wenn sich nach wie vor vorhandene Spitzenbelastungen mit „neuen“ Verkehrsbelastungen räumlich überlagern, oder auch eine Entzerrung verkehrlicher Belastungen durch das zeitliche Auseinanderfallen unterschied­licher Verkehrsspitzen
[20]. Gleichzeitig kann daraus auch eine geringere Auslastung vor­han­dener ÖV-Angebote resultieren, die neue flexible Angebotskonzepte erfordert.[21]

Beschleunigungstrends. Neben zeitlichen Flexibilisierungen stehen Beschleunigungs­trends[22], die auf die Stadtentwicklung Auswirkungen haben. Dies sind u.a. verkürzte Abschreibungszyklen von Investitionen, die zu einem höheren „Durchsatz“ von Nutzungen führen und entsprechende Steuerungsanforderungen auslösen können. So unterliegen Großeinrichtungen des Handels und der Freizeit in besonderem Maße wechselnden Nach­fragetrends[23], die mehr oder weniger regelmäßig komplexe Modifikationen der Nutzungen erfordern und mit denen veränderte Auswirkungen einhergehen können (Verkehrsbelastun­gen etc.). Aufgrund des i.d.R. zeitlich nicht limitierten Baurechts stellen sich für die Steue­rung dieser Nut­zungen besondere Anforderungen hinsichtlich der Ansiedlung und Entwick­lung der Standorte.

 

4.      Räumliche Entwicklungstrends – Entwicklungsvarianten

Die langfristigen Entwicklungstrends der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie die zu erwartenden gesamtgesellschaftlichen Veränderungen werden auch die verschiede­nen Teilräume der Stadt in unterschiedlichem Ausmaß beeinflussen.
Die teilräumlichen Entwicklungsvarianten skizzieren Alternativen möglicher Entwicklungen im Umland, in der Innenstadt und dem Innenstadtrand, in der westlichen bzw. östlichen Außen­stadt sowie in den peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt.
[24]

Ziel ist es, die Umsteuerungs- und Neuorientierungserfordernisse zu unterlegen und zu kon­kretisieren. Die Entwicklungsvarianten greifen in den Problemlagen die aktuelle Perspektive auf. Darüber hinaus soll auch von zukünftigen Zeitpunkten wie 2020 auf die heutige Situation geblickt werden, um die zukünftigen Handlungs- und Steuerungserfordernisse zu bestim­men.
Ziel ist es darüber hinaus, mit den Varianten die Bandbreite von möglichen Entwicklungs­richtungen u.a. in den Bereichen Bevölkerung, Haushaltsstruktur, Quartiersentwicklung, Stadterneuerung, Siedlungs- und Verkehrsentwicklung aufzuzeigen.

Hintergrund – Entwicklung zwischen 1990 und heute. Die 90er Jahre waren zwischen 1991 und 2000 durch eine gesamtstädtisch weitgehend konstante Bevölkerungszahl (minus ca. 64.000 Personen bzw. 1,9%), jedoch teilräumlich durch teilweise massive Entwicklungs­unterschiede gekennzeichnet:

·          Deutliche Bevölkerungsverluste waren insbesondere in der peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt (minus ca. 68.000 Pers. bzw. 21%), aber auch in der Innenstadt Ost (minus ca. 23.000 Pers. bzw. 7%) sowie – mit Abstrichen – in der Innenstadt West zu verzeichnen (minus ca. 50.000 Pers. bzw. 5%).

·          In der Außenstadt West sind die Bevölkerungszahlen nahezu unverändert geblieben.

·          Gewinner der Entwicklung war die Außenstadt Ost (ohne die peripheren Großsiedlungen) mit einem Zuwachs von fast 78.000 Personen (plus 12,5%).

·          Die Betrachtung der Gesamtregion zeigt, dass die leichten Verluste der Kernstadt durch die Gewinne im Umland (plus 138.000 Pers. bzw. 20%) überkompensiert werden konn­ten, so dass die Region insgesamt einen Zuwachs von 2,2% oder 94.000 Personen zu verzeichnen hatte.

Vor dem Hintergrund dieser massiven Umverteilungsprozesse stellen sich für die zukünftige Stadtentwicklung grundlegende Fragen wie:

·          Werden die peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt weiterhin deutliche Ein­woh­nerverluste hinnehmen müssen?

·          Ist der Trend in Richtung Bevölkerungsrückgang in der Innenstadt zu stoppen?

·          Wie kann die östliche Innenstadt als Wohnstandort gesichert werden?

·          Welche weiteren Wachstumsperspektiven hat die östliche Außenstadt? Welche Per­spektiven ergeben sich für die westliche Außenstadt?

·          Wird die Abwanderung der Berliner in das Brandenburger Umland wieder zunehmen?

Grundlegende Effekte in den Entwicklungsvarianten. Die Varianten betrachten die Zeit­horizonte 2010, 2020 und 2030, sie stellen keine Prognose dar. Im Folgenden werden die grundlegenden Trends skizziert, ergänzende Darstellungen bieten die Abbildun­gen und die tabellarische Übersicht (vgl. Kap. L).

·          Für die Gesamtstadt wird in der Basis-Variante im laufenden Jahrzehnt noch ein leichter Bevölkerungszuwachs erwartet. Ab 2010 folgt – parallel zur bundesweiten Entwicklung – eine Phase anhaltender Bevölkerungsverluste, die sich nach 2020 beschleunigen. In der positiven Variante erfolgt diese Trendwende erst gegen Ende der Dekade 2010 – 2020; in der negativen Entwicklungsvariante wird bereits im lfd. Jahrzehnt mit anhaltenden Bevölkerungsverlusten gerechnet.

·          Die Entwicklung in der Metropolregion (engerer Verflechtungsraum Berlin – Branden­burg) verläuft in den drei Varianten generell analog zur Entwicklung Berlins. Aufgrund des Wachstums im Umland in der Basis- und in der positiven Variante wird der erwartete Bevölkerungsrückgang abgemildert; in der negativen Variante ergeben sich höhere Bevölkerungsverluste als in Berlin.

·          Für die Innenstadt und den Innenstadtrand ist die Entwicklung bis 2010 in der Basis- und der Positivvariante konstant bzw. ganz leicht positiv. In der Negativ-Variante und ab 2010 auch in den anderen Varianten ist eine mehr oder minder starke rückläufige Bevöl­kerungsentwicklung zugrunde gelegt. Den Hintergrund für diese Annahme bilden

-         die im Vergleich zu den anderen Teilräumen geringere Bautätigkeit, u.a. aufgrund mengen­mäßig geringerer Potenziale in bevorzugten Lagen in Verbindung mit einer Ausrichtung des Neubaus auf höherwertige Form und kleinteilige, integrierte Lagen und

-         die weiterhin ansteigende Zunahme der Wohnfläche je Einwohner, die abhängig von der Ein­kommensentwicklung mehr oder weniger stark ausfällt.

·          Die peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt sind nach wie vor durch eine im Vergleich zur Gesamtstadt überdurchschnittliche Belegungsdichte gekennzeichnet, dabei sind die hohen vorhandenen Leerstandsraten schon berücksichtigt. Die Bevölkerungs­entwicklung ist in allen Varianten durch einen anhaltenden Rückgang gekennzeichnet, weil

-         die Siedlungen durch die extrem ausgeprägte Altersentwicklung und die damit ver­bundene Haushaltsverkleinerung überproportional an Einwohnern verlieren und

-         in diesen Bereichen kaum Wohnbauflächenpotenziale zur Verfügung stehen, die im Falle einer Bebauung zu einer Diversifizierung und damit zu einer Stabilisierung der Bevölkerung führten könnten.[25]

·          Die Außenstadt / Westteil bietet weniger Wohnungsbaupotenziale als der Ostteil, z.T. jedoch in nachgefragten Lagen. Für die Basis-Variante wird bis 2020 eine anhaltend kon­stante Bevölkerungsentwicklung erwartet (Ausgleich von Auflockerung im Bestand durch kleinteiligen Neubau), in der positiven Variante führt verstärkter Neubau zu leichtem Ein­wohnerzuwachs, in der negativen Variante bleibt der Wohnungsneubau aus und die Bevölkerung schrumpft nach 2010.

·          In der Außenstadt / Ostteil war die Entwicklungsdynamik der 1990er Jahre wesentlich durch den Bau der „neuen Vorstädte“ sowie durch Nachverdichtung in Einzelhausge­bieten geprägt. Hier lie­gen weiterhin die umfangreichsten Nachverdichtungs- und Stadt­erweiterungspotenziale für den Wohnungsbau, die in den Entwicklungsvarianten in unterschiedlichem Umfang in Anspruch ge­nommen werden mit der Folge einer Einwoh­nerentwicklung zwischen Stagnation und weiterhin hohen Zuwächsen.

·          Für das Umland wird für die Bevölkerung im Rahmen der

-         positiven Entwicklungsvariante eine Zunahme angenommen, die insbesondere auf einer beschleunigten Suburbanisierung, verursacht durch eine Einkommenssteige­rung der Haus­halte in Berlin, basiert;

-         negativen Entwicklungsvariante eine Abnahme erwartet aufgrund einer nur noch geringen Suburbanisierung, weil Berliner Haushalte aufgrund der Einkommensent­wicklung nicht in der Lage sind, Eigentum zu bilden. Gleichzeitig altern die im Umland lebenden Haushalte.

·          Die drei Entwicklungsvarianten kennzeichnen die Breite der möglichen Entwicklungen (Korridor).

 



 


 



D.   Metropole Berlin in Europa und in der Region

Der Begriff der „Metropole“ bezeichnet große, in politischer, ökonomischer und kultureller Hinsicht führende Städte eines Landes. Mit dem „Raumordnungspolitischen Handlungs­rah­men“ wurde 1995 der Begriff der „europäischen Metropol­regi­onen“ definiert als „räumliche und funktionale Standorte, deren her­ausragende Funktionen im internationalen Maßstab über die nationalen Grenzen hinweg aus­strahlen. Als Motoren der gesellschaft­lichen, wirt­schaft­lichen, sozialen und kulturellen Entwick­lung sollen sie die Leistungs- und Konkur­renz­fähigkeit Deutschlands und Europas erhalten und dazu beitragen, den europäischen Integrations­pro­zess zu beschleunigen.“[26]

Die Ansätze, die Metropolregion zu stärken, beziehen sich auf unterschiedliche Ebenen: neben dem internationalen sind der nationale und der regionale Kon­text gefragt.

Abb. 1: Vision of a new Europe, Quelle: Stadt Wien

 

1.      Metropolregion im internationalen Kontext

Mit der Globalisierung und Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen verbunden ist die Konzentration wichtiger entwicklungsprägender Funktionen auf immer weniger Metropolen und Regionen. Die gegenwärtige Situation im System der Städte, Stadtregionen und Metro­polen ist durch Strukturveränderungen gekennzeichnet. Die Funktionen von Städten und Stadtregionen auf der nationalen und internationalen Ebene wandeln sich; dabei gewinnen die

·          Entscheidungs- und Kontrollfunktion, d.h. die Konzentration von Entscheidungsträgern,

·          Innovations- und Wettbewerbsfunktion, d.h. Erzeugung und Verbreitung von Wissen und Werthaltungen sowie

·          Gateway-Funktion, d.h. die Zugangsmöglichkeiten zu Menschen, Wissen und Märkten

an Bedeutung.

Im Folgenden zeigen beispielhafte Vergleiche zu den unterschiedlichen Funktionen wie Berlin im internationalen Kontext aufgestellt ist:

Entscheidungs- und Kontrollfunktion. Im Jahr 2000 waren unter den zwanzig europäi­schen Städten mit den meisten Firmenzen­tralen der tausend führenden europäischen Unternehmen fünf deutsche Städte mit jeweils acht bis zehn Firmensitzen vertreten; nicht jedoch Berlin mit lediglich drei Firmenzentralen. Der Vergleich mit London (121), Paris (73) oder Madrid (25) zeigt die vorhandenen Unter­schiede.

Gegenwärtig unterscheiden sich Außen- und Innensicht auf die metropolitane Bedeu­tung Berlins und der Region erheblich. In der Außenwahrnehmung belegt Berlin bei Befragungen unterschiedlicher Zielgruppen in den Bereichen Politik, Wirt­schaft, Kultur, Wissenschaft, Geschichte und Unterhaltung Spitzenplätze. Im Gegensatz dazu zeigen Untersuchungen, dass diese Einschätzungen insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Wis­senschaft nicht mit der Wahr­nehmung von innen korrespon­dieren.

Abb. 2: „Best cities to locate a business“

Gateway-Funktion. Die luftver­kehrliche Erschließung der Met­ropole erfolgt über das vorhan­dene Flughafen­system, jedoch fehlt die Nachfrage für transat­lantische und innereuropäi­sche Direktverbin­dungen. Während von Paris, London, Amsterdam und Frankfurt/Main aus ca. 140 Ziele außerhalb Europas im Direktflug erreichbar sind, sind es von Rom ca. 100, von Brüssel ca. 80-100 und von Berlin lediglich 24. Direktflüge nach Kanada und in die USA gibt es gar nicht. Beim Fluggastaufkommen der Welt­flughäfen rangiert der leistungs­stärkste Berliner Flug­hafen Tegel mit ca. 9.9 Mio. Passagie­ren/Jahr an 96. Stelle. Im Ver­gleich der Schienener­reich­barkeit werden die Lage­vorteile Berlins in Richtung MOE-Staaten noch nicht in ausrei­chendem Maße genutzt.

Abb. 3: Kontinentale Ebene – Ver­bindungen zwischen Metropolregionen

Wäh­rend die Einbindung Berlins in die (Hochgeschwindigkeits-)Netze in Richtung Westen sich nach der Wende erheblich verbes­sert hat, bestehen in Richtung Osten, Süden und Norden noch erhebliche Defizite.

Berlin hat gegenüber den internationalen und europäischen Metropolen einen Nachholbedarf in den unterschiedlichen Metropolfunktionen. Dies betrifft insbesondere die Verbesserung der Entscheidungs- und Kontrollfunktion und der Gateway-Funktion. Die Ansiedlung von Unternehmensheadquartern ist ebenso zentral wie der Ausbau der Verkehrsverbindungen.

 

2.      Metropolregion im nationalen Kontext

Textfeld: Berlin im Wettbewerb der Stadtregionen (Einwohner)
Rhein-Ruhr		11,1 Mio.
Berlin			4,34 Mio.
Rhein-Main		3,37 Mio.
Hamburg		3,1 Mio.
Stuttgart			2,6 Mio. 
München		2,45 Mio.
In der Folge der deutschen Teilung hat Berlin den überwiegenden Teil seiner metropolitanen Funktionen im nationalen Kontext verloren. Im Banken-, Medien- und Industrie­sektor war Berlin in der Vorkriegs­zeit führend. Nach dem Krieg und der Teilung Deutschlands wurden sie wegen der geopolitischen und peripheren „Insel“-Lage überwiegend auf andere Städte in Westdeutschland verlagert.
Die deutschen Metropolregionen weisen eine große Bandbreite an Funktions- und Strukturunterschieden auf. Es bildeten sich Spezialisierungen heraus, z.B. Frankfurt als weltweit ein­gebundener Finanzstandort, Berlin als Hauptstadt, Hamburg als Handelsplatz, Stuttgart, Rhein-Ruhr und München als Unternehmensstandorte.

Berlin ist mit 3,4 Mio. Einwohner die mit Abstand größte deutsche Stadt. Als monozentrische Agglomeration nimmt die Metropolregion (engerer Verflechtungsraum) mit einer Bevölke­rungszahl von gegenwärtig 4,32 Mio. Einwohner im bundesdeut­schen Vergleich nach der poly­zentrischen Region Rhein-Ruhr (11,07 Mio.) den zweiten Rang noch vor Rhein-Main (3,37 Mio) ein.[27]
Im Vergleich der Einwohnerver­teilung zwischen Kernstadt und Umland ist die Metropolregion Berlin gegenüber anderen Regi­onen durch eine starke Konzent­ration auf die Kernstädte Berlin und Potsdam geprägt. Etwa 80% der Bevölkerung lebt hier, nur ca. 20% im Umland. In anderen Re­gionen wie beispielsweise Stuttgart ist die Verstädterung des Umlands deutlich stärker, hier ist das Verhältnis zwischen Kernstadt und Umland nahezu umgekehrt.

 


Abb. 4: Bevölkerungsverteilung Kernstädte / Umland 2000, Quelle: SenStadt (2003)

 


Hinsichtlich der Metropolfunktionen ergeben sich für Berlin im Vergleich zu anderen deutschen Metropolen die nachfolgend dargestellten Stärken und Schwächen:[28]

Stärken

Schwächen

·          Staatliche Entscheidungs- und Kontrollfunktionen

·          internationale politische Beziehungen (Botschaften, Konsulate)

·          Verbände, Kammern, andere „Organisationen ohne Erwerbscharakter“

·          Hochschulen, Forschungseinrichtungen

·          kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen (Hochkultur, Off-Kultur, Festivals)

·          Vielfalt sozial-kultureller Szenen

·          Medien, insbesondere Funkmedien

·          bedeutendes Zentrum für Städtetourismus

·          wenige Headquarter großer, insbesondere transnationaler Unternehmen

·          nachrangige Bedeutung als Finanzplatz

·          nachrangige Bedeutung als Standort hochwertiger unternehmensorientierter Dienstleistungen (Rechts- und Wirtschaftsberatung, Wirtschaftswerbung, technische Beratung etc.)

·          wenige supranationale Einrichtungen

·          wenige wissensintensive Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, vergleichsweise niedrige F & E- und Patentdichte

·          nachrangige Bedeutung als Luftverkehrsknoten

·          vergleichsweise geringe Präsenz ausländischer transnationaler Unternehmen.

 

 

 

 

Tab. 1: Metropolregionen im Vergleich

 

Berlin

Hamburg

Rhein-Ruhr

Rhein-Main

München

Entscheidungs- und Kontrollfunktion
– Headquarter
– Finanzwesen
– höhere Wirtschaftsdienste
– Staat
– Organisationen, Verbände


O
o
+
+++
+++


++
o
++
o
+


+++
++
+++
++
++


++
++++
+++
+
++


+++
++
+++
+
+

Innovations- und Wettbewerbsfunktion
– staatliche Forschung
– industrielle F & E
– Kultur


+++
o
+++


+
+
++


++
+++
++


+
+++
+


+++
+++
+++

Gateway-Funktion
– Luftverkehr / HGV-Bahn
– Medien
– Messen, Kongresse
– Handelsvertretungen


+
++
+
+


+
++
+
++


+
++
++
++


+++
+
++
+++


++
++
++
+

Quelle: Blotevogel 2003

Um die vorhandene Stärken für die Positionierung Berlins als Metropole zu nutzen und die Schwächen zu minimieren, sind weitere Chancen und Risiken zu berücksichtigen:

Tab. 2: Chancen und Risiken für die metropolitanen Funktionen Berlins

Chancen

Risiken

·          Konzentration weiterer Funktionen in der Hauptstadt (mittel- bis langfristig)

·          föderaler Staatsaufbau

·          fehlende Notwendigkeit privatwirtschaftliche Headquarter zu verlagern

·          Standortvorteil Hauptstadt „als natürliche erste Wahl“ für transnationale Unternehmen

·          unzureichende Gateway-Funktionen
(Flughafen-Infrastruktur, spezialisierter Arbeits­markt, weltoffenes Klima)

·          Konkurrenz-Ebene ist Europa, nicht nur Deutschland

·          EU-Osterweiterung: Berlin als geopolitischer und geo-ökonomischer Mittelpunkt

·          lange Aufholzeit europäischer Märkte

·          Konkurrenz: Wien, aber auch kostengünstige Standorte in MOE (Warschau, Prag)

·          Potenziale im Forschung, Wissenschaft

·          weiche Standortfaktoren / hohe Attraktivität für junge Menschen (Kultur, Szenen etc.)

·          fehlende private F&E, Restriktionen durch Finanzen für staatliche F&E

·          Umland mit erheblichen Flächenpotenzialen, hoher landschaftlicher und infrastruktureller Attraktivität

·          bestehende Verteilungskonflikte blockieren Kooperation, Fusion erforderlich

·          Leistungen der Stadt als Integrationsmaschine

·          Einschränkung der Integrationsfähigkeit aufgrund von Arbeitslosigkeit etc., Gefahr der sozial-ökonomischen und –kulturellen Zerklüftung, Entstehung fragmentierter „Stadtwelten“

Quelle: Blotevogel, 2003

 

 

 

 

 


Im Hinblick auf die Beschäftigtenentwicklung konnte Berlin in den Jahren zwischen 1998 und 2000 nicht am allgemeinen Zuwachs der großen Großstädte teilhaben, dennoch sind bei den überregionalen Dienstleistungen deutlich positive Entwicklungen zu verzeichnen (vgl. Kap. G). Berlin zählt hierbei in einigen Bereichen (Werbung, Film, TV etc.) zu den dyna­mischsten Standorten in der Republik.[29]

Abb. 5: Beschäftigtenentwicklung bei überregionalen Dienstleistungen, 1998 bis 2002

Die Metropolenfunktionen der Region weiter zu entwickeln, ist eine Querschnittsaufgabe. Die EU-Osterweiterung bietet hierfür kurz- und mittelfristig einen wichtigen Anlass. Wesentlichste Voraussetzung ist ein entsprechendes Selbstverständnis der unterschiedlichen Akteure. Es betrifft auf Seiten der Verwaltung insbesondere die Senats-, aber auch die regionale und die bezirkliche Ebene. In den jeweiligen Handlungsfeldern sind die Schnittstellen zu den darge­stellten „Metropolfunktionen“ auszuloten.

 

3.      Metropolregion im regionalen Kontext

Innerhalb des Gemeinsamen Planungsraumes Berlin-Brandenburg bilden Berlin und der engere Verflechtungsraum die Metropolregion Berlin (metropolitan area). Dieser Kernraum des gemeinsamen Planungsraumes umfasst einen Einwohneranteil von rd. 73% des Gesamtraumes. Insbesondere die Funktionen Berlins als Wirtschafts-, Wissenschafts-, Messe-, Kongress- und Kulturzentrum sowie als Sitz von Bundesregierung und Parlament prägen das Gesicht der Metropolregion und sind Stärken des gemeinsamen Planungs­rau­mes. Mit seinen Entwicklungspotenzialen hat die Metropolregion eine wichtige Magnet­funk­tion für die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig bedarf es angesichts sich abzeichnender gravierender Bevölkerungsabnahmen in Ostdeutschland der Auseinandersetzung zum Um­gang mit Schrumpfungsprozessen. Nach Überwindung der deutschen Teilung befinden sich die Wirtschafts- und Siedlungsstruktur Ostdeutschlands erneut in einer Phase gravie­render Umstrukturierungen. Mit der EU-Osterweiterung wrid sich dieser Prozess noch ver­stärken.

 

Bevölkerung und Pendler


Die Wachstumserwartungen für die Region, über die Anfang der 1990er Jahre ein breiter Konsens bestand, haben sich als unrealistisch hoch erwiesen. Immerhin stieg die Bevölke­rungszahl in der Berliner Metropolregion (metropolitan area) zwischen 1989 und 2002 um rd. 150.000 Einwohner. Die Metropolregion setzt sich damit deutlich von der Brandenburgischen Peripherie, dem „äußeren Entwicklungsraum“, ab, der im selben Zeitraum rd. 233.000 Ein­wohner verlor.

Parallel zur Bevölkerungs-Suburbanisierung gewinnen die Pendlerbeziehungen im gemein­samen Planungsraum Berlin-Brandenburg an Bedeutung. Von 1995 bis 2002 stieg die Zahl der Einpendler nach Berlin um 41%, die der Auspendler um 40%. Von den 191.000 Ein­pendlern (2002) haben 66% ihren Wohnsitz im Berliner Umland und weitere 10% im übrigen Brandenburg. Bei den Auspendler­zahlen sind die Verflechtungen innerhalb der Metropolregion weniger ausgeprägt. Von 113.000 Auspendlern aus Berlin (2002) haben nur 44% ihren Arbeitsplatz im Berliner Umland. Nahezu genauso hoch ist der Anteil der Auspendler mit einem Arbeits­platz in den alten Bundesländern.

Auch zukünftig wird die Zahl der Pendler an­steigen, allerdings parallel zur rück­läufigen Wohn-Suburbanisierung mit verringerter In­tensität. Darüber hinaus sind aufgrund der ange­spannten wirtschaftlichen Situation immer mehr Menschen bereit, immer weitere Wege zur Erreichung des Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.

 

Die Metropolregion als Impulsgeberin für die wirtschaftliche Entwicklung

Seit der deutschen Vereinigung entwickeln sicht die Verflechtungsbeziehungen zwischen Berlin und Brandenburg vergleichbar anderen Großstadtregionen. Berlin und Brandenburg bilden einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum, der in den Teilräumen Berlin, engerer Verflechtungsraum und äußerer Entwicklungsraum sehr unterschiedlich strukturiert ist. In allen Teilräumen hat die Nachwendezeit gravierende Veränderungen der Wirtschaftsstruktur gebracht. In den peripheren Räumen Brandenburgs haben die bisherigen Siedlungsmuster ihre Bedeutung weitgehend verloren. Besonders stark betroffen sind die Standorte der Altin­dustrie sowie die von der Planwirtschaft industrialisierten ländlichen Räume. Auch die tech­nisierte Landwirtschaft bietet kaum noch Arbeitsplätze. Demgegenüber steht die Konzentra­tionsdynamik der Informations- und Wissensgesellschaft.

Der Metropolregion Berlin als wichtigstem zusammenhängenden Arbeitsmarkt Ostdeutsch­lands kommt daher eine besondere Rolle bei der wirtschaftlichen Stabilisierung und Innova­tion zu. Die wirtschaftliche Impulskraft Berlins, die bereits heute weit in die neuen Bundes­länder reicht, ist in der Konkurrenz zu anderen Stadtregionen zu stärken. Die Verbesserung der Ausstrahlungskraft Berlins als wirtschaftlicher Impulsgeber ist somit auch ein wichtiger Standortfaktor für Bran­denburg.

Wachstumsperspektiven im Raum Berlin-Brandenburg bestehen insbesondere in den Bran­chen Biotechnologie, Verkehrstechnik, Optische Technologien und Medienwirtschaft, in denen bereits gemeinsame Netzwerke bzw. Einrichtungen zur Förderung entstanden, wie z.B. BIO-TOP Berlin-Brandenburg, Op Tec Berlin-Brandenburg, Berlin-Brandenburg Aero­space Alliance oder die regionale Kooperation im Filmbereich mit den Produktionsstandorten in Adlershof und Babelsberg sowie dem gemeinsamen Medienboard. Standorte der Zukunftsbranchen, die auf eine enge Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft aufbauen, sind der Wissenschafts­standort Adlershof, der Bio- und Medizincampus in Buch oder der Forschungsstandort in Potsdam/Golm. Standorte wie die Werke von Daimler-Crysler in Ludwigsfeld und Berlin oder das Rolls-Royce-Flugzeugmotorenwerk in Dahlewitz tragen wesentlich zur wirtschaftlichen Attraktivität der Metropolregion bei.
Die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg im Rahmen der Wirtschaftsförderung ist weiter auszubauen und zu harmonisieren, dies betrifft insbesondere das regionale Marke­ting.

 

Stadt und Land – Tourismus als Wirtschafts- und Imagefaktor

Der Tourismus hat einen immer stärkeren Anteil an der Wirtschaftsentwicklung erreicht. Berlin und Brandenburg verfügen über ein großes Potenzial an urbaner Kultur, historischer Kulturlandschaft und weitläufigen Landschaftsräumen. Ein international bekannter Image­träger der Metropolregion ist die Kulturlandschaft der preußischen Schlösser und Gärten in Potsdam und Berlin. Brandenburg bietet darüber hinaus auf Grund seiner Siedlungsstruktur noch weitläufige, von Weite, Ruhe und Leere geprägte Landschaftsräume wie das Oder­bruch, den Spreewald, die Prignitz, die Uckermark oder auch die Folgelandschaften des Braunkohlenabbaus mit ihrem ganz eigenen Charakter. Wald- und Seenlandschaften sowie historische Stadtkerne runden das Bild ab. Zudem ist in den letzten Jahren eine Reihe von Termalbädern entstanden. Damit sind dort die Voraussetzungen für Ganzjahrestourismus verbessert worden. Brandenburg profitiert auch im Tourismus von der Nachbarschaft zu Berlin (vgl. Kap. K). Berlin bietet eine reiche Vielfalt an Theatern, Opernhäusern und Museen. Weitere Schwerpunkte Berlins sind der Kongress-Tourismus sowie touristisches Shopping.

Zur Stärkung des Tourismus ist das Marketing für die Region zu verbessern, auch um Synergien zwischen Land und Stadt zu ermöglichen. Dabei kann die Inszenierung von Landschaften und Kulturveranstaltungen (z.B. Preußenjahr 2001, IBA Fürst-Pückler) einen strategischen Ansatz darstellen.

 

4.      Perspektivische Handlungsansätze - Schlussfolgerungen

Die Profilierung metropolitaner Funktionen und deren sektorenübergreifende instrumentelle Sicherung ist eine Herausforderung und herausragende Aufgabe der künftigen Stadt- und Regionalentwicklung. Dies steht im Spannungsfeld von Konkurrenz und Kooperation der Metropolregionen auf internationaler und nationaler Ebene. Profilbildene Funktionen, insbesondere

·          Hauptstadtfunktion und politische Integrationsfunktion (einschl. polit. Mittlerfunktion zwischen Ost und West sowie Steuerungs- und Kontrollfunktionen)

·          Kulturfunktion

·          Messefunktion

·          Wissenschaftsfunktion

sollten ein besonderes Gewicht in der strategischen Entwicklung und im Marketing nach innen und außen erhalten.

Der Metropolenraum nimmt als Impulsgeber für die Entwicklung des Gesamtraumes eine besondere Rolle ein. Auf Grund der verschiedenen funktionalen Beziehungen von Metropole, engerem Verflechtungsraum und äußerem Entwicklungsraum bedarf es unterschiedlicher Strategien für den Gemeinsamen Planungsraum beider Länder, für den Stadt-Umland-Raum sowie für die Lösung der spezifischen Strukturprobleme des äußeren Entwicklungsraumes.

Mit der Rolle der Metropole als Zentrum der Wissenschaft gilt es, diese günstigen wirt­schaftspolitischen Ausgangsvoraussetzungen noch stärker in den Wettbewerb mit den ande­ren Wirtschaftsräumen in Deutschlands ins Gewicht zu bringen und insbesondere wirt­schaftsbezogene und durch die Wirtschaft getragene Forschung und Entwicklung an Metro­pole und Region zu binden. Wie in anderen erfolgreichen Metropolregionen müssen neben der Schaffung attraktiver Standorte für Wissenschaft und Forschung diese Funktionen stär­ker als bisher mit unternehmerischen Entscheidungen und Netzwerken verknüpft werden. Es muss noch stärker gelingen, Ansiedlungsbereitschaft auch mit Wertschöpfungsketten in der Region zu verbinden.

Aufgrund seiner zentralen Lage im Gesamtraum weist der engere Verflechtungsraum poli­tisch-administrative Fühlungsvorteile auf. Er besitzt ein bedeutsames Gefüge an For­schungs-, Entwicklungs- und Ausbildungseinrichtungen, an Instituten, Universitäten und Fachhochschulen, insbesondere in der Bundeshauptstadt Berlin und auch der Landeshaupt­stadt Potsdam. Damit verfügt er über hervorragende Voraussetzungen für das Wiedererlan­gen und auch die neue Etablierung von Headquarter-Funktionen im europäischen Maßstab. Daraus resultieren Lagevorteile vor allem für Unternehmungen mit hohem Zentralitätsgrad und im Dienstleistungsbereich.

Ein wichtiger Standortfaktor für die (Wieder-)Ansiedlung von internationalen Unternehmen ist die Einbindung und Komplettierung Berlins in das internationale und globale Verkehrsnetz. So wird es Aufgabe der nächsten Jahre sein, der guten Anbindung der Region auf Schiene und Straße Richtung Westen eine entsprechende in das mittel- und osteuropäische Netz zu verschaffen. Besondere Bedeutung haben dabei die Verbindungen in die dynamischen Wachstumsräume Osteuropas, insbesondere das mitteleuropäische Dreieck Wroclaw – Krakow – Praha, und die Achse Poznan-Warszawa sowie die Verbindung nach Szczeczin.

Die gemeinsame Darstellung von Berlin und Brandenburg als Wirtschafts-, Sozial- sowie Landschafts- und Kulturraum mit differenzierten Standortqualitäten ist weiter auszubauen, Dies betrifft auch die planerischen Handlungsstrategien für die weitere Siedlungs- und Verkehrsentwicklung. In diesem Zusammenhang gilt es, den Begriff der Metropolregion konzeptionell auszugestalten.

 


E.   Flächenpotenziale

Das Thema Flächenpotenziale hat unterschiedliche Facetten. Flächen sind zum einen die notwendige Ressource für die Umsetzung planerischer Konzepte, zum anderen sind sie auch immer Bestandteil des Naturhaushalts. Auf diese beiden Eigenschaften, daraus resul­tierende Zielsetzungen sowie perspektivische Ansätze für die Stadtentwicklung wird im Fol­genden eingegangen.

 

1.      Planungsressource „Fläche“

Zur bisherigen und künftigen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen hat die Analyse der Flächeninanspruchnahme der letzten zehn Jahren folgende wesentliche Ergebnisse ermittelt (alle Zahlen gerundet): [30]

Tab. 3: Potenziale und Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen

 

Potenziale insg. ab 1990

Inanspruchnahme
1991 – 2000

Flächenpotenziale
ab 2001

Innenentwicklung[31]

5.150 ha

1.080 ha (21%)

4.070 ha (79%)


davon Umnutzungsflächen


3.730 ha


610 ha (16%)


3.120 ha (84%)

Außenentwicklung[32]

2.100 ha

340 ha (16%)

1.760 ha (84%)

Summe
Innen- u. Außenentwicklung


7.250 ha


1.420 ha (20%)


5.830 ha (80%)

Quelle: SenStadt (2002): Stadtentwicklung 2000, Bericht zur Flächenentwicklung 1990 – 2000 / 2001 – 2020

Berlin verfügt aktuell über ein sehr umfangreiches Flächenangebot für alle baulichen Nut­zungsarten. Daher besteht mittelfristig kein grundsätzliches Erfordernis, nach zusätzlichen, über die im FNP dargestellten Siedlungsflächen hinausgehenden, Bebauungsmöglichkeiten im Stadtgebiet zu suchen.

In erster Linie bieten die Flächenpotenziale die Chance, auf Flächennachfragen flexibel zu rea­gieren. Generell sind hierfür neue Strategien für eine gezielte Flächenaktivierung[33] zu entwickeln bzw. die Wirksamkeit bestehender Steuerungsansätze ist zu verbessern[34], um im Bedarfsfalle eine tatsächliche Verfügbarkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Prioritä­tensetzungen und Strategien (Konzepte für temporäre Nutzungen etc.) für den Umgang mit längerfristig nicht zu aktivie­renden Flächen notwendig.

Das Planungsziel „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, das auch dem Nachhaltigkeits­aspekt Rechnung trägt, ist lang­fristig umsetzbar und behält seine Bedeutung.[35] Vor dem Hintergrund, dass der Neubaulandausweisung in den meisten Großstädten eine große Bedeutung für die Wohn­baulandversorgung beigemessen wird, ergibt sich für die Innen­entwicklung im Berliner Stadtgebiet[36] der Bedarf nach einer wesentlich differenzierteren Steuerungsstrategie.

