SenStadt 9.
März 2004
I A 37 9025-1328ü
Überarbeitung
Stadt • Land • Fluss vom 14. Juni 2003
• Kommentare in rot und kursiv: z.B. Worum es geht?,
• Einschübe / umfassens
Veränderungen in blau
• Textergänzungen/eigene
Korrekturen in grün: z.B: Die Strategie Berlin 2020
Inhaltsverzeichnis
A. Anlass, Zielsetzung und strategische Thesen.......................................................................................................... 2
B. Vorhandene Leitbilder und Potenziale...................................................................................................................... 10
C. Ausgangslage................................................................................................................................................................ 16
D. Metropole Berlin in Europa und in der Region........................................................................................................ 27
E. Flächenpotenziale......................................................................................................................................................... 37
F. Baustein Wohnen / Soziale Stadt............................................................................................................................... 44
G. Baustein Wirtschaft und Wissenschaft..................................................................................................................... 59
H. Baustein Freiraum ....................................................................................................................................................... 69
I. Baustein Umwelt / Umweltschutz in Berlin.............................................................................................................. 78
J. Baustein Mobilität und Verkehr .................................................................................................................................. 90
K. Weitere Handlungsfelder............................................................................................................................................. 99
L. Langfristige Entwicklungsvarianten bis 2030....................................................................................................... 105
M. Zusammenfassung der zukünftigen Handlungsperspektiven.......................................................................... 113
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
hat mit der Erarbeitung des „Stadtentwicklungskonzepts Berlin 2020“ (StEK
2020) im Sommer 2001 begonnen. Mit der Strategie sollen integrierte Leitlinien
für die langfristige räumliche Entwicklung aufgezeigt werden. Dabei sind neue
Orientierungen und modifizierte stadtentwicklungsplanerische Handlungsansätze
ebenso erforderlich wie veränderte Prioritätensetzungen und verbesserte
Koordination. Die gegenwärtige Phase der Umstrukturierung bietet eine neue
Chance und Herausforderung für die Stadtentwicklungsplanung.
Das öffentliche Handeln im Generellen und das Planungshandeln im Speziellen
sind heute – im Vergleich zur Euphorie der unmittelbaren Nachwendezeit – durch
eine realistischere Sicht der Dinge geprägt. Neue, gravierende
Herausforderungen sind mit extremer Finanzknappheit und einem hohen Sparzwang
der öffentlichen Hand in der Stadtentwicklung zu bewältigen: der Umgang mit
Wohnungsleerständen und sozialen Segregationsprozessen, die Lenkung von
Entwicklungsimpulsen auf die strategisch richtigen Stellen, die Aktivierung
vorhandener Flächenpotenziale sowie die Um- und Nachnutzung der gebauten
Stadt.
Der vorliegende Statusbericht stellt einen
Zwischenstand im Arbeitsprozess des Stadtentwicklungskonzepts dar.
In diesem Kapitel werden kurz der Problemhintergrund und die zentralen Ziele
erläutert. Anschließend wird die Neuorientierung der Berliner Stadtentwicklung
thesenhaft dargestellt. Diese Thesen stellen als erster Entwurf einen
Werkstattbericht dar, sie sind im weiteren Arbeitsprozess in Diskussionen
weiterzuentwickeln (vgl. S. 5). Abschließend werden in einem Exkurs die
Rahmenbedingungen für das öffentliche Handeln skizziert (vgl. S. 7).
Einen wesentlichen Ansatzpunkt für das Stadtentwicklungskonzept stellt die
Nutzung der vorhandenen Stärken dar. Berlin weist vielfältige Potenziale auf,
die besser in die Stadtentwicklung einzubinden sind. Ausgewählte Stärken und
Potenziale werden im Kap. B dargestellt.
In den anschließenden Bausteinen sind die zentralen
stadtentwicklungsplanerischen Handlungsfelder in ihren jeweiligen
Entwicklungen seit 1990, den maßgeblichen Trends und den perspektivischen
Handlungsansätzen beschrieben (vgl. Kap. D bis K). Die abschließend aufgezeigten Entwicklungsvarianten
stellen Bezüge zwischen den unterschiedlichen Stadträumen und den zukünftigen
Bereichen der Stadtentwicklungsplanung her (vgl. Kap. L).
Abschließend werden die bisher identifizierten Themen für eine Umorientierung
des Handelns in der räumlichen Stadtentwicklung zusammengefasst (vgl.
Kap. M).
Die Rahmenbedingungen der Berliner Stadtentwicklung haben sich gegenüber den Annahmen der unmittelbaren Nachwendejahre verändert: eine konstante Bevölkerungsentwicklung bei gleichzeitigem Altersumbau, eine moderate Wirtschaftsentwicklung und umfangreiche Flächenangebote für alle Nutzungsarten stellen neue Anforderungen an die strategische Planung. Hinzu kommt die Finanzkrise der Stadt.
Die demografischen Rahmenbedingungen sind bei einer stagnierenden Einwohneranzahl in Berlin durch massive Veränderungen im Altersaufbau geprägt. Zwischen 2002 und 2020 nimmt die Zahl der Kinder und Jugendlichen um etwa 13% ab, demgegenüber wird die Zahl der Älteren (ab 65 J.) um mehr als ein Viertel ansteigen.
Im Zusammenhang mit der erwarteten Bevölkerungsentwicklung steht auch der weitere Suburbanisierungsprozess, der vorwiegend durch junge und gutverdienende Familienhaushalte getragen wird. Während die Einwohnerzahl in Berlin in etwa konstant bleiben wird, wird für das unmittelbar angrenzende Brandenburger Umland ein moderater Bevölkerungszuwachs erwartet. Mit anderen Worten: die Metropolenregion Berlin-Brandenburg wird wie bisher nicht schrumpfen, sondern – mittelfristig – leicht wachsen.
Die wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven sind deutlich hinter den Erwartungen zu Beginn der 90er Jahre zurückgeblieben. Ein drastischer Rückgang der Beschäftigten insbesondere im Bereich des produktionsgeprägten Gewerbes und ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf ca. 18% (Juli 2003) stellen die deutlichen Folgen einer tiefgreifenden De-Industrialisierung insbesondere im Ostteil der Stadt dar. Die strukturellen Veränderungen konnten bisher nur teilweise durch zunehmende Tertiärisierung und Neuansiedlungen ausgeglichen werden.
Die
nachfolgende Übersicht bietet einen ersten Einblick über die Annahmen, die
realen Entwicklungen seit der Wende sowie die mittelfristigen Perspektiven bis
2010 für zentrale stadtentwicklungsrelevante Nutzungen:
Abb. 1: Vergleich zwischen Planungsannahmen von Anfang der 1990er Jahre mit der Realentwicklung bis 2000 und den heutigen Entwicklungsannahmen bis 2010
Das Stadtentwicklungskonzept Berlin 2020 orientiert sich an folgenden übergeordneten Zielvorstellungen:
· Steigerung der Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit Berlins
Damit Berlin eine spezifische Position im Kreis der europäischen Metropolen einnehmen und seinen politischen Handlungsspielraum ausweiten kann, ist es unerlässlich, Wirtschaftsunternehmen in der Stadt zu halten und neue zu akquirieren.
Die Funktionen Berlins als Hauptstadt und Dienstleistungsschwerpunkt sowie als der ostdeutsche Arbeitsmarkt mit Fachkräften stellen Potenziale dar, die im Sinne einer besseren Positionierung des Standortes Berlin zu entwickeln sind. Von besonderer Bedeutung sind hierfür die unternehmensbezogenen Dienstleistungen im Allgemeinen, Bio- und Umwelttechnologien, Forschung und Entwicklung, Kommunikationstechnologien/ Medien, Telematik sowie der Kultursektor. Darüber hinaus ist die Tourismusindustrie für die Stadtentwicklung ein wesentlicher Faktor. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die wirtschaftliche Bestandspflege, insbesondere zum Aufbau von Kompetenzzentren. Hierbei ist die zunehmende Netzwerkbildung zwischen Industrie und Dienstleistungen wichtig. Nicht zu vernachlässigen ist das Wachstumspotenzial bei den personenbezogenen Dienstleistungen.
· Erhalt einer sozial und funktional gemischten Stadt
Die
gemischte Stadt ist ein wichtiger Standortfaktor in einer sich weiter
ausdifferenzierenden Gesellschaft. Die verschiedenen Gruppen der städtischen
Gesellschaft fragen unterschiedliche soziale und funktionale Qualitäten nach.
Der Bestandssicherung und –qualifizierung kommt auch für die Bereiche des Wohnens und der sozialen Infrastruktur vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen ein besonderer Stellenwert zu. Für die Bestandsentwicklung relevant sind zum einen die Anforderungen, die durch die unterschiedlichen NutzerInnengruppen gestellt werden. Im Rahmen der Bestandsqualifizierung ist es darüber hinaus wesentlich, soziale Entmischungsprozesse zu vermeiden und gemischte funktionale Strukturen zu sichern.
· Berlin als grüne und ökologische Stadt erhalten und entwickeln
Die grünen Qualitäten Berlins sind ein wichtiger Faktor für die städtische Lebensqualität und das Image der Stadt, für ihre Besucherinnen und Besucher ebenso wie für diejenigen, die hier leben.
Die Grün- und Freiraumstrukturen stellen ein Potenzial dar, um die städtische Lebens- und ökologische Qualität zu steigern. Durch Nutzungsaufgaben (gewerbliche Flächen, Friedhofsflächen, Flächen der Ver- und Entsorgung) und -veränderungen (verkehrliche Infrastrukturen etc.) sind weitere Zuwächse für freiraumbezogene Nutzungen zu erwarten.
· Metropolregion als Gewinn
Die Region ist als Ganzes zu sehen. Die Aktivitäten von Unternehmen und Menschen orientieren sich nicht an administrativen Grenzen. Die funktionalen Verflechtungen in der Region nehmen zu. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen Städten und Regionen in unterschiedlichen räumlichen Kontexten (regional, national, international) ist daher eine regionale Perspektive erforderlich, um die o.g. Ziele zu differenzieren und Handlungsansätze für die Umsetzung zu entwickeln. Dies zielt auch auf die Fusion von Berlin und Brandenburg.
Integrierte räumliche Stadtentwicklung
Die zu entwickelnden stadtentwicklungsplanerischen Handlungsansätze sind darauf ausgerichtet, diese Zielsetzungen umzusetzen. Es sind integrierte Strategien, die auch quer zu den bislang vorherrschenden, sektoralen und ressortorientierten Maßnahmenbereichen liegen, zu bestimmen. Dabei bezieht sich Integration auf
· unterschiedliche zeitliche Horizonte
- kurzfristig mit dem Ziel der Entschärfung aktueller Problemlagen und Sicherung der laufenden Funktionsfähigkeit,
- mittelfristig mit dem Ziel, einen Strukturwandel einzuleiten und zu bewältigen und
- langfristig mit dem Ziel, die erforderliche Umsteuerung und Neuorientierung umzusetzen und damit eine nachhaltige Stadtentwicklung sicherzustellen;
· verschiedene räumliche Ebenen
- gesamtstädtisch mit generellen Handlungserfordernissen und orientierende Rahmensetzungen sowie mit Reflektion der regionalen Ebene
- teilräumlich mit ausgewählten Handlungsfeldern, um spezifische Problemlagen zu bewältigen und
- örtlich zur Umsetzung einer modellhaften Erprobung und Initiierung von Leitprojekten;
· verschiedene sektorale Handlungsfelder mit Bezug zur räumlichen Planung
· strategische und operative Elemente wie perspektivische Ziele für die langfristige Entwicklung und die entsprechenden konkretisierenden Umsetzungsschritte.
Bestandsentwicklung steht im Vordergrund. Wachstum als Flächenzuwachs sektoraler Ansprüche bildet nicht mehr den Motor der Berliner Stadtentwicklung, sondern qualitative Veränderungen prägen die Stadt. Die Stadtentwicklung Berlins steht damit nicht vor ihrem Ende, sondern bekommt eine andere Qualität. Es ist Realismus in den Einschätzungen gefordert: Die Zukunft Berlins wird anhaltend durch sich wandelnde Qualitätsansprüche an die vorhandenen Bestände, sei es im Wohnen, in Gewerbe und Industrie, im Einzelhandel, der Freizeit, Kultur oder in den Freiräumen geprägt sein. Dies erfordert veränderte Verfahrensweisen in den Steuerungszuständigkeiten der öffentlichen Hand. Ziel der Bestandsentwicklung ist es, die vorhandenen Qualitäten (bestehende Nutzungen, Bauflächen etc.) zu erhalten, zu stabilisieren, zu qualifzieren und damit an Veränderungen anzupassen.
Stärken und Chancen nutzen. Wissenschaft und Forschung, Kultur und Tourismus sind die zentralen Stärken Berlins. Diese sind für die Stadtentwicklung und die Imagebildung Berlins zu nutzen. Weitere Chancen liegen in stadtstrukturellen Faktoren wie der polyzentralen Struktur, der Innenstadt mit ihrer Funktionsvielfalt und der kleinteiligen Nutzungsmischung in vielen Quartieren. Diese Komponenten bieten subjektive Identifikationsmöglichkeiten, die für die Stabilisierung der Stadt wesentlich sind. In ihrer Mischung bilden die stadtstrukturellen Gegebenheiten auch eine Ausgangsbasis für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Hinzu kommen Qualitäten wie die vorhandenen Grün- und Freiflächen. Weitere Potenziale liegen in den verfügbaren Flächenangeboten sowie dem günstigen Bodenmarkt.
Planung als Rahmen und langfristige Perspektive, Management für die Umsetzung. Die veränderten Wachstumsperspektiven und die vorhandenen Flächenpotenziale erfordern generell sowohl im Bereich der Wohn- als auch der Gewerbe- und Freiflächen ein verändertes Management. Dahinter steht ein neues Steuerungsverständnis. Zeit ist hierbei nicht nur für die Planung eine wichtige Dimension. Mit strategischen Zielen, klaren Regeln sowie eindeutigen Prioritäten und Nachrangigkeiten werden planerisch langfristige Entwicklungschancen offen gehalten.
Metropole in der Region. Die Metropolregion verfügt als Sitz von Hauptstadt und Regierung über Qualitäten, die sie deutlich positiv von anderen Regionen auf der nationalen und internationalen Ebene abgrenzt. Defizite betreffen die Ausstattung mit Unternehmens-Headquartern in Berlin. Um im Wettbewerb der Regionen und gegenüber den Herausforderungen der EU-Osterweiterung bestehen zu können, ist ein verändertes öffentliches Handeln und Marketing für die Region erforderlich. Auf der regionalen Ebene sind insbesondere in den Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft und des Tourismus´ veränderte Marketing- und Kooperationsformen einzuleiten.
Stadt-Umland-Beziehungen: eine neue Perspektive. Die Suburbanisierung lässt sich trotz des Überangebots an Flächen für jede nur denkbare Nutzung nicht mit Maßnahmen der Stadtentwicklung stoppen. Nachfrager – sei es nach Wohnhäusern, Gewerbeflächen oder Erholungsmöglichkeiten – orientieren sich regional, ohne Rücksicht auf administrative Grenzen und Zuständigkeiten. Chancen bieten sich Berlin im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung, weil in Verbindung mit den qualitativen Veränderungen aufgrund der Alterung der Bevölkerung die Zentralitäts-, Lage- und Erreichbarkeitsvorteile der Stadt dauerhaft zum Tragen kommen können. Die Flächenpotenziale in der Stadt werden hierfür als strategische Reserve benötigt und sollten durch konsequente Nachrangigkeiten gesichert werden.
Die innere Stadt ist der Aktivposten. Die innere Stadt ist mit Wissenschafts-, Regierungs- und Kultureinrichtungen der wirtschaftliche Möglichkeitsraum Berlins: sie bietet Anknüpfungspunkte zwischen urbanen Milieus und urban-orientierten Nutzungen insbesondere in den Bereichen der dienstleistungsorientierten Unternehmen und der Wissenschaft. Hier sind neue öffentlich-private Kooperationsformen zu etablieren, um diese wirtschaftlichen Motoren für die Stadtentwicklung zu nutzen.
Die innere Stadt ist mehr als der Kern. Die historische Mitte, der Alexanderplatz und die City West, aber auch Bereiche wie Neukölln-Nord oder Friedrichshain sowie die angrenzenden Ränder bilden die innere Stadt. Die unterschiedlichen Räume haben differenzierte Funktionen für die Stadt, ihre Verzahnung ist zentrales strategisches Ziel. Diese erweiterte Innenstadt ist gleichzeitig Aktionsraum für die „Motoren“ der Stadtentwicklung, Identifikationsbereich und Integrationsmaschine.
Eine starke innere Stadt sichern. Die
Stärke der erweiterten Innenstadt basiert auf zwei Komponenten: zum einen der
vorhandenen Nutzungsmischung, hier wohnen über 1 Mio. Menschen; zum anderen
der Polyzentralität als einem differenzierten System zwischen prägenden
Funktionen wie Handel, Handwerk und Dienstleistungen sowie Kultur und Gastronomie.
Imagebildung und Identifikationsmöglichkeiten entstehen maßgeblich über den
öffentlichen Raum. Seine Gestaltung und Entwicklung ist für die Identität der
Teilzentren von größter Bedeutung.
Äußere Stadt als ruhender Pol. Ebenso wie in der Innenstadt laufen in der äußeren Stadt parallele Prozesse mit unterschiedlicher Entwicklungsdynamik ab. Die Einwohnerumverteilung der letzten Jahre ist hierfür ein Beispiel. Dennoch ist die äußere Stadt die stabile und die (sich selbst) stabilisierende Struktur in der Stadtentwicklung Berlins. Im Vergleich zur Innenstadt gilt für die äußere Stadt daher im Gegensatz die Devise „Laufen lassen“, d.h. eine minimale Intervention der öffentlichen Hand.
Chancen in der äußeren Stadt entwickeln. Adlershof, der Flughafen BBI und Buch sind die erkennbaren Motoren für die Entwicklung in der äußeren Stadt. Sie wirken damit als dynamisches Potenzial für die äußere Stadt und sind für ihre Entwicklung zu nutzen.
Wohnen von urban bis grün. Wohnen in Berlin hat viele Facetten. Für den Bereich des Wohnens sind die strategischen Ansätze neu zu formulieren, denn die öffentliche Förderung im traditionellen Sinn (sozialer Wohnungsbau etc.) existiert nicht mehr. Die noch vorhandenen öffentlichen Mittel sind auf die öffentlichen Einrichtungen und den öffentlichen Raum zu konzentrieren. Im Rahmen einer Doppelstrategie sind Leerstandsvermeidung und Stadtumbau (Abriss und Aufwertung in Ost und West) ebenso relevant wie das Erfordernis nach neuen Wohn-Typologien aufgrund sich differenzierender Nachfragergruppen. Hierfür sind insbesondere die privaten Akteure gefordert.
Öffentliches Handeln und damit auch die Stadtentwicklungsplanung stehen in Berlin vor großen Herausforderungen. Gefordert ist nicht nur die Aufgabe der Versorgungsmentalität, sondern ein Umsteuern. Es stellen sich grundlegende Steuerungsherausforderungen[1] wie
·
ein zunehmender
Ökonomisierungsdruck, nicht nur, aber wesentlich verursacht durch die
Finanzkrise der Stadt, vs. der Notwendigkeit einer nachhaltigen Stadtentwicklung.
Die Globalisierung der Wirtschaft und der anhaltende technologische Wandel
erzeugen eine wachsende Konkurrenz der Metropolregion um Systemqualitäten
einerseits und führen zu einer Dominanz wirtschaftlicher
Entscheidungskriterien andererseits. Dies steht vielfach im Zielkonflikt zu den
sozialen und ökologischen Ansprüchen, die mit dem Nachhaltigkeitskonzept
verbunden werden.
·
eine erforderliche
Langfristperspektive vs. einer kurzfristig orientierten Projektsteuerung.
Private Großinvestitionen sind zunehmend wichtige Impulsgeber in der
Stadtentwicklung, gleichzeitig sind sie aber eher auf mittelfristige
Verwertungsoptionen orientiert. Die Finanzkrise des Landes und die steigenden
Wettbewerbsbeeinflussungen durch die EU sind weitere Anforderungen gegenüber
den langfristigen bzw. kommunalen Handlungsspielräumen. Strategische Planung
entwickelt einen (langfristigen) Rahmen und eröffnet damit neue Chancen.
·
wachsende
De-Regulierungszwänge vs. Re-Regulierungsbedarfen.
Der zunehmende Wettbewerbsdruck zielt nicht mehr nur auf Standort-, sondern
vermehrt auf Systemqualitäten, zu denen auch geringe Regelungsdichten und eine
hohe Flexibilität zählen. Vor dem Hintergrund eines veränderten Staatsaufgabenverständnisses
sowie einer steigenden Pluralisierung und Dezentralisierung von Entscheidungsstrukturen
ist es parallel zentrales Ziel, eine Gemeinwohl-Orientierung sicher zu stellen.
Im Rahmen der Modifikation der Regelungssysteme sind daher komplexe und
divergierende Interessen gegeneinander abzuwägen, um die notwendige
strategische Steuerung zu gewährleisten als auch die operative Steuerung auf
zentrale Kernaufgaben zu begrenzen.
In Wechselwirkung mit
dem Wandel des Staats und der Staatsaufgaben verändern sich auch der
Steuerungsbegriff und die Steuerungsformen. Es geht darum, Handlungsspielräume
offen zu halten, Regeln und Handlungskorridore abzustimmen und für die
Umsetzung von Strategien neue Verfahrensweisen zu etablieren.
Die Finanzsituation Berlins wird auf absehbare Zeit schwierig bleiben.
Um die Neuverschuldung bis 2009 auf Null zurückzufahren und einen
ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, werden die Haushaltseinsparungen
fortgesetzt. Daher ist ein „Perspektivwechsel bei der Definition staatlicher
Aufgaben“ und eine deutliche Prioritätensetzung für die zukünftig existenziellen
Aufgaben der öffentlichen Hand notwendig. [2]
Für die Stadtentwicklung sind die Aufgabenbereiche
zu identifizieren, in denen (noch) strategische Steuerungsmöglichkeiten
vorhanden sind.
Hinsichtlich der Differenzierung der öffentlichen Aufgaben ergibt sich für die Stadtentwicklungsplanung ein abgestuftes Aufgaben-System. Es umfasst die
· Formulierung und Festlegung von Leitbildern als langfristig orientierender Rahmen, die
· Festlegung von inhaltlichen und prozessualen Handlungskorridoren insbesondere zur kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzung in den jeweiligen Handlungsfeldern, die
·
Festlegung von Leitprojekten unterschiedlicher
Fristigkeit, um die erforderliche Flexibiltät im Rahmen der Handlungskorridore
zu gewährleisten, und die
·
Kontrolle über die Einhaltung der Handlungskorridore
und der Umsetzung der Leitprojekte durch entsprechende Evaluierungs- und
Indikatorenkonzepte.
Es wird zukünftig in der Berliner Stadtentwicklung vorrangig darum gehen,
· das Management einzelner Stadtentwicklungsprozesse zu verbessern. Dies bedeutet nicht nur für die Beteiligten auf der Verwaltungsseite veränderte Kompetenzen und Arbeitsstrukturen. Ziel ist es auch, die gesellschaftlichen Institutionen, dies sind Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, im Rahmen von Prozessen besser zu verknüpfen, um endogene Potenziale für die Selbststeuerung zu aktivieren und zu fördern.
· Moderations- und Kommunikationsprozesse zu stärken. Die erforderliche Neuorientierung der Berliner Stadtentwicklung setzt veränderte Konsensbildungen voraus. Nicht der Konsens auf dem Papier, sondern der Konsens in den Köpfen ist notwendig. Kritischer Abstand gegenüber Lobbyismus in der Entscheidungsvorbereitung und bei den Entscheidungsträgern ist ebenso gefragt wie Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Nur damit lassen sich die Innovationen generieren und umsetzen, die in der Stadt bereits angelegt sind und die die Stadt attraktiv machen.
·
neue und
schärfere Prioritäten zu setzen. Dies heißt im Umkehrschluss auch, dass
Nachrangigkeiten festzulegen und „durchzustehen“ sind. Es umfasst auch die
Konsequenz, dass Gleichwertigkeitsziele hinterfragt und veränderte
Verteilungsmechanismen entwickelt werden.
In Verbindung mit den zentralen Aufgaben der Stadtentwicklungsplanung bedeutet
dies für die strategische Planung eine noch stärkere Auseinandersetzung mit
Mehrdimensionalitäten, u.a. Vision und Leitbild als Rahmen, die
unterschiedliche Fristigkeit von Handlungsansätzen und Leitprojekten und die
entsprechenden Erfolgskontrollen.
· neue Kooperationen zu suchen. Damit verbunden ist regelmäßig die Verlagerung bzw. das Teilen von Verantwortung und damit einhergehender Risiken. Gefragt ist auch der flexible Einsatz von Normen und Standards. Zwischen veränderten Kooperationsformen und Empowerment bestehen enge Wechselwirkungen. Für aktivierende Ansätze gibt es umfangreiche Potenziale (gesellschaftliche Gruppierungen, Lokale Agenda auf den unterschiedlichen Ebenen etc.). Diese bilden die Ausgangsbasis, um „Strukturen, Verfahren und Angebote für eine möglichst umfassende Beteiligung der Bürger“[3] zu entwickeln.
· den Wettbewerb zu fördern. Gefragt ist eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung im Ressourceneinsatz. Wettbewerb erfordert Regeln in Form von Zielvereinbarungen, Bewertungskriterien und Wirkungskontrollen. Die (Stadtentwicklungs-)Planung schafft hierfür einen Rahmen oder Handlungskorridor. Das Setzen von Zielen und die Analyse von Konkurrenten sind zentrale Ansatzpunkte. Für bestimmte Bereiche in der Berliner Stadtentwicklung ist dies eine neue Herausforderung. Wettbewerbsmethoden und „Benchmarking“, auch im Sinne eines Lernen von den Besten, dienen damit der langfristigen Qualitätssteigerung.
(Einfügen des Textes aus "... Modifikation...
Handlungsansätze" vom Nov. 2002 von Seite 4).
Alte
LeitbilderFür Berlin wurden in den letzten zehn Jahren viele Leitbilder
vorgeschlagen. Als allgemeine Leitbilder werden die „Dienstleistungsmetropole“,
die „Stadt des Wissens“, das „Labor der Einheit“ oder die
„Ost-West-Drehscheibe“ diskutiert. Die räumlichen Leitbilder beziehen sich
teilweise auf die Gesamtstadt (FNP), sind teils teilräumlich (z.B. Planwerk
Innenstadt) oder sektoral (z.B. StEP Verkehr) orientiert. Den Ansatz mit der
höchsten Komplexität verfolgt die BerlinStudie mit ihrem mehrdimensionalen
Leitbild, ohne dass jedoch eine räumliche Konkretisierung erfolgt.
Die verschiedenen inhaltlichen Leitbilder
stehen parallel nebeneinander, das erschwert sowohl die Orientierung als auch
u.U. ihre Wirkung. In jedem Fall sind sie den Zielen der sozialen,
wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet. Die räumlichen
Leitbilder beziehen sich sämtlich auf das Modell der „europäischen Stadt“. Das
Planwerk Innenstadt hat die gedachten Funktionen seit 1996 exemplarisch für
Teilbereiche umgesetzt. Es ist Leitbild, Planungsgrundlage,
Kommunikationsmedium, Werbestrategie und Basis für Vermögensaktivierung.
Die vorhandenen Leitbilder enthalten als Projektionen Aussagen sowohl zum
zukünftig Gewünschten (Utopie) als auch zum Machbaren (Planung).
Es sind Prioritätensetzungen bzw. - insbesondere bezüglich der BerlinStudie - räumliche Aussagen und Konkretisierungen notwendig, um die Umsetzungsfähigkeit und Steuerungswirkung zu verbessern. Dies steht auch in Zusammenhang mit anderen laufenden Prozessen (Agenda 21, Enquete-Kommission „Eine Zukunft für Berlin“, Fachstrategien etc.) Darüber hinaus sind an den aktuellen Rahmenbedingungen orientierte kurz- und mittelfristige Maßnahmen und Projekte zur Umsetzung zu bestimmen und ihre leitbildkonforme Wirkung zu bewerten.
Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts sind
aus den vorhandenen Leitbildern die Elemente aufzugreifen, die für eine
langfristige Strategie stadtentwicklungsplanerisch vorrangig abzustimmen sind.
Ziel ist es, die Orientierungs-,
Motivations- und Kommunikationsfunktionen der vorhandenen Leitbilder stadtentwicklungsplanerisch zu optimieren. Wesentlich ist für den
weiteren Verlauf des Stadtentwicklungskonzepts nicht die Entwicklung eines
weiteren, „neuen“ Leitbilds, sondern die Kommunikation und Diskussion über die
stadtentwicklungsplanerischen Konkretisierungen und Prioritätensetzungen.
Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts und der notwendigen Leitbild-Konkretisierung als Teil eines Konsensbildungsprozesses sind vor allem die vorhandenen Potenziale für die zukünftige Stadtentwicklung zu nutzen.
Im Folgenden werden die Stärken der Stadt
dargestellt, die sich anhand von Zahlen, Daten und Fakten beschreiben lassen.
In Bezug auf die strategische Planung und Stadtentwicklung ist diesen Chancen
gemein, dass sie für die Entwicklung der städtischen Teilräume von großer
Bedeutung sind, gleichzeitig aber eher mittelbare Schnittstellen zur räumlichen
Planung aufweisen, weil sie häufig „quer“ zu den traditionell sektoral
orientierten Feldern der Stadtentwicklungsplanung liegen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche subjektiv wahrgenommene Potenziale, auf
denen die Identifikation mit Berlin fußt und die daher im Rahmen der
Stadtentwicklungsplanung ebenso zu berücksichtigen sind.
Berlin hat das Image einer kreativen und
kommunikativen Stadt. In den letzten Jahren hat sich die Stadt durch
vielfältige Faktoren etabliert, die es in der Zukunft zu sichern und weiter zu entwickeln gilt, wie
z. B.:
Berlin ist Hauptstadt. Berlin hat durch die Funktion Hauptstadt und Regierungssitz zu sein, seine Position und Funktion in Deutschland und in Europa verändert. Berlin ist die Stadt der Entscheidungsträger und der gesellschaftliche Mittelpunkt Deutschlands geworden. Effekte ergeben sich durch die Hauptstadtfunktion für die unterschiedlichen Bereiche der regionalen Wirtschaft, insbesondere für den Dienstleistungs- und Tourismussektor.
Urbane Milieus
Wir sind der Meinung, dass
auch eine subjektive Perspektive dessen, was "Urbanität" und
"Stadtliebe" in 20 Jahren ausmacht, im Statusbericht beschrieben
werden sollte. Gerade vor dem Hintergrund
der beabsichtigten Adressaten sowie der zu entwickelnden Kommunikationsstrategie wäre das
empfehlenswert. Dabei ist zu klären wer das machen könnte und bis wann?
Stichworte der "Urbanen Lebenswelten" wären: Berlin
ist Wissen.
Die Stadt steht für wissenschaftliche Vielfalt und Spitzenleistungen, insbesondere
im Bereich der Life Sciences. Die breite Wissenslandschaft (vier Universitäten,
zwei Kunsthochschulen, Fachhochschulen mit unterschiedlichsten Ausrichtungen,
mehrere Max-Planck- und Fraunhofer-Institute und
zahlreiche außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen) macht die Stadt als Standort für Studierende
attraktiv und bietet damit gleichzeitig
ein umfangreiches Arbeitskräftepotenzial.
Stadtliebe / Identifikation
(mein Berlin)
Grundbedürfnisse (wie Wohnen,
Arbeiten, Konsum, Freizeit, Erholung, etc.?)
Kommunikation
Mobilität
Raumbedürfnisse (Wohnung,
Kiez, Park/Landschaft, Metropole, etc.)
Die wissenschaftlichen
Potenziale stärker untereinander und mit der Wirtschaft zu vernetzen, um sie wirtschaftlich für die Stadt
nutzbar zu machen, ist eine Schlüsselaufgabe, die auch auf die Stadtentwicklung
im engeren Sinn zurückwirkt (z.B. Berlin Buch).
Dies betrifft vorrangig strukturpolitische Standortentscheidungen, aber auch
standortübergreifende
Organisations- und Marketingkonzepte.
Berlin
ist Kult, als Stadt der Kultur und Clubs. Die Breite des Angebots
zwischen traditioneller Kultur
und Off-Szene trägt erheblich zur Attraktivität der Stadt für ihre Bewohner und
Besucher bei. Mittelfristig
sind durch Umstrukturierungen wie beispielsweise die
Sanierungen auf der Museumsinsel und die weitere Entwicklung im Umfeld des
Kulturforums zusätzliche Attraktionspotenziale zu erwarten.
Ebenso
wie in anderen Bereichen stehen die Ausgaben im Kultursektor auf dem Prüfstand und erfordern eine verstärkte
Prioritätensetzung. Parallel verändern sich Strukturen (z.B.
Multimedia-Ansätze), nehmen die Entwicklungsdynamiken zu (Musik- und
Filmwirtschaft) und erfordern die Weiterentwicklung der
bisherigen Steuerungs- und
Priorisierungsverfahren.
Mit dem Kultursektor ist ein Produktionsnetzwerk entstanden,
dessen einzelne Teile sich gegenseitig bedingen. Dieses Netzwerk bietet
Möglichkeiten für eine Anschlussverwertung in weiteren, mittelbaren Bereichen
wie dem Tourismus oder der Einzelhandelsentwicklung. Die wirtschaftlichen
Effekte der Kultur systematisch zu erschließen und mit einem konzentrierten
öffentlichen Mitteleinsatz zu optimieren, kann für die langfristige
Stadtentwicklung von erheblicher Bedeutung
sein.
Berlin
ist eine Reise wert. U.a. die baulichen Veränderungen der letzten zehn Jahre,
das „Neue Berlin“, tragen als touristische Ziele maßgeblich zur Attraktivität
bei. Der Tourismus ist mittlerweile ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der
gleichzeitig in besonderem
Umfang von aktuellen Wirtschaftsentwicklungen abhängig und damit zeitweilig
durch starke Schwankungen geprägt ist. Berlin positioniert sich als Reiseziel
inzwischen vor allen anderen deutschen Großstädten.
Weitere Aktivitäten, wie
– den Anteil der Geschäfts- und ausländischen Reisenden zu
vergrößern,
– die
Zusammenarbeit
als touristische Region mit Brandenburg zu forcieren,
– den zentralen touristischen
Bewegungsraum in Berlin zu profilieren
– das Einkaufsangebot in der City zu steigern,
–
die Aktivitäten von Tourismus und Kulturwirtschaft zu vernetzen
sowie
– die Entwicklung des Flughafens BBI zu betreiben,
sind Schwerpunkte mit
gesamtstädtischer Entwicklungsrelevanz.
Berlin
ist die Mischung. Die Stärken der städtischen Gesellschaft liegen in der
Vielfalt, im Neben- und Miteinander unterschiedlicher Kulturen. Berlin hat die
kritische Masse hierfür, mehr als alle anderen Städte in der Republik. Es gilt
immer noch und immer wieder der alte Satz: Stadtluft macht frei. Hier treffen Szenen
in ihren unterschiedlichen Facetten und in unterschiedlichen Kontexten
aufeinander: die Wissenschaftsszene, die Kulturszene, die Schwulenszene.
Gesellschaftliche Gruppen ziehen sich an und stoßen sich ab. Anonymität und
Nähe sind die Faktoren, die Bewegung in die Stadt bringen. Daraus entstehen
Reibungen, Auseinandersetzungen, Netzwerke und schließlich Innovationen. Damit
schließt sich der Kreis zu den zentralen städtischen Entwicklungsmotoren in
Wissenschaft, Kultur, Medien.
Berlin ist gebaute Geschichte. Die Stadt ist in ihrer Struktur, mit ihren bebauten und freien Flächen, mit ihren Gebäuden und Monumenten ein Spiegel der Zeitläufe. Die baulichen Strukturen haben unterschiedliche zeitliche Dimensionen. Einige Spuren sind verdeckt und nicht leicht zu finden, andere schnell zu entdecken und leicht zu erfahren. Durch die Dauerhaftigkeit der Strukturen einerseits und die erlebbaren Brüche andererseits werden Entwicklungen und zukünftige Perspektiven hinterfragt. Gleichzeitig gewinnt die Stadt damit an erlebbarer Spannung, für die, die in Berlin leben und für die, die sich hier als Gäste aufhalten. Die Potenziale der historischen und gegenwärtigen Strukturen sind für die unterschiedlichen Handlungsfelder der städtischen Entwicklung zu nutzen.
Warum leben wir jetzt in dieser Stadt? Und warum sollten wir auch noch in 10 bis 15 Jahren hier leben wollen? Was soll in Berlin so bleiben, oder worauf lässt sich aufbauen, um unsere Stadtliebe wachsen zu lassen?
Berlin mal anders sehen: nicht aus der planerischen Perspektive, ohne fachliche Problemsicht; nicht mit Daten und Fakten beschreiben, bewerten und Konzepte entwickeln; nicht in der klassischen Abfolge von Analyse mit Problemwahrnehmung und Zielentwicklung sowie Konzeptentwicklung und Umsetzung. Gefragt ist die subjektive Sicht derjenigen, die hier in ihren Alltagswelten leben, wohnen, arbeiten; die subjektive Sicht derjenigen, die diese Stadt – aus welchen Gründen auch immer – besuchen, sich hierher flüchten oder dann auch wieder die Stadt verlassen.
Berlin mal anders sehen: nicht in der traditionellen Chronologie von gestern, heute, morgen, sondern aus der Zukunft auf heute zurückgeblickt. Dabei geht es hier weniger um das planerische „Übermorgen“ von 2005 oder den Blick auf 2010 oder 2020 als Trendfortschreibung heutiger Entwicklungen, sondern es geht darum, aus der Perspektive von 2030 oder 2040, Ideen für die Gestaltung der Entwicklung bis dahin zu bekommen.
Die Identifikation mit der Stadt hat mannigfache Ursachen. Als Voraussetzung individueller Lebensstile werden hier Grundbedürfnisse auf unterschiedlichste Art und Weise befriedigt. Wohnen, Arbeiten, Konsum, Freizeit, Kommunikation und Mobilität prägen uns und die Stadt und manifestieren ihre speziellen Raumbedürfnisse. Diese Räume schaffen Atmosphäre, die in Berlin u.a. durch das spezielle Nebeneinander von Orten höchster Aufmerksamkeit und den "backsides" der Subkultur geschaffen wird. Die Qualität dieser urbanen Lebenswelten zwischen Alltag und Überraschung gilt es in die Zukunft zu entwickeln.
Spannende Metropole. Berlin
ist eine immer spannende, kraftvolle Hauptstadt mitten in Europa. Keine
Großstadt, die sich ausruht. Eine große, heterogene Stadt voller ablesbarer
Brüche und inspirierender Geschichtsspuren. Berlin ist nicht Paris, nicht
London und auch nicht Wien oder Warschau. Aber von allen diesen Städten mental
nur soweit entfernt, dass sich politische, wirtschaftliche, kulturelle oder
ganz private Aktivitäten und Kommunikation leicht machen lassen.
Berlin ist auch eine Stadt, in der sich neue und alte, politische und
ökonomische Macht und die demokratische Stadtgesellschaft aneinander reiben.
Regierungsviertel und Potsdamer Platz sind mittendrin. Die Angebote der
Hauptstadt und Metropole: wir könnten jederzeit daran teilhaben. Das ist
spannend.
Berlin ist innovativ. Berlin ist ein Standort für Wissenschaft und Zukunftstechnologien. Welche Großstadt will das heutzutage nicht sein? Die innovativen Milieus liegen sowohl mitten in der Stadt (Humboldt Universität, Chausseestraße, Technische Universität) als auch an dezentralen Standorten (Adlershof, Buch, Freie Universität). Aus diesem Wissen auch Arbeit für viele und nicht nur für fellows und Nobelpreisträger zu generieren, stellt die große Herausforderung dar.
Berlin ist international. Die Einwanderer der ersten bis vierten Generation, die die Vertreter der multi-nationalen Konzerne sowie international renommierte Institute und Universitäten, Besucher von Messen und Touristen zeigen dies. Die Vielzahl der Botschaften und Vertretungen, die Nähe zu den Staaten Mittel- und Osteuropas ist spürbar. Das macht die Stadt interessant. Es bieten sich unerwartete Anblicke, das schafft einzigartige Atmosphären, nicht nur im Rahmen von Festivals und Kongressen.
Neue Arbeitswelten. Die urbanen Arbeitswelten des ersten, zweiten und dritten Sektors sind erfreulich gemischt: Es gibt Bürostandorte, aber keine „white collar downtown“ wie anderswo. Hier arbeiten Gründerinnen und Erfinderinnen, Putzmänner und Rikscha-Fahrer, Lehrer und Angestellte, Ministerialdirigentinnen und Consultants. Dies ist eine Mischung aus Lohnarbeitern, Schwarzarbeitern und Selbstausbeutern; unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse, die auch parallel nebeneinander bestehen und hinsichtlich nicht legaler Beschäftigungen problematisch sein können, sind die Reaktion auf die sich verändernden Arbeitswelten.
Berlin lädt ein. Die Stadt wird zusehend eine internationale Metropole. Feste Programme und spontane Freiräume für einen wissenschaftlichen und kulturellen Austausch auf allen Niveaus sind selbstverständlich. Mal prätentiös - mal im Vorbeigehen. Reden und hören, sehen und gesehen werden, sich austauschen und diskutieren – Kommunikation als Basis für das Geschehen in der Stadt.
Die Berliner lieben
ihre Gäste. Hier fühlen sich die Stars genauso wohl wie die Fans, denn
Berlin ist Herz und Schnauze. Als Gastgeber ist man flexibel: mal Berlinale und
Grand Hyatt am Potsdamer Platz, mal Love Parade im Tiergarten oder auf dem
Ku-damm-Mittelstreifen. DFB-Pokal-Finale und Kirchentag an einem Wochenende:
kein Problem! Und es gibt auch Taxifahrer mit Humor und
Fremdsprachenkenntnissen.
