G e s e t z

zur Neuordnung des Grünanlagenwesens in Berlin

(Grünanlagenneuordnungsgesetz - GrünNeuOG)

Vom …

 

Artikel I

 

Das Gesetz zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (Grünanlagengesetz - GrünanlG) vom 24. November 1997 (GVBl. S. 612) erhält folgende Fassung:

 

„Gesetz

zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung

der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen

(Grünanlagengesetz - GrünanlG)

 

Erster Abschnitt. Allgemeine Vorschriften

 

§ 1 Geltungsbereich. (1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen Berlins.

 

(2) Zu den öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen gehören nicht Sportanlagen, Freibäder, Kleingärten, die öffentlich zugänglichen Einrichtungen zugeordneten Freiflächen sowie Waldflächen im Sinne des Landeswaldgesetzes vom 30. Januar 1979 (GVBl. S. 177), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Juli 1995 (GVBl. S. 414).

 

§ 2 Begriffbestimmungen. (1) Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen sind gärtnerisch gestaltete oder naturnah angelegte oder belassene Freiflächen, die der Erholung der Bevölkerung dienen oder für das Stadtbild oder die Umwelt von Bedeutung sind.

 


(2) Zu den öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen ge-hören auch die zweckgebundenen Einrichtungen zur Erschließung und Bewirtschaftung sowie die Sondereinrichtungen und Ausnahmenutzungen.

 

(3) Sondereinrichtungen sind Nutzungen und die ihnen dienenden Anlagen, die einen erhöhten Aufwand bei der Anlage und Unterhaltung verursachen. Hierzu gehören insbesondere aufwändig gestaltete gärtnerische Anlagen sowie Kinderspielplätze, Spielfelder und Grillplätze. Ausnahmenutzungen sind Angebote und die ihnen dienenden Anlagen, die die Zweckbestimmung ergänzen und eigenständig bewirtschaftet werden können. Hierzu gehören insbesondere kulturelle, gastronomische oder dem Verkauf von Waren dienende Einrichtungen.

 

(4) Die Anlage öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen umfasst deren Planung und Bau, Betrieb und Bewirtschaftung der Anlagen deren Schutz, Pflege, Entwicklung und Verwaltung.

 

§ 3 Grundsatz. Anlage, Betrieb und Bewirtschaftung öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen ist eine öffentliche Aufgabe. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe bedient sich Berlin Dritter.

 

§ 4 Verzeichnis. (1) Jede öffentliche Grün- und Erholungsanlage ist in ein Verzeichnis mit der Bezeichnung „Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen“ einzutragen, das Lage und Grenzen bezeichnet. Aufzuhebende Anlagen sind zu löschen. Vor der Eintragung oder Löschung einer Eintragung ist die Zustimmung des Eigentümers einzuholen.

 

(2) Das Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen ist bei dem zuständigen Bezirksamt zu führen und kann von jedermann eingesehen werden.

 

(3) Eintragungen oder Löschungen sind im Amtsblatt für Berlin bekannt zu machen. Dies gilt nicht für eine Änderung in geringem Umfang.

 

§ 5 Aufhebung. Eine öffentliche Grün- und Erholungsanlage kann vollständig oder teilweise aufgehoben oder in der Nutzung verändert werden, wenn sie nicht mehr benötigt wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Die Bezirke sollen in Abstimmung mit der für die Freiraumplanung zuständigen Senatsverwaltung die ihrer Verwaltung unterstellten Anlagen anhand der absehbaren Bedarfsentwicklung daraufhin überprüfen, ob einzelne Anlagen aufgehoben werden können.

 

§ 6 Entwidmung.  Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ist die öffentliche Widmung der zu diesem Zeitpunkt in das Verzeichnis nach § 4 Abs. 1 eingetragenen Anlagen einzuziehen.