Für „Konzepträume“ wie die Flughäfen Tegel und Tempelhof mit ihren umfangreichen Flä­chen sind bedarfs- und umsetzungsori­en­tierte Nutzungsprofile zu entwickeln. Weitere Freiraum-Inanspruchnahme, ins­besondere für neue Gewerbeflächen und für den Ein­familienhausbau, ist nur für Maß­nahmen von höchster stadtpolitischer Bedeutung notwendig und zu rechtfertigen.

Die Berliner Baulandsituation wird auch künftig durch die Entwicklung im Umland maßgeblich beeinflusst. Aus dem Bodenpreis­ge­fälle zwischen Berlin und den Brandenburgischen Umlandgemeinden resultieren erheb­liche Konkurrenzen. Diese schwächen die in Berlin vorhandene Standortqualität der grund­sätzlich ausreichenden Flächenkapazitäten und lösen ein zusätzliches Steuerungserforder­nis aus. Das betrifft damit auch die regionale Diskussion zur Siedlungsflächenentwicklung.[37]

 

Stadträumliche und -regionale Entwicklungstrends

Suburbanisierung. In der Berliner Region hat sich die Wohn-Suburbanisierung seit 1998 deutlich verlangsamt. Dennoch ist derzeit nicht erkennbar, dass der Trend nach Siedlungs­flächenwachstum im Umland der Kernstädte vollständig gestoppt oder umgekehrt wird.[38] Das Umland ist das Wanderungsziel der Kernstadt-Suburbanisierer, gewinnt aber auch durch Land-Stadt-Wanderer. Auch in Berlin bzw. im Berliner Umland vollziehen sich der­artige Prozesse. In Verbindung mit einem geringen wirtschaftlichen Wachstum und der lang­fristig zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung (Stagnation und gleichzeitige Alterung) ist anzunehmen, dass sich die Zuwachsraten der Freiflächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsfläche langfristig abschwächen können.[39]
In Verbindung mit den angenommenen Trends der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwick­lung sind zwischen Kernstadt und Umland, aber auch in den Kernstädten zunehmende soziale und ethnische Segregationsprozesse zu erwarten, die aktuell die Entwicklung und den Einsatz von Präventionsstrategien erforderlich machen, um gegenzusteuern.

Der wachsende Siedlungsflächenverbrauch durch Suburbanisierungsprozesse, der insbe­sondere durch den Wohnungsbau getragen wird, geht mit negativen finanziellen Folgen (geringere Ausnut­zung vorhandener Infrastrukturen und ggf. Umbauerfordernisse etc.) und höheren Umweltbelastung­en beispielsweise durch zunehmende Verkehrsmengen einher. Damit verschlechtert sich die innerstädtische Wohn- und Lebensqualität, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen. Dies wirkt wiederum auf die Umzugsbereitschaft von Haushalten zurück. Innerhalb der Regionen löst die Suburbanisierung zunehmende Tangentialverkehre aus, die veränderte Infrastrukturen sowie veränderte Ver­kehrs- und insbesondere ÖV-Angebote erforderlich machen.

Innenentwicklung. Parallel zur Suburbanisierung nimmt die Nutzungsdichte in den Kern­städten ab, weil flächenintensive gewerbliche Nutzungen (u.a. gewerbliche Produktion, Logistik etc.) aufgegeben werden und bis zu einer – i.d.R. höherwertigen – Nachnutzung über längere Zeiträume brach liegen. Zusätzlich zu diesen Potenzialen weist Berlin auf­grund von Nutzungsaufgaben im Freiflächensektor (z. B. Friedhöfe) einen weiteren Zuwachs an nachzunutzenden Flächen auf. In Wohngebieten nimmt die Nutzungsdichte durch Abwanderung, Verkleinerung der Haushaltsgrößen und Alterung ab, daraus resultie­ren ebenfalls umfangreiche Stadtumbauerfordernisse (insbes. für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur).
Vor diesem Hintergrund behält das Ziel der Innenentwicklung auch zukünftig seine zent­rale strategische Bedeutung. Beispiele[40] zeigen, dass eine konsequente Wiedernutzung von brachgefallenen Nutzungen ausreichende Flächenpotenziale bietet, um vorhandene Flächennachfragen zu befriedi­gen. Steuerungsinstrumente wie ein kommunales Flächen­management stellen neben notwendigen Änderungen im Steuerrecht (z. B. Diskussion um Ersatz der Grundsteuer durch eine Bodenwertsteuer etc.) hierfür einen wichtigen Ansatz dar. Eine Aufgabe wird es in diesem Zusammenhang sein, im Rahmen der Brachflächen-Revi­talisierung für die prinzipiell nicht mehr erforderlichen Flächen gegenüber den großen inner­städtischen Grundbesitzern (DB AG, Post, Industrie, Kirchen etc.) umfeld- und nutzungs­verträgliche Verwertungskonzepte sowie Preisvorstellungen, die an den Zielen der Innenentwicklung orientiert sind, durchzusetzen.

2.      Flächeninanspruch­nahme

In Berlin hat in den letzten fünf­zig Jahren trotz einer konstanten Einwohnerzahl von etwa 3,4 Mio. die Siedlungs- Ver­kehrsfläche erheblich zuge­nommen (+ 23.000 ha).

Abb. 6: Entwicklung der Einwohner, Siedlungs- u. Verkehrsfläche, Woh­nungen u. Wohnfläche je Einwohn­er zwischen 1950 und 1999

Die maßgeblichen Ursachen sind eine erhebliche Steigerung der Wohnungszahlen und des damit einhergehenden individuellen Wohnflächenkonsums, die zunehmende Motorisierung und die flächenbeanspruchende Modernisierung von Produktion und Logistik. Hinter diesen Entwicklungen steht der Abbau von Mangelsituationen und die Wohlstands- und Einkom­mens­steigerungen seit der Nach­kriegszeit.

Abhängig von der Einkommens­entwicklung ist auch zukünftig ein weiterer Anstieg der indi­viduellen Wohnflächen möglich, dennoch ist davon auszugehen, dass sich die Entwicklungs­raten und somit die Nachfrage nach Siedlungs- und Verkehrs­flächen insgesamt abschwä­chen werden. Auch für die Flächeninanspruchnahme werden qualitative Verände­rungen des Bestands (s.o. Nut­zungsveränderungen etc.) im Vorder­grund stehen.

Die Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke ist in Berlin im letzten Jahrzehnt zurück­gegangen. Für Berlin wurde ermittelt, dass sich die Inanspruchnahme von Freiflächen für die Siedlungsentwicklung in der Dekade von 1990 bis 2000 deutlich verringert hat (vgl. Kap. H, S. 69). Gegenüber einer Flächeninanspruch­nahme von durchschnittlich 370 ha/Jahr noch im Zeit­raum zwischen 1980 und 1990, waren es gemäß Umweltatlas im letzten Jahrzehnt nur noch 48 ha/Jahr.[41]

Aufgrund der nachholenden Suburbanisierung war zeitgleich jedoch eine deutliche Zunahme des Flächenverbrauchs im Umland zu verzeichnen. Die langfristige Entwicklung zeigt, dass im Grundsatz die Prozesse zwischen Einwohner- und Flächenentwicklung entkoppelt sind, d.h. eine Flächeninanspruchnahme auch dann erfolgt, wenn die Einwohnerzahl konstant oder gar rückläufig ist. Diese Entwicklung ist maßgeblich durch die Wirtschaftsentwicklung bestimmt, da bei steigenden Einkommen und entspannten Wohnungsmärkten i.d.R. die pri­vaten Haushalte mehr Wohnflächen in Anspruch nehmen und somit der Druck auf eine wei­tere Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungszwecke anhält.

Mit dem Ziel einer nachhalti­gen Siedlungsentwicklung bleibt die weitere Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke eng ver­bunden. Mit dem für Berlin formu­lierten Vorrang der Innen- vor der Außenentwick­lung wird dieser Zielsetzung wesentlich ent­sprochen.[42]

 

a)      Bodenschutz

Böden stellen eine besondere Ressource dar, weil sie i.d.R. nicht wiederherstellbar sind, wenn sie einmal für bauliche Nutzungen in Anspruch genommen wurden. Eine nachhaltige Nutzung soll einen sparsamen und schonenden Umgang mit der Ressource Boden erreichen sowie Schädigungen und Gefahren für die Böden vermeiden bzw. vermindern. Die künftige Nutzbarkeit der Böden darf durch die gegenwärtige Nutzung möglichst wenig eingeschränkt werden. Einer irreversiblen Schädigung der natürlichen Bodenfunktionen muss insbesondere aufgrund der begrenzten Sanierungsmöglichkeiten entgegengewirkt werden. Daher besteht die Notwendigkeit, Vorsorgegesichtspunkte zum Schutz der Böden und ihrer ökologischen Funktionen im Planungsprozess stärker zu berücksichtigen.

Mit Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes im Jahre 1999 ist neben den Umwelt­medien Wasser und Luft sowie dem Naturschutz nunmehr auch der Boden als schützens­wertes Gut in das Licht der Öffentlichkeit getreten. Der vorsorgende Bodenschutz bezieht sich vor allem auf die auch in diesem Gesetz genannten Funktionen, die Böden aufweisen können und abhängig von den Eigenschaften der Böden unterschiedlich ausgeprägt sind (Lebensraumfunktion für die natürliche Vegetation, Ertragsfunktion für Kulturpflanzen, Puffer- und Filterfunktion, Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt, Archivfunktion für die Natur­geschichte). Bodenschutz ist darauf gerichtet, diese Funktionen zu erhalten.

Im Rahmen der Arbeiten zur Bodenschutzkonzeption für das Land Berlin wurden die Böden im Hinblick auf die unterschiedlichen Bodenfunktionen bewertet und abschließend eine zusammenfassende Darstellung der Leistungsfähigkeit der Böden in einer Synthesekarte vorgenommen. Diese Synthesekarte zeigt die Leistungsfähigkeit der Böden zur Erfüllung der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion. Ziel dieser Karte ist es, auf der Basis der vorliegenden Daten die Leistungsfähigkeit der Böden in einem ersten Ansatz in seiner Gesamtheit bewerten zu können.

Aus der Karte (vgl. Abb. 7) wird deutlich, dass eine große Anzahl besonders schützenswer­ter wert­voller Böden im Land Berlin durch die Ausweisung als Schutzgebiete nach Natur­schutz- und Wasserrecht bereits weitgehend vor einer weiteren Inanspruchnahme für bau­liche Nut­zungen geschützt sind. Insbesondere im Süd- und Nordosten Berlins befinden sich jedoch Gebiete, die aus Bodenschutzaspekten als schutzwürdig anzusehen sind, aber bis­lang durch andere Schutzkategorien nicht erfasst wurden.


Abb. 7: Leistungsfähigkeit der Böden (Quelle: SenStadt, IX B / IX C, Stand: 03/2003)

Die Ansprüche des Bodenschutzes sind zukünftig bei der Stadtentwicklungsplanung ver­stärkt zu berücksichtigen. Um Böden wirksamer zu schützen, sind im Rahmen der Fort­schreibung des LaPro Aussagen zur Leistungsfähigkeit der Böden zu integrieren. Für hoch­wertige Böden, die bislang nicht durch Schutzkategorien erfasst wurden, ist zu prüfen, ob eine Änderung des FNP erforderlicht ist. Der Bodenschutz stellt darüber hinaus einen wichtigen Abwägungsbelang für die Bauleitplanung dar.

 

b)     Restriktionen wegen Altlastensicherung

Prinzipiell kann davon ausgegangen werden, dass es im Hinblick auf die gesamtstädtische räumliche Entwicklungsplanung nicht von vorn herein Restriktionen wegen Altlasten gibt. Auch ehemalige Industrie- und Gewerbegebiete und ggf. daraus resultierende heutige Brachflächen, bei denen Boden- und Grundwasserverunreinigungen vermutet werden bzw. nachgewiesen wurden, können so saniert werden, dass auch eine höherwertige Nutzung z.B. in Richtung Wohnbebauung möglich ist. Allerdings kann nur im Einzelfall entschieden werden, ob die hierfür notwendigen finanziellen Aufwendungen im angemessenen Verhältnis zur neuen Nutzung stehen.

Eine frühzeitige Einbindung der zuständigen Behörde in der Planungsphase kann jedenfalls eine erhebliche Kosteneinsparung bei der Sanierung zur Folge haben, da die tatsächliche Nutzung auf die vorhandene Belastungssituation abgestimmt werden kann.

 

3.      Perspektivische Handlungsansätze Flächeninanspruchnahme

Die umfangreichen Flächenpotenziale für bauliche Nutzungen sind eine Chance, die Stadt­entwicklung Berlins ohne Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich durchzufüh­ren. Preistreibende Flächenengpässe – wie in anderen westdeutschen Großstädten und den europäischen Metropolen Paris und London – sind auf absehbare Zeit nicht vorhanden. Gleichzeitig erschweren die umfangreichen Flächenangebote die Steuerung von Nutzungen auf die planerisch erwünschten Standorte. Auch der Vorrang der Innenentwicklung ist nicht immer konfliktfrei; nicht die Verdichtung um jeden Preis, sondern eine qualifizierte Innenent­wicklung, die stadtökologische und -ökonomische Anforderungen ausgleicht, ist das Ziel.
Insgesamt ist die regionale Perspektive in die Strategie-Entwicklung zur Minimierung und Steuerung der Flächeninanspruchnahme einzubinden.

Im Flächennutzungsplan sind Bauflächendarstellungen enthalten, deren Inanspruchnahme nachrangig – d.h. in Abhängigkeit von der Bedarfsentwicklung – erfolgen soll. Um die plane­rische Steuerung zu verbessern, sind für diese nachrangigen Flächenkulissen des FNP[43] stärkere Bindungswirkungen für eine Inanspruchnahme der betroffenen Flächen zu entwi­ckeln und bei der Umsetzung von Planungen zu berücksichtigen. Vorrangig ist, die Inan­spruchnahme von Bauflächen, die bislang faktisch Freiflächen im Außenbereich sind, an eine veränderte Bedarfsprüfung und politische Bestätigung zu binden. Dabei sind auch ver­stärkt die Anforderungen des Boden-, Klima und Grundwasserschutzes zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sind Instrumente erforderlich, die die Realentwicklung der Flächeninan­spruchnahme darstellen und analysieren, um dadurch letztlich die Steuerungsnotwendig­keiten und -möglichkeiten zu begründen und zu verbessern. Dies kann im Rahmen eines Monitorings erfolgen. Dafür ist zu prüfen, ob die vorhandenen Ansätze des Umweltatlas´ und des Flächenberichts verknüpft werden können. Eine gemeinsame Definition der Flächen­inanspruchnahme als Abgren­zung von Siedlungs- und Freifläche sollte entwickelt werden.

Weitere Ansätze, um die Flächeninanspruchnahme zu beeinflussen, sind die Unterstützung des Flächenrecyclings und hier insbesondere die Bereitstellung von Informationen über Möglichkeiten der Wiedernutzung. Mit dem Baulückenmanagement liegt für die Innenstadt­bezirke ein erstes Instrument zur Aktivierung von Brachflächen in bereits bestehenden Sied­lungsgebie­ten vor. Ziel dieses Instruments ist es, durch Informationsbereitstellung die nutz­baren Flä­chen im Innenbereich aufzuzeigen und damit die Wiedernutzungsrate vorhandener kleintei­liger Flächenpotenziale zu verbessern.

Die faktische Steuerungswirkung planerischer Instrumente ist begrenzt, weil die Siedlungs­entwicklung und damit die Flächeninanspruchnahme maßgeblich durch Faktoren beeinflusst wird, die auf Bundesebene geregelt werden, z.B. Steuergesetzgebung mit Eigenheimzulage und Kilometerpauschale.

Um dennoch die instrumentelle Steuerungswirkung auf Landesebene zu verbessern, bietet sich die Definition von Qualitätszielen für die Inanspruchnahme von Freiflächen an. Auf der Bundesebene wird die Reduktion der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrs­zwecke von gegenwärtig knapp 120 ha / Tag auf 30 ha / Tag im Jahr 2020 verfolgt. Ein ent­sprechendes Qualitätsziel ist für Berlin zu entwickeln.[44] Gleichzeitig sind in der Zielent­wick­lung die besonderen Bedingungen einer geringen Nachfrage nach Bauflächen bzw. des Stadtumbaus mit punktuellen Rückbau-Erfordernissen zu berücksichtigen.


F.    Baustein Wohnen / Soziale Stadt

1.      Textfeld: Phase I	Fertigstellung Plattensiedlungen im Ostteil (bis 1992)
 	kleinteilige Bestandsergänzung im Westteil 
Phase II	Dominanz von Großprojekten (seit 1993)
 	Neue Vorstädte (1993 – 1997)
 	Entwicklungsmaßnahmen
Phase III	Initiativen zur Eigentumsbildung (1997 – 2000)
Phase IV	Konsolidierung (ab 2001) 
Wohnungsneubau

Der Wohnungsneubau in Berlin hat sich seit der Wende in vier Phasen[45] vollzogen. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 2000 in Berlin rund 150.000 Wohnungen neu errichtet.[46] Hier­bei bilden Maßnahmen der kleinteiligen städtebaulichen Be­standsergänzung einen wesent­lichen Schwerpunkt, sie umfas­sen etwa 60% aller Neubaumaßnahmen.[47] Die Inanspruchnahme von Flächen im Außenbe­reich für Wohnzwecke, die insbesondere Mitte der 90er Jahre durch die neuen Vorstädte erfolgte, hatte nur einen Anteil von ca. 9% an den Fertigstellungen.

Tab. 4: Wohnungsneubau 1991 – 2000 in Berlin

Wohnungsneubau 1991 – 2000

 

Bemerkungen

Innenentwicklung

darunter:

kleinteilige Maßnahmen

136.000 WE

 

90.000 WE

91%

 



< 100 WE, Baulücken, Nachverdichtung etc.

Außenentwicklung

  13.600 WE

9%

Stadterweiterung. u.a. „Neue Vorstädte“

Summe

150.000 WE

 

 

Nach dem Maximum im Jahr 1997 mit ca. 56.000 WE innerhalb des engeren Verflechtungs­raums Berlin – Brandenburg (eV) ist die Fertigstellung von Wohnungen rückläufig. Dies ba­siert insbesondere auf einem Rückgang des Geschosswohnungsbaus sowohl in Berlin als auch im Umland. Ursachen sind u.a. Änderungen in der Steuergesetzgebung (Auslaufen der Sonder-Afa). Demgegenüber ist die Entwicklung im Eigenheimsektor des Umlands nach einem Maximum in 1998/1999 durch eine leicht abnehmende Zahl von Fertigstellungen ge­kennzeichnet. [48] In Berlin schwankt seit 1997 der jährliche Zuwachs an Eigenheim-Wohnun­gen[49] zwischen ca. 3.000 und 3.700 WE.

 


 


In Zusammenhang mit den realisierten Fertigstellungszahlen steht auch die Ent­wicklung im Bereich der Woh­nungsbau­förderung. In den Jahren zwischen 1991 und 2001 wur­den ins­gesamt 97.000 WE durch unterschiedl­iche Programm­ansätze des Landes Berlins öffentlich gefördert. Während zu Beginn des Zeit­raums vorrangig der Mietwohnungsbau gefördert wurde, der Förderungshöhe­punkt lag im Jahr 1994 mit 15.000 WE, hat sich bis 2001 der Umfang generell in starkem Maße verringert und der Schwerpunkt vollständig auf die Ei­gentumsförderung verlagert; 2002 wurde auch diese Förderung eingestellt.

 

Die nebenstehende Abbildung verdeut­licht die räumlichen Schwerpunkte der Wohnungs­bauent­wicklung zwischen 1993 und 1999.

 

 

 

 

 

 

 

 

2.      Leerstand von Wohnraum

Im Jahr 2002 wurden in Berlin rd. 120.000 leerstehende vermietbare Wohnungen ge­schätzt.[50] Nach Abzug einer Fluktuationsreserve (3% des Wohnungsbestands) hatte der kritische Leerstand damit einen Umfang von rd. 64.000 Wohnungen (ca. 3,4% des Woh­nungsbestands). Der Leer­stand konzentriert sich schwerpunktmäßig auf unsanierte Bestände in Altbauquartieren und in den Großsiedlungen des „Komplexen Woh­nungsbaus“ im Ostteil Berlins. Darüber hinaus werden größere Leerstände auch in Berei­chen vermutet, deren Preis-Leistungsverhältnis nicht stimmig ist.
Im Vergleich zu ostdeutschen Städten sind die Leerstände auf gesamtstädtischem Niveau wesentlich geringer, die Konkurrenz zwischen den unterschiedlichen Wohnungsbeständen innerhalb Berlins verschärft sich jedoch zunehmend.

Differenziert nach Gebäudetypen und –lagen zeigen sich (s.u. Abb.) für die Mehrfamilien­häuser, unab­hängig von der sied­lungs­strukturellen Lage, erhebliche Unterschiede zwi­schen den beiden Stadthälften, wobei der Ostteil insgesamt immer noch relativ stärker von Leerstand betroffen ist.[51]

Für die Akzeptanz der Platten-Siedlungen sind u.a. die Lage, Wohnungsausstattung, Woh­nungsgrundriss, Gebäudezustand, Wohnumfeld, Nahversorgung, Verkehrsanbindung, Ent­fernung zum Arbeitsplatz und das Image des Gebietes mitentscheidende Kriterien für Verbleib oder Zuzug von Mietern.

In den östlichen Sanierungsgebieten lag die Leerstandsquote im Jahr 2000 durchschnittlich bei 14%, sie schwankt zwischen 2% in der Spandauer Vorstadt und 28% im Gebiet Trave­platz-Ostkreuz. Umfangreiche Leerstände betrafen hier vorrangig Bereiche in der Sanie­rungsphase und solche, die durch schlechte Wohn- und Lagequalitäten gekennzeichnet sind.


 


In Berlin sind nach der Abschwächung der großen Abwanderungswelle im Zeitraum von 1996 bis 2000 wieder Bevölkerungsgewinne zu verzeichnen (2001: 6.000 Personen, 2002: 4.000 Personen). Parallel dazu verkleinern sich die Größen der privaten Haushalte. Zwi­schen 1993 und 2002 hat die Zahl der Haushalte jährlich etwa um 6.000 zugenommen. Mit­telfristig ist mit einer sich abschwächenden Zunahme der Haushaltszahlen zu rechnen. Der Abbau des Leerstandes wird im Wesentlichen davon abhängen, inwieweit sich das vorhan­dene Wohnungsangebot dem sich zunehmend differenzierenden Nachfrageverhalten anpassen kann.

 

3.      Stadterneuerung / Stadtumbau

Die Förderprogramme des Landes Berlin, die für Stadter­neuerung, Modernisierung und Instandhaltung seit 1989 einge­setzt wurden, spiegeln die unterschiedlichen Phasen und Probleme des Wohnungsbaus wider (bis 1992 Leerstands­beseitigung, bis 1994 Heizungs­sanierung). Wich­tigstes Pro­gramm war seit 1993 die „sozi­ale Stadterneuerung“, gefolgt von der „Plattenbausa­nierung“ und den „stadtweiten Maßnahmen“.

Zwischen 1991 und 2000 wurden insgesamt 4.577,1 Mio. € als Fördermittel[52] bereitgestellt, davon für die „soziale Stadterneuerung“ 1.611,3 Mio. €, für die Plattenbausanierung 731,2 Mio. € und für die „stadtweiten Maßnahmen“ 653,5 Mio. €.

Mit dem Fortfall des „Förderge­bietsgesetzes“, das allgemein in den ostdeutschen Ländern galt, und der Konzentration der steu­erlichen Förderung der Gebäu­demodernisierung auf Sanie­rungsgebiete (§ 7 h EStG), hat sich der Anteil der öffent­lichen Förderung deutlich hin zur privat finanzierten – steuer­lich be­günstigten – Sanierung verscho­ben.

 

Räumliche Handlungsschwer­punkte waren die Bereiche, die als Sanierungs- oder Erhal­tungsgebiete festgelegt wurden sowie die Plattenbauquartiere im Ostteil der Stadt. Außer­halb dieser Gebietskulissen wirken
Programme wie die „stadtweiten Maßnahmen“ oder die „Modernisierung durch Mieter“.

 

 


Die 1993 neu festgelegten Sanierungsge­biete der Stadt[53] umfassen ca. 81.000 Woh­nungen. Räumliche Schwerpunkte der Sanie­rung sind neben dem Prenzlauer Berg mit 32.000 Wohnungen fünf Gebiete in den Stadtteilen Friedrichshain und Mitte.
Anfang 2000 waren gut 40% der erneue­rungsbedürftigen Wohnungen saniert oder im Bau, während für 25.400 Wohneinheiten noch ein erheblicher bzw. für ca. 22.000 WE ein geringer bis mittlerer Erneuerungsbedarf bestand.

 

Ziele des seit 2002 wirksamen Förder­programms „Stadtumbau Ost“ sind der Rückbau von auf Dauer nicht mehr benötigten Wohnungen und sozialen Infrastruktureinrichtungen bei gleichzeitiger Aufwertung von Stadtquartieren durch die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität. 2002 wurden als Förderkulisse für das Programm die zehn Wettbewerbs­gebiete „Stadtumbau Ost“, die Großsiedlungen des komplexen Wohnungsbaus, die Sanie­rungs- sowie die Quartiersmanagement-Gebiete im Ostteil Berlins festgelegt.

Die Anpassung der sozialen Infrastruktur an die Bevölkerungsentwicklung und die fach­poli­tischen Veränderungsbedarfe, die Herausbildung zukunftsfähiger Nutzungsprofile des Woh­nens, Arbeitens und der Freizeit sind zentrale neue Aufgaben. Daher wird über integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzepte im Rahmen des Stadtumbauprogramms der Weg bereitet, diese Wohnviertel zu erhalten und zu stabilisieren. Durch die Förderung von Rück­bau- und Aufwertungsmaßnahmen sollen Leerstandskonzentrationen vermieden und ein qualitätsvolles Wohnumfeld in den Großsiedlungen gesichert werden, um den sich verstär­kenden Segregationsprozessen entgegenzuwirken.

 

4.      Soziale Stadt

Spätestens seit Mitte der 90er-Jahre werden in Berlin deutliche sozialräumliche Verände­rungen und Segregationserscheinungen sichtbar. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie liegen in den seit der Wiedervereinigung stattfindenden tiefgreifenden Veränderungen in der demo­grafischen und ökonomischen Entwicklung der Stadt in Verbindung mit einer zunehmenden Mobilität der Bevölkerung.

Besonders in den innerstädtischen Gebieten Berlins, in denen eine hohe Fluktuation im Wohnungsbestand auftrat, hat sich durch Abwanderung breiter mittlerer Einkommens­schichten und den Zuzug einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen sukzessive eine Veränderung des Sozialgefüges der Bewohnerschaft eingestellt. Aber auch die Großsied­lungen des Sozialen und Komplexen Wohnungsbaus am Stadtrand Berlins waren hiervon betroffen.

Um gezielt und nachhaltig Stabilisierungs- und Aufwertungsprozesse in Gang zu setzen, beteiligt sich Berlin seit 1999 am sozial-integrativ angelegten Bundesprogramm ”Soziale Stadt”. Zusätzlich wurden bereits laufende baulich-investive Programme der Stadterneue­rung und der Großsiedlungen zu einer "Aktionskulisse Soziale Stadt / Soziale Stadterneue­rung" zusammengeführt.

Diese umfasst im einzelnen folgende Gebietskulissen:

·          29 förmlich festgelegte Sanierungsgebiete / Soziale Stadterneuerung,

·          17 Quartiersmanagement-Gebiete / Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf,

·          34 Großsiedlungen des Sozialen Wohnungsbaus Berlin – West,

·          17 Großsiedlungen des Komplexen Wohnungsbaus Berlin – Ost.

Mit dieser Aktionskulisse werden in den vier Gebietskulissen insgesamt 97 Stadtquartiere mit ca. 1 Mio. Einwohnern erfasst.

 

a) Quartiersmanagement in Gebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf

Auf der Basis verschiedener sozio-demographischer und sozio-ökonomischer Indikatoren sowie zusätzlicher qualitativer Erhebungen im Rahmen des Monitorings „Soziale Stadtent­wicklung“ wurde 1998 eine Gebietskulisse mit besonders starken Entmischungstendenzen und sozialstrukturellen Verschiebungen festgestellt. Zur nachhaltigen Verbesserung dieser in ihrer sozialen Stabilität gefährdeten Gebiete wurde vom Senat im März 1999 für 15 Gebiete (seit 2001: 17 Gebiete) die Einrichtung von integrierten Stadtteilverfahren – Quartiers­mana­gement – beschlossen. In ihnen leben ca. 220.000 Einwohner.

Die Gebiete des Quartiersmanagement umfassen vier baulich-räumliche Typen, in denen jeweils unterschiedliche Maßnahmenansätze verfolgt werden. Dies sind neben Großsied­lungen im Ost- und Westteil der Stadt die Sanierungsgebiete sowie weitere innerstädtische Altbaugebiete. Mit dem Quartiersmanagement sollen zusätzliche Potenziale, Ressourcen und Synergien freigesetzt werden. Dazu werden verschiedene Programme und Projekte im investiven und konsumtiven Bereich sowie durch weitere ergänzende Projekte gebündelt und effizient eingesetzt.

Dabei sollen in der weitgehend sektoral organisierten Verwaltung ressortübergreifende, integrierte Strukturen entwickelt werden, um Ressourcen für diese Gebiete nutzbar zu machen. Die wesentlichen, zur Anwendung auf lokaler Ebene zu bündelnden sektoralen Handlungsfelder sind:

·          Berufsqualifizierung und Beschäftigung,

·          Wirtschaftsförderung und Stadtteilökonomie,

·          Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,

·          Soziale und kulturelle Infrastruktur,

·          Soziale und ethnische Integration / Zusammenleben in Nachbarschaft,

·          Schule, Bildung, Sprache,

·          besondere soziale Lebenslagen, Gesundheitsförderung.

 

b) Weiterentwicklung der Großsiedlungen

Maßnahmenprogramm Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus (West)

Auch in den Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus zeichnete sich ab Mitte der 90er-Jahre fluktuationsbedingt eine zunehmende Entmischung mit steigenden Segregationsten­denzen ab.

Zur Gegensteuerung dieser Veränderungen im Sozialgefüge der Großsiedlungen wurde im Herbst 1998 mit Senatsbeschluss ein umfangreiches "Maßnahmenprogramm zur Sicherung und Verbesserung des Sozialgefüges im Sozialwohnungsbestand der Großsiedlungen” für 32 Großsiedlungsgebiete (ab Mitte 2001 34 Gebiete) und hochverdichtete Wohnkomplexe verabschiedet. In diesen Gebieten liegen ca. 110.000 Einheiten des sozialen Wohnungs­baus. Mit dem Ansatz sollten einerseits Bleibeanreize für die bisherigen Bewohner, ander­seits Zuzugsanreize auch für Neumieter geschaffen werden, deren Einkommen über den bestehenden Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus lagen.

Die Gebietskulisse wurde in drei Kategorien unterteilt, für die jeweils ein differenziertes, abgestuftes Maßnahmenprogramm mit unterschiedlichen Effekten für Bleibe- und Zuzugs­anreize entwickelt wurde. Die Tabelle zeigt die unterschiedlichen Maßnahmen auf.

Tab. 5: Maßnahmen in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus (West)

 

problematische Gebiete (I)

Prophylaxe­gebiete (II)

Gebiete m. ausgewogener Struktur (III)

Aufhebung der Fehlbelegungsabgabe[54]

x

x
ab 7/2001

 

Aufhebung der Belegungsbindungen

x

x

x[55]

Aussetzen der Wahrnehmung v. Besetzungs­rechten

x

x

 

Aussetzen förderungsbedingter Mieterhöhungen

x
1999 - 2002

x
in 2002

 

Förderung von Wohnumfeldmaßnahmen

x

x

 

Freistellung von Belegungsbindungen von Wohnungen mit übergroßer Fläche

 

 

x

 

Großsiedlungen des komplexen Wohnungsbaus (Ost)

Neben den fluktuationsbedingten Segregationserscheinungen der letzten Jahre lagen in den Großsiedlungen des komplexen Wohnungsbaus zunächst flächendeckend gravierende bau­technische, städtebauliche und wohnumfeldbezogene Mängel vor (s. Pkt. 3). Daher wurde diese Gebietskulisse bereits im Juni 1995 mit Senatsbeschluss als Großsiedlungskulisse mit besonderem Handlungsbedarf hinsichtlich der Gebäudesanierung, Wohnumfeldverbesse­rung und städtebaulicher Aufwertung festgelegt. Sie umfasst insgesamt 17 Gebiete mit rund 235.000 Wohnungen und ca. 437.500 Einwohnern.

Da sich die Entmischungs- und Segregationsprozesse insbesondere in den Großsiedlungen am östlichen Stadtrand von Berlin – vor allem in den Bezirken Marzahn und Hellersdorf – deutlich dokumentierten, wurde als erste Konsequenz das Großsiedlungsgebiet Marzahn–Nord mit ca. 28.000 Einwohnern im März 1999 in das Programm ”Integrierte Stadtteilver­fahren - Quartiersmanagement” aufgenommen.
Das neueste Stadtmonitoring „Soziale Stadtentwicklung“ zeigt für den Großsiedlungsbestand im Ostteil stabilisierende Tendenzen, Ausnahme ist Marzahn-Nord.

 

 

5.      Entwicklungserwartungen

Herausforderungen für die Entwicklung in den Bereichen Wohnen und soziale Stadtentwick­lung ergeben sich u.a. aus gesamtgesellschaftlichen Trends (vgl. Kap. C, S. 21), aber ins­besondere aus Trends auf den Wohnungsmärkten bzw. im Nachfragerverhalten. Diese beeinflussen sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Entwicklungen.

a) Trends – qualitative Entwicklungen

Wohnungsmarkt in Berlin. Die bundesweiten Entwicklungsannahmen für die Wohnungs­märkte differenzieren zwischen west- und ostdeutschen Räumen. Während mittelfristig für die westdeutschen Agglomerationsräume mit einem Anziehen der Wohnungsnachfrage- und Mietentwicklung gerechnet wird, ist in den ostdeutschen Ländern vielfach der Leerstand, auch in Verbindung mit parallel verlaufenden Suburbanisierungsprozessen, ein gravierendes Problem. Für Berlin sind beide Phänomene anzunehmen. Es ist sowohl vorstellbar, dass in bestimmten (zentralen) Lagen Entwicklungen hin zu Angebotsengpässen auftreten können, aktuell betrifft dies Angebote für stadtentwicklungspolitisch gewünschte Gruppen wie Familien mit Kindern (z.B. preisgünstige gartenbezogene Eigentumsangebote). Daneben gibt es Leerstände, die in ungünstigen Konstellationen und räumlichen Bereichen langfristig mit Entwicklungen bis hin zu einer perforierten Stadt[56] verbunden sein könnten. Der Leer­stand wirkt negativ auf das Image der betroffenen Gebiete.