Die offene Stadt als Zukunftsstrategie durchdringt alle Lebensbereiche. Die
Neugier auf Erfahrungen aus anderen Ländern und Kulturen hat Kontinuität; u.a.
auch, weil die Stadt mit ihren verschiedenen, attraktiven Räumen ein robustes
Gerüst für die unterschiedlichsten Aktivitäten bietet.
Großstadt – Kleinstadt. Berlin ist viele Städte und Dörfer. Die Kieze und Quartiere bilden die wichtige Heimat für den städtischen Alltag. Wer nicht in einem solchen wohnt, versucht zumindest dort den Markt am Samstagvormittag aufzusuchen. Soziale und funktionale Mischung sind hier verankert. Die Quartiere beweisen permanent sowohl ihre Beständigkeit als auch ihre Wandlungs- und Experimentierfreudigkeit.
Stadt der Frauen (+ Männer). BerlinerInnen sind ItalienerInnen und FranzösInnen, TürkInnen und PolInnen, Karrierefrauen und Hausmänner, Alleinstehende, Mütter, Ehefrauen. BerlinerInnen sind die Drag Queen und die Politikerin, die Unternehmenschefin und die Kellnerin. Die Stadt verfügt über Qualitäten für sie alle. Und dennoch gibt es – wie überall – viel zu tun, um die Lebens- und Arbeitswelten für Frauen und Männer besser und gerechter zu gestalten.
Berlin ist gut versorgt. Einkaufsmöglichkeiten, Schule, Kita und auch ein Park befinden sich in der Nähe. Die Vernetzung unterschiedlichster Aktivitäten hat hier immer ein Gesicht. Aus eigener Erfahrung und von Freunden aus anderen Städten wissen wir, dass hier Wohnen und Essengehen preiswert sind. Urbane Lebensqualität, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Kleingarten -
Japanischer Garten - Zoologischer Garten ... Dass der Stadt ihre
"naturräumlichen Potenziale" wichtig sind, merkt man überall. Gehen
wir mal in die Luft oder auf den Fernsehturm (oder man wohnt in einem
Hochhaus), dann sehen wir vor lauter Be-Grünung und Durch-Grünung kaum den
Rest der Stadt. Wohnhöfe, über 400.000 Straßenbäume, pocket-Parks und
Volksparks - die Attraktivität der Stadt trägt insbesondere einen grünen
Stempel. Zudem hat die Stadt auch noch Glück, dass sie sich mitten in
Brandenburg befindet: die Landschaften des Umlands sind in ihrer Vielfalt und
Schönheit bestechend. Und sie reichen bis nach Berlin hinein.
Ob im Park mit Buch am Nachmittag, am Wasser mit Boot am Wochenende, im
Kleingarten mit Gießkanne im Sommer oder mit Inline-skates im Wald im
Kurzurlaub: die Freizeit- und Erholungsbedingungen in der Metropolenregion
sind hervorragend.
Ziel der
nachfolgenden Darstellungen ist es, die Entwicklung
in den unterschiedlichen Bereichen der Stadtentwicklung während der letzten zehn Jahre kurz zu skizzieren.
Den generellen Einstieg hierfür bildet eine Auseinandersetzung mit zentralen
Trends der Demografie, Wirtschaft und der Gesellschaft und ihren möglichen
Konsequenzen für Berlin.
Aufgrund der sektoralen Ausrichtung der vorhandenen raumbezogenen Planungen und
Konzeptionen gliedert sich die Statusbestimmung in entsprechende Bausteine
(vgl. Kap. D bis K). Die Analyse der
zurückliegenden Entwicklungen bezieht sich vorrangig auf die zentralen
stadtentwicklungsplanerischen Parameter, Konzepte und Ansätze wie
Flächenpotenziale, Wohnen, Wirtschaft und Freiraum. In diesen Bausteinen werden
weiterhin die spezifischen Entwicklungstrends und die zukünftigen langfristigen
Perspektiven aufgezeigt, wie sie sich derzeit ermitteln und abschätzen lassen.
Daneben werden auch weitere Themen mit Stadtentwicklungsrelevanz wie Umwelt,
Verkehr oder Kultur und Tourismus aufgegriffen (vgl. Kap. I bis K).
Vergangenheit. Mehr als zehn Jahre nach der Wiedervereinigung sind die großen Planungsprojekte und –aufgaben wie
· die Aufstellung eines gesamtstädtischen Flächennutzungsplans,
· die Umsetzung des Hauptstadt-Beschlusses,
· die Wiederherstellung zentraler Stadtbereiche wie Potsdamer, Pariser und Leipziger Platz,
· die Bewältigung der Wohnungsnot Anfang der 90er Jahre und
· die Zusammenführung der technischen Infrastruktur in allen Bereichen
erfolgreich abgeschlossen. Berlin ist an vielen Stellen zusammengewachsen, etwa genauso viele andere Orte sind noch stärker zu verknüpfen und zu integrieren.
Zukunft. Im Rahmen der Arbeiten zum Stadtentwicklungskonzept Berlin 2020 sind unterschiedliche zeitliche Perspektiven relevant und werden daher nebeneinander bzw. verknüpft dargestellt. Die Analyse der zurückliegenden Entwicklungen bezieht sich vorrangig auf den Zeitraum von 1990 bis heute. Für die zukünftige Entwicklung finden sich in den vorhandenen Konzepten und Prognosen wie dem Flächennutzungsplan oder der Bevölkerungsprognose weitere, unterschiedliche Zeithorizonte, die ebenfalls zu berücksichtigen sind. Dies sind in erster Linie die Jahre 2010, 2015 und in Ausnahmefällen auch 2020. Darüber hinaus ist in einzelnen Fällen auch der Blick aus der weiteren Zukunft nach 2020, also von 2030 oder 2040, zurück auf die heutige Situation und erforderliche Weichenstellungen gefragt (vgl. Kap. L), um über qualitative Ansätze Entwicklungskorridore abzuschätzen oder strategische Ansätze zu qualifizieren.
Für Berlin wird eine konstante Bevölkerungsentwicklung und eine steigende Haushaltszahl[4] prognostiziert. Verbunden mit der zu erwartenden Umstrukturierung des Altersaufbaus, stellen sich hier ebenfalls bedeutende Anforderungen an eine Veränderung der Infrastrukturangebote.
Die Ausgangsbasis für die Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung und davon abhängiger Faktoren (Beschäftigten, Haushalte etc.) ist die Bevölkerungsprognose für Berlin 2002-2020 (Basis-Variante). Demnach wird die Berliner Einwohnerschaft von 3,388 Mio. im Jahr 2001 auf 3,417 Mio. im Jahr 2010 zunehmen und sich bis zum Jahr 2020 wieder 3,367 Mio. verringern.
Die Entwicklung bis 2010 basiert im Wesentlichen auf Wanderungsveränderungen, weil die natürliche Bevölkerungsentwicklung durch einen negativen Saldo gekennzeichnet ist. In der Bevölkerungsprognose wird davon ausgegangen, dass das Geburtendefizit 2002 – 2010 ca. –163.000 Personen betragen wird. Die Zuwanderung aus anderen Bundesländern wird per Saldo mit ca. 110.000 Personen angenommen, während die Abwanderung ins Umland mit einem negativen Saldo von 149.000 Personen prognostiziert wird. Demgegenüber wird für das Berliner Umland von 2001 bis 2020 eine weiterhin positive Entwicklung mit einer Zunahme der Bevölkerung um 6,6% erwartet, so dass die gesamt Metropolregion zwischen 2001 und 2020 rd. 40.000 Einwohner hinzugewinnt.[5]
In den Jahren seit 1990 konnte Berlin kaum Wanderungsgewinne erzielen, obwohl 1,4 Mio. Menschen neu in die Stadt gezogen sind. Zuwanderungen aus dem Ausland ergaben sich Anfang der 90er Jahre durch die politischen Veränderungen in den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie aufgrund von Kriegen in Südosteuropa. 1997 und 1998 war der Wanderungssaldo gegenüber dem Ausland erstmals negativ (mehr Wegzüge als Zuzüge), danach wieder leicht positiv. Das Ausmaß des Zuzugs aus dem Ausland ist auch zukünftig von politischen Ereignissen und (novellierten) gesetzlichen Zuwanderungsbestimmungen abhängig.
1993 setzte die für Agglomerationsräume typische Suburbanisierung ein, die insbesondere von Familien mit Kindern getragen wurde. Das Wachstum im Metroplenraum wurde bis 1993 durch Berlin getragen, ab 1994 erfolgten die Zuwächse zunehmend im Umland. Nach einem Maximum der Bevölkerungs-Suburbanisierung in 1998 hat sich die Stadt-Umland-Abwanderung deutlich verlangsamt. Seit dem Jahr 2001 verzeichnet auch Berlin wieder leichte Bevölkerungsgewinne. Ausgleichende Zuzüge erfolgten durch junge Menschen für Ausbildungszwecke und karriereorientierte Migranten. Es ist davon auszugehen, dass diese Gruppen auch zukünftig die wichtigsten Zuwanderungspotenziale bilden. Wesentliches Ziel für die weitere Entwicklung sollte es sein, die nach Berlin zuwandernden Menschen in der Stadt zu halten.
Nach den aktuellen Bevölkerungsprognosen der Länder Berlin und Brandenburg für den Zeitraum 2002 – 2020 wird sich in den kommenden zehn Jahren die positive Entwicklung in der Metropolregion abgeschwächt fortsetzen. Nach 2012 werden – in Übereinstimmung mit der bundesweit prognostizierten Tendenz – auch im Berliner Raum abnehmende Bevölkerungszahlen erwartet (2020: 4,38 Mio Einw.). Ursächlich dafür sind die ab 2010 sich beschleunigenden Einwohnerverluste in Berlin, die durch die nur noch geringen Zuwächse im Umland nicht mehr kompensiert werden können. Für den „äußeren Entwicklungsraum“ ergibt die Prognoserechnung 2002 – 2020 einen weiteren Bevölkerungsverlust von rd. 223.000 Personen.[6]
Zuwanderung. Aufgrund der Situation und Struktur der Berliner Wirtschaft sind unter den gegenwärtigen Bedingungen nur eingeschränkte Zuwanderungsgewinne im Vergleich zu anderen Regionen durch Personen aus Mittel- und Osteuropa zu erwarten. Derzeit liegt Berlin mit einem Anteil von 0,6% Zuwanderungsgewinnen im Bundesdurchschnitt, während die süddeutschen Agglomerationsräume und insbesondere der grenznahe Raum in Ostbayern stark überdurchschnittliche Zuwanderungsanteile aufweisen.[7] Weiterhin ist anzunehmen, dass sich Zuwanderer im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung auch zukünftig bundesweit auf die Räume orientieren werden, die durch ein starkes Wirtschaftswachstum und Arbeitskräfte-Nachfrage gekennzeichnet sind.[8]
Potenziale für Zuwanderungsgewinne liegen insbesondere darin, Ausbildungswanderer nach Abschluss des Studiums in Berlin zu halten.[9] Dies erfordert entsprechend hoch qualifizierte Arbeitsplätze, deren Ansiedlung mit Priorität betrieben werden sollte. Mit dieser Anforderung stimmt überein, dass Beobachtungen eine zunehmende Attraktivität der Stadt für Unternehmen der neuen Technologien und angrenzender Bereiche (Medien, Kommunikation, Beratungsunternehmen etc.) zeigen. Hinzukommen die Ausstrahlungen des Regierungswechsels nach Berlin (Zuwanderung von Verbänden, Institutionen etc.). Durch derartige Ansiedlungen können weitere Arbeitsplätze geschaffen werden.[10]
Die wirtschaftliche Entwicklung seit 1991 ist
durch einen Rückgang der Beschäftigung um insgesamt etwa 130.000 Erwerbstätige
geprägt. Die Arbeitslosenquote schwankt seit 1997 um 16% und ist mit Jahresbeginn
2003 sprunghaft angestiegen (07/2003: 18,3%); die Zahl der Arbeitslosen ist
zwischen 1991 und 2003 von 180.000 auf 309.900 Personen gestiegen. Dies ist
insbesondere Folge einer tiefgreifenden De-Industrialisierung im Ostteil der
Stadt und des allgemein nicht abgeschlossenen Strukturwandels, der sich
weiter in Richtung Tertiärisierung fortsetzt. Dies spiegelt sich in einer
wachsenden Zahl von Erwerbstätigen im unternehmensbezogenen Dienstleistungsbereich
bei gleichzeitigem Rückgang der Erwerbszahlen im verarbeitendem Gewerbe, aber
auch bei den öffentlichen Dienstleistungen (Staat etc.) wider.
Zwischen 1998 und 2002 hat Berlin insgesamt,
im Gegensatz zu den übrigen deutschen Großstädten, nicht von einem Beschäftigtenzuwachs
profitieren können.[11] Demgegenüber zählt Berlin bei ausgewählten
überregionalen Dienstleistungen wie Werbung, Verlagswesen,
Wirtschaftsorganisationen und Film, TV, Radio zu den dynamischsten Standorten
in Deutschland; im Wettbewerb um die Branchen Datenverarbeitung, Werbung und
den Mediensektor hat Berlin damit seine Position deutlich verbessert.[12]
Bis 2010 wird eine annähernd konstante Erwerbstätigenzahl erwartet (ca. 1,54 Mio.); die weiteren Entwicklungstendenzen sind derzeit unklar, es erscheint jedoch aufgrund von Alterung der Bevölkerung ein leichter Rückgang der Personen im erwerbsfähigen Alter wahrscheinlich.
In Verbindung mit übergeordneten Trends (Globalisierung, Tertiärisierung etc.) ist auch für Berlin ein längerfristiges Anhalten des Strukturwandels zu erwarten, der räumlich mit weiteren Flächenfreisetzungen verbunden ist.
Wirtschaftlicher
Strukturwandel. Der wirtschaftliche Wandel, der geprägt ist durch eine
weiter steigende Bedeutung von Dienstleistungen und eine zunehmende
internationale Vernetzung wirtschaftlicher Aktivitäten, wird weiter anhalten.
Daneben stehen Bestrebungen, Regionen als wirtschaftliche Handlungsebene
stärker zu verankern und Ansätze für regionale Netzstrukturen zu stärken, um
im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Für Berlin erfordert dies, die Zusammenarbeit
mit Brandenburg auf unterschiedlichen Ebenen zu intensivieren. Durch Prozesse wie u.a. just in time – Produktion,
zunehmende Spezialisierung und Austauschbeziehungen wird eine erhebliche
Steigerung des Güter- und Wirtschaftsverkehrs erwartet. Die bisherigen
Versuche, Güter- und Wirtschaftsverkehr zu vermeiden oder stadt-, umwelt- und
sozialverträglich zu gestalten, werden trotz vorhandener Ansätze wie GVZ,
Plattformen zum Wirtschaftsverkehr etc. durch die Steigerungsraten im Güter-
und Wirtschaftsverkehr kompensiert.
Der wirtschaftliche Strukturwandel ist – parallel zum Wandel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft – geprägt durch langfristige technische Innovationsprozesse, die in einem Zyklus von ca. 50 bis 70 Jahren stattfinden (Kondratieffsche Wellen). Für die kommenden Jahrzehnte werden durch die Zukunftsforschung wachsende Einflüsse der Bio- und Gentechnologie auf die Wirtschaft erwartet. Im Zusammenhang mit der alternden Gesellschaft werden Medizin, Gesundheit und Wellness wichtige Faktoren für die Wirtschaftsentwicklung darstellen. In Berlin arbeitet gegenwärtig jeder achte Beschäftigte in diesem Bereich, der insgesamt etwa 10% der Bruttowertschöpfung des Landes erzielt.[13]
Erwerbstätigenentwicklung. Aufgrund der vorhandenen Wirtschaftsstruktur in der Bundesrepublik wird es zukünftig stärkere Diskrepanzen zwischen wirtschaftsschwachen und prosperierenden Regionen geben. In der Konsequenz ist mit weiter anhaltenden Wanderungsbewegungen der mobilen Erwerbsbevölkerung aus strukturschwachen Räumen in prosperierende Agglomerationsräume zu rechnen. Für Berlin sind daher Gewinne von Erwerbstätigen aus den strukturschwachen Räumen der ostdeutschen Länder anzunehmen, wenn in der Stadt aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung bessere Arbeitsmarktchancen bestehen.
Die Struktur der Erwerbstätigen und die Art der Beschäftigungsverhältnisse werden
sich verändern. Zukünftig wird es weniger Vollzeitarbeitsverhältnisse geben.
Die Bedeutung von Teilzeitarbeit, Telearbeit, befristeten oder
projekt-bezogenen Arbeitsverhältnissen wird zunehmen. Das Modell der
„Lebensstelle“ hat schon heute eine geringere Bedeutung als noch vor zehn Jahren.
Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse
in einem Erwerbsleben zunehmen wird.
Der Anteil der erwerbstätigen Frauen wird
weiter zunehmen, es werden sich veränderte Formen einer „Erwerbstätigkeit im
Ruhestand“ etablieren, um den Bedarf an Arbeitskräften und qualifiziertem
Know-how zu decken.[14] Die gegenwärtig diskutierten Größenordnungen
von Zuwanderung sind nicht ausreichend, um die Erwerbstätigenzahlen konstant
zu halten. Daher sind mittel- bis langfristig zunehmende (interregionale)
Konkurrenzen um (junge) Human-Ressourcen zu erwarten. Bereits heute ist der
Rückgang der Erwerbstätigen in Berlin und dem Umland größer als in
westdeutschen Agglomerationsräumen. Es sind in Berlin in erhöhtem Maße Anstrengungen erforderlich, um diesen
Trend zu brechen und junge Erwerbstätige
sowie know-how an die Stadt zu binden.
EU-Osterweiterung und Migration. Durch die EU-Osterweiterung sind
für weite Teile der ostdeutschen Länder ab 2007 veränderte Förderbedingungen
und wachsende wirtschaftliche Konkurrenzen zu erwarten. Für Berlin sind zwei Entwicklungen zu
erwarten: zum einen eine Zunahme von
arbeitsorientierten Pendler-Migranten[15] insbesondere aus Polen, zum zweiten die Ansiedlung von polnischen Unternehmen,
die ihre Mitarbeiter mitbringen.
Die Stadt könnte von der Osterweiterung profitieren, wenn sie die Chance
aufgreift, Ost-West-Kompetenz zu entwickeln und zu stärken, sowie Unternehmen
bzw. Unternehmensansiedlungen unterstützt, deren Export-Orientierung auf die
MOE gerichtet ist. Diese Ansätze sind in starkem Maße von der Gesamtwirtschaftsentwicklung
abhängig. Möglich ist auch die Verlagerung von Dienstleistungen in die neuen
EU-Länder, ggf. mittelfristig auch eine erneute Rückverlagerung, wenn sich die
Bedingungen (Förder- und Lohnstandards) annähern. Auf der überregionalen Ebene
ergeben sich neue Chancen für eine Zusammenarbeit mit den baltischen Staaten
und – aufgrund der räumlichen Nähe – mit den Großstädten im westlichen Teil
Polens (Posnan, Szczecin).
Neben der für die Entwicklung einer langfristigen räumlichen Planung bedeutsamen Betrachtung der zu erwartenden Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung sind insbesondere gesellschaftliche und soziale Entwicklungstrends zu berücksichtigen.
4-Generationen-Gesellschaft. Aufgrund der verlängerten Lebenserwartung entstehen neue Lebensabschnitte, die auch die gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen. Mit Phasen wie der Post-Adoleszenz und einem möglichen zweiten Aufbruch nach dem Auszug von Kindern aus dem Elternhaushalt bieten sich veränderte Perspektiven für die individuelle Lebensgestaltung. So können Menschen der neuen dritten Generation, die im Alter zwischen Mitte 50 und Mitte 60 aus dem Erwerbsleben ausscheiden, für die Kinder- und Elterngeneration (1. und 2. Generation) sowie die der noch Älteren bzw. Hochbetagten (4. Generation) weitere Aufgaben übernehmen.
Veränderte Anforderungen der Geschlechter. Die Auseinandersetzung mit den Fragen einer geschlechtergerechten Teilhabe von Männern und Frauen an gesellschaftlichen Prozessen kann sich zukünftig beschleunigen, weil Frauen aufgrund der demographischen Alterung für den Erwerbsprozess wichtiger werden. In diesem Zusammenhang kommt – nicht nur hinsichtlich des Geschlechts – der Sicherung und Entwicklung einer wohnort- oder arbeitsplatznahen Versorgung, einer verlässlichen Kinderbetreuung und veränderten Wohnformen in einer zunehmend differenzierten, individualisierten und älter werdenden Gesellschaft (Angebote für Menschen in sozialen Notlagen, Mehr-Generationen, gemeinschaftliches Wohnen) eine wachsende Bedeutung zu.
Folgen des Wertewandels. Im Kontext mit der veränderten
Bevölkerungsstruktur sind gesamtgesellschaftliche Veränderungen wie ein Wandel
der Wertvorstellungen, die Flexibilisierung von Zeit-Regimen durch
Veränderungen in der Arbeitswelt und die wachsende Bedeutung von Freizeit, die
sich in den letzten Jahrzehnten aus einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit[16] ergab, zu sehen. Daraus resultiert u.a. eine
zunehmende Individualisierung und
Differenzierung von Lebensstilen und –milieus.
Es ist anzunehmen, dass sich zukünftig Milieus stärker räumlich differenzieren
werden. Dies kann dazu führen, dass bereits ablaufende soziale Segregationsprozesse verstärkt
werden oder neue entstehen. Damit verbunden sind vielfach kritische
Abwärtsspiralen und Desintegration sozialer Gruppen und räumlicher Quartiere.
Gleichzeitig kann die Differenzierung von Lebensstilen und –milieus auch eine
positive Profilierung und Steigerung der Attraktivität bestimmter Stadtquartiere
auslösen, die insgesamt zu einer Imagestärkung der Gesamtstadt beitragen.[17]
Umfragen zeigen, dass der Wandel der Wertvorstellungen auch mit einer
Veränderung des sozialen Klimas einhergeht. Themen, die das individuelle Leben
betreffen (Sicherheit vor Kriminalität, Sicherung der eigenen Rente etc.),
werden wichtiger; globale oder gesamtgesellschaftliche Probleme (Ökologie,
Frieden) werden weniger relevant. Individuelle und Gruppeninteressen gewinnen
an Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, gleichzeitig nimmt die Bindung an
organisierte gesellschaftliche Gruppen ab. Dies ist im Zusammenhang mit den
Trends für eine zunehmende Segregation kritisch zu bewerten. Daher sind für
Strategien, die auf „empowerment“ und bürgerschaftliches Engagement zielen und
die die Folgen der Alterung der Bevölkerung als auch die Anforderungen
notwendiger sozialer Integrationsprozesse betreffen, veränderte Formen der
Ansprache und Beteiligung erforderlich.[18]
Freizeitgesellschaft. Der Trend zur „Freizeitgesellschaft“ zeigt sich in einer zunehmenden Erlebnisorientierung und Kommerzialisierung, die in räumlicher Hinsicht von neuen großmaßstäblichen Angebotstypen sowie einem wachsenden Freizeitverkehr, der vielfach motorisiert bewältigt wird, begleitet wird. Die Fortsetzung dieses Trends ist wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung (Kaufkraft etc.) abhängig. Andererseits konstatieren jüngste Umfrageergebnisse eine Trendumkehr hin zur Familie und Wiederbelebung alter Werte.[19] Es ist davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Trends nebeneinander bestehen werden, ohne sich vollständig zu ersetzen, so dass es zunehmend diversifizierte Lebens-, Freizeit- und Mobilitätsstile geben wird.
24-Stunden-Gesellschaft. Durch den Trend zur zeitlichen Flexibilisierung verändern sich sowohl die
Arbeits- als auch die Lebensbedingungen. Die Entwicklungen zu „24-Stunden-Angebot
bzw. –Nachfrage“ an sieben Tagen („24 /
7“) in der Woche nehmen in den unterschiedlichsten Bereichen sowohl durch
individuelle Präferenzen (z.B. Einkaufen außerhalb der traditionellen Ladenöffnungszeiten,
Fitnessangebote rund um die Uhr) als auch durch globale Anforderungen (z. B.
Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, just in time – Produktion) zu.
Die stadtstrukturellen und -räumlichen Auswirkungen des Trends zur Lockerung
von Zeit-Regimen u.a. sind derzeit offen. Es ist zu erwarten, dass
unterschiedliche Auswirkungen parallel nebeneinander auftreten bzw. sich auch
überlagern. Mögliche Veränderungen sind: eine Verstärkung verkehrlicher
Spitzenbelastungen, wenn sich nach wie vor vorhandene Spitzenbelastungen mit
„neuen“ Verkehrsbelastungen räumlich überlagern, oder auch eine Entzerrung
verkehrlicher Belastungen durch das zeitliche Auseinanderfallen unterschiedlicher
Verkehrsspitzen[20]. Gleichzeitig kann daraus auch eine
geringere Auslastung vorhandener ÖV-Angebote resultieren, die neue flexible
Angebotskonzepte erfordert.[21]
Beschleunigungstrends. Neben zeitlichen Flexibilisierungen stehen Beschleunigungstrends[22], die auf die Stadtentwicklung Auswirkungen haben. Dies sind u.a. verkürzte Abschreibungszyklen von Investitionen, die zu einem höheren „Durchsatz“ von Nutzungen führen und entsprechende Steuerungsanforderungen auslösen können. So unterliegen Großeinrichtungen des Handels und der Freizeit in besonderem Maße wechselnden Nachfragetrends[23], die mehr oder weniger regelmäßig komplexe Modifikationen der Nutzungen erfordern und mit denen veränderte Auswirkungen einhergehen können (Verkehrsbelastungen etc.). Aufgrund des i.d.R. zeitlich nicht limitierten Baurechts stellen sich für die Steuerung dieser Nutzungen besondere Anforderungen hinsichtlich der Ansiedlung und Entwicklung der Standorte.
Die langfristigen Entwicklungstrends der
Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung sowie die zu erwartenden
gesamtgesellschaftlichen Veränderungen werden auch die verschiedenen Teilräume
der Stadt in unterschiedlichem Ausmaß beeinflussen.
Die teilräumlichen Entwicklungsvarianten skizzieren Alternativen möglicher
Entwicklungen im Umland, in der Innenstadt und dem Innenstadtrand, in der
westlichen bzw. östlichen Außenstadt sowie in den peripheren Großsiedlungen im
Ostteil der Stadt.[24]
Ziel ist es, die
Umsteuerungs- und Neuorientierungserfordernisse zu unterlegen und zu konkretisieren.
Die Entwicklungsvarianten greifen in den Problemlagen die aktuelle Perspektive
auf. Darüber hinaus soll auch von zukünftigen Zeitpunkten wie 2020 auf die
heutige Situation geblickt werden, um die zukünftigen Handlungs- und
Steuerungserfordernisse zu bestimmen.
Ziel ist es darüber hinaus, mit den Varianten die Bandbreite von möglichen
Entwicklungsrichtungen u.a. in den Bereichen Bevölkerung, Haushaltsstruktur,
Quartiersentwicklung, Stadterneuerung, Siedlungs- und Verkehrsentwicklung
aufzuzeigen.
Hintergrund – Entwicklung zwischen 1990 und heute. Die 90er Jahre waren zwischen 1991 und 2000 durch eine gesamtstädtisch weitgehend konstante Bevölkerungszahl (minus ca. 64.000 Personen bzw. 1,9%), jedoch teilräumlich durch teilweise massive Entwicklungsunterschiede gekennzeichnet:
· Deutliche Bevölkerungsverluste waren insbesondere in der peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt (minus ca. 68.000 Pers. bzw. 21%), aber auch in der Innenstadt Ost (minus ca. 23.000 Pers. bzw. 7%) sowie – mit Abstrichen – in der Innenstadt West zu verzeichnen (minus ca. 50.000 Pers. bzw. 5%).
· In der Außenstadt West sind die Bevölkerungszahlen nahezu unverändert geblieben.
· Gewinner der Entwicklung war die Außenstadt Ost (ohne die peripheren Großsiedlungen) mit einem Zuwachs von fast 78.000 Personen (plus 12,5%).
· Die Betrachtung der Gesamtregion zeigt, dass die leichten Verluste der Kernstadt durch die Gewinne im Umland (plus 138.000 Pers. bzw. 20%) überkompensiert werden konnten, so dass die Region insgesamt einen Zuwachs von 2,2% oder 94.000 Personen zu verzeichnen hatte.
Vor dem Hintergrund dieser massiven Umverteilungsprozesse stellen sich für die zukünftige Stadtentwicklung grundlegende Fragen wie:
· Werden die peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt weiterhin deutliche Einwohnerverluste hinnehmen müssen?
· Ist der Trend in Richtung Bevölkerungsrückgang in der Innenstadt zu stoppen?
· Wie kann die östliche Innenstadt als Wohnstandort gesichert werden?
· Welche weiteren Wachstumsperspektiven hat die östliche Außenstadt? Welche Perspektiven ergeben sich für die westliche Außenstadt?
· Wird die Abwanderung der Berliner in das Brandenburger Umland wieder zunehmen?
Grundlegende Effekte in den Entwicklungsvarianten. Die Varianten betrachten die Zeithorizonte 2010, 2020 und 2030, sie stellen keine Prognose dar. Im Folgenden werden die grundlegenden Trends skizziert, ergänzende Darstellungen bieten die Abbildungen und die tabellarische Übersicht (vgl. Kap. L).
· Für die Gesamtstadt wird in der Basis-Variante im laufenden Jahrzehnt noch ein leichter Bevölkerungszuwachs erwartet. Ab 2010 folgt – parallel zur bundesweiten Entwicklung – eine Phase anhaltender Bevölkerungsverluste, die sich nach 2020 beschleunigen. In der positiven Variante erfolgt diese Trendwende erst gegen Ende der Dekade 2010 – 2020; in der negativen Entwicklungsvariante wird bereits im lfd. Jahrzehnt mit anhaltenden Bevölkerungsverlusten gerechnet.
· Die Entwicklung in der Metropolregion (engerer Verflechtungsraum Berlin – Brandenburg) verläuft in den drei Varianten generell analog zur Entwicklung Berlins. Aufgrund des Wachstums im Umland in der Basis- und in der positiven Variante wird der erwartete Bevölkerungsrückgang abgemildert; in der negativen Variante ergeben sich höhere Bevölkerungsverluste als in Berlin.
· Für die Innenstadt und den Innenstadtrand ist die Entwicklung bis 2010 in der Basis- und der Positivvariante konstant bzw. ganz leicht positiv. In der Negativ-Variante und ab 2010 auch in den anderen Varianten ist eine mehr oder minder starke rückläufige Bevölkerungsentwicklung zugrunde gelegt. Den Hintergrund für diese Annahme bilden
- die im Vergleich zu den anderen Teilräumen geringere Bautätigkeit, u.a. aufgrund mengenmäßig geringerer Potenziale in bevorzugten Lagen in Verbindung mit einer Ausrichtung des Neubaus auf höherwertige Form und kleinteilige, integrierte Lagen und
- die weiterhin ansteigende Zunahme der Wohnfläche je Einwohner, die abhängig von der Einkommensentwicklung mehr oder weniger stark ausfällt.
· Die peripheren Großsiedlungen im Ostteil der Stadt sind nach wie vor durch eine im Vergleich zur Gesamtstadt überdurchschnittliche Belegungsdichte gekennzeichnet, dabei sind die hohen vorhandenen Leerstandsraten schon berücksichtigt. Die Bevölkerungsentwicklung ist in allen Varianten durch einen anhaltenden Rückgang gekennzeichnet, weil
- die Siedlungen durch die extrem ausgeprägte Altersentwicklung und die damit verbundene Haushaltsverkleinerung überproportional an Einwohnern verlieren und
- in diesen Bereichen kaum Wohnbauflächenpotenziale zur Verfügung stehen, die im Falle einer Bebauung zu einer Diversifizierung und damit zu einer Stabilisierung der Bevölkerung führten könnten.[25]
· Die Außenstadt / Westteil bietet weniger Wohnungsbaupotenziale als der Ostteil, z.T. jedoch in nachgefragten Lagen. Für die Basis-Variante wird bis 2020 eine anhaltend konstante Bevölkerungsentwicklung erwartet (Ausgleich von Auflockerung im Bestand durch kleinteiligen Neubau), in der positiven Variante führt verstärkter Neubau zu leichtem Einwohnerzuwachs, in der negativen Variante bleibt der Wohnungsneubau aus und die Bevölkerung schrumpft nach 2010.
· In der Außenstadt / Ostteil war die Entwicklungsdynamik der 1990er Jahre wesentlich durch den Bau der „neuen Vorstädte“ sowie durch Nachverdichtung in Einzelhausgebieten geprägt. Hier liegen weiterhin die umfangreichsten Nachverdichtungs- und Stadterweiterungspotenziale für den Wohnungsbau, die in den Entwicklungsvarianten in unterschiedlichem Umfang in Anspruch genommen werden mit der Folge einer Einwohnerentwicklung zwischen Stagnation und weiterhin hohen Zuwächsen.
· Für das Umland wird für die Bevölkerung im Rahmen der
- positiven Entwicklungsvariante eine Zunahme angenommen, die insbesondere auf einer beschleunigten Suburbanisierung, verursacht durch eine Einkommenssteigerung der Haushalte in Berlin, basiert;
- negativen Entwicklungsvariante eine Abnahme erwartet aufgrund einer nur noch geringen Suburbanisierung, weil Berliner Haushalte aufgrund der Einkommensentwicklung nicht in der Lage sind, Eigentum zu bilden. Gleichzeitig altern die im Umland lebenden Haushalte.
· Die drei Entwicklungsvarianten kennzeichnen die Breite der möglichen Entwicklungen (Korridor).
Der
Begriff der „Metropole“ bezeichnet große, in politischer, ökonomischer und
kultureller Hinsicht führende Städte eines Landes. Mit dem
„Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen“ wurde 1995 der Begriff der
„europäischen Metropolregionen“ definiert als „räumliche und funktionale
Standorte, deren herausragende Funktionen im internationalen Maßstab über die
nationalen Grenzen hinweg ausstrahlen. Als Motoren der gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung sollen sie die
Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands und Europas erhalten und dazu
beitragen, den europäischen Integrationsprozess zu beschleunigen.“[26]
Die Ansätze, die Metropolregion zu stärken, beziehen sich auf unterschiedliche Ebenen: neben dem internationalen sind der nationale und der regionale Kontext gefragt.
Abb. 1: Vision of a new Europe, Quelle: Stadt Wien
Mit der Globalisierung und Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen verbunden ist die Konzentration wichtiger entwicklungsprägender Funktionen auf immer weniger Metropolen und Regionen. Die gegenwärtige Situation im System der Städte, Stadtregionen und Metropolen ist durch Strukturveränderungen gekennzeichnet. Die Funktionen von Städten und Stadtregionen auf der nationalen und internationalen Ebene wandeln sich; dabei gewinnen die
· Entscheidungs- und Kontrollfunktion, d.h. die Konzentration von Entscheidungsträgern,
· Innovations- und Wettbewerbsfunktion, d.h. Erzeugung und Verbreitung von Wissen und Werthaltungen sowie
· Gateway-Funktion, d.h. die Zugangsmöglichkeiten zu Menschen, Wissen und Märkten
an Bedeutung.
Im Folgenden zeigen beispielhafte Vergleiche zu den unterschiedlichen Funktionen wie Berlin im internationalen Kontext aufgestellt ist:
Entscheidungs- und Kontrollfunktion. Im Jahr 2000 waren unter den zwanzig europäischen Städten mit den meisten Firmenzentralen der tausend führenden europäischen Unternehmen fünf deutsche Städte mit jeweils acht bis zehn Firmensitzen vertreten; nicht jedoch Berlin mit lediglich drei Firmenzentralen. Der Vergleich mit London (121), Paris (73) oder Madrid (25) zeigt die vorhandenen Unterschiede.
Gegenwärtig
unterscheiden sich Außen- und Innensicht auf die metropolitane Bedeutung
Berlins und der Region erheblich. In der Außenwahrnehmung belegt Berlin bei
Befragungen unterschiedlicher Zielgruppen in den Bereichen Politik, Wirtschaft,
Kultur, Wissenschaft, Geschichte und Unterhaltung Spitzenplätze. Im Gegensatz
dazu zeigen Untersuchungen, dass diese Einschätzungen insbesondere in den
Bereichen Wirtschaft, Soziales und Wissenschaft nicht mit der Wahrnehmung von
innen korrespondieren.
Abb. 2: „Best cities to locate a business“
Gateway-Funktion. Die luftverkehrliche
Erschließung der Metropole erfolgt über das vorhandene Flughafensystem,
jedoch fehlt die Nachfrage für transatlantische und innereuropäische
Direktverbindungen. Während von
Paris, London, Amsterdam und Frankfurt/Main aus ca. 140 Ziele außerhalb Europas
im Direktflug erreichbar sind, sind es von Rom ca. 100, von Brüssel ca. 80-100
und von Berlin lediglich 24. Direktflüge nach Kanada und in die USA gibt es gar
nicht. Beim Fluggastaufkommen der
Weltflughäfen rangiert der leistungsstärkste Berliner Flughafen Tegel mit
ca. 9.9 Mio. Passagieren/Jahr an 96. Stelle. Im Vergleich der Schienenerreichbarkeit
werden die Lagevorteile Berlins in Richtung MOE-Staaten noch nicht in ausreichendem
Maße genutzt.
Abb. 3: Kontinentale Ebene – Verbindungen zwischen Metropolregionen
Während die Einbindung Berlins in die (Hochgeschwindigkeits-)Netze in Richtung Westen sich nach der Wende erheblich verbessert hat, bestehen in Richtung Osten, Süden und Norden noch erhebliche Defizite.
Berlin hat gegenüber den internationalen und europäischen Metropolen einen Nachholbedarf in den unterschiedlichen Metropolfunktionen. Dies betrifft insbesondere die Verbesserung der Entscheidungs- und Kontrollfunktion und der Gateway-Funktion. Die Ansiedlung von Unternehmensheadquartern ist ebenso zentral wie der Ausbau der Verkehrsverbindungen.
In der Folge der deutschen Teilung hat Berlin
den überwiegenden Teil seiner metropolitanen Funktionen im nationalen Kontext
verloren. Im Banken-, Medien- und Industriesektor war Berlin in der Vorkriegszeit
führend. Nach dem Krieg und der Teilung Deutschlands wurden sie wegen der
geopolitischen und peripheren „Insel“-Lage überwiegend auf andere Städte in
Westdeutschland verlagert.
Die deutschen Metropolregionen weisen eine große Bandbreite an Funktions- und
Strukturunterschieden auf. Es bildeten sich Spezialisierungen heraus, z.B.
Frankfurt als weltweit eingebundener Finanzstandort, Berlin als Hauptstadt,
Hamburg als Handelsplatz, Stuttgart, Rhein-Ruhr und München als
Unternehmensstandorte.
Berlin
ist mit 3,4 Mio. Einwohner die mit Abstand größte deutsche Stadt. Als
monozentrische Agglomeration nimmt die Metropolregion (engerer
Verflechtungsraum) mit einer Bevölkerungszahl von gegenwärtig 4,32 Mio.
Einwohner im bundesdeutschen Vergleich nach der polyzentrischen Region
Rhein-Ruhr (11,07 Mio.) den zweiten Rang noch vor Rhein-Main (3,37 Mio) ein.[27]
Im Vergleich der Einwohnerverteilung zwischen Kernstadt und Umland ist die
Metropolregion Berlin gegenüber anderen Regionen durch eine starke Konzentration
auf die Kernstädte Berlin und Potsdam geprägt. Etwa 80% der Bevölkerung lebt
hier, nur ca. 20% im Umland. In anderen Regionen wie beispielsweise Stuttgart
ist die Verstädterung des Umlands deutlich stärker, hier ist das Verhältnis
zwischen Kernstadt und Umland nahezu umgekehrt.