 

§ 7 Grünanlagenbericht.  Die Maßnahmen zur Förderung des Grünanlagenwesens sind vom Senat in einem Grünanlagenbericht darzustellen, der erstmals zum 30. November 2004 und danach im Abstand von fünf Jahren zu erstellen und dem Abgeordnetenhaus von Berlin zur Kenntnis zu geben ist. Den anerkannten Verbänden des Gartenbaus und der Gartenkunst ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Zweiter Abschnitt. Betrieb und Bewirtschaftung

 

§ 8 Allgemeines.  (1) Betrieb und Bewirtschaftung der in der Anlage genannten öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen von gesamtstädtischer Bedeutung erfolgen durch eine Servicegesellschaft. Die übrigen im Verzeichnis nach § 4 Abs. 1 eingetragenen Anlagen werden durch die Bezirke betrieben und bewirtschaftet.

 

(2) Betrieb und Bewirtschaftung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen benachbarter Bezirke sollen durch einen Bezirk wahrgenommen werden.

 

(3) Die Bezirke und die Servicegesellschaft ermitteln die Anforderungen an den Betrieb und die Bewirtschaftung ihrer Anlagen und legen unter Beteiligung der zuständigen Stellen die erforderlichen Maßnahmen, auch hinsichtlich Sondereinrichtungen, Ausnahmenutzungen und der Erhebung von Nutzungsentgelten, fest. Die Ergebnisse sind in der Freiraumplanung zu berücksichtigen und in den Grünanlagenbericht nach § 7 einzubeziehen.

 

(4) Die Bezirke und die Servicegesellschaft haben im Rahmen der vergaberechtlichen Bestimmungen sämtliche der mit der Verwaltung anfallenden Planungs-, Bau-, Pflege- und sonstigen Leistungen öffentlich auszuschreiben und für ihre ordnungsgemäße Aus- und Durchführung zu sorgen.

 

§ 9 Schutz, Pflege und Entwicklung. (1) Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen sind so zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, dass ihre Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung gewährleistet ist und die der Anlage zugrunde liegende Konzeption nach Möglichkeit gewahrt bleibt.

 

(2) In öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen sind Son-dereinrichtungen und Ausnahmenutzungen nach § 2 Abs. 3 zulässig, sofern die Zweckbestimmung gewahrt bleibt.

 

(3) Für Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen kann die zuständige Senatsverwaltung in Abstimmung mit den Bezirken und der Servicegesellschaft allgemeine Pflegerichtlinien aufstellen.

 

§ 10 Benutzung.  (1) Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen sind so zu benutzen, dass ihre Erhaltung auf Dauer gewährleistet ist. Insbesondere muss die Benutzung schonend erfolgen, so dass Anpflanzungen und Einrichtungen nicht beschädigt, verschmutzt oder anderweitig beeinträchtigt und andere Anlagenbesucher nicht gefährdet oder unzumutbar gestört werden.

 

(2) Die Benutzung der Anlagen regeln Benutzungsordnungen. Für die bezirklichen Anlagen stellt die zuständige Senatsverwaltung in Abstimmung mit den Bezirken eine einheitliche Benutzungsordnung auf. Die Benutzungsordnung für die Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung wird von der Servicegesellschaft aufgestellt. Die Benutzungsordnung ist an den Hauptzugängen jeder Parkanlage unter Angabe der für Betrieb und Bewirtschaftung zuständigen Person und ihrer dienstlichen Telefonnummer gut einsehbar anzubringen.

 

(3) Die Benutzungsordnung kann der Zweckbestimmung einzelner Anlagen oder Anlagenteile angepasst werden. Insbesondere sind gesonderte Regelungen zur Nutzung, zu den Öffnungszeiten oder zu den Zugangsstellen zulässig.

 

(4) Die Bezirke und die Servicegesellschaft üben in den ihrer Verwaltung unterstellten Anlagen das Hausrecht aus. Sie haben die Einhaltung der Benutzungsordnung zu  überwachen und erforderlichenfalls im Rahmen ihrer Rechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Strafgesetzbuch durchzusetzen. Sie sind berechtigt, bei Verstößen gegen die Benutzungsordnung ein Bearbeitungsentgelt zu erheben.