Regionaler Wohnungsmarkt. Nachfrager auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt orien­tieren sich nicht an administrativen Grenzen, sondern handeln eher in einem regionalen Bezugsrahmen.[57] Es ist sicher, dass in Berlin die Entwicklungen am Wohnungsmarkt trotz der Stadtgröße zumindest in Teilen auch erheblich durch die Angebote in der Region beeinflusst werden.

Eigentumsbildung. Im Zusammenhang mit Trends auf dem Wohnungsmarkt steht die Eigentumsbildung. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wird für die ostdeutschen Länder ein schwächeres Anwachsen der Eigentumsquote erwartet als in den westdeutschen Ländern. Untersuchungen aus westdeutschen Großstädten zeigen, dass ein (erheblicher) Anteil der Eigentumsbildner ins Umland wandert, weil in der Kernstadt kein adäquates Angebot gefun­den werden konnte. Berlin hat als traditionelle Mieterstadt bislang eine unterdurchschnitt­liche Eigentumsquote und somit einen zumindest theoretischen Nachholbedarf. Untersu­chungen zu den Nachfragepotenzialen für Eigentum[58] gehen davon aus, dass die Nachfrage nach neu errichtetem Wohneigentum in den nächsten Jahren nicht das Niveau der Vorjahre erreichen wird. Dies basiert u.a. darauf, dass zum einen die Einkommensverhältnisse in vielen Fällen nicht für die Eigentumsbildung ausreichend sind und zum anderen Teile der eigentumsfähigen Haushalte bereits in den letzten Jahren ins Umland abgewandert sind. Daher unterliegen die Eigentumsbildungsprozesse einer Verzögerung. Bei zuneh­mender sozialer Differenzierung ist zu erwarten, dass die Eigentumsquote anderer Regio­nen oder europäischer Staaten vorerst nicht erreicht wird.

Wohnungsteilmärkte und soziale Segregation. Anhaltend ist – trotz der Einkommens­situation – der Trend nach individuellen, gartenbezogenen Wohnformen, die sich derzeit kostengünstig am einfachsten im Umland der Kernstädte realisieren lassen. Aufgrund der insgesamt rückläufigen Bedeu­tung der „Wüstenrot-Familie“ zielen diese Angebote auf neue Nachfragergruppen wie Singles und Paare ohne Kinder, die auch zunehmend für die Sub­urbanisierung bedeutsam werden.[59] Für die kernstädtischen Wohnstandorte bzw. Woh­nungsmarktakteure bedeuten diese Trends, Strategien zum „Halten“ der vorhandenen Woh­nungsmarktnachfrager zu entwickeln und sich stärker mit einer veränderten Nachfrager­zusammensetzung (vermehrte Ausrichtung auf kleine Haushalte, neue Nachfragergruppen durch Individualisierung etc.) auseinander zu setzen. Insgesamt haben in Berlin die unter­schiedlichen Teilmärkte eine starke Bedeutung. Es ist davon auszugehen, dass sich bei einem relativ entspannten Wohnungsmarkt die Nachfrage auf die guten Lagen konzentrieren wird. Um die Bedürfnisse wachsender Gruppen (Singles, Paare ohne Kinder etc.) zu decken, ist ein Umbau der vorhandenen Bestände erforder­lich, der durch die Wohnungswirt­schaft einzuleiten ist.
Aufgrund der Kumulation von sozialen und ökonomischen Problemlagen führt dies in bestimmten Bereichen der Stadt zu anhaltenden Entmischungsprozessen zwischen Haus­halten mit sicheren Einkommen und solchen in sozial schwierigeren Lagen. Die Situation im unmittelbaren Wohnumfeld, in Kinderbetreuungseinrichtungen bzw. an den Schulen ist ein zentrales Moment für Umzugsentscheidungen von Haushalten. Soziale Segregationspro­zesse werden insbesondere in der Innenstadt, aber auch in den Stadträumen zunehmen, die durch die klassischen Phänomene des Strukturwandels geprägt sind.

Stadtumbauerfordernis. Stadtumbau zielt darauf, die Städte als Lebensorte attraktiv zu gestalten und die Funktionsfähigkeit der Wohnungsmärkte in Ostdeutschland zu verbessern. Berlin ist im Vergleich zu anderen ostdeutschen Städten durch relativ geringere Leerstände gekennzeichnet. Dennoch ist auch hier der Abriss von Wohnungen und von Infrastruktur­einrichtungen absehbar. Dabei ist von einer Leerstandsdifferenzierung auszugehen. Die Abwertungsgefahr betrifft sowohl die Großsiedlungen in Plattenbauweise als auch die Grün­derzeit-Quartiere. In einzelnen Teilbereichen ist das Wohnungsangebot nicht zukunftsfähig und muss daher vom Markt genommen werden. Ziel ist es, Leerstandskonzentrationen zu verhindern. Mit öffentlicher Förderung des Programms „Stadtumbau Ost“ können nach der­zeitigem Stand rein rechnerisch etwa 20.000 WE abgerissen werden. Es ist absehbar, dass Stadtumbau auch in der westlichen Stadthälfte und auch für kleinteilige Eigentümerstruk­turen relevant werden kann.

Wohnumfeld. Aufgrund der Haushaltslage des Landes Berlins sind für Teilbereiche der Innenstadt, die nicht den touristisch geprägten Kernraum darstellt, abnehmende Qualitäten im öffentlichen Raum anzunehmen. Dies beeinflusst die Wahrnehmung von Wohnqualitäten negativ, wenn nicht entsprechende Kompensationsstrategien erfolgen (z. B. bewohnerge­tragene Aufwertung von Hof- und Straßenbereichen).
Aufgrund der Entwicklungen im Einzelhandel (vgl. S. 65) ist eine Ausdünnung der Versor­gungsstrukturen anzunehmen, die ebenfalls die Qualität von Quartieren beeinträchtigen kann.

 

b) Weiterer Wohnungsbedarf – quantitative Entwicklungen

Trotz des anhaltend hohen Leerstandsniveaus werden auch zukünftig neue Wohnungen benötigt. Der Grund hierfür ist, dass es den Berliner Wohnungsmarkt nicht gibt; vielmehr ist eine Differenzierung der Teilmärkte zu beobachten. Es ist absehbar, dass Standardwohnun­gen in schlechten Lagen nicht mehr auf eine ausreichende Nachfrage treffen werden, wäh­rend qualitativ hochwertige Angebote (Einfamilienhäuser, Etagenwohnungen in Quartieren mit urbanem Flair) nachgefragt und auch weiterhin Neubaumaßnahmen erfolgen werden. Rückbau und Neubau werden gleichzeitig stattfinden müssen, damit zukunftsfähige Woh­nungsangebote zur Verfügung stehen. Zwischen 1993 und 2002 betrug in Berlin der Zuwachs an Privathaushalten ca. 5.000 p.a. Ob diese Größenordnung auch in den nächsten Jahren anhalten wird, ist fraglich. Die jährliche Zunahme der Privathaushalte wird in den nächsten Jahren geringer eingeschätzt als in den 90er Jahren. So ist die Zahl der Privat­haushalte im Jahr 2002 zurückgegangen, obwohl die Einwohnerzahl leicht zugenommen hat.

Im Jahr 2001 wurden in Berlin rd. 7.000 WE fertiggestellt, im Jahr 2002 waren es etwa 5.100 WE, für das Jahr 2003 wird ein Volumen von ca. 4.000 WE angenommen. Für die darauf­folgenden Jahre zwischen 2004 und 2009 wird jährlich von ca. 4.000 WE ausgegangen. Dabei wird folgende Verteilung erwartet:

·          ca. 500 WE als Bestandsmaßnahmen (Dachauf- und –ausbau u. ä. Maßnahmen)

·          ca. 1.000 WE als kleinteiliger Neubau in der Innenstadt

·          ca. 2.000 WE als kleinteilige Neubauten in Bestandsgebieten offener Bauweise sowie

·          ca. 500 WE in größeren Vorhaben.

Das gartenbezogene Wohnen ist eine wesentliche Säule der Berliner Neubauentwicklung. Die vorhandenen Angebote sind offensiv zu vermitteln. Umfangreiche Potenziale liegen in den Bestandsgebieten offener Bauweise, darüber hinaus stellen auch die innerstädtischen Brachflächen ein Entwicklungspotenzial für verdichtete individuelle Bauformen dar, das erschlossen werden sollte. Mit einem offensiven Flächenmanagement kann Berlin damit in der Innenstadt und in Innenstadtnähe attraktive – und damit gegenüber dem Umland konkurrenzfähige – Lagen anbieten.
Unter Berücksichtigung der Programmplanung „Stadtumbau Ost“ mit bis zu 20.000 nicht mehr nachfragegerechten – vom Markt zu nehmenden – Wohnungen, ist insgesamt von einem relativ ausgeglichenen Ver­hältnis zwischen Neubauentwicklung und Neubaubedarf auszugehen, das jedoch gleichzeitig durch ein konstant hohes Leerstandsniveau geprägt bleiben wird.
Aufgrund der gegenwärtigen Wohnungsmarktlage (teilmarktbezogene Angebots- bzw. Nach­frageüberhänge bzw. Leerstand etc.) ist die Nachfrage nach peripherem Geschosswoh­nungsbau gegenwärtig als gering einzuschätzen. Auch für die weitere Entwicklung ist von einer verminderten Nachfrage für derartige Wohnformen auszugehen. Damit ergeben sich für die Großprojekte verlangsamte Umsetzungsperspektiven sowie ggf. veränderte städte­bauliche Konzepte (Dichte etc.).

 

6.      Perspektivische Handlungs­ansätze

Wer wird 2020 in Berlin wohnen? Welche Nachfrage- und Angebots­strukturen werden den Wohnungs­markt in der Stadt und der Region prägen?
Für die langfristige Entwicklung ist aufgrund des demographischen und gesellschaftlichen Wandels von zunehmend diver­sifizierten Haushaltsstrukturen auszugehen. Die Bevölkerung wird grauer, bunter und ggf. langfristig weniger. Sie lebt u.a. in alten und jungen Single-Haushalten, in Restfamilien (empty nest), als Paare mit und ohne Kinder, in Patchwork-Familien und Mehr-Generationen-Haushalten.

Die baulichen Bestände von 2020 sind heute bereits zu über 95% vorhanden. Die Aufgaben liegen daher zum größten Teil in der Bestandsentwicklung. Die vorhandenen Bestände sind an die neuen Haushaltsstrukturen und ihre differenzierten Anforderungen anzupassen.

a)      Stadterneuerung / Stadtumbau bzw. Rückbau

Der Charakter von Stadterneuerung und Stadtumbau als baulich-investiver öffentlicher Inter­vention wird sich grundlegend wandeln: es gilt, öffentliches Eigentum in Wert zu setzen bzw. seinen Wert zu erhalten. In finanzieller Hinsicht wird die Aufwertung der öffentlichen Infra­strukturen einschließlich des öffentlichen Raums Schwerpunkt staatlichen Handelns bleiben, wobei hierfür weitergehende finanzielle Kooperationsmöglichkeiten mit privaten Akteuren zu forcieren sind.
Öffentliche Investitionen der Stadterneuerung und des Stadtumbaus stehen unter der Prä­misse, zur (sozialen) Konsolidierung und zur nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen. Projekte der Stadterneuerung werden tendenziell kleinteiliger umzusetzen sein. Ähnlich wie beim Stadtumbau praktiziert, sollten bei der Stadterneuerung verstärkt Wettbewerbsverfah­ren stattfinden, um Innovationen zum Durchbruch zu verhelfen. Sowohl für Stadterneuerung als auch für Stadtumbau wird die bisherige Dominanz staatlicher Förderung ersetzt durch Privatinvestitionen. Größere Spielräume durch Deregulierung, die Schaffung von mehr Markt-Transparenz u.a. können Anreize für private Akteure darstellen.
Der Stadtumbau wird an Bedeutung gewinnen und auch für den Westteil der Stadt Relevanz erlangen. Der Rückbau von nicht mehr marktfähigen Wohngebäuden wird stetig weiterge­führt werden müssen, da die Bevölkerung nach 2020 schrumpfen wird. Ziel ist es, die weitere räumliche Konzentration von Leerstand zu vermeiden, um die Entstehung und Verschärfung von Problemlagen in den betroffenen Bereichen zu verhindern.
Strukturelle Anpassungen der Wohnungsbestände an neue Bedarfe übertreffen Neubau­maßnahmen bei weitem und werden durch private Investitionen zu tätigen sein. Konzent­rierte Aktionen zwischen Nutzern, Investoren und Kommune werden notwendig bleiben, wobei der Kommune stärker die Funktion einer Moderatorin zufällt.

b)     Soziale Stadt

Die Instrumente der sozialen Stadtentwicklung den wachsenden räumlichen Bedarfen anzu­passen und gleichzeitig den Mitteleinsatz effizienter zu gestalten, sind zukünftig zentrale öffentliche Aufgaben. Die strategische Perspektive umfasst mehrere Dimensionen, wie die Öffnung bisheriger Verfahren für weitere Akteure. Damit einher geht eine stärkere Integrati­onsorientierung, sowohl hinsichtlich der Beteiligten als auch hinsichtlich der Verfahren, bei­spielsweise der Monitoring-Ansätze oder der Mittelvergaben. Insbesondere für die Ver­wal­tungsseite setzt dies, in Zusammenhang mit den vorhandenen Ressort-Strukturen, verän­derte Vorgehensweisen voraus. Um den Ressourceneinsatz effizienter zu gestalten, sind drei Ansatzpunkte zu verfolgen: der Rückgriff und die noch stärkere Aktivierung vorhande­ner lokaler Potenziale im Sinne von Empowerment sowie Vergabeverfahren mit Wettbe­werbselementen, um Ideen und Innovationen zu generieren. Darüber hinaus sind mit einem modifizierten Akteurskreis auch veränderte Finanzierungsformen zu entwickeln.
Auch die räumliche Kulisse ist weiterzuentwickeln. Der Einsatz des Instruments Quartiersmanagement (QM) in seiner bisherigen Form ist zu überprüfen. QM wird mittelfristig für Interventionsgebiete intensiv weiterzuführen sein, kann aber für Präventionsgebeite mit niedrigerer Intensität betrieben werden. Hierfür sind die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.

 

c)      Wohnungsneubau

Neubau hat für die zukünftigen Entwicklungen des regionalen Wohnungsmarktes eine nach­rangige Bedeutung und ist dauerhaft keine originäre Aufgabe der öffentlichen Hand. Neubau-Entwicklung wird nur besondere, qualitativ hochwertige Wohnungen umfassen, eher klein­teilig und überwiegend in den Bestand integriert erfolgen. Das Segment preiswerter Woh­nungen muss im Bestand gesichert werden.
Es gilt, dass sich die öffentlichen Akteure mit ihren stark eingeschränkten Ressourcen noch stärker darauf konzentrieren, die Stadtentwicklungsziele darzulegen sowie Markt-Transpa­renz zu schaffen, um die Entscheidungs- und Handlungsgrundlage für private Eigentümer zu verbessern. Die Verfügbarkeit vorhandener Informationen und die notwendigen Austausch­beziehungen zwischen den Akteuren des Wohnungsmarkts zu optimieren, liegt im öffent­li­chen Interesse.

 

7.      Soziale Infrastruktur

Im Handlungsfeld „soziale Infrastruktur“ bildeten in der ersten Hälfte der 90er Jahre der Abbau von Versorgungsdefiziten und die Sicherung gleichwertiger Versorgungsstandards Handlungsschwerpunkte. Ab Mitte der 90er Jahre sind verstärkt räumlich differenzierte Bedarfsentwicklungen aufgrund von Bevölkerungs- und sozialräumlicher Entwicklung (Abwanderung und Segregation) festzustellen. Während in der Innenstadt eher eine gute Ausstattung mit Einrichtungen bei gleichzeitigen Frei- und Grün­flächendefiziten vorzufinden war, waren die Außenbezirke z. T. durch eine schlechtere Aus­stattung mit Einrichtungen, aber eine bessere Frei- und Grünflächenversorgung gekenn­zeichnet.

Auf großräumiger Ebene gibt es zwischen den beiden Stadthälften derzeit ein Ungleichge­wicht zwischen der Bevölkerungsverteilung und der Ausstattung mit sozialer Infrastruktur. Dies basiert auf dem Bevölkerungsaustausch in der Innenstadt (u.a. Wegzug von Familien) sowie dem Rückgang von Kindern und Jugendlichen in den Plattenbau-Quartieren (Abwan­derung und Geburteneinbruch). In den von Einfamilienhäusern geprägten Nachverdichtungs­gebieten ist derzeit, trotz des Zuzugs von Einwohnern, keine wachsende Nachfrage nach zusätzlichen Infrastruktureinrichtungen festzustellen; daneben stehen Kapa­zitäten in den benachbarten Großsiedlungen zur Verfügung.

Bis 2010 ist davon auszugehen, dass die Überkapazitäten in vielen Bereichen steigen wer­den. Die Senatsschulverwaltung rechnet mit einem Rückgang der Schülerzahlen um etwa 34.000 (d.h. ca. 10%) auf ca. 313.000 Schüler. In der Konse­quenz sind oder werden insgesamt 99 Schulstandorte von konkreten Aufhebungsmaßnahmen und weitere 19 als Aufhebungspotenzial betroffen:

·          seit 1997:       99 Schulstandorte mit genehmigten Aufhebungen, davon
                      68 Grundschulen

·          bis 2006:        19 Schulstandorte mit Aufhebungsabsichten der Schulträger, davon
                      12 Grundschulen

Der Umgang mit den entstehenden Überkapazitäten liegt in der Zu­ständigkeit der Bezirke; hierfür be­stehen im Wesentlichen drei Mög­lichkeiten:
a) Verbleib der Einrichtung beim Bezirk und Infrastruktur-Nach­nutzung
b) Zwischennutzung
c) Einbringung in den Liegen­schaftsfonds und damit i.d.R. Verwertung (ggf. Abriss).

 

Trends mit Bezug zur sozialen Infrastruktur

Nachfragedifferenzierungen. Im Zuge des gesellschaftlichen Wertewandels mit einer Diffe­renzierung von Lebensstilen, dem Alterungsprozess der Bevölkerung und den zunehmenden sozialen Segregationsprozessen stellen sich auch an die sozialen Infrastruktureinrichtungen veränderte Anforderungen.
Im Kontext mit den Bestands- und Stadterneuerungsstrategien ist die verstärkte Nachfrage-Orientierung (beispielsweise durch Nutzer-Umfragen) ein wichtiger Ansatz für die zukünftige Weiterentwicklung. Wesentlich ist auch die Beseitigung von qualitativen Defiziten in den vor­handenen Einrichtungen. Demgegenüber wird der Neubau – vergleichbar zum Wohnungs­bau – praktisch völlig zum Erliegen kommen.

 

Zukünftige Perspektiven

Aufgrund der angespannten Finanzlage und der zunehmenden Differenzierung von Bedürf­nissen der Bevölkerung (z.B. neue Trends im Sport) ist die Aufgabenträgerschaft von Infra­strukturangeboten zu differenzieren. Die Tabelle stellt hierfür erste Überlegun­gen dar.

Tab. 6: Staatsaufgaben im Bereich soziale Infrastruktur – Status quo, Perspektive

Status quo
staatliche Trägerschaft


gemischte Trägerschaft


private Trägerschaft

·       Schulen

·       Spielplätze

·       Kernsportanlagen
(ungedeckt, gedeckt)

·       Grünanlagen

·       Bibliotheken

·       spezielle Anlagen für einzelne Sportarten (Eislaufen etc.)

·       Hochschulen

·       Volkshochschulen

·       seniorengerechter Wohnraum

·       Kindertageseinrichtungen

·       Krankenhäuser

·       Jugendfreizeiteinrichtungen

·       Seniorenfreizeiteinrichtungen

·       Schwimmbäder

Perspektive
staatliche Trägerschaft


gemischte Trägerschaft


private Trägerschaft

·       Schulen
(auch andere Zuordnungen sind bereits vorhanden, z.B. Privat­schulen)

·       Kindertageseinrichtungen

·       Jugendfreizeiteinrichtungen

·       Spielplätze

·       Grünanlagen

·       Kernsportanlagen (ungedeckt, gedeckt)

·       Bibliotheken

·       Hochschulen

·       Volkshochschulen

·       Seniorenfreizeiteinrichtungen

·       Krankenhäuser

·       Schwimmbäder

·       spezielle Anlagen für einzelne Sportarten (Eislaufen etc.)

·       seniorengerechter Wohnraum

Quelle: verändert nach Huber (1996): Den Staat neu denken. Dokumentation des 59. Stadtforums Berlin am 8. Nov. 1996

Im Weiteren sind Konzepte zu entwickeln, die diese Ansätze grundsätzlich hinsicht­lich der Realisierbarkeit von gemischten Trägerschaften prüfen und konkretisieren. Dies betrifft beispielsweise die Trägerschaften bei Kinderspielplätzen oder Schulen.

Ein wesentlicher Standortvorteil von Region und Stadt ist die hervorragende Ausstattung mit sozialer Infrastruktur. Diese Qualitäten gilt es zu erhalten. Gleichwohl sind aufgrund der Haushaltslage Einschnitte in das Angebot sozialer Infrastruktureinrichtungen zu erwarten. Verbleibende kommunale Kernaufgaben liegen in den Bereichen Bildung, Kindererziehung und Integration, während für weiter­gehende Angebotsbereiche, wie Altenbetreuung, neue Modelle erforderlich werden. Insgesamt ist eine zielgruppen-orientierte Aktivierung erforder­lich, die auf mehr Flexibilität, veränderte Formen der Übernahme von Verantwortung und damit neue Trägerformen setzt. In diesem Zusammenhang sind Potenziale für bürgerschaft­liches Engagement systematisch zu erschließen sowie Handlungsfelder besser zu ver­knüpfen, die im Alltag in engen Wechselwirkungen stehen (z.B. verstärkte Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe, Mitwirkung von Fördervereinen).

Zur Zeit geltende Infrastruktur-Versorgungsstandards zur Flächenvorsorge im Rahmen stadtplanerischer Verfahren werden in den einzelnen Leistungsbereichen verstärkt durch eine regionale Bedarfsplanung ersetzt, in der die sozialräumlichen Entwicklungstendenzen angemessen berücksichtigt werden. Das setzt räumliche Modifikationen von Richtwerten und Planungsgrundlagen voraus. Dabei sind Ausgleichsziele an den baulichen und sozialen Strukturen auszurichten und so zu differenzieren, dass für problematische Bereiche höhere Standards zu Grunde gelegt werden als für unproblematische Räume. Durch harmonisierte Fachplanungen auf abgestimmter Datenbasis sowie weiter zu entwickelnde Formen bezirks­übergreifender Berichterstattung sollen die Voraussetzungen für eine bezirksübergreifende Vergleichbarkeit und quantitativ sowie qualitativ differenzierte Angebote der sozialen Infra­struktur – auch im Sinne des Wertausgleichs – hergestellt werden. Eine Anlehnung an Pla­nungs- bzw. Sozialräume ist dabei unerlässlich.

Um die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen, wird sich der Charakter der sozialen Infrastruktur im Hinblick auf weitere organisatorische und finanzielle Aspekte sowie räum­liche Verteilungen grundlegend wandeln müssen. In organisatorischer Hinsicht steht die nachfrageorientierte Bestandsentwicklung im Vordergrund. Hierbei liegt eine stärkere Flexi­bilisierung (Mehrfachnutzung von sozialen Einrichtungen) sowie Öffnung und Integration in die umliegenden Bereiche[60] im öffentlichen Interesse; dahinter stehen veränderte Anforde­rungen an Angebotsgestaltung durch sich diversifizierende Nutzergruppen und demographi­sche Umstrukturierungen. Notwendig ist auch der Abschied von Standard-Angeboten und eine stärkere qualitative Differenzierung der Angebote nach den Nutzerbedürfnissen. Gleich­zeitig sind veränderte Finanzierungsformen zu erschließen. Beides setzt voraus, dass zunehmend weitergehende Kooperationen und Managementverfahren zwischen der öffent­lichen Hand und sozialen Trägern sowie weiteren Akteuren (Wohnungswirtschaft, große Unternehmen etc.) etabliert werden.

 


G.  Baustein Wirtschaft und Wissenschaft

Die Wirtschaftsstruktur Berlins hat sich in den letzten 13 Jahren massiv verändert: Der Dienstleistungsbereich hat die Industrie als stadtbestimmenden Wirtschaftsektor abgelöst, der Vernetzungsgrad von Wissenschaft und Wirtschaft ist zu einem maßgeblichen Erfolgs­faktor geworden, Produktion und Dienstleistungen wachsen zu neuen Netzwerken zusam­men. Auch im Bereich der überregional orientierten Dienstleistungen konnte Berlin erhebli­che Zuwächse verzeichnen.[61]
Im Rahmen des Strukturwandels finden in den einzelnen Wirtschaftssektoren erhebliche Umstrukturierungen statt. Die Unternehmen ordnen gegenwärtig ihre Tätigkeitsfelder und Standorte neu. Dies umfasst auch eine neue Arbeitsteilung. In der Wirtschaft und Wissen­schaft, aber auch innerhalb der Wirtschaft wachsen die Industrie und die produktionsnahen Dienstleistungen zu neuen Netzwerken zusammen. Generell ist eine Tendenz zur Auslage­rung spezieller Unternehmensdienste zu verzeichnen (Out-Sourcing), die sich im Zuge der EU-Osterweiterung noch verstärken dürfte.

Zur Stärkung der Berliner Wirtschaft ist ein forcierter Infrastrukturausbau erforderlich. Dies betrifft in erster Linie die Errichtung des Flughafens BBI, aber auch den Ausbau von Straßen- und Schienenfernverbindungen (vgl. Kap. D).

Berlin ist ein Laboratorium für die Wirtschaft: auch wenn die Welle der new economy abge­klungen ist, so ist davon auszugehen, dass eine neue Welle auf die Stadt zukommt. MTV, Universal Studios und die PopKomm oder Trend-Scouts in Mitte sind erste Wegbereiter. Diese Unternehmen stellen andere Anforderungen an die Wirtschaftspolitik.
Hinzu kommt, dass das bisherige Set von staatlichen Fördermaßnahmen[62] vermutlich nach 2006 – mit Neuausrichtung der EU-Strukturpolitik – in Berlin nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Generell hat Berlin für alle Wirtschaftsnachfrager ausreichende Flächenpotenziale, die tradi­tionellen Modelle der Unternehmensansiedlung durch Flächenbereitstellung sind weitgehend überholt.
Unter stadtentwicklungsplanerischen Aspekten kann der Bereich Wirtschaft in vier Bereiche untergliedert werden, diese weisen jeweils eine unterschiedliche Flächenrelevanz auf.

·          Wissenschaft und Forschung

·          Produktionsgeprägtes Gewerbe

·          Büroflächen / Dienstleistungen und

·          Einzelhandel

 

1.      Wissenschaft und Forschung

Eine bedeutende Ressource Berlins liegt in den Wissenschaften, wissenschaftlichen Einrich­tungen und Wissensnetzen (vgl. auch Kap.  D).[63] Die angestrebte Intensivierung der Zusammen­arbeit von Wissenschaft und Wirtschaft stellt gleichzeitig einen Ansatzpunkt für eine Strategie des Aufbaus einer „Wissenshauptstadt“ (oder Stadt des Wissens). Die Ent­wicklung hin zu einer Wissensgesellschaft ist auch Gegenstand von Politik und Förder­strategien der EU (bis 2010).[64]

 

Perspektivischer Handlungsansatz

Aufgrund der vielfältigen Strukturveränderungen in der inneren Stadt (Nutzungsaufgaben bei Gewerbe-, Bahn- und sonstigen Infrastrukturflächen) verfügt Berlin über umfangreiche Ent­wicklungsflächenpotenziale innerhalb des S-Bahn-Ringes, die prinzipiell für FuE-Nutzungen gut geeignet sind. Mit diesen Standorten sind vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten an bestehende wissenschaftliche Einrichtungen gegeben, so dass (durch eine Verdichtung dieser Strukturen) Synergieeffekte ermöglicht werden können. Im Hinblick auf eine mögliche Umsetzung des Verdichtungsansatzes für FuE-Einrichtungen in der Innenstadt, erscheinen die vorhandenen Flächenpotenziale (Schwerpunkt Innenstadt Ost) für eine solche Nutzungs­entwicklung geeignet, diese Entwicklung ist zu unterstützen.


Für eine Steuerung und Umsetzung entsprechender Prozesse stehen der Stadt neben dem Planungsrecht vor allem die städtische Liegenschaftspolitik mit zielgruppen-orientierten An­sätzen wie der Koordination von Grundstückstauschprozessen, dem Monitoring zu poten­ziellen Liegenschaften oder Immobilien im Landesbesitz oder Übertragung des Gewerbhof-Modells auf den FuE-Bereich zur Verfügung.

Im Rahmen der Wissenschaftspolitik dürften die wichtigsten Maßnahmen und Instrumente sein:

·          die Förderung von regionalen und internationalen Netzwerkbildungen zur Intensivierung der Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft,

·          die Förderung der Sprachkompetenz in osteuropäischen Sprachen,

·          die Unterstützung von PPP-Einrichtungen für die vielseitigen Aufgaben der Osteuropa-Integration (Gesellschafts- und wirtschaftwissenschaftliche Zentren) sowie

·          die Akquisition von entsprechenden EU-Einrichtungen.

 

Exkurs Umwelttechnik / Umweltwirtschaft (IX B)

In der Berliner Umweltbranche waren im Jahr 2000 ca. 17.500 Beschäftigte tätig, das Um­satzvolu­men lag bei 2,5 Mrd. €. Die Umsätze der Umweltwirtschaft in Berlin konzentrieren sich in starkem Maße auf die Bereiche Recycling mit ca. 50% (Bund 25%) und Abfallwirt­schaft mit ca. 12% (Bund 17,7%). Die Bereiche Regenerative Energien 7,7% (Bund 1,4%) und Rati­o­nelle Energienutzung 7,8% (Bund 2,5%) haben im Vergleich zum Bundesgebiet einen deut­lich höheren Stellenwert.

Umweltschutz wird in Berlin als Produkt in Form von F & E- und Innovations-Know-How, Dienstleistungen, Technologievermittlung und Anlagenbau hergestellt, zugleich findet er auch breite Anwendung im produzierenden und verarbeitendem Gewerbe. Eine umweltori­entierte Wirtschaftsförderung ist durch die Umweltförderprogramme UFP der Zukunfts­initia­tive Ökologisches Wirtschaften (ZÖW), die Gemeinschaftsinitiativen URBAN und das lau­fende Umweltentlastungsprogramm (UEP) forciert worden.

In dem neuen UEP werden insgesamt vier Förderprogramme konzentriert. So soll die Über­sichtlichkeit im Bereich der Umweltförderung für Berliner Unternehmen erhöht werden. Ins­gesamt stehen 124,2 Mio. € zur Verfügung, davon rund 60% EU-Mittel. Ein weiterer erfolg­reicher Ansatz der Umweltförderung ist das „Freiwillige ökologische Jahr“.

 

2.      Produktionsgeprägtes Gewerbe

Im Bereich des produktionsgeprägten Gewerbes ist seit 1991 ein starker Rückgang der Erwerbstätigen um insgesamt fast 209.000 verzeichnen. In der Folge dieses Arbeitsplatz­abbaus wurden in erheblichem Umfang Gewerbeflächen freigesetzt.

Tab. 7: Arbeitsplatzentwicklung im produzierenden Gewerbe

Wirtschaftszweig

Abbau von Arbeitsplätzen 1991 - 2002

1991

2002

Verarbeitendes Gewerbe

153.300

314.200

160.900

Baugewerbe

41.500

128.500

87.000

Sonstiges

13.700

29.400

15.700

Die Flächenpotenziale, die gemäß Flächennutzungsplan für gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen, verteilen sich wie folgt:

Tab. 8. Gewerbeflächenkulisse FNP

Flächenkulisse FNP

 

Gewerbliche Bauflächen insgesamt

      dav.:       Bestandsflächen

                dar.: Nachverdichtungspotenzial (Innere Reserve)

                      neue Gewerbeflächen (Wachstumsreserve)

4.300 ha

           3.750 ha

                        1.300 ha

               500 ha

Der StEP Gewerbe (1999) und das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) treffen Aussagen zur Profilierung der unterschiedlichen Berliner Gewerbe­standorte. Ziel ist es, sowohl die Entwicklung als auch die Sicherung von Gewerbe­flächen zu gewährleisten.

Die Erschließung neuer Gewerbeflächen vollzieht sich aufgrund moderater Nachfrage lang­sam (z.B. Marzahn: Ansiedlung relativ weit fortgeschritten, Pankow Nord: erst wenige An­siedlungen, Bohnsdorf West: keine Entwicklungstendenzen, Inanspruchnahme wohl erst nach Inbetriebnahme des Flughafens BBI). Aufgrund schwacher Nachfrage, sinkender Bodenpreise und hoher Investitionskosten ist die Bereitschaft der – überwiegend privaten – Eigentümer gering, brach gefallene Standorte neu zu ordnen und an die veränderte Nach­fragestruktur anzupassen. In der Konsequenz speist sich das Flächenangebot vielfach aus wenig attraktiven Flächen.

Die vorhandenen und neu gegründeten Unternehmen im Industriebereich in Berlin konnten durch neue Produkt­linien und intensivere Forschung und Entwicklung ihre Wettbewerbs­fähigkeit deutlich steigern. Als Stärken des Standortes Berlin haben sich folgende Sparten entwickelt: chemische Industrie und forschungsintensive Pharmaunternehmen, Maschinen­bau / Elektrotechnik, Biotechnologie, Medizintechnik, IuK-Technik, optische und Mikro­sys­temtechnik, Verkehrstechnik. Insgesamt steigt der Anteil der mit industriellen Produkten ver­knüpften, meist wissensintensiven Dienstleistungen in Berlin.[65]

 

Wirtschaftsstrukturelle Trends

Arbeitsplatzentwicklung im Gewerbe. Der Arbeitsplatzabbau im verarbeitenden Gewerbe wird im Zuge der Tertiarisierung weiter anhalten, diese Entwicklung wird sich nicht verhin­dern lassen. Insgesamt ist aber von einer deutlichen Verlangsamung des Abbaus auszuge­hen, so dass die vorhandene Basis den produktionsorientierten Kern der Berliner Wirtschaft darstellt.

Suburbanisierung. Es wird angenommen, dass die Sub­urbanisierung von Gewerbe und auch von Dienstleistungen in Agglomerationsräumen zukünftig generell an Bedeutung gewinnt. Im Vergleich zu den Agglomerationsräumen, die in den westdeutschen Ländern durch eine Dekonzentration von Erwerbstätigkeit in den Kern­städ­ten bei gleichzeitigem Wachstum des Umlands gekennzeichnet sind, stellt sich die Situ­a­tion in Berlin anders dar: Die Umstrukturierungen im Zuge der Wende haben einen starken Rückgang gewerb­licher Nutzungen verursacht. Auch aufgrund der Stadtgröße ist die gewerbliche Suburbani­sierung relativ gering und daher nur zu einem kleinen Teil für die Beschäftigtenverluste in Berlin verantwortlich (überschlägig geschätzt ca. 10% bezogen auf das verarbeitende Gewerbe). Von Suburbanisierung betroffen sind insbesondere die Bereiche Logistik, Trans­portwesen und Großhandel. Für den Bereich der (Büro-)Dienstleistungen ist ebenfalls davon auszugehen, dass sich die derzeitigen Trends (Ansied­lung in der Innenstadt aufgrund vor­handener Flächen­angebote, Infrastruktur etc.) fortsetzen werden. Suburbanisierungsten­denzen sind langfristig ggf. im Zusammenhang mit der Flug­hafenentwicklung anzunehmen.