Abb. 4:
Bevölkerungsverteilung Kernstädte / Umland 2000, Quelle: SenStadt (2003)
Hinsichtlich der Metropolfunktionen ergeben sich für Berlin im Vergleich zu anderen deutschen Metropolen die nachfolgend dargestellten Stärken und Schwächen:[28]
Stärken
|
Schwächen
|
·
Staatliche
Entscheidungs- und Kontrollfunktionen ·
internationale
politische Beziehungen (Botschaften, Konsulate) ·
Verbände,
Kammern, andere „Organisationen ohne Erwerbscharakter“ ·
Hochschulen,
Forschungseinrichtungen ·
kulturelle
Einrichtungen und Veranstaltungen (Hochkultur, Off-Kultur, Festivals) ·
Vielfalt
sozial-kultureller Szenen ·
Medien,
insbesondere Funkmedien ·
bedeutendes
Zentrum für Städtetourismus |
·
wenige
Headquarter großer, insbesondere transnationaler Unternehmen ·
nachrangige
Bedeutung als Finanzplatz ·
nachrangige
Bedeutung als Standort hochwertiger unternehmensorientierter Dienstleistungen
(Rechts- und Wirtschaftsberatung, Wirtschaftswerbung, technische Beratung
etc.) ·
wenige
supranationale Einrichtungen ·
wenige
wissensintensive Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, vergleichsweise
niedrige F & E- und Patentdichte ·
nachrangige
Bedeutung als Luftverkehrsknoten ·
vergleichsweise
geringe Präsenz ausländischer transnationaler Unternehmen. |
Tab. 1: Metropolregionen im Vergleich
|
Hamburg |
Rhein-Ruhr |
Rhein-Main |
München |
|
Entscheidungs- und
Kontrollfunktion |
|
|
|
|
|
Innovations- und
Wettbewerbsfunktion |
|
|
|
|
|
Gateway-Funktion |
|
|
|
|
|
Um die vorhandene Stärken für die Positionierung Berlins als Metropole zu nutzen und die Schwächen zu minimieren, sind weitere Chancen und Risiken zu berücksichtigen:
Tab. 2: Chancen und Risiken für die metropolitanen Funktionen Berlins
Risiken |
|
·
Konzentration
weiterer Funktionen in der Hauptstadt (mittel- bis langfristig) |
·
föderaler
Staatsaufbau ·
fehlende
Notwendigkeit privatwirtschaftliche Headquarter zu verlagern |
·
Standortvorteil
Hauptstadt „als natürliche erste Wahl“ für transnationale Unternehmen |
·
unzureichende
Gateway-Funktionen ·
Konkurrenz-Ebene
ist Europa, nicht nur Deutschland |
·
EU-Osterweiterung:
Berlin als geopolitischer und geo-ökonomischer Mittelpunkt |
·
lange
Aufholzeit europäischer Märkte ·
Konkurrenz:
Wien, aber auch kostengünstige Standorte in MOE (Warschau, Prag) |
·
Potenziale
im Forschung, Wissenschaft ·
weiche
Standortfaktoren / hohe Attraktivität für junge Menschen (Kultur, Szenen
etc.) |
·
fehlende
private F&E, Restriktionen durch Finanzen für staatliche F&E |
·
Umland
mit erheblichen Flächenpotenzialen, hoher landschaftlicher und
infrastruktureller Attraktivität |
·
bestehende
Verteilungskonflikte blockieren Kooperation, Fusion erforderlich |
·
Leistungen
der Stadt als Integrationsmaschine |
Im Hinblick auf die Beschäftigtenentwicklung konnte Berlin in den Jahren
zwischen 1998 und 2000 nicht am allgemeinen Zuwachs der großen Großstädte
teilhaben, dennoch sind bei den überregionalen Dienstleistungen deutlich
positive Entwicklungen zu verzeichnen (vgl. Kap. G). Berlin zählt hierbei in einigen Bereichen (Werbung,
Film, TV etc.) zu den dynamischsten Standorten in der Republik.[29]
Abb. 5: Beschäftigtenentwicklung bei überregionalen Dienstleistungen, 1998 bis 2002
Die Metropolenfunktionen der Region weiter zu entwickeln, ist eine Querschnittsaufgabe. Die EU-Osterweiterung bietet hierfür kurz- und mittelfristig einen wichtigen Anlass. Wesentlichste Voraussetzung ist ein entsprechendes Selbstverständnis der unterschiedlichen Akteure. Es betrifft auf Seiten der Verwaltung insbesondere die Senats-, aber auch die regionale und die bezirkliche Ebene. In den jeweiligen Handlungsfeldern sind die Schnittstellen zu den dargestellten „Metropolfunktionen“ auszuloten.
Innerhalb des Gemeinsamen Planungsraumes Berlin-Brandenburg bilden Berlin und der engere Verflechtungsraum die Metropolregion Berlin (metropolitan area). Dieser Kernraum des gemeinsamen Planungsraumes umfasst einen Einwohneranteil von rd. 73% des Gesamtraumes. Insbesondere die Funktionen Berlins als Wirtschafts-, Wissenschafts-, Messe-, Kongress- und Kulturzentrum sowie als Sitz von Bundesregierung und Parlament prägen das Gesicht der Metropolregion und sind Stärken des gemeinsamen Planungsraumes. Mit seinen Entwicklungspotenzialen hat die Metropolregion eine wichtige Magnetfunktion für die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig bedarf es angesichts sich abzeichnender gravierender Bevölkerungsabnahmen in Ostdeutschland der Auseinandersetzung zum Umgang mit Schrumpfungsprozessen. Nach Überwindung der deutschen Teilung befinden sich die Wirtschafts- und Siedlungsstruktur Ostdeutschlands erneut in einer Phase gravierender Umstrukturierungen. Mit der EU-Osterweiterung wrid sich dieser Prozess noch verstärken.
Die Wachstumserwartungen für die Region, über die Anfang der 1990er Jahre ein
breiter Konsens bestand, haben sich als unrealistisch hoch erwiesen. Immerhin
stieg die Bevölkerungszahl in der Berliner Metropolregion (metropolitan area)
zwischen 1989 und 2002 um rd. 150.000 Einwohner. Die Metropolregion setzt sich
damit deutlich von der Brandenburgischen Peripherie, dem „äußeren
Entwicklungsraum“, ab, der im selben Zeitraum rd. 233.000 Einwohner verlor.
Parallel
zur Bevölkerungs-Suburbanisierung gewinnen die Pendlerbeziehungen im gemeinsamen
Planungsraum Berlin-Brandenburg an Bedeutung. Von 1995 bis 2002 stieg die Zahl
der Einpendler nach Berlin um 41%, die der Auspendler um 40%. Von den 191.000
Einpendlern (2002) haben 66% ihren Wohnsitz im Berliner Umland und weitere 10%
im übrigen Brandenburg. Bei den Auspendlerzahlen sind die Verflechtungen
innerhalb der Metropolregion weniger ausgeprägt. Von 113.000 Auspendlern aus
Berlin (2002) haben nur 44% ihren Arbeitsplatz im Berliner Umland. Nahezu
genauso hoch ist der Anteil der Auspendler mit einem Arbeitsplatz in den alten
Bundesländern.
Auch zukünftig wird die Zahl der Pendler ansteigen, allerdings parallel zur rückläufigen Wohn-Suburbanisierung mit verringerter Intensität. Darüber hinaus sind aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation immer mehr Menschen bereit, immer weitere Wege zur Erreichung des Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.
Seit der deutschen Vereinigung entwickeln sicht die Verflechtungsbeziehungen zwischen Berlin und Brandenburg vergleichbar anderen Großstadtregionen. Berlin und Brandenburg bilden einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum, der in den Teilräumen Berlin, engerer Verflechtungsraum und äußerer Entwicklungsraum sehr unterschiedlich strukturiert ist. In allen Teilräumen hat die Nachwendezeit gravierende Veränderungen der Wirtschaftsstruktur gebracht. In den peripheren Räumen Brandenburgs haben die bisherigen Siedlungsmuster ihre Bedeutung weitgehend verloren. Besonders stark betroffen sind die Standorte der Altindustrie sowie die von der Planwirtschaft industrialisierten ländlichen Räume. Auch die technisierte Landwirtschaft bietet kaum noch Arbeitsplätze. Demgegenüber steht die Konzentrationsdynamik der Informations- und Wissensgesellschaft.
Der Metropolregion Berlin als wichtigstem zusammenhängenden Arbeitsmarkt Ostdeutschlands kommt daher eine besondere Rolle bei der wirtschaftlichen Stabilisierung und Innovation zu. Die wirtschaftliche Impulskraft Berlins, die bereits heute weit in die neuen Bundesländer reicht, ist in der Konkurrenz zu anderen Stadtregionen zu stärken. Die Verbesserung der Ausstrahlungskraft Berlins als wirtschaftlicher Impulsgeber ist somit auch ein wichtiger Standortfaktor für Brandenburg.
Wachstumsperspektiven im Raum Berlin-Brandenburg bestehen
insbesondere in den Branchen Biotechnologie, Verkehrstechnik, Optische
Technologien und Medienwirtschaft, in denen bereits gemeinsame Netzwerke bzw.
Einrichtungen zur Förderung entstanden, wie z.B. BIO-TOP Berlin-Brandenburg, Op
Tec Berlin-Brandenburg, Berlin-Brandenburg Aerospace Alliance oder die
regionale Kooperation im Filmbereich mit den Produktionsstandorten in Adlershof
und Babelsberg sowie dem gemeinsamen Medienboard. Standorte der
Zukunftsbranchen, die auf eine enge Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft
aufbauen, sind der Wissenschaftsstandort Adlershof, der Bio- und Medizincampus
in Buch oder der Forschungsstandort in Potsdam/Golm. Standorte wie die Werke
von Daimler-Crysler in Ludwigsfeld und Berlin oder das
Rolls-Royce-Flugzeugmotorenwerk in Dahlewitz tragen wesentlich zur
wirtschaftlichen Attraktivität der Metropolregion bei.
Die Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg im Rahmen der
Wirtschaftsförderung ist weiter auszubauen und zu harmonisieren, dies betrifft
insbesondere das regionale Marketing.
Der Tourismus hat einen immer stärkeren Anteil an der Wirtschaftsentwicklung erreicht. Berlin und Brandenburg verfügen über ein großes Potenzial an urbaner Kultur, historischer Kulturlandschaft und weitläufigen Landschaftsräumen. Ein international bekannter Imageträger der Metropolregion ist die Kulturlandschaft der preußischen Schlösser und Gärten in Potsdam und Berlin. Brandenburg bietet darüber hinaus auf Grund seiner Siedlungsstruktur noch weitläufige, von Weite, Ruhe und Leere geprägte Landschaftsräume wie das Oderbruch, den Spreewald, die Prignitz, die Uckermark oder auch die Folgelandschaften des Braunkohlenabbaus mit ihrem ganz eigenen Charakter. Wald- und Seenlandschaften sowie historische Stadtkerne runden das Bild ab. Zudem ist in den letzten Jahren eine Reihe von Termalbädern entstanden. Damit sind dort die Voraussetzungen für Ganzjahrestourismus verbessert worden. Brandenburg profitiert auch im Tourismus von der Nachbarschaft zu Berlin (vgl. Kap. K). Berlin bietet eine reiche Vielfalt an Theatern, Opernhäusern und Museen. Weitere Schwerpunkte Berlins sind der Kongress-Tourismus sowie touristisches Shopping.
Zur Stärkung des Tourismus ist das Marketing für die Region zu verbessern, auch um Synergien zwischen Land und Stadt zu ermöglichen. Dabei kann die Inszenierung von Landschaften und Kulturveranstaltungen (z.B. Preußenjahr 2001, IBA Fürst-Pückler) einen strategischen Ansatz darstellen.
Die Profilierung metropolitaner Funktionen und deren sektorenübergreifende instrumentelle Sicherung ist eine Herausforderung und herausragende Aufgabe der künftigen Stadt- und Regionalentwicklung. Dies steht im Spannungsfeld von Konkurrenz und Kooperation der Metropolregionen auf internationaler und nationaler Ebene. Profilbildene Funktionen, insbesondere
· Hauptstadtfunktion und politische Integrationsfunktion (einschl. polit. Mittlerfunktion zwischen Ost und West sowie Steuerungs- und Kontrollfunktionen)
· Kulturfunktion
· Messefunktion
· Wissenschaftsfunktion
sollten ein besonderes Gewicht in der strategischen Entwicklung und im Marketing nach innen und außen erhalten.
Der Metropolenraum nimmt als Impulsgeber für die Entwicklung des Gesamtraumes eine besondere Rolle ein. Auf Grund der verschiedenen funktionalen Beziehungen von Metropole, engerem Verflechtungsraum und äußerem Entwicklungsraum bedarf es unterschiedlicher Strategien für den Gemeinsamen Planungsraum beider Länder, für den Stadt-Umland-Raum sowie für die Lösung der spezifischen Strukturprobleme des äußeren Entwicklungsraumes.
Mit der Rolle der Metropole als Zentrum der Wissenschaft gilt es, diese günstigen wirtschaftspolitischen Ausgangsvoraussetzungen noch stärker in den Wettbewerb mit den anderen Wirtschaftsräumen in Deutschlands ins Gewicht zu bringen und insbesondere wirtschaftsbezogene und durch die Wirtschaft getragene Forschung und Entwicklung an Metropole und Region zu binden. Wie in anderen erfolgreichen Metropolregionen müssen neben der Schaffung attraktiver Standorte für Wissenschaft und Forschung diese Funktionen stärker als bisher mit unternehmerischen Entscheidungen und Netzwerken verknüpft werden. Es muss noch stärker gelingen, Ansiedlungsbereitschaft auch mit Wertschöpfungsketten in der Region zu verbinden.
Aufgrund seiner zentralen Lage im Gesamtraum weist der engere Verflechtungsraum politisch-administrative Fühlungsvorteile auf. Er besitzt ein bedeutsames Gefüge an Forschungs-, Entwicklungs- und Ausbildungseinrichtungen, an Instituten, Universitäten und Fachhochschulen, insbesondere in der Bundeshauptstadt Berlin und auch der Landeshauptstadt Potsdam. Damit verfügt er über hervorragende Voraussetzungen für das Wiedererlangen und auch die neue Etablierung von Headquarter-Funktionen im europäischen Maßstab. Daraus resultieren Lagevorteile vor allem für Unternehmungen mit hohem Zentralitätsgrad und im Dienstleistungsbereich.
Ein wichtiger Standortfaktor für die (Wieder-)Ansiedlung von internationalen Unternehmen ist die Einbindung und Komplettierung Berlins in das internationale und globale Verkehrsnetz. So wird es Aufgabe der nächsten Jahre sein, der guten Anbindung der Region auf Schiene und Straße Richtung Westen eine entsprechende in das mittel- und osteuropäische Netz zu verschaffen. Besondere Bedeutung haben dabei die Verbindungen in die dynamischen Wachstumsräume Osteuropas, insbesondere das mitteleuropäische Dreieck Wroclaw – Krakow – Praha, und die Achse Poznan-Warszawa sowie die Verbindung nach Szczeczin.
Die gemeinsame Darstellung von Berlin und Brandenburg als Wirtschafts-, Sozial- sowie Landschafts- und Kulturraum mit differenzierten Standortqualitäten ist weiter auszubauen, Dies betrifft auch die planerischen Handlungsstrategien für die weitere Siedlungs- und Verkehrsentwicklung. In diesem Zusammenhang gilt es, den Begriff der Metropolregion konzeptionell auszugestalten.
Das Thema Flächenpotenziale hat unterschiedliche Facetten. Flächen sind zum einen die notwendige Ressource für die Umsetzung planerischer Konzepte, zum anderen sind sie auch immer Bestandteil des Naturhaushalts. Auf diese beiden Eigenschaften, daraus resultierende Zielsetzungen sowie perspektivische Ansätze für die Stadtentwicklung wird im Folgenden eingegangen.
Zur bisherigen und künftigen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen hat die Analyse der Flächeninanspruchnahme der letzten zehn Jahren folgende wesentliche Ergebnisse ermittelt (alle Zahlen gerundet): [30]
Tab. 3: Potenziale und Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen
|
Potenziale insg.
ab 1990 |
Inanspruchnahme |
Flächenpotenziale |
Innenentwicklung[31] |
5.150 ha |
1.080 ha (21%) |
4.070 ha (79%) |
|
|
|
|
Außenentwicklung[32] |
2.100 ha |
340 ha (16%) |
1.760 ha (84%) |
Summe |
|
|
|
Berlin verfügt aktuell über ein sehr umfangreiches Flächenangebot für alle baulichen Nutzungsarten. Daher besteht mittelfristig kein grundsätzliches Erfordernis, nach zusätzlichen, über die im FNP dargestellten Siedlungsflächen hinausgehenden, Bebauungsmöglichkeiten im Stadtgebiet zu suchen.
In erster Linie bieten die Flächenpotenziale die Chance, auf Flächennachfragen flexibel zu reagieren. Generell sind hierfür neue Strategien für eine gezielte Flächenaktivierung[33] zu entwickeln bzw. die Wirksamkeit bestehender Steuerungsansätze ist zu verbessern[34], um im Bedarfsfalle eine tatsächliche Verfügbarkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Prioritätensetzungen und Strategien (Konzepte für temporäre Nutzungen etc.) für den Umgang mit längerfristig nicht zu aktivierenden Flächen notwendig.
Das Planungsziel „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“, das auch dem Nachhaltigkeitsaspekt Rechnung trägt, ist langfristig umsetzbar und behält seine Bedeutung.[35] Vor dem Hintergrund, dass der Neubaulandausweisung in den meisten Großstädten eine große Bedeutung für die Wohnbaulandversorgung beigemessen wird, ergibt sich für die Innenentwicklung im Berliner Stadtgebiet[36] der Bedarf nach einer wesentlich differenzierteren Steuerungsstrategie.
Für
„Konzepträume“ wie die Flughäfen Tegel und Tempelhof mit ihren umfangreichen
Flächen sind bedarfs- und umsetzungsorientierte Nutzungsprofile zu
entwickeln. Weitere Freiraum-Inanspruchnahme, insbesondere für neue
Gewerbeflächen und für den Einfamilienhausbau, ist nur für Maßnahmen von
höchster stadtpolitischer Bedeutung notwendig und zu rechtfertigen.
Die Berliner Baulandsituation wird auch künftig durch die Entwicklung im Umland maßgeblich beeinflusst. Aus dem Bodenpreisgefälle zwischen Berlin und den Brandenburgischen Umlandgemeinden resultieren erhebliche Konkurrenzen. Diese schwächen die in Berlin vorhandene Standortqualität der grundsätzlich ausreichenden Flächenkapazitäten und lösen ein zusätzliches Steuerungserfordernis aus. Das betrifft damit auch die regionale Diskussion zur Siedlungsflächenentwicklung.[37]
Suburbanisierung.
In der Berliner Region hat sich die Wohn-Suburbanisierung seit 1998 deutlich
verlangsamt. Dennoch ist derzeit nicht erkennbar, dass der Trend nach Siedlungsflächenwachstum im Umland der
Kernstädte vollständig gestoppt oder umgekehrt wird.[38]
Das Umland ist das Wanderungsziel der Kernstadt-Suburbanisierer, gewinnt aber
auch durch Land-Stadt-Wanderer. Auch in Berlin
bzw. im Berliner Umland vollziehen sich derartige Prozesse. In Verbindung mit
einem geringen wirtschaftlichen Wachstum und der langfristig zu erwartenden
Bevölkerungsentwicklung (Stagnation und gleichzeitige Alterung) ist anzunehmen,
dass sich die Zuwachsraten der Freiflächeninanspruchnahme für Siedlungs- und
Verkehrsfläche langfristig abschwächen können.[39]
In Verbindung mit den angenommenen Trends der Bevölkerungs- und
Wirtschaftsentwicklung sind zwischen Kernstadt und Umland, aber auch in den
Kernstädten zunehmende soziale und
ethnische Segregationsprozesse zu erwarten, die aktuell die Entwicklung und
den Einsatz von Präventionsstrategien erforderlich machen, um gegenzusteuern.
Der wachsende Siedlungsflächenverbrauch durch Suburbanisierungsprozesse, der insbesondere durch den Wohnungsbau getragen wird, geht mit negativen finanziellen Folgen (geringere Ausnutzung vorhandener Infrastrukturen und ggf. Umbauerfordernisse etc.) und höheren Umweltbelastungen beispielsweise durch zunehmende Verkehrsmengen einher. Damit verschlechtert sich die innerstädtische Wohn- und Lebensqualität, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen. Dies wirkt wiederum auf die Umzugsbereitschaft von Haushalten zurück. Innerhalb der Regionen löst die Suburbanisierung zunehmende Tangentialverkehre aus, die veränderte Infrastrukturen sowie veränderte Verkehrs- und insbesondere ÖV-Angebote erforderlich machen.
Innenentwicklung.
Parallel zur Suburbanisierung nimmt die Nutzungsdichte in den Kernstädten ab,
weil flächenintensive gewerbliche Nutzungen (u.a. gewerbliche Produktion,
Logistik etc.) aufgegeben werden und bis zu einer – i.d.R. höherwertigen –
Nachnutzung über längere Zeiträume brach liegen. Zusätzlich zu diesen Potenzialen
weist Berlin aufgrund von
Nutzungsaufgaben im Freiflächensektor (z. B. Friedhöfe) einen weiteren Zuwachs an nachzunutzenden Flächen
auf. In Wohngebieten nimmt die Nutzungsdichte durch Abwanderung, Verkleinerung
der Haushaltsgrößen und Alterung ab, daraus resultieren ebenfalls umfangreiche
Stadtumbauerfordernisse (insbes. für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur).
Vor diesem Hintergrund behält das Ziel der Innenentwicklung
auch zukünftig seine zentrale
strategische Bedeutung. Beispiele[40]
zeigen, dass eine konsequente Wiedernutzung von brachgefallenen Nutzungen
ausreichende Flächenpotenziale bietet, um vorhandene Flächennachfragen zu
befriedigen. Steuerungsinstrumente wie ein kommunales Flächenmanagement
stellen neben notwendigen Änderungen im Steuerrecht (z. B. Diskussion um Ersatz
der Grundsteuer durch eine Bodenwertsteuer etc.) hierfür einen wichtigen Ansatz
dar. Eine Aufgabe wird es in diesem Zusammenhang sein, im Rahmen der Brachflächen-Revitalisierung für die
prinzipiell nicht mehr erforderlichen Flächen gegenüber den großen innerstädtischen
Grundbesitzern (DB AG, Post, Industrie, Kirchen etc.) umfeld- und nutzungsverträgliche Verwertungskonzepte sowie
Preisvorstellungen, die an den Zielen der Innenentwicklung orientiert sind,
durchzusetzen.
In Berlin hat in den letzten fünfzig Jahren trotz einer konstanten Einwohnerzahl von etwa 3,4 Mio. die Siedlungs- Verkehrsfläche erheblich zugenommen (+ 23.000 ha).
Abb. 6: Entwicklung der Einwohner, Siedlungs- u. Verkehrsfläche, Wohnungen u. Wohnfläche je Einwohner zwischen 1950 und 1999
Die maßgeblichen Ursachen sind eine erhebliche Steigerung der Wohnungszahlen und des damit einhergehenden individuellen Wohnflächenkonsums, die zunehmende Motorisierung und die flächenbeanspruchende Modernisierung von Produktion und Logistik. Hinter diesen Entwicklungen steht der Abbau von Mangelsituationen und die Wohlstands- und Einkommenssteigerungen seit der Nachkriegszeit.
Abhängig von der Einkommensentwicklung ist auch zukünftig ein weiterer Anstieg der individuellen Wohnflächen möglich, dennoch ist davon auszugehen, dass sich die Entwicklungsraten und somit die Nachfrage nach Siedlungs- und Verkehrsflächen insgesamt abschwächen werden. Auch für die Flächeninanspruchnahme werden qualitative Veränderungen des Bestands (s.o. Nutzungsveränderungen etc.) im Vordergrund stehen.
Die Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke ist in Berlin im letzten Jahrzehnt zurückgegangen. Für Berlin wurde ermittelt, dass sich die Inanspruchnahme von Freiflächen für die Siedlungsentwicklung in der Dekade von 1990 bis 2000 deutlich verringert hat (vgl. Kap. H, S. 69). Gegenüber einer Flächeninanspruchnahme von durchschnittlich 370 ha/Jahr noch im Zeitraum zwischen 1980 und 1990, waren es gemäß Umweltatlas im letzten Jahrzehnt nur noch 48 ha/Jahr.[41]
Aufgrund der nachholenden Suburbanisierung war zeitgleich jedoch eine deutliche Zunahme des Flächenverbrauchs im Umland zu verzeichnen. Die langfristige Entwicklung zeigt, dass im Grundsatz die Prozesse zwischen Einwohner- und Flächenentwicklung entkoppelt sind, d.h. eine Flächeninanspruchnahme auch dann erfolgt, wenn die Einwohnerzahl konstant oder gar rückläufig ist. Diese Entwicklung ist maßgeblich durch die Wirtschaftsentwicklung bestimmt, da bei steigenden Einkommen und entspannten Wohnungsmärkten i.d.R. die privaten Haushalte mehr Wohnflächen in Anspruch nehmen und somit der Druck auf eine weitere Inanspruchnahme von Freiflächen für Siedlungszwecke anhält.
Mit dem Ziel einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung bleibt die weitere Reduzierung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke eng verbunden. Mit dem für Berlin formulierten Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung wird dieser Zielsetzung wesentlich entsprochen.[42]
a)
Bodenschutz
Böden stellen eine besondere Ressource dar, weil sie i.d.R. nicht wiederherstellbar sind, wenn sie einmal für bauliche Nutzungen in Anspruch genommen wurden. Eine nachhaltige Nutzung soll einen sparsamen und schonenden Umgang mit der Ressource Boden erreichen sowie Schädigungen und Gefahren für die Böden vermeiden bzw. vermindern. Die künftige Nutzbarkeit der Böden darf durch die gegenwärtige Nutzung möglichst wenig eingeschränkt werden. Einer irreversiblen Schädigung der natürlichen Bodenfunktionen muss insbesondere aufgrund der begrenzten Sanierungsmöglichkeiten entgegengewirkt werden. Daher besteht die Notwendigkeit, Vorsorgegesichtspunkte zum Schutz der Böden und ihrer ökologischen Funktionen im Planungsprozess stärker zu berücksichtigen.
Mit Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes im Jahre 1999 ist neben den Umweltmedien Wasser und Luft sowie dem Naturschutz nunmehr auch der Boden als schützenswertes Gut in das Licht der Öffentlichkeit getreten. Der vorsorgende Bodenschutz bezieht sich vor allem auf die auch in diesem Gesetz genannten Funktionen, die Böden aufweisen können und abhängig von den Eigenschaften der Böden unterschiedlich ausgeprägt sind (Lebensraumfunktion für die natürliche Vegetation, Ertragsfunktion für Kulturpflanzen, Puffer- und Filterfunktion, Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt, Archivfunktion für die Naturgeschichte). Bodenschutz ist darauf gerichtet, diese Funktionen zu erhalten.
Im Rahmen der Arbeiten zur Bodenschutzkonzeption für das Land Berlin wurden die Böden im Hinblick auf die unterschiedlichen Bodenfunktionen bewertet und abschließend eine zusammenfassende Darstellung der Leistungsfähigkeit der Böden in einer Synthesekarte vorgenommen. Diese Synthesekarte zeigt die Leistungsfähigkeit der Böden zur Erfüllung der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion. Ziel dieser Karte ist es, auf der Basis der vorliegenden Daten die Leistungsfähigkeit der Böden in einem ersten Ansatz in seiner Gesamtheit bewerten zu können.
Aus der Karte (vgl. Abb. 7) wird deutlich, dass eine große Anzahl besonders schützenswerter wertvoller Böden im Land Berlin durch die Ausweisung als Schutzgebiete nach Naturschutz- und Wasserrecht bereits weitgehend vor einer weiteren Inanspruchnahme für bauliche Nutzungen geschützt sind. Insbesondere im Süd- und Nordosten Berlins befinden sich jedoch Gebiete, die aus Bodenschutzaspekten als schutzwürdig anzusehen sind, aber bislang durch andere Schutzkategorien nicht erfasst wurden.
Abb. 7:
Leistungsfähigkeit der Böden (Quelle: SenStadt, IX B / IX C, Stand: 03/2003)
Die Ansprüche des Bodenschutzes sind zukünftig bei der Stadtentwicklungsplanung verstärkt zu berücksichtigen. Um Böden wirksamer zu schützen, sind im Rahmen der Fortschreibung des LaPro Aussagen zur Leistungsfähigkeit der Böden zu integrieren. Für hochwertige Böden, die bislang nicht durch Schutzkategorien erfasst wurden, ist zu prüfen, ob eine Änderung des FNP erforderlicht ist. Der Bodenschutz stellt darüber hinaus einen wichtigen Abwägungsbelang für die Bauleitplanung dar.
b) Restriktionen wegen Altlastensicherung
Prinzipiell kann davon ausgegangen werden, dass es im Hinblick auf die gesamtstädtische räumliche Entwicklungsplanung nicht von vorn herein Restriktionen wegen Altlasten gibt. Auch ehemalige Industrie- und Gewerbegebiete und ggf. daraus resultierende heutige Brachflächen, bei denen Boden- und Grundwasserverunreinigungen vermutet werden bzw. nachgewiesen wurden, können so saniert werden, dass auch eine höherwertige Nutzung z.B. in Richtung Wohnbebauung möglich ist. Allerdings kann nur im Einzelfall entschieden werden, ob die hierfür notwendigen finanziellen Aufwendungen im angemessenen Verhältnis zur neuen Nutzung stehen.
Eine frühzeitige Einbindung der zuständigen Behörde in der Planungsphase kann jedenfalls eine erhebliche Kosteneinsparung bei der Sanierung zur Folge haben, da die tatsächliche Nutzung auf die vorhandene Belastungssituation abgestimmt werden kann.
Die umfangreichen Flächenpotenziale für bauliche Nutzungen
sind eine Chance, die Stadtentwicklung Berlins ohne Inanspruchnahme von
Freiflächen im Außenbereich durchzuführen. Preistreibende Flächenengpässe –
wie in anderen westdeutschen Großstädten und den europäischen Metropolen Paris
und London – sind auf absehbare Zeit nicht vorhanden. Gleichzeitig erschweren
die umfangreichen Flächenangebote die Steuerung von Nutzungen auf die
planerisch erwünschten Standorte. Auch der Vorrang der Innenentwicklung ist
nicht immer konfliktfrei; nicht die Verdichtung um jeden Preis, sondern eine
qualifizierte Innenentwicklung, die stadtökologische und -ökonomische
Anforderungen ausgleicht, ist das Ziel.
Insgesamt ist die regionale Perspektive in die Strategie-Entwicklung zur
Minimierung und Steuerung der Flächeninanspruchnahme einzubinden.
Im Flächennutzungsplan sind Bauflächendarstellungen enthalten, deren Inanspruchnahme nachrangig – d.h. in Abhängigkeit von der Bedarfsentwicklung – erfolgen soll. Um die planerische Steuerung zu verbessern, sind für diese nachrangigen Flächenkulissen des FNP[43] stärkere Bindungswirkungen für eine Inanspruchnahme der betroffenen Flächen zu entwickeln und bei der Umsetzung von Planungen zu berücksichtigen. Vorrangig ist, die Inanspruchnahme von Bauflächen, die bislang faktisch Freiflächen im Außenbereich sind, an eine veränderte Bedarfsprüfung und politische Bestätigung zu binden. Dabei sind auch verstärkt die Anforderungen des Boden-, Klima und Grundwasserschutzes zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sind Instrumente erforderlich, die die Realentwicklung der Flächeninanspruchnahme darstellen und analysieren, um dadurch letztlich die Steuerungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten zu begründen und zu verbessern. Dies kann im Rahmen eines Monitorings erfolgen. Dafür ist zu prüfen, ob die vorhandenen Ansätze des Umweltatlas´ und des Flächenberichts verknüpft werden können. Eine gemeinsame Definition der Flächeninanspruchnahme als Abgrenzung von Siedlungs- und Freifläche sollte entwickelt werden.
Weitere Ansätze, um die Flächeninanspruchnahme zu beeinflussen, sind die Unterstützung des Flächenrecyclings und hier insbesondere die Bereitstellung von Informationen über Möglichkeiten der Wiedernutzung. Mit dem Baulückenmanagement liegt für die Innenstadtbezirke ein erstes Instrument zur Aktivierung von Brachflächen in bereits bestehenden Siedlungsgebieten vor. Ziel dieses Instruments ist es, durch Informationsbereitstellung die nutzbaren Flächen im Innenbereich aufzuzeigen und damit die Wiedernutzungsrate vorhandener kleinteiliger Flächenpotenziale zu verbessern.
Die faktische Steuerungswirkung planerischer Instrumente ist begrenzt, weil die Siedlungsentwicklung und damit die Flächeninanspruchnahme maßgeblich durch Faktoren beeinflusst wird, die auf Bundesebene geregelt werden, z.B. Steuergesetzgebung mit Eigenheimzulage und Kilometerpauschale.
Um dennoch die instrumentelle Steuerungswirkung auf Landesebene zu verbessern, bietet sich die Definition von Qualitätszielen für die Inanspruchnahme von Freiflächen an. Auf der Bundesebene wird die Reduktion der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke von gegenwärtig knapp 120 ha / Tag auf 30 ha / Tag im Jahr 2020 verfolgt. Ein entsprechendes Qualitätsziel ist für Berlin zu entwickeln.[44] Gleichzeitig sind in der Zielentwicklung die besonderen Bedingungen einer geringen Nachfrage nach Bauflächen bzw. des Stadtumbaus mit punktuellen Rückbau-Erfordernissen zu berücksichtigen.
Der Wohnungsneubau in Berlin hat sich seit der Wende in vier Phasen[45] vollzogen. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 2000 in Berlin rund 150.000 Wohnungen neu errichtet.[46] Hierbei bilden Maßnahmen der kleinteiligen städtebaulichen Bestandsergänzung einen wesentlichen Schwerpunkt, sie umfassen etwa 60% aller Neubaumaßnahmen.[47] Die Inanspruchnahme von Flächen im Außenbereich für Wohnzwecke, die insbesondere Mitte der 90er Jahre durch die neuen Vorstädte erfolgte, hatte nur einen Anteil von ca. 9% an den Fertigstellungen.
Tab. 4: Wohnungsneubau 1991 – 2000 in Berlin
Innenentwicklung darunter: kleinteilige
Maßnahmen |
|
|
|
Außenentwicklung |
13.600 WE |
9% |
Stadterweiterung. u.a.
„Neue Vorstädte“ |
Summe |
150.000 WE |
|
|
Nach dem Maximum im Jahr 1997 mit ca. 56.000 WE innerhalb des engeren Verflechtungsraums Berlin – Brandenburg (eV) ist die Fertigstellung von Wohnungen rückläufig. Dies basiert insbesondere auf einem Rückgang des Geschosswohnungsbaus sowohl in Berlin als auch im Umland. Ursachen sind u.a. Änderungen in der Steuergesetzgebung (Auslaufen der Sonder-Afa). Demgegenüber ist die Entwicklung im Eigenheimsektor des Umlands nach einem Maximum in 1998/1999 durch eine leicht abnehmende Zahl von Fertigstellungen gekennzeichnet. [48] In Berlin schwankt seit 1997 der jährliche Zuwachs an Eigenheim-Wohnungen[49] zwischen ca. 3.000 und 3.700 WE.
In
Zusammenhang mit den realisierten Fertigstellungszahlen steht auch die Entwicklung
im Bereich der Wohnungsbauförderung. In den Jahren zwischen 1991 und 2001 wurden
insgesamt 97.000 WE durch unterschiedliche Programmansätze des Landes
Berlins öffentlich gefördert. Während zu Beginn des Zeitraums vorrangig der
Mietwohnungsbau gefördert wurde, der Förderungshöhepunkt lag im Jahr 1994 mit
15.000 WE, hat sich bis 2001 der Umfang generell in starkem Maße verringert und
der Schwerpunkt vollständig auf die Eigentumsförderung verlagert; 2002 wurde
auch diese Förderung eingestellt.
Die
nebenstehende Abbildung verdeutlicht die räumlichen Schwerpunkte der Wohnungsbauentwicklung
zwischen 1993 und 1999.
Im Jahr 2002 wurden in Berlin rd. 120.000 leerstehende
vermietbare Wohnungen geschätzt.[50]
Nach Abzug einer Fluktuationsreserve (3% des Wohnungsbestands) hatte der
kritische Leerstand damit einen Umfang von rd. 64.000 Wohnungen (ca. 3,4% des
Wohnungsbestands). Der Leerstand konzentriert sich schwerpunktmäßig auf
unsanierte Bestände in Altbauquartieren und in den Großsiedlungen des
„Komplexen Wohnungsbaus“ im Ostteil Berlins. Darüber hinaus werden größere
Leerstände auch in Bereichen vermutet, deren Preis-Leistungsverhältnis nicht
stimmig ist.
Im Vergleich zu ostdeutschen Städten sind die Leerstände auf gesamtstädtischem
Niveau wesentlich geringer, die Konkurrenz zwischen den unterschiedlichen
Wohnungsbeständen innerhalb Berlins verschärft sich jedoch zunehmend.
Differenziert nach Gebäudetypen und –lagen zeigen sich (s.u. Abb.) für die Mehrfamilienhäuser, unabhängig von der siedlungsstrukturellen Lage, erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Stadthälften, wobei der Ostteil insgesamt immer noch relativ stärker von Leerstand betroffen ist.[51]
Für die Akzeptanz der Platten-Siedlungen sind u.a. die Lage, Wohnungsausstattung, Wohnungsgrundriss, Gebäudezustand, Wohnumfeld, Nahversorgung, Verkehrsanbindung, Entfernung zum Arbeitsplatz und das Image des Gebietes mitentscheidende Kriterien für Verbleib oder Zuzug von Mietern.
In den östlichen Sanierungsgebieten lag die Leerstandsquote im Jahr 2000 durchschnittlich bei 14%, sie schwankt zwischen 2% in der Spandauer Vorstadt und 28% im Gebiet Traveplatz-Ostkreuz. Umfangreiche Leerstände betrafen hier vorrangig Bereiche in der Sanierungsphase und solche, die durch schlechte Wohn- und Lagequalitäten gekennzeichnet sind.
In Berlin sind nach der Abschwächung der großen Abwanderungswelle im Zeitraum von 1996 bis 2000 wieder Bevölkerungsgewinne zu verzeichnen (2001: 6.000 Personen, 2002: 4.000 Personen). Parallel dazu verkleinern sich die Größen der privaten Haushalte. Zwischen 1993 und 2002 hat die Zahl der Haushalte jährlich etwa um 6.000 zugenommen. Mittelfristig ist mit einer sich abschwächenden Zunahme der Haushaltszahlen zu rechnen. Der Abbau des Leerstandes wird im Wesentlichen davon abhängen, inwieweit sich das vorhandene Wohnungsangebot dem sich zunehmend differenzierenden Nachfrageverhalten anpassen kann.
Die
Förderprogramme des Landes Berlin, die für Stadterneuerung, Modernisierung und
Instandhaltung seit 1989 eingesetzt wurden, spiegeln die unterschiedlichen
Phasen und Probleme des Wohnungsbaus wider (bis 1992 Leerstandsbeseitigung,
bis 1994 Heizungssanierung). Wichtigstes Programm war seit 1993 die „soziale
Stadterneuerung“, gefolgt von der „Plattenbausanierung“ und den „stadtweiten
Maßnahmen“.
Zwischen 1991 und 2000 wurden insgesamt 4.577,1 Mio. € als Fördermittel[52] bereitgestellt, davon für die „soziale Stadterneuerung“ 1.611,3 Mio. €, für die Plattenbausanierung 731,2 Mio. € und für die „stadtweiten Maßnahmen“ 653,5 Mio. €.
Mit
dem Fortfall des „Fördergebietsgesetzes“, das allgemein in den ostdeutschen
Ländern galt, und der Konzentration der steuerlichen Förderung der Gebäudemodernisierung
auf Sanierungsgebiete (§ 7 h EStG), hat sich der Anteil der öffentlichen
Förderung deutlich hin zur privat finanzierten – steuerlich begünstigten – Sanierung
verschoben.
Räumliche Handlungsschwerpunkte
waren die Bereiche, die als Sanierungs- oder Erhaltungsgebiete festgelegt
wurden sowie die Plattenbauquartiere im Ostteil der Stadt. Außerhalb dieser
Gebietskulissen wirken
Programme wie die „stadtweiten Maßnahmen“ oder die „Modernisierung durch
Mieter“.
Die
1993 neu festgelegten Sanierungsgebiete der Stadt[53]
umfassen ca. 81.000 Wohnungen. Räumliche Schwerpunkte der Sanierung sind
neben dem Prenzlauer Berg mit 32.000 Wohnungen fünf Gebiete in den Stadtteilen
Friedrichshain und Mitte.
Anfang 2000 waren gut 40% der erneuerungsbedürftigen Wohnungen saniert oder im
Bau, während für 25.400 Wohneinheiten noch ein erheblicher bzw. für ca. 22.000
WE ein geringer bis mittlerer Erneuerungsbedarf bestand.
Ziele des seit 2002 wirksamen Förderprogramms „Stadtumbau Ost“ sind der Rückbau von auf Dauer nicht mehr benötigten Wohnungen und sozialen Infrastruktureinrichtungen bei gleichzeitiger Aufwertung von Stadtquartieren durch die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität. 2002 wurden als Förderkulisse für das Programm die zehn Wettbewerbsgebiete „Stadtumbau Ost“, die Großsiedlungen des komplexen Wohnungsbaus, die Sanierungs- sowie die Quartiersmanagement-Gebiete im Ostteil Berlins festgelegt.
Die Anpassung der sozialen Infrastruktur an die Bevölkerungsentwicklung und die fachpolitischen Veränderungsbedarfe, die Herausbildung zukunftsfähiger Nutzungsprofile des Wohnens, Arbeitens und der Freizeit sind zentrale neue Aufgaben. Daher wird über integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzepte im Rahmen des Stadtumbauprogramms der Weg bereitet, diese Wohnviertel zu erhalten und zu stabilisieren. Durch die Förderung von Rückbau- und Aufwertungsmaßnahmen sollen Leerstandskonzentrationen vermieden und ein qualitätsvolles Wohnumfeld in den Großsiedlungen gesichert werden, um den sich verstärkenden Segregationsprozessen entgegenzuwirken.
Spätestens seit Mitte der 90er-Jahre werden in Berlin deutliche sozialräumliche Veränderungen und Segregationserscheinungen sichtbar. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sie liegen in den seit der Wiedervereinigung stattfindenden tiefgreifenden Veränderungen in der demografischen und ökonomischen Entwicklung der Stadt in Verbindung mit einer zunehmenden Mobilität der Bevölkerung.
Besonders in den innerstädtischen Gebieten Berlins, in denen eine hohe Fluktuation im Wohnungsbestand auftrat, hat sich durch Abwanderung breiter mittlerer Einkommensschichten und den Zuzug einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen sukzessive eine Veränderung des Sozialgefüges der Bewohnerschaft eingestellt. Aber auch die Großsiedlungen des Sozialen und Komplexen Wohnungsbaus am Stadtrand Berlins waren hiervon betroffen.
Um gezielt und nachhaltig Stabilisierungs- und Aufwertungsprozesse in Gang zu setzen, beteiligt sich Berlin seit 1999 am sozial-integrativ angelegten Bundesprogramm ”Soziale Stadt”. Zusätzlich wurden bereits laufende baulich-investive Programme der Stadterneuerung und der Großsiedlungen zu einer "Aktionskulisse Soziale Stadt / Soziale Stadterneuerung" zusammengeführt.