 

§ 11 Benutzungsentgelte. (1) Für Sondereinrichtungen oder Ausnahmenutzungen nach § 2 Abs. 3 oder in besonders begründeten Fällen auch für öffentliche Grün- und Erholungsanlagen insgesamt können Benutzungsentgelte erhoben und die hierzu erforderlichen Vorkehrungen, auch baulicher Art, getroffen werden. Dies gilt nicht für öffentliche Kinderspielplätze nach dem Kinderspielplatzgesetz. Die Nutzungsentgelte sind der Entwicklung der Lebenshaltungskosten anzupassen.

 

(2) Die Einnahmen aus Betrieb und Bewirtschaftung einer öffentlichen Grün- und Erholungsanlage sind für ihren Schutz, ihre Pflege und Entwicklung zu verwenden. § 8 der Landeshaushaltsordnung vom 5. Oktober 1978 (GVBl. S. 1961) in der Fassung vom 20. November 1995 (GVBl. S. 805) findet keine Anwendung.

 

§ 12 Beauftragung Dritter. (1) Die Bezirke und die Servicegesellschaft sollen geeignete Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben nach den §§ 8 bis 11 beauftragen. Die Verträge können auch die Anlage und den Betrieb von Ausnahmenutzungen nach § 2 Abs. 3 zum Gegen-stand haben.

 

(2) Die Verträge sind auf eine Laufzeit von höchstens 10 Jahren zu beziehen und können erneuert werden.

 

Dritter Abschnitt. Servicegesellschaft

 

§ 13 Beauftragung und Beteiligung. (1) Die mit dem Betrieb und der Bewirtschaftung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen von gesamtstädtischer Bedeutung verbunden Aufgaben, Pflichten und Rechte werden in einem Nutzungsvertrag zwischen dem Land und der Servicegesellschaft geregelt. Der Vertrag ist innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes abzuschließen.

 

(2) Mit Wirksamkeit des Vertrages nach Abs. 1 gehen die sächlichen Betriebsmittel der von der Servicegesellschaft zu verwaltenden Anlagen in deren Eigentum über. Die Liegenschaften bleiben im Eigentum des Landes.

 

(3) Das Land hält die Mehrheitsanteile an der Servicegesellschaft. Die Servicegesellschaft kann Unternehmen nur gründen oder sich an solchen nur beteiligen, wenn das Abgeordnetenhaus dem zustimmt.

 

§ 14 Aufgaben.  (1) Aufgabe der Servicegesellschaft sind ausschließlich Betrieb und Bewirtschaftung der ihr unterstellten Anlagen in eigener Verantwortung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und nach Maßgabe dieses Gesetzes.

 

(2) Das Land soll die Servicegesellschaft auch mit der Anlage neuer Grünanlagen beauftragen. Die Kosten sind ihr zu erstatten.

 

(3) Bezirke können mit der Servicegesellschaft Verträge über die Verwaltung einzelner, ihnen unterstellter Anlagen, abschließen. § 15 Abs. 1 gilt entsprechend.

 

§ 15 Einnahmen und Leistungen. (1) Die mit dem Betrieb und der Bewirtschaftung verbundenen Einnahmen verbleiben bei der Servicegesellschaft. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Finanzierung eines Fehlbedarfs erhält sie jährliche Zuwendungen aus dem Landeshaushalt. Die Zuwendungen werden auf der Grundlage definierter Leistungen insbesondere zu den §§ 8 bis 11 und mehrjähriger Budgets gewährt.

 

(2) Die Vereinbarungen nach Abs. 1 sind zusammen mit den Jahresabschlüssen der Servicegesellschaft dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis zu geben.

 

§ 16 Personal.  Dienstkräfte des Landes sind von der Ser-vicegesellschaft nur insoweit zu übernehmen, als diese einen entsprechenden Bedarf geltend macht und die Eignungsvoraussetzungen erfüllt sind.

 

§ 17 Auskunftspflicht. Die zuständige Senatsverwaltung und die Bezirksämter haben der Servicegesellschaft die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen und Informationen nach Maßgabe der datenschutzrechtlichen Bestimmungen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.