 

Perspektivische Handlungsansätze

Erforderlich ist vor allem eine konsequente Politik zur Erhöhung der Exportfähigkeit der Berliner Wirtschaft, auch hinsichtlich der Exporte in die künftigen neuen Mitgliedsstaaten, die im Kern eine KMU-Förderung sein muss. Wichtige Maßnahmen und Instrumente sind:[66]

·          die Unterstützung von Netzwerkbildungen innerhalb der lokalen Wirtschaft und zwischen lokaler Wirtschaft und Wissenschaft,

·          die Unterstützung von Qualifizierungsoffensiven für die mittlere und obere Management­ebene sowie

·          die Verbesserung der Kapitalausstattung der Unternehmen zur Teilnahme an produkt­orientierten Innovationsprozessen sowie für die Markteinführung im europäischen Raum.

Bezogen auf die Gewerbeflächenpolitik ist eine rein quantitative Bewertung der vorhandenen Flächenkulisse nicht ausreichend. Ziel muss die Sicherstellung eines ausreichenden Ange­bots von Flächen unterschiedlichster Qualität innerhalb der Berliner Teilräume sein. Die betrifft sowohl spezialisierte Standorte (z.B. Adlershof) als auch sonstige Angebote für kleine, mittlere und große Unternehmen. In diesem Kontext wird es – zumindest in einzelnen Teil­räumen – erforderlich, Strategien zu entwickeln, die die Aufbereitung brachgefallener Flächen befördern.

Angesichts der geringen Mobilisierungsquote von privaten Flächen für produktionsgeprägte Nutzungen und der insgesamt geringen Nachfrage nach gewerblichen Bauflächen mit Pro­duktionsorientierung sind die Sicherungsinstrumente zu überprüfen. Im Rahmen der aktuel­len Arbeiten an der Weiterentwicklung des EpB erfolgt auch eine Überprüfung der Gebiets­kulisse, durch die auch eine höhere Konsistenz des EpB gegenüber den betroffenen Flä­cheneigentümern erreicht werden soll.
Im Rahmen der Angebotsstrategien sind für die Ver­marktung von Standorten neue Instru­mente zu entwickeln und auf die Räume zu kon­zentrieren, in denen zukünftig Entwicklungs­schübe zu erwarten sind (z. B. Südost-Raum im Zusammenhang mit Flughafen BBI).

Aufgrund der Abhängigkeit von Infrastrukturvorleistungen (TVN, TVO, SOV), die unter den gegenwärtigen Finanzbedingungen auf absehbare Zeit nicht umsetzbar sind, sind einzelne Gewerbedarstellungen des FNP (z. B. Heinersdorf-Nord) zu überprüfen und ggf. langfristig zurückzustellen.

Im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, die Einnahmen des Landes zu vergrößern, ist künftig verstärkt zu prüfen, inwieweit vorhandene Einrichtungen, die im Bereich der sozialen Infra­struktur aufgrund einer dauerhaft veränderten Nachfrage nicht mehr erforderlich sind (z. B. Schulen), für Dienstleistungsnutzungen oder gewerbliche Nut­zungen umgenutzt werden können (z. B. für Unternehmen, die sich auf das Umfeld beziehen). Aufgrund der engen räumlichen Zuordnung von sozialen Einrichtungen zu Wohnschwerpunkten kann dies eine Chance für eine Stadt der kurzen Wege und kleinteilige, stadtverträgliche Nutzungs­mischung darstellen.

 

2.      Büroflächen

Der Bestand an Büroflächen hat sich seit 1990 mit einem Zuwachs von fast 8 Mio. qm BGF auf über 18 Mio. qm BGF erheblich vergrößert. Etwa die Hälfte des Flächenzuwachses von 1990 bis 2000 erfolgte in der inneren Stadt, ca. 20% in der Ringzone und 30% in der äuße­ren Stadt. [67] Trotz stagnierender Zahl der Bürobeschäftigten (ca. 645.000) ist der Flächen­zuwachs überwiegend vom Büromarkt aufgenommen worden. Das Angebot an kurzfristig verfügbaren Büroflächen in Berlin betrug  zum Jahresbeginn 2003 ca. 1,4 Mio. qm; dies ent­spricht einer Leerstandsquote von 8,1 %. Damit bewegt sich Berlin auf einem ähn­lichen Leerstandsniveau wie vergleichbare europäische Bürostandorte (Paris 6,2% London 8,1 %, Brüssel 8,6 %, Mailand 7,6%). In Frankfurt a.M. und München sind die Leerstandsquoten mit jeweils 4,8% deutlich niedriger.

 

Trends

Der Trend zur Tertiarisierung wird zunehmen und die Wirtschaft weiter umstrukturieren. Die räumlichen Auswirkungen sind schwer bestimmbar. Technologischer Fortschritt, veränderte Arbeitszeit-/-ort-Konzepte (Teilzeit-, Telearbeit etc.), Bodenpreise der zentralen Bürolagen beeinflussen die Flächennachfrage. Für die west­deut­schen Agglomerationen wird eine leicht ansteigende Büroflächennachfrage bis 2010 ange­nommen, der eine Stagnations­phase bis 2020 folgt, um anschließend in einen Rück­gang überzugehen.[68]
Es ist anzunehmen, dass sich in Berlin die bisher positive Entwicklung der Büroflächen­nachfrage in Verbindung mit Umstrukturierungen der Nachfragergruppen verstetigen wird. Allerdings leidet der Berliner Büroflächenmarkt darunter, dass Global Player-Unternehmen, die jeweils große Flächen auch in exponierten Lagen nachfragen, bislang nur schwach ver­treten sind.

Bis 2010 wird, in Verbindung mit einem Anstieg der Bürobeschäftigten um ca. 90.000 Per­sonen, ein weiterer Zuwachs von ca. 4,5 Mio. qm Büroflächen auf ca. 22,5 Mio. qm BGF ange­nom­men.[69] Damit wird die Entwicklung dem im FNP 94 dargestellten Rahmen ent­sprechen. Gleichzeitig wird sich diese Entwicklung räumlich und nach nachfragegruppen-spezifischen Teilmärkten differenzieren: In räumlicher Hinsicht wird die Innenstadt mit klei­nen und mittelgroßen Projekten in einer urbanen Mischung sowie mit ausgewählten Groß­projekten eine besondere Rolle spielen und ca. 50% der Nach­fragedeckung übernehmen. Unterschieden nach Nachfrager­typen kommt den Global Players und jungen, innovativen Unternehmen (z. B. der Medien-, Musik und der IT-Branche) eine Schlüssel­funktion zu. Global Player werden sich auf zentrale imageträchtige Standorte (z.B. Alex­anderplatz) oder in langfristige Entwicklungs­räume (z.B. Flughafen BBI) orientieren, wäh­rend die jungen, innovativen Unternehmen kleinteiligere Strukturen in urbanen Quartieren der Innenstadt bevorzugen werden.[70]

 

Perspektivische Handlungs­ansätze

Für nahezu alle Standorttypen sind die erwarteten Flächenpo­tenziale größer als die ange­nommene Nachfrage. D.h. in der interregionalen Konkurrenz um Dienstleistungsstandorte wird Berlin auch langfristig mit Flächenreserven in allen Teilmarktsegmenten und mit relativ moderaten Mieten „wuchern“ können.

Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen (Finanz­lage, Flächenangebot) sind einer­seits Prioritäten für Stand­ortentwicklungen (Großprojekte) in den nachfragegeprägten Bereichen der Innenstadt erfor­derlich. Diese sollten sich an den ggf. notwendigen Vorleis­tungen der öffentlichen Hand orientieren. Es ist davon auszugehen, dass diese Großprojekte (Alexanderplatz, Lehrter Bahnhof, Ostbahnhof) nicht gleichzeitig entwickelt werden können.
Trotz der gegenwärtig erschwerten Steuerungs­bedingungen in allen räumlichen Teilmärk­ten, die aus der Diskre­panz zwischen Flächenangebot und Nachfrage resultieren, ist es ein langfristiges Ziel, an den Ringstandorten festzuhalten, um bezirksübergreifend Standort­alternativen zur Innenstadt (Ergänzungsstandorte, nicht Ersatzstandorte) zu entwickeln.

 

3.      Einzelhandel

Der Einzelhandel ist durch eine aufholende Entwicklung in der Verkaufsflächenausstattung gekennzeichnet. Seit 1990 hat die Verkaufsfläche um 1,7 Mio. qm zugenommen. Im Jahr 2003 umfasst die Verkaufs­fläche ca. 4 Mio. qm, davon ca. 46% in Zentren. Je Einwohner betrug die Verkaufsfläche 1990 0,59 qm, vergrößerte sich bis 1996 auf 0,85 qm und lag 2002 bei 1,18 qm.[71] Mittlerweile ist der Nachholbedarf weitgehend ge­deckt, Abweichungen zwi­schen unterschiedlichen Teil­räumen resultieren aus unter­schiedlichen Lagen und Funkti­onen.

Im Vergleich zu anderen Groß­städten hat Berlin eine gerin­gere Zentralität und leicht unter­durch­schnittliche Verkaufsflächenaus­stattung:

Tab. 9: Strukturvergleich Einzelhandel Berlin – Hamburg – München

 

Berlin

Hamburg

München

Einzelhandelszentralität

2002
1992

 

103,0

92,6

 

111,7

110,4

 

127,7

120,2

Verkaufsfläche je Einw.

2002

1992

 

1,18

0,59

 

1,35

1,21

 

1,21

1,13

Quelle: GfK PRISMA INSTITUT GmbH & Co. KG 2003

 

Trends im Einzelhandel

Wo werden die Berlinerinnen und Berlin im Jahr 2020 einkaufen? Sind die City-West und die historische Mitte nach wie vor die zentralen Zentrumsbereiche? Oder sind die Gropius Pas­sagen, die Marzahner Promenade und das Arena-Stadtquartier am Ostbahnhof die neuen Attraktionspunkte für Erlebniseinkäufer und Stadtbesucher? Gibt es die traditionellen Ein­kaufstraßen noch?

Einzelhandel- und Freizeit(groß)einrichtungen. Der Einzelhandel befindet sich seit Jahren in einem Strukturwandel, dessen Ende nicht absehbar ist. Dies betrifft Veränderungen in den Vertriebsformen (z.B. Factory-Outlet-Center, e-commerce etc.) und einen Trend zu wach­senden Betriebsgrößen. Zudem erfolgt eine Differenzierung in 'versorgungs'- und 'erleb­nis'-orientierte Ansätze. Damit einher gehen veränderte bau­lich-räumliche Konzepte, die Redu­zierung der 'Versorgungseinrichtung' auf ihre logistische Funktion (aktueller Trend z.B. bei Discountern) bzw. die Anlagerung von komplementären Nutzungen (Gastronomie, Kultur, Sport etc.) bei erlebnis-orientierten Konzepten. In beiden Fällen wachsen die räumlichen Einzugsbe­reiche, die Integration in gewachsene Strukturen wird erschwert.

Für den Einzelhandels- und Freizeitbereich werden bundesweit allgemein anhaltende Ten­denzen zur „grünen Wiese“ erwartet. Durch Großeinrichtungen auf der „grünen Wiese“ bzw. an nicht-integrierten Standorten im Stadtgefüge wird jedoch ein Verkehrswachstum erzeugt, das überwiegend durch den motorisierten Individualverkehr (MIV) getragen wird und mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden ist. Auch das Brandenburger Umland Berlins wird sich mit ähnlichen Entwicklungstrends konfrontiert sehen, die aber für die Stadt auf­grund ihrer Größe geringere Auswirkungen haben. Für die Berliner Zentrenstruktur ist als zusätzliche Herausforderung einzuschätzen, dass mit einem anhaltenden Ansiedlungs­druck auf städtische Flächen außerhalb der Zentren zu rechnen ist. Im Ergebnis wird – entsprechend den stadtentwicklungspolitischen Zielen – damit gerechnet, dass insgesamt weniger die Neuentwicklung von Standorten im Vordergrund stehen wird. Vielmehr ist die funk­tionale Aufwertung und Qualifizierung der vorhandenen Standorte wesentlich, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. Andere deutsche Großstädte haben hier bereits erhebliche Anstrengungen zur Aufwertung ihrer zentralen Einzelhandels­standorte unter­nommen.

Verlierer dieser Trends sind – schon gegenwärtig – die kleineren Stadtteil- und Ortsteil­zentren, insbesondere in den äußeren Stadträumen, aber auch die traditionellen Einkaufs­straßen sind in ihrer Funktionalität gefährdet. In diesen Bereichen ist der Erlebniseinkauf gegenüber dem Versorgungseinkauf nachrangig. Von den Strukturveränderungen im Ver­sorgungsnetz sind vorrangig die nicht-auto-mobilen Teile der Bevölkerung betroffen.
Von den Veränderungen der Ladenöffnungszeiten werden die kleineren Zentren mit ihren differenzierten Eigentümerstrukturen und Betriebsformen vermutlich weniger profitieren als die größeren Zentren und Standorte.

 

 

 

Perspektivische Handlungsansätze

a)      Übergeordnete Leitlinie

Der Einzelhandel ist stärker als bisher als Wirtschaftsfaktor zu verstehen. Ziel ist es, die Zentralität Berlins im Vergleich zum Umland, aber auch im Vergleich zu anderen Großstäd­ten zu erhöhen. Eine wichtige Zielgruppe hierfür sind touristische Einkäufer, die in erhebli­chem Umfang Geld in der Stadt lassen. Um den Einkauftourismus zu fördern, ist die Innen­stadt aufzuwerten. Die Kaufkraftabflüsse nach Brandenburg zu minimieren und damit die Zentralität Berlins zu steigern, wird mit dem Ansatz verfolgt, Fachmarkt-Agglomerationen gezielt auf zentrenverträgliche Standorte zu lenken.

b)     Flächenentwicklung

Bis zum Jahr 2015 wird ein Wachstum der Verkaufsflächen von ca. 0,4 Mio. qm gegenüber der Fläche von 2003 (4,0 Mio. qm) angenommen.[72] Bei gleichbleibender Bevölkerung (3,4 Mio.) hätte Berlin für den expansiven Fall dann einen Versorgungsgrad, wie er im Jahr 2000 in Hamburg oder im Bundesdurchschnitt vorhanden war.
Wichtiger noch als die Steigerung der Quantitäten (, die in der gegenwärtigen wirtschaft­lichen Situation einen Verdrängungswettbewerb darstellt, )sind die zu erwartenden Qualitäts­veränderungen. Die Mehrzahl der Standorte wird Um­strukturierungen in den Angeboten verfolgen, um ihre Wettbewerbspositionen zu sichern oder auszubauen. Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung ist – vor dem Hintergrund dieser Prozesse– eine zentrale öffentliche Steuerungsaufgabe. Das vorhandene polyzentrale System der Zent­ren stellt eine räumliche Struktur dar, auf die die weitere Entwicklungsdynamik zu lenken ist. Für die städtischen Zentren sind Konzepte zu entwickeln, die der Abwertungsproblematik angesichts der zunehmenden Orientierung auf den motorisierten Individualverkehr und dem Konzentrationsprozess entgegen steuern.

c)      Qualifizierung der städtischen Zentren

Berlin verfügt über eine leistungsfähige Zentrenstruktur. Die Bedeutung als Einzelhandels­standort ist aufgrund der monozentrischen Raumstruktur in der Region unbestritten. Den­noch werden im Vergleich zu anderen Agglomerationsräumen häufig Unterschiede und Defi­zite deutlich (geringere Kaufkraftbindung, Angebotsqualität, Qualität des öffentlichen Raums). Daher sind für die städtischen Zentren funktional-differenzierte Entwicklungs- und Aufwertungskonzepte erforderlich, die nicht nur den Handel, sondern auch die Gastronomie, Kultur und Immobilienwirtschaft einbinden. Der öffentlichen Hand kommt hierbei die Funktion der Impulsgeberin zu; es sind veränderte Verfahrensweisen zu entwickeln, die beispiels­weise auf den Wettbewerb zwischen den städtischen Zentren setzen, um innovative und kreative Konzepte umzusetzen.

d)     Fachmarktentwicklung

Öffentliche Aufgabe ist auch eine gezielte Angebotsplanung für Fachmarktagglomerationen. Damit wird für kfz-orientierte Verbrauchergruppen ein sekundäres Versorgungsnetz mit nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten ermöglicht. Gleichzeitig soll sich der fachmarkt-geprägte Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten in bestehende Zentren integrieren oder ggf., wenn räumlich möglich und sinnvoll, an vorhandene Zentren anlagern.

 

 

e)     Umlandentwicklung

Die genannte Umstrukturierungstendenzen (Qualitätsveränderung vor Quantitätssteigerung) betreffen auch die peripheren Standorte im Umland von Berlin. Aus anderen Regionen sind vergleichbare Entwicklungen bekannt.[73] Eine Steuerung dieser Prozesse liegt im öffentlichen Interesse, um die vorhandenen Zentrenstrukturen als Voraussetzung für eine verbraucher­nahe Versorgung der Bevölkerung zu stützen und damit auch negative Umweltfolgen des Einkaufsverkehrs zu vermeiden. Neben den vorhandenen Instrumenten sind veränderte Ver­fahrensweisen wie Kooperationen und Wettbewerbsmechanismen in die Steuerung zu inte­grieren. Dies betrifft unterschiedliche Ebenen und Akteurskonstellationen (Stadt – Umland, städtische Zentren untereinander etc.).

f)       Weitere Strukturveränderungen

Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel wird sich ggf. das Nachfragever­hal­ten verändern. Die zunehmend älter werdende Bevölkerung kann einerseits erprobte Ver­haltensweisen (Erlebniseinkauf) beibehalten, andererseits aber auch Präferenzen neu bzw. wiederentdecken (Orientierung auf den Nahbereich und lokale Identifikationspunkte). Für den Handel können daher zukünftig nicht nur Angebotsanpassungen an älter werdende Kunden prägend wirken, sondern auch veränderte Standortanforderungen. Für den Faktor Erreichbarkeit wäre dann ggf. die MIV-Erreichbarkeit weniger wichtig als die fußläufige oder ÖV-Erreichbarkeit. Dies hätte veränderte Standortmuster zur Folge.

 


H.   Baustein Freiraum (I C / I E 12)

1.      Einführung

Grün- und Freiflächen in der Stadt sind sowohl für die Lebensqualität ihrer Bewohner, als auch für den Naturhaushalt von großer Bedeutung. Als gestaltete Grünanlagen dienen sie vor allem der Freiraumerholung der Bevölkerung, bereichern das Stadtbild und gliedern die Siedlungsstruktur. Zusammen mit allen anderen Freiflächen im Stadtgebiet bilden sie auch den vielfältigen Lebensraum für die Pflanzen- und Tierwelt, verbessern das Stadtklima und erfüllen wichtige Funktionen für den Boden- und Wasserhaushalt in der Stadt.

Die Dokumentation der innerstädtische Freiflächenentwicklung stellt somit einen zentralen Parameter für eine nachhaltige Stadtentwicklung dar. Für Berlin wurde ermittelt, dass sich die Inanspruchnahme von Freiflächen für die Siedlungsent­wicklung in der Dekade von 1990 bis 2000 deutlich verringert hat. Gegenüber einer Flächeninanspruchnahme von durch­schnittlich 370 ha pro Jahr noch im Zeitraum zwischen 1980 und 1990 waren es gemäß Umweltatlas im letzten Jahrzehnt nur noch 48 ha pro Jahr.



Freiflächenentwicklung, Quelle: Digitaler Umweltatlas 06.03


Betrachtet man jedoch den gesamten Ballungsraum Berlin, dann ist ein deutlicher Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs auf Brandenburger Gebiet zu verzeichnen. Überschlägige Berechnungen ergaben für die Peripherie der Stadt innerhalb der letzten Dekade eine Frei­flächeninanspruchnahme von 1000 ha pro Jahr.
Diese Entwicklung ist übrigens für alle Ballungsräume symptomatisch, in der Berliner Aus­prägung aber einem zusätzlichen Nachholbedarf und Suburbanisationsdruck geschuldet.

 

2.      Entwicklung der Berliner Grünflächen

Strategische Zielsetzung orientierte auf "Bedarfs"erfüllung

Die Flächenentwicklung der Park- und Grünanlagen von rd. 4200 ha auf rd. 5500 ha ist vor allem auf die Übernahme von Landwirtschaftsflächen in die Obhut der Grünflächenämter zurückzuführen, wodurch diese Flächen jetzt gewissermaßen als siedlungsnahe Grünflächen fungieren. Da dies überwiegend in Pankow erfolgt ist, weist dieser Bezirk mit 17,5 m² pro Einwohner die beste Ausstattung mit siedlungsnahen Park- und Grünanlagen auf.

Bei wohnungsnahen Grünanlagen hingegen stabilisierte sich die Flächenkulisse und weist durchschnittlich für das Stadtgebiet 5,0 m² pro Einwohner aus. Als am besten ausgestattet gilt hier der Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit 8,3 m² pro Einwohner, während Neukölln nur über 2,4 m² pro Einwohner verfügt.[74]


 




Die Grafik verdeutlicht, dass trotz Flächenerweiterung innerhalb des dokumentierten Zeit­raumes von 1994 bis 2003, ein immer geringer werdender finanzieller Ansatz zur Pflege und Unterhaltung für öffentliche Grünflächen zur Verfügung steht. In absoluten Zahlen ausge­drückt, stehen im Jahr 2003 für alle Grünflächenämter in den Haushalten nur noch Mittel­ansätze in Höhe von rd. 20 Mio. Euro zur Verfügung. Das entspricht 24% des errechneten Bedarfs für das Jahr 2003 und bedeutet gegenüber 1994 eine Reduktion um nahezu 67%.

Dieser kontinuierliche Abbau von Pflegemitteln wird darüber hinaus noch negativ verstärkt von der Zunahme sozialer Probleme (Missachtung des öffentlichen Grüns, Vermüllung, Zunahme des Vandalismus). Eine wesentliche Konsequenz ist auch, dass die Attraktivität der Grünanlagen vielerorts abnimmt. Setzt man diese Entwicklungen - d.h. vor allem den Grünflächenzuwachs und die Reduktion von öffentlichen Pflegemitteln - ins Verhältnis, dann wird unschwer offensichtlich, dass neue Wege mit einer veränderten Strategie künftig be­schritten werden müssen.

 

Strategische Zielsetzung orientierte auf Standortsicherung durch FNP und LaPro

In der Abbildung sind diejenigen Grün- und Freiflächen dargestellt, die in Berlin seit Beginn der 90er Jahre gemäß Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm schwerpunktmäßig entwickelt wurden. Konzeptionell orientiert am Berliner Freiraumsystem wurden gezielt der Innere und Äußere Parkring sowie die Naherholungsgebiete als Schwerpunkträume für die weitere Qualifizierung bestimmt.

 

 

 

 

 

 


Von den geplanten "16 Neuen Parks für Berlin" konnten mittlerweile 10 Parks in die Realisie­rung genommen werden. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die neuen Parks überwiegend als Ersatzmaßnahmen für projektbezogene Eingriffe in Natur und Landschaft planfestgestellt wurden. Die Kosten hierfür sind von den jeweiligen Eingriffs­verursachern zu tragen. Allein die großen Ersatzmaßnahmen, die seitens der Senatsver­waltung seit 1995 vorgeschlagen, gesichert und bereits weitgehend umgesetzt sind, belaufen sich auf ein Volumen von ca. 300 Mio. DM.

Sieht man sich hierzu im Ver­gleich die öffentlichen Finanz­eckwerte der Investitionspla­nung zwischen 1991 und 2001 in Berlin auf der nebenstehenden Übersicht an, ist festzustellen, dass im Jahre 2001 nur noch ca. 14 Mio. DM von ehemals ca. 57 Mio. DM pro Jahr für den Neubau von Grünanlagen zur Verfügung standen.

 


Da auch künftig die Entwicklung und Qualifizierung von Grünan­lagen überwiegend über natur­schutzrechtliche Kompensati­onspflichten erfolgen wird, ist vor allem für die Erfordernisse der Bauleitplanung eine Gesamt­städtische Ausgleichskonzep­tion entwickelt worden. Zum einen können damit Ausgleichs­pflichten noch besser in die Schwerpunkträume der Stadtentwicklung orientiert werden. Darüber hinaus aber stellt die Ausgleichskonzeption eine wichtige planerische Voraussetzung dar, um Ausgleichserforder­nisse, die am Ort des Eingriffs nicht sinnvoll zu realisieren sind, für prioritäre Ausgleichs­flä­
chen besser bündeln und steuern zu können.

 


3.      Trends der Frei- und Grünflächenentwicklung

Neben der erforderlichen Bündelung und Prioritätensetzung von Grünaktivitäten innerhalb der bisher bekannten Grünkulisse ist in den kommenden Jahren aufgrund Veränderungen in bisher anderweitig genutzten Arealen von zusätzlichen Freiraumflächenpotenzialen in nennenswerter Größenordnung auszugehen.

Zum einen sind bereits Anlagen geplant, wie z.B. der künftige Volkspark auf dem Tempelhofer Feld (nach Aufgabe der Flughafennutzung).
Weitere Anlagen – gemäß FNP und LaPro – sind noch geplant auf dem Güterbahnhof Schönholz, auf dem Güterbahnhof in Moabit, in Lichterfelde-Süd, auf den Buckower Feldern und für das Erholungsgebiet Kaulsdorfer Seen.
Für diese Anlagen sind extensive Folgekosten für Pflege und Unterhaltung eine wesentliche Rahmenbedingung.

Hiervon zu unterscheiden sind zum anderen Freiraumpotenziale, die erst sukzessive einer planerischen Konkretisierung zugeführt werden können. Sie sind insbesondere in den fol­genden Nutzungsbereichen zu erwarten:

·          Bei den Friedhofsflächen ist mit einer Nutzungsaufgabe von rd. 700 ha zu rechnen.

·          Der Rückbau von Wohn- und Infrastrukturstandorten in der Kulisse des „Stadtumbau Ost“ erhöht das Potenzial von Freiflächen.

·          Bedingt durch Veränderungen im landwirtschaftlichen Sektor (Modifikation des Förder­regimes, EU-Osterweiterung etc.) ist langfristig innerhalb des Stadtgebietes eine Nut­zungsaufgabe in nicht unerheblichem Umfang anzunehmen.

·          Für innerstädtische Wasserwerke sind Nutzungsaufgaben nicht mehr auszuschließen.

·          Innerhalb der Kleingartenkulisse wird ein Rückgang der Nachfrage vermutet.

·          Eine reduzierte Flächennachfrage für bauliche Nutzungen wird eine Zunahme von Brachflächen auslösen.

·          Durch die Aufgabe der Flughafennutzung für Tegel sind rd. 200 ha wieder in den Stadtkörper zu integrieren.

 

Zur aktuellen Statusbestimmung Grün, Freiraum können folgende wesentliche Parameter festgehalten werden:

a)      Es wird künftig, allenfalls nur noch punktuell im Zusammenhang mit konkreten Stadt­entwicklungsprojekten, die Neugestaltung von Park- und Grünanlagen erforderlich sein.

b)      Innerhalb der Bestandskulisse der Park- und Grünanlagen ist aufgrund mangelnder Finanzausstattung von einem stetig fortschreitenden Substanz- und Qualitätsverlust aus­zugehen.

c)      Als konzeptionell neu zu bewältigende Aufgabe und Chance wird der Zuwachs von Frei­raumflächenpotenzialen aufgrund von Nutzungsaufgaben angesehen.

d)      Mit der Vernetzung von Freiräumen und Biotopen sind sowohl Verbesserungen für die Erholungssuchenden als auch für Flora und Fauna in ihren jeweiligen Lebensräumen zu sichern

 

4.      Zukünftige Perspektiven

Auf den traditionellen Wegen und mit den bisherigen Mitteln allein kann die Unterhaltung und Pflege des Freiraumsystems sowohl quantitativ als auch qualitativ nicht mehr ausreichend gewährleistet werden. Die Schwerpunkte künftiger Landschafts- und Freiraumentwick­lung liegen daher in der Bestimmung innovativer Formen der Substanzerhaltung und Bestandspflege.

 

Zum Potenzial denkbarer fachlicher Ansätze zählen:

·          Neuformulierung der Flächenkulisse des LaPro

Sofern die allgemeinen Rahmenbedingungen im Hinblick auf Flächenbedarf und -nachfrage zur Siedlungsentwicklung eine grundlegende Überprüfung erforderlich machen, sollte hierfür vorlaufend die zur Disposition gestellte Flächenkulisse im Hinblick auf ihre ökologische und erholungsbezogene Bedeutung neu bewertet werden.

·          Hierarchisierung und Profilierung des öffentlichen Freiraums

Das öffentliche Freiraumsystem ist in eine Hierarchiestruktur einzuordnen, die in den Katego­rien gesamtstädtisch, stadtteil- und quartiersbezogen unterschieden wird.
Daraus resultieren differenzierte Anforderungen an die Gestaltung neuer Anlagen (Reprä­sentativität, Ausstattung, Nutzungsmöglichkeiten etc.).
Bezogen auf ihre Lage im Stadtraum, ihre Funktion und ihre Nutzungsintensität sind für die verschiedenen Typen von Grünanlagen ebenso Qualitätsziele und Prioritäten für die Unter­haltung und Pflege in Abstimmung mit den Bezirksämtern abzuleiten.
Im Ergebnis wird sowohl für die Neuanlage als auch für die Pflege und Unterhaltung von öffentlichen Grünflächen eine Standarddifferenzierung erarbeitet, die den gezielteren Einsatz der öffentlichen Mittel ermöglicht.

·          Stärkung von privater Verantwortung für das öffentliche Grün

Bürgerschaftliches Engagement und private Verantwortung für öffentliches Grün sollen ge­stärkt werden.
Dafür sind Modelle zu entwickeln, die geeignet sind, finanzielle Potenziale und die Bereit­schaft zu Eigenleistung von Bürger/innen, Stadtteilinitiativen, Wohnungsbau­gesellschaften und Investoren zu aktivieren.
Sponsoring, Mäzenatentum, ehrenamtliche Arbeit von Bürger/innen bis hin zu vertraglichen Vereinbarungen zur Übernahme öffentlichen Grüns in die Obhut von Privaten sollen aufbau­end auf den bisherigen Erfahrungen (z. B. Los Angeles Platz, der einem privaten Eigentümer übertragen worden ist, oder die Direktvergabe von Sachmitteln an engagierte Bürger/innen, wie sie derzeit erstmalig erprobt wird) weiterentwickelt und verstetigt werden.

·          Profilierung der privaten Freiräume

Für einzelne privat und gemeinschaftlich in Anspruch genommene Freiräume sind neue Formen von Nutzung und Gestaltung zu finden. Dazu zählen insbesondere:

·          Freiflächen im Bereich von Zeilenbebauung und Großsiedlungen

·          Qualifizierte private Freiräume bei Neubauvorhaben (Balkone, Terrassen, Höfe)

·          Neue Formen für gemeinschaftlich genutzte Freiräume wie z. B. Mietergärten

·          Neue Aneignungsformen

Durch das Anwachsen der nicht besetzten Stadträume, werden neue temporäre Aneig­nungsformen beobachtet, z. B. informeller Sport auf dem ehemaligen Standort des Stadions der Weltjugend. Hier sind innovative Modelle zur Schaffung von temporären Freiräumen zu entwickeln, die nicht sogleich in die Kategorie öffentliche Parkanlage eingestuft werden. Die zumeist hohe Individualität dieser Räume sollte neuen Nutzern temporär ohne großen Auf­wand zur Verfügung gestellt werden. Zu klären sind dabei Haftungsfragen, Besitzverhält­nisse etc.

·          Bestandsentwicklung als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme

Im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft, ist es nicht zwingend vorgeschrieben, dass für den Verbrauch von Natur für zumeist bauliche Zwecke, wertvolle Flächen neu und erstmalig zu schaffen sind. Ebenso können qualitätsverbessernde, natur- und erholungswirksame Maßnahmen auf bereits vorhandenen Flächen erfolgen. Insoweit sollten künftig auch Maßnahmen und Erfordernisse der Grunderneuerung und Instandset­zung im Bereich öffentlicher Grün- und Erholungsanla­gen mit bedacht werden.

·          Neue Modelle der Freiflächensicherung und -bereitstellung

Das Instrument der Sicherung wertvoller Teile von Natur und Landschaft sollte stärker auf den Aspekt der Freiraumsicherung und damit auf den Schutzzweck der "besonderen Be­deutung für die Erholung" ausgerichtet werden.

Generell kann in stärkerem Maß auf ambitionierte Schutzziele sowie auf Restriktionen für Grundstückseigentümer verzichtet werden.

Es kommt vielmehr darauf an, diese Freiflächen/Bereiche sehr zurückhaltend zu erschließen und damit nur deutlich reduzierte Verkehrssicherungspflichten für die öffentliche Hand aus­zulösen.

·          Waldvermehrung/Landschaftspflege

Unter dieser fachlichen Zielsetzung (für Flächen bspw. im Nord/Ostraum) wird in diesem Zu­sammenhang nicht an die Herstellung geschlossener Waldbestände - im Sinne traditioneller Ziele und Erfordernisse einer ertragsorientierten Forstwirtschaft - gedacht. Vielmehr sollen waldgeprägte, für die Erholung geeignete Landschaften entstehen, die neben Frei- und Suk­zessionsbereichen ggf. auch Wasserflächen aufweisen können.

Aber auch auf landwirtschaftlichen Flächen sollen verstärkt mit den Instrumenten einer nut­zerbezogenen Landschaftspflege die Anforderungen an Natur und Landschaft ( z.B. Erhal­tung der Kulturlandschaft) bewältigt werden.

 


I.       Baustein Umwelt / Umweltschutz in Berlin

In den letzten Jahren hat sich die Situation der Umwelt in vielen Bereichen deutlich ver­bes­sert. Die Entwicklung in den unterschiedlichen Umweltmedien ist vielfach indirekt, in einigen Bereichen auch direkt mit der Siedlungs- und insbesondere der Verkehrsentwick­lung ver­bunden.
In Bezug zur langfristigen räumlichen Entwicklung sind insbesondere die Themenkomplexe Wasser sowie Flächeninanspruchnahme einschließlich Bodenschutz (vgl. Kap. F, S. 37)als Umweltmedien mit einem stärkeren Flächen- und Raumbezug vertiefend zu betrachten. An dieser Stelle wird daher zunächst dargestellt, wie die Entwicklung in den Bereichen Lärm, Luft, gobaler Klimaschutz, Stadtklima sowie Abfall verlaufen ist und welche weiteren Entwick­lungen zu erwarten sind.

 

1.      Einführung (IX B)

Integrativer Umweltschutz ist eine der drei tragenden Säulen der Nachhaltigkeitsstrategie, die folgende Hauptziele verfolgt:

·          Die natürlichen Ressourcen sind konsequent zu schonen,

·          die natürliche Vielfalt (Biodiversität) ist zu erhalten und

·          der Zugang zu Umwelt und Ressourcen ist gerecht zu verteilen.