Diese umfasst im einzelnen folgende Gebietskulissen:
· 29 förmlich festgelegte Sanierungsgebiete / Soziale Stadterneuerung,
· 17 Quartiersmanagement-Gebiete / Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf,
· 34 Großsiedlungen des Sozialen Wohnungsbaus Berlin – West,
· 17 Großsiedlungen des Komplexen Wohnungsbaus Berlin – Ost.
Mit dieser Aktionskulisse werden in den vier Gebietskulissen insgesamt 97 Stadtquartiere mit ca. 1 Mio. Einwohnern erfasst.
Auf der Basis verschiedener sozio-demographischer und sozio-ökonomischer Indikatoren sowie zusätzlicher qualitativer Erhebungen im Rahmen des Monitorings „Soziale Stadtentwicklung“ wurde 1998 eine Gebietskulisse mit besonders starken Entmischungstendenzen und sozialstrukturellen Verschiebungen festgestellt. Zur nachhaltigen Verbesserung dieser in ihrer sozialen Stabilität gefährdeten Gebiete wurde vom Senat im März 1999 für 15 Gebiete (seit 2001: 17 Gebiete) die Einrichtung von integrierten Stadtteilverfahren – Quartiersmanagement – beschlossen. In ihnen leben ca. 220.000 Einwohner.
Die Gebiete des Quartiersmanagement umfassen vier baulich-räumliche Typen, in denen jeweils unterschiedliche Maßnahmenansätze verfolgt werden. Dies sind neben Großsiedlungen im Ost- und Westteil der Stadt die Sanierungsgebiete sowie weitere innerstädtische Altbaugebiete. Mit dem Quartiersmanagement sollen zusätzliche Potenziale, Ressourcen und Synergien freigesetzt werden. Dazu werden verschiedene Programme und Projekte im investiven und konsumtiven Bereich sowie durch weitere ergänzende Projekte gebündelt und effizient eingesetzt.
Dabei sollen in der weitgehend sektoral organisierten Verwaltung ressortübergreifende, integrierte Strukturen entwickelt werden, um Ressourcen für diese Gebiete nutzbar zu machen. Die wesentlichen, zur Anwendung auf lokaler Ebene zu bündelnden sektoralen Handlungsfelder sind:
· Berufsqualifizierung und Beschäftigung,
· Wirtschaftsförderung und Stadtteilökonomie,
· Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,
· Soziale und kulturelle Infrastruktur,
· Soziale und ethnische Integration / Zusammenleben in Nachbarschaft,
· Schule, Bildung, Sprache,
· besondere soziale Lebenslagen, Gesundheitsförderung.
Auch in den Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus zeichnete sich ab Mitte der 90er-Jahre fluktuationsbedingt eine zunehmende Entmischung mit steigenden Segregationstendenzen ab.
Zur Gegensteuerung dieser Veränderungen im Sozialgefüge der Großsiedlungen wurde im Herbst 1998 mit Senatsbeschluss ein umfangreiches "Maßnahmenprogramm zur Sicherung und Verbesserung des Sozialgefüges im Sozialwohnungsbestand der Großsiedlungen” für 32 Großsiedlungsgebiete (ab Mitte 2001 34 Gebiete) und hochverdichtete Wohnkomplexe verabschiedet. In diesen Gebieten liegen ca. 110.000 Einheiten des sozialen Wohnungsbaus. Mit dem Ansatz sollten einerseits Bleibeanreize für die bisherigen Bewohner, anderseits Zuzugsanreize auch für Neumieter geschaffen werden, deren Einkommen über den bestehenden Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus lagen.
Die Gebietskulisse wurde in drei Kategorien unterteilt, für die jeweils ein differenziertes, abgestuftes Maßnahmenprogramm mit unterschiedlichen Effekten für Bleibe- und Zuzugsanreize entwickelt wurde. Die Tabelle zeigt die unterschiedlichen Maßnahmen auf.
Tab. 5: Maßnahmen in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus (West)
|
problematische Gebiete (I) |
Prophylaxegebiete (II) |
Gebiete m. ausgewogener
Struktur (III) |
Aufhebung der
Fehlbelegungsabgabe[54] |
x |
x |
|
Aufhebung der
Belegungsbindungen |
x |
x |
x[55] |
Aussetzen der Wahrnehmung
v. Besetzungsrechten |
x |
x |
|
Aussetzen förderungsbedingter
Mieterhöhungen |
x |
x |
|
Förderung von
Wohnumfeldmaßnahmen |
x |
x |
|
|
|
x |
Neben den fluktuationsbedingten Segregationserscheinungen der letzten Jahre lagen in den Großsiedlungen des komplexen Wohnungsbaus zunächst flächendeckend gravierende bautechnische, städtebauliche und wohnumfeldbezogene Mängel vor (s. Pkt. 3). Daher wurde diese Gebietskulisse bereits im Juni 1995 mit Senatsbeschluss als Großsiedlungskulisse mit besonderem Handlungsbedarf hinsichtlich der Gebäudesanierung, Wohnumfeldverbesserung und städtebaulicher Aufwertung festgelegt. Sie umfasst insgesamt 17 Gebiete mit rund 235.000 Wohnungen und ca. 437.500 Einwohnern.
Da sich die Entmischungs- und Segregationsprozesse
insbesondere in den Großsiedlungen am östlichen Stadtrand von Berlin – vor
allem in den Bezirken Marzahn und Hellersdorf – deutlich dokumentierten, wurde
als erste Konsequenz das Großsiedlungsgebiet Marzahn–Nord mit ca. 28.000
Einwohnern im März 1999 in das Programm ”Integrierte Stadtteilverfahren -
Quartiersmanagement” aufgenommen.
Das neueste Stadtmonitoring „Soziale Stadtentwicklung“ zeigt für den
Großsiedlungsbestand im Ostteil stabilisierende Tendenzen, Ausnahme ist
Marzahn-Nord.
Herausforderungen für die Entwicklung in den Bereichen Wohnen und soziale Stadtentwicklung ergeben sich u.a. aus gesamtgesellschaftlichen Trends (vgl. Kap. C, S. 21), aber insbesondere aus Trends auf den Wohnungsmärkten bzw. im Nachfragerverhalten. Diese beeinflussen sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Entwicklungen.
Wohnungsmarkt in Berlin. Die bundesweiten Entwicklungsannahmen für die Wohnungsmärkte differenzieren zwischen west- und ostdeutschen Räumen. Während mittelfristig für die westdeutschen Agglomerationsräume mit einem Anziehen der Wohnungsnachfrage- und Mietentwicklung gerechnet wird, ist in den ostdeutschen Ländern vielfach der Leerstand, auch in Verbindung mit parallel verlaufenden Suburbanisierungsprozessen, ein gravierendes Problem. Für Berlin sind beide Phänomene anzunehmen. Es ist sowohl vorstellbar, dass in bestimmten (zentralen) Lagen Entwicklungen hin zu Angebotsengpässen auftreten können, aktuell betrifft dies Angebote für stadtentwicklungspolitisch gewünschte Gruppen wie Familien mit Kindern (z.B. preisgünstige gartenbezogene Eigentumsangebote). Daneben gibt es Leerstände, die in ungünstigen Konstellationen und räumlichen Bereichen langfristig mit Entwicklungen bis hin zu einer perforierten Stadt[56] verbunden sein könnten. Der Leerstand wirkt negativ auf das Image der betroffenen Gebiete.
Regionaler Wohnungsmarkt. Nachfrager auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt orientieren sich nicht an administrativen Grenzen, sondern handeln eher in einem regionalen Bezugsrahmen.[57] Es ist sicher, dass in Berlin die Entwicklungen am Wohnungsmarkt trotz der Stadtgröße zumindest in Teilen auch erheblich durch die Angebote in der Region beeinflusst werden.
Eigentumsbildung. Im Zusammenhang mit Trends auf dem Wohnungsmarkt steht die Eigentumsbildung. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wird für die ostdeutschen Länder ein schwächeres Anwachsen der Eigentumsquote erwartet als in den westdeutschen Ländern. Untersuchungen aus westdeutschen Großstädten zeigen, dass ein (erheblicher) Anteil der Eigentumsbildner ins Umland wandert, weil in der Kernstadt kein adäquates Angebot gefunden werden konnte. Berlin hat als traditionelle Mieterstadt bislang eine unterdurchschnittliche Eigentumsquote und somit einen zumindest theoretischen Nachholbedarf. Untersuchungen zu den Nachfragepotenzialen für Eigentum[58] gehen davon aus, dass die Nachfrage nach neu errichtetem Wohneigentum in den nächsten Jahren nicht das Niveau der Vorjahre erreichen wird. Dies basiert u.a. darauf, dass zum einen die Einkommensverhältnisse in vielen Fällen nicht für die Eigentumsbildung ausreichend sind und zum anderen Teile der eigentumsfähigen Haushalte bereits in den letzten Jahren ins Umland abgewandert sind. Daher unterliegen die Eigentumsbildungsprozesse einer Verzögerung. Bei zunehmender sozialer Differenzierung ist zu erwarten, dass die Eigentumsquote anderer Regionen oder europäischer Staaten vorerst nicht erreicht wird.
Wohnungsteilmärkte
und soziale Segregation. Anhaltend ist – trotz der Einkommenssituation –
der Trend nach individuellen, gartenbezogenen Wohnformen, die sich derzeit
kostengünstig am einfachsten im Umland der Kernstädte realisieren lassen.
Aufgrund der insgesamt rückläufigen Bedeutung der „Wüstenrot-Familie“ zielen
diese Angebote auf neue Nachfragergruppen wie Singles und Paare ohne Kinder,
die auch zunehmend für die Suburbanisierung bedeutsam werden.[59]
Für die kernstädtischen Wohnstandorte bzw. Wohnungsmarktakteure bedeuten diese
Trends, Strategien zum „Halten“ der vorhandenen Wohnungsmarktnachfrager zu
entwickeln und sich stärker mit einer veränderten
Nachfragerzusammensetzung (vermehrte Ausrichtung auf kleine Haushalte,
neue Nachfragergruppen durch Individualisierung etc.) auseinander zu setzen.
Insgesamt haben in Berlin die unterschiedlichen
Teilmärkte eine starke Bedeutung. Es ist davon auszugehen, dass sich bei einem
relativ entspannten Wohnungsmarkt die Nachfrage auf die guten Lagen
konzentrieren wird. Um die Bedürfnisse wachsender Gruppen (Singles, Paare ohne
Kinder etc.) zu decken, ist ein Umbau
der vorhandenen Bestände erforderlich, der durch die Wohnungswirtschaft einzuleiten ist.
Aufgrund der Kumulation von sozialen und ökonomischen Problemlagen führt dies
in bestimmten Bereichen der Stadt zu anhaltenden Entmischungsprozessen zwischen
Haushalten mit sicheren Einkommen und solchen in sozial schwierigeren Lagen.
Die Situation im unmittelbaren Wohnumfeld, in Kinderbetreuungseinrichtungen
bzw. an den Schulen ist ein zentrales Moment für Umzugsentscheidungen von
Haushalten. Soziale Segregationsprozesse
werden insbesondere in der
Innenstadt, aber auch in den Stadträumen zunehmen,
die durch die klassischen Phänomene des Strukturwandels geprägt sind.
Stadtumbauerfordernis. Stadtumbau zielt darauf, die Städte als Lebensorte attraktiv zu gestalten und die Funktionsfähigkeit der Wohnungsmärkte in Ostdeutschland zu verbessern. Berlin ist im Vergleich zu anderen ostdeutschen Städten durch relativ geringere Leerstände gekennzeichnet. Dennoch ist auch hier der Abriss von Wohnungen und von Infrastruktureinrichtungen absehbar. Dabei ist von einer Leerstandsdifferenzierung auszugehen. Die Abwertungsgefahr betrifft sowohl die Großsiedlungen in Plattenbauweise als auch die Gründerzeit-Quartiere. In einzelnen Teilbereichen ist das Wohnungsangebot nicht zukunftsfähig und muss daher vom Markt genommen werden. Ziel ist es, Leerstandskonzentrationen zu verhindern. Mit öffentlicher Förderung des Programms „Stadtumbau Ost“ können nach derzeitigem Stand rein rechnerisch etwa 20.000 WE abgerissen werden. Es ist absehbar, dass Stadtumbau auch in der westlichen Stadthälfte und auch für kleinteilige Eigentümerstrukturen relevant werden kann.
Wohnumfeld.
Aufgrund der Haushaltslage des Landes Berlins sind für Teilbereiche der
Innenstadt, die nicht den touristisch geprägten Kernraum darstellt, abnehmende
Qualitäten im öffentlichen Raum anzunehmen. Dies beeinflusst die Wahrnehmung
von Wohnqualitäten negativ, wenn nicht entsprechende Kompensationsstrategien
erfolgen (z. B. bewohnergetragene Aufwertung von Hof- und Straßenbereichen).
Aufgrund der Entwicklungen im Einzelhandel (vgl. S. 65) ist eine Ausdünnung der Versorgungsstrukturen
anzunehmen, die ebenfalls die Qualität von Quartieren beeinträchtigen kann.
Trotz des anhaltend hohen Leerstandsniveaus werden auch zukünftig neue Wohnungen benötigt. Der Grund hierfür ist, dass es den Berliner Wohnungsmarkt nicht gibt; vielmehr ist eine Differenzierung der Teilmärkte zu beobachten. Es ist absehbar, dass Standardwohnungen in schlechten Lagen nicht mehr auf eine ausreichende Nachfrage treffen werden, während qualitativ hochwertige Angebote (Einfamilienhäuser, Etagenwohnungen in Quartieren mit urbanem Flair) nachgefragt und auch weiterhin Neubaumaßnahmen erfolgen werden. Rückbau und Neubau werden gleichzeitig stattfinden müssen, damit zukunftsfähige Wohnungsangebote zur Verfügung stehen. Zwischen 1993 und 2002 betrug in Berlin der Zuwachs an Privathaushalten ca. 5.000 p.a. Ob diese Größenordnung auch in den nächsten Jahren anhalten wird, ist fraglich. Die jährliche Zunahme der Privathaushalte wird in den nächsten Jahren geringer eingeschätzt als in den 90er Jahren. So ist die Zahl der Privathaushalte im Jahr 2002 zurückgegangen, obwohl die Einwohnerzahl leicht zugenommen hat.
Im Jahr 2001 wurden in Berlin rd. 7.000 WE fertiggestellt, im Jahr 2002 waren es etwa 5.100 WE, für das Jahr 2003 wird ein Volumen von ca. 4.000 WE angenommen. Für die darauffolgenden Jahre zwischen 2004 und 2009 wird jährlich von ca. 4.000 WE ausgegangen. Dabei wird folgende Verteilung erwartet:
· ca. 500 WE als Bestandsmaßnahmen (Dachauf- und –ausbau u. ä. Maßnahmen)
· ca. 1.000 WE als kleinteiliger Neubau in der Innenstadt
· ca. 2.000 WE als kleinteilige Neubauten in Bestandsgebieten offener Bauweise sowie
· ca. 500 WE in größeren Vorhaben.
Das
gartenbezogene Wohnen ist eine wesentliche Säule der Berliner
Neubauentwicklung. Die vorhandenen Angebote sind offensiv zu vermitteln.
Umfangreiche Potenziale liegen in den Bestandsgebieten offener Bauweise,
darüber hinaus stellen auch die innerstädtischen Brachflächen ein
Entwicklungspotenzial für verdichtete individuelle Bauformen dar, das
erschlossen werden sollte. Mit einem offensiven Flächenmanagement kann Berlin
damit in der Innenstadt und in Innenstadtnähe attraktive – und damit gegenüber
dem Umland konkurrenzfähige – Lagen anbieten.
Unter Berücksichtigung der Programmplanung „Stadtumbau Ost“ mit bis zu 20.000
nicht mehr nachfragegerechten – vom Markt zu nehmenden – Wohnungen, ist
insgesamt von einem relativ ausgeglichenen Verhältnis zwischen
Neubauentwicklung und Neubaubedarf auszugehen, das jedoch gleichzeitig durch
ein konstant hohes Leerstandsniveau geprägt bleiben wird.
Aufgrund der gegenwärtigen Wohnungsmarktlage (teilmarktbezogene Angebots- bzw.
Nachfrageüberhänge bzw. Leerstand etc.) ist die Nachfrage nach peripherem
Geschosswohnungsbau gegenwärtig als gering einzuschätzen. Auch für die weitere
Entwicklung ist von einer verminderten Nachfrage für derartige Wohnformen
auszugehen. Damit ergeben sich für die Großprojekte verlangsamte Umsetzungsperspektiven
sowie ggf. veränderte städtebauliche Konzepte (Dichte etc.).
Wer wird 2020 in Berlin wohnen? Welche Nachfrage- und
Angebotsstrukturen werden den Wohnungsmarkt in der Stadt und der Region
prägen?
Für die langfristige Entwicklung ist aufgrund des demographischen und
gesellschaftlichen Wandels von zunehmend diversifizierten Haushaltsstrukturen
auszugehen. Die Bevölkerung wird grauer, bunter und ggf. langfristig weniger.
Sie lebt u.a. in alten und jungen Single-Haushalten, in Restfamilien (empty
nest), als Paare mit und ohne Kinder, in Patchwork-Familien und
Mehr-Generationen-Haushalten.
Die baulichen Bestände von 2020 sind heute bereits zu über 95% vorhanden. Die Aufgaben liegen daher zum größten Teil in der Bestandsentwicklung. Die vorhandenen Bestände sind an die neuen Haushaltsstrukturen und ihre differenzierten Anforderungen anzupassen.
a)
Stadterneuerung /
Stadtumbau bzw. Rückbau
Der Charakter von Stadterneuerung und Stadtumbau als
baulich-investiver öffentlicher Intervention wird sich grundlegend wandeln: es
gilt, öffentliches Eigentum in Wert zu setzen bzw. seinen Wert zu erhalten. In
finanzieller Hinsicht wird die Aufwertung der öffentlichen Infrastrukturen
einschließlich des öffentlichen Raums Schwerpunkt staatlichen Handelns bleiben,
wobei hierfür weitergehende finanzielle Kooperationsmöglichkeiten mit privaten
Akteuren zu forcieren sind.
Öffentliche Investitionen der Stadterneuerung und des Stadtumbaus stehen unter
der Prämisse, zur (sozialen) Konsolidierung und zur nachhaltigen
Stadtentwicklung beizutragen. Projekte der Stadterneuerung werden tendenziell
kleinteiliger umzusetzen sein. Ähnlich wie beim Stadtumbau praktiziert, sollten
bei der Stadterneuerung verstärkt Wettbewerbsverfahren stattfinden, um
Innovationen zum Durchbruch zu verhelfen. Sowohl für Stadterneuerung als auch
für Stadtumbau wird die bisherige Dominanz staatlicher Förderung ersetzt durch
Privatinvestitionen. Größere Spielräume durch Deregulierung, die Schaffung von
mehr Markt-Transparenz u.a. können Anreize für private Akteure darstellen.
Der Stadtumbau wird an Bedeutung gewinnen und auch für den Westteil der Stadt
Relevanz erlangen. Der Rückbau von nicht mehr marktfähigen Wohngebäuden wird
stetig weitergeführt werden müssen, da die Bevölkerung nach 2020 schrumpfen
wird. Ziel ist es, die weitere räumliche Konzentration von Leerstand zu
vermeiden, um die Entstehung und Verschärfung von Problemlagen in den
betroffenen Bereichen zu verhindern.
Strukturelle Anpassungen der Wohnungsbestände an neue Bedarfe übertreffen
Neubaumaßnahmen bei weitem und werden durch private Investitionen zu tätigen
sein. Konzentrierte Aktionen zwischen Nutzern, Investoren und Kommune werden
notwendig bleiben, wobei der Kommune stärker die Funktion einer Moderatorin
zufällt.
b) Soziale Stadt
Die Instrumente der sozialen Stadtentwicklung den wachsenden
räumlichen Bedarfen anzupassen und gleichzeitig den Mitteleinsatz effizienter
zu gestalten, sind zukünftig zentrale öffentliche Aufgaben. Die strategische
Perspektive umfasst mehrere Dimensionen, wie die Öffnung bisheriger Verfahren
für weitere Akteure. Damit einher geht eine stärkere Integrationsorientierung,
sowohl hinsichtlich der Beteiligten als auch hinsichtlich der Verfahren, beispielsweise
der Monitoring-Ansätze oder der Mittelvergaben. Insbesondere für die Verwaltungsseite
setzt dies, in Zusammenhang mit den vorhandenen Ressort-Strukturen, veränderte
Vorgehensweisen voraus. Um den Ressourceneinsatz effizienter zu gestalten, sind
drei Ansatzpunkte zu verfolgen: der Rückgriff und die noch stärkere Aktivierung
vorhandener lokaler Potenziale im Sinne von Empowerment sowie Vergabeverfahren
mit Wettbewerbselementen, um Ideen und Innovationen zu generieren. Darüber
hinaus sind mit einem modifizierten Akteurskreis auch veränderte
Finanzierungsformen zu entwickeln.
Auch die räumliche Kulisse ist weiterzuentwickeln. Der Einsatz des Instruments
Quartiersmanagement (QM) in seiner bisherigen Form ist zu überprüfen. QM wird
mittelfristig für Interventionsgebiete intensiv weiterzuführen sein, kann aber
für Präventionsgebeite mit niedrigerer Intensität betrieben werden. Hierfür
sind die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen.
c)
Wohnungsneubau
Neubau hat für die zukünftigen Entwicklungen des regionalen
Wohnungsmarktes eine nachrangige Bedeutung und ist dauerhaft keine originäre
Aufgabe der öffentlichen Hand. Neubau-Entwicklung wird nur besondere,
qualitativ hochwertige Wohnungen umfassen, eher kleinteilig und überwiegend in
den Bestand integriert erfolgen. Das Segment preiswerter Wohnungen muss im
Bestand gesichert werden.
Es gilt, dass sich die öffentlichen Akteure mit ihren stark eingeschränkten
Ressourcen noch stärker darauf konzentrieren, die Stadtentwicklungsziele
darzulegen sowie Markt-Transparenz zu schaffen, um die Entscheidungs- und
Handlungsgrundlage für private Eigentümer zu verbessern. Die Verfügbarkeit
vorhandener Informationen und die notwendigen Austauschbeziehungen zwischen
den Akteuren des Wohnungsmarkts zu optimieren, liegt im öffentlichen
Interesse.
Im Handlungsfeld „soziale Infrastruktur“ bildeten in der ersten Hälfte der 90er Jahre der Abbau von Versorgungsdefiziten und die Sicherung gleichwertiger Versorgungsstandards Handlungsschwerpunkte. Ab Mitte der 90er Jahre sind verstärkt räumlich differenzierte Bedarfsentwicklungen aufgrund von Bevölkerungs- und sozialräumlicher Entwicklung (Abwanderung und Segregation) festzustellen. Während in der Innenstadt eher eine gute Ausstattung mit Einrichtungen bei gleichzeitigen Frei- und Grünflächendefiziten vorzufinden war, waren die Außenbezirke z. T. durch eine schlechtere Ausstattung mit Einrichtungen, aber eine bessere Frei- und Grünflächenversorgung gekennzeichnet.
Auf
großräumiger Ebene gibt es zwischen den beiden Stadthälften derzeit ein
Ungleichgewicht zwischen der Bevölkerungsverteilung und der Ausstattung mit
sozialer Infrastruktur. Dies basiert auf dem Bevölkerungsaustausch in der
Innenstadt (u.a. Wegzug von Familien) sowie dem Rückgang von Kindern und
Jugendlichen in den Plattenbau-Quartieren (Abwanderung und Geburteneinbruch).
In den von Einfamilienhäusern geprägten Nachverdichtungsgebieten ist derzeit,
trotz des Zuzugs von Einwohnern, keine wachsende Nachfrage nach zusätzlichen
Infrastruktureinrichtungen festzustellen; daneben stehen Kapazitäten in den
benachbarten Großsiedlungen zur Verfügung.
Bis 2010 ist davon auszugehen, dass die Überkapazitäten in vielen Bereichen steigen werden. Die Senatsschulverwaltung rechnet mit einem Rückgang der Schülerzahlen um etwa 34.000 (d.h. ca. 10%) auf ca. 313.000 Schüler. In der Konsequenz sind oder werden insgesamt 99 Schulstandorte von konkreten Aufhebungsmaßnahmen und weitere 19 als Aufhebungspotenzial betroffen:
·
seit 1997: 99
Schulstandorte mit genehmigten Aufhebungen, davon
68
Grundschulen
·
bis 2006: 19
Schulstandorte mit Aufhebungsabsichten der Schulträger, davon
12
Grundschulen
Der Umgang mit den entstehenden Überkapazitäten liegt in der
Zuständigkeit der Bezirke; hierfür bestehen im Wesentlichen drei Möglichkeiten:
a) Verbleib der Einrichtung beim Bezirk und Infrastruktur-Nachnutzung
b) Zwischennutzung
c) Einbringung in den Liegenschaftsfonds und damit i.d.R. Verwertung (ggf.
Abriss).
Nachfragedifferenzierungen.
Im Zuge des gesellschaftlichen Wertewandels mit einer Differenzierung von
Lebensstilen, dem Alterungsprozess der Bevölkerung und den zunehmenden sozialen
Segregationsprozessen stellen sich auch an die sozialen
Infrastruktureinrichtungen veränderte Anforderungen.
Im Kontext mit den Bestands- und Stadterneuerungsstrategien ist die verstärkte
Nachfrage-Orientierung (beispielsweise durch Nutzer-Umfragen) ein wichtiger
Ansatz für die zukünftige Weiterentwicklung. Wesentlich ist auch die Beseitigung
von qualitativen Defiziten in den vorhandenen Einrichtungen. Demgegenüber wird
der Neubau – vergleichbar zum Wohnungsbau – praktisch völlig zum Erliegen
kommen.
Aufgrund der angespannten Finanzlage und der zunehmenden Differenzierung von Bedürfnissen der Bevölkerung (z.B. neue Trends im Sport) ist die Aufgabenträgerschaft von Infrastrukturangeboten zu differenzieren. Die Tabelle stellt hierfür erste Überlegungen dar.
Tab. 6: Staatsaufgaben im Bereich soziale Infrastruktur – Status quo, Perspektive
Status quo |
|
|
· Schulen · Spielplätze · Kernsportanlagen · Grünanlagen · Bibliotheken · spezielle Anlagen für
einzelne Sportarten (Eislaufen etc.) · Hochschulen · Volkshochschulen · seniorengerechter Wohnraum |
· Kindertageseinrichtungen · Krankenhäuser · Jugendfreizeiteinrichtungen · Seniorenfreizeiteinrichtungen
|
· Schwimmbäder |
Perspektive |
|
|
· Schulen |
· Kindertageseinrichtungen · Jugendfreizeiteinrichtungen · Spielplätze · Grünanlagen · Kernsportanlagen
(ungedeckt, gedeckt) · Bibliotheken · Hochschulen · Volkshochschulen |
· Seniorenfreizeiteinrichtungen · Krankenhäuser · Schwimmbäder · spezielle Anlagen für
einzelne Sportarten (Eislaufen etc.) · seniorengerechter Wohnraum |
Im Weiteren sind Konzepte zu entwickeln, die diese Ansätze grundsätzlich hinsichtlich der Realisierbarkeit von gemischten Trägerschaften prüfen und konkretisieren. Dies betrifft beispielsweise die Trägerschaften bei Kinderspielplätzen oder Schulen.
Ein wesentlicher Standortvorteil von Region und Stadt ist die hervorragende Ausstattung mit sozialer Infrastruktur. Diese Qualitäten gilt es zu erhalten. Gleichwohl sind aufgrund der Haushaltslage Einschnitte in das Angebot sozialer Infrastruktureinrichtungen zu erwarten. Verbleibende kommunale Kernaufgaben liegen in den Bereichen Bildung, Kindererziehung und Integration, während für weitergehende Angebotsbereiche, wie Altenbetreuung, neue Modelle erforderlich werden. Insgesamt ist eine zielgruppen-orientierte Aktivierung erforderlich, die auf mehr Flexibilität, veränderte Formen der Übernahme von Verantwortung und damit neue Trägerformen setzt. In diesem Zusammenhang sind Potenziale für bürgerschaftliches Engagement systematisch zu erschließen sowie Handlungsfelder besser zu verknüpfen, die im Alltag in engen Wechselwirkungen stehen (z.B. verstärkte Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe, Mitwirkung von Fördervereinen).
Zur Zeit geltende Infrastruktur-Versorgungsstandards zur Flächenvorsorge im Rahmen stadtplanerischer Verfahren werden in den einzelnen Leistungsbereichen verstärkt durch eine regionale Bedarfsplanung ersetzt, in der die sozialräumlichen Entwicklungstendenzen angemessen berücksichtigt werden. Das setzt räumliche Modifikationen von Richtwerten und Planungsgrundlagen voraus. Dabei sind Ausgleichsziele an den baulichen und sozialen Strukturen auszurichten und so zu differenzieren, dass für problematische Bereiche höhere Standards zu Grunde gelegt werden als für unproblematische Räume. Durch harmonisierte Fachplanungen auf abgestimmter Datenbasis sowie weiter zu entwickelnde Formen bezirksübergreifender Berichterstattung sollen die Voraussetzungen für eine bezirksübergreifende Vergleichbarkeit und quantitativ sowie qualitativ differenzierte Angebote der sozialen Infrastruktur – auch im Sinne des Wertausgleichs – hergestellt werden. Eine Anlehnung an Planungs- bzw. Sozialräume ist dabei unerlässlich.
Um die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen, wird sich der Charakter der sozialen Infrastruktur im Hinblick auf weitere organisatorische und finanzielle Aspekte sowie räumliche Verteilungen grundlegend wandeln müssen. In organisatorischer Hinsicht steht die nachfrageorientierte Bestandsentwicklung im Vordergrund. Hierbei liegt eine stärkere Flexibilisierung (Mehrfachnutzung von sozialen Einrichtungen) sowie Öffnung und Integration in die umliegenden Bereiche[60] im öffentlichen Interesse; dahinter stehen veränderte Anforderungen an Angebotsgestaltung durch sich diversifizierende Nutzergruppen und demographische Umstrukturierungen. Notwendig ist auch der Abschied von Standard-Angeboten und eine stärkere qualitative Differenzierung der Angebote nach den Nutzerbedürfnissen. Gleichzeitig sind veränderte Finanzierungsformen zu erschließen. Beides setzt voraus, dass zunehmend weitergehende Kooperationen und Managementverfahren zwischen der öffentlichen Hand und sozialen Trägern sowie weiteren Akteuren (Wohnungswirtschaft, große Unternehmen etc.) etabliert werden.
Die Wirtschaftsstruktur Berlins hat sich in den letzten 13
Jahren massiv verändert: Der Dienstleistungsbereich hat die Industrie als
stadtbestimmenden Wirtschaftsektor abgelöst, der Vernetzungsgrad von
Wissenschaft und Wirtschaft ist zu einem maßgeblichen Erfolgsfaktor geworden,
Produktion und Dienstleistungen wachsen zu neuen Netzwerken zusammen. Auch im
Bereich der überregional orientierten Dienstleistungen konnte Berlin erhebliche
Zuwächse verzeichnen.[61]
Im Rahmen des Strukturwandels finden in den einzelnen Wirtschaftssektoren
erhebliche Umstrukturierungen statt. Die Unternehmen ordnen gegenwärtig ihre
Tätigkeitsfelder und Standorte neu. Dies umfasst auch eine neue Arbeitsteilung.
In der Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch innerhalb der Wirtschaft wachsen
die Industrie und die produktionsnahen Dienstleistungen zu neuen Netzwerken
zusammen. Generell ist eine Tendenz zur Auslagerung spezieller Unternehmensdienste
zu verzeichnen (Out-Sourcing), die sich im Zuge der EU-Osterweiterung noch verstärken
dürfte.
Zur Stärkung der Berliner Wirtschaft ist ein forcierter Infrastrukturausbau erforderlich. Dies betrifft in erster Linie die Errichtung des Flughafens BBI, aber auch den Ausbau von Straßen- und Schienenfernverbindungen (vgl. Kap. D).
Berlin ist ein Laboratorium für die Wirtschaft: auch wenn
die Welle der new economy abgeklungen ist, so ist davon auszugehen, dass eine
neue Welle auf die Stadt zukommt. MTV, Universal Studios und die PopKomm oder
Trend-Scouts in Mitte sind erste Wegbereiter. Diese Unternehmen stellen andere
Anforderungen an die Wirtschaftspolitik.
Hinzu kommt, dass das bisherige Set von staatlichen Fördermaßnahmen[62]
vermutlich nach 2006 – mit Neuausrichtung der EU-Strukturpolitik – in Berlin
nicht mehr zur Verfügung stehen wird.
Generell hat
Berlin für alle Wirtschaftsnachfrager ausreichende Flächenpotenziale, die traditionellen
Modelle der Unternehmensansiedlung durch Flächenbereitstellung sind weitgehend
überholt.
Unter stadtentwicklungsplanerischen Aspekten kann der Bereich Wirtschaft in
vier Bereiche untergliedert werden, diese weisen jeweils eine unterschiedliche
Flächenrelevanz auf.
· Wissenschaft und Forschung
· Produktionsgeprägtes Gewerbe
· Büroflächen / Dienstleistungen und
· Einzelhandel
Eine bedeutende Ressource Berlins liegt in den Wissenschaften, wissenschaftlichen Einrichtungen und Wissensnetzen (vgl. auch Kap. D).[63] Die angestrebte Intensivierung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft stellt gleichzeitig einen Ansatzpunkt für eine Strategie des Aufbaus einer „Wissenshauptstadt“ (oder Stadt des Wissens). Die Entwicklung hin zu einer Wissensgesellschaft ist auch Gegenstand von Politik und Förderstrategien der EU (bis 2010).[64]
Aufgrund der vielfältigen Strukturveränderungen in der inneren Stadt (Nutzungsaufgaben bei Gewerbe-, Bahn- und sonstigen Infrastrukturflächen) verfügt Berlin über umfangreiche Entwicklungsflächenpotenziale innerhalb des S-Bahn-Ringes, die prinzipiell für FuE-Nutzungen gut geeignet sind. Mit diesen Standorten sind vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten an bestehende wissenschaftliche Einrichtungen gegeben, so dass (durch eine Verdichtung dieser Strukturen) Synergieeffekte ermöglicht werden können. Im Hinblick auf eine mögliche Umsetzung des Verdichtungsansatzes für FuE-Einrichtungen in der Innenstadt, erscheinen die vorhandenen Flächenpotenziale (Schwerpunkt Innenstadt Ost) für eine solche Nutzungsentwicklung geeignet, diese Entwicklung ist zu unterstützen.
Für
eine Steuerung und Umsetzung entsprechender Prozesse stehen der Stadt neben dem
Planungsrecht vor allem die städtische Liegenschaftspolitik mit
zielgruppen-orientierten Ansätzen wie der Koordination von Grundstückstauschprozessen,
dem Monitoring zu potenziellen Liegenschaften oder Immobilien im Landesbesitz
oder Übertragung des Gewerbhof-Modells auf den FuE-Bereich zur Verfügung.
Im Rahmen der Wissenschaftspolitik dürften die wichtigsten Maßnahmen und Instrumente sein:
·
die Förderung von
regionalen und internationalen Netzwerkbildungen zur Intensivierung der
Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft,
·
die Förderung der
Sprachkompetenz in osteuropäischen Sprachen,
·
die Unterstützung von
PPP-Einrichtungen für die vielseitigen Aufgaben der Osteuropa-Integration
(Gesellschafts- und wirtschaftwissenschaftliche Zentren) sowie
·
die Akquisition von
entsprechenden EU-Einrichtungen.
In der Berliner Umweltbranche waren im Jahr 2000 ca. 17.500 Beschäftigte tätig, das Umsatzvolumen lag bei 2,5 Mrd. €. Die Umsätze der Umweltwirtschaft in Berlin konzentrieren sich in starkem Maße auf die Bereiche Recycling mit ca. 50% (Bund 25%) und Abfallwirtschaft mit ca. 12% (Bund 17,7%). Die Bereiche Regenerative Energien 7,7% (Bund 1,4%) und Rationelle Energienutzung 7,8% (Bund 2,5%) haben im Vergleich zum Bundesgebiet einen deutlich höheren Stellenwert.
Umweltschutz wird in Berlin als Produkt in Form von F & E- und Innovations-Know-How, Dienstleistungen, Technologievermittlung und Anlagenbau hergestellt, zugleich findet er auch breite Anwendung im produzierenden und verarbeitendem Gewerbe. Eine umweltorientierte Wirtschaftsförderung ist durch die Umweltförderprogramme UFP der Zukunftsinitiative Ökologisches Wirtschaften (ZÖW), die Gemeinschaftsinitiativen URBAN und das laufende Umweltentlastungsprogramm (UEP) forciert worden.
In dem neuen UEP werden
insgesamt vier Förderprogramme konzentriert. So soll die Übersichtlichkeit im
Bereich der Umweltförderung für Berliner Unternehmen erhöht werden. Insgesamt
stehen 124,2 Mio. € zur Verfügung, davon rund 60% EU-Mittel. Ein weiterer
erfolgreicher Ansatz der Umweltförderung ist das „Freiwillige ökologische
Jahr“.
Im Bereich des produktionsgeprägten Gewerbes ist seit 1991 ein starker Rückgang der Erwerbstätigen um insgesamt fast 209.000 verzeichnen. In der Folge dieses Arbeitsplatzabbaus wurden in erheblichem Umfang Gewerbeflächen freigesetzt.
Tab. 7: Arbeitsplatzentwicklung im produzierenden Gewerbe
Wirtschaftszweig |
Abbau von
Arbeitsplätzen 1991 - 2002 |
1991 |
2002 |
Verarbeitendes Gewerbe |
153.300 |
314.200 |
160.900 |
Baugewerbe |
41.500 |
128.500 |
87.000 |
Sonstiges |
13.700 |
29.400 |
15.700 |
Die Flächenpotenziale, die gemäß Flächennutzungsplan für gewerbliche Nutzungen zur Verfügung stehen, verteilen sich wie folgt:
Tab. 8. Gewerbeflächenkulisse FNP
Flächenkulisse
FNP |
|
Gewerbliche Bauflächen insgesamt dav.:
Bestandsflächen dar.: Nachverdichtungspotenzial (Innere
Reserve) neue
Gewerbeflächen (Wachstumsreserve) |
Der StEP Gewerbe (1999) und das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB) treffen Aussagen zur Profilierung der unterschiedlichen Berliner Gewerbestandorte. Ziel ist es, sowohl die Entwicklung als auch die Sicherung von Gewerbeflächen zu gewährleisten.
Die Erschließung neuer Gewerbeflächen vollzieht sich aufgrund moderater Nachfrage langsam (z.B. Marzahn: Ansiedlung relativ weit fortgeschritten, Pankow Nord: erst wenige Ansiedlungen, Bohnsdorf West: keine Entwicklungstendenzen, Inanspruchnahme wohl erst nach Inbetriebnahme des Flughafens BBI). Aufgrund schwacher Nachfrage, sinkender Bodenpreise und hoher Investitionskosten ist die Bereitschaft der – überwiegend privaten – Eigentümer gering, brach gefallene Standorte neu zu ordnen und an die veränderte Nachfragestruktur anzupassen. In der Konsequenz speist sich das Flächenangebot vielfach aus wenig attraktiven Flächen.
Die vorhandenen und neu gegründeten Unternehmen im Industriebereich in Berlin konnten durch neue Produktlinien und intensivere Forschung und Entwicklung ihre Wettbewerbsfähigkeit deutlich steigern. Als Stärken des Standortes Berlin haben sich folgende Sparten entwickelt: chemische Industrie und forschungsintensive Pharmaunternehmen, Maschinenbau / Elektrotechnik, Biotechnologie, Medizintechnik, IuK-Technik, optische und Mikrosystemtechnik, Verkehrstechnik. Insgesamt steigt der Anteil der mit industriellen Produkten verknüpften, meist wissensintensiven Dienstleistungen in Berlin.[65]
Arbeitsplatzentwicklung
im Gewerbe. Der Arbeitsplatzabbau im verarbeitenden Gewerbe wird im Zuge
der Tertiarisierung weiter anhalten, diese Entwicklung wird sich nicht verhindern
lassen. Insgesamt ist aber von einer deutlichen Verlangsamung des Abbaus
auszugehen, so dass die vorhandene Basis den produktionsorientierten Kern der
Berliner Wirtschaft darstellt.
Suburbanisierung. Es wird angenommen, dass die Suburbanisierung von Gewerbe und auch von Dienstleistungen in Agglomerationsräumen zukünftig generell an Bedeutung gewinnt. Im Vergleich zu den Agglomerationsräumen, die in den westdeutschen Ländern durch eine Dekonzentration von Erwerbstätigkeit in den Kernstädten bei gleichzeitigem Wachstum des Umlands gekennzeichnet sind, stellt sich die Situation in Berlin anders dar: Die Umstrukturierungen im Zuge der Wende haben einen starken Rückgang gewerblicher Nutzungen verursacht. Auch aufgrund der Stadtgröße ist die gewerbliche Suburbanisierung relativ gering und daher nur zu einem kleinen Teil für die Beschäftigtenverluste in Berlin verantwortlich (überschlägig geschätzt ca. 10% bezogen auf das verarbeitende Gewerbe). Von Suburbanisierung betroffen sind insbesondere die Bereiche Logistik, Transportwesen und Großhandel. Für den Bereich der (Büro-)Dienstleistungen ist ebenfalls davon auszugehen, dass sich die derzeitigen Trends (Ansiedlung in der Innenstadt aufgrund vorhandener Flächenangebote, Infrastruktur etc.) fortsetzen werden. Suburbanisierungstendenzen sind langfristig ggf. im Zusammenhang mit der Flughafenentwicklung anzunehmen.
Erforderlich ist vor allem eine konsequente Politik zur Erhöhung der Exportfähigkeit der Berliner Wirtschaft, auch hinsichtlich der Exporte in die künftigen neuen Mitgliedsstaaten, die im Kern eine KMU-Förderung sein muss. Wichtige Maßnahmen und Instrumente sind:[66]
· die Unterstützung von Netzwerkbildungen innerhalb der lokalen Wirtschaft und zwischen lokaler Wirtschaft und Wissenschaft,
· die Unterstützung von Qualifizierungsoffensiven für die mittlere und obere Managementebene sowie
· die Verbesserung der Kapitalausstattung der Unternehmen zur Teilnahme an produktorientierten Innovationsprozessen sowie für die Markteinführung im europäischen Raum.