Oberstes Ziel der Umweltpolitik in einer Stadt ist es, Leben und Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen jetzt und in der Zukunft vor Gefahren, Schädigungen und Beeinträchtigungen durch Belastungen der Umwelt und des Ökosystems zu bewahren. Dazu sind die Schad­stoffbelastungen zu minimieren, Gefahren aus Bodenverunreinigungen insbesondere zum Schutze des Grundwassers abzuwehren sowie Lärmemissionen und Luftschadstoffe zu minimieren, die vorwiegend vom Verkehr verursacht werden.

Die Bewahrung der Umwelt als existenzielle Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen wird um so dringlicher, je stärker natürliche Ressourcen vereinnahmt werden. In städtisch geprägten Agglomerationsräumen – wie Berlin – sind das ökologische Belastungs­potenzial und damit die Handlungsbedarfe zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität am größten.[75]

Der Schutz und die Wahrung der Umwelt sind originäre Aufgaben des Staates. Dazu sind von staatlicher Seite die geeigneten Ziele, Leitbilder und Standards zu erarbeiten und vorzu­geben und zu deren Erreichung geeignete Instrumente wie Ver- und Gebote, Planungspro­zesse usw. zur Anwendung zu bringen. Umweltschutz ist darüber hinaus auch ein stadt­ge­sellschaftliches Handlungsfeld. Im Rahmen der Agenda sind neben der öffentlichen Hand auch weitere Akteure der Stadtgesellschaft eingebunden. Derzeit wird vom Agendaforum in neun Handlungsfeldern eine gesamtstädtische Agenda 21 zur nachhaltigen Entwicklung Berlins erstellt. Die endgültige Agenda soll im Herbst 2003 vom Senat in das Abgeordneten­haus eingebracht werden.

 

2.      Genereller Umweltschutz

a)      Lärm- und Luftschadstoffbelastung (IX D 1)

Hauptverursacher für die Umweltbelastungen durch Lärm und Luftschadstoffe im Stadtgebiet ist der Verkehr – insbesondere der motorisierte Kraftfahrzeugverkehr. Um hier Belastungs­reduzierungen zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmestrategien zu entwickeln. Es ist beabsichtigt, zumindest einen Teil dieser Maßnahmen in die Stadtentwicklungs- und Ver­kehrsplanung zu integrieren.

 

Verkehrslärm

Die Berliner Verkehrslärmkarte zeigt eine hohe Lärmbelastung, der insbesondere Anwohner von Hauptverkehrsstraßen ausgesetzt sind. So werden für ca. 70% der bebauten Abschnitte von Hauptverkehrsstraßen tagsüber Lärmpegel von über 65 dB(A) ermittelt, im Nachtzeit­raum sind es sogar mehr als 80% der Abschnitte mit Pegeln über 55 dB(A). Diese Richtwerte werden von der Lärmwirkungsforschung als Schwelle für die Belastung genannt, ab der gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind.

Eindeutige Trendaussagen für das gesamte Stadtgebiet zur bisherigen Entwicklung der Lärmbelastung sind nicht möglich. Es ist aber davon auszugehen, dass die wenigen techni­schen Verbesserungen in den letzten 10 Jahren in Bezug auf die Geräuschentwicklung von Fahrzeugen nur einen geringen Einfluss haben und es zumindest im Hauptverkehrsstraßen­netz insgesamt keine gravierenden positiven Belastungsänderungen gegeben hat.

Im Rahmen der Arbeiten zum StEP-Verkehr wurden Untersuchungen zur Entwicklung der Lärmbelastung mit dem Zeithorizont 2015 durchgeführt. Unter den Voraussetzungen, dass durch technische Verbesserungen an den Fahrzeugen Minderungen von 3 dB(A) erreicht werden (UBA-Prognose bis 2015, derzeit nicht in vollem Umfang absehbar) und alle Fahr­bahnoberflächen einen gutem Zustand aufweisen, sind deutliche Minderungen der Lärmbe­lastung insbesondere von sehr hoch belasteten Straßenabschnitten zu erwarten. Es sind aber weiterhin ca. 240.000 Anwohner (derzeit 283.000) im Nachtzeitraum von Pegeln über 55 dB(A) betroffen. Dies zeigt, dass auch zukünftig ein hoher Handlungsbedarf zur Entwick­lung und Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen insbesondere an Hauptverkehrs­straßen besteht.
Um eine möglichst effektive Lärmminderungsplanung zu entwickeln, ist es notwendig, diese in die Stadtentwicklungsplanung zu integrieren. Ziel ist die Entwicklung von konkreten Hand­lungskonzepten unter Berücksichtigung der stadt- und verkehrsplanerischen Aspekte mit kurz- mittel- und langfristigem Zeithorizont. Hierbei sind insbesondere die Bereiche Verkehrs­organisation, ordnungsrechtliche Regelungen und Überwachungen des Straßenverkehrs, Verkehrsvermeidung und Infrastrukturmaßnahmen zu prüfen. Die Umsetzung der Maß­nah­meempfehlungen soll zu einer spürbaren Verbesserung der Wohn­qualität sowie der Auf­enthaltsqualität im öffentlichen Raum beitragen.

Da es nicht möglich ist, eine solch umfangreiche Planung gleichzeitig für das gesamte Stadt­gebiet zu entwickeln, werden derzeit erste Lärmminderungspläne für bezirkliche Teilräume erarbeitet. Diese weisen Problembereiche auf, die auch für andere Bereiche des Stadt­ge­bietes charakteristisch sind. Neben den bereits genannten Zielen wird aus den Erkenntnis­sen dieser Modellprojekte die Entwicklung eines Leitfadens „Lärmminderungsmaßnahmen Berlin“ als Anleitung für die planenden Bereiche angestrebt.
Auf dieser Grundlage soll dann bis zum Jahre 2008 ein erster gesamtstädtischer Lärmminde­rungsplan (entsprechend den Vorschriften der Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union) entwickelt werden.

 

Luftschadstoffe

Anders als beim Verkehrslärm ist bei der Entwicklung der Luftschadstoffbelastung in den letzten Jahren eine Belastungsabnahme zu verzeichnen. Diese fällt allerdings bei den ein­zelnen Schadstoffen – je nach Herkunft und mittlerweile entwickelten Abgasminderungs­techniken - sehr unterschiedlich aus.

Von der EU wurden für eine Reihe von Schadstoffen neue Grenzwerte festgesetzt, die mit einem Zeithorizont von 2005, bzw. 2010 verbindlich einzuhalten sind. Diese wurden im Jahr 2002 in nationales Recht überführt. Zudem ist für die nächsten Jahre von der EU eine Über­prüfung dieser Grenzwerte und eine Ausdehnung auf Zeithorizonte 2015/2020 beabsichtigt. Insbesondere für den Feinstaub ist ein strengerer Grenzwert zu erwarten.

In Bezug auf die Einhaltung dieser Grenzwerte sind in Berlin insbesondere die Belastungen durch Feinstaub PM10 (Grenzwert einzuhalten bis 2005) und Stickstoffdioxid (2010) kritisch zu bewerten. Allein durch technische Verbesserungen an den Fahrzeugen kann die Belas­tung für diese Schadstoffe voraussichtlich nicht soweit verringert werden, dass die Einhal­tung der Grenzwerte sicher gestellt ist.

Die Untersuchungen im Rahmen der Arbeiten zum StEP-Verkehrs zeigen, dass selbst mit dem Zeithorizont 2015 die bereits ab 2005/2010 verbindlichen Grenzwerte nicht sicher ein­gehalten werden können. Die angestrebte deutliche Unterschreitung (um 25%) wird ohne weitere Maßnahmen verfehlt. Die zukünftigen technischen Verbesserungen in Bezug auf die Abgasminderungstechnik wurden bei diesen Untersuchungen berücksichtigt.

Aufgrund der absehbaren Grenzwertüberschreitungen wird entsprechend den Vorschriften des BImSchG bis zum Anfang nächsten Jahres einen Luftreinhalteplan vorlegt werden. Es ist abzusehen, dass hier auch Maßnahmen im Bereich der Verkehrsplanung eingefordert wer­den, die zum Teil sicherlich erst mittelfristig wirksam werden können; Belastungsverminde­rungen sind z. B. durch Dämpfung des motorisierten Verkehrs, Stärkung des Umweltverbun­des oder verkehrliche Entlastungen von besonders hoch belasteten Straßenabschnitten zu erreichen. Eine weitere Konkretisierung dieser Maßnahmen kann aber erst in den nächsten Monaten erfolgen. Die grundlegende Zielsetzung, den Verkehr effizienter und umweltver­träglicher zu gestalten, muss dabei auch durch die Bau- und Flächenplanung unterstützt werden. Dabei ist zu beachten, dass bei zukünftigen Gewerbeansiedlungen, die verkehrs­induzierend wirken, im großen Hundekopf Restriktionen aus Gründen der Luftreinhaltung zu erwarten sind.

 

b)     Globaler Klimaschutz (IX B)

Berlin zeigt, wie wirksamer Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften als Zukunftsaufgaben erfolgreich gestaltet und praktiziert werden. Berlin ist weltweit eine von wenigen Städten, denen es gelingen wird, das aus dem Jahre 1988 stammende Toronto-Ziel einer Reduzie­rung des CO2-Emission um 25% bis 2010 zu erreichen. Berlin ist beim Klimaschutz mit sei­ner bisher erzielten CO2-Reduzierung von 15% auf dem richtigen Weg.

Ermöglicht werden diese Reduktionen durch Energieeinsparungen insbesondere im Gebäu­debereich, eine erhöhte Energieeffizienz in der gewerblichen Wirtschaft, durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung sowie durch die Nutzung der Sonnenenergie. Erfolgreiche Maß­nahmen im Rahmen des Landesenergieprogramms 2000 - 2003 sind u.a.:

·          Sanierung von 650.000 Wohnungen im Gebäudebestand,

·          Energiesparpartnerschaften für öffentliche Gebäude (Einspar-Contracting),

·          ökologischer Stromeinkauf für die Liegenschaften des Landes Berlin,

·          Contractinglösungen zur Energieträgerumstellung,

·          Berliner ImpulsE-Programm mit den Berliner Energietagen,

·          Ausschreibung von Dachflächen für die Stromerzeugung aus der Sonnenenergie.

Auch in den kommenden Jahren sind weitere Anstrengungen zum Klimaschutz insbe­sondere im Verkehrssektor erforderlich. Dies betrifft vor allem effizientere Verkehrsmittel für alle Sektoren und die Reduktion von Verkehrsströmen durch eine Integration der Stadt­entwicklungsplanung. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen in weiteren Bereichen, um den gesetzten Zielen näher zu kommen. Dies sind beispielsweise die Substitution von Kohle und Öl durch Erdgas, durch regenerativen Wasserstoff oder eine Anschluss- und Benutzungspflicht für Kraft-Wärme-Kopplung.

Um die Fortschritte im Klimaschutz zu bewerten, sind in Berlin folgende Indikatoren darzu­stellen: die CO2-Emissionen pro Einwohner und Jahr, der Endenergieverbrauch sowie Stromverbrauch pro Einwohner und Jahr, die m2-Fläche Solarthermie und die Leistung Photovoltaik jeweils je 1000 Einwohner sowie schließlich der Anteil des Stroms aus KWK am gesamten Stromverbrauch.

 

c)      Stadtklima (I E 122 / IX B 222)

Klimaparameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchte, Schwülegefährdung und Windverhältnisse werden durch die in der Stadt vorhandenen Nutzungen, aber auch durch das Relief und die Vegetationsstrukturen nachhaltig beeinflusst. Als klimatische Belastungsbereiche sind die hochverdichtete Innenstadt, einzelne Zentren der Außenbezirke sowie dicht bebaute und zumeist stark versiegelte industriell genutzte Bereiche außerhalb der Innenstadt anzu­sprechen.

Die klimatischen Charakteristika dieser Gebiete wie Überwärmung, Schwülegefährdung und geringe nächtliche Abkühlung im Sommer bedeuten für den Menschen eine hohe bioklimati­sche Belastung.
Eine gute Durchlüftung von Siedlungsgebieten führt zum Abbau dieser Belastungen. In den Nachtstunden kann durch das Heranführen kühlerer Luft aus dem Umland die Temperatur in der Stadt gesenkt werden, was in den Sommermonaten zum erwünschten Abbau der Wär­mebelastung des Menschen führt. Ist diese herangeführte kühlere Luft zudem noch unbe­lastet von Luftschadstoffen (Frischluft), so wird gleichzeitig die lufthygienische Situation ver­bessert.
Daher ist es besonders erfreulich, dass Berlin im Vergleich zu anderen Metropolen ähnlicher Größenordnung noch immer über eine gute Grundstruktur von klimatisch ausgleichenden, entlastenden Flächen verfügt.

Als Ausgleichsräume für die innerstädtischen Belastungsgebiete wirken zum einen die an der Peripherie der Stadt gelegenen großflächigen Freiräume mit ihren zum Teil bis in den Stadtkern reichenden Ausläufern. Belüftungsbahnen, die in Richtung Stadt verlaufen, wirken insbesondere dann klimatisch und luft­hygienisch entlastend, wenn diese Bereiche offen strukturiert sind. Als Leitbahnen für den Kaltlufttransport fungieren große, linear ausgeprägte Freiflächen mit einer verhältnismäßig geringen Oberflächenrauhigkeit. Hinsichtlich dieser Funktion sind Bereiche des Havel- bzw. Spreetals bedeutsam, aber auch weniger ausge­prägte Fliessgewässer wie die Wuhle.

Aufgrund der insgesamt nur geringen Höhenunterschiede in der Stadt kommt die entschei­dende Entlastungsfunktion aber allen Freiflächen zu, die innerhalb der Be­lastungsgebiete liegen oder direkt an diese angrenzen, sie stellen in ihrer Funktion als Kaltluftentstehungs­gebiete das wesentliche Potential zur Entlastung dieser Sied­lungsräume dar. Mit zuneh­mender Entfernung vom Stadtrand und nachlassen­der Verbindung zu den klimatischen Ausgleichsflächen des Umlands gewinnen klein­räu­mige Windsysteme zwischen innerstäd­tischen Freiräumen und ihrer unmittelbaren Umgebung an Bedeutung. Neueste Untersu­chungen für den Umweltatlas zeigen, dass über 30% des Stadtgebietes an der Ausbildung von Ausgleichsströmungen in die Bebauung beteiligt sind. Dies ist im Rahmen der Bestandsentwicklung und Verdichtung zu berücksichtigen.


Die Aktualisierung des stadtklimatischen Kenntnisstandes mit dem Stand des Jahres 2002 belegt die klimatischen Folgen der baulichen Entwicklung der 90er Jahre. Durch die bau­lichen Veränderungen in der Innenstadt ist nunmehr die noch 1993 im Stadtzentrum vor­handene zweigeteilte Wärmeinsel verschwunden. Große Teile der Innenstadtbezirke bilden nun einen geschlossenen innerstädtischen Wärmeinselring, der lediglich von den großen Grün- und Freiflächen des Tiergarten u.ä. unterbrochen wird.
Die bisherigen Unterbrechungen der innerstädtischen Wärmeinseln im Zuge der Verbindun­gen vom Gleisdreieck zum Humboldthafen sowie nördlich des Großen Tiergarten sind als Folge der Baumaßnahmen nicht mehr nachzuweisen. Im Süden bilden in etwa der Land­wehrkanal, im Osten die Ebertstraße und im Norden der Moabiter Werder die Grenze des vom Großen Tiergarten günstig beeinflussten Bereichs.

Abb. 8: Klimafunktionen 1993 und 2001, Quelle: Umweltatlas Karten 04.07, Ausgabe 1993 und 2001

grün:   Entlastungsbereich mit unmittelbaren Wechselwirkungen zu umgebenden Siedlungsbereichen,
rot:       Belastungsbereich mit höchster Empfindlichkeit gegenüber Nutzungsintensivierungen, dringend
             notwendige Sanierungsmaßnahmen

 

Stadtklimatische Ziele

Im Rahmen der Stadtentwicklung sind stadtklimatische Aspekte zu integrieren. Klimati­sche Entlastungsfunktionen sind zu erhalten und zu entwickeln. Geeignete Luftleitbahnen sollten von Verdichtung, Riegelbebauung und Emissionen freigehalten werden. Auch die im Ein­flussbereich der Leitbahnen liegenden Grünflächen sollten möglichst offen strukturiert wer­den.

Von entscheidender Bedeutung für den klimatischen Austausch sind die Temperaturunter­schiede benachbarter Gebiete. Eine Reduzierung dieser Unterschiede auf das höhere Niveau der dicht bebauten Gebiete, z.B. durch Erhöhung der Baudichte in lockeren Sied­lungsgebieten oder Überbauung der Freiflächen, ist zu vermeiden. Besonders im Zuge der angestrebten Innenentwicklung gilt es, klimatische Funktionen verstärkt in die planerische Abwägung einzustellen.

Aufgrund der begrenzten Reichweite von Freiflächen sind für die Entlastung von Belas­tungsgebieten auch Maßnahmen im bebauten und verdichteten Gebiet selbst erforderlich. Die Begrünung von Stadtplätzen, Straßen, Gebäuden und Innenhöfen trägt dazu bei, die Überwärmung zu vermindern, den Feuchtigkeitsgehalt der Luft zu erhöhen und Staub zu binden.

Bei Inanspruchnahme von neuen Bauflächen und Nutzung von Verdichtungspotenzialen bieten die aktuellen Ergebnisse der Anwendung eines Klimamodells im Rahmen des Infor­mationssystem Stadt und Umwelt (ISU) Berlin eine begründete Basis zur Ableitung von kon­kreten Planungsempfehlungen, die es zu nutzen gilt. Zum Ende des Jahres 2003 werden auf dieser Basis eine neue Klimafunktionskarte sowie erstmalig eine Planungshinweiskarte vor­liegen.

 

d)     Zukünftige Perspektiven Luft, Lärm, globaler Klimaschutz, Stadtklima

Gegenüber unmittelbaren Umweltproblemen wie Luftverschmutzung, Gewässerverunreini­gung usw. gewinnen heute Umweltprobleme an Bedeutung, die wegen globaler Synergien und sehr langfristiger Folgenketten zunehmend undurchsichtig und häufig auch irreversibel sind (Klimafolgeschäden, Artenschwund, Flächenverlust usw.).

Neben den globalen Umweltveränderungen hat eine Problemverlagerung von den Produkti­ons- zu den konsumbedingten Umweltbelastungen stattgefunden. Daher sind neue Instru­mente zu umweltbewusstem Konsum zu entwickeln. Dies umfasst im Hinblick auf die Berei­che Lärm, Luft und Klima maßgeblich die Gestaltung von Mobilität. Dabei hat die Integration der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung eher einen langfristigen Charakter, weil weite Teile des zukünftigen Siedlungsbestands schon heute vorhanden sind. Vorhandene Nutzungs­mischungen und polyzentrale Strukturen, die eine Basis für Verkehrsmeidung bilden können, stehen vielfach durch aktuelle Entwicklungstrends wie Konzentrationsprozesse im Einzel­handel, unter Druck. Zur Beeinflussung des Verkehrs sind daher zunehmend auch Maßnah­men erforderlich, die die Verkehrsmittelwahl und damit das Nutzungsverhalten von Ver­kehrsangeboten beeinflussen.

Im Rahmen der Bestandsentwicklungsstrategien sind geeignete Steuerungs- und Umset­zungsinstrumente zu entwickeln, um die stadtklimatischen Bedingungen zu verbessern; das LaPro bietet hierfür einen Ansatzpunkt. Anlässlich der Fortschreibung des LaPros wird das dargestellte Vorranggebiet Klimaschutz überprüft.

 

3.      Abfallwirtschaft in Berlin (IX B)

Die Abfallwirtschaftsplanung ist ein wesentlicher Baustein im übergreifenden Nachhaltig­keitskonzept des Landes Berlin. Sie orientiert sich an den grundlegenden Zielen der Wirt­schaftlichkeit, Entsorgungssicherheit, Schonung der Ressourcen sowie der Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Die Abfallwirtschaftsplanung war in den vergangenen zehn Jahren star­ken Veränderungen unterworfen. Wurde Ende der 80er noch von einer „Mülllawine“ gespro­chen, ist heute die Tendenz zur rückläufigen Abfallmengenentwicklung feststellbar.

Entsprechend dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hat die Abfallwirtschaftsplanung des Landes Berlin die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Res­sourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen zum Ziel; mit einer deutlichen Pflichtenhierarchie: Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseiti­gung.

Im Jahr 2002 fielen im Land Berlin insgesamt rd. 1.674.000 Megagramm (Mg) Siedlungsab­fälle (Bruttomenge) zur Entsorgung an. Dies entspricht einer einwohnerspezifischen Menge von 493,7 kg/E*Jahr. Mehr als ein Drittel der angefallenen Siedlungsabfälle (37,6% - 629.000 Mg) wurde einer Verwertung zugeführt, während rd. 1.045.000 Mg zu beseitigen waren. Der Hausmüll verursacht ungefähr die Hälfte der Siedlungsabfälle[76]. Durchschnittlich erzeugte jeder Einwohner Berlins 2002 rd. 288,4 kg Abfall als Hausmüll.

In den letzten Jahren konnte eine kontinuierlich rückläufige Entwicklung der Siedlungs­abfälle festgestellt werden. Innerhalb der Jahre 1992 bis 2002 hat sich das Gesamtaufkom­men von ca. 2.594.000 Mg auf ca.1.674.000 Mg und damit um mehr als ein Drittel reduziert. Im gleichen Zeitraum hat sich die Menge der verwerteten Abfälle mehr als verdreifacht. Die Verwertungsquote stieg von rd. 10,4% auf rd. 37,6%.

Die beseitigten Siedlungsabfälle reduzierten sich von 1992 bis 2002 um mehr als 50%.[77] Für die kommenden Jahre wird ein weiterer Abwärtstrend erwartet.
Indikatoren für die Bewertung der zukünftigen Entwicklung in der Abfallwirtschaft sind neben der Menge der Siedlungs- bzw. Haushaltsabfälle insgesamt bzw. pro Kopf die Verwertungs­quo­ten.

Bis zum Jahr 2005 soll sich die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge durch Vermeidungs- und Verwertungsmaßnahmen weiter auf 983.000 Mg im Jahr verringern. Dazu werden folgende Instrumente eingesetzt:

·          abfallarmes Beschaffungs- und Auftragswesen der öffentlichen Hand,

·          Anreize zur Vermeidung und Verwertung durch entsprechende Gebühren,

·          Getrennterfassung von verwertbaren Abfallfraktionen bei Haushaltungen und Gewerbe­betrieben

·          nachträgliche Sortierung von verwertbaren Abfallgemischen.

Zur Gewährleistung der Entsorgung der Siedlungsabfälle ab 2005 hat der Senat am 1. April 2003 Maßnahmen zur zukünftigen Abfallentsorgung beschlossen. Danach soll die über die Kapazität der MVA Ruhleben (520.000 t/Jahr) hinausgehende Menge an Siedlungsabfällen in Höhe von 463.000 t/Jahr als Rohmüll zur Entsorgung in externen Abfallbehandlungsan­lagen ausgeschrieben werden, hiervon soll max. die Hälfte der Menge im Rahmen einer Public-Private-Partnership vergeben werden.[78]

 

4.      Flächenbezogene Umweltmedien

Für die Bereiche Wasser und Flächeninanspruchnahme einschließlich Bodenschutz / Alt­lasten ergeben sich unmittelbare Schnittstellen zur räumlichen Stadtentwicklung. Ziele der nachhaltigen Stadtentwicklung sind die Reduktion der Flächeninanspruchnahme für Sied­lungszwecke, der Erhalt von hochwertigen Böden und die Sicherung bzw. Verbesserung der Funktionsfähigkeit des natürlichen Wasserhaushalts. Aufgrund der unmittelbaren Zusam­menhänge zwischen den vorhandenen Flächenpotenzialen und der Inanspruchnahme von Freiflächen für bauliche Nutzungen wurde das Thema Flächeninanspruchnahme in das Kapitel Flächenpotenziale integriert (vgl. Kap. E, S. 39).

 

Wasser (VII E 2 / E 31)

Rahmenbedingungen: Klima und Wasserhaushalt

Die hydrologischen Verhältnisse im Spree-Havel-Gebiet sind durch ein sehr geringes natürli­ches Wasser­dargebot gekennzeichnet. Überlagert wird diese Rahmenbedingung zusätz­lich durch massive anthropogene Ein­griffe in den Wasserhaushalt des mittleren Einzugsgebietes der Spree infolge des Braunkohlentagebaus (vgl. Pkt. Braunkohletagebau und Wasser­haushalt).

Die uneingeschränkte Nutzung der Wasserressourcen im Brandenburger Raum unterliegt somit in quantitativer Hinsicht starken Limitationen. Ver­änderungen in der Wasserbilanz durch sich abzeichnende Klimaän­derungen in den nächsten Jahr­zehnten wer­den auf die Wasser­verfügbarkeit zusätzlich Einflüsse ausüben. Die Wahrscheinlichkeit, dass durch Klimaänderungen die Niederschlagshöhen und somit die Wasserverfügbarkeit signifi­kant abnehmen, ist deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit, dass diese zunehmen.

Diesen Tatsachen Rechnung tra­gend, bedarf es langfristig ausge­richteter, auch flächen­bezogener Strategien zur Sicherung und zum Schutz der Wasserressourcen in Berlin und Umgebung.

Abb. 9: Wahrscheinliches Szenario der Ver­änderungen der Niederschläge in Branden­burg

 

 

 

 

 

Braunkohlenbergbau und Wasserhaushalt

Der oberirdische Zufluss von Wasser nach Berlin wird vorrangig durch die Spree geprägt. Die Sicherung der Wasserversorgung Berlins steht in direkter Abhängigkeit zum Dargebot und zur Beschaffenheit der Spree (vgl. Pkt. Trinkwasserversorgung Berlins). Durch massive Eingriffe in den Wasserhaushalt des mittleren Spreegebietes infolge des Braunkohlenberg­baus haben sich die Abflussverhältnisse sowie der Grundwasserchemismus signifikant ver­ändert.

Im Zuge des Braunkohletage­baus sind Grundwasserabsenk­trichter entstanden, die langfris­tig die Speisung der Spree beeinträchtigen. Der Spreeab­fluss ging seitdem dramatisch zurück, im Mittel um 50%. Im Zusammenhang mit sehr hohen Verdunstungsverlusten im Spree­wald kam der Spreeabfluss vor den Toren Berlins in den letzten Jahren phasenweise gänzlich zum erliegen.

Abb. 10: Braunkohlenbergbau in der Niederlausitz

Rückgang der Spreewasserführung (Spreemündung)
mittlerer Abfluss              1985 bis 1990:     
» 40 m³/s
                                        1995 bis 2000:     
» 25 m³/s
Niedrigwasserabfluss     1985 bis 1990:     
» 12 m³/s
                                        1995 bis 2000:    
» 3,5 m³/s

Die Gesamtsituation verschärfend kommt hinzu, dass die aufsteigenden Grundwässer und infolge dessen die Tagebaurestseen extrem sauer und sulfathaltig sind. Viele der Tagebau­restseen wurden bzw. werden künftig als Speicher zum Niedrigwasserausgleich der Spree ausgebaut (u.a. Lohsa II). Vielfältige Anstrengungen werden derzeit unternommen bzw. sind noch erforderlich, um die Wasserbeschaffenheit in diesen Mehrjahresspeichern so zu stabili­sieren, dass das Speicherwasser zu Trockenzeiten ökologisch unbedenklich in die Spree ausgeleitet werden kann. Um die Situationen in den Tagebaurestseen chemisch-physikalisch zu stabilisieren, wird u.a. Spreewasser (Säurepuffer, Verdünnungswasser) aus der fließen­den Welle den Restseen zugeführt, was die Abflussbilanz nach Berlin zusätzlich beeinträch­tigt.

 

Trinkwasserversorgung Berlins

Berlin bezieht sein Trinkwasser zu 100% aus dem Grundwasser. Diesen für eine Millionen­metropole einzig­artigen Umstand verdankt Berlin den günstigen geologischen und hydro­geologischen Voraussetzungen sowie dem hohen Anteil an Wasser- und Grünflächen in der Stadt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 11: Die Trinkwasserversorgung Berlins (Schematischer Schnitt)

Bis in durchschnittlich 160 m Tiefe bil­den Lockergesteine das Süßwasser­stockwerk, das bis wenige Meter unter Gelände mit Grundwasser gefüllt ist. Dieses Grundwasser ist für die Trink­wasserversorgung sehr gut nutzbar. In größeren Tiefen kommt unterhalb einer 80 m mächtigen Tonschicht dann nur noch Salzwasser vor.

Den jährlichen Trinkwasser-Bedarf der Großstadt von 219 Millionen m³ (2002) decken neun Wasserwerke, die alle bis auf eines (Stolpe) im Berliner Stadtgebiet liegen. Das geförderte Grundwasser wird einer­seits durch die natürliche Grundwasserneubildung (versickernder Anteil des Niederschlages) und andererseits durch künstliche Grundwasseranreicherung sowie durch Uferfiltrat (dem Grundwasser zuströmendes Oberflächenwasser) ausgeglichen.
Der Uferfiltratanteil von 30 bis 80% ist eine maßgebliche Größe und erklärt, warum in Berlin die meisten Fassungsanlagen in der Nähe von Gewässern liegen.
Der jährliche Wasserverbrauch stieg in Berlin bis 1989 über drei Jahrzehnte um 150 Mio. m³. Nach 1989 sank der Verbrauch innerhalb nur eines Jahrzehnts um nahezu den gleichen Betrag.

Entsprechend des drastischen Rückgangs des Wasserverbrauchs seit 1989 wurden einige kleine Wasserwerke stillgelegt und die Förderung der verbleibenden z.T. stark reduziert. Es kam infolgedessen zu einem deutlichen Grundwasserwiederanstieg, der örtlich zu Kellerver­nässungen führte. Mit einem stadtweit betriebenen Grundwassermanagement wird durch Steuerung der Wasserwerke und der Grundwasseranreicherungen versucht, eine Siedlungs­verträglichkeit der Grundwasserstände zu erreichen.

Der Nutzungsdruck auf das Berliner Grundwasser hat infolge des stark rückläufigen Trink­wasserverbrauchs deutlich abgenommen. Die uneingeschränkte Nutzung des Grundwasser­dargebotes in Berlin wird jedoch in zunehmenden Maße durch Grundwasserbeschaffen­heits­probleme begrenzt. Reale und potenzielle Beeinträchtigungen ergeben sich u.a. durch aufsteigende Salzwässer, Altlasten sowie Belastungen der Oberflächengewässer durch Kläran­lagenabläufe und perspektivisch verstärkt durch  den Braunkohletagebau (Sulfat).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Abb. 12: Entwicklung des Wasserverbrauchs in Berlin

 


Nutzungs- und Zielkonflikte

Naturgemäß sind die Nutzungs- und Zielkonflikte in urbanen Räumen wegen ihrer komple­xen Zusammenhänge und räumlichen Nähe sehr hoch. Das betrifft auch in besonderem Maße die Wasserwirtschaft und die im Zusammenhang mit der Nutzung der Gewässer und des Grundwassers stehenden Bereiche.

Auf engstem Raum werden Ressourcen beansprucht und somit Beeinträchtigungen der Nut­zungen induziert, die zunehmend auch in öffentlichen Diskussionen problematisiert werden.[79] In Teilbereichen Berlins bestehen standortbedingte teilgeschlossene Kreisläufe zwischen Trinkwassergewinnung, Abwasser­ableitung und Gewässersystem.
Die dauerhafte Sicherung und Verbesserung der nutzungsbezogenen Ansprüche an die Ressource Wasser ist ökonomisch und ökologisch nur im Rahmen nachhaltiger und präven­tiver Strategien sinnvoll möglich, wobei die sich verändernden Rahmenbedingungen hinrei­chend zu berücksichtigen sind.

 

Wesentliche flächenrelevante Handlungsziele und -felder

Einige wesentliche, langfristig ausgerichtete Handlungsziele der Wasserwirtschaft in Berlin, die flächenrelevant sind und untereinander in Wechselwirkungen stehen, sind:

·          Sicherung der Trinkwasserversorgung aus dem Stadtgebiet

·          Sicherung siedlungsverträglicher Grundwasserstände

Folgende Handlungsfelder sind zur dauerhaften Sicherung und Erreichung der Handlungs­ziele von herausragender Bedeutung:

·          Konsequenter Vollzug der Wasserschutzgebietsverordnungen (siehe Abbildung 6)

·          Erhalt und Sicherung der Trinkwasserschutzzonen und Vorbehaltsgebiete, in denen der­zeit nicht aktiv gefördert wird

·          Sicherung und Sanierung der grundwasserrelevanten Altlasten bis 2010

·         
Verstärkung des stadtweiten Grundwasserschutzes

Abb. 13: Rund 25% der Stadtfläche ist mit einem umfangreichen Katalog von Ver- und Geboten durch Wasser­schutzgebietsverordnungen für die Trinkwasserversorgung Berlins gesichert

 


J.    Baustein Mobilität und Verkehr (VII A 4)

1.      Rückblick und Status Quo[80]

a)      Verkehrsinfrastruktur

Im nationalen und internationalen Städtevergleich besitzt Berlin eine hochwertige und leis­tungsfähige Verkehrsinfrastruktur mit erheblichen Kapazitätsreserven, die durch die Infra­struktur­maßnahmen seit 1990 noch erweitert wurden.

Tab. 10: Vergleich ausgewählter Strukturdaten in europäischen Metropolen

Städtevergleich 2000/2001

Berlin

Hamburg

München

Budapest

Rom

Wien

Einwohner (Mio.)

3,38

1,71

1,19

1,83

2,81

1,62

Fläche (km²)

892

755

318

525

1285

415

Einwohnerdichte (EW / km²)

3800

2265

3742

3486

2187

3904

Motorisierung (Pkw/1000 EW)

328

478

597

300

645

394

Straßennetzlänge (km)*

5377

3947

2297

4242

-

2803

ÖPNV-Netzlänge (km)*

2004

2154

-

1609

-

1101

davon

 

 

 

 

 

 

    Straßenbahn

188

-

71

203

50

233

    U-Bahn/Metro

144

98

93

31

37

62

    Bus

1267

1842

-

1235

-

623

    S-Bahn

252

115

63

-

-

162

    Vertaktete Regionalbahn

153

66

-

140

-

21

ÖPNV-Fahrten / EW / Jahr

335

285

-

-

-

430

Modal split (Umweltverbund: MIV)

60 : 40

55 : 45

60 : 40

-

55 : 45

63 : 37

Länge Radwege
(Meter Radweg / 1000 EW)*

236

1052

450

71

8

535

Geschwindigkeit Auto (km/h)*

25

28

22

30

18

-

Geschwindigkeit Bus (km/h)*

19

20

20

17

15

-

Parkgebühren (Euro / Std.)

1,00**

2,00

2,55

0,50

1,04

2,00

*              nur bedingt vergleichbar (unterschiedliche Erhebungsmethoden)
**            in Bereichen mit besonders hohem Kurzzeitparkbedarf 2 Euro/Std.

Dennoch besteht eine Reihe spezifischer Mängel. Die 50-jährige getrennte Entwicklung mit unterschiedlichen Infrastruktur-Ausbaustrategien führte trotz eines gemeinsamen Stadt­grundrisses aus der "Gründerzeit" zu erheblichen Strukturunterschieden zwischen dem Ost- und Westteil der Stadt.

Insgesamt bestehen in der Verkehrswegeinfrastruktur von Berlin strukturelle Unterschiede ("Ost-West-Disparitäten"), die im Straßenverkehr zu Umwegen und im öffentlichen Verkehr zu längeren Reisezeiten bzw. geringerer Attraktivität des ÖPNV-Angebotes führen:

·          Das Straßennetz von Berlin ist durch eine radiale Struktur und mit relativ starker Bünde­lung charakterisiert, in der östlichen Stadthälfte durch ausgeprägte Magistralen mit gerin­gen tangentialen Verknüpfungen der Außenräume (s. Abb. 14). Die Stadt-Umland-Verbin­dungen sind teilweise wenig leis­tungsfähig.

·          Die getrennte Entwicklung der beiden Stadthälften prägt auch das Straßenbahn- und U-Bahnnetz. Die Straßenbahn übernimmt in der östlichen Stadthälfte teilweise U-Bahnfunk­tionen bei geringerer Leistungsfähigkeit und geringeren Geschwindigkeiten.

 

Abb. 14: Straßennetzcharakteristik


 


Abb. 15: Schiennetze

Die Infrastrukturentwicklung seit 1990 ist zusammenfassend durch folgende Merkmale zu charakterisieren:

Für die Straßen- und Schieneninfrastrukturen wurden seit 1990 erhebliche Mittel bereitge­stellt (rd. 4,7 Mio. € / 3,4 Mio. €). Investitionsschwerpunkte bildeten die Wiederinbetrieb­nahme von stillgelegten bzw. unterbrochenen Netzteilen, Netzverknüpfungen, Modernisie­rungen sowie wenige, jedoch kostenintensive Erweiterungen (bei Straßen, U-Bahn, S-Bahn und Straßenbahn). Bei der Fernbahn stand vor allem der Neuaufbau im Vordergrund, neben Wiederinbetriebnahme und Modernisierung. Bei der Güterverkehrsinfrastruktur (Wasser­straßen, Häfen, Logistikzentren) erfolgten Modernisierung, Erweiterung und der Bau von Neuanlagen.
Die erheblichen Finanzaufwendungen für infrastrukturelle Verbesserungen konnten die Ost-West-Disparitäten nicht entscheidend verändern.

Im Zusammenhang mit Investitionen in das Straßennetz erfolgte ein Ausbau der Kommuni­kationsinfrastruktur durch umfangreiche Investitionen in Kabel- und Glasfasernetze. So hat allein die Deutsche Telekom mehrere Milliarden Euro in Glasfasernetze und Breitbandnetze investiert. Diese bilden die Voraussetzung, um einen Teil physischen Verkehrs durch Infor­mationsaustausch zu ersetzen.

 

2.      Verkehrsentwicklung

a)      Fernverkehr von und nach Berlin

Der Fernverkehr zeigte bei fast allen Verkehrsträgern ein starkes Wachstum. Auf den Bun­desautobahnen stieg das Verkehrsaufkommen im Mittel jährlich um 2-3%, mit überdurch­schnittlicher Entwicklung beim Lkw-Verkehr. Im Flugverkehr lag der Zuwachs bis 2000 bei durchschnittlich 5,4% und wurde ausschließlich über den Flughafen Tegel abgewickelt, wäh­rend die Nachfrage in Schönefeld seit 1990 konstant blieb. Im Schienenverkehr erfolgte ein starkes Nachfragewachstum auf den Ausbaustrecken, beispielsweise eine Versechsfachung der Reisenden im ICE-Verkehr. Der Binnenschiffsverkehr sank bis 1999 unter das Niveau von 1991, nach einigen Jahren mit Zuwachsraten infolge intensiver Bauaktivitäten Mitte der 90er Jahre.

Das Nachfragewachstum erfolgte vor allem bei den nordwestlichen, westlichen und südwest­lichen Relationen, dagegen deutlich geringer in den nordöstlichen, östlichen und südöst­lichen Relationen.

Auf den nachfragestarken Relationen wurden inzwischen Verbindungsqualitäten entwickelt, die auf dem Niveau der konkurrierenden deutschen Regionen liegen.

 

b)     Stadt-Umland-Verkehr

Das Wachstum der Verkehrsnachfrage in Folge der zunehmenden räumlichen Verflechtung und Suburbanisierung erfolgte insbesondere im Verflechtungsraum Berlin-Brandenburg, d. h. in den äußeren Stadträumen Berlins und dem Brandenburger Teil des engeren Verflech­tungsraums. Es war dort stärker als im Berliner Stadtgebiet (Binnenverkehr). Zugenommen hat der Stadt-Umland-Verkehr vor allem als Berufs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr mit dem Kfz.

 

c)      Stadtverkehr (Personenverkehr)

Trotz eines geringen Rückganges von Einwohnern und Arbeitsplätzen war eine geringfügige Zunahme der Personenwege auf täglich 11,3 Mio. Wege bzw. Fahrten (werktags) zu erken­nen. Die einzelnen Verkehrsmittel wurden dabei in folgendem Verhältnis (modal split 1998 nach Erhebung BVG) genutzt: 40% MIV, 28% ÖPNV, 10% Fahrrad und 22% Fußwege.

Der motorisierte Individualverkehr zeigte seit 1990 die stärkste absolute Zunahme und damit einen Anstieg des Anteils am modal split.

Der Kfz-Bestand stieg in beiden Teilen der Stadt bis 1995 und liegt seither auf weitgehend konstantem Niveau. Die Motorisierung (ca. 328 Pkw/1000 Einwohner) entspricht dem Niveau westeuropäischer Städte vergleichbarer Größe. Seit 1995 besteht in der Ost- und Westhälfte der Stadt eine vergleichbare Motorisierung, jedoch ein deutliches Gefälle von über 500 Kfz/1000 Einwohner in den äußeren Stadtgebieten auf teilweise unter 200 Kfz/1000 Ein­wohner in den Innenstadtbereichen. Fast 50% aller Haushalte in Berlin verfügen über keinen eigenen Pkw.

Die Fahrleistung der Kfz stieg analog zur zunehmenden Motorisierung und der Verlänge­rung der Wege von 1993 bis 1998 um insgesamt ca. 4% (Jahresfahrleistung in 1998 ca. 13,6 Mrd. Kfz-km). Die Verkehrsstärken in Gesamt-Berlin nahmen zwischen 1991 und 1998 (Zeitpunkt der letzten Zählung) um etwa 11% zu. Die Zuwächse fanden vor allem in der ersten Hälfte der 90er Jahre statt. Der Binnenverkehr zeigte sehr starke Zunahmen allein zwischen der westlichen und östlichen Stadthälfte (+ 58%), bestimmt vor allem durch die Arbeitswege. Im inneren Stadtraum ("großer Hundekopf") stieg die Fahrleistung geringer (1998 dort ca. 9,37 Mio. Kfz-km/Werktag).

Trotz Kfz-Verkehrszunahme und bekannter Stau-Schwerpunkte wegen ausgeschöpfter Kapazitäten oder vorhandener Netz-Störungen erreicht Berlin noch die höchste Durch­schnittsgeschwindigkeit des Kfz-Verkehrs im Vergleich aller Landeshauptstädte in Deutsch­land. Im Vergleich zum ÖPNV besitzt der Verkehr mit dem Pkw einen für Metropolen untypi­schen Geschwindigkeitsvorteil. Im nationalen und internationalen Vergleich besteht eine relativ günstige Relation von Kfz bzw. Pkw je Einwohner bzw. km Straßennetz. Hohe Aus­lastungen des Straßennetzes werden überwiegend in Teilen der Innenstadt und auf den radialen Trassen der äußeren Stadtbereiche erreicht. Netzstrukturell bedingte lokale Kapa­zitätsengpässe sind zudem in Köpenick, Schöneweide, Weißensee, im Raum um das Ost­kreuz sowie in Teilen von Steglitz und Spandau festzustellen.

Der Öffentliche Personennahverkehr (S-Bahn, Regionalbahn, U-Bahn, Straßenbahn, Bus) insgesamt verzeichnete nach einem Anstieg bis 1993 von 1993 bis 1997 deutliche Nach­frageverluste und damit einen Rückgang beim modal-split-Anteil. Diese Verluste erfolgten trotz erheblicher Angebotsausweitungen.
Seit 1998 ist eine Stabilisierung zu beobachten, seit 2000 gibt es wieder leichte Zunahmen.
Die Nachfragerückgänge fanden ausschließlich bei der BVG statt, die in den fünf Jahren von 1993 bis 1998 etwa ein Fünftel ihrer Fahrgäste verlor. Dieser Verlust konnte durch das Nach­fragewachstum bei der S- und Regionalbahn nicht ausgeglichen wurden. Die Ursachen der ungünstigen Fahrgastentwicklung sind vielfältig. Sie liegen in der wachsenden Motorisierung, der konjunkturellen Entwicklung und der Arbeitslosigkeit, d. h. dem Wegfall von Arbeits­wegen, dem Rückgang der Schülerzahlen sowie in Tariferhöhungen bei real sinkenden Gesamtkosten der Pkw-Nutzung. Zu vermuten ist, dass eine Ursache auch in der sich ver­ändernden Verkehrsnachfrage liegt, der eine weitgehend unveränderte Angebotsstruktur gegenübersteht.

Der Umfang des nichtmotorisierten Verkehrs hat insgesamt leicht zugenommen. Zwar fehlen verlässliche Daten, jedoch werden im Fußverkehr eher geringfügige Abnahmen ver­mutet, im Radverkehr dagegen kontinuierliche Zunahmen beobachtet, und dabei stärkere Zuwächse in der Innenstadt als in den äußeren Stadträumen.

 

d)     Güterverkehr

Das Güterverkehrsaufkommen ist in Berlin seit 1990 nur marginal gestiegen und damit deut­lich schwächer geblieben als zu Beginn der 90er Jahre erwartet. Es erreichte 1998 insge­samt ca. 87,4 Mio. t. Davon sind mehr als ein Drittel Binnenverkehr, jeweils weniger als ein Drittel Verkehr mit Quelle oder Ziel in Brandenburg bzw. in anderen Gebieten. Zunahmen fanden nur im Straßengüterverkehr statt. Vorübergehende Nachfragezuwächse beim Schiffs- und Bahntransport waren durch die intensive Bautätigkeit Mitte der 90er Jahre bedingt (modal split 1998: 84% Straße, 9% Schiene, 7% Binnenschiff).
Die regionalen Verkehre zwischen Berlin und Brandenburg mit den Verkehrsträgern Schiene und Schiff sind seit 1992 um etwa ein Drittel zurückgegangen (von 8,2 auf 5,5 Mio. t/Jahr), parallel erfolgte ein erheblicher Zuwachs im Straßengüterverkehr.
Unmittelbare Folgen dieser Entwicklung sind überdurchschnittliche Lkw-Anteile auf den Stadt-Umland-Verbindungen. Diese verstärken die Kapazitätsengpässe.

Die Güterverkehre als Durchgangsverkehr durch Brandenburg zeigen seit 1992 nur sehr geringe Zunahmen (von 58 auf rd. 62 Mio. t/Jahr); etwas weniger als die Hälfte davon haben Quelle oder Ziel in Berlin. Die ursprünglich erwartete "Drehscheibenfunktion" des Standortes Metropolenregion Berlin im großräumigen Güterverkehr ist nicht eingetreten.

 

3.      Entwicklungstrends der Mobilität und des Verkehrs

a)      Übergeordnete Trends

Die Mobilitäts-Bedürfnisse und die Verkehrsnachfrage im Personen- und Güterverkehr sind einem ständigen Wandel unterworfen, abhängig von großen Entwicklungslinien in Gesell­schaft, Wirtschaft, Technik, Raumentwicklung u.a.

Diese "großen" Entwicklungstrends sind auf kommunaler und landespolitischer Ebene nicht bzw. nur geringfügig beeinflussbar, sehr wohl aber deren konkreter Niederschlag im städti­schen Verkehrsgeschehen durch Gestaltung der örtlichen Rahmenbedingungen. Die Ana­lyse des Kräftefelds der "Umfeldentwicklung" ermöglicht es, die Einflussmöglichkeiten über die kommunalen und landespolitischen Instrumente besser beurteilen zu können. Dies erleichtert den effizienten Einsatz des landespolitischen Instrumentariums, die Trends dort zu beeinflussen, wo dies erforderlich und möglich ist.

Mehrere generelle Trends verstärken sich gegenseitig und führen zu Verkehrswachstum sowie zu Änderungen in der Struktur der Verkehrsnachfrage (s. Abb. 16).

Abb. 16: Auswirkungen übergeordneter Trends auf die Verkehrsentwicklung


Quelle: StEP Verkehr

 


Der Personenverkehr bleibt voraussichtlich mittelfristig ein stabiler Wachstumsmarkt. Das Nachfragewachstum ist im Fernverkehr am stärksten. Das Verkehrswachstum findet haupt­sächlich im Kfz-Verkehr statt. In ihrem "Verkehrsbericht 2000" geht die Bundesregierung bis 2015 von einem Wachstum der Güterverkehrsleistung um rd. 20% im gesamten Personen­verkehr (einschließlich Luftverkehr) und von rd. 16% im MIV aus. Die Raum-Zeit-Strukturen der Verkehrsnachfrage verändern sich beschleunigt. Die Nachfrage wird tendenziell räumlich und zeitlich disperser. Neue Strukturen sind noch nicht klar erkennbar. Ursachen sind die zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung der Sozialstruktur und der Wirtschafts­form.

Fahrzeugtechnische Fortschritte bei Pkw und Bussen bewirken mittelfristig eine Teilent­las­tung der Umwelt und höhere Sicherheit im Verkehr. Bei Verkehrslärm und Partikel­emissio­nen sowie bei den klimaschädlichen Emissionen bleibt auch mittelfristig erheblicher Hand­lungsbedarf.

Der Wirtschaftsverkehr (Gütertransport) wächst noch stärker als der Personenverkehr. Der "Verkehrsbericht 2000" rechnet mit einem Wachstum um rd. 65% bis 2015. Der Trans­portaufwand im Fernverkehr steigt durch die Erweiterung der EU, die fortschreitende Markt­integration in Europa und die Globalisierung der Wirtschaft. Auch Standortveränderungen der Wirtschaft in der Region erhöhen den Verkehrsaufwand. Dabei ist noch nicht erkennbar, ob die Region Berlin als Umschlagort im Güterfernverkehr größere Bedeutung erhält.
Insgesamt stellen die Strukturveränderungen der Wirtschaft und des Nachfrageverhaltens steigende Anforderungen an die zeitliche und räumliche Flexibilität der Verkehrsmittel. Insbe­sondere höherwertige, zeitkritischere und kleinteiligere Transporte werden in erheblichem Umfang zunehmen.
Auch im Güterverkehr bewirken fahrzeugtechnische Fortschritte eine mittelfristige Teilent­lastung der Umwelt und mehr Sicherheit. Vor allem Verkehrslärm durch den Straßen- und Schienengüterverkehr sowie die Stickoxid- und Rußpartikelemissionen des Straßen­trans­ports bleiben aber mittelfristig Felder mit großem Handlungsbedarf.

Als Folgen dieser Entwicklungen sind besonders zu erwähnen:

·          Die Übergangsstellen von Nah- und Fernverkehr haben erheblich zunehmenden Verkehr zu bewältigen.

·          Die Veränderung der zeitlichen und räumlichen Nachfrage ist geeignet, die heute örtlich und zeitlich auftretenden Kapazitätsengpässe im Individualverkehr (Stau) wie im öffent­lichen Verkehr (Morgen- und Nachmittagsspitzen des Berufsverkehrs) zu entschärfen.

·          Die Anforderungen an die Flexibilität der öffentlichen Verkehrsangebote steigen.

·          Unter gleichbleibenden (Trend-) Bedingungen steigen Flächenbedarf und Flächenkon­kurrenz vor allem in den Innenstadtbereichen durch das Wachstum des Kfz-Verkehrs.

·          Steigende Anforderungen an die Transportgeschwindigkeit und die Flexibilität im Güter­verkehr gehen zu Lasten des (traditionell organisierten) Schienenverkehrs.

·          Der Straßengüterverkehr wird (unter gleichbleibenden Bedingungen) auf zunehmende Kapazitätsengpässe im Straßenraum stoßen.

Auf der konzeptionellen Ebene ist hieraus folgender Handlungsbedarf erkennbar:

·          Die Verkehrsangebotsplanung muss flexibilisiert werden, um auf veränderte, heute noch nicht präzise vorauszusehende Nachfragestrukturen reagieren zu können. Organisatori­sche Maßnahmen gewinnen an Bedeutung gegenüber infrastrukturellen Maßnahmen.

·          Es sollten Maßnahmen bevorzugt werden, die fehler- und korrekturfreundlich sowie kos­tengünstig sind.

·          Negative Umwelteffekte bleiben bei den klimarelevanten Gasen, bei Verkehrslärm und bei Dieselruß sowie Reifenabrieb auch mittelfristig ein Problem und machen verkehrs­seitige Lösungsansätze zur Verbesserung städtischer Lebensbedingungen dringlich.

·          Der ÖPNV hat nur dann eine wirkliche Entwicklungsperspektive, wenn es gelingt, zuneh­mend auch individuelle und zeitlich bzw. räumlich disperse Mobilitätsbedürfnisse stärker konkurrenzfähig zum Pkw zu bedienen.

 

b)     Spezifische Berliner Trends

Seit 1990 erleben die Stadt und ihr engerer Verflechtungsraum mit Brandenburg erhebliche Veränderungen ihrer räumlichen Strukturen: die Verteilungen von Bevölkerung, Betrieben und Arbeitsplätzen, wichtigen Orten des Einkaufs und der Freizeitaktivitäten bilden sich, ins­besondere im Ostteil der Stadt und im Umland, neu heraus. Diese Veränderungsdynamik hält unter Abschwächung an.
Treibende Kraft dieser raumstrukturellen Entwicklung war der massive wirtschaftliche Strukturwandel. Seine Folgen sind ein in den Teilräumen der Stadt unterschiedlich ausge­prägter Arbeitsplatzabbau mit den größten Verlusten in den östlichen Bezirken, großräumig-funktionale Entmischungen, insbesondere Randwanderungen und Auslagerungen von Betrieben (z.B. der Logistikbranche)[81], unterstützt durch Konzentrationsprozesse im Einzel­handel und bei Freizeiteinrichtungen (insbesondere Großkinos). Gemeinsame Folge dieser Entwicklungen ist eine verstärkte Verkehrserzeugung.
Die Veränderungen der Raumordnungsstruktur wurde darüber hinaus durch den Woh­nungsbau vorangetrieben (+ 160.000 WE in Berlin). Dieser erfolgte mit Schwerpunkten in der äußeren Stadt, auch und insbesondere in Räumen mit bereits vorhandener Arbeitsplatz-Unterausstattung sowie im Umland (rd. 120.000 WE). Die Innen-Außen-Umverteilung der Bevölkerung, d.h. auch die Suburbanisierung im Brandenburger Teil des engeren Verflech­tungsraumes wurde dadurch unterstützt.

Das Auseinanderfallen von neu entstandenen Standorten für Arbeitsplätze und für Wohnun­gen führt zu großräumiger Nutzungsentmischung. Die raumstrukturellen Veränderungen bewirken deutliche Entfernungsvergrößerungen mit der Folge eines erheblichen Verkehrs­wachstums.
Im Unterschied zu den Erwartungen vom Anfang der 90er Jahre hat also nicht das Wachs­tum der Stadt, sondern der wirtschaftliche Strukturwandel und vor allem die veränderte räumliche Verteilung von Einwohnern, Arbeitsplätzen und Einkaufsorten zu einer vermehrten (und veränderten) Verkehrsnachfrage geführt.
Darüber hinaus ist der finanzpolitische Handlungsspielraum des Landes Berlin zur Finanzie­rung verkehrlicher Maßnahmen auf Jahre hinaus äußerst begrenzt. Dies gilt umso mehr, als bis 2007 noch erhebliche Landesmittel zur Sanierung der BVG vertraglich gebunden sind. Die Folgen sind ein zunehmend geringerer Investitionsspielraum für die Verkehrsinfrastruktur und finanzielle Engpässe zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrsangebotes.

 

4.      Zentrale Anforderungen an eine Neuausrichtung der Berliner Verkehrs­politik

Aus dem oben Gesagten lassen sich folgende zentrale Anforderungen an eine Neuausrich­tung der Berliner Verkehrspolitik (und die vor- bzw. nachgelagerten Handlungsbereiche der Siedlungs- und Umweltpolitik) für das nächste Jahrzehnt ableiten:

·          Stärkere Zielorientierung. Alle Maßnahmen müssen stärker an den stadt- und ver­kehrspolitischen Zielen orientiert werden, und ihr Wirkungsbeitrag zur Zielerreichung muss geklärt sein. Das Zielsystem muss im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erwei­tert und so konkretisiert werden, dass Zieler­reichung oder –verfehlung festgestellt wer­den kann.

·          Maßnahmen-Abstimmung. Die geeigneten und erforderlichen Handlungsstrategien zur Erreichung der beschlosse­nen Ziele müssen entwickelt, offengelegt und verbindlich gemacht werden. Offensichtlich ist, dass nicht eine „Patent-Maßnahme“, sondern nur viele aufeinander abgestimmte Maßnahmen in unterschiedlichen politischen Handlungs­feldern geeignet sind, heutige Trends tatsächlich zu ändern und die Verkehrsrealität den Zielen anzunähern.

·          Weiche Maßnahmen. Beim verkehrspolitischen Instrumentarium ist ein grundsätzlicher Wechsel geboten und möglich: Anstelle der Infrastrukturorientierung der Jahre seit 1990 muss künftig der Schwerpunkt auf organisatorische, ordnungsrechtliche und vor allem auf solche „weichen Maßnahmen“ gelegt werden, die den Nutzen eines veränderten Ver­kehrsverhaltens verdeutlichen können. Diese Maßnahmen müssen die Infrastruktur­lastigkeit der vergangenen Jahre nachträglich flankieren und ergänzen. Mit Hilfe der Informationstechnologie können die Kapazitätsreserven der vorhandenen Infra­struktur besser genutzt werden. Auf der Angebotsseite müssen bei Verkehrsdienstleis­tungen Innovationen nicht nur zugelassen, sondern offensiv gefördert und ihre Möglich­keiten demonstriert werden.
Im übrigen kann mit intelligent veränderter Organisation flexibel und besser auf heute noch nicht präzise erkennbare Nachfrageänderungen reagiert werden als mit möglicher­weise an falscher Stelle gebauter Infrastruktur.

·          Öffentlichkeitsarbeit. Die erforderlichen verkehrspolitischen Maßnahmen müssen der Berliner Öffentlichkeit besser erklärt werden. Kaum ein Politikbereich ist so schwierig, da die Wirkungszusam­menhänge sehr komplex und die verkehrlichen Folgen der eigenen Ansprüche und Ver­haltensweisen selten ausreichend bedacht sind. Eine verstärkt nach­haltige Verkehrs­po­litik kommt angesichts der erläuterten Berliner Verhältnisse ganz ohne beschränkende Rahmensetzungen für die individuelle Pkw-Nutzung nicht aus. Eine Stadt, in die jede und jeder mit dem Pkw hineinfahren kann, hätte keine Qualität als Lebensraum. Verkehrs­dämpfende Maßnahmen können aber ohne besseres Verständnis für die Wirkungen und ohne breitere Akzeptanz der Ziele nicht umgesetzt werden. Die Darstellung des Gewinns an Lebensqualität und die Vor­teile für den Einzelnen müssen im Zentrum einer Kommu­nikationsstrategie stehen.

·          Akteursorientierung. Weitere Voraussetzung für eine breitere Akzeptanz erforderlicher Strategien ist die Ein­beziehung der für die Umsetzung relevanten Akteure bei der Stra­tegieerarbeitung.

·          Monitoring / Controlling. Beschlossene Strategien gewinnen entscheidend an Verbind­lichkeit durch systemati­sches Monitoring der Realentwicklung im Verhältnis zu den beschlossenen Zielen, das zugleich die Voraussetzung für eine „Nachsteuerung“ erfor­derlicher Maßnahmen ist.

 

Tab. 11: Qualitätsziele der Mobilitäts- und Verkehrsentwicklung

Ökonomische Zieldimension

1.       Verbesserung der Fernerreichbarkeit und Ausnutzung der Lagequalität in Zentraleuropa an der Schnittstelle zwischen West- und Mittel-Ost-Europa durch bessere Einbindung in die transeuropäischen Netze (Verbesse­rung der nationalen und internationalen Konkurrenzfähigkeit)

2.       Verbesserung der Verknüpfung Berlins mit den regionalen Zentren des Umlandes in Brandenburg (Integra­tion des stadtregionalen Wirtschafts- und Sozialraumes)

3.       Sicherung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Wirtschafts- und Güterverkehrs (Bereitstellung not­wendiger Infrastruktur, Sicherung ausreichender Anteile an der Kapazität der Verkehrsnetze)

4.       Effizienzsteigerung der Verkehrssysteme (günstiges Verhältnis Mitteleinsatz/Wirkung, höhere Zielgenauigkeit reduzierter Subventionen)

Soziale Zieldimension

5.       Herstellung vergleichbarer Mobilitäts­chancen auch ohne Pkw; Berücksichti­gung unterschiedlicher Mobili­tätsbedürf­nisse aufgrund unterschiedlicher Lebens­bedingungen

6.       Verbesserung der Verknüpfung städtischer Teilräume und Stadtteile der polyzentrischen Stadt untereinander und mit den innerstädtischen Hauptzentren

7.       Erhöhung der raumstrukturellen Stadtverträglichkeit des Verkehrs (Begrenzung von Schneisenwirkungen im Stadtraum, Reduzierung von Zäsuren, Aufwertung von Verkehrsräumen, Respektierung historischer Ver­kehrsnetzstrukturen)

8.       Erhöhung der Verkehrssicherheit (alle Verkehrsarten, alle Stadträume)

Ökologische Zieldimension

9.       Reduzierung des verkehrsbedingten Verbrauches natürlicher Ressourcen (Energie, freie Fläche/Boden)

10.    Bedienung der sich verändernden Mobilitätsbedürfnisse in nachhaltiger Weise (Begrenzung des motorisier­ten Verkehrsaufwandes)

11.    Entlastung der städtischen und globalen Umwelt von verkehrsbedingten Belastungen

Institutionelle Zieldimension

12.    Integration von Aufgabenfeldern und Ein­beziehung von Akteuren bei der Erarbei­tung von Zielen und Kon­zepten

 


K.   Weitere Handlungsfelder

Der integrative Ansatz des Stadtentwicklungskonzepts bezieht sich in erster Linie auf die ver­schiedenen räumlichen Ebenen und zeitlichen Horizonte. Die vorliegende Statusbeschrei­bung konzentriert sich im Wesentlichen auf Handlungsfelder, die über unmittelbare Schnitt­stellen zur räumlichen Planung verfügen. Darüber hinaus gibt es weitere Handlungsfelder, die zunehmend für die Stadtentwicklung relevant sind. Dazu zählen beispielsweise die Bereiche Kultur, Jugend, Tourismus und öffentlicher Raum.

Auf die Politikfeld übergreifenden Ansätze, wie sie insbesondere die BerlinStudie entwickelt hat - "Querbezüge und Problemverflechtung" als einer von drei qualifizierten Strategiean­sätzen - wird an dieser Stelle (noch) nicht abgehoben.

Die nachfolgenden Darstellungen zeigen erste Schnittstellen zur räumlichen Stadtentwick­lungsplanung und mögliche Hand­lungsansätze auf. Insgesamt ist festzustellen, dass die klassischen Fragestellungen und Instrumente der räumlichen Planung

·          Raumordnung, Flächensicherung, Erschließung,

·          Standortprofilierung,

·          Infrastrukturausbau und -modernisierung

nur eine geringe Rolle spielen.

 

1.      Handlungsfeld Kultur

Die Sicherung und weitere Entwicklung der herausragenden kulturellen Angebote in Berlin ist gemeinsame Aufgabe von Bund und Land. Bezogen auf das Land spielt sowohl in der Kul­turpolitik als auch in der Kulturwirtschaftspolitik die räumliche Planung eine untergeordnete Rolle. Klassische kulturelle Einrichtungen haben feste Standorte, die auch dann erhalten werden, wenn ein Träger seine Arbeit aufgeben muss (z.B. Schiller-Theater). Zusätzliche Standorte werden nur noch in Ausnahmefällen gesucht (z.B. Berlinische Galerie).
Etwas anderes ist die Raumsuche freier Gruppen, die auf flexibel nutzbare Raumangebote mit geringen Mietpreisen angewiesen sind (Fabrikhallen, Fabriketagen u.a.). Berlin verfügt über ein vergleichsweise großes innerstädtisches Angebot dieses Typs und hat sich in den vergangenen 15 Jahren intensiv für die Erhaltung und Modernisierung solcher Potenziale eingesetzt (Tacheles, Pfefferberg, Kulturbrauerei, aber auch Atelierförderprogramm u.a.). Es ist damit zu rechnen, dass die öffentlichen Hilfen für solche Raumangebote zukünftig gerin­ger werden.

Von großer Bedeutung für das Image Berlins ist die Eventkultur, die im öffentlichen Raum angesiedelt ist und – dem Metropolencharakter entsprechend – weit über die Stadt hinaus­strahlt. Veranstaltungen wie die Loveparade auf der Straße des 17. Juni, der Karneval der Kulturen in Kreuzberg, der CSD in Schöneberg oder die Heimatklänge am Kulturforum sind ebenso wie die Konzertstandorte Museumsinsel, Waldbühne und Olympiastadion wichtige Faktoren für die Außenwahrnehmung, städtische Wirtschaft und Stadtentwicklung.

Es verbleiben so als wichtigste Einflussmöglichkeiten des Landes Berlin

·          die weitere Entwicklung und der Erhalt eines kulturfreundlichen Klimas, um das Image Berlins als kreative, kulturell attraktive Stadt gezielt für die Stadtentwicklung weiter zu erschließen. Dies setzt veränderte Kommunikations- und Kooperationsverfahren zwi­schen den unterschiedlichen Akteuren im Sinne einer aktiven Kulturwirtschaftspolitik voraus;

·          die gezielte Nutzung kultureller Groß-Events für das touristische Marketing der Stadt und die Stadtentwicklung sowie der Erhalt und die Entwicklung des öffentlichen Raums für derartige Veranstaltungen, auch temporär begrenzt;

·          die Direktförderung einzelner Institutionen und Projekte durch die Kulturverwaltung. Aus ihrem Etat wären auch zusätzliche Marketing-Initiativen, Beiträge zum Ausbau internatio­naler Netzwerke u.ä. zu finanzieren sowie

·          die Betriebs-, Projekt- und Gründerförderung in der Kulturwirtschaft, die im Rahmen des Etats der Wirtschaftsverwaltung zu leisten ist. In diesem Rahmen wären auch Zusatz­initiativen wie ein Monitoring Kulturwirtschaft zu finanzieren.


 


2.      Handlungsfeld Tourismus

Das Jahr 2000 war, gemessen an der Zahl der Besucher und Hotelübernachtungen, das bis­herige Rekordjahr für den Berlin-Tourismus seit der Wende. Knapp 5 Mio. Besucher und ca. 11,41 Mio. Übernachtungen wurden 2000 gezählt, in 2002 waren es 4,75 Mio. Gäste mit gut 11 Mio. Übernachtungen. Die Zahl der ausländischen Besucher ging 2001 infolge des 11. Septembers zurück, stabilisierte sich aber im Jahr 2002 wieder nahezu auf das Niveau von 2000. Demgegenüber ist die Zahl der inländischen Gäste in starkem Maße von der konjunk­turellen Entwicklung in Deutschland abhängig, da Städtereisen häufig als Zweit- oder Dritt­reisen unternommen werden. Zusätzlich zu den Übernachtungsgästen besuchen jährlich etwa 75 Mio. Tagestouristen Berlin. Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Berlin: mit einem Bruttoumsatz von ca. 5,2 Mrd. € / jährlich, das entspricht ca. 4,3% des Bruttoinlandprodukts, und ca. 66.000 Arbeitsplätzen.[82]

Das Handlungsfeld Tourismus ist immer ein System mit vielen Beteiligten (Veranstalter, Hotelgewerbe, Gaststättengewerbe, Verkehrsbetriebe u.a.), die unterschiedliche Interessen in einen gemeinsamen Dialog einbringen. Diese Komplexität gilt für die privatwirtschaftlich organisierte Tourismusbranche ebenso wie für die an der Koordination beteiligten öffent­lichen Verwaltungen (Tiefbauamt, Wirtschaftsdezernat, Kulturamt u.a.). Die öffentliche Ver­waltung führt in dieser Netzwerkarbeit heute nicht mehr Regie, sondern kann die Netzwerk­arbeit allenfalls mit Einzelbeiträgen unterstützen. Einen wichtigen Beitrag stellt u.a. die Inten­sivierung der Kooperation mit Brandenburg dar, um die Metropolregion als gemeinsame „Marke“ zu plazieren (vgl. Kap. D).

Zu den klassischen Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand gehört darüber hinaus auch eine Strukturförderung zusammen mit einer gezielten Projektförderung. In diesem Bereich setzt Berlin die Förderschwerpunkte Kultur, Kongresse und Messe, so dass sich für andere Schwerpunkte Umsetzungsmöglichkeiten nur ergeben, wenn neue Finanzierungsquellen erschlossen werden können.

Eine zentrale öffentliche Aufgabe bleibt daneben die Qualifizierung des öffentlichen Raums. Bei dieser Aufgabe sollten nicht nur die Alltagsfunktionen der Stadt und ihr Selbstdarstel­lungsbedürfnis, sondern auch die Ansprüche und Erwartungen der Gäste (Touristen) stärker mit berücksichtigt werden; das Thema des Umgangs mit und der Erlebbarkeit der Mauer ist hierfür zentral.
Als weitere Schnittstelle zur räumlichen Planung auf der gesamtstädtischen, aber auch bezirklichen Ebene ist darüber hinaus die Zentrenentwicklung und Einzelhandelssteuerung zu nennen. Tourismus stellt einen maßgeblichen Faktor für den Einzelhandel dar. Zwischen der Gestaltung des öffentlichen Raums in den städtischen Zentren, dem Zentrengefüge sowie dem Angebot und der Struktur des Handel bestehen vielfältige Wechselwirkungen, die ein integriertes Vorgehen erfordern (vgl. Kap. G, S. 65).

 

3.      Handlungsfeld Stadt der Jugend

Berlin ist aufgrund seines Images für junge Menschen eine attraktive Stadt, dies gilt sowohl für die hier lebenden, in besonderem Maße aber auch für die neu Hinzuziehenden, beispiels­weise im Rahmen von Ausbildung, Studium oder Berufsanfang. Im Zuge des demographi­schen Wandels ist davon auszugehen, dass die Ressource „junges Humanka­pital“ ein knappes Gut wird, um das die Stadt mit anderen Räumen auf nationaler und inter­nationaler Ebene konkurrieren muss. Daher sind Strategien gefragt, die dazu beitragen, die Attraktivität Berlins für junge Menschen langfristig zu sichern.
Das Handlungsfeld Stadt der Jugend hat vielfältige Dimensionen, diese betreffen die Situa­tion der Kinder, Jugendlichen und jungen Menschen sowohl in der Stadt als auch – im Sinne der Ausstrahlung – außerhalb; damit sind auch unterschiedliche Akteure angesprochen. Für den Faktor Außenwahrnehmung sind Strategien gefragt, die Berlin insbesondere als Ausbil­dungs- und Studien-Standort vermarkten und kommunizieren. Hierbei ist auch die Hoch­schulpolitik ein wichtiger Standortfaktor; die 138.000 Studierenden[83] stellen national und international ein Netzwerk und Multiplikationspotenzial dar, das es zu nutzen gilt.