Bezogen auf die Gewerbeflächenpolitik ist eine rein quantitative Bewertung der vorhandenen Flächenkulisse nicht ausreichend. Ziel muss die Sicherstellung eines ausreichenden Angebots von Flächen unterschiedlichster Qualität innerhalb der Berliner Teilräume sein. Die betrifft sowohl spezialisierte Standorte (z.B. Adlershof) als auch sonstige Angebote für kleine, mittlere und große Unternehmen. In diesem Kontext wird es – zumindest in einzelnen Teilräumen – erforderlich, Strategien zu entwickeln, die die Aufbereitung brachgefallener Flächen befördern.
Angesichts der geringen Mobilisierungsquote von privaten
Flächen für produktionsgeprägte Nutzungen und der insgesamt geringen Nachfrage
nach gewerblichen Bauflächen mit Produktionsorientierung sind die
Sicherungsinstrumente zu überprüfen. Im Rahmen der aktuellen Arbeiten an der
Weiterentwicklung des EpB erfolgt auch eine Überprüfung der Gebietskulisse,
durch die auch eine höhere Konsistenz des EpB gegenüber den betroffenen Flächeneigentümern
erreicht werden soll.
Im Rahmen der Angebotsstrategien sind für die Vermarktung von Standorten neue
Instrumente zu entwickeln und auf die Räume zu konzentrieren, in denen
zukünftig Entwicklungsschübe zu erwarten sind (z. B. Südost-Raum im
Zusammenhang mit Flughafen BBI).
Aufgrund der Abhängigkeit von Infrastrukturvorleistungen (TVN, TVO, SOV), die unter den gegenwärtigen Finanzbedingungen auf absehbare Zeit nicht umsetzbar sind, sind einzelne Gewerbedarstellungen des FNP (z. B. Heinersdorf-Nord) zu überprüfen und ggf. langfristig zurückzustellen.
Im Zusammenhang mit den Möglichkeiten, die Einnahmen des Landes zu vergrößern, ist künftig verstärkt zu prüfen, inwieweit vorhandene Einrichtungen, die im Bereich der sozialen Infrastruktur aufgrund einer dauerhaft veränderten Nachfrage nicht mehr erforderlich sind (z. B. Schulen), für Dienstleistungsnutzungen oder gewerbliche Nutzungen umgenutzt werden können (z. B. für Unternehmen, die sich auf das Umfeld beziehen). Aufgrund der engen räumlichen Zuordnung von sozialen Einrichtungen zu Wohnschwerpunkten kann dies eine Chance für eine Stadt der kurzen Wege und kleinteilige, stadtverträgliche Nutzungsmischung darstellen.
Der Bestand an Büroflächen hat sich
seit 1990 mit einem Zuwachs von fast 8 Mio. qm BGF auf über 18 Mio. qm BGF
erheblich vergrößert. Etwa die Hälfte des Flächenzuwachses von 1990 bis 2000
erfolgte in der inneren Stadt, ca. 20% in der Ringzone und 30% in der äußeren
Stadt. [67] Trotz stagnierender Zahl der
Bürobeschäftigten (ca. 645.000) ist der Flächenzuwachs überwiegend vom
Büromarkt aufgenommen worden. Das Angebot an kurzfristig verfügbaren
Büroflächen in Berlin betrug zum
Jahresbeginn 2003 ca. 1,4 Mio. qm; dies entspricht einer Leerstandsquote von
8,1 %. Damit bewegt sich Berlin auf einem ähnlichen Leerstandsniveau wie
vergleichbare europäische Bürostandorte (Paris 6,2% London 8,1 %, Brüssel 8,6
%, Mailand 7,6%). In Frankfurt a.M. und München sind die Leerstandsquoten mit
jeweils 4,8% deutlich niedriger.
Der Trend zur Tertiarisierung wird zunehmen und die
Wirtschaft weiter umstrukturieren. Die räumlichen Auswirkungen sind schwer
bestimmbar. Technologischer Fortschritt, veränderte Arbeitszeit-/-ort-Konzepte
(Teilzeit-, Telearbeit etc.), Bodenpreise der zentralen Bürolagen beeinflussen
die Flächennachfrage. Für die westdeutschen Agglomerationen wird eine leicht
ansteigende Büroflächennachfrage bis 2010 angenommen, der eine Stagnationsphase
bis 2020 folgt, um anschließend in einen Rückgang überzugehen.[68]
Es ist anzunehmen, dass sich in Berlin
die bisher positive Entwicklung der
Büroflächennachfrage in Verbindung mit Umstrukturierungen der
Nachfragergruppen verstetigen wird.
Allerdings leidet der Berliner Büroflächenmarkt darunter, dass Global
Player-Unternehmen, die jeweils große Flächen auch in exponierten Lagen
nachfragen, bislang nur schwach vertreten sind.
Bis
2010 wird, in Verbindung mit einem Anstieg der Bürobeschäftigten um ca. 90.000
Personen, ein weiterer Zuwachs von ca. 4,5 Mio. qm Büroflächen auf ca. 22,5 Mio.
qm BGF angenommen.[69]
Damit wird die Entwicklung dem im FNP 94 dargestellten Rahmen entsprechen.
Gleichzeitig wird sich diese Entwicklung räumlich und nach
nachfragegruppen-spezifischen Teilmärkten differenzieren: In räumlicher
Hinsicht wird die Innenstadt mit kleinen und mittelgroßen Projekten in einer
urbanen Mischung sowie mit ausgewählten Großprojekten eine besondere Rolle
spielen und ca. 50% der Nachfragedeckung übernehmen. Unterschieden nach
Nachfragertypen kommt den Global Players und jungen, innovativen Unternehmen
(z. B. der Medien-, Musik und der IT-Branche) eine Schlüsselfunktion zu.
Global Player werden sich auf zentrale imageträchtige Standorte (z.B. Alexanderplatz)
oder in langfristige Entwicklungsräume (z.B. Flughafen BBI) orientieren, während
die jungen, innovativen Unternehmen kleinteiligere Strukturen in urbanen
Quartieren der Innenstadt bevorzugen werden.[70]
Für nahezu alle Standorttypen sind die erwarteten Flächenpotenziale größer als die angenommene Nachfrage. D.h. in der interregionalen Konkurrenz um Dienstleistungsstandorte wird Berlin auch langfristig mit Flächenreserven in allen Teilmarktsegmenten und mit relativ moderaten Mieten „wuchern“ können.
Aufgrund der
veränderten Rahmenbedingungen (Finanzlage, Flächenangebot) sind einerseits
Prioritäten für Standortentwicklungen (Großprojekte) in den nachfragegeprägten
Bereichen der Innenstadt erforderlich. Diese sollten sich an den ggf.
notwendigen Vorleistungen der öffentlichen Hand orientieren. Es ist davon
auszugehen, dass diese Großprojekte (Alexanderplatz, Lehrter Bahnhof,
Ostbahnhof) nicht gleichzeitig entwickelt werden können.
Trotz der gegenwärtig erschwerten Steuerungsbedingungen in allen räumlichen
Teilmärkten, die aus der Diskrepanz zwischen Flächenangebot und Nachfrage
resultieren, ist es ein langfristiges Ziel, an den Ringstandorten festzuhalten,
um bezirksübergreifend Standortalternativen zur Innenstadt
(Ergänzungsstandorte, nicht Ersatzstandorte) zu entwickeln.
Der
Einzelhandel ist durch eine aufholende Entwicklung in der
Verkaufsflächenausstattung gekennzeichnet. Seit 1990 hat die Verkaufsfläche um
1,7 Mio. qm zugenommen. Im Jahr 2003 umfasst die Verkaufsfläche ca. 4
Mio. qm, davon ca. 46% in Zentren. Je Einwohner betrug die Verkaufsfläche
1990 0,59 qm, vergrößerte sich bis 1996 auf 0,85 qm und lag 2002 bei
1,18 qm.[71]
Mittlerweile ist der Nachholbedarf weitgehend gedeckt, Abweichungen zwischen
unterschiedlichen Teilräumen resultieren aus unterschiedlichen Lagen und
Funktionen.
Im Vergleich zu anderen Großstädten hat Berlin eine geringere Zentralität und leicht unterdurchschnittliche Verkaufsflächenausstattung:
Tab. 9: Strukturvergleich Einzelhandel Berlin – Hamburg – München
|
Berlin |
Hamburg |
München |
Einzelhandelszentralität 2002 |
103,0 |
111,7 110,4 |
127,7 120,2 |
Verkaufsfläche je Einw. 2002 1992 |
1,18 0,59 |
1,35 1,21 |
1,21 1,13 |
Einzelhandel- und Freizeit(groß)einrichtungen. Der Einzelhandel befindet sich seit Jahren in einem Strukturwandel, dessen Ende nicht absehbar ist. Dies betrifft Veränderungen in den Vertriebsformen (z.B. Factory-Outlet-Center, e-commerce etc.) und einen Trend zu wachsenden Betriebsgrößen. Zudem erfolgt eine Differenzierung in 'versorgungs'- und 'erlebnis'-orientierte Ansätze. Damit einher gehen veränderte baulich-räumliche Konzepte, die Reduzierung der 'Versorgungseinrichtung' auf ihre logistische Funktion (aktueller Trend z.B. bei Discountern) bzw. die Anlagerung von komplementären Nutzungen (Gastronomie, Kultur, Sport etc.) bei erlebnis-orientierten Konzepten. In beiden Fällen wachsen die räumlichen Einzugsbereiche, die Integration in gewachsene Strukturen wird erschwert.
Für den Einzelhandels- und Freizeitbereich werden bundesweit allgemein anhaltende Tendenzen zur „grünen Wiese“ erwartet. Durch Großeinrichtungen auf der „grünen Wiese“ bzw. an nicht-integrierten Standorten im Stadtgefüge wird jedoch ein Verkehrswachstum erzeugt, das überwiegend durch den motorisierten Individualverkehr (MIV) getragen wird und mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden ist. Auch das Brandenburger Umland Berlins wird sich mit ähnlichen Entwicklungstrends konfrontiert sehen, die aber für die Stadt aufgrund ihrer Größe geringere Auswirkungen haben. Für die Berliner Zentrenstruktur ist als zusätzliche Herausforderung einzuschätzen, dass mit einem anhaltenden Ansiedlungsdruck auf städtische Flächen außerhalb der Zentren zu rechnen ist. Im Ergebnis wird – entsprechend den stadtentwicklungspolitischen Zielen – damit gerechnet, dass insgesamt weniger die Neuentwicklung von Standorten im Vordergrund stehen wird. Vielmehr ist die funktionale Aufwertung und Qualifizierung der vorhandenen Standorte wesentlich, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. Andere deutsche Großstädte haben hier bereits erhebliche Anstrengungen zur Aufwertung ihrer zentralen Einzelhandelsstandorte unternommen.
Verlierer dieser Trends sind – schon
gegenwärtig – die kleineren Stadtteil-
und Ortsteilzentren, insbesondere in den äußeren Stadträumen, aber auch
die traditionellen Einkaufsstraßen sind in ihrer Funktionalität gefährdet. In
diesen Bereichen ist der Erlebniseinkauf gegenüber dem Versorgungseinkauf
nachrangig. Von den Strukturveränderungen im Versorgungsnetz sind vorrangig
die nicht-auto-mobilen Teile der Bevölkerung betroffen.
Von den Veränderungen der Ladenöffnungszeiten werden die kleineren Zentren mit
ihren differenzierten Eigentümerstrukturen und Betriebsformen vermutlich
weniger profitieren als die größeren Zentren und Standorte.
a)
Übergeordnete Leitlinie
Der Einzelhandel ist stärker als bisher als Wirtschaftsfaktor zu verstehen. Ziel ist es, die Zentralität Berlins im Vergleich zum Umland, aber auch im Vergleich zu anderen Großstädten zu erhöhen. Eine wichtige Zielgruppe hierfür sind touristische Einkäufer, die in erheblichem Umfang Geld in der Stadt lassen. Um den Einkauftourismus zu fördern, ist die Innenstadt aufzuwerten. Die Kaufkraftabflüsse nach Brandenburg zu minimieren und damit die Zentralität Berlins zu steigern, wird mit dem Ansatz verfolgt, Fachmarkt-Agglomerationen gezielt auf zentrenverträgliche Standorte zu lenken.
b)
Flächenentwicklung
Bis zum Jahr 2015
wird ein Wachstum der Verkaufsflächen von ca. 0,4 Mio. qm gegenüber der Fläche
von 2003 (4,0 Mio. qm) angenommen.[72] Bei gleichbleibender Bevölkerung (3,4 Mio.)
hätte Berlin für den expansiven Fall dann einen Versorgungsgrad, wie er im Jahr
2000 in Hamburg oder im Bundesdurchschnitt vorhanden war.
Wichtiger noch als die Steigerung der Quantitäten (, die in der gegenwärtigen
wirtschaftlichen Situation einen Verdrängungswettbewerb darstellt, )sind die
zu erwartenden Qualitätsveränderungen. Die Mehrzahl der Standorte wird Umstrukturierungen
in den Angeboten verfolgen, um ihre Wettbewerbspositionen zu sichern oder
auszubauen. Die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung ist –
vor dem Hintergrund dieser Prozesse– eine zentrale öffentliche
Steuerungsaufgabe. Das vorhandene polyzentrale System der Zentren stellt eine
räumliche Struktur dar, auf die die weitere Entwicklungsdynamik zu lenken ist.
Für die städtischen Zentren sind Konzepte zu entwickeln, die der
Abwertungsproblematik angesichts der zunehmenden Orientierung auf den
motorisierten Individualverkehr und dem Konzentrationsprozess entgegen steuern.
c)
Qualifizierung der
städtischen Zentren
Berlin verfügt über eine leistungsfähige Zentrenstruktur. Die Bedeutung als Einzelhandelsstandort ist aufgrund der monozentrischen Raumstruktur in der Region unbestritten. Dennoch werden im Vergleich zu anderen Agglomerationsräumen häufig Unterschiede und Defizite deutlich (geringere Kaufkraftbindung, Angebotsqualität, Qualität des öffentlichen Raums). Daher sind für die städtischen Zentren funktional-differenzierte Entwicklungs- und Aufwertungskonzepte erforderlich, die nicht nur den Handel, sondern auch die Gastronomie, Kultur und Immobilienwirtschaft einbinden. Der öffentlichen Hand kommt hierbei die Funktion der Impulsgeberin zu; es sind veränderte Verfahrensweisen zu entwickeln, die beispielsweise auf den Wettbewerb zwischen den städtischen Zentren setzen, um innovative und kreative Konzepte umzusetzen.
d)
Fachmarktentwicklung
Öffentliche Aufgabe ist auch eine gezielte Angebotsplanung für Fachmarktagglomerationen. Damit wird für kfz-orientierte Verbrauchergruppen ein sekundäres Versorgungsnetz mit nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten ermöglicht. Gleichzeitig soll sich der fachmarkt-geprägte Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten in bestehende Zentren integrieren oder ggf., wenn räumlich möglich und sinnvoll, an vorhandene Zentren anlagern.
e)
Umlandentwicklung
Die genannte Umstrukturierungstendenzen
(Qualitätsveränderung vor Quantitätssteigerung) betreffen auch die peripheren
Standorte im Umland von Berlin. Aus anderen Regionen sind vergleichbare
Entwicklungen bekannt.[73] Eine
Steuerung dieser Prozesse liegt im öffentlichen Interesse, um die vorhandenen
Zentrenstrukturen als Voraussetzung für eine verbrauchernahe Versorgung der
Bevölkerung zu stützen und damit auch negative Umweltfolgen des
Einkaufsverkehrs zu vermeiden. Neben den vorhandenen Instrumenten sind
veränderte Verfahrensweisen wie Kooperationen und Wettbewerbsmechanismen in
die Steuerung zu integrieren. Dies betrifft unterschiedliche Ebenen und
Akteurskonstellationen (Stadt – Umland, städtische Zentren untereinander etc.).
f)
Weitere
Strukturveränderungen
Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel wird sich ggf. das Nachfrageverhalten verändern. Die zunehmend älter werdende Bevölkerung kann einerseits erprobte Verhaltensweisen (Erlebniseinkauf) beibehalten, andererseits aber auch Präferenzen neu bzw. wiederentdecken (Orientierung auf den Nahbereich und lokale Identifikationspunkte). Für den Handel können daher zukünftig nicht nur Angebotsanpassungen an älter werdende Kunden prägend wirken, sondern auch veränderte Standortanforderungen. Für den Faktor Erreichbarkeit wäre dann ggf. die MIV-Erreichbarkeit weniger wichtig als die fußläufige oder ÖV-Erreichbarkeit. Dies hätte veränderte Standortmuster zur Folge.
Grün- und Freiflächen in der Stadt sind sowohl für die Lebensqualität ihrer Bewohner, als auch für den Naturhaushalt von großer Bedeutung. Als gestaltete Grünanlagen dienen sie vor allem der Freiraumerholung der Bevölkerung, bereichern das Stadtbild und gliedern die Siedlungsstruktur. Zusammen mit allen anderen Freiflächen im Stadtgebiet bilden sie auch den vielfältigen Lebensraum für die Pflanzen- und Tierwelt, verbessern das Stadtklima und erfüllen wichtige Funktionen für den Boden- und Wasserhaushalt in der Stadt.
Die Dokumentation der innerstädtische Freiflächenentwicklung stellt somit einen zentralen Parameter für eine nachhaltige Stadtentwicklung dar. Für Berlin wurde ermittelt, dass sich die Inanspruchnahme von Freiflächen für die Siedlungsentwicklung in der Dekade von 1990 bis 2000 deutlich verringert hat. Gegenüber einer Flächeninanspruchnahme von durchschnittlich 370 ha pro Jahr noch im Zeitraum zwischen 1980 und 1990 waren es gemäß Umweltatlas im letzten Jahrzehnt nur noch 48 ha pro Jahr.
Freiflächenentwicklung, Quelle: Digitaler Umweltatlas 06.03
Betrachtet man jedoch den gesamten Ballungsraum Berlin, dann
ist ein deutlicher Siedlungs- und Verkehrsflächenzuwachs auf Brandenburger
Gebiet zu verzeichnen. Überschlägige Berechnungen ergaben für die Peripherie
der Stadt innerhalb der letzten Dekade eine Freiflächeninanspruchnahme von
1000 ha pro Jahr.
Diese Entwicklung ist übrigens für alle Ballungsräume symptomatisch, in der
Berliner Ausprägung aber einem zusätzlichen Nachholbedarf und
Suburbanisationsdruck geschuldet.
Strategische Zielsetzung orientierte auf "Bedarfs"erfüllung
Die Flächenentwicklung der Park- und Grünanlagen von rd. 4200 ha auf rd. 5500 ha ist vor allem auf die Übernahme von Landwirtschaftsflächen in die Obhut der Grünflächenämter zurückzuführen, wodurch diese Flächen jetzt gewissermaßen als siedlungsnahe Grünflächen fungieren. Da dies überwiegend in Pankow erfolgt ist, weist dieser Bezirk mit 17,5 m² pro Einwohner die beste Ausstattung mit siedlungsnahen Park- und Grünanlagen auf.
Bei wohnungsnahen Grünanlagen hingegen stabilisierte sich die Flächenkulisse und weist durchschnittlich für das Stadtgebiet 5,0 m² pro Einwohner aus. Als am besten ausgestattet gilt hier der Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit 8,3 m² pro Einwohner, während Neukölln nur über 2,4 m² pro Einwohner verfügt.[74]
Die Grafik verdeutlicht, dass trotz Flächenerweiterung innerhalb des
dokumentierten Zeitraumes von 1994 bis 2003, ein immer geringer werdender
finanzieller Ansatz zur Pflege und Unterhaltung für öffentliche Grünflächen zur
Verfügung steht. In absoluten Zahlen ausgedrückt, stehen im Jahr 2003 für alle
Grünflächenämter in den Haushalten nur noch Mittelansätze in Höhe von rd. 20
Mio. Euro zur Verfügung. Das entspricht 24% des errechneten Bedarfs für das
Jahr 2003 und bedeutet gegenüber 1994 eine Reduktion um nahezu 67%.
Dieser kontinuierliche Abbau von Pflegemitteln wird darüber hinaus noch negativ verstärkt von der Zunahme sozialer Probleme (Missachtung des öffentlichen Grüns, Vermüllung, Zunahme des Vandalismus). Eine wesentliche Konsequenz ist auch, dass die Attraktivität der Grünanlagen vielerorts abnimmt. Setzt man diese Entwicklungen - d.h. vor allem den Grünflächenzuwachs und die Reduktion von öffentlichen Pflegemitteln - ins Verhältnis, dann wird unschwer offensichtlich, dass neue Wege mit einer veränderten Strategie künftig beschritten werden müssen.
Strategische Zielsetzung orientierte auf Standortsicherung durch FNP
und LaPro
In der Abbildung sind diejenigen Grün- und Freiflächen dargestellt, die in Berlin seit Beginn der 90er Jahre gemäß Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm schwerpunktmäßig entwickelt wurden. Konzeptionell orientiert am Berliner Freiraumsystem wurden gezielt der Innere und Äußere Parkring sowie die Naherholungsgebiete als Schwerpunkträume für die weitere Qualifizierung bestimmt.
Von den geplanten "16 Neuen Parks für Berlin" konnten mittlerweile 10
Parks in die Realisierung genommen werden. Es ist wichtig, in diesem
Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die neuen Parks überwiegend als
Ersatzmaßnahmen für projektbezogene Eingriffe in Natur und Landschaft
planfestgestellt wurden. Die Kosten hierfür sind von den jeweiligen Eingriffsverursachern
zu tragen. Allein die großen Ersatzmaßnahmen, die seitens der Senatsverwaltung
seit 1995 vorgeschlagen, gesichert und bereits weitgehend umgesetzt sind,
belaufen sich auf ein Volumen von ca. 300 Mio. DM.
Sieht
man sich hierzu im Vergleich die öffentlichen Finanzeckwerte der
Investitionsplanung zwischen 1991 und 2001 in Berlin auf der nebenstehenden
Übersicht an, ist festzustellen, dass im Jahre 2001 nur noch ca. 14 Mio.
DM von ehemals ca. 57 Mio. DM pro Jahr für den Neubau von Grünanlagen zur
Verfügung standen.
Da auch künftig die Entwicklung und Qualifizierung von
Grünanlagen überwiegend über naturschutzrechtliche Kompensationspflichten
erfolgen wird, ist vor allem für die Erfordernisse der Bauleitplanung eine
Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption entwickelt worden. Zum einen können
damit Ausgleichspflichten noch besser in die Schwerpunkträume der
Stadtentwicklung orientiert werden. Darüber hinaus aber stellt die
Ausgleichskonzeption eine wichtige planerische Voraussetzung dar, um
Ausgleichserfordernisse, die am Ort des Eingriffs nicht sinnvoll zu
realisieren sind, für prioritäre Ausgleichsflä
chen besser bündeln und steuern zu können.
Neben der erforderlichen Bündelung und Prioritätensetzung von Grünaktivitäten innerhalb der bisher bekannten Grünkulisse ist in den kommenden Jahren aufgrund Veränderungen in bisher anderweitig genutzten Arealen von zusätzlichen Freiraumflächenpotenzialen in nennenswerter Größenordnung auszugehen.
Zum einen sind bereits Anlagen geplant, wie z.B. der künftige Volkspark
auf dem Tempelhofer Feld (nach
Aufgabe der Flughafennutzung).
Weitere Anlagen – gemäß FNP und LaPro – sind noch geplant auf dem Güterbahnhof Schönholz, auf dem Güterbahnhof in Moabit, in Lichterfelde-Süd, auf den Buckower
Feldern und für das Erholungsgebiet Kaulsdorfer
Seen.
Für diese Anlagen sind extensive Folgekosten für Pflege und Unterhaltung eine
wesentliche Rahmenbedingung.
Hiervon zu unterscheiden sind zum anderen Freiraumpotenziale, die erst sukzessive einer planerischen Konkretisierung zugeführt werden können. Sie sind insbesondere in den folgenden Nutzungsbereichen zu erwarten:
· Bei den Friedhofsflächen ist mit einer Nutzungsaufgabe von rd. 700 ha zu rechnen.
· Der Rückbau von Wohn- und Infrastrukturstandorten in der Kulisse des „Stadtumbau Ost“ erhöht das Potenzial von Freiflächen.
· Bedingt durch Veränderungen im landwirtschaftlichen Sektor (Modifikation des Förderregimes, EU-Osterweiterung etc.) ist langfristig innerhalb des Stadtgebietes eine Nutzungsaufgabe in nicht unerheblichem Umfang anzunehmen.
· Für innerstädtische Wasserwerke sind Nutzungsaufgaben nicht mehr auszuschließen.
· Innerhalb der Kleingartenkulisse wird ein Rückgang der Nachfrage vermutet.
· Eine reduzierte Flächennachfrage für bauliche Nutzungen wird eine Zunahme von Brachflächen auslösen.
· Durch die Aufgabe der Flughafennutzung für Tegel sind rd. 200 ha wieder in den Stadtkörper zu integrieren.
Zur aktuellen Statusbestimmung Grün, Freiraum können folgende wesentliche Parameter festgehalten werden:
a) Es wird künftig, allenfalls nur noch punktuell im Zusammenhang mit konkreten Stadtentwicklungsprojekten, die Neugestaltung von Park- und Grünanlagen erforderlich sein.
b) Innerhalb der Bestandskulisse der Park- und Grünanlagen ist aufgrund mangelnder Finanzausstattung von einem stetig fortschreitenden Substanz- und Qualitätsverlust auszugehen.
c) Als konzeptionell neu zu bewältigende Aufgabe und Chance wird der Zuwachs von Freiraumflächenpotenzialen aufgrund von Nutzungsaufgaben angesehen.
d) Mit der Vernetzung von Freiräumen und Biotopen sind sowohl Verbesserungen für die Erholungssuchenden als auch für Flora und Fauna in ihren jeweiligen Lebensräumen zu sichern
Auf den traditionellen Wegen und mit den bisherigen Mitteln
allein kann die Unterhaltung und Pflege des Freiraumsystems sowohl quantitativ
als auch qualitativ nicht mehr ausreichend gewährleistet werden. Die Schwerpunkte künftiger Landschafts- und
Freiraumentwicklung liegen daher in der Bestimmung innovativer Formen der Substanzerhaltung und Bestandspflege.
Zum Potenzial
denkbarer fachlicher Ansätze zählen:
·
Neuformulierung
der Flächenkulisse des LaPro
Sofern die allgemeinen Rahmenbedingungen im Hinblick auf Flächenbedarf und -nachfrage zur Siedlungsentwicklung eine grundlegende Überprüfung erforderlich machen, sollte hierfür vorlaufend die zur Disposition gestellte Flächenkulisse im Hinblick auf ihre ökologische und erholungsbezogene Bedeutung neu bewertet werden.
·
Hierarchisierung und Profilierung des
öffentlichen Freiraums
Das öffentliche Freiraumsystem ist in eine Hierarchiestruktur
einzuordnen, die in den Kategorien gesamtstädtisch, stadtteil- und
quartiersbezogen unterschieden wird.
Daraus resultieren differenzierte Anforderungen an die Gestaltung neuer Anlagen
(Repräsentativität, Ausstattung, Nutzungsmöglichkeiten etc.).
Bezogen auf ihre Lage im Stadtraum, ihre Funktion und ihre Nutzungsintensität
sind für die verschiedenen Typen von Grünanlagen ebenso Qualitätsziele und
Prioritäten für die Unterhaltung und Pflege in Abstimmung mit den
Bezirksämtern abzuleiten.
Im Ergebnis wird sowohl für die Neuanlage als auch für die Pflege und
Unterhaltung von öffentlichen Grünflächen eine Standarddifferenzierung
erarbeitet, die den gezielteren Einsatz der öffentlichen Mittel ermöglicht.
·
Stärkung von privater Verantwortung für das
öffentliche Grün
Bürgerschaftliches Engagement und private Verantwortung für öffentliches
Grün sollen gestärkt werden.
Dafür sind Modelle zu entwickeln, die geeignet sind, finanzielle Potenziale und
die Bereitschaft zu Eigenleistung von Bürger/innen, Stadtteilinitiativen,
Wohnungsbaugesellschaften und Investoren zu aktivieren.
Sponsoring, Mäzenatentum, ehrenamtliche Arbeit von Bürger/innen bis hin zu
vertraglichen Vereinbarungen zur Übernahme öffentlichen Grüns in die Obhut von
Privaten sollen aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen (z. B. Los Angeles
Platz, der einem privaten Eigentümer übertragen worden ist, oder die
Direktvergabe von Sachmitteln an engagierte Bürger/innen, wie sie derzeit
erstmalig erprobt wird) weiterentwickelt und verstetigt werden.
·
Profilierung der
privaten Freiräume
Für einzelne privat und gemeinschaftlich in Anspruch genommene Freiräume sind neue Formen von Nutzung und Gestaltung zu finden. Dazu zählen insbesondere:
· Freiflächen im Bereich von Zeilenbebauung und Großsiedlungen
· Qualifizierte private Freiräume bei Neubauvorhaben (Balkone, Terrassen, Höfe)
· Neue Formen für gemeinschaftlich genutzte Freiräume wie z. B. Mietergärten
·
Neue
Aneignungsformen
Durch das Anwachsen der nicht besetzten Stadträume, werden neue temporäre Aneignungsformen beobachtet, z. B. informeller Sport auf dem ehemaligen Standort des Stadions der Weltjugend. Hier sind innovative Modelle zur Schaffung von temporären Freiräumen zu entwickeln, die nicht sogleich in die Kategorie öffentliche Parkanlage eingestuft werden. Die zumeist hohe Individualität dieser Räume sollte neuen Nutzern temporär ohne großen Aufwand zur Verfügung gestellt werden. Zu klären sind dabei Haftungsfragen, Besitzverhältnisse etc.
·
Bestandsentwicklung
als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme
Im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft, ist es nicht zwingend vorgeschrieben, dass für den Verbrauch von Natur für zumeist bauliche Zwecke, wertvolle Flächen neu und erstmalig zu schaffen sind. Ebenso können qualitätsverbessernde, natur- und erholungswirksame Maßnahmen auf bereits vorhandenen Flächen erfolgen. Insoweit sollten künftig auch Maßnahmen und Erfordernisse der Grunderneuerung und Instandsetzung im Bereich öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen mit bedacht werden.
·
Neue Modelle der
Freiflächensicherung und -bereitstellung
Das Instrument der Sicherung wertvoller Teile von Natur und Landschaft sollte stärker auf den Aspekt der Freiraumsicherung und damit auf den Schutzzweck der "besonderen Bedeutung für die Erholung" ausgerichtet werden.
Generell kann in stärkerem Maß auf ambitionierte Schutzziele sowie auf Restriktionen für Grundstückseigentümer verzichtet werden.
Es kommt vielmehr darauf an, diese Freiflächen/Bereiche sehr zurückhaltend zu erschließen und damit nur deutlich reduzierte Verkehrssicherungspflichten für die öffentliche Hand auszulösen.
· Waldvermehrung/Landschaftspflege
Unter dieser fachlichen Zielsetzung (für Flächen bspw. im Nord/Ostraum) wird in diesem Zusammenhang nicht an die Herstellung geschlossener Waldbestände - im Sinne traditioneller Ziele und Erfordernisse einer ertragsorientierten Forstwirtschaft - gedacht. Vielmehr sollen waldgeprägte, für die Erholung geeignete Landschaften entstehen, die neben Frei- und Sukzessionsbereichen ggf. auch Wasserflächen aufweisen können.
Aber auch auf landwirtschaftlichen Flächen sollen verstärkt mit den Instrumenten einer nutzerbezogenen Landschaftspflege die Anforderungen an Natur und Landschaft ( z.B. Erhaltung der Kulturlandschaft) bewältigt werden.
In den letzten Jahren hat sich die Situation der Umwelt in
vielen Bereichen deutlich verbessert. Die Entwicklung in den
unterschiedlichen Umweltmedien ist vielfach indirekt, in einigen Bereichen auch
direkt mit der Siedlungs- und insbesondere der Verkehrsentwicklung verbunden.
In Bezug zur langfristigen räumlichen Entwicklung sind insbesondere die
Themenkomplexe Wasser sowie Flächeninanspruchnahme einschließlich Bodenschutz
(vgl. Kap. F, S. 37)als Umweltmedien mit einem stärkeren Flächen- und
Raumbezug vertiefend zu betrachten. An dieser Stelle wird daher zunächst
dargestellt, wie die Entwicklung in den Bereichen Lärm, Luft, gobaler
Klimaschutz, Stadtklima sowie Abfall verlaufen ist und welche weiteren Entwicklungen
zu erwarten sind.
Integrativer Umweltschutz ist eine der drei tragenden Säulen der Nachhaltigkeitsstrategie, die folgende Hauptziele verfolgt:
· Die natürlichen Ressourcen sind konsequent zu schonen,
· die natürliche Vielfalt (Biodiversität) ist zu erhalten und
· der Zugang zu Umwelt und Ressourcen ist gerecht zu verteilen.
Oberstes Ziel der Umweltpolitik in einer Stadt ist es, Leben und Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen jetzt und in der Zukunft vor Gefahren, Schädigungen und Beeinträchtigungen durch Belastungen der Umwelt und des Ökosystems zu bewahren. Dazu sind die Schadstoffbelastungen zu minimieren, Gefahren aus Bodenverunreinigungen insbesondere zum Schutze des Grundwassers abzuwehren sowie Lärmemissionen und Luftschadstoffe zu minimieren, die vorwiegend vom Verkehr verursacht werden.
Die Bewahrung der Umwelt als existenzielle Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen wird um so dringlicher, je stärker natürliche Ressourcen vereinnahmt werden. In städtisch geprägten Agglomerationsräumen – wie Berlin – sind das ökologische Belastungspotenzial und damit die Handlungsbedarfe zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität am größten.[75]
Der Schutz und die Wahrung der Umwelt sind originäre Aufgaben des Staates. Dazu sind von staatlicher Seite die geeigneten Ziele, Leitbilder und Standards zu erarbeiten und vorzugeben und zu deren Erreichung geeignete Instrumente wie Ver- und Gebote, Planungsprozesse usw. zur Anwendung zu bringen. Umweltschutz ist darüber hinaus auch ein stadtgesellschaftliches Handlungsfeld. Im Rahmen der Agenda sind neben der öffentlichen Hand auch weitere Akteure der Stadtgesellschaft eingebunden. Derzeit wird vom Agendaforum in neun Handlungsfeldern eine gesamtstädtische Agenda 21 zur nachhaltigen Entwicklung Berlins erstellt. Die endgültige Agenda soll im Herbst 2003 vom Senat in das Abgeordnetenhaus eingebracht werden.
Hauptverursacher für die Umweltbelastungen durch Lärm und Luftschadstoffe im Stadtgebiet ist der Verkehr – insbesondere der motorisierte Kraftfahrzeugverkehr. Um hier Belastungsreduzierungen zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmestrategien zu entwickeln. Es ist beabsichtigt, zumindest einen Teil dieser Maßnahmen in die Stadtentwicklungs- und Verkehrsplanung zu integrieren.
Die Berliner Verkehrslärmkarte zeigt eine hohe Lärmbelastung, der insbesondere Anwohner von Hauptverkehrsstraßen ausgesetzt sind. So werden für ca. 70% der bebauten Abschnitte von Hauptverkehrsstraßen tagsüber Lärmpegel von über 65 dB(A) ermittelt, im Nachtzeitraum sind es sogar mehr als 80% der Abschnitte mit Pegeln über 55 dB(A). Diese Richtwerte werden von der Lärmwirkungsforschung als Schwelle für die Belastung genannt, ab der gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind.
Eindeutige Trendaussagen für das gesamte Stadtgebiet zur bisherigen Entwicklung der Lärmbelastung sind nicht möglich. Es ist aber davon auszugehen, dass die wenigen technischen Verbesserungen in den letzten 10 Jahren in Bezug auf die Geräuschentwicklung von Fahrzeugen nur einen geringen Einfluss haben und es zumindest im Hauptverkehrsstraßennetz insgesamt keine gravierenden positiven Belastungsänderungen gegeben hat.
Im Rahmen der Arbeiten zum StEP-Verkehr wurden
Untersuchungen zur Entwicklung der Lärmbelastung mit dem Zeithorizont 2015
durchgeführt. Unter den Voraussetzungen, dass durch technische Verbesserungen
an den Fahrzeugen Minderungen von 3 dB(A) erreicht werden (UBA-Prognose bis
2015, derzeit nicht in vollem Umfang absehbar) und alle Fahrbahnoberflächen
einen gutem Zustand aufweisen, sind deutliche Minderungen der Lärmbelastung
insbesondere von sehr hoch belasteten Straßenabschnitten zu erwarten. Es sind
aber weiterhin ca. 240.000 Anwohner (derzeit 283.000) im Nachtzeitraum von
Pegeln über 55 dB(A) betroffen. Dies zeigt, dass auch zukünftig ein hoher
Handlungsbedarf zur Entwicklung und Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen
insbesondere an Hauptverkehrsstraßen besteht.
Um eine möglichst effektive Lärmminderungsplanung zu entwickeln, ist es
notwendig, diese in die Stadtentwicklungsplanung zu integrieren. Ziel ist die
Entwicklung von konkreten Handlungskonzepten unter Berücksichtigung der stadt-
und verkehrsplanerischen Aspekte mit kurz- mittel- und langfristigem
Zeithorizont. Hierbei sind insbesondere die Bereiche Verkehrsorganisation, ordnungsrechtliche
Regelungen und Überwachungen des Straßenverkehrs, Verkehrsvermeidung und
Infrastrukturmaßnahmen zu prüfen. Die Umsetzung der Maßnahmeempfehlungen soll
zu einer spürbaren Verbesserung der Wohnqualität sowie der Aufenthaltsqualität
im öffentlichen Raum beitragen.
Da es nicht möglich ist, eine solch umfangreiche Planung
gleichzeitig für das gesamte Stadtgebiet zu entwickeln, werden derzeit erste
Lärmminderungspläne für bezirkliche Teilräume erarbeitet. Diese weisen
Problembereiche auf, die auch für andere Bereiche des Stadtgebietes
charakteristisch sind. Neben den bereits genannten Zielen wird aus den
Erkenntnissen dieser Modellprojekte die Entwicklung eines Leitfadens
„Lärmminderungsmaßnahmen Berlin“ als Anleitung für die planenden Bereiche
angestrebt.
Auf dieser Grundlage soll dann bis zum Jahre 2008 ein erster gesamtstädtischer
Lärmminderungsplan (entsprechend den Vorschriften der Umgebungslärmrichtlinie
der Europäischen Union) entwickelt werden.
Anders als beim Verkehrslärm ist
bei der Entwicklung der Luftschadstoffbelastung in den letzten Jahren eine
Belastungsabnahme zu verzeichnen. Diese fällt allerdings bei den einzelnen
Schadstoffen – je nach Herkunft und mittlerweile entwickelten Abgasminderungstechniken
- sehr unterschiedlich aus.
Von der EU wurden für eine Reihe
von Schadstoffen neue Grenzwerte festgesetzt, die mit einem Zeithorizont von
2005, bzw. 2010 verbindlich einzuhalten sind. Diese wurden im Jahr 2002 in
nationales Recht überführt. Zudem ist für die nächsten Jahre von der EU eine
Überprüfung dieser Grenzwerte und eine Ausdehnung auf Zeithorizonte 2015/2020
beabsichtigt. Insbesondere für den Feinstaub ist ein strengerer Grenzwert zu
erwarten.
In Bezug auf die Einhaltung dieser
Grenzwerte sind in Berlin insbesondere die Belastungen durch Feinstaub PM10
(Grenzwert einzuhalten bis 2005) und Stickstoffdioxid (2010) kritisch zu
bewerten. Allein durch technische Verbesserungen an den Fahrzeugen kann die
Belastung für diese Schadstoffe voraussichtlich nicht soweit verringert
werden, dass die Einhaltung der Grenzwerte sicher gestellt ist.
Die Untersuchungen im Rahmen der
Arbeiten zum StEP-Verkehrs zeigen, dass selbst mit dem Zeithorizont 2015 die
bereits ab 2005/2010 verbindlichen Grenzwerte nicht sicher eingehalten werden
können. Die angestrebte deutliche Unterschreitung (um 25%) wird ohne weitere
Maßnahmen verfehlt. Die zukünftigen technischen Verbesserungen in Bezug auf die
Abgasminderungstechnik wurden bei diesen Untersuchungen berücksichtigt.
Aufgrund der absehbaren Grenzwertüberschreitungen wird entsprechend den Vorschriften des BImSchG bis zum Anfang nächsten Jahres einen Luftreinhalteplan vorlegt werden. Es ist abzusehen, dass hier auch Maßnahmen im Bereich der Verkehrsplanung eingefordert werden, die zum Teil sicherlich erst mittelfristig wirksam werden können; Belastungsverminderungen sind z. B. durch Dämpfung des motorisierten Verkehrs, Stärkung des Umweltverbundes oder verkehrliche Entlastungen von besonders hoch belasteten Straßenabschnitten zu erreichen. Eine weitere Konkretisierung dieser Maßnahmen kann aber erst in den nächsten Monaten erfolgen. Die grundlegende Zielsetzung, den Verkehr effizienter und umweltverträglicher zu gestalten, muss dabei auch durch die Bau- und Flächenplanung unterstützt werden. Dabei ist zu beachten, dass bei zukünftigen Gewerbeansiedlungen, die verkehrsinduzierend wirken, im großen Hundekopf Restriktionen aus Gründen der Luftreinhaltung zu erwarten sind.