Das Handlungsfeld ist in unterschiedlichsten Konzepten verankert, wie den Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt, dem Konzept zur sozialorientierten Stadtentwicklung oder dem Lokale Agenda 21-Prozess, aber auch – in Bezug auf den Schwerpunkt Ausbil­dung und Beschäftigung – in den arbeitsmarktpolitischen Konzepten und diversen Förder­ansätzen.

Die Kommission des Berliner Kinder- und Jugendberichtes hatte zum Thema „Jugendar­beitslosigkeit“ vorgeschlagen, regionale Förderzentren oder regionale Strukturentwicklungs­gesellschaften zu schaffen, die die wirtschafts- und arbeitsmarktbezogenen Aktivitäten ko­ordinieren. Damit werden sowohl die EU-Vorgaben (Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen) als auch das Rahmenprogramm des Landes Berlin 2002, das als lokalen Ansatz Bezirkliche Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit[84] intensiver als bisher fördern will, aufgegriffen. Dieser Ansatz entspricht dem „Sozialräumlichen Prinzip“ der Jugendpolitik und bietet Anknüpfungsmöglichkeiten an die vorhandene Strukturen[85] sowie die vorhandenen Quartiersmanagementeinrichtungen.

Für die bezirkliche Bündnisse werden die Maßnahmen ganz wesentlich aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Aufgrund der EU-Osterweiterung sind nach 2006 erheblich geringere Mittel zu erwarten. Etwa zeitgleich werden die geburtenschwachen Jahrgänge der unmittelbaren Nachwendezeit auf den Ausbildungsmarkt kommen. Denkbar ist daher auch, dass durch den Rückgang der Jahrgangsstärken sehr schnell auch ein Angebotsdefizit an jungen, gut ausge­bildeten Fachkräften entstehen kann, auf die die Wirtschaft dringend angewiesen ist.

Bei der Frage nach den vorhandenen und zusätzlich erforderlichen Instrumenten kann fest­gestellt werden,

·          dass fördertechnisch ausreichende Instrumente bestehen,

·          dass organisatorisch mit Ausbildungsverbünden und den Bezirklichen Bündnissen die rich­tigen Organisationsformen im Aufbau begriffen sind,

·          dass aber mit Blick auf die stärkere Vernetzung von Jugendpolitik, Bildungspolitik, Ausbil­dungs- und Arbeitsmarktpolitik übergreifende Übersichten über die spezifischen Leistun­gen fehlen und der Aufbau von qualifizierten Erfolgskontrollen (Evaluierung) gerade bei einer planmäßigen Dezentralisierung erforderlich wird.

Auch wenn Berlin wegen seiner Größe und besonderen Problemstruktur nur schwer mit an­deren Großstädten in den neuen und alten Bundesländern verglichen werden kann, gibt es zahlreiche Aufgabenfelder, in denen sich Probleme und Handlungsbedarf aneinander ange­nähert haben. Berlin tut darum gut daran, vor allem in der Jugendpolitik modellhafte Vorge­hensweisen als Markenzeichen der Stadt besonders zu fördern, dazu kann die stärkere Ver­knüpfung von Schule und Jugendhilfe einen wichtigen Ansatz darstellen.

 

4.      Handlungsfeld Öffentlicher Raum

Der öffentliche Raum ist die Visitenkarte der Stadt. Im öffentlichen Raum überlagern sich vielfältigste Funktionen, deren Ansprüche sich teil­weise decken, aber auch konkurrieren. Die Gestaltung des öffentlichen Raums ist daher eine Schnittstellenaufgabe zwischen zahl­reichen Akteuren. Gleichzeitig ist dies das Handlungsfeld mit der größten stadtplanerischen Relevanz. Neben den Belangen des Verkehrs ist es insbesondere die Vielzahl privater Einzelinvestitionen, die das Stadtbild Berlins prägt.

Wie Berlin insgesamt ist auch der öffentliche Raum durch gegensätzliche Strukturen gekennzeichnet, diese Gegensätze sollten als berlin-typische Elemente und als Zeugnis Berliner Geschichte gepflegt werden. Dies sind z.B.

weltoffene, repräsentative Bereiche                   intime Kiezbereiche
(Regierungsviertel)                                             (Kreuzberger Hinterhöfe als Wohnzimmer im
                                                                            Freien)
weiträumige, gründominierte Räume                 „enge“ Gründerzeitplätze
(Rathausstraße/ Fernsehturm, Ku´damm)        (Hackescher Markt, Savignyplatz)

Für unterschiedliche Instrumente bzw. räumliche Bereiche sind Differenzierungen und Über­prüfungen notwendig. Dies betrifft u.a.

·          planerische Instrumente wie das Planwerk Innenstadt. Im Bereich der gestalterischen Weiterentwicklung der öffentlichen Räume bleiben die Stadtreparaturmaßnahmen in den Strukturbruchzonen des Öffentlichen Raums und die Qualifizierung der Wohnquartiers­straßen in der Innenstadt Hauptaufgabe. Dabei sind die veränderten Rahmenbedingun­gen für eine Umsetzung zu berücksichtigen; die planerischen Instrumente als öffentliche Angebotsplanung sind zu modifizieren, um unter den verän­derten Bedingungen die erforderlichen privaten Schlüsselinvestitionen zu initiieren.

·          die technische Weiterentwicklung der öffentlichen Räume. Die Nutzung öffentlicher Räume hat sich geändert. Dies basiert teils auf neuen technischen Möglichkeiten (z.B. Strahlungsheizer für Außengastronomie), teils auf veränderten Freizeitaktivitäten (z.B. mehr (sportliche) Betätigung im Freien wie joggen, Fahrrad fahren, Inliner nutzen, grillen im Park). Die zunehmende Nutzungsintensität erfordert es, die technische Instandhaltung zu verbessern, falsche Überformung zu verhindern sowie Sauberkeit und Sicherheit – auch unter geschlechtsspezifischer Sicht – zu optimieren. Hierbei sind differenzierte Kriterien für Umbau- und Reparaturbedarfe zu entwickeln, um die knappen finanziellen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen.

·          die Gestaltung stadtprägender Schlüsselbereiche unter der Zielsetzung, ein Kontinuum öffentlicher Räume zu schaffen. Seit 1990 ist die Stadt an vielen Stellen optisch zusam­mengewachsen (Pariser Platz, Potsdamer und Leipziger Platz), dennoch gibt es auf­grund von Strukturveränderungen nach wie vor erhebliche Bereiche in der Stadt, in denen die verbindende Funktion des öffentlichen Raums gestört ist. Herausragend ist hierbei die sog. Nord-Süd-Achse (Gleisdreieck und Bahnraum nördlich des Lehrter Bahnhofs), wo mit dem Rückzug der Bahn aus der Fläche völlig neue Stadträume mit neuen verbindenden öffentlichen Räumen entstehen können. Für den Nordraum dieser sog. Nord-Süd-Achse ist zu klären, welche Ost-West-Verknüpfungsfunktionen (zwischen den bestehenden Stadtquartieren von Mitte und Tiergarten) mit welchen Nutzungen und welchen öffentlichen Räumen realisiert werden können.

 

5.      Handlungsfeld Internationalität

Das Handlungsfeld Internationalität ist mehrdimensional. Es reicht von bestehenden und anhaltenden Integrationsaufgaben in den Quartieren der Innenstadt, über den Tourismus bis hin zur (neuen) Außenwirkung Berlins als Hauptstadt, als Standort für internationale Konzerne und als Ort der internationalen Begegnung im Rahmen von Kultur­events. Die Internationalität Berlins hat eine wachsende Bedeutung für die Stadtentwicklung (vgl. Kap. A, S. 13), sie zu fördern erfordert ein integriertes und querschnittsorientiertes Vorgehen. Mög­liche Handlungsan­sätze ohne unmittelbare Relevanz für die räumliche Planung liegen u.a. in folgenden Berei­chen:

·          Die vorhandenen Sprachkompetenzen der BerlinerInnen und der Migranten sind zu nut­zen und zu stärken. Berlin hat aufgrund der räumlichen Nähe zu den Staaten Mittel- und Osteuropas – auch durch vielfältige Verbindungen aus der Vorwendezeit – gute Voraus­setzungen für noch engere Beziehungen zu den Nachbarn. Dies zeigt sich insbesondere in der Kulturszene, aber auch in der Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.

·          Die Förderung strategischer Partnerschaften ist ein weiterer Ansatz, um die Internationa­lität der Stadt zu stärken. Neben  vorhandenen Wirtschafts­beziehungen bieten sich insbesondere Kultur, Forschung und Bildung für strategische Partnerschaften an.

·          Neu entstandene Cluster im Bereich der „creative industries“, wie der Musikbereich – mit Unternehmen wie Universal Music, MTV, den Clubs, den Kunst-Hochschulen und dem Interesse von Berlinbesuchern aus aller Welt an diesen Trends –, sind gute Beispiele, wie sich vorhandene Leuchttürme und traditionelle Angebote der Musik- und Konzertszene weiterentwickeln und profilbildend für die ganze Stadt wirken. Damit werden die Internationalität und das Image der Stadt gestärkt.

·          Mit den multinationalen Konzernen, den Botschaften sowie der zunehmenden Internatio­nalität der Kunst-, Kultur- und Wissenschaftsszene wird Berlin zum Anziehungspunkt für Persönlichkeiten und Kompetenzen. Dieses Pfund gilt es zielgerichtet für die Stadtentwicklung zu nutzen.

 

6.      Handlungsfeld Aktivierung

Quer zu den fachlich-sektoralen Handlungsfeldern liegt der zentrale Ansatz der Aktivierung, dies betrifft unterschiedlichste Ansätze von der Infrastrukturnutzung über Nachbarschaftshilfe und Quartiersent­wicklung bis hin zu Mäzenatentum und Stiftungswesen. Ziel ist es, die vor­handenen Chancen für die Berliner Stadtentwicklung besser zu erschließen.
Neue Handlungsallianzen sind ein Baustein für die Positionierung der Städte im Standort­wettbewerb. Place-making beschreibt diese Standortprofilierung. Es umfasst eine veränderte Verwaltungs- und Politikpraxis und basiert auf Zielen und Leitbildern, die gemeinsam mit den drei großen städtischen Akteursgruppen (Stadt, Wirtschaft, Bürgerschaft) formuliert werden. Vor dem Hintergrund von Gender Mainstreaming sind dabei insbesondere für die Ansprache der Bürgerschaft geschlechterdifferenzierte Ansprachen der unterschiedlichen Zielgruppen notwendig.
Erforderlich ist die Rückverlagerung von Zuständigkeiten und Funktionen auf gesellschaft­liche und privat-wirtschaftliche sowie private Bereiche. Damit ver­bunden ist der Ansatz, Synergien und win-win-Situationen zu ermöglichen. Die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und „corporate citizen­ship“ sind zentral im Rahmen des veränderten Staats­aufgabenverständnisses.

 

 


L.    Langfristige Entwicklungsvarianten bis 2030

Die Stadtentwicklung Berlins wird nicht nur durch die aktuellen Problemlagen bestimmt, son­dern auch durch übergreifende langfristige Trends. Mit den langfristigen Entwicklungs­vari­anten werden mehrere Ziele verfolgt:

·          Auseinandersetzung mit unterschiedlichen möglichen Entwicklungsrichtungen statt Kon­zentration auf eine wahrscheinliche Entwicklungsannahme, um die Annahmen für die Neuorientierung auf eine breitere Entscheidungsbasis zu stellen.

·          Aufgreifen von unterschiedlichen zeitlichen Denk-Richtungen: nicht nur die Fortsetzung von Trends in die Zukunft bestimmt die Stadtentwicklung (Denken von heute aus in Richtung auf 2020), sondern auch die Vorstellungen, Visionen und Bilder, die von der Zukunft vorhanden sind und auf die aktuelle Lage zurückwirken (Denken von 2030 / 2020 / 2010 in Richtung Gegenwart).

·          Verknüpfung der zentralen Stadtentwicklungsparameter, ohne die Komplexität von Sze­narien zu erreichen, die stärker auf die Beschreibung von Maßnahmebündeln und Wir­kungszusammen­hängen abstellen.

Die Entwicklungsvarianten beziehen sich auf die notwendigen langfristigen Rahmenbe­dingungen. Die Auseinandersetzung mit den zentralen Kenngrößen für die strategische Stadtentwicklung bildet die (teilräumliche) Basis, um in weiteren Schritten die perspektivi­schen Handlungsansätze zu vertiefen und die Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten für offene, stadtentwicklungsrelevante Themen zu bestimmen. Die Abgrenzung der genannten Teilräume wird auf der Karte Stadträume, S. 7, dargestellt.

 

Hintergrund – teilräumliche Entwicklung zwischen 1990 und heute[86]

In der unmittelbaren Nach-Wende-Phase bis 1993 war die Einwohnerentwicklung in allen städtischen Teilräumen positiv. Während im Westteil der Stadt die Entwicklungsdynamik gering war, wurden die Zuwächse im Ostteil insbesondere durch die Fertigstellung der begonnenen Großsiedlungen und beginnende Nachverdichtungen in den locker bebauten Einzelhausgebieten getragen.

Im Zuge der einsetzenden Suburbanisierung verliert Berlin zwischen 1993 und 1997 insge­samt rd. 73.500 Einwohner, während das Umland und die Metropolregion wächst. Die Ver­luste (- rd. 67.5000 Einwohner) beziehen sich insbesondere auf die Innenstadt, wobei die östliche Innenstadt stärker betroffen ist als die westliche.
Die Entwicklungen in der Außenstadt differenzieren: im westlichen Teil ist die Entwicklung in etwa konstant, während im östlichen Teil deutliche Einwohnerzuwächse zu verzeichnen sind. Die Ursachen hierfür liegen in der Nachverdichtung in den Einzelhausgebieten sowie in der Realisierung der „Neuen Vorstädte“ wie Karow-Nord. Demgegenüber sind die peripheren Großsiedlungen im Ostteil in diesem Zeitraum durch besonders starke Einwohnerverluste gekennzeichnet.
Die Entwicklungen korrespondieren mit der Verteilung des Wohnungsneubaus in Berlin, aber – verstärkt durch das Fördergebietsgesetz – auch im angrenzenden Brandenburger Umland.

In den Jahren von 1997 bis 2000 ist die Einwohnerentwicklung Berlins ebenfalls negativ, der anhaltende Suburbanisierungsverlust (- rd. 56.000 Einwohner) verteilt sich in etwa gleich­mäßig auf die innere und die äußere Stadt. Im Westteil der Stadt nehmen die Einwohner leicht ab. In der östlichen Außenstadt setzen sich die positiven Entwicklungstrends fort (Neu­bauten in den „Neuen Vorstädten und Nachverdichtung). Eine Besonderheit weist die öst­liche Innenstadt auf: Getragen durch umfangreiche Fertigstellungen von Wohnungen (Rummelsburger Bucht) bzw. Sanierungen (Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain) nimmt die Einwohnerzahl ab 1998 wieder zu.

Nach 2000 konsolidiert sich die Entwicklung in den unterschiedlichen Teilräumen, die grund­sätzlichen Entwicklungstrends bleiben aber bestehen: Die Verluste der Gesamtstadt schwä­chen sich weiter ab, dies betrifft ebenso die Innenstadt. Die östliche äußere Stadt gewinnt – vorrangig getragen durch kleinteilige, integrierte Nachverdichtung – weitere Einwohner hinzu, während in den peripheren Großsiedlungen die Einwohnerverluste anhalten.

 

 

 

 

 

 

Abkürzungen (Entwicklungsvarianten)

KMU                       Klein- und mittelständische Unternehmen
ndH                        nicht deutscher Herkunft
ABL / NBL             alte / neue Bundesländer
MFH / EFH            Mehr- / Einfamilienhäuser
GW                         Grundwasser
San                        Sanierung
ModInst                 Modernisierung und Instandsetzung

 

 

 


Entwicklungsvarianten

 

Basis

Positiv

Negativ

Wirtschaft

wirtschaftliche Entwicklung stagniert, kommt nach 2010 zögerlich in Gang, insges. kann Berlin nur in geringem Umfang an nationalen Konsolidie­rungen / Verbesserungen teilhaben

Regierungsumzug erfolgt in kleinem Umfang erst 2010, hat nur wenige wirtschaftliche Impulse bis 2020

EU-Osterweiterung bringt in geringem Umfang Impulse für Berlin (geringfügig größeres Zu­wan­derungsniveau aus MOE als heute)
-> Wissenschaftssektor
-> KMUs (Eigeninitiative)

Fusion mit Brandenburg bringt in geringem Um­fang wirtschaftliche Impulse für die Region, da­von profitiert in wirtschaftlicher Hinsicht das Um­land mehr als Berlin

in begrenztem Umfang Unternehmensneuan­siedlungen, insbes. in Trend-Branchen Medien, Kultur, Dienstleistungen
-> Konzentration auf wenige Orte, insbesondere in der Innenstadt

geringe Entwicklungsdynamik bei ansässigen Unternehmen; anhaltender, aber sich insgesamt verlangsamender Industrie-Abbau
-> anhaltende Entdichtung von gewerblich ge­prägten Bereichen

wirtschaftliche Entwicklung verbessert sich ab 2010 dauerhaft

wirtschaftliche Entwicklung Berlins wird wesent­lich durch einen zügigen Umzug der restlichen Regierungsfunktionen belebt

EU-Osterweiterung bringt zusätzlich deutliche Impulse

erfolgreiche Fusion mit Brandenburg bringt star­ken Impuls für gemeinsame Standort-Strategie der Region

Unternehmensneuansiedlungen finden statt, dif­ferenzierte Standortmuster, Umland profitiert in stärkerem Maße als Kernstadt
großer Erfolg von wirtschaftlichen Leuchttürmen in der Innenstadt

wirtschaftliche Entwicklung stagniert dauerhaft, kommt bis 2020 in Berlin nicht in Gang, Stagna­tion der Wirtschaftsentwicklung im Umland setzt ein und hält an

Regierungsumzug scheitert bis 2015 (Finanz­lage des Bundes), daher keine Impulse für Berlin

starke Zunahme der Schattenwirtschaft (MOEler und Berliner) im Zuge der EU-Osterweiterung aufgrund steigender Konkurrenzen

Fusion Berlin-Brandenburg wird durch Bildung eines Nord-Landes überholt, hat aufgrund der damit verbundenen erhebl. Umstrukturierungen bis 2020 kaum wirtschaftliche Impulse für Berlin

anhaltende De-Industrialisierung
-> Brachfallen weiterer gewerblicher Standorte

Unternehmensneuansiedlungen können AP-Ab­bau nicht auffangen

Steuerung
– allgemein
– räumlich







öffentliche Haushalte

teilweise Prioritätensetzung, sachlich (s.u.): Qua­lifizierung, räumlich ansatzweise, aber unzu­rei­chend

relative Prioritätensetzung d. Mitteleinsatzes f. Qualifizierungsoffensive junger Menschen



 

nach 2020 erste Erfolge der Haushaltskonsoli­dierung, insgesamt bleibt Konsolidierung fraglich

Prioritätensetzung ist – aufgrund wirtschaftlicher Lage – leichter möglich als bei Basis, räumlich zugunsten von Innenstadt / Innenstadtrand bzw. polyzentraler Struktur

abs. Prioritätensetzung d. Mitteleinsatzes f. Qua­lifizierungsoffensive v. jungen Menschen ndH

Programm für Betriebsübernahmen bei fehlen­dem Nachfolger

Einnahmen-Lasten-Ausgleich mit dem Umland (Wirtschaft gegen Infrastrukturnutzung)

mittel- / langfristige Haushaltskonsolidierg. mögl.

muddling trough / keine konsequenten sach­lichen und räumlichen Prioritäten

Verteilungskämpfe blockieren

 

 

 

 


keine Konsolidierung des öffentlichen Haushalts

Arbeitsmarkt

Qualifizierungsoffensive für junge Menschen mit geringem Bildungsniveau
-> Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit nach der Schulausbildung in geringem Umfang
-> in geringem Umfang positive Auswirkungen auf die lokale Ökonomie

ansatzweise / modellhaft eine stärkere Verknüp­fung von Arbeitsmarkt- und Quartierspolitiken

dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit in übrigen Alters­gruppen

Qualifizierungsoffensive für junge Menschen mit geringem Bildungsniveau greift deutlich
-> Abwanderung in Agglomerationsräume mit intaktem Produktionssektor / größerer Nach­frage nach Arbeitskräften mit einfachen / mittle­ren Qualifizierungsniveaus
-> größere positive Auswirkungen auf die lokale Ökonomie

Betriebsübernahmen-Programm -> in Teilen er­hebliche positive Auswirkungen auf Mittelstand

-> weiterer Anstieg der AL-Quote aufgrund von De-Industrialisierung (insbes. ältere Arbeit­neh­mer)

anhaltend hohe Jugendarbeitslosigkeit und Lang­zeitarbeitslosigkeit
-> zunehmende Zahl von Sozialhilfe-Karrieren
-> soziale Segregation in weiteren Teilen

Wanderungen
Berlin mit ...

ABL: keine Gewinne
NBL: weiterhin leichte Gewinne

Ausland: anhaltende Zuwanderungen, vermehrt aus EU-Beitrittsländern

Umland: abnehmende Wanderungsverluste

ABL und NBL: Wanderungsgewinne insb. durch qualifizierte Zuwanderer

Ausland: verstärkte Zuwanderungen (ca. 1/3 gut qualifizierte, ca. 2/3 für gering qualifizierte Dienstleistungen)

Umland: ab 2015 wieder verstärkte Abwande­rung

ABL: Wanderungsverluste insb. durch Abwande­rung qualifizierter Bevölkerung
NBL: ausgeglichener Saldo

Ausland: Unterproportionale Wanderungs-ge­winne aus EU- Osterweiterung

Umland: nur noch geringe Abwanderung

Bevölkerung

Berlin: geringes Wachstum bis 2010, danach zunehmende Verluste bis 2030 (3,3 Mio.)
Innenstadt: zunächst geringe Zunahme, nach 2010 leichter Rückgang
periphere Großsiedlungen Ost: erheblicher, sich verlangsamender Rückgang
Außen West: konstant

Außen Ost: bis 2020 leichte Zunahme

Umland: sich abschwächendes Wachstum
Metropolenraum (eV): geringes Wachstum bis 2010, danach leichter Rückgang (2030: 4,3 Mio.)

Berlin: leichte Zunahme bis 2010, danach  nahezu konstant (3,4 Mio.)
Innenstadt: zunächst konstant, dann Rückgang

periphere Großsiedlungen Ost: Rückgang schwächer als Basis-Variante
Außen West: leichte Zunahme bis 2010, danach nahezu konstant
Außen Ost: erhebliche Zunahme, nach 2010 sich verlangsamend
Umland: konstante, deutliche Zunahme
Metropolenraum (eV): Zunahme bis 2020, danach konstant (2030: 4,5 Mio.)

Berlin: anhaltende und stärkere Abnahme bis 2030 als in Basis-Annahme (2030: 3,2 Mio.)
Innenstadt: anhaltender, kontinuierlicher Rück­gang
periphere Großsiedlungen Ost: Rückgang stär­ker als in Basis-Variante
Außen West: kontinuierlicher Rückgang

Außen Ost: Rückgang ab 2010
Umland: zunächst leichte Zunahme, nach 2010 Rückgang
Metropolenraum (eV): nach 2010 sich beschleunigender Rückgang (2030: 4,1 Mio.)

Haushaltsstruktur / Wohnungsbedarfe

Aufgrund der Komplexität der Haushaltsbildungsprozesse ist in Abhängigkeit zur Bevölkerungsentwicklung und des langen Betrachtungszeitraums nur eine grobe Einschätzung und damit nur eine allgemeine Trendaussage möglich.

 

Bis 2010 leichter Rückgang der Zahl der Privat­haushalte. Danach bis 2030 ein stärkerer Rück­gang.

Kontinuierliche Verringerung der durchschnitt­lichen Haushaltsgröße bis 2010, danach Ver­langsamung des Singularisierungsprozesses.

Leichte Zunahme bei den Ein- u. Zweipersonen­haushalten, leichte Abnahme bei den Dreiper­sonenhaushalten, starke Abnahme bei den Vier- und mehr Personenhaushalten.

Aufgrund des geringen Wohnungsneubaus Stag­nation des Wohnungsbestandes bis 2010, danach leichter Rückgang.

Teilmarktbezogene Leerstandsproblematik bleibt erhalten.


Leicht steigende Nachfrage nach größeren Woh­nungen, eher sinkende Nachfrage nach kleinen Wohnungen aufgrund weiter zunehmender Indi­vidualisierung und größerer Zahlungsfähigkeit von kleinen Haushalten.

Bedarf nach preiswerten Wohnungen bleibt hoch.


Bedingt durch die demographischen Verände­rungen steigende Nachfrage nach altengerechten Wohnungen mit angeschlossenen (Pflege-) Dienstleistungen.

Zunehmende Segregation.

Bis 2010 kontinuierlicher Anstieg der Zahl der Privathaushalte. Danach bis 2030 nur noch leichter Anstieg.

Entwicklung der durchschnittlichen Haushalts­größen wie Basis.

Kontinuierliche Zunahme bei den Einpersonen­haushalten, leichte Zunahme bei den Zweiper­sonenhaushalten, weniger starke Abnahme bei den größeren Haushalten als in der Basis­an­nahme.

Leichte Zunahme des Wohnungsbestandes.


In einigen Teilmärkten Abbau des Leerstandes, in nicht modernisierten und der Nachfrage ange­passten Beständen nur geringer Leerstandsab­bau.

Steigende Nachfrage nach größeren Wohnun­gen, sinkende Nachfrage nach kleineren Woh­nungen. Stärkere Ausdifferenzierung von Le­bensstilen und Wohnwünschen, stärkere Indi­vi­dualisierung löst Nachfrage nach entsprechenden Wohnungen aus.

Bedarf nach preiswerten Wohnungen bleibt hoch (Zweckentfremdung / Zusammenlegung > Basis wg. besser ökonomischer Situation).

Nachfrage nachaltengerechten Wohnungen wie in der Basisannahme.


Weitere Spreizung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen führt zu weiterer Segrega­tion.

Kontinuierlich starker Rückgang der Zahl der Pri­vathaushalte.

Entwicklung der durchschnittlichen Haushalts­größen wie Basis.

Leichte Zunahme der Einpseronenhaushalte bis 2010, danach Abnahme. Bei den Zweipersonen­haushalten zunächst Stagnation, ab 2010 Ab­nahme, starke Abnahme bei den großen Haus­halten.

Wohnungsneubau kommt nahezu zum Erliegen.


Steigende Leerstandsproblematik betrifft alle Teilmärkte. Verödung ganzer Wohnquartiere möglich.

Geringe Nachfrage nach größere Wohnungen, gleichbleibende Nachfrage nach kleinen Woh­nungen.



Bedarf an preiswerten Wohnungen steigt.


Nachfrage nach altengerechten Wohnungen wie in der Basisannahme.


Zunehmende Segregation.

Wohnungsneubau
Sanierung, ModInst

MFH-Neubau: nur noch freifinanziert, kleinteilig, in Lagen mit intaktem Wohnumfeld

EFH-Neubau: Nachverdichtung, kleinteilige Pro­jekte in der äußeren Stadt und im Umland

Entlassung von Sanierungsgebieten, keine öffentliche ModInst-Förderung mehr (Haushalts­lage)

MFH-Neubau: verstärkte Lückenbebauung in Lagen mit intaktem Wohnumfeld, hier auch Abriss von 50er-Jahre-Beständen zugunsten hochwertigen Neubaus

EFH-Neubau: Nachverdichtung, vermehrt wieder Siedlungserweiterung im Außenbereich, um Um­landkonkurrenz zu begegnen

Entlassung von San.-Gebieten, (priv.) Moderni­sierung im Zuge v. Gentrification

MFH-Neubau. nur noch geringe Einzelfälle

EFH-Neubau: dito wg. vorhandenem Überan­gebot frei­werdender EFH von Abwandernden

teilweise Beibehaltung von San.-Gebieten, stetige öffentliche ModInst-Förderung auf niedri­gem Niveau durch Bund

Quartiersentwicklung

Zunahme des Ausländer-Anteils in der Innen­stadt, differenzierte Gruppen-Muster zwischen Ost und West

soziale Segregation setzt sich verlangsamt fort

leichte Ausweitung sozial schwacher Quartiere

periphere Großsiedlungen Ost: zunehmende Differenzierung von Lagen

Gentrification weiterer Innenstadt-Bereiche (insb. Prenzl.Berg, Friedrichshain)

Verdrängung führt zu Engpässen im preiswerten Wohnungsbestand

innenstadtnaher Altbau: kein Leerstand mehr

periphere Großsiedlungen Ost: zurückgehende, aber anhaltende Leerstände

Problemgebiete in der Innenstadt weiten sich aus, Verfestigung von Interventions- und Ali­mentationsbereichen

große Teile der äußeren Stadt sind ebenfalls durch Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe-Empfang gekennzeichnet

periph. Großsiedlgn. Ost: flächenhafte Entleerg.

Zentrenstruktur / öffentlicher Raum

Ausdünnung der Versorgungsmöglichkeiten in der äußeren Stadt, Zunahme von nicht-integ­rierten Standorten

Differenzierung: punktuelle Aufwertung des öffentlichen Raums und teilräumlicher Verfall

anhaltender Strukturwandel im Einzelhandel, ge­wachsene Zentren können Attraktivität halten

geringere Differenzierung des öffentlichen Raums: teilräumlicher Verfall konzentriert sich auf sozial schwache Quartiere

erhebliche Ausdünnung der Versorgung, Nieder­gang von Zentren in der äußeren Stadt, insbe­sondere in den peripheren Großsiedlungen

starke Differenzierung: starke Konzentration der Aufwertung, in weiten Teilräumen Verfall des öR

Freiraum












Biotopverbund

Erhalt von Freiraum-Ausstattungsunterschieden zwischen verschiedenen Teilräumen,
vereinzelte Verbesserungen durch neue Träger­schaften in Quartieren mit aktivierbarer Bevölke­rung





Brachflächen: kaum genutztes Potenzial für alternative Nutzungen / Zwischen- / Freiraum­nutzungen

Umsetzung des Biotopverbunds durch rechtliche Instrumente erfolgt in kleinen Schritten

zunehmende Diskrepanzen zwischen besser und schlechter versorgten Bereichen, zunehmende kleinräumige Disparitäten
in den gutversorgten Quartieren zunehmende Sicherungs- und Verteidigungstendenzen zum Schutz vorhandener Qualitäten, punktuelle Ver­besserung der Versorgung
in den schlechter versorgten Quartieren punk­tu­elle Verbesserung aufgrund von politisch wirk­sam artikulierten Ausgleichforderungen

Brachflächen: genutztes Potenzial für alternative Freiraumnutzungen (z.B. Trendsportarten), Zwischennutzungen

Umsetzung des Biotopverbunds erfolgt durch Kompromisse, in kleinen Schritten und langsamer als in der Basis-Variante

teilräumliche Ungleichheiten werden nicht ausge­glichen, sondern dauerhaft in Kauf genommen

periphere Großsiedlungen: zunehmende Brach­flächen Infrastruktur- und Wohnungsabriss

Innenstadtrand / Zwischenzone: zunehmende devastierte Bereiche durch Nutzungsaufgaben im gewerblichen Bereich



Brachflächen: negativer Imagefaktor ohne Poten­zialwirkung

Umsetzung des Biotopverbund scheitert mit rechtlichen und finanziellen Instrumenten, findet aber faktisch statt, weil mit einer geringeren Frei­flächeninanspruchnahme mehr Flächen für eine naturnahe Entwicklung zur Verfügung stehen

Umwelt

Wasser: zurückgehende Bedarfe bewirken stei­genden GW-Siegel, dauerhaftes Management (abpumpen) erforderlich

Lärmminderung greift teilräumlich, zunehmende Umweltbelastungen durch MIV, im Ostteil stärker als im Westteil (AP-/Einwohnerstruktur)

Luft / Klima: schrittweise Verbesserung, teil­räumlich in Verbindung mit MIV keine Abnahme der Belastungen

Wasser: höherer Bedarf, daher geringerer Anstieg des GW-Spiegels


Lärmminderung greift teilräumlich, abhängig von politischer Artikulationsfähigkeit, zunehmende Diskrepanzen zwischen den Quartieren

Luft / Klima: teilräumliche Verschlechterung, ins­besondere im Innenstadtrand / Zwischenzone aufgrund deutlich zunehmender Verkehrsbelas­tungen, Maut führt zu teilräumlicher Entlastung (Innenstadt)

Wasser: stark zurückgehende Bedarf lassen GW-Spiegel erheblich ansteigen, erfordern um­fangreiches, kostenintensives Management, ins­besondere für das Urstromtal

Lärmminderung ist maßnahmenseitig aus finan­ziellen Gründen nicht leistbar, erfolgt faktisch aber punktuell aufgrund zurückgehender MIV-Nutzung wg. zu hoher Kosten

Luft / Klima: leicht abnehmende Belastungen aufgrund geringer wirtschaftlicher Entwicklung, geringerer Bevölkerung etc.

Siedlungs- und Verkehrsentwicklung

kaum zusätzliche Freirauminanspruchnahme wg. Auffüllung vorh. Flächen, abschwächende Suburbanisierung

leichte Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr, leichte Zunahme Stadt-Umland-Verkehr
mittlere Reiseweite nimmt noch geringfügig zu




abschwächende Suburbanisierung führt nur noch zu einem geringen Verkehrswachstum

erhebliche Freirauminanspruchnahme (auch im Stadtgebiet), anhaltende Suburbanisierung

keine Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr

mittlere Reiseweite nimmt weiter zu (Funktions­entflechtungen)
deutliche Zunahmen des Verkehrsaufkommens und der Netzbelastungen im Stadt-Umland-Ver­kehr und im Umfeld der Stadterweiterungs­flächen
höhere Verkehrsbelastungen durch anhaltende Suburbanisierung

geringere Suburbanisierungsprozesse als in Basis, keine zusätzliche Freirauminanspruch­nahme

spürbare Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr sowohl in der Außenstadt als auch in ganz Berlin
geringere Netzbelastung bei ÖPNV und IV
Quell- und Zielverkehr in Berlin bleibt in etwa konstant
Rückgang der Kfz-Fahrleistung

stagnierende Suburbanisierung bremst Wachs­tum bei durchschnittlichen Wegelängen in der Region, nur noch geringe Veränderungen bei der Verkehrsbelastung

 

 


M. Zusammenfassung der zukünftigen Handlungsperspektiven

Das abschließende Kapitel umfasst zum einen die Zusammenstellung von Planungsan­nahmen, der Realentwicklung zwischen 1990 und 2002 sowie den derzeitigen Einschät­zungen für die Stadtentwicklung bis 2010 in zentralen Kenngrößen. Zum anderen werden die perspektivischen Handlungsansätze der unterschiedlichen Bausteine zusammengefasst.