Berlin zeigt, wie wirksamer Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften als Zukunftsaufgaben erfolgreich gestaltet und praktiziert werden. Berlin ist weltweit eine von wenigen Städten, denen es gelingen wird, das aus dem Jahre 1988 stammende Toronto-Ziel einer Reduzierung des CO2-Emission um 25% bis 2010 zu erreichen. Berlin ist beim Klimaschutz mit seiner bisher erzielten CO2-Reduzierung von 15% auf dem richtigen Weg.
Ermöglicht werden diese Reduktionen durch Energieeinsparungen insbesondere im Gebäudebereich, eine erhöhte Energieeffizienz in der gewerblichen Wirtschaft, durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung sowie durch die Nutzung der Sonnenenergie. Erfolgreiche Maßnahmen im Rahmen des Landesenergieprogramms 2000 - 2003 sind u.a.:
· Sanierung von 650.000 Wohnungen im Gebäudebestand,
· Energiesparpartnerschaften für öffentliche Gebäude (Einspar-Contracting),
·
ökologischer Stromeinkauf für die Liegenschaften des
Landes Berlin,
· Contractinglösungen zur Energieträgerumstellung,
· Berliner ImpulsE-Programm mit den Berliner Energietagen,
·
Ausschreibung von Dachflächen für
die Stromerzeugung aus der Sonnenenergie.
Auch in den kommenden Jahren sind weitere Anstrengungen zum Klimaschutz insbesondere im Verkehrssektor erforderlich. Dies betrifft vor allem effizientere Verkehrsmittel für alle Sektoren und die Reduktion von Verkehrsströmen durch eine Integration der Stadtentwicklungsplanung. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen in weiteren Bereichen, um den gesetzten Zielen näher zu kommen. Dies sind beispielsweise die Substitution von Kohle und Öl durch Erdgas, durch regenerativen Wasserstoff oder eine Anschluss- und Benutzungspflicht für Kraft-Wärme-Kopplung.
Um die Fortschritte im Klimaschutz zu bewerten, sind in Berlin folgende Indikatoren darzustellen: die CO2-Emissionen pro Einwohner und Jahr, der Endenergieverbrauch sowie Stromverbrauch pro Einwohner und Jahr, die m2-Fläche Solarthermie und die Leistung Photovoltaik jeweils je 1000 Einwohner sowie schließlich der Anteil des Stroms aus KWK am gesamten Stromverbrauch.
c)
Stadtklima (I E 122 / IX B 222)
Klimaparameter wie Lufttemperatur, Luftfeuchte, Schwülegefährdung und Windverhältnisse werden durch die in der Stadt vorhandenen Nutzungen, aber auch durch das Relief und die Vegetationsstrukturen nachhaltig beeinflusst. Als klimatische Belastungsbereiche sind die hochverdichtete Innenstadt, einzelne Zentren der Außenbezirke sowie dicht bebaute und zumeist stark versiegelte industriell genutzte Bereiche außerhalb der Innenstadt anzusprechen.
Die klimatischen Charakteristika dieser Gebiete wie
Überwärmung, Schwülegefährdung und geringe nächtliche Abkühlung im Sommer
bedeuten für den Menschen eine hohe bioklimatische Belastung.
Eine gute Durchlüftung von Siedlungsgebieten führt zum Abbau dieser
Belastungen. In den Nachtstunden kann durch das Heranführen kühlerer Luft aus
dem Umland die Temperatur in der Stadt gesenkt werden, was in den Sommermonaten
zum erwünschten Abbau der Wärmebelastung des Menschen führt. Ist diese
herangeführte kühlere Luft zudem noch unbelastet von Luftschadstoffen
(Frischluft), so wird gleichzeitig die lufthygienische Situation verbessert.
Daher ist es besonders erfreulich, dass Berlin im Vergleich zu anderen
Metropolen ähnlicher Größenordnung noch immer über eine gute Grundstruktur von
klimatisch ausgleichenden, entlastenden Flächen verfügt.
Als Ausgleichsräume für die innerstädtischen Belastungsgebiete wirken zum einen die an der Peripherie der Stadt gelegenen großflächigen Freiräume mit ihren zum Teil bis in den Stadtkern reichenden Ausläufern. Belüftungsbahnen, die in Richtung Stadt verlaufen, wirken insbesondere dann klimatisch und lufthygienisch entlastend, wenn diese Bereiche offen strukturiert sind. Als Leitbahnen für den Kaltlufttransport fungieren große, linear ausgeprägte Freiflächen mit einer verhältnismäßig geringen Oberflächenrauhigkeit. Hinsichtlich dieser Funktion sind Bereiche des Havel- bzw. Spreetals bedeutsam, aber auch weniger ausgeprägte Fliessgewässer wie die Wuhle.
Aufgrund
der insgesamt nur geringen Höhenunterschiede in der Stadt kommt die entscheidende
Entlastungsfunktion aber allen Freiflächen zu, die innerhalb der Belastungsgebiete
liegen oder direkt an diese angrenzen, sie stellen in ihrer Funktion als
Kaltluftentstehungsgebiete das wesentliche Potential zur Entlastung dieser
Siedlungsräume dar. Mit zunehmender Entfernung vom Stadtrand und nachlassender
Verbindung zu den klimatischen Ausgleichsflächen des Umlands gewinnen kleinräumige
Windsysteme zwischen innerstädtischen Freiräumen und ihrer unmittelbaren
Umgebung an Bedeutung. Neueste Untersuchungen für den Umweltatlas zeigen, dass
über 30% des Stadtgebietes an der Ausbildung von Ausgleichsströmungen in die
Bebauung beteiligt sind. Dies ist im Rahmen der Bestandsentwicklung und
Verdichtung zu berücksichtigen.
Die Aktualisierung des stadtklimatischen Kenntnisstandes mit dem Stand des
Jahres 2002 belegt die klimatischen Folgen der baulichen Entwicklung der 90er
Jahre. Durch die baulichen Veränderungen in der Innenstadt ist nunmehr die
noch 1993 im Stadtzentrum vorhandene zweigeteilte Wärmeinsel verschwunden.
Große Teile der Innenstadtbezirke bilden nun einen geschlossenen innerstädtischen
Wärmeinselring, der lediglich von den großen Grün- und Freiflächen des
Tiergarten u.ä. unterbrochen wird.
Die bisherigen Unterbrechungen der innerstädtischen Wärmeinseln im Zuge der
Verbindungen vom Gleisdreieck zum Humboldthafen sowie nördlich des Großen
Tiergarten sind als Folge der Baumaßnahmen nicht mehr nachzuweisen. Im Süden
bilden in etwa der Landwehrkanal, im Osten die Ebertstraße und im Norden der
Moabiter Werder die Grenze des vom Großen Tiergarten günstig beeinflussten
Bereichs.
Abb. 8: Klimafunktionen 1993 und 2001, Quelle: Umweltatlas Karten 04.07, Ausgabe 1993 und 2001
grün:
Entlastungsbereich mit unmittelbaren
Wechselwirkungen zu umgebenden Siedlungsbereichen,
rot: Belastungsbereich mit höchster
Empfindlichkeit gegenüber Nutzungsintensivierungen, dringend
notwendige
Sanierungsmaßnahmen
Im Rahmen der Stadtentwicklung sind stadtklimatische Aspekte zu integrieren. Klimatische Entlastungsfunktionen sind zu erhalten und zu entwickeln. Geeignete Luftleitbahnen sollten von Verdichtung, Riegelbebauung und Emissionen freigehalten werden. Auch die im Einflussbereich der Leitbahnen liegenden Grünflächen sollten möglichst offen strukturiert werden.
Von entscheidender Bedeutung für den klimatischen Austausch sind die Temperaturunterschiede benachbarter Gebiete. Eine Reduzierung dieser Unterschiede auf das höhere Niveau der dicht bebauten Gebiete, z.B. durch Erhöhung der Baudichte in lockeren Siedlungsgebieten oder Überbauung der Freiflächen, ist zu vermeiden. Besonders im Zuge der angestrebten Innenentwicklung gilt es, klimatische Funktionen verstärkt in die planerische Abwägung einzustellen.
Aufgrund der begrenzten Reichweite von Freiflächen sind für die Entlastung von Belastungsgebieten auch Maßnahmen im bebauten und verdichteten Gebiet selbst erforderlich. Die Begrünung von Stadtplätzen, Straßen, Gebäuden und Innenhöfen trägt dazu bei, die Überwärmung zu vermindern, den Feuchtigkeitsgehalt der Luft zu erhöhen und Staub zu binden.
Bei Inanspruchnahme von neuen Bauflächen und Nutzung von Verdichtungspotenzialen bieten die aktuellen Ergebnisse der Anwendung eines Klimamodells im Rahmen des Informationssystem Stadt und Umwelt (ISU) Berlin eine begründete Basis zur Ableitung von konkreten Planungsempfehlungen, die es zu nutzen gilt. Zum Ende des Jahres 2003 werden auf dieser Basis eine neue Klimafunktionskarte sowie erstmalig eine Planungshinweiskarte vorliegen.
Gegenüber unmittelbaren Umweltproblemen wie Luftverschmutzung, Gewässerverunreinigung usw. gewinnen heute Umweltprobleme an Bedeutung, die wegen globaler Synergien und sehr langfristiger Folgenketten zunehmend undurchsichtig und häufig auch irreversibel sind (Klimafolgeschäden, Artenschwund, Flächenverlust usw.).
Neben den globalen Umweltveränderungen hat eine Problemverlagerung von den Produktions- zu den konsumbedingten Umweltbelastungen stattgefunden. Daher sind neue Instrumente zu umweltbewusstem Konsum zu entwickeln. Dies umfasst im Hinblick auf die Bereiche Lärm, Luft und Klima maßgeblich die Gestaltung von Mobilität. Dabei hat die Integration der Siedlungs- und Verkehrsentwicklung eher einen langfristigen Charakter, weil weite Teile des zukünftigen Siedlungsbestands schon heute vorhanden sind. Vorhandene Nutzungsmischungen und polyzentrale Strukturen, die eine Basis für Verkehrsmeidung bilden können, stehen vielfach durch aktuelle Entwicklungstrends wie Konzentrationsprozesse im Einzelhandel, unter Druck. Zur Beeinflussung des Verkehrs sind daher zunehmend auch Maßnahmen erforderlich, die die Verkehrsmittelwahl und damit das Nutzungsverhalten von Verkehrsangeboten beeinflussen.
Im Rahmen der Bestandsentwicklungsstrategien sind geeignete Steuerungs- und Umsetzungsinstrumente zu entwickeln, um die stadtklimatischen Bedingungen zu verbessern; das LaPro bietet hierfür einen Ansatzpunkt. Anlässlich der Fortschreibung des LaPros wird das dargestellte Vorranggebiet Klimaschutz überprüft.
Die Abfallwirtschaftsplanung ist ein wesentlicher Baustein im übergreifenden Nachhaltigkeitskonzept des Landes Berlin. Sie orientiert sich an den grundlegenden Zielen der Wirtschaftlichkeit, Entsorgungssicherheit, Schonung der Ressourcen sowie der Umwelt- und Klimaverträglichkeit. Die Abfallwirtschaftsplanung war in den vergangenen zehn Jahren starken Veränderungen unterworfen. Wurde Ende der 80er noch von einer „Mülllawine“ gesprochen, ist heute die Tendenz zur rückläufigen Abfallmengenentwicklung feststellbar.
Entsprechend dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hat die Abfallwirtschaftsplanung des Landes Berlin die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen zum Ziel; mit einer deutlichen Pflichtenhierarchie: Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung.
Im Jahr 2002 fielen im Land Berlin insgesamt rd. 1.674.000 Megagramm (Mg) Siedlungsabfälle (Bruttomenge) zur Entsorgung an. Dies entspricht einer einwohnerspezifischen Menge von 493,7 kg/E*Jahr. Mehr als ein Drittel der angefallenen Siedlungsabfälle (37,6% - 629.000 Mg) wurde einer Verwertung zugeführt, während rd. 1.045.000 Mg zu beseitigen waren. Der Hausmüll verursacht ungefähr die Hälfte der Siedlungsabfälle[76]. Durchschnittlich erzeugte jeder Einwohner Berlins 2002 rd. 288,4 kg Abfall als Hausmüll.
In den letzten Jahren konnte eine kontinuierlich rückläufige Entwicklung der Siedlungsabfälle festgestellt werden. Innerhalb der Jahre 1992 bis 2002 hat sich das Gesamtaufkommen von ca. 2.594.000 Mg auf ca.1.674.000 Mg und damit um mehr als ein Drittel reduziert. Im gleichen Zeitraum hat sich die Menge der verwerteten Abfälle mehr als verdreifacht. Die Verwertungsquote stieg von rd. 10,4% auf rd. 37,6%.
Die beseitigten Siedlungsabfälle reduzierten sich von 1992
bis 2002 um mehr als 50%.[77]
Für die kommenden Jahre wird ein weiterer Abwärtstrend erwartet.
Indikatoren für die Bewertung der zukünftigen Entwicklung in der Abfallwirtschaft
sind neben der Menge der Siedlungs- bzw. Haushaltsabfälle insgesamt bzw. pro
Kopf die Verwertungsquoten.
Bis zum Jahr 2005 soll sich die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge durch Vermeidungs- und Verwertungsmaßnahmen weiter auf 983.000 Mg im Jahr verringern. Dazu werden folgende Instrumente eingesetzt:
· abfallarmes Beschaffungs- und Auftragswesen der öffentlichen Hand,
· Anreize zur Vermeidung und Verwertung durch entsprechende Gebühren,
· Getrennterfassung von verwertbaren Abfallfraktionen bei Haushaltungen und Gewerbebetrieben
· nachträgliche Sortierung von verwertbaren Abfallgemischen.
Zur Gewährleistung der Entsorgung der Siedlungsabfälle ab 2005 hat der Senat am 1. April 2003 Maßnahmen zur zukünftigen Abfallentsorgung beschlossen. Danach soll die über die Kapazität der MVA Ruhleben (520.000 t/Jahr) hinausgehende Menge an Siedlungsabfällen in Höhe von 463.000 t/Jahr als Rohmüll zur Entsorgung in externen Abfallbehandlungsanlagen ausgeschrieben werden, hiervon soll max. die Hälfte der Menge im Rahmen einer Public-Private-Partnership vergeben werden.[78]
Für die Bereiche Wasser und Flächeninanspruchnahme einschließlich Bodenschutz / Altlasten ergeben sich unmittelbare Schnittstellen zur räumlichen Stadtentwicklung. Ziele der nachhaltigen Stadtentwicklung sind die Reduktion der Flächeninanspruchnahme für Siedlungszwecke, der Erhalt von hochwertigen Böden und die Sicherung bzw. Verbesserung der Funktionsfähigkeit des natürlichen Wasserhaushalts. Aufgrund der unmittelbaren Zusammenhänge zwischen den vorhandenen Flächenpotenzialen und der Inanspruchnahme von Freiflächen für bauliche Nutzungen wurde das Thema Flächeninanspruchnahme in das Kapitel Flächenpotenziale integriert (vgl. Kap. E, S. 39).
Die
hydrologischen Verhältnisse im Spree-Havel-Gebiet sind durch ein sehr geringes
natürliches Wasserdargebot gekennzeichnet. Überlagert wird diese Rahmenbedingung
zusätzlich durch massive anthropogene Eingriffe in den Wasserhaushalt des
mittleren Einzugsgebietes der Spree infolge des Braunkohlentagebaus (vgl. Pkt.
Braunkohletagebau und Wasserhaushalt).
Die
uneingeschränkte Nutzung der Wasserressourcen im Brandenburger Raum unterliegt
somit in quantitativer Hinsicht starken Limitationen. Veränderungen in der
Wasserbilanz durch sich abzeichnende Klimaänderungen in den nächsten Jahrzehnten
werden auf die Wasserverfügbarkeit zusätzlich Einflüsse ausüben. Die
Wahrscheinlichkeit, dass durch Klimaänderungen die Niederschlagshöhen und somit
die Wasserverfügbarkeit signifikant abnehmen, ist deutlich höher als die
Wahrscheinlichkeit, dass diese zunehmen.
Diesen Tatsachen Rechnung tragend, bedarf es langfristig ausgerichteter, auch flächenbezogener Strategien zur Sicherung und zum Schutz der Wasserressourcen in Berlin und Umgebung.
Abb. 9: Wahrscheinliches Szenario der Veränderungen der Niederschläge in Brandenburg
Der oberirdische Zufluss von Wasser nach Berlin wird vorrangig durch die Spree geprägt. Die Sicherung der Wasserversorgung Berlins steht in direkter Abhängigkeit zum Dargebot und zur Beschaffenheit der Spree (vgl. Pkt. Trinkwasserversorgung Berlins). Durch massive Eingriffe in den Wasserhaushalt des mittleren Spreegebietes infolge des Braunkohlenbergbaus haben sich die Abflussverhältnisse sowie der Grundwasserchemismus signifikant verändert.
Im Zuge des Braunkohletagebaus sind
Grundwasserabsenktrichter entstanden, die langfristig die Speisung der Spree
beeinträchtigen. Der Spreeabfluss ging seitdem dramatisch zurück, im Mittel um
50%. Im Zusammenhang mit sehr hohen Verdunstungsverlusten im Spreewald kam der
Spreeabfluss vor den Toren Berlins in den letzten Jahren phasenweise gänzlich
zum erliegen.
Abb. 10:
Braunkohlenbergbau in der Niederlausitz
Rückgang der Spreewasserführung (Spreemündung)
mittlerer Abfluss 1985
bis 1990: » 40 m³/s
1995
bis 2000: » 25 m³/s
Niedrigwasserabfluss 1985 bis 1990: » 12 m³/s
1995
bis 2000: » 3,5 m³/s
Die
Gesamtsituation verschärfend kommt hinzu, dass die aufsteigenden Grundwässer
und infolge dessen die Tagebaurestseen extrem sauer und sulfathaltig sind. Viele
der Tagebaurestseen wurden bzw. werden künftig als Speicher zum
Niedrigwasserausgleich der Spree ausgebaut (u.a. Lohsa II). Vielfältige
Anstrengungen werden derzeit unternommen bzw. sind noch erforderlich, um die
Wasserbeschaffenheit in diesen Mehrjahresspeichern so zu stabilisieren, dass
das Speicherwasser zu Trockenzeiten ökologisch unbedenklich in die Spree
ausgeleitet werden kann. Um die Situationen in den Tagebaurestseen
chemisch-physikalisch zu stabilisieren, wird u.a. Spreewasser (Säurepuffer, Verdünnungswasser)
aus der fließenden Welle den Restseen zugeführt, was die Abflussbilanz nach
Berlin zusätzlich beeinträchtigt.
Berlin bezieht sein Trinkwasser zu 100% aus dem Grundwasser. Diesen für eine Millionenmetropole einzigartigen Umstand verdankt Berlin den günstigen geologischen und hydrogeologischen Voraussetzungen sowie dem hohen Anteil an Wasser- und Grünflächen in der Stadt.
Abb. 11: Die Trinkwasserversorgung Berlins (Schematischer Schnitt)
Bis
in durchschnittlich 160 m Tiefe bilden Lockergesteine das Süßwasserstockwerk,
das bis wenige Meter unter Gelände mit Grundwasser gefüllt ist. Dieses
Grundwasser ist für die Trinkwasserversorgung sehr gut nutzbar. In größeren
Tiefen kommt unterhalb einer 80 m mächtigen Tonschicht dann nur noch Salzwasser
vor.
Den jährlichen Trinkwasser-Bedarf der Großstadt von 219
Millionen m³ (2002) decken neun Wasserwerke, die alle bis auf eines (Stolpe) im
Berliner Stadtgebiet liegen. Das geförderte Grundwasser wird einerseits durch
die natürliche Grundwasserneubildung (versickernder Anteil des Niederschlages)
und andererseits durch künstliche Grundwasseranreicherung sowie durch
Uferfiltrat (dem Grundwasser zuströmendes Oberflächenwasser) ausgeglichen.
Der Uferfiltratanteil von 30 bis 80% ist eine maßgebliche Größe und erklärt,
warum in Berlin die meisten Fassungsanlagen in der Nähe von Gewässern liegen.
Der jährliche Wasserverbrauch stieg in Berlin bis 1989 über drei Jahrzehnte um
150 Mio. m³. Nach 1989 sank der Verbrauch innerhalb nur eines Jahrzehnts
um nahezu den gleichen Betrag.
Entsprechend des drastischen Rückgangs des Wasserverbrauchs seit 1989 wurden einige kleine Wasserwerke stillgelegt und die Förderung der verbleibenden z.T. stark reduziert. Es kam infolgedessen zu einem deutlichen Grundwasserwiederanstieg, der örtlich zu Kellervernässungen führte. Mit einem stadtweit betriebenen Grundwassermanagement wird durch Steuerung der Wasserwerke und der Grundwasseranreicherungen versucht, eine Siedlungsverträglichkeit der Grundwasserstände zu erreichen.
Der Nutzungsdruck auf das Berliner Grundwasser hat infolge des stark rückläufigen Trinkwasserverbrauchs deutlich abgenommen. Die uneingeschränkte Nutzung des Grundwasserdargebotes in Berlin wird jedoch in zunehmenden Maße durch Grundwasserbeschaffenheitsprobleme begrenzt. Reale und potenzielle Beeinträchtigungen ergeben sich u.a. durch aufsteigende Salzwässer, Altlasten sowie Belastungen der Oberflächengewässer durch Kläranlagenabläufe und perspektivisch verstärkt durch den Braunkohletagebau (Sulfat).
Abb. 12:
Entwicklung des Wasserverbrauchs in Berlin
Nutzungs- und
Zielkonflikte
Naturgemäß sind die Nutzungs- und Zielkonflikte in urbanen Räumen wegen ihrer komplexen Zusammenhänge und räumlichen Nähe sehr hoch. Das betrifft auch in besonderem Maße die Wasserwirtschaft und die im Zusammenhang mit der Nutzung der Gewässer und des Grundwassers stehenden Bereiche.
Auf engstem Raum werden Ressourcen beansprucht und somit
Beeinträchtigungen der Nutzungen induziert, die zunehmend auch in öffentlichen
Diskussionen problematisiert werden.[79]
In Teilbereichen Berlins bestehen standortbedingte teilgeschlossene Kreisläufe
zwischen Trinkwassergewinnung, Abwasserableitung und Gewässersystem.
Die dauerhafte Sicherung und Verbesserung der nutzungsbezogenen Ansprüche an
die Ressource Wasser ist ökonomisch und ökologisch nur im Rahmen nachhaltiger
und präventiver Strategien sinnvoll möglich, wobei die sich verändernden Rahmenbedingungen
hinreichend zu berücksichtigen sind.
Wesentliche
flächenrelevante Handlungsziele und -felder
Einige wesentliche, langfristig ausgerichtete Handlungsziele der Wasserwirtschaft in Berlin, die flächenrelevant sind und untereinander in Wechselwirkungen stehen, sind:
·
Sicherung
der Trinkwasserversorgung aus dem Stadtgebiet
·
Sicherung
siedlungsverträglicher Grundwasserstände
Folgende Handlungsfelder sind zur dauerhaften Sicherung und Erreichung der Handlungsziele von herausragender Bedeutung:
·
Konsequenter
Vollzug der Wasserschutzgebietsverordnungen (siehe Abbildung 6)
·
Erhalt
und Sicherung der Trinkwasserschutzzonen und Vorbehaltsgebiete, in denen derzeit
nicht aktiv gefördert wird
·
Sicherung
und Sanierung der grundwasserrelevanten Altlasten bis 2010
·
Verstärkung des stadtweiten
Grundwasserschutzes
Abb. 13: Rund 25% der Stadtfläche ist mit einem umfangreichen Katalog von Ver- und Geboten durch Wasserschutzgebietsverordnungen für die Trinkwasserversorgung Berlins gesichert
Im nationalen und internationalen Städtevergleich besitzt Berlin eine hochwertige und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur mit erheblichen Kapazitätsreserven, die durch die Infrastrukturmaßnahmen seit 1990 noch erweitert wurden.
Tab. 10: Vergleich ausgewählter Strukturdaten in europäischen Metropolen
Städtevergleich 2000/2001 |
Berlin |
Hamburg |
München |
Budapest |
Rom |
Wien |
Einwohner (Mio.) |
3,38 |
1,71 |
1,19 |
1,83 |
2,81 |
1,62 |
Fläche (km²) |
892 |
755 |
318 |
525 |
1285 |
415 |
Einwohnerdichte (EW / km²) |
3800 |
2265 |
3742 |
3486 |
2187 |
3904 |
Motorisierung (Pkw/1000 EW) |
328 |
478 |
597 |
300 |
645 |
394 |
Straßennetzlänge (km)* |
5377 |
3947 |
2297 |
4242 |
- |
2803 |
ÖPNV-Netzlänge (km)* |
2004 |
2154 |
- |
1609 |
- |
1101 |
davon |
|
|
|
|
|
|
Straßenbahn |
188 |
- |
71 |
203 |
50 |
233 |
U-Bahn/Metro |
144 |
98 |
93 |
31 |
37 |
62 |
Bus |
1267 |
1842 |
- |
1235 |
- |
623 |
S-Bahn |
252 |
115 |
63 |
- |
- |
162 |
Vertaktete Regionalbahn |
153 |
66 |
- |
140 |
- |
21 |
ÖPNV-Fahrten / EW / Jahr |
335 |
285 |
- |
- |
- |
430 |
Modal split (Umweltverbund:
MIV) |
60 : 40 |
55 : 45 |
60 : 40 |
- |
55 : 45 |
63 : 37 |
Länge Radwege |
236 |
1052 |
450 |
71 |
8 |
535 |
Geschwindigkeit Auto
(km/h)* |
25 |
28 |
22 |
30 |
18 |
- |
Geschwindigkeit Bus (km/h)* |
19 |
20 |
20 |
17 |
15 |
- |
Parkgebühren (Euro / Std.) |
1,00** |
2,00 |
2,55 |
0,50 |
1,04 |
2,00 |
* nur bedingt vergleichbar (unterschiedliche
Erhebungsmethoden)
** in Bereichen mit besonders
hohem Kurzzeitparkbedarf 2 Euro/Std.
Dennoch besteht eine Reihe spezifischer Mängel. Die 50-jährige getrennte Entwicklung mit unterschiedlichen Infrastruktur-Ausbaustrategien führte trotz eines gemeinsamen Stadtgrundrisses aus der "Gründerzeit" zu erheblichen Strukturunterschieden zwischen dem Ost- und Westteil der Stadt.
Insgesamt bestehen in der Verkehrswegeinfrastruktur von Berlin strukturelle Unterschiede ("Ost-West-Disparitäten"), die im Straßenverkehr zu Umwegen und im öffentlichen Verkehr zu längeren Reisezeiten bzw. geringerer Attraktivität des ÖPNV-Angebotes führen:
· Das Straßennetz von Berlin ist durch eine radiale Struktur und mit relativ starker Bündelung charakterisiert, in der östlichen Stadthälfte durch ausgeprägte Magistralen mit geringen tangentialen Verknüpfungen der Außenräume (s. Abb. 14). Die Stadt-Umland-Verbindungen sind teilweise wenig leistungsfähig.
· Die getrennte Entwicklung der beiden Stadthälften prägt auch das Straßenbahn- und U-Bahnnetz. Die Straßenbahn übernimmt in der östlichen Stadthälfte teilweise U-Bahnfunktionen bei geringerer Leistungsfähigkeit und geringeren Geschwindigkeiten.
Abb. 14: Straßennetzcharakteristik
Abb. 15: Schiennetze
Die Infrastrukturentwicklung seit 1990 ist zusammenfassend durch folgende Merkmale zu charakterisieren:
Für die Straßen- und Schieneninfrastrukturen wurden seit
1990 erhebliche Mittel bereitgestellt (rd. 4,7 Mio. € / 3,4 Mio. €).
Investitionsschwerpunkte bildeten die Wiederinbetriebnahme von stillgelegten
bzw. unterbrochenen Netzteilen, Netzverknüpfungen, Modernisierungen sowie wenige,
jedoch kostenintensive Erweiterungen (bei Straßen, U-Bahn, S-Bahn und
Straßenbahn). Bei der Fernbahn stand vor allem der Neuaufbau im Vordergrund,
neben Wiederinbetriebnahme und Modernisierung. Bei der
Güterverkehrsinfrastruktur (Wasserstraßen, Häfen, Logistikzentren) erfolgten
Modernisierung, Erweiterung und der Bau von Neuanlagen.
Die erheblichen Finanzaufwendungen für infrastrukturelle Verbesserungen konnten
die Ost-West-Disparitäten nicht entscheidend verändern.
Im Zusammenhang mit Investitionen in das Straßennetz erfolgte ein Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur durch umfangreiche Investitionen in Kabel- und Glasfasernetze. So hat allein die Deutsche Telekom mehrere Milliarden Euro in Glasfasernetze und Breitbandnetze investiert. Diese bilden die Voraussetzung, um einen Teil physischen Verkehrs durch Informationsaustausch zu ersetzen.
Der Fernverkehr zeigte bei fast allen Verkehrsträgern ein starkes Wachstum. Auf den Bundesautobahnen stieg das Verkehrsaufkommen im Mittel jährlich um 2-3%, mit überdurchschnittlicher Entwicklung beim Lkw-Verkehr. Im Flugverkehr lag der Zuwachs bis 2000 bei durchschnittlich 5,4% und wurde ausschließlich über den Flughafen Tegel abgewickelt, während die Nachfrage in Schönefeld seit 1990 konstant blieb. Im Schienenverkehr erfolgte ein starkes Nachfragewachstum auf den Ausbaustrecken, beispielsweise eine Versechsfachung der Reisenden im ICE-Verkehr. Der Binnenschiffsverkehr sank bis 1999 unter das Niveau von 1991, nach einigen Jahren mit Zuwachsraten infolge intensiver Bauaktivitäten Mitte der 90er Jahre.
Das Nachfragewachstum erfolgte vor allem bei den nordwestlichen, westlichen und südwestlichen Relationen, dagegen deutlich geringer in den nordöstlichen, östlichen und südöstlichen Relationen.
Auf den nachfragestarken Relationen wurden inzwischen Verbindungsqualitäten entwickelt, die auf dem Niveau der konkurrierenden deutschen Regionen liegen.
Das Wachstum der Verkehrsnachfrage in Folge der zunehmenden räumlichen Verflechtung und Suburbanisierung erfolgte insbesondere im Verflechtungsraum Berlin-Brandenburg, d. h. in den äußeren Stadträumen Berlins und dem Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraums. Es war dort stärker als im Berliner Stadtgebiet (Binnenverkehr). Zugenommen hat der Stadt-Umland-Verkehr vor allem als Berufs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr mit dem Kfz.
Trotz eines geringen Rückganges von Einwohnern und Arbeitsplätzen war eine geringfügige Zunahme der Personenwege auf täglich 11,3 Mio. Wege bzw. Fahrten (werktags) zu erkennen. Die einzelnen Verkehrsmittel wurden dabei in folgendem Verhältnis (modal split 1998 nach Erhebung BVG) genutzt: 40% MIV, 28% ÖPNV, 10% Fahrrad und 22% Fußwege.
Der motorisierte Individualverkehr zeigte seit 1990 die stärkste absolute Zunahme und damit einen Anstieg des Anteils am modal split.
Der Kfz-Bestand stieg in beiden Teilen der Stadt bis 1995 und liegt seither auf weitgehend konstantem Niveau. Die Motorisierung (ca. 328 Pkw/1000 Einwohner) entspricht dem Niveau westeuropäischer Städte vergleichbarer Größe. Seit 1995 besteht in der Ost- und Westhälfte der Stadt eine vergleichbare Motorisierung, jedoch ein deutliches Gefälle von über 500 Kfz/1000 Einwohner in den äußeren Stadtgebieten auf teilweise unter 200 Kfz/1000 Einwohner in den Innenstadtbereichen. Fast 50% aller Haushalte in Berlin verfügen über keinen eigenen Pkw.
Die Fahrleistung der Kfz stieg analog zur zunehmenden Motorisierung und der Verlängerung der Wege von 1993 bis 1998 um insgesamt ca. 4% (Jahresfahrleistung in 1998 ca. 13,6 Mrd. Kfz-km). Die Verkehrsstärken in Gesamt-Berlin nahmen zwischen 1991 und 1998 (Zeitpunkt der letzten Zählung) um etwa 11% zu. Die Zuwächse fanden vor allem in der ersten Hälfte der 90er Jahre statt. Der Binnenverkehr zeigte sehr starke Zunahmen allein zwischen der westlichen und östlichen Stadthälfte (+ 58%), bestimmt vor allem durch die Arbeitswege. Im inneren Stadtraum ("großer Hundekopf") stieg die Fahrleistung geringer (1998 dort ca. 9,37 Mio. Kfz-km/Werktag).
Trotz Kfz-Verkehrszunahme und bekannter Stau-Schwerpunkte wegen ausgeschöpfter Kapazitäten oder vorhandener Netz-Störungen erreicht Berlin noch die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit des Kfz-Verkehrs im Vergleich aller Landeshauptstädte in Deutschland. Im Vergleich zum ÖPNV besitzt der Verkehr mit dem Pkw einen für Metropolen untypischen Geschwindigkeitsvorteil. Im nationalen und internationalen Vergleich besteht eine relativ günstige Relation von Kfz bzw. Pkw je Einwohner bzw. km Straßennetz. Hohe Auslastungen des Straßennetzes werden überwiegend in Teilen der Innenstadt und auf den radialen Trassen der äußeren Stadtbereiche erreicht. Netzstrukturell bedingte lokale Kapazitätsengpässe sind zudem in Köpenick, Schöneweide, Weißensee, im Raum um das Ostkreuz sowie in Teilen von Steglitz und Spandau festzustellen.
Der Öffentliche
Personennahverkehr (S-Bahn, Regionalbahn, U-Bahn, Straßenbahn, Bus)
insgesamt verzeichnete nach einem Anstieg bis 1993 von 1993 bis 1997 deutliche
Nachfrageverluste und damit einen Rückgang beim modal-split-Anteil. Diese
Verluste erfolgten trotz erheblicher Angebotsausweitungen.
Seit 1998 ist eine Stabilisierung zu beobachten, seit 2000 gibt es wieder
leichte Zunahmen.
Die Nachfragerückgänge fanden ausschließlich bei der BVG statt, die in den fünf
Jahren von 1993 bis 1998 etwa ein Fünftel ihrer Fahrgäste verlor. Dieser
Verlust konnte durch das Nachfragewachstum bei der S- und Regionalbahn nicht
ausgeglichen wurden. Die Ursachen der ungünstigen Fahrgastentwicklung sind
vielfältig. Sie liegen in der wachsenden Motorisierung, der konjunkturellen
Entwicklung und der Arbeitslosigkeit, d. h. dem Wegfall von Arbeitswegen,
dem Rückgang der Schülerzahlen sowie in Tariferhöhungen bei real sinkenden
Gesamtkosten der Pkw-Nutzung. Zu vermuten ist, dass eine Ursache auch in der
sich verändernden Verkehrsnachfrage liegt, der eine weitgehend unveränderte
Angebotsstruktur gegenübersteht.
Der Umfang des nichtmotorisierten Verkehrs hat insgesamt leicht zugenommen. Zwar fehlen verlässliche Daten, jedoch werden im Fußverkehr eher geringfügige Abnahmen vermutet, im Radverkehr dagegen kontinuierliche Zunahmen beobachtet, und dabei stärkere Zuwächse in der Innenstadt als in den äußeren Stadträumen.
Das Güterverkehrsaufkommen ist in Berlin seit 1990 nur
marginal gestiegen und damit deutlich schwächer geblieben als zu Beginn der
90er Jahre erwartet. Es erreichte 1998 insgesamt ca. 87,4 Mio. t. Davon
sind mehr als ein Drittel Binnenverkehr, jeweils weniger als ein Drittel
Verkehr mit Quelle oder Ziel in Brandenburg bzw. in anderen Gebieten. Zunahmen
fanden nur im Straßengüterverkehr statt. Vorübergehende Nachfragezuwächse beim
Schiffs- und Bahntransport waren durch die intensive Bautätigkeit Mitte der
90er Jahre bedingt (modal split 1998: 84% Straße, 9% Schiene, 7% Binnenschiff).
Die regionalen Verkehre zwischen Berlin und Brandenburg mit den Verkehrsträgern
Schiene und Schiff sind seit 1992 um etwa ein Drittel zurückgegangen (von 8,2
auf 5,5 Mio. t/Jahr), parallel erfolgte ein erheblicher Zuwachs im Straßengüterverkehr.
Unmittelbare Folgen dieser Entwicklung sind überdurchschnittliche Lkw-Anteile
auf den Stadt-Umland-Verbindungen. Diese verstärken die Kapazitätsengpässe.
Die Güterverkehre als Durchgangsverkehr durch Brandenburg zeigen seit 1992 nur sehr geringe Zunahmen (von 58 auf rd. 62 Mio. t/Jahr); etwas weniger als die Hälfte davon haben Quelle oder Ziel in Berlin. Die ursprünglich erwartete "Drehscheibenfunktion" des Standortes Metropolenregion Berlin im großräumigen Güterverkehr ist nicht eingetreten.
Die Mobilitäts-Bedürfnisse und die Verkehrsnachfrage im Personen- und Güterverkehr sind einem ständigen Wandel unterworfen, abhängig von großen Entwicklungslinien in Gesellschaft, Wirtschaft, Technik, Raumentwicklung u.a.
Diese "großen" Entwicklungstrends sind auf kommunaler und landespolitischer Ebene nicht bzw. nur geringfügig beeinflussbar, sehr wohl aber deren konkreter Niederschlag im städtischen Verkehrsgeschehen durch Gestaltung der örtlichen Rahmenbedingungen. Die Analyse des Kräftefelds der "Umfeldentwicklung" ermöglicht es, die Einflussmöglichkeiten über die kommunalen und landespolitischen Instrumente besser beurteilen zu können. Dies erleichtert den effizienten Einsatz des landespolitischen Instrumentariums, die Trends dort zu beeinflussen, wo dies erforderlich und möglich ist.
Mehrere generelle Trends verstärken sich gegenseitig und führen zu Verkehrswachstum sowie zu Änderungen in der Struktur der Verkehrsnachfrage (s. Abb. 16).
Abb. 16: Auswirkungen übergeordneter Trends auf die Verkehrsentwicklung
Der Personenverkehr bleibt voraussichtlich mittelfristig ein stabiler Wachstumsmarkt. Das Nachfragewachstum ist im Fernverkehr am stärksten. Das Verkehrswachstum findet hauptsächlich im Kfz-Verkehr statt. In ihrem "Verkehrsbericht 2000" geht die Bundesregierung bis 2015 von einem Wachstum der Güterverkehrsleistung um rd. 20% im gesamten Personenverkehr (einschließlich Luftverkehr) und von rd. 16% im MIV aus. Die Raum-Zeit-Strukturen der Verkehrsnachfrage verändern sich beschleunigt. Die Nachfrage wird tendenziell räumlich und zeitlich disperser. Neue Strukturen sind noch nicht klar erkennbar. Ursachen sind die zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung der Sozialstruktur und der Wirtschaftsform.
Fahrzeugtechnische Fortschritte bei Pkw und Bussen bewirken mittelfristig eine Teilentlastung der Umwelt und höhere Sicherheit im Verkehr. Bei Verkehrslärm und Partikelemissionen sowie bei den klimaschädlichen Emissionen bleibt auch mittelfristig erheblicher Handlungsbedarf.
Der Wirtschaftsverkehr
(Gütertransport) wächst noch stärker als der Personenverkehr. Der "Verkehrsbericht
2000" rechnet mit einem Wachstum um rd. 65% bis 2015. Der Transportaufwand
im Fernverkehr steigt durch die Erweiterung der EU, die fortschreitende Marktintegration
in Europa und die Globalisierung der Wirtschaft. Auch Standortveränderungen der
Wirtschaft in der Region erhöhen den Verkehrsaufwand. Dabei ist noch nicht
erkennbar, ob die Region Berlin als Umschlagort im Güterfernverkehr größere
Bedeutung erhält.
Insgesamt stellen die Strukturveränderungen der Wirtschaft und des
Nachfrageverhaltens steigende Anforderungen an die zeitliche und räumliche
Flexibilität der Verkehrsmittel. Insbesondere höherwertige, zeitkritischere
und kleinteiligere Transporte werden in erheblichem Umfang zunehmen.
Auch im Güterverkehr bewirken fahrzeugtechnische Fortschritte eine
mittelfristige Teilentlastung der Umwelt und mehr Sicherheit. Vor allem
Verkehrslärm durch den Straßen- und Schienengüterverkehr sowie die Stickoxid-
und Rußpartikelemissionen des Straßentransports bleiben aber mittelfristig
Felder mit großem Handlungsbedarf.
Als Folgen dieser Entwicklungen sind besonders zu erwähnen:
· Die Übergangsstellen von Nah- und Fernverkehr haben erheblich zunehmenden Verkehr zu bewältigen.
· Die Veränderung der zeitlichen und räumlichen Nachfrage ist geeignet, die heute örtlich und zeitlich auftretenden Kapazitätsengpässe im Individualverkehr (Stau) wie im öffentlichen Verkehr (Morgen- und Nachmittagsspitzen des Berufsverkehrs) zu entschärfen.
· Die Anforderungen an die Flexibilität der öffentlichen Verkehrsangebote steigen.
· Unter gleichbleibenden (Trend-) Bedingungen steigen Flächenbedarf und Flächenkonkurrenz vor allem in den Innenstadtbereichen durch das Wachstum des Kfz-Verkehrs.
· Steigende Anforderungen an die Transportgeschwindigkeit und die Flexibilität im Güterverkehr gehen zu Lasten des (traditionell organisierten) Schienenverkehrs.
· Der Straßengüterverkehr wird (unter gleichbleibenden Bedingungen) auf zunehmende Kapazitätsengpässe im Straßenraum stoßen.
Auf der konzeptionellen Ebene ist hieraus folgender Handlungsbedarf erkennbar:
· Die Verkehrsangebotsplanung muss flexibilisiert werden, um auf veränderte, heute noch nicht präzise vorauszusehende Nachfragestrukturen reagieren zu können. Organisatorische Maßnahmen gewinnen an Bedeutung gegenüber infrastrukturellen Maßnahmen.