Der Vergleich der unterschiedlichen Annahmen ergibt ein differenziertes Bild:

Tab. 12: Vergleich der Planungsannahmen der 1990er Jahre für die langfristige Stadtentwicklung mit der Real­entwicklung zw. 1990 und 2000 sowie den Annahmen des Stadtentwicklungskonzepts (StEK) bis 2010

 

Bestand 1990

Planungsannahmen
Anfang der 1990er Jahre[87]

Bestand 2002 /
Real­entwicklung

StEK  
Annahme

 

 

Eigen­entwicklung

Wachstums­annahme

1990 – 2002

bis 2010

Bevölkerung

3,4 Mio.

3,4 Mio.

3,7 Mio.

3,4 Mio.*

3,4 Mio.[88]

Wohnungen insges.

1,7 Mio.

1,9 Mio.

2,0 Mio.

1,86 Mio.*

 

zusätzlicher Neubau

 

+ 250.000

+ 400.000

+ ca. 150.000

+ 45.000[89]

Arbeitsplätze insges.

1,7 Mio.

1,65 Mio.

1,80 Mio.

1,56 Mio.*

1,54 Mio.[90]

davon

Baugewerbe
verarbeitendes Gewerbe
Dienstleistungssektor
Büroarbeitsplätze**

 


0,11 Mio.
0,27 Mio.
1,25 Mio.
0,80 Mio.


0,13 Mio.
0,30 Mio.
1,35 Mio.
0,85 Mio.


0,11 Mio.
0,16 Mio.
1,27 Mio.
0,65 Mio.[91]


0,09 Mio.
0,14 Mio.
1,30 Mio.
0,73 Mio.

Gewerbliche Bauflächen

 

4.000 ha

4.300 ha

 

 

davon

Bestandsflächen

Inanspruchnahme der

innere Reserve
Wachstumsreserve

 

3.750 ha

 

 

 

+ 300 ha
+ 200 ha

 

 

 

+ 500 ha
+ 500 ha

 

 

 

+ 200 ha[92]
+ 80 ha

 

 

 

+ 200 ha[93]
+ 140 ha ***

Büroflächen
(zusätzlich) in BGF

 


+ 8,2 Mio. qm


+ 11,0 Mio. qm


+ 7,0 Mio. qm


+ 4,5 Mio. qm[94]

Einzelhandel
(zusätzliche Verkaufsfläche)

2,3 Mio. qm


+ 1,1 Mio. qm


+ 1,4 Mio. qm

4,0 Mio. qm*
+ 1,7 Mio. qm[95]


+ 0,4 Mio. qm[96]

*        Stand 2003
**      über alle Wirtschaftszweige,
***    Flächen der 1. Stufe der Inanspruchnahme gemäß StEP Gewerbe

Ausgehend von der Bevölkerungsentwicklung ist anzunehmen, dass die Wohnungsnach­frage bis 2010 deutlich geringer ist als zu Beginn der 90er Jahre angenommen. Auch für die Arbeitsplatz­entwicklung wird eine deutlich schwächere Entwicklung erwartet. Dies spiegelt sich auch in geringeren Annahmen für den Gewerbeflächenbedarf bis 2010 wider. Für den Bürobereich ist trotz geringerer Arbeits­platzzuwächse mit einer Zunahme der Flächen zu rechnen, dies basiert u.a. auf der technologischen Entwicklung und stimmt mit den Planungsannahmen überein.
Die erhebliche Dynamik, die die quantitative Flächenentwicklung des Einzelhandels in der unmittelbaren Nachwendezeit geprägt hat, wird sich zukünftig vorrangig als qualitative Umstrukturierung von bestehenden Standorten und Zentren darstellen.

 

Zukünftige Handlungsperspektiven

Für die langfristige Strategie sind stadtentwicklungsplanerische Handlungsansätze gefragt, die zum einen den übergeordneten Zielsetzungen Rechnung tragen, zum anderen die dar­gestellten Trends berücksichtigen und die sich daraus ergebenden Anforderungen bewälti­gen. Sie bedürfen der Neuorientierung und Modifikation, um auf die veränderten Rahmen­bedingungen und die eingeschränkten Finanzspielräume zu reagieren.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage sind zukünftig Konzentrationen auf Pflicht­aufgaben bzw. Handlungsansätze erforderlich, die durch folgende Merkmale gekenn­zeichnet sind:

·          nachhaltig
durch Berücksichtigung der Ziel-Trias in der zukünftigen Stadtentwicklung, um eine dau­erhaft verträgliche Siedlungsentwicklung zu gewährleisten

·          Synergien erschließend
durch integrierte Ansätze, die unterschiedliche Handlungsfelder verbinden, um die Wirk­samkeit der Strategieansätze zu erhöhen

·          identitätsstiftend
durch Beteiligung der unterschiedlichen Nutzer- und Nachfragergruppen, um die Bin­dungswirkung an und Verantwortung für den Ort zu erhöhen

·          kostengünstig
durch Beteiligung von Dritten, Einsatz von endogenen Potenzialen der Bevölkerung etc., um die Haushaltssituation des Landes nicht stärker zu belasten

·          bedarfsbezogen
durch eine Beschränkung auf die tatsächlichen Bedarfe, um Kosten für die Vorhaltung und Nutzung zu minimieren.

 

Die Schwerpunkte in den einzelnen Handlungsfeldern sind für die jeweiligen sektoralen Bausteine im Folgenden dargestellt. Für die weiteren Handlungsfelder Kultur, Tourismus, Stadt der Jugend und öffentlicher Raum sind im weiteren Verfahren die Schnittstellen zur räumlichen Planung zu konkretisieren.

Metropole in Europa und in der Region

·          Stärkung der Attraktivität der Metropole als Standortfaktor für die weitere Ansiedlung von internationalen und nationalen Entscheidungs- und Kontrollfunktionen

·          Weiterentwicklung der planerischen Handlungsstrategien für die unterschiedlich struktu­rierten Teilräume von Berlin und Brandenburg

·          Gemeinsame Darstellung von Berlin und Brandenburg als Standort mit differenzierten Standortqualitäten von Stadt und Land

·          Konzeptionelle Ausgestaltung der „Trademarke“ Metropolregion als Stärke im und für den gemeinsamen Planungsraum

Steuerung der Flächenentwicklung / Flächenpotenziale

·          Sparsamer Umgang mit Grund und Boden, um einerseits die natürlichen Ressourcen zu schonen, eine kompakte, verkehrsarme Stadtentwicklung zu realisieren und vor­handene Infrastrukturen auszulasten, und um andererseits die Entstehung von Kos­ten für neue Erschließungen, Infrastrukturen etc. zu vermeiden.

·          Konsequente Weiterführung des Prinzips der Innenentwicklung für die räumliche Pla­nung. Klarer Bezug auf die vorrangige Inanspruchnahme brachgefallener oder unter­genutzter Flächen im besiedelten Stadtkörper im Gegensatz zur Stadterweite­rung auf bisher nicht bebauten Flächen.

·          Vorrangige Entwicklung von Instrumenten zur Aktivierung von Innenentwicklungs­flächen bzw. Verbesserung der Koordination der vorhandenen Instrumente. Stadt­planung sollte dabei – über die Erarbeitung von Plänen und Konzepten hinaus – auch als initiierende und kooperierende Dienstleisterin auftreten.

·          Verstärkter Einsatz der klassischen Instrumente der Baulandpolitik/ -aktivierung (Umlegung etc.), ergänzt durch neuere Ansätze z. B. im Sinne eines boden­politischen Grundsatzbeschlusses.

·          Schaffung einer stärkeren Bindungswirkung bei der nachrangigen Inanspruchnahme von Flächen, jedoch keine pauschale Rücknahme der Darstellung von siedlungs­strukturell sinnvollen Stadterweiterungsflächen im Berliner Flächennutzungsplan (FNP)

·          Intensivierung der planerischen Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg bei der gemeinsamen Steuerung der Flächenentwicklung in der Metropolregion

Wohnen / soziale Stadtentwicklung

·          Eine der Stärken Berlins ist seine soziale Mischung. Zur Erhaltung dieser Mischung ist künftig der Einsatz kooperativer Präventionsstrategien anstelle von kostenintensiven Interventionsprogrammen vorzusehen. Hauptträger der Interventions- und Präventions­maßnahmen werden künftig die privaten Eigentümer und die Betroffenen selbst sein. Regelmäßiges Monitoring und Evaluation werden als Frühwarn- und Steuerungs­instrumente angewandt (z.B. Überprüfung und Anpassung der Quartiersmanagement-Kulisse).

·          95% des Wohnungsbestands im Jahr 2020 existieren bereits heute. Der Schwerpunkt des öffentlichen Handelns im Wohnungssektor liegt deshalb auf der Bestandsent­wicklung. Sowohl der Wohnungsneubau als auch der Bestand sind konsequent an den langfristigen Nachfragebedürfnissen auszurichten. Insbesondere der Gründerzeit­bestand hat sich als ausgesprochen flexibel bewährt. Die reichhaltigen Angebote an innerstädtischen Wasserlagen bieten sich par excellence für individuellen Wohnungs­neubau an.

·          Die Sicherung der dauerhaften Marktfähigkeit von Wohnquartieren ist eine lang­fristige gesamtstädtische Aufgabe des Stadtumbaus. Dazu ist der gezielte Einsatz von Rückbau- und Aufwertungsmitteln und ein regelmäßiges Leerstandsmonitoring als Kontroll- und Steuerungselement vorzusehen. Abriss soll nur bei einem vor­liegenden Nachnutzungskonzept stattfinden.

·          Die quantitative Versorgung der Stadt mit sozialer Infrastruktur ist gut. Die demo­graphische Entwicklung macht aber eine Umorientierung von der spezialisierten, mono-funktionalen Infrastruktureinrichtung zur flexibel nutzbaren, demographischen Entwicklungen anpassbaren Einrichtung notwendig. Dabei ist sowohl die dauerhafte Sicherung strategischer öffentlicher Infrastrukturstandorte mit flexibler Nutzbarkeit als auch die verstärkte private Trägerschaft sozialer Einrichtungen und der vermehrte Einsatz temporärer Einrichtungen erforderlich. Als planerische Basis sind Richtwerte und Planungsgrundlagen zu modifizieren und die Bedarfsplanung an Sozialräumen zu orientieren.

Wirtschaft

·          Forcierung des Infrastrukturausbaus als Voraussetzung für die wirtschaftliche Ent­wicklung, insbesondere hinsichtlich der internationalen Fernerreichbarkeit (Flughafen BBI)

·          Unterstützung / Förderung der Netzwerk-Bildung zwischen Wirtschaft und Wissen­schaft: räumlich im Bereich der innerstädtischen urbanen Milieus, sektoral für kleine und mittlere Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial, nutzungsbezogen für die Entwicklung von Bürostandorten

·          Flächensicherung für das produktionsorientierte Gewerbe durch neue Kooperations­formen und Weiterentwicklung des Entwicklungskonzepts für den produktionsorien­tierten Bereich

·          Stärkung des Einkaufsstandortes Berlin durch gezielte Attraktivierung insbesondere des Citybereichs Historische Mitte für die Zielgruppe der Einkaufstouristen und – zur Reduzierung von Kaufkraftabflüssen nach Brandenburg – durch Entwicklung zentren­ergänzender/-verträglicher Fachmarkt-Standorte

·          Initiierung von Aufwertungskonzepten für die städtischen Zentren, mit dem Ziel, die gewachsene polyzentrale Struktur als Identifikationspunkt für die BürgerInnen auszu­bauen, Förderung von Koordination und Koopera­tion zwischen den Akteuren

·          Stärkung der Kooperation mit Umland, insbesondere in den Feldern der Wissen­schafts- und Einzelhandelsentwicklung, Verbesserung des regionalen Wirtschafts­marketings auch im Hinblick auf die EU-Osterweiterung

Freiraum

·          Es ist an einem Projekt der gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption eine effektive Verzahnung von Investitions- mit Ausgleichsmitteln zu organisieren, um modellhaft die Synergien fördernde Vorgehensweise zu exemplifizieren.

·          Im Zusammenhang mit der Realisierung des Wettbewerbs „Wartenberger Feldmark“ soll in Zusammenarbeit mit den Berliner Forsten modellhaft die Entwicklung wald­geprägter Räume als öffentlicher Freiraum im Außenbereich vorangetrieben werden.

·          An einem ausgewählten Standort sind private Anlieger zu motivieren, Pflege und Unterhaltung einer repräsentativen öffentlichen Freifläche zu übernehmen.

·          Eine Freiflächenutzung und –pflege, die insbesondere den immer mehr im Stadtge­biet vorkommenden temporären und extensiven Aneignungsformen entspricht, ist modellhaft zu begleiten.

Umwelt

Lärm und Luft

·          Minderung des durch Verkehr erzeugten Lärmpegels in Hauptnetzstraßen mit hohem Wohnanteil durch Erarbeitung und Umsetzung von Lärmminderungskonzepten und
–plänen in Zusammenhang mit der Stadtentwicklungsplanung

·          Weitere Senkung der Abgasemissionen im Verkehr durch technische, organisatori­sche, verkehrspolitische und stadtplanerische Maßnahmen. Erarbeitung eines Luft­reinhalteplanes der Stadt nach BimSchG.

Klima

·          Konsequente Weiterführung der Klimapolitik des Landes auf der Grundlage des Energiekonzeptes und des Landesentwicklungsprogramms Berlin mit dem Ziel der Senkung CO 2 um 25% bis 2010 und 40% bis 2020.

·          Modernisierung der Gebäudeheizung und –dämmung im Rahmen der Sanierung von Altbauten, insbesondere in kompakt bebauten Bereichen der Stadt

·          Erhöhung des Anteils und verstärkte Nutzung regenerativer Energien auf dem Sektor der Solarthermie und Photovoltaik, aber auch Nutzung von Erdgas als Kraftstoff sowie Weiterentwicklung und Erprobung von Brennstoffzellen für die Gebäudever­sorgung.

Wasser

·          Aufnahme der grundlegenden Aspekte und Anforderungen der begrenzten natür­lichen Ressourcen Wasser und Naturhaushalt in die Stadtentwicklungsplanung und Berücksichtigung als Rahmenbedingung für die Entwicklung von Bevölkerung, Wirt­schaft, Baugeschehen, Dichte, Flächennutzung und Bodenwirtschaft.

·          Sicherung der bestehenden autarken und stabilen Trinkwasserversorgung durch den nachhaltigen Schutz der Ressource Wasser sowie die Erreichung eines ausgegliche­nen Grundwasserhaushaltes.

·          Regenwasser als flächenrelevantes Medium mit besonderer Aufmerksamkeit, da es in erheblichen Maße Qualität und Quantität der Schadstoffbelastung der Oberflächen­gewässer mitbestimmt, aber auch wesentlich zur Grundwasserneubildung beiträgt; bewusster natürlicher Umgang mit dem Ziel, das Wasser in der Stadt zu halten und nachhaltig zu nutzen.

Verkehr und Mobilität

·          Optimierung der nationalen und internationalen Konkurrenzfähigkeit des Wirtschafts­raumes Berlin-Brandenburg durch Verbesserung der Fernerreichbarkeit (u.a. Flug­hafen BBI)

·          Sicherung vergleichbarer Mobilitätschancen für unterschiedliche Mobilitätsbedürf­nisse und –voraussetzungen

·          Vorrang der effektiveren Nutzung und Pflege der vorhandenen Infrastruktur vor Neu­investitionen

·          Anwendung organisatorischer, ordnungsrechtlicher und bewusstseinsbildender Maß­nahmen mit dem Ziel der verstärkten Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsträger und Mobilitätsmöglichkeiten

·          Bewertung raumwirksamer und verkehrserzeugender Maßnahmen auch unter ver­kehrspolitischen Aspekten

 

 

Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq

 



[1]              Vgl. Fürst, D. (2002): Mentalitäts- und Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklungsplanung. Handlungserfordernisse, Hannover, Expertise im Auftrag der SenStadt, Abtlg. I, unv. Manuskript
Sander, R. (Difu) (2003): Veränderungsprozesse in der Stadtentwicklung anstoßen und steuern. Thesen – Fragen – Beispiele, Fachgespräch II, 23. Juni 2003 (Thesenpapier)

[2]              Vgl. Expertenkommission Staatsaufgabenkritik (2001): Abschlussbericht, Berlin, S. 16 f.

[3]              beispielsweise durch Bürgerbefragungen, -foren, Zukunftswerkstätten etc. Expertenkommission Staatsaufgabenkritik (2001): Abschlussbericht, Berlin, S. 35

[4]              IöR (Hg.) (2001): Zukünftige Wohnungsnachfrage und Neubaubedarf in Ost- und Westdeutschland, IöR-Texte 133, Dresden, S. 10; Kocks, M.; Schlömer, C. (1999): Ausgewählte Ergebnisse der Raumord­nungsprognose 2015 in: IzR 11/12.1999

[5]              Vgl. Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik (Hg.) (2003): Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg für den Zeitraum 2002-2020, Potsdam, S. 21

[6]             Landesumweltamt Brandenburg und Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg: Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg für den Zeitraum 2002 – 2020. Potsdam, Mai 2003. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin i.Z.m. StaLa: Bevölkerungsprognose für Berlin 2002 – 2020. Manuskript Oktober 2003

[7]              DIW (2001), S. 477

[8]              Vgl. DIW (2001): EU-Osterweiterung: Abschottung oder regulierte Öffnung? Zu den Übergangsfristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit in: Wochenbericht 31/2001. Dies spiegelt sich auch in der Verteilung von „Green Card“ - Inhabern auf die Bundesländer. Kurz nach Einführung hatte Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg, Hessen und NRW die meisten IT-Experten aufgenommen. Vgl. BMA-Pressestelle, 8. Nov. 2000

[9]              Jeder fünfte „Green Card“ - Inhaber kam aus dem Inland bzw. jeder Sechste hat an einer deutschen Hochschule oder Fachhochschule ein Studium abgeschlossen. Vgl. BMA-Pressestelle, 2. Juli 2001 bzw. 8. Nov. 2000

[10]             „Mit einer eingestellten IT-Kraft entstehen – laut einer in München vorgelegten Studie – durchschnittlich zwei bis drei zusätzliche Arbeitsplätze.“ BMA-Pressestelle, 2. Juli 2001

[11]             Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003): Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in: DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411-417
Berücksichtigt wurden Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, mit Ausnahme von Hannover (Datenlage). Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt/ M., Stuttgart und München verzeichnen starke Zuwächse der Beschäftigten. Bremen, Dortmund, Essen und Duisburg hatten eine dem nationalen Durchschnitt vergleichbare Entwicklung, Berlin hat als einzige Großstadt einen Beschäftigungsrückgang (ca. – 2,5%) zu verzeichnen.

[12]             ebenda, S. 416

[13]             Vgl. Henke, Klaus-Dirk; Mackenthun, Bärbel; Schreyögg, Jonas (2002): Gesundheitsmarkt Berlin. Perspektiven für Wachstum und Beschäftigung, Baden-Baden

[14]             Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001), a.a.O., S. 64 ff.

[15]             Dies Phänomen ist schon heute zu beobachten. Pendler-Migranten optimieren Kostenfaktoren durch Beibehaltung des Hauptwohnsitzes am Herkunftsort etc.

[16]             Für die Entwicklung der Lebensarbeitszeit sind zukünftig erhebliche Veränderungen zu erwarten: Der aktuellen Diskussion, die Ausbildungszeiten auf ein international vergleichbares Maß zu verkürzen, stehen Tendenzen zu einem späteren Rentenalter und einer Verlagerung von Ausbildungszeiten in die Berufstätigkeit gegenüber, so dass eine Verlängerung der Lebensarbeitzeit bis 2030 um 12% erwartet wird. Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001): Deutschland in den nächsten 30 Jahren: Die Zukunft gestalten. Positionspapier zum Kongress des Managerkreises 3. Dez. 2001, Berlin. S. 61. Je nach Entwicklung der Lebenserwar­tung kann insgesamt dennoch eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit eintreten.

[17]             Z. B. Beitrag von Personen der Club- und Kneipenszene als Pioniere zur Aufwertung von innenstadt­nahen Wohnquartieren und Profilierung insgesamt.

[18]             Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001), a.a.O., S. 59 ff; Opaschowski, H. (2001): Deutschland 2010. Freizeit aktuell – Ausgabe 158, 22. Jg., 20. Jan. 2001, Download vom 29. Nov. 2001

[19]             Vgl. BAT-Institut (2001): Freizeit-Monitor 2001. Freizeit aktuell - Ausgabe 163, 22. Jg., 6. Nov. 2001

[20]             Vgl. BBR-Expertenkreis „Zukünftige Siedlungsentwicklung“, Thesenpapier von K. J. Beckmann vom 6. Okt. 2001, S. 4

[21]             Z. B. Stillegung von Busstrecken, Ersatz durch AST, Ruf-Bus etc.

[22]             Z. B. durch den Einsatz neuer Verkehrs- und Kommunikationstechnologien in der Wirtschaft

[23]             Trend zu „Ein-Weg-Architekturen“

[24]             Dies konzentriert sich auf die wesentlichen Parameter der räumlichen Stadtentwicklung. Die Wechselwir­kun­gen zwischen Handlungsansätzen und Maßnahmebündeln stehen nicht im Vordergrund.

[25]             Mit der aktuellen Bevölkerungsprognose bis 2020 wird eine kleinräumige Betrachtung der Bevölkerungs­entwicklung auf Ebene der Mittelbereiche erfolgen.

[26]             Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hg.) (1995): Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen. Beschluss der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 8. März 1995

[27]             Vgl. SenStadt (Hg.) (2002): Stadtentwicklung 2000, Bericht zur Flächenentwicklung 1990-2000 / 2001-2020, Berlin, S. 24

[28]             vgl. Workshop am 2. Juli 2003, Ausführungen von Prof. H.H. Blotevogel

[29]             Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003): Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in: DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411 ff

[30]             Stadtentwicklung 2000 - Bericht zur Flächenentwicklung 1990 – 2000 / 2001 – 2020 basiert auf einem Geographischen Informa­tionssystem, das einen Überblick für die Ressource „Planungsfläche“ gibt.
Dabei werden Flächen mit einem gesamtstädtisch bedeutenden Veränderungspotenzial betrachtet. Die Mindest-Flächengröße für die Aufnahme in das (GIS) beträgt in der Regel 1 ha, so dass Baulücken und Einzelgrundstücke nicht betrachtet werden.

Erfasst wurden Flächen, auf denen – ausgehend vom Nutzungsstand 1990 –

·          Änderungen der Nutzungsart

·          grundlegende Umstrukturierungen oder

·          bedeutende Nutzungsintensivierungen

bereits erfolgt oder künftig vorgesehen sind.

[31]             Umnutzung von Bauflächen, Wiederaufbau von Kriegs- und Grenzbrachen, bauliche Auffüllung von Frei­raum-Inseln im Stadtkörper, grundlegende Umstrukturierung bei gleichbleibender Nutzungsart, planmä­ßige Nutzungsintensivierung

[32]             Siedlungserweiterung

[33]             z.B. Baulückenmanagement oder Konkretisierung der Überlegungen zur sozialorientierten Bodenpolitik

[34]             Beispielsweise wird für neue Einfamilienhäuser im Umland von Hamburg deutlich mehr gezahlt als in der Kernstadt (Vgl. FHH, Stadtentwicklungsbehörde; Schwäbisch Hall (2000): Stadtentwicklung und Demo­graphie in Hamburg. Möglichkeiten der Strukturbeeinflussung durch Städtebau und Wohnungsbau, Hamburg). Die angenommene bodenpreisdämpfende Wirkung eines großen Baulandpotenzials in der Kernstadt ist damit nur ein Faktor im Suburbanisierungsprozess. Es sind Strategien erforderlich, die auf die Präferenzen der unterschiedlichen Nachfrager differenziert reagieren.

[35]             Die Abgrenzung von Innen- gegenüber der Außenentwicklung ist durch die Maßstäblichkeit und Per­spektive bestimmt. Im Rahmen des Berichts „Stadtentwicklung 2000 – Bericht zur Flächenentwicklung“ wird die Auffüllung größerer Freirauminseln (z. B. Siedlung Spruch Buckow I (Neukölln)) ebenso wie Umbaumaßnahmen (z. B. Wasserstadt Oberhavel) zur Innenentwicklung gerechnet.

[36]             Vgl. BBR (2001): Bauland- und Immobilienmärkte, Ausgabe 2001, Bonn

[37]             Stein, U. (1996): Moderation zwischen lokalen und regionalen Interessen. Die Wohnungsmarktunter­suchung für die Region Bonn. in: DISP 126, 1996S. 32-36

[38]             Freie und Hansestadt Hamburg (Empirica-Untersuchung zu Umzugshaushalten)

[39]             Die gegenwärtig zu beobachtende bundesweit rückläufige Tendenz der Freiflächeninanspruchnahme (von 131 auf 117 ha/Tag zwischen 2000 und 2001) ist in starkem Maße konjunkturell bedingt und nicht als generelle Trendwende einzuschätzen; vgl. www.bbr.bund.de, Zugriff am 17. Sept. 2003.

[40]             ExWoSt-Forschungsvorhaben des BBR: Städte der Zukunft sowie Apel., D. et al. (2000): Szenarien und Potenziale einer nachhaltig flächensparenden und landschaftsschonenden Siedlungsentwicklung (UBA F+E Vorhaben 201 09 141, Berlin

[41]             Datenbasis ist nicht – wie bundesweit üblich – die Bilanzierung der Siedlungs- und Verkehrsflächen, die durch das Statistische Landesamt auf der Basis der Angaben des Liegenschaftskatasters erfasst wer­den, da diese Daten für Berlin keine verlässlichen Angaben zum Flächenverbrauch zulassen. Die ge­nannten Daten beruhen auf Erhebungen zur Karte Freiflächenentwicklung (06.03) des Umweltatlas´, in der die Flächeninanspruchnahme in 10-Jahresschritten kartiert wurde. Die Inanspruchnahme folgender Nutzungskategorien fließen ein: Wald, Grünland, Acker, Park/Grünfläche, Stadtplatz/ Promenade, Fried­hof, Kleingarten, Brachfläche, Campingplatz, Sportanlage/Freibad und Baumschule/ Gartenbau. (Quelle Umweltatlas Karte 06.03 Freiflächenentwicklung Tabelle 1)

[42]             Freiflächeninanspruchnahme ist nicht mit Versiegelung gleichzusetzen, weil in der Siedlungs- und Ver­kehrsfläche bzw. in planungsrechtlichen Flächenkategorien für bauliche Nutzungen (Wohn-, Gewerbe­gebiete etc.) auch unversiegelte Flächen enthalten sind.

[43]             vgl. SenSUT (1994): Flächennutzungsplan Berlin. FNP 94. Erläuterungsbericht, Berlin, S. 31

[44]             Die Erarbeitung von Qualitätszielen ist nur im Zusammenhang mit der Entwicklung von geeigneten In­strumenten zur Beobachtung der Flächeninanspruchnahme sinnvoll.

[45]             ohne strenge zeitliche Abgrenzung

[46]             Dabei konnten Erfahrungen im Einsatz „neuer Instrumente“ wie der städtebaulichen Verträge gesammelt werden. Diese Instrumente sind unter den veränderten Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln.

[47]             Davon wurden ca. 130.000 WE in Neubauten, ca. 20.000 WE in bestehenden Gebäuden erstellt. Das Ergebnis deckt sich hinsichtlich der Lage mit Ergebnissen der Wohnbauland-Umfrage 1997/98 der BBR. „ ... in den Metropolstädten mit 500.000 und mehr Einwohnern findet eine vergleichsweise intensive bau­liche Nachverdichtung statt.“ Diese umfasst Bestandsbauleistungen von 50% und mehr. BBR (1999): Baulandumfrage 1997/98, Arbeitspapiere Heft 7/1999, Bonn, S. 35

[48]             1998: 9.759 WE, 1999: 9.435 WE in MFH; 2000: 8.646 WE, 2001: 7.295 genehmigte WE in MFH

[49]             Wohngebäuden mit ein und zwei Wohneinheiten

[50]             Die Daten des Mikrozensus´2002 wurden in einer Stichtagserhebung erfasst. Daher ist von einer Überer­fassung des Leerstands auszugehen. Die ermittelte Zahl von 186.000 leerstehenden Wohnungen wurde daher pauschal um ein Drittel gekürzt.
Endgültige Ergebnisse werden Ende Oktober erwartet.

[51]             Neuere Daten zum Leerstand sind mit dem Mikrozensus 2002 verfügbar, diese Aktualisierung liegt der­zeit noch nicht in der erforderlichen Differenzierung vor, so dass auf die vorhandenen Daten zurückge­griffen wird.
Die Angaben in der Abbildung basieren auf der Sondererhebung Mikrozensus 98 und stellen eine Schätzung dar. Es ist davon auszugehen, dass der Leerstand erhebungsbedingt (Stichtag-Erhebung) übererfasst wurde, daher wurde eine pauschale Kürzung ein Drittel vorgenommen.

[52]             Quelle: SenStadt, IV C (7/2003)

[53]             9. bis 11. Rechtsverordnung

[54]             Seit dem 1. Sept. 2002 ist die Fehlbelegungsabgabe für ganz Berlin aufgehoben.

[55]             Bei Überschreitungen der Einkommensgrenzen bis 30%

[56]             Vgl. Lüdtke-Daldrup, E. (2001): Die perforierte Stadt. Eine Versuchsanordnung in: Bauwelt 24.2001

[57]             Vgl. Kreibich, V. (1999): Der Wohnungsmarkt in der Stadtregion – ein weißer Fleck der Wohnungsmarktbeobachtung und Wohnungspolitik in: IzR 2.1999

[58]             vgl. SenStadt; IBB (Hg.) (2002): Berliner Wohnungsmarktbericht 2002, Berlin

[59]             Aring, J. (2000): Der Reifeprozess im Umland der Großstädte. Entwicklungen neu bewerten. Download von www.empirica.de am 26. 10. 2001

[60]             soziale Infrastruktureinrichtungen mit vielfältigen, nutzer-differenzierten Angeboten als Mittelpunkte im Quartier

[61]             Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003): Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in: DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411 ff

[62]             Ansiedlung über EFRE etc.

[63]             Vgl. BerlinStudie (Stadt des Wissens und Stadt der Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft)

[64]             Entsprechend der „Lissaboner Strategie“ wird u.a. die Zielsetzung unterstützt, Forschungskapazitäten in die lokalen Unternehmen zu bringen und die Gründung neuer Firmen zu fördern

[65]             Vgl. Pfeiffer, I.; Ring, P. (2002): Modernisierung der Industrie stärkt Wirtschaftsstandort Berlin in: DIW-Wochenbericht Nr. 36/2002, S. 603 ff

[66]             Vgl. Soete, B.; Stephan, A. (2003): Nachhaltiges wirtschaftliches Wachstums durch Innovationen: Die Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen in: DIW-Wochenbericht 38/2003, S. 569-573

[67]             Neuere Zahlen liegen nicht vor.

[68]             Vgl. Bay. Landesbank (Hg.) (1999): Immobilien im neuen Jahrtausend. Langfristige Trends und Visionen. Ergebnisse einer Marktstudie, München; Simons, Harald (1999): Perspektiven des westdeutschen Wohnungs- und Büromarktes bis 2030 in: IzR 11/12.1999

[69]             SenStadt; IHK (Hg.) (2001): Bürostandort Berlin. Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin

[70]             Eine Differenzierung des Angebots in endogenen Mehrbedarf, exogenen Neubedarf und zusätzliche Angebote, die darauf zielen, im Wettbewerb Positionen zu gewinnen, ist mit den vorhandenen Daten nicht möglich.

[71]             Geschätzte Zahl auf Basis der Flächenzahlen von 1999. Zum Vergleich: Hamburg (2000): 1,30 qm, BRD (2000): 1,31 qm.

[72]             GfK (2000): Bericht Stadtentwicklungsplan Zentren und Einzelhandel, Zentrenkonzept, Textband, Nürnberg

[73]             z.B. Saalepark. Beabsichtigt ist ein erneuter Umbau und die weitere Aufwertung des Standortes durch die Erweiterung von Verkaufsflächen.

[74]             Berechnung auf Grundlage absoluter Daten, in den Bezirksgrenzen vor dem 1.1.2001.

[75]             Eine Steigerung ist wahrscheinlich, denn über 80 % der Bevölkerung in der Europäischen Union lebt bereits in Städten.

[76]             Verwertung des Hausmülls: Papier/Pappe/Karton, Glas und Leichtverpackungen über die „Duale System Deutschland (DSD)“, Bioabfall aus der getrennten Bioabfallsammlung sowie Altbatterien und Alttextilien

[77]             1992 rd. 2.325.000 Mg Siedlungsabfälle zur Verbrennung / Deponierung
2002 rd. 1.045.000 Mg Siedlungsabfälle zur Verbrennung / Deponierung

[78]             Weitere Kriterien für die Ausschreibung sind eine max. Laufzeit bis 2015, eine sozialverträgliche Gebührengestaltung und ökologische Aspekte.

[79]             Als aktuelles Beispiel sei die zum Teil auch sehr emotional geführte Debatte von Arznei­mittelbefunden im Berliner Trinkwasser als Folge der sehr engen Kopplung zwischen der Ableitung von Abwasser und der Trinkwassergewinnung genannt.

[80]             Quelle für „1. Rückblick und Status Quo“ sowie „2. Vekehrsentwicklung“: StEP Verkehr, S. 85 ff

[81]             Insgesamt weist die gewerbliche Suburbanisierung – auch aufgrund der geringen Wirtschaftsdynamik – ein relativ geringes Niveau auf.

[82]             Vgl. SenWiArbFrau (Hg.) (2003): Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht Berlin 2003, Berlin, S. 110
Aengevelt-Research (2003): City Report. Region Berlin, 2003/2004 No. XIII, S. 60 f.

[83]             WS 2001/2002

[84]             Wichtige Aufgabe der Bezirklichen Bündnisse soll es sein, brachliegende Beschäftigungspotenziale zu verorten, zu erschließen und dazu geeignete Netzwerke zwischen lokalen Akteure und den ungenutzten Beschäftigungspotenzialen aufzubauen.

[85]             Regionale Ausbildungsverbünde = Ausbildungsvorgänge, an denen in koordinierter Form mehrere Betriebe beteiligt sind.

[86]             Vgl. auch Kap. C, S. 23 Räumliche Entwicklungstrends - Entwicklungsvarianten

[87]             SenSUT (1994): Flächennutzungsplan Berlin, FNP 94, Erläuterungsbericht, Berlin, S. 26

[88]             SenStadt i.Z.m. StaLa (2003): Bevölkerungsprognose für Belrin 2002 – 2020, Manuskript Oktober 2003

[89]             1990 bis 2010, ohne Versorgungsreserve; Einschätzung SenStadt, Abtlg. I, auf Basis des StEP Wohnen

[90]             Einschätzung SenStadt, Abtlg. I, auf Basis von REGIOCONSULT / DIW

[91]             SenStadt; IHK zu Berlin (2001): Bürostandort Berlin: Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin

[92]             Einschätzung SenStadt auf Basis des StEP Gewerbe

[93]             Einschätzung SenStadt auf Basis des StEP Gewerbe

[94]             SenStadt; IHK zu Berlin (2001): Bürostandort Berlin: Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin

[95]             Schätzung SenStadt auf Grundlage der Flächenzahlen von 1999

[96]             eigene Berechnungen auf Basis des moderaten Entwicklungsszenarios bis 2015. GfK (2000): Bericht Stadtentwicklungsplan Zentren und Einzelhandel, Zentrenkonzept, Textband, Nürnberg,