· Es sollten Maßnahmen bevorzugt werden, die fehler- und korrekturfreundlich sowie kostengünstig sind.
· Negative Umwelteffekte bleiben bei den klimarelevanten Gasen, bei Verkehrslärm und bei Dieselruß sowie Reifenabrieb auch mittelfristig ein Problem und machen verkehrsseitige Lösungsansätze zur Verbesserung städtischer Lebensbedingungen dringlich.
· Der ÖPNV hat nur dann eine wirkliche Entwicklungsperspektive, wenn es gelingt, zunehmend auch individuelle und zeitlich bzw. räumlich disperse Mobilitätsbedürfnisse stärker konkurrenzfähig zum Pkw zu bedienen.
Seit 1990 erleben die Stadt und ihr engerer
Verflechtungsraum mit Brandenburg erhebliche Veränderungen ihrer räumlichen Strukturen: die Verteilungen von
Bevölkerung, Betrieben und Arbeitsplätzen, wichtigen Orten des Einkaufs und der
Freizeitaktivitäten bilden sich, insbesondere im Ostteil der Stadt und im
Umland, neu heraus. Diese Veränderungsdynamik hält unter Abschwächung an.
Treibende Kraft dieser
raumstrukturellen Entwicklung war der massive
wirtschaftliche Strukturwandel. Seine Folgen sind ein in den Teilräumen der
Stadt unterschiedlich ausgeprägter Arbeitsplatzabbau mit den größten Verlusten
in den östlichen Bezirken, großräumig-funktionale Entmischungen, insbesondere
Randwanderungen und Auslagerungen von Betrieben (z.B. der Logistikbranche)[81],
unterstützt durch Konzentrationsprozesse im Einzelhandel und bei
Freizeiteinrichtungen (insbesondere Großkinos). Gemeinsame Folge dieser
Entwicklungen ist eine verstärkte Verkehrserzeugung.
Die Veränderungen der Raumordnungsstruktur wurde darüber hinaus durch den Wohnungsbau vorangetrieben (+ 160.000
WE in Berlin). Dieser erfolgte mit Schwerpunkten in der äußeren Stadt, auch und
insbesondere in Räumen mit bereits vorhandener Arbeitsplatz-Unterausstattung
sowie im Umland (rd. 120.000 WE). Die Innen-Außen-Umverteilung der Bevölkerung,
d.h. auch die Suburbanisierung im Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes
wurde dadurch unterstützt.
Das Auseinanderfallen von neu entstandenen Standorten für
Arbeitsplätze und für Wohnungen führt zu großräumiger Nutzungsentmischung. Die
raumstrukturellen Veränderungen bewirken deutliche Entfernungsvergrößerungen
mit der Folge eines erheblichen Verkehrswachstums.
Im Unterschied zu den Erwartungen vom Anfang der 90er Jahre hat also nicht das
Wachstum der Stadt, sondern der wirtschaftliche Strukturwandel und vor allem
die veränderte räumliche Verteilung von Einwohnern, Arbeitsplätzen und
Einkaufsorten zu einer vermehrten (und veränderten) Verkehrsnachfrage geführt.
Darüber hinaus ist der finanzpolitische Handlungsspielraum des Landes Berlin
zur Finanzierung verkehrlicher Maßnahmen auf Jahre hinaus äußerst begrenzt.
Dies gilt umso mehr, als bis 2007 noch erhebliche Landesmittel zur Sanierung
der BVG vertraglich gebunden sind. Die Folgen sind ein zunehmend geringerer
Investitionsspielraum für die Verkehrsinfrastruktur und finanzielle Engpässe
zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrsangebotes.
Aus dem oben Gesagten lassen sich folgende zentrale Anforderungen an eine Neuausrichtung der Berliner Verkehrspolitik (und die vor- bzw. nachgelagerten Handlungsbereiche der Siedlungs- und Umweltpolitik) für das nächste Jahrzehnt ableiten:
· Stärkere Zielorientierung. Alle Maßnahmen müssen stärker an den stadt- und verkehrspolitischen Zielen orientiert werden, und ihr Wirkungsbeitrag zur Zielerreichung muss geklärt sein. Das Zielsystem muss im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erweitert und so konkretisiert werden, dass Zielerreichung oder –verfehlung festgestellt werden kann.
· Maßnahmen-Abstimmung. Die geeigneten und erforderlichen Handlungsstrategien zur Erreichung der beschlossenen Ziele müssen entwickelt, offengelegt und verbindlich gemacht werden. Offensichtlich ist, dass nicht eine „Patent-Maßnahme“, sondern nur viele aufeinander abgestimmte Maßnahmen in unterschiedlichen politischen Handlungsfeldern geeignet sind, heutige Trends tatsächlich zu ändern und die Verkehrsrealität den Zielen anzunähern.
·
Weiche Maßnahmen.
Beim verkehrspolitischen Instrumentarium ist ein grundsätzlicher Wechsel
geboten und möglich: Anstelle der Infrastrukturorientierung der Jahre seit 1990
muss künftig der Schwerpunkt auf organisatorische, ordnungsrechtliche und vor
allem auf solche „weichen Maßnahmen“ gelegt werden, die den Nutzen eines
veränderten Verkehrsverhaltens verdeutlichen können. Diese Maßnahmen müssen
die Infrastrukturlastigkeit der vergangenen Jahre nachträglich flankieren und
ergänzen. Mit Hilfe der Informationstechnologie können die Kapazitätsreserven
der vorhandenen Infrastruktur besser genutzt werden. Auf der Angebotsseite
müssen bei Verkehrsdienstleistungen Innovationen nicht nur zugelassen, sondern
offensiv gefördert und ihre Möglichkeiten demonstriert werden.
Im übrigen kann mit intelligent veränderter Organisation flexibel und besser
auf heute noch nicht präzise erkennbare Nachfrageänderungen reagiert werden als
mit möglicherweise an falscher Stelle gebauter Infrastruktur.
· Öffentlichkeitsarbeit. Die erforderlichen verkehrspolitischen Maßnahmen müssen der Berliner Öffentlichkeit besser erklärt werden. Kaum ein Politikbereich ist so schwierig, da die Wirkungszusammenhänge sehr komplex und die verkehrlichen Folgen der eigenen Ansprüche und Verhaltensweisen selten ausreichend bedacht sind. Eine verstärkt nachhaltige Verkehrspolitik kommt angesichts der erläuterten Berliner Verhältnisse ganz ohne beschränkende Rahmensetzungen für die individuelle Pkw-Nutzung nicht aus. Eine Stadt, in die jede und jeder mit dem Pkw hineinfahren kann, hätte keine Qualität als Lebensraum. Verkehrsdämpfende Maßnahmen können aber ohne besseres Verständnis für die Wirkungen und ohne breitere Akzeptanz der Ziele nicht umgesetzt werden. Die Darstellung des Gewinns an Lebensqualität und die Vorteile für den Einzelnen müssen im Zentrum einer Kommunikationsstrategie stehen.
· Akteursorientierung. Weitere Voraussetzung für eine breitere Akzeptanz erforderlicher Strategien ist die Einbeziehung der für die Umsetzung relevanten Akteure bei der Strategieerarbeitung.
· Monitoring / Controlling. Beschlossene Strategien gewinnen entscheidend an Verbindlichkeit durch systematisches Monitoring der Realentwicklung im Verhältnis zu den beschlossenen Zielen, das zugleich die Voraussetzung für eine „Nachsteuerung“ erforderlicher Maßnahmen ist.
Tab. 11: Qualitätsziele der Mobilitäts- und Verkehrsentwicklung
Ökonomische Zieldimension |
1.
Verbesserung
der Fernerreichbarkeit und Ausnutzung der Lagequalität in Zentraleuropa an
der Schnittstelle zwischen West- und Mittel-Ost-Europa durch bessere
Einbindung in die transeuropäischen Netze (Verbesserung der nationalen und
internationalen Konkurrenzfähigkeit) 2.
Verbesserung
der Verknüpfung Berlins mit den regionalen Zentren des Umlandes in
Brandenburg (Integration des stadtregionalen Wirtschafts- und Sozialraumes) 3.
Sicherung
und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Wirtschafts- und Güterverkehrs
(Bereitstellung notwendiger Infrastruktur, Sicherung ausreichender Anteile
an der Kapazität der Verkehrsnetze) 4.
Effizienzsteigerung
der Verkehrssysteme (günstiges Verhältnis Mitteleinsatz/Wirkung, höhere
Zielgenauigkeit reduzierter Subventionen) |
Soziale Zieldimension 5.
Herstellung
vergleichbarer Mobilitätschancen auch ohne Pkw; Berücksichtigung
unterschiedlicher Mobilitätsbedürfnisse aufgrund unterschiedlicher Lebensbedingungen 6.
Verbesserung
der Verknüpfung städtischer Teilräume und Stadtteile der polyzentrischen
Stadt untereinander und mit den innerstädtischen Hauptzentren 7.
Erhöhung
der raumstrukturellen Stadtverträglichkeit des Verkehrs (Begrenzung von
Schneisenwirkungen im Stadtraum, Reduzierung von Zäsuren, Aufwertung von
Verkehrsräumen, Respektierung historischer Verkehrsnetzstrukturen) 8.
Erhöhung
der Verkehrssicherheit (alle Verkehrsarten, alle Stadträume) |
Ökologische Zieldimension 9.
Reduzierung
des verkehrsbedingten Verbrauches natürlicher Ressourcen (Energie, freie
Fläche/Boden) 10.
Bedienung
der sich verändernden Mobilitätsbedürfnisse in nachhaltiger Weise (Begrenzung
des motorisierten Verkehrsaufwandes) 11.
Entlastung
der städtischen und globalen Umwelt von verkehrsbedingten Belastungen |
Institutionelle Zieldimension 12.
Integration von Aufgabenfeldern und Einbeziehung von
Akteuren bei der Erarbeitung von Zielen und Konzepten |
Der integrative Ansatz des Stadtentwicklungskonzepts bezieht sich in erster Linie auf die verschiedenen räumlichen Ebenen und zeitlichen Horizonte. Die vorliegende Statusbeschreibung konzentriert sich im Wesentlichen auf Handlungsfelder, die über unmittelbare Schnittstellen zur räumlichen Planung verfügen. Darüber hinaus gibt es weitere Handlungsfelder, die zunehmend für die Stadtentwicklung relevant sind. Dazu zählen beispielsweise die Bereiche Kultur, Jugend, Tourismus und öffentlicher Raum.
Auf die Politikfeld übergreifenden Ansätze, wie sie insbesondere die BerlinStudie entwickelt hat - "Querbezüge und Problemverflechtung" als einer von drei qualifizierten Strategieansätzen - wird an dieser Stelle (noch) nicht abgehoben.
Die nachfolgenden Darstellungen zeigen erste Schnittstellen zur räumlichen Stadtentwicklungsplanung und mögliche Handlungsansätze auf. Insgesamt ist festzustellen, dass die klassischen Fragestellungen und Instrumente der räumlichen Planung
· Raumordnung, Flächensicherung, Erschließung,
· Standortprofilierung,
· Infrastrukturausbau und -modernisierung
nur eine geringe Rolle spielen.
Die Sicherung und weitere Entwicklung der herausragenden
kulturellen Angebote in Berlin ist gemeinsame Aufgabe von Bund und Land.
Bezogen auf das Land spielt sowohl in der Kulturpolitik als auch in der
Kulturwirtschaftspolitik die räumliche Planung eine untergeordnete Rolle.
Klassische kulturelle Einrichtungen haben feste Standorte, die auch dann
erhalten werden, wenn ein Träger seine Arbeit aufgeben muss (z.B.
Schiller-Theater). Zusätzliche Standorte werden nur noch in Ausnahmefällen
gesucht (z.B. Berlinische Galerie).
Etwas anderes ist die Raumsuche freier Gruppen, die auf flexibel nutzbare
Raumangebote mit geringen Mietpreisen angewiesen sind (Fabrikhallen,
Fabriketagen u.a.). Berlin verfügt über ein vergleichsweise großes
innerstädtisches Angebot dieses Typs und hat sich in den vergangenen 15 Jahren
intensiv für die Erhaltung und Modernisierung solcher Potenziale eingesetzt
(Tacheles, Pfefferberg, Kulturbrauerei, aber auch Atelierförderprogramm u.a.).
Es ist damit zu rechnen, dass die öffentlichen Hilfen für solche Raumangebote
zukünftig geringer werden.
Von großer Bedeutung für das Image Berlins ist die Eventkultur, die im öffentlichen Raum angesiedelt ist und – dem Metropolencharakter entsprechend – weit über die Stadt hinausstrahlt. Veranstaltungen wie die Loveparade auf der Straße des 17. Juni, der Karneval der Kulturen in Kreuzberg, der CSD in Schöneberg oder die Heimatklänge am Kulturforum sind ebenso wie die Konzertstandorte Museumsinsel, Waldbühne und Olympiastadion wichtige Faktoren für die Außenwahrnehmung, städtische Wirtschaft und Stadtentwicklung.
Es verbleiben so als wichtigste Einflussmöglichkeiten des Landes Berlin
· die weitere Entwicklung und der Erhalt eines kulturfreundlichen Klimas, um das Image Berlins als kreative, kulturell attraktive Stadt gezielt für die Stadtentwicklung weiter zu erschließen. Dies setzt veränderte Kommunikations- und Kooperationsverfahren zwischen den unterschiedlichen Akteuren im Sinne einer aktiven Kulturwirtschaftspolitik voraus;
· die gezielte Nutzung kultureller Groß-Events für das touristische Marketing der Stadt und die Stadtentwicklung sowie der Erhalt und die Entwicklung des öffentlichen Raums für derartige Veranstaltungen, auch temporär begrenzt;
· die Direktförderung einzelner Institutionen und Projekte durch die Kulturverwaltung. Aus ihrem Etat wären auch zusätzliche Marketing-Initiativen, Beiträge zum Ausbau internationaler Netzwerke u.ä. zu finanzieren sowie
· die Betriebs-, Projekt- und Gründerförderung in der Kulturwirtschaft, die im Rahmen des Etats der Wirtschaftsverwaltung zu leisten ist. In diesem Rahmen wären auch Zusatzinitiativen wie ein Monitoring Kulturwirtschaft zu finanzieren.
Das Jahr 2000
war, gemessen an der Zahl der Besucher und Hotelübernachtungen, das bisherige
Rekordjahr für den Berlin-Tourismus seit der Wende. Knapp 5 Mio. Besucher und
ca. 11,41 Mio. Übernachtungen wurden 2000 gezählt, in 2002 waren es 4,75 Mio.
Gäste mit gut 11 Mio. Übernachtungen. Die Zahl der ausländischen Besucher ging
2001 infolge des 11. Septembers zurück, stabilisierte sich aber im Jahr 2002
wieder nahezu auf das Niveau von 2000. Demgegenüber ist die Zahl der
inländischen Gäste in starkem Maße von der konjunkturellen Entwicklung in
Deutschland abhängig, da Städtereisen häufig als Zweit- oder Drittreisen
unternommen werden. Zusätzlich zu den Übernachtungsgästen besuchen jährlich
etwa 75 Mio. Tagestouristen Berlin. Der Tourismus ist ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor für Berlin: mit einem Bruttoumsatz von ca. 5,2 Mrd. € /
jährlich, das entspricht ca. 4,3% des Bruttoinlandprodukts, und ca. 66.000
Arbeitsplätzen.[82]
Das
Handlungsfeld Tourismus ist immer ein System mit vielen Beteiligten (Veranstalter,
Hotelgewerbe, Gaststättengewerbe, Verkehrsbetriebe u.a.), die unterschiedliche
Interessen in einen gemeinsamen Dialog einbringen. Diese Komplexität gilt für
die privatwirtschaftlich organisierte Tourismusbranche ebenso wie für die an
der Koordination beteiligten öffentlichen Verwaltungen (Tiefbauamt,
Wirtschaftsdezernat, Kulturamt u.a.). Die öffentliche Verwaltung führt in
dieser Netzwerkarbeit heute nicht mehr Regie, sondern kann die Netzwerkarbeit
allenfalls mit Einzelbeiträgen unterstützen. Einen wichtigen Beitrag stellt
u.a. die Intensivierung der Kooperation mit Brandenburg dar, um die
Metropolregion als gemeinsame „Marke“ zu plazieren (vgl. Kap. D).
Zu den
klassischen Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand gehört darüber hinaus
auch eine Strukturförderung zusammen mit einer gezielten Projektförderung. In
diesem Bereich setzt Berlin die Förderschwerpunkte Kultur, Kongresse und Messe,
so dass sich für andere Schwerpunkte Umsetzungsmöglichkeiten nur ergeben, wenn
neue Finanzierungsquellen erschlossen werden können.
Eine zentrale öffentliche Aufgabe bleibt daneben die
Qualifizierung des öffentlichen Raums. Bei dieser Aufgabe sollten nicht nur die
Alltagsfunktionen der Stadt und ihr Selbstdarstellungsbedürfnis,
sondern auch die Ansprüche und Erwartungen der Gäste (Touristen) stärker mit
berücksichtigt werden; das Thema des Umgangs mit und der Erlebbarkeit der Mauer
ist hierfür zentral.
Als weitere Schnittstelle zur räumlichen Planung auf der gesamtstädtischen,
aber auch bezirklichen Ebene ist darüber hinaus die Zentrenentwicklung und
Einzelhandelssteuerung zu nennen. Tourismus stellt einen maßgeblichen Faktor
für den Einzelhandel dar. Zwischen der Gestaltung des öffentlichen Raums in den
städtischen Zentren, dem Zentrengefüge sowie dem Angebot und der Struktur des
Handel bestehen vielfältige Wechselwirkungen, die ein integriertes Vorgehen
erfordern (vgl. Kap. G, S. 65).
Berlin ist aufgrund seines Images für junge Menschen eine
attraktive Stadt, dies gilt sowohl für die hier lebenden, in besonderem Maße
aber auch für die neu Hinzuziehenden, beispielsweise im Rahmen von Ausbildung,
Studium oder Berufsanfang. Im Zuge des demographischen Wandels ist davon
auszugehen, dass die Ressource „junges Humankapital“ ein knappes Gut wird, um
das die Stadt mit anderen Räumen auf nationaler und internationaler Ebene
konkurrieren muss. Daher sind Strategien gefragt, die dazu beitragen, die
Attraktivität Berlins für junge Menschen langfristig zu sichern.
Das Handlungsfeld Stadt der Jugend hat vielfältige Dimensionen, diese betreffen
die Situation der Kinder, Jugendlichen und jungen Menschen sowohl in der Stadt
als auch – im Sinne der Ausstrahlung – außerhalb; damit sind auch unterschiedliche
Akteure angesprochen. Für den Faktor Außenwahrnehmung sind Strategien gefragt,
die Berlin insbesondere als Ausbildungs- und Studien-Standort vermarkten und
kommunizieren. Hierbei ist auch die Hochschulpolitik ein wichtiger
Standortfaktor; die 138.000 Studierenden[83]
stellen national und international ein Netzwerk und Multiplikationspotenzial
dar, das es zu nutzen gilt.
Das Handlungsfeld ist in unterschiedlichsten Konzepten verankert, wie den Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt, dem Konzept zur sozialorientierten Stadtentwicklung oder dem Lokale Agenda 21-Prozess, aber auch – in Bezug auf den Schwerpunkt Ausbildung und Beschäftigung – in den arbeitsmarktpolitischen Konzepten und diversen Förderansätzen.
Die Kommission des Berliner Kinder- und Jugendberichtes hatte zum Thema „Jugendarbeitslosigkeit“ vorgeschlagen, regionale Förderzentren oder regionale Strukturentwicklungsgesellschaften zu schaffen, die die wirtschafts- und arbeitsmarktbezogenen Aktivitäten koordinieren. Damit werden sowohl die EU-Vorgaben (Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen) als auch das Rahmenprogramm des Landes Berlin 2002, das als lokalen Ansatz Bezirkliche Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit[84] intensiver als bisher fördern will, aufgegriffen. Dieser Ansatz entspricht dem „Sozialräumlichen Prinzip“ der Jugendpolitik und bietet Anknüpfungsmöglichkeiten an die vorhandene Strukturen[85] sowie die vorhandenen Quartiersmanagementeinrichtungen.
Für die bezirkliche Bündnisse werden die Maßnahmen ganz wesentlich aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert. Aufgrund der EU-Osterweiterung sind nach 2006 erheblich geringere Mittel zu erwarten. Etwa zeitgleich werden die geburtenschwachen Jahrgänge der unmittelbaren Nachwendezeit auf den Ausbildungsmarkt kommen. Denkbar ist daher auch, dass durch den Rückgang der Jahrgangsstärken sehr schnell auch ein Angebotsdefizit an jungen, gut ausgebildeten Fachkräften entstehen kann, auf die die Wirtschaft dringend angewiesen ist.
Bei der Frage nach den vorhandenen und zusätzlich erforderlichen Instrumenten kann festgestellt werden,
·
dass fördertechnisch
ausreichende Instrumente bestehen,
·
dass organisatorisch
mit Ausbildungsverbünden und den Bezirklichen Bündnissen die richtigen
Organisationsformen im Aufbau begriffen sind,
·
dass aber mit Blick
auf die stärkere Vernetzung von Jugendpolitik, Bildungspolitik, Ausbildungs-
und Arbeitsmarktpolitik übergreifende Übersichten über die spezifischen Leistungen
fehlen und der Aufbau von qualifizierten Erfolgskontrollen (Evaluierung) gerade
bei einer planmäßigen Dezentralisierung erforderlich wird.
Auch wenn Berlin wegen seiner Größe und besonderen Problemstruktur nur schwer mit anderen Großstädten in den neuen und alten Bundesländern verglichen werden kann, gibt es zahlreiche Aufgabenfelder, in denen sich Probleme und Handlungsbedarf aneinander angenähert haben. Berlin tut darum gut daran, vor allem in der Jugendpolitik modellhafte Vorgehensweisen als Markenzeichen der Stadt besonders zu fördern, dazu kann die stärkere Verknüpfung von Schule und Jugendhilfe einen wichtigen Ansatz darstellen.
Der öffentliche Raum ist die Visitenkarte der Stadt. Im öffentlichen Raum überlagern sich vielfältigste Funktionen, deren Ansprüche sich teilweise decken, aber auch konkurrieren. Die Gestaltung des öffentlichen Raums ist daher eine Schnittstellenaufgabe zwischen zahlreichen Akteuren. Gleichzeitig ist dies das Handlungsfeld mit der größten stadtplanerischen Relevanz. Neben den Belangen des Verkehrs ist es insbesondere die Vielzahl privater Einzelinvestitionen, die das Stadtbild Berlins prägt.
Wie Berlin insgesamt ist auch der öffentliche Raum durch gegensätzliche Strukturen gekennzeichnet, diese Gegensätze sollten als berlin-typische Elemente und als Zeugnis Berliner Geschichte gepflegt werden. Dies sind z.B.
weltoffene, repräsentative
Bereiche intime
Kiezbereiche
(Regierungsviertel) (Kreuzberger
Hinterhöfe als Wohnzimmer im
Freien)
weiträumige, gründominierte Räume „enge“
Gründerzeitplätze
(Rathausstraße/ Fernsehturm, Ku´damm) (Hackescher
Markt, Savignyplatz)
Für unterschiedliche Instrumente bzw. räumliche Bereiche sind Differenzierungen und Überprüfungen notwendig. Dies betrifft u.a.
· planerische Instrumente wie das Planwerk Innenstadt. Im Bereich der gestalterischen Weiterentwicklung der öffentlichen Räume bleiben die Stadtreparaturmaßnahmen in den Strukturbruchzonen des Öffentlichen Raums und die Qualifizierung der Wohnquartiersstraßen in der Innenstadt Hauptaufgabe. Dabei sind die veränderten Rahmenbedingungen für eine Umsetzung zu berücksichtigen; die planerischen Instrumente als öffentliche Angebotsplanung sind zu modifizieren, um unter den veränderten Bedingungen die erforderlichen privaten Schlüsselinvestitionen zu initiieren.
· die technische Weiterentwicklung der öffentlichen Räume. Die Nutzung öffentlicher Räume hat sich geändert. Dies basiert teils auf neuen technischen Möglichkeiten (z.B. Strahlungsheizer für Außengastronomie), teils auf veränderten Freizeitaktivitäten (z.B. mehr (sportliche) Betätigung im Freien wie joggen, Fahrrad fahren, Inliner nutzen, grillen im Park). Die zunehmende Nutzungsintensität erfordert es, die technische Instandhaltung zu verbessern, falsche Überformung zu verhindern sowie Sauberkeit und Sicherheit – auch unter geschlechtsspezifischer Sicht – zu optimieren. Hierbei sind differenzierte Kriterien für Umbau- und Reparaturbedarfe zu entwickeln, um die knappen finanziellen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen.
· die Gestaltung stadtprägender Schlüsselbereiche unter der Zielsetzung, ein Kontinuum öffentlicher Räume zu schaffen. Seit 1990 ist die Stadt an vielen Stellen optisch zusammengewachsen (Pariser Platz, Potsdamer und Leipziger Platz), dennoch gibt es aufgrund von Strukturveränderungen nach wie vor erhebliche Bereiche in der Stadt, in denen die verbindende Funktion des öffentlichen Raums gestört ist. Herausragend ist hierbei die sog. Nord-Süd-Achse (Gleisdreieck und Bahnraum nördlich des Lehrter Bahnhofs), wo mit dem Rückzug der Bahn aus der Fläche völlig neue Stadträume mit neuen verbindenden öffentlichen Räumen entstehen können. Für den Nordraum dieser sog. Nord-Süd-Achse ist zu klären, welche Ost-West-Verknüpfungsfunktionen (zwischen den bestehenden Stadtquartieren von Mitte und Tiergarten) mit welchen Nutzungen und welchen öffentlichen Räumen realisiert werden können.
Das Handlungsfeld Internationalität ist mehrdimensional. Es
reicht von bestehenden und anhaltenden Integrationsaufgaben in den Quartieren
der Innenstadt, über den Tourismus bis hin zur (neuen) Außenwirkung Berlins als
Hauptstadt, als Standort für internationale Konzerne und als Ort der
internationalen Begegnung im Rahmen von Kulturevents. Die Internationalität
Berlins hat eine wachsende Bedeutung für die Stadtentwicklung (vgl. Kap. A, S. 13), sie zu fördern erfordert ein integriertes und
querschnittsorientiertes Vorgehen. Mögliche Handlungsansätze ohne
unmittelbare Relevanz für die räumliche Planung liegen u.a. in folgenden Bereichen:
·
Die vorhandenen
Sprachkompetenzen der BerlinerInnen und der Migranten sind zu nutzen und zu
stärken. Berlin hat aufgrund der räumlichen Nähe zu den Staaten Mittel- und
Osteuropas – auch durch vielfältige Verbindungen aus der Vorwendezeit – gute
Voraussetzungen für noch engere Beziehungen zu den Nachbarn. Dies zeigt sich
insbesondere in der Kulturszene, aber auch in der Wirtschaft, Wissenschaft und
Verwaltung.
·
Die Förderung strategischer
Partnerschaften ist ein weiterer Ansatz, um die Internationalität der Stadt zu
stärken. Neben vorhandenen Wirtschaftsbeziehungen
bieten sich insbesondere Kultur, Forschung und Bildung für strategische
Partnerschaften an.
·
Neu entstandene Cluster im
Bereich der „creative industries“, wie der Musikbereich – mit Unternehmen wie
Universal Music, MTV, den Clubs, den Kunst-Hochschulen und dem Interesse von
Berlinbesuchern aus aller Welt an diesen Trends –, sind gute Beispiele, wie
sich vorhandene Leuchttürme und traditionelle Angebote der Musik- und
Konzertszene weiterentwickeln und profilbildend für die ganze Stadt wirken.
Damit werden die Internationalität und das Image der Stadt gestärkt.
·
Mit den multinationalen
Konzernen, den Botschaften sowie der zunehmenden Internationalität der Kunst-,
Kultur- und Wissenschaftsszene wird Berlin zum Anziehungspunkt für
Persönlichkeiten und Kompetenzen. Dieses Pfund gilt es zielgerichtet für die
Stadtentwicklung zu nutzen.
Quer zu den fachlich-sektoralen Handlungsfeldern liegt der
zentrale Ansatz der Aktivierung, dies
betrifft unterschiedlichste Ansätze von der Infrastrukturnutzung über
Nachbarschaftshilfe und Quartiersentwicklung bis hin zu Mäzenatentum und
Stiftungswesen. Ziel ist es, die vorhandenen Chancen für die Berliner
Stadtentwicklung besser zu erschließen.
Neue Handlungsallianzen sind ein Baustein für die Positionierung der Städte im
Standortwettbewerb. Place-making beschreibt diese Standortprofilierung. Es
umfasst eine veränderte Verwaltungs- und Politikpraxis und basiert auf Zielen
und Leitbildern, die gemeinsam mit den drei großen städtischen Akteursgruppen
(Stadt, Wirtschaft, Bürgerschaft) formuliert werden. Vor dem Hintergrund von
Gender Mainstreaming sind dabei insbesondere für die Ansprache der Bürgerschaft
geschlechterdifferenzierte Ansprachen der unterschiedlichen Zielgruppen
notwendig.
Erforderlich ist die Rückverlagerung von Zuständigkeiten und Funktionen auf
gesellschaftliche und privat-wirtschaftliche sowie private Bereiche. Damit verbunden
ist der Ansatz, Synergien und win-win-Situationen zu ermöglichen. Die Förderung
von bürgerschaftlichem Engagement und „corporate citizenship“ sind zentral im
Rahmen des veränderten Staatsaufgabenverständnisses.
Die Stadtentwicklung Berlins wird nicht nur durch die aktuellen Problemlagen bestimmt, sondern auch durch übergreifende langfristige Trends. Mit den langfristigen Entwicklungsvarianten werden mehrere Ziele verfolgt:
· Auseinandersetzung mit unterschiedlichen möglichen Entwicklungsrichtungen statt Konzentration auf eine wahrscheinliche Entwicklungsannahme, um die Annahmen für die Neuorientierung auf eine breitere Entscheidungsbasis zu stellen.
· Aufgreifen von unterschiedlichen zeitlichen Denk-Richtungen: nicht nur die Fortsetzung von Trends in die Zukunft bestimmt die Stadtentwicklung (Denken von heute aus in Richtung auf 2020), sondern auch die Vorstellungen, Visionen und Bilder, die von der Zukunft vorhanden sind und auf die aktuelle Lage zurückwirken (Denken von 2030 / 2020 / 2010 in Richtung Gegenwart).
· Verknüpfung der zentralen Stadtentwicklungsparameter, ohne die Komplexität von Szenarien zu erreichen, die stärker auf die Beschreibung von Maßnahmebündeln und Wirkungszusammenhängen abstellen.
Die Entwicklungsvarianten beziehen sich auf die notwendigen langfristigen Rahmenbedingungen. Die Auseinandersetzung mit den zentralen Kenngrößen für die strategische Stadtentwicklung bildet die (teilräumliche) Basis, um in weiteren Schritten die perspektivischen Handlungsansätze zu vertiefen und die Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten für offene, stadtentwicklungsrelevante Themen zu bestimmen. Die Abgrenzung der genannten Teilräume wird auf der Karte Stadträume, S. 7, dargestellt.
In der unmittelbaren Nach-Wende-Phase bis 1993 war die Einwohnerentwicklung in allen städtischen Teilräumen positiv. Während im Westteil der Stadt die Entwicklungsdynamik gering war, wurden die Zuwächse im Ostteil insbesondere durch die Fertigstellung der begonnenen Großsiedlungen und beginnende Nachverdichtungen in den locker bebauten Einzelhausgebieten getragen.
Im Zuge der einsetzenden Suburbanisierung verliert Berlin
zwischen 1993 und 1997 insgesamt rd. 73.500 Einwohner, während das Umland und
die Metropolregion wächst. Die Verluste (- rd. 67.5000 Einwohner) beziehen
sich insbesondere auf die Innenstadt, wobei die östliche Innenstadt stärker
betroffen ist als die westliche.
Die Entwicklungen in der Außenstadt differenzieren: im westlichen Teil ist die
Entwicklung in etwa konstant, während im östlichen Teil deutliche
Einwohnerzuwächse zu verzeichnen sind. Die Ursachen hierfür liegen in der
Nachverdichtung in den Einzelhausgebieten sowie in der Realisierung der „Neuen
Vorstädte“ wie Karow-Nord. Demgegenüber sind die peripheren Großsiedlungen im
Ostteil in diesem Zeitraum durch besonders starke Einwohnerverluste
gekennzeichnet.
Die Entwicklungen korrespondieren mit der Verteilung des Wohnungsneubaus in
Berlin, aber – verstärkt durch das Fördergebietsgesetz – auch im angrenzenden
Brandenburger Umland.
In den Jahren von 1997 bis 2000 ist die Einwohnerentwicklung Berlins ebenfalls negativ, der anhaltende Suburbanisierungsverlust (- rd. 56.000 Einwohner) verteilt sich in etwa gleichmäßig auf die innere und die äußere Stadt. Im Westteil der Stadt nehmen die Einwohner leicht ab. In der östlichen Außenstadt setzen sich die positiven Entwicklungstrends fort (Neubauten in den „Neuen Vorstädten und Nachverdichtung). Eine Besonderheit weist die östliche Innenstadt auf: Getragen durch umfangreiche Fertigstellungen von Wohnungen (Rummelsburger Bucht) bzw. Sanierungen (Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain) nimmt die Einwohnerzahl ab 1998 wieder zu.
Nach 2000 konsolidiert sich die Entwicklung in den unterschiedlichen Teilräumen, die grundsätzlichen Entwicklungstrends bleiben aber bestehen: Die Verluste der Gesamtstadt schwächen sich weiter ab, dies betrifft ebenso die Innenstadt. Die östliche äußere Stadt gewinnt – vorrangig getragen durch kleinteilige, integrierte Nachverdichtung – weitere Einwohner hinzu, während in den peripheren Großsiedlungen die Einwohnerverluste anhalten.
Abkürzungen (Entwicklungsvarianten)
KMU Klein- und
mittelständische Unternehmen
ndH nicht deutscher
Herkunft
ABL / NBL alte / neue
Bundesländer
MFH / EFH Mehr- /
Einfamilienhäuser
GW Grundwasser
San Sanierung
ModInst Modernisierung und
Instandsetzung
|
Basis
|
Positiv |
Negativ |
Wirtschaft |
wirtschaftliche Entwicklung stagniert, kommt nach 2010 zögerlich in Gang, insges. kann Berlin nur in geringem Umfang an nationalen Konsolidierungen / Verbesserungen teilhaben Regierungsumzug
erfolgt in kleinem Umfang erst 2010, hat nur wenige wirtschaftliche Impulse
bis 2020 EU-Osterweiterung bringt in geringem Umfang
Impulse für Berlin (geringfügig größeres Zuwanderungsniveau aus MOE als
heute) Fusion mit
Brandenburg bringt in geringem Umfang wirtschaftliche Impulse für die
Region, davon profitiert in wirtschaftlicher Hinsicht das Umland mehr als
Berlin in
begrenztem Umfang Unternehmensneuansiedlungen, insbes. in Trend-Branchen
Medien, Kultur, Dienstleistungen geringe
Entwicklungsdynamik bei ansässigen Unternehmen; anhaltender, aber sich
insgesamt verlangsamender Industrie-Abbau |
wirtschaftliche
Entwicklung verbessert sich ab 2010 dauerhaft wirtschaftliche
Entwicklung Berlins wird wesentlich durch einen zügigen Umzug der restlichen
Regierungsfunktionen belebt EU-Osterweiterung
bringt zusätzlich deutliche Impulse erfolgreiche
Fusion mit Brandenburg bringt starken Impuls für gemeinsame
Standort-Strategie der Region Unternehmensneuansiedlungen
finden statt, differenzierte Standortmuster, Umland profitiert in stärkerem
Maße als Kernstadt |
wirtschaftliche
Entwicklung stagniert dauerhaft, kommt bis 2020 in Berlin nicht in Gang,
Stagnation der Wirtschaftsentwicklung im Umland setzt ein und hält an Regierungsumzug
scheitert bis 2015 (Finanzlage des Bundes), daher keine Impulse für Berlin starke
Zunahme der Schattenwirtschaft (MOEler und Berliner) im Zuge der
EU-Osterweiterung aufgrund steigender Konkurrenzen Fusion
Berlin-Brandenburg wird durch Bildung eines Nord-Landes überholt, hat
aufgrund der damit verbundenen erhebl. Umstrukturierungen bis 2020 kaum
wirtschaftliche Impulse für Berlin anhaltende
De-Industrialisierung Unternehmensneuansiedlungen
können AP-Abbau nicht auffangen |
Steuerung
öffentliche Haushalte |
teilweise
Prioritätensetzung, sachlich (s.u.): Qualifizierung, räumlich ansatzweise,
aber unzureichend relative
Prioritätensetzung d. Mitteleinsatzes f. Qualifizierungsoffensive junger
Menschen nach 2020
erste Erfolge der Haushaltskonsolidierung, insgesamt bleibt Konsolidierung
fraglich |
Prioritätensetzung
ist – aufgrund wirtschaftlicher Lage – leichter möglich als bei Basis,
räumlich zugunsten von Innenstadt / Innenstadtrand bzw. polyzentraler
Struktur abs. Prioritätensetzung
d. Mitteleinsatzes f. Qualifizierungsoffensive v. jungen Menschen ndH Programm für
Betriebsübernahmen bei fehlendem Nachfolger Einnahmen-Lasten-Ausgleich
mit dem Umland (Wirtschaft gegen Infrastrukturnutzung) mittel- /
langfristige Haushaltskonsolidierg. mögl. |
muddling
trough / keine konsequenten sachlichen und räumlichen Prioritäten Verteilungskämpfe
blockieren
|
Arbeitsmarkt |
Qualifizierungsoffensive
für junge Menschen mit geringem Bildungsniveau ansatzweise
/ modellhaft eine stärkere Verknüpfung von Arbeitsmarkt- und
Quartierspolitiken dauerhaft
hohe Arbeitslosigkeit in übrigen Altersgruppen |
Qualifizierungsoffensive
für junge Menschen mit geringem Bildungsniveau greift deutlich Betriebsübernahmen-Programm
-> in Teilen erhebliche positive Auswirkungen auf Mittelstand |
->
weiterer Anstieg der AL-Quote aufgrund von De-Industrialisierung (insbes.
ältere Arbeitnehmer) anhaltend
hohe Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit |
Wanderungen |
ABL: keine
Gewinne Ausland:
anhaltende Zuwanderungen, vermehrt aus EU-Beitrittsländern Umland:
abnehmende Wanderungsverluste |
ABL und NBL:
Wanderungsgewinne insb. durch qualifizierte Zuwanderer Ausland:
verstärkte Zuwanderungen (ca. 1/3 gut qualifizierte, ca. 2/3 für gering
qualifizierte Dienstleistungen) Umland: ab
2015 wieder verstärkte Abwanderung |
ABL:
Wanderungsverluste insb. durch Abwanderung qualifizierter Bevölkerung Ausland:
Unterproportionale Wanderungs-gewinne aus EU- Osterweiterung Umland: nur
noch geringe Abwanderung |
Bevölkerung |
Berlin: geringes Wachstum bis
2010, danach zunehmende Verluste bis 2030 (3,3 Mio.) |
Berlin: leichte Zunahme bis 2010, danach nahezu konstant (3,4 Mio.) |
Berlin: anhaltende und stärkere Abnahme bis 2030 als in
Basis-Annahme (2030: 3,2 Mio.) |
Haushaltsstruktur / Wohnungsbedarfe |
Aufgrund der
Komplexität der Haushaltsbildungsprozesse ist in Abhängigkeit zur
Bevölkerungsentwicklung und des langen Betrachtungszeitraums nur eine grobe
Einschätzung und damit nur eine allgemeine Trendaussage möglich. |
||
|
Bis 2010
leichter Rückgang der Zahl der Privathaushalte. Danach bis 2030 ein
stärkerer Rückgang. Kontinuierliche
Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße bis 2010, danach Verlangsamung
des Singularisierungsprozesses. Leichte
Zunahme bei den Ein- u. Zweipersonenhaushalten, leichte Abnahme bei den
Dreipersonenhaushalten, starke Abnahme bei den Vier- und mehr
Personenhaushalten. Aufgrund des
geringen Wohnungsneubaus Stagnation des Wohnungsbestandes bis 2010, danach
leichter Rückgang. Teilmarktbezogene
Leerstandsproblematik bleibt erhalten. Leicht
steigende Nachfrage nach größeren Wohnungen, eher sinkende Nachfrage nach
kleinen Wohnungen aufgrund weiter zunehmender Individualisierung und
größerer Zahlungsfähigkeit von kleinen Haushalten. Bedarf nach
preiswerten Wohnungen bleibt hoch. Bedingt
durch die demographischen Veränderungen steigende Nachfrage nach
altengerechten Wohnungen mit angeschlossenen (Pflege-) Dienstleistungen. Zunehmende
Segregation. |
Bis 2010
kontinuierlicher Anstieg der Zahl der Privathaushalte. Danach bis 2030 nur
noch leichter Anstieg. Entwicklung
der durchschnittlichen Haushaltsgrößen wie Basis. Kontinuierliche
Zunahme bei den Einpersonenhaushalten, leichte Zunahme bei den Zweipersonenhaushalten,
weniger starke Abnahme bei den größeren Haushalten als in der Basisannahme.
Leichte
Zunahme des Wohnungsbestandes. In einigen
Teilmärkten Abbau des Leerstandes, in nicht modernisierten und der Nachfrage
angepassten Beständen nur geringer Leerstandsabbau. Steigende
Nachfrage nach größeren Wohnungen, sinkende Nachfrage nach kleineren Wohnungen.
Stärkere Ausdifferenzierung von Lebensstilen und Wohnwünschen, stärkere Individualisierung
löst Nachfrage nach entsprechenden Wohnungen aus. Bedarf nach
preiswerten Wohnungen bleibt hoch (Zweckentfremdung / Zusammenlegung >
Basis wg. besser ökonomischer Situation). Nachfrage
nachaltengerechten Wohnungen wie in der Basisannahme. Weitere
Spreizung von Einkommen, Vermögen und Lebenschancen führt zu weiterer Segregation.
|
Kontinuierlich
starker Rückgang der Zahl der Privathaushalte. Entwicklung
der durchschnittlichen Haushaltsgrößen wie Basis. Leichte
Zunahme der Einpseronenhaushalte bis 2010, danach Abnahme. Bei den Zweipersonenhaushalten
zunächst Stagnation, ab 2010 Abnahme, starke Abnahme bei den großen Haushalten.
Wohnungsneubau
kommt nahezu zum Erliegen. Steigende
Leerstandsproblematik betrifft alle Teilmärkte. Verödung ganzer Wohnquartiere
möglich. Geringe
Nachfrage nach größere Wohnungen, gleichbleibende Nachfrage nach kleinen Wohnungen.
Bedarf an
preiswerten Wohnungen steigt. Nachfrage
nach altengerechten Wohnungen wie in der Basisannahme. Zunehmende
Segregation. |
Wohnungsneubau |
MFH-Neubau:
nur noch freifinanziert, kleinteilig, in Lagen mit intaktem Wohnumfeld EFH-Neubau:
Nachverdichtung, kleinteilige Projekte in der äußeren Stadt und im Umland Entlassung
von Sanierungsgebieten, keine öffentliche ModInst-Förderung mehr (Haushaltslage) |
MFH-Neubau:
verstärkte Lückenbebauung in Lagen mit intaktem Wohnumfeld, hier auch Abriss
von 50er-Jahre-Beständen zugunsten hochwertigen Neubaus EFH-Neubau:
Nachverdichtung, vermehrt wieder Siedlungserweiterung im Außenbereich, um Umlandkonkurrenz
zu begegnen Entlassung
von San.-Gebieten, (priv.) Modernisierung im Zuge v. Gentrification |
MFH-Neubau.
nur noch geringe Einzelfälle EFH-Neubau:
dito wg. vorhandenem Überangebot freiwerdender EFH von Abwandernden teilweise
Beibehaltung von San.-Gebieten, stetige öffentliche ModInst-Förderung auf
niedrigem Niveau durch Bund |
Quartiersentwicklung |
Zunahme des
Ausländer-Anteils in der Innenstadt, differenzierte Gruppen-Muster zwischen
Ost und West soziale
Segregation setzt sich verlangsamt fort leichte Ausweitung
sozial schwacher Quartiere periphere
Großsiedlungen Ost: zunehmende Differenzierung von Lagen |
Gentrification
weiterer Innenstadt-Bereiche (insb. Prenzl.Berg, Friedrichshain) Verdrängung
führt zu Engpässen im preiswerten Wohnungsbestand innenstadtnaher
Altbau: kein Leerstand mehr periphere
Großsiedlungen Ost: zurückgehende, aber anhaltende Leerstände |
Problemgebiete
in der Innenstadt weiten sich aus, Verfestigung von Interventions- und Alimentationsbereichen
große Teile
der äußeren Stadt sind ebenfalls durch Arbeitslosigkeit und
Sozialhilfe-Empfang gekennzeichnet periph.
Großsiedlgn. Ost: flächenhafte Entleerg. |
Zentrenstruktur / öffentlicher Raum |
Ausdünnung
der Versorgungsmöglichkeiten in der äußeren Stadt, Zunahme von nicht-integrierten
Standorten Differenzierung:
punktuelle Aufwertung des öffentlichen Raums und teilräumlicher Verfall |
anhaltender
Strukturwandel im Einzelhandel, gewachsene Zentren können Attraktivität
halten geringere
Differenzierung des öffentlichen Raums: teilräumlicher Verfall konzentriert
sich auf sozial schwache Quartiere |
erhebliche
Ausdünnung der Versorgung, Niedergang von Zentren in der äußeren Stadt,
insbesondere in den peripheren Großsiedlungen starke
Differenzierung: starke Konzentration der Aufwertung, in weiten Teilräumen
Verfall des öR |
Freiraum
Biotopverbund |
Erhalt von
Freiraum-Ausstattungsunterschieden zwischen verschiedenen Teilräumen, Brachflächen:
kaum genutztes Potenzial für alternative Nutzungen / Zwischen- / Freiraumnutzungen Umsetzung
des Biotopverbunds durch rechtliche Instrumente erfolgt in kleinen Schritten |
zunehmende
Diskrepanzen zwischen besser und schlechter versorgten Bereichen, zunehmende
kleinräumige Disparitäten Brachflächen:
genutztes Potenzial für alternative Freiraumnutzungen (z.B. Trendsportarten),
Zwischennutzungen Umsetzung
des Biotopverbunds erfolgt durch Kompromisse, in kleinen Schritten und
langsamer als in der Basis-Variante |
teilräumliche
Ungleichheiten werden nicht ausgeglichen, sondern dauerhaft in Kauf genommen periphere
Großsiedlungen: zunehmende Brachflächen Infrastruktur- und Wohnungsabriss Innenstadtrand
/ Zwischenzone: zunehmende devastierte Bereiche durch Nutzungsaufgaben im
gewerblichen Bereich Brachflächen:
negativer Imagefaktor ohne Potenzialwirkung Umsetzung
des Biotopverbund scheitert mit rechtlichen und finanziellen Instrumenten,
findet aber faktisch statt, weil mit einer geringeren Freiflächeninanspruchnahme
mehr Flächen für eine naturnahe Entwicklung zur Verfügung stehen |
Umwelt |
Wasser: zurückgehende Bedarfe bewirken steigenden
GW-Siegel, dauerhaftes Management (abpumpen) erforderlich Lärmminderung greift teilräumlich, zunehmende
Umweltbelastungen durch MIV, im Ostteil stärker als im Westteil
(AP-/Einwohnerstruktur) Luft / Klima: schrittweise Verbesserung, teilräumlich in
Verbindung mit MIV keine Abnahme der Belastungen |
Wasser: höherer Bedarf, daher geringerer Anstieg des
GW-Spiegels Lärmminderung greift teilräumlich, abhängig von
politischer Artikulationsfähigkeit, zunehmende Diskrepanzen zwischen den
Quartieren Luft / Klima: teilräumliche Verschlechterung, insbesondere
im Innenstadtrand / Zwischenzone aufgrund deutlich zunehmender Verkehrsbelastungen,
Maut führt zu teilräumlicher Entlastung (Innenstadt) |
Wasser: stark zurückgehende Bedarf lassen GW-Spiegel
erheblich ansteigen, erfordern umfangreiches, kostenintensives Management,
insbesondere für das Urstromtal Lärmminderung ist maßnahmenseitig aus finanziellen
Gründen nicht leistbar, erfolgt faktisch aber punktuell aufgrund
zurückgehender MIV-Nutzung wg. zu hoher Kosten Luft / Klima: leicht abnehmende Belastungen aufgrund
geringer wirtschaftlicher Entwicklung, geringerer Bevölkerung etc. |
Siedlungs- und Verkehrsentwicklung |
kaum
zusätzliche Freirauminanspruchnahme wg. Auffüllung vorh. Flächen,
abschwächende Suburbanisierung leichte
Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr, leichte Zunahme Stadt-Umland-Verkehr |
erhebliche
Freirauminanspruchnahme (auch im Stadtgebiet), anhaltende Suburbanisierung keine
Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr |
geringere
Suburbanisierungsprozesse als in Basis, keine zusätzliche Freirauminanspruchnahme spürbare
Reduzierung der Verkehrsnachfrage im Binnenverkehr sowohl in der Außenstadt
als auch in ganz Berlin |
Das abschließende Kapitel umfasst zum einen die Zusammenstellung von Planungsannahmen, der Realentwicklung zwischen 1990 und 2002 sowie den derzeitigen Einschätzungen für die Stadtentwicklung bis 2010 in zentralen Kenngrößen. Zum anderen werden die perspektivischen Handlungsansätze der unterschiedlichen Bausteine zusammengefasst.
Der Vergleich der unterschiedlichen Annahmen ergibt ein differenziertes Bild:
Tab. 12: Vergleich der Planungsannahmen der 1990er Jahre für die langfristige Stadtentwicklung mit der Realentwicklung zw. 1990 und 2000 sowie den Annahmen des Stadtentwicklungskonzepts (StEK) bis 2010
|
Bestand 1990 |
Planungsannahmen |
Bestand 2002 / |
StEK |
|
|
|
Eigenentwicklung |
Wachstumsannahme |
1990 – 2002 |
bis 2010 |
Bevölkerung |
3,4 Mio. |
3,7 Mio. |
3,4 Mio.* |
3,4 Mio.[88] |
|
Wohnungen insges. |
1,7 Mio. |
1,9 Mio. |
2,0 Mio. |
1,86 Mio.* |
|
zusätzlicher
Neubau |
|
+
250.000 |
+
400.000 |
+
ca. 150.000 |
+
45.000[89] |
Arbeitsplätze insges. |
1,7 Mio. |
1,65 Mio. |
1,56 Mio.* |
1,54 Mio.[90] |
|
Baugewerbe |
|
|
|
|
|
Gewerbliche Bauflächen |
|
4.000 ha |
4.300 ha |
|
|
Bestandsflächen Inanspruchnahme der innere
Reserve |
3.750 ha |
+
500 ha |
+
200 ha[92] |
+
200 ha[93] |
|
Büroflächen |
|
|
|
|
|
Einzelhandel |
2,3 Mio. qm |
|
|
4,0 Mio. qm* |
|
Ausgehend von der Bevölkerungsentwicklung ist anzunehmen,
dass die Wohnungsnachfrage bis 2010 deutlich
geringer ist als zu Beginn der 90er Jahre angenommen. Auch für die
Arbeitsplatzentwicklung wird eine deutlich schwächere Entwicklung erwartet.
Dies spiegelt sich auch in geringeren
Annahmen für den Gewerbeflächenbedarf bis 2010 wider. Für den Bürobereich ist trotz geringerer
Arbeitsplatzzuwächse mit einer Zunahme
der Flächen zu rechnen, dies basiert u.a. auf der technologischen
Entwicklung und stimmt mit den Planungsannahmen überein.
Die erhebliche Dynamik, die die quantitative Flächenentwicklung des Einzelhandels in der unmittelbaren
Nachwendezeit geprägt hat, wird sich zukünftig vorrangig als qualitative
Umstrukturierung von bestehenden Standorten und Zentren darstellen.
Zukünftige
Handlungsperspektiven
Für die langfristige Strategie sind stadtentwicklungsplanerische Handlungsansätze gefragt, die zum einen den übergeordneten Zielsetzungen Rechnung tragen, zum anderen die dargestellten Trends berücksichtigen und die sich daraus ergebenden Anforderungen bewältigen. Sie bedürfen der Neuorientierung und Modifikation, um auf die veränderten Rahmenbedingungen und die eingeschränkten Finanzspielräume zu reagieren.
Aufgrund der angespannten Haushaltslage sind zukünftig Konzentrationen auf Pflichtaufgaben bzw. Handlungsansätze erforderlich, die durch folgende Merkmale gekennzeichnet sind:
·
nachhaltig
durch Berücksichtigung der Ziel-Trias in der zukünftigen Stadtentwicklung, um
eine dauerhaft verträgliche Siedlungsentwicklung zu gewährleisten
·
Synergien
erschließend
durch integrierte Ansätze, die unterschiedliche Handlungsfelder verbinden, um
die Wirksamkeit der Strategieansätze zu erhöhen
·
identitätsstiftend
durch Beteiligung der unterschiedlichen Nutzer- und Nachfragergruppen, um die
Bindungswirkung an und Verantwortung für den Ort zu erhöhen
·
kostengünstig
durch Beteiligung von Dritten, Einsatz von endogenen Potenzialen der
Bevölkerung etc., um die Haushaltssituation des Landes nicht stärker zu
belasten
·
bedarfsbezogen
durch eine Beschränkung auf die tatsächlichen Bedarfe, um Kosten für die Vorhaltung
und Nutzung zu minimieren.
Die Schwerpunkte in den einzelnen Handlungsfeldern sind für die jeweiligen sektoralen Bausteine im Folgenden dargestellt. Für die weiteren Handlungsfelder Kultur, Tourismus, Stadt der Jugend und öffentlicher Raum sind im weiteren Verfahren die Schnittstellen zur räumlichen Planung zu konkretisieren.
· Stärkung der Attraktivität der Metropole als Standortfaktor für die weitere Ansiedlung von internationalen und nationalen Entscheidungs- und Kontrollfunktionen
· Weiterentwicklung der planerischen Handlungsstrategien für die unterschiedlich strukturierten Teilräume von Berlin und Brandenburg
· Gemeinsame Darstellung von Berlin und Brandenburg als Standort mit differenzierten Standortqualitäten von Stadt und Land
· Konzeptionelle Ausgestaltung der „Trademarke“ Metropolregion als Stärke im und für den gemeinsamen Planungsraum
· Sparsamer Umgang mit Grund und Boden, um einerseits die natürlichen Ressourcen zu schonen, eine kompakte, verkehrsarme Stadtentwicklung zu realisieren und vorhandene Infrastrukturen auszulasten, und um andererseits die Entstehung von Kosten für neue Erschließungen, Infrastrukturen etc. zu vermeiden.
· Konsequente Weiterführung des Prinzips der Innenentwicklung für die räumliche Planung. Klarer Bezug auf die vorrangige Inanspruchnahme brachgefallener oder untergenutzter Flächen im besiedelten Stadtkörper im Gegensatz zur Stadterweiterung auf bisher nicht bebauten Flächen.
· Vorrangige Entwicklung von Instrumenten zur Aktivierung von Innenentwicklungsflächen bzw. Verbesserung der Koordination der vorhandenen Instrumente. Stadtplanung sollte dabei – über die Erarbeitung von Plänen und Konzepten hinaus – auch als initiierende und kooperierende Dienstleisterin auftreten.
· Verstärkter Einsatz der klassischen Instrumente der Baulandpolitik/ -aktivierung (Umlegung etc.), ergänzt durch neuere Ansätze z. B. im Sinne eines bodenpolitischen Grundsatzbeschlusses.
·
Schaffung einer stärkeren Bindungswirkung bei der
nachrangigen Inanspruchnahme von Flächen, jedoch keine pauschale Rücknahme der
Darstellung von siedlungsstrukturell sinnvollen Stadterweiterungsflächen im
Berliner Flächennutzungsplan (FNP)
·
Intensivierung der planerischen Zusammenarbeit zwischen
Berlin und Brandenburg bei der gemeinsamen Steuerung der Flächenentwicklung in
der Metropolregion
·
Eine der Stärken Berlins ist seine soziale Mischung.
Zur Erhaltung dieser Mischung ist künftig der Einsatz kooperativer
Präventionsstrategien anstelle von kostenintensiven Interventionsprogrammen
vorzusehen. Hauptträger der Interventions- und Präventionsmaßnahmen werden
künftig die privaten Eigentümer und die Betroffenen selbst sein. Regelmäßiges
Monitoring und Evaluation werden als Frühwarn- und Steuerungsinstrumente angewandt
(z.B. Überprüfung und Anpassung der Quartiersmanagement-Kulisse).
· 95% des Wohnungsbestands im Jahr 2020 existieren bereits heute. Der Schwerpunkt des öffentlichen Handelns im Wohnungssektor liegt deshalb auf der Bestandsentwicklung. Sowohl der Wohnungsneubau als auch der Bestand sind konsequent an den langfristigen Nachfragebedürfnissen auszurichten. Insbesondere der Gründerzeitbestand hat sich als ausgesprochen flexibel bewährt. Die reichhaltigen Angebote an innerstädtischen Wasserlagen bieten sich par excellence für individuellen Wohnungsneubau an.
· Die Sicherung der dauerhaften Marktfähigkeit von Wohnquartieren ist eine langfristige gesamtstädtische Aufgabe des Stadtumbaus. Dazu ist der gezielte Einsatz von Rückbau- und Aufwertungsmitteln und ein regelmäßiges Leerstandsmonitoring als Kontroll- und Steuerungselement vorzusehen. Abriss soll nur bei einem vorliegenden Nachnutzungskonzept stattfinden.
· Die quantitative Versorgung der Stadt mit sozialer Infrastruktur ist gut. Die demographische Entwicklung macht aber eine Umorientierung von der spezialisierten, mono-funktionalen Infrastruktureinrichtung zur flexibel nutzbaren, demographischen Entwicklungen anpassbaren Einrichtung notwendig. Dabei ist sowohl die dauerhafte Sicherung strategischer öffentlicher Infrastrukturstandorte mit flexibler Nutzbarkeit als auch die verstärkte private Trägerschaft sozialer Einrichtungen und der vermehrte Einsatz temporärer Einrichtungen erforderlich. Als planerische Basis sind Richtwerte und Planungsgrundlagen zu modifizieren und die Bedarfsplanung an Sozialräumen zu orientieren.
· Forcierung des Infrastrukturausbaus als Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere hinsichtlich der internationalen Fernerreichbarkeit (Flughafen BBI)
· Unterstützung / Förderung der Netzwerk-Bildung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft: räumlich im Bereich der innerstädtischen urbanen Milieus, sektoral für kleine und mittlere Unternehmen mit hohem Innovationspotenzial, nutzungsbezogen für die Entwicklung von Bürostandorten
· Flächensicherung für das produktionsorientierte Gewerbe durch neue Kooperationsformen und Weiterentwicklung des Entwicklungskonzepts für den produktionsorientierten Bereich
· Stärkung des Einkaufsstandortes Berlin durch gezielte Attraktivierung insbesondere des Citybereichs Historische Mitte für die Zielgruppe der Einkaufstouristen und – zur Reduzierung von Kaufkraftabflüssen nach Brandenburg – durch Entwicklung zentrenergänzender/-verträglicher Fachmarkt-Standorte
· Initiierung von Aufwertungskonzepten für die städtischen Zentren, mit dem Ziel, die gewachsene polyzentrale Struktur als Identifikationspunkt für die BürgerInnen auszubauen, Förderung von Koordination und Kooperation zwischen den Akteuren
· Stärkung der Kooperation mit Umland, insbesondere in den Feldern der Wissenschafts- und Einzelhandelsentwicklung, Verbesserung des regionalen Wirtschaftsmarketings auch im Hinblick auf die EU-Osterweiterung
· Es ist an einem Projekt der gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption eine effektive Verzahnung von Investitions- mit Ausgleichsmitteln zu organisieren, um modellhaft die Synergien fördernde Vorgehensweise zu exemplifizieren.
· Im Zusammenhang mit der Realisierung des Wettbewerbs „Wartenberger Feldmark“ soll in Zusammenarbeit mit den Berliner Forsten modellhaft die Entwicklung waldgeprägter Räume als öffentlicher Freiraum im Außenbereich vorangetrieben werden.
· An einem ausgewählten Standort sind private Anlieger zu motivieren, Pflege und Unterhaltung einer repräsentativen öffentlichen Freifläche zu übernehmen.
· Eine Freiflächenutzung und –pflege, die insbesondere den immer mehr im Stadtgebiet vorkommenden temporären und extensiven Aneignungsformen entspricht, ist modellhaft zu begleiten.
Lärm und Luft
·
Minderung des durch Verkehr erzeugten Lärmpegels in
Hauptnetzstraßen mit hohem Wohnanteil durch Erarbeitung und Umsetzung von
Lärmminderungskonzepten und
–plänen in Zusammenhang mit der Stadtentwicklungsplanung
· Weitere Senkung der Abgasemissionen im Verkehr durch technische, organisatorische, verkehrspolitische und stadtplanerische Maßnahmen. Erarbeitung eines Luftreinhalteplanes der Stadt nach BimSchG.
Klima
· Konsequente Weiterführung der Klimapolitik des Landes auf der Grundlage des Energiekonzeptes und des Landesentwicklungsprogramms Berlin mit dem Ziel der Senkung CO 2 um 25% bis 2010 und 40% bis 2020.
· Modernisierung der Gebäudeheizung und –dämmung im Rahmen der Sanierung von Altbauten, insbesondere in kompakt bebauten Bereichen der Stadt
· Erhöhung des Anteils und verstärkte Nutzung regenerativer Energien auf dem Sektor der Solarthermie und Photovoltaik, aber auch Nutzung von Erdgas als Kraftstoff sowie Weiterentwicklung und Erprobung von Brennstoffzellen für die Gebäudeversorgung.
Wasser
· Aufnahme der grundlegenden Aspekte und Anforderungen der begrenzten natürlichen Ressourcen Wasser und Naturhaushalt in die Stadtentwicklungsplanung und Berücksichtigung als Rahmenbedingung für die Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft, Baugeschehen, Dichte, Flächennutzung und Bodenwirtschaft.
· Sicherung der bestehenden autarken und stabilen Trinkwasserversorgung durch den nachhaltigen Schutz der Ressource Wasser sowie die Erreichung eines ausgeglichenen Grundwasserhaushaltes.
· Regenwasser als flächenrelevantes Medium mit besonderer Aufmerksamkeit, da es in erheblichen Maße Qualität und Quantität der Schadstoffbelastung der Oberflächengewässer mitbestimmt, aber auch wesentlich zur Grundwasserneubildung beiträgt; bewusster natürlicher Umgang mit dem Ziel, das Wasser in der Stadt zu halten und nachhaltig zu nutzen.
· Optimierung der nationalen und internationalen Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsraumes Berlin-Brandenburg durch Verbesserung der Fernerreichbarkeit (u.a. Flughafen BBI)
· Sicherung vergleichbarer Mobilitätschancen für unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse und –voraussetzungen
· Vorrang der effektiveren Nutzung und Pflege der vorhandenen Infrastruktur vor Neuinvestitionen
· Anwendung organisatorischer, ordnungsrechtlicher und bewusstseinsbildender Maßnahmen mit dem Ziel der verstärkten Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsträger und Mobilitätsmöglichkeiten
· Bewertung raumwirksamer und verkehrserzeugender Maßnahmen auch unter verkehrspolitischen Aspekten
Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq
[1] Vgl. Fürst, D. (2002): Mentalitäts-
und Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklungsplanung. Handlungserfordernisse,
Hannover, Expertise im Auftrag der SenStadt, Abtlg. I, unv. Manuskript
Sander, R. (Difu) (2003): Veränderungsprozesse in der Stadtentwicklung anstoßen
und steuern. Thesen – Fragen – Beispiele, Fachgespräch II, 23. Juni 2003
(Thesenpapier)
[2] Vgl. Expertenkommission Staatsaufgabenkritik (2001): Abschlussbericht, Berlin, S. 16 f.
[3] beispielsweise durch Bürgerbefragungen, -foren, Zukunftswerkstätten etc. Expertenkommission Staatsaufgabenkritik (2001): Abschlussbericht, Berlin, S. 35
[4] IöR (Hg.) (2001): Zukünftige Wohnungsnachfrage und Neubaubedarf in Ost- und Westdeutschland, IöR-Texte 133, Dresden, S. 10; Kocks, M.; Schlömer, C. (1999): Ausgewählte Ergebnisse der Raumordnungsprognose 2015 in: IzR 11/12.1999
[5] Vgl. Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik (Hg.) (2003): Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg für den Zeitraum 2002-2020, Potsdam, S. 21
[6] Landesumweltamt Brandenburg und Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Brandenburg: Bevölkerungsprognose des Landes Brandenburg für den Zeitraum 2002 – 2020. Potsdam, Mai 2003. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin i.Z.m. StaLa: Bevölkerungsprognose für Berlin 2002 – 2020. Manuskript Oktober 2003
[7] DIW (2001), S. 477
[8] Vgl. DIW (2001): EU-Osterweiterung: Abschottung oder regulierte Öffnung? Zu den Übergangsfristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit in: Wochenbericht 31/2001. Dies spiegelt sich auch in der Verteilung von „Green Card“ - Inhabern auf die Bundesländer. Kurz nach Einführung hatte Bayern, gefolgt von Baden-Württemberg, Hessen und NRW die meisten IT-Experten aufgenommen. Vgl. BMA-Pressestelle, 8. Nov. 2000
[9] Jeder fünfte „Green Card“ - Inhaber kam aus dem Inland bzw. jeder Sechste hat an einer deutschen Hochschule oder Fachhochschule ein Studium abgeschlossen. Vgl. BMA-Pressestelle, 2. Juli 2001 bzw. 8. Nov. 2000
[10] „Mit einer eingestellten IT-Kraft entstehen – laut einer in München vorgelegten Studie – durchschnittlich zwei bis drei zusätzliche Arbeitsplätze.“ BMA-Pressestelle, 2. Juli 2001
[11] Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003):
Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in:
DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411-417
Berücksichtigt wurden Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, mit Ausnahme von
Hannover (Datenlage). Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt/ M., Stuttgart und
München verzeichnen starke Zuwächse der Beschäftigten. Bremen, Dortmund, Essen
und Duisburg hatten eine dem nationalen Durchschnitt vergleichbare Entwicklung,
Berlin hat als einzige Großstadt einen Beschäftigungsrückgang (ca. – 2,5%) zu
verzeichnen.
[12] ebenda, S. 416
[13] Vgl. Henke, Klaus-Dirk; Mackenthun, Bärbel; Schreyögg, Jonas (2002): Gesundheitsmarkt Berlin. Perspektiven für Wachstum und Beschäftigung, Baden-Baden
[14] Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001), a.a.O., S. 64 ff.
[15] Dies Phänomen ist schon heute zu beobachten. Pendler-Migranten optimieren Kostenfaktoren durch Beibehaltung des Hauptwohnsitzes am Herkunftsort etc.
[16] Für die Entwicklung der Lebensarbeitszeit sind zukünftig erhebliche Veränderungen zu erwarten: Der aktuellen Diskussion, die Ausbildungszeiten auf ein international vergleichbares Maß zu verkürzen, stehen Tendenzen zu einem späteren Rentenalter und einer Verlagerung von Ausbildungszeiten in die Berufstätigkeit gegenüber, so dass eine Verlängerung der Lebensarbeitzeit bis 2030 um 12% erwartet wird. Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001): Deutschland in den nächsten 30 Jahren: Die Zukunft gestalten. Positionspapier zum Kongress des Managerkreises 3. Dez. 2001, Berlin. S. 61. Je nach Entwicklung der Lebenserwartung kann insgesamt dennoch eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit eintreten.
[17] Z. B. Beitrag von Personen der Club- und Kneipenszene als Pioniere zur Aufwertung von innenstadtnahen Wohnquartieren und Profilierung insgesamt.
[18] Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.) (2001), a.a.O., S. 59 ff; Opaschowski, H. (2001): Deutschland 2010. Freizeit aktuell – Ausgabe 158, 22. Jg., 20. Jan. 2001, Download vom 29. Nov. 2001
[19] Vgl. BAT-Institut (2001): Freizeit-Monitor 2001. Freizeit aktuell - Ausgabe 163, 22. Jg., 6. Nov. 2001
[20] Vgl. BBR-Expertenkreis „Zukünftige Siedlungsentwicklung“, Thesenpapier von K. J. Beckmann vom 6. Okt. 2001, S. 4
[21] Z. B. Stillegung von Busstrecken, Ersatz durch AST, Ruf-Bus etc.
[22] Z. B. durch den Einsatz neuer Verkehrs- und Kommunikationstechnologien in der Wirtschaft
[23] Trend zu „Ein-Weg-Architekturen“
[24] Dies konzentriert sich auf die wesentlichen Parameter der räumlichen Stadtentwicklung. Die Wechselwirkungen zwischen Handlungsansätzen und Maßnahmebündeln stehen nicht im Vordergrund.
[25] Mit der aktuellen Bevölkerungsprognose bis 2020 wird eine kleinräumige Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung auf Ebene der Mittelbereiche erfolgen.
[26] Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hg.) (1995): Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen. Beschluss der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 8. März 1995
[27] Vgl. SenStadt (Hg.) (2002): Stadtentwicklung 2000, Bericht zur Flächenentwicklung 1990-2000 / 2001-2020, Berlin, S. 24
[28] vgl. Workshop am 2. Juli 2003, Ausführungen von Prof. H.H. Blotevogel
[29] Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003): Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in: DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411 ff
[30] Stadtentwicklung 2000 - Bericht zur
Flächenentwicklung 1990 – 2000 / 2001 – 2020 basiert auf einem Geographischen
Informationssystem, das einen Überblick für die Ressource „Planungsfläche“
gibt.
Dabei werden Flächen mit einem gesamtstädtisch bedeutenden
Veränderungspotenzial betrachtet. Die Mindest-Flächengröße für die Aufnahme in
das (GIS) beträgt in der Regel 1 ha, so dass Baulücken und Einzelgrundstücke
nicht betrachtet werden.
Erfasst wurden Flächen, auf denen – ausgehend vom Nutzungsstand 1990 –
· Änderungen der Nutzungsart
· grundlegende Umstrukturierungen oder
· bedeutende Nutzungsintensivierungen
bereits erfolgt oder künftig vorgesehen sind.
[31] Umnutzung von Bauflächen, Wiederaufbau von Kriegs- und Grenzbrachen, bauliche Auffüllung von Freiraum-Inseln im Stadtkörper, grundlegende Umstrukturierung bei gleichbleibender Nutzungsart, planmäßige Nutzungsintensivierung
[32] Siedlungserweiterung
[33] z.B. Baulückenmanagement oder Konkretisierung der Überlegungen zur sozialorientierten Bodenpolitik
[34] Beispielsweise wird für neue Einfamilienhäuser im Umland von Hamburg deutlich mehr gezahlt als in der Kernstadt (Vgl. FHH, Stadtentwicklungsbehörde; Schwäbisch Hall (2000): Stadtentwicklung und Demographie in Hamburg. Möglichkeiten der Strukturbeeinflussung durch Städtebau und Wohnungsbau, Hamburg). Die angenommene bodenpreisdämpfende Wirkung eines großen Baulandpotenzials in der Kernstadt ist damit nur ein Faktor im Suburbanisierungsprozess. Es sind Strategien erforderlich, die auf die Präferenzen der unterschiedlichen Nachfrager differenziert reagieren.
[35] Die Abgrenzung von Innen- gegenüber der Außenentwicklung ist durch die Maßstäblichkeit und Perspektive bestimmt. Im Rahmen des Berichts „Stadtentwicklung 2000 – Bericht zur Flächenentwicklung“ wird die Auffüllung größerer Freirauminseln (z. B. Siedlung Spruch Buckow I (Neukölln)) ebenso wie Umbaumaßnahmen (z. B. Wasserstadt Oberhavel) zur Innenentwicklung gerechnet.
[36] Vgl. BBR (2001): Bauland- und Immobilienmärkte, Ausgabe 2001, Bonn
[37] Stein, U. (1996): Moderation zwischen lokalen und regionalen Interessen. Die Wohnungsmarktuntersuchung für die Region Bonn. in: DISP 126, 1996S. 32-36
[38] Freie und Hansestadt Hamburg (Empirica-Untersuchung zu Umzugshaushalten)
[39] Die gegenwärtig zu beobachtende bundesweit rückläufige Tendenz der Freiflächeninanspruchnahme (von 131 auf 117 ha/Tag zwischen 2000 und 2001) ist in starkem Maße konjunkturell bedingt und nicht als generelle Trendwende einzuschätzen; vgl. www.bbr.bund.de, Zugriff am 17. Sept. 2003.
[40] ExWoSt-Forschungsvorhaben des BBR: Städte der Zukunft sowie Apel., D. et al. (2000): Szenarien und Potenziale einer nachhaltig flächensparenden und landschaftsschonenden Siedlungsentwicklung (UBA F+E Vorhaben 201 09 141, Berlin
[41] Datenbasis ist nicht – wie bundesweit üblich – die Bilanzierung der Siedlungs- und Verkehrsflächen, die durch das Statistische Landesamt auf der Basis der Angaben des Liegenschaftskatasters erfasst werden, da diese Daten für Berlin keine verlässlichen Angaben zum Flächenverbrauch zulassen. Die genannten Daten beruhen auf Erhebungen zur Karte Freiflächenentwicklung (06.03) des Umweltatlas´, in der die Flächeninanspruchnahme in 10-Jahresschritten kartiert wurde. Die Inanspruchnahme folgender Nutzungskategorien fließen ein: Wald, Grünland, Acker, Park/Grünfläche, Stadtplatz/ Promenade, Friedhof, Kleingarten, Brachfläche, Campingplatz, Sportanlage/Freibad und Baumschule/ Gartenbau. (Quelle Umweltatlas Karte 06.03 Freiflächenentwicklung Tabelle 1)
[42] Freiflächeninanspruchnahme ist nicht mit Versiegelung gleichzusetzen, weil in der Siedlungs- und Verkehrsfläche bzw. in planungsrechtlichen Flächenkategorien für bauliche Nutzungen (Wohn-, Gewerbegebiete etc.) auch unversiegelte Flächen enthalten sind.
[43] vgl. SenSUT (1994): Flächennutzungsplan Berlin. FNP 94. Erläuterungsbericht, Berlin, S. 31
[44] Die Erarbeitung von Qualitätszielen ist nur im Zusammenhang mit der Entwicklung von geeigneten Instrumenten zur Beobachtung der Flächeninanspruchnahme sinnvoll.
[45] ohne strenge zeitliche Abgrenzung
[46] Dabei konnten Erfahrungen im Einsatz „neuer Instrumente“ wie der städtebaulichen Verträge gesammelt werden. Diese Instrumente sind unter den veränderten Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln.
[47] Davon wurden ca. 130.000 WE in Neubauten, ca. 20.000 WE in bestehenden Gebäuden erstellt. Das Ergebnis deckt sich hinsichtlich der Lage mit Ergebnissen der Wohnbauland-Umfrage 1997/98 der BBR. „ ... in den Metropolstädten mit 500.000 und mehr Einwohnern findet eine vergleichsweise intensive bauliche Nachverdichtung statt.“ Diese umfasst Bestandsbauleistungen von 50% und mehr. BBR (1999): Baulandumfrage 1997/98, Arbeitspapiere Heft 7/1999, Bonn, S. 35
[48] 1998: 9.759 WE, 1999: 9.435 WE in MFH; 2000: 8.646 WE, 2001: 7.295 genehmigte WE in MFH
[49] Wohngebäuden mit ein und zwei Wohneinheiten
[50] Die Daten des Mikrozensus´2002
wurden in einer Stichtagserhebung erfasst. Daher ist von einer Übererfassung
des Leerstands auszugehen. Die ermittelte Zahl von 186.000 leerstehenden
Wohnungen wurde daher pauschal um ein Drittel gekürzt.
Endgültige Ergebnisse werden Ende Oktober erwartet.
[51] Neuere Daten zum Leerstand sind mit
dem Mikrozensus 2002 verfügbar, diese Aktualisierung liegt derzeit noch nicht
in der erforderlichen Differenzierung vor, so dass auf die vorhandenen Daten
zurückgegriffen wird.
Die Angaben in der Abbildung basieren auf der Sondererhebung Mikrozensus 98 und
stellen eine Schätzung dar. Es ist davon auszugehen, dass der Leerstand
erhebungsbedingt (Stichtag-Erhebung) übererfasst wurde, daher wurde eine
pauschale Kürzung ein Drittel vorgenommen.
[52] Quelle: SenStadt, IV C (7/2003)
[53] 9. bis 11. Rechtsverordnung
[54] Seit dem 1. Sept. 2002 ist die Fehlbelegungsabgabe für ganz Berlin aufgehoben.
[55] Bei Überschreitungen der Einkommensgrenzen bis 30%
[56] Vgl. Lüdtke-Daldrup, E. (2001): Die perforierte Stadt. Eine Versuchsanordnung in: Bauwelt 24.2001
[57] Vgl. Kreibich, V. (1999): Der Wohnungsmarkt in der Stadtregion – ein weißer Fleck der Wohnungsmarktbeobachtung und Wohnungspolitik in: IzR 2.1999
[58] vgl. SenStadt; IBB (Hg.) (2002): Berliner Wohnungsmarktbericht 2002, Berlin
[59] Aring, J. (2000): Der Reifeprozess im Umland der Großstädte. Entwicklungen neu bewerten. Download von www.empirica.de am 26. 10. 2001
[60] soziale Infrastruktureinrichtungen mit vielfältigen, nutzer-differenzierten Angeboten als Mittelpunkte im Quartier
[61] Vgl. Geppert, K.; Gornig, M. (2003): Die Renaissance der großen Städte – und die Chancen Berlins in: DIW-Wochenbericht Nr. 26/2003, S. 411 ff
[62] Ansiedlung über EFRE etc.
[63] Vgl. BerlinStudie (Stadt des Wissens und Stadt der Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft)
[64] Entsprechend der „Lissaboner Strategie“ wird u.a. die Zielsetzung unterstützt, Forschungskapazitäten in die lokalen Unternehmen zu bringen und die Gründung neuer Firmen zu fördern
[65] Vgl. Pfeiffer, I.; Ring, P. (2002): Modernisierung der Industrie stärkt Wirtschaftsstandort Berlin in: DIW-Wochenbericht Nr. 36/2002, S. 603 ff
[66] Vgl. Soete, B.; Stephan, A. (2003): Nachhaltiges wirtschaftliches Wachstums durch Innovationen: Die Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen in: DIW-Wochenbericht 38/2003, S. 569-573
[67] Neuere Zahlen liegen nicht vor.
[68] Vgl. Bay. Landesbank (Hg.) (1999): Immobilien im neuen Jahrtausend. Langfristige Trends und Visionen. Ergebnisse einer Marktstudie, München; Simons, Harald (1999): Perspektiven des westdeutschen Wohnungs- und Büromarktes bis 2030 in: IzR 11/12.1999
[69] SenStadt; IHK (Hg.) (2001): Bürostandort Berlin. Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin
[70] Eine Differenzierung des Angebots in endogenen Mehrbedarf, exogenen Neubedarf und zusätzliche Angebote, die darauf zielen, im Wettbewerb Positionen zu gewinnen, ist mit den vorhandenen Daten nicht möglich.
[71] Geschätzte Zahl auf Basis der Flächenzahlen von 1999. Zum Vergleich: Hamburg (2000): 1,30 qm, BRD (2000): 1,31 qm.
[72] GfK (2000): Bericht Stadtentwicklungsplan Zentren und Einzelhandel, Zentrenkonzept, Textband, Nürnberg
[73] z.B. Saalepark. Beabsichtigt ist ein erneuter Umbau und die weitere Aufwertung des Standortes durch die Erweiterung von Verkaufsflächen.
[74] Berechnung auf Grundlage absoluter Daten, in den Bezirksgrenzen vor dem 1.1.2001.
[75] Eine Steigerung ist wahrscheinlich, denn über 80 % der Bevölkerung in der Europäischen Union lebt bereits in Städten.
[76] Verwertung des Hausmülls: Papier/Pappe/Karton, Glas und Leichtverpackungen über die „Duale System Deutschland (DSD)“, Bioabfall aus der getrennten Bioabfallsammlung sowie Altbatterien und Alttextilien
[77] 1992 rd. 2.325.000 Mg Siedlungsabfälle
zur Verbrennung / Deponierung
2002 rd. 1.045.000 Mg Siedlungsabfälle zur Verbrennung / Deponierung
[78] Weitere Kriterien für die Ausschreibung sind eine max. Laufzeit bis 2015, eine sozialverträgliche Gebührengestaltung und ökologische Aspekte.
[79] Als aktuelles Beispiel sei die zum Teil auch sehr emotional geführte Debatte von Arzneimittelbefunden im Berliner Trinkwasser als Folge der sehr engen Kopplung zwischen der Ableitung von Abwasser und der Trinkwassergewinnung genannt.
[80] Quelle für „1. Rückblick und Status Quo“ sowie „2. Vekehrsentwicklung“: StEP Verkehr, S. 85 ff
[81] Insgesamt weist die gewerbliche Suburbanisierung – auch aufgrund der geringen Wirtschaftsdynamik – ein relativ geringes Niveau auf.
[82] Vgl. SenWiArbFrau (Hg.) (2003):
Wirtschafts- und Arbeitsmarktbericht Berlin 2003, Berlin, S. 110
Aengevelt-Research (2003): City Report. Region Berlin, 2003/2004 No. XIII, S.
60 f.
[83] WS 2001/2002
[84] Wichtige Aufgabe der Bezirklichen Bündnisse soll es sein, brachliegende Beschäftigungspotenziale zu verorten, zu erschließen und dazu geeignete Netzwerke zwischen lokalen Akteure und den ungenutzten Beschäftigungspotenzialen aufzubauen.
[85] Regionale Ausbildungsverbünde = Ausbildungsvorgänge, an denen in koordinierter Form mehrere Betriebe beteiligt sind.
[86] Vgl. auch Kap. C, S. 23 Räumliche Entwicklungstrends - Entwicklungsvarianten
[87] SenSUT (1994): Flächennutzungsplan Berlin, FNP 94, Erläuterungsbericht, Berlin, S. 26
[88] SenStadt i.Z.m. StaLa (2003): Bevölkerungsprognose für Belrin 2002 – 2020, Manuskript Oktober 2003
[89] 1990 bis 2010, ohne Versorgungsreserve; Einschätzung SenStadt, Abtlg. I, auf Basis des StEP Wohnen
[90] Einschätzung SenStadt, Abtlg. I, auf Basis von REGIOCONSULT / DIW
[91] SenStadt; IHK zu Berlin (2001): Bürostandort Berlin: Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin
[92] Einschätzung SenStadt auf Basis des StEP Gewerbe
[93] Einschätzung SenStadt auf Basis des StEP Gewerbe
[94] SenStadt; IHK zu Berlin (2001): Bürostandort Berlin: Strukturen und Perspektiven bis 2010, Berlin
[95] Schätzung SenStadt auf Grundlage der Flächenzahlen von 1999
[96] eigene Berechnungen auf Basis des moderaten Entwicklungsszenarios bis 2015. GfK (2000): Bericht Stadtentwicklungsplan Zentren und Einzelhandel, Zentrenkonzept, Textband, Nürnberg,