 

Vierter Abschnitt. Schlussbestimmungen

 

§ 18 Bezirksgärtnereien.  Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Bezirksgärtnereien sind innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes aufzulösen.

 

§ 19 Verarbeitung personenbezogener Daten.  Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Bezirke und die Servicegesellschaft ist zur Aufgabenerfüllung zulässig. Hierzu gehört insbesondere die Führung von Namensregistern über Drittbeauftragte.

 

§ 20 Durchführung des Gesetzes.  (1) Die zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Anforderungen an die Verwaltung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen insbesondere hinsichtlich

-          Zusammenführung von Aufgaben (§ 8 Abs. 2),

-          Pflegerichtlinien (§ 9 Abs. 3),

-          Benutzungsordnung (§ 10 Abs. 2),

-          Entgelte (§§ 10 Abs. 4, 11 Abs. 2),

-          Beauftragungen (§ 12),

-          Verarbeitung personenbezogener Daten (§ 19)

zu bestimmen.

 

§ 21 Inkrafttreten.  Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

 

Anlage   Britzer Garten,

Erholungspark Marzahn,

Großer Tiergarten (mit Platz der Republik

                                 und Spreebogenpark)

Monbijoupark,

Naturpark Schöneberger Südgelände,

Schlosspark Niederschönhausen,

Treptower Park,

Volkspark Friedrichshain,

Volkspark Hasenheide,

Volkspark Humboldthain,

Volkspark Jungfernheide,

Volkspark Rehberge.“

 

Artikel II

 

Das Gesetz über öffentliche Kinderspielplätze (Kinderspielplatzgesetz) in der Fassung vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 388) wird wie folgt geändert:

 

1.        Die §§ 4, 5 und 6 werden aufgehoben.

 

2.        Der § 8 erhält folgende Fassung:

 

§ 8 Planung der Spielplätze.  (1) Anzahl, Art, Größe, Lage und Ausstattung der Spielplätze legt das Bezirksamt unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl und -zusammensetzung, der städtebaulichen Verhältnisse, der Ausstattung mit Grünflächen und Erho-lungseinrichtungen und der örtlichen Besonderheiten fest.

 

(2)  Die für die Planung und Anlage der Spielplätze maßgeblichen Richtwerte und Vorgaben werden durch Rechtsverordnung bestimmt.“

 

3.    Der § 10 wird wie folgt geändert:

 

a)    In Abs. 1 erhält Satz 3 folgende Fassung:

        „Festgestellte Mängel sind unverzüglich zu be-           seitigen.“

b)    Im Abs. 2 Satz 2 werden die Worte nach „ver-              bessern“ in „zu ersetzen oder zu beseitigen“ ge-         ändert.

 

Artikel III

 

Im Allgemeinen Zuständigkeitskatalog zu § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung vom 2. Oktober 1958 (GVBl. S. 947, 1020) in der Fassung vom 22. Juli 1996 (GVBl. S. 302, 472) erhält die Nr. 11 Abs. 1 folgende Fassung:

 

„(1) Grundsatzangelegenheiten der Verwaltung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen. Stadtpolitisch herausragende Projekte der Freiraumgestaltung.“

 

Artikel IV

 

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

 

Begründung

 

1.        Problem

 

Die sachgemäße Pflege der zahlreichen öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen Berlins ist wegen der schwierigen Haushaltslage der Stadt nicht mehr gewährleistet. Der Pflegezustand vieler Anlagen wird immer schlechter, was allerdings nicht nur auf die desolate Haushaltslage der Stadt zurückzuführen ist. Auch das sich ändernde Freizeitverhalten und die seit der Öffnung der Grenzen vor allem im ehemaligen Westteil der Stadt veränderte Bedarfslage stellen die Funktion vieler Grün- und Erholungsanlagen in Frage. Die häufig nicht angemessene Nutzung von Anlagen verstärkt zusätzlich eine Entwicklung, die mittlerweile an die Substanz geht.

 

Die zunehmenden Probleme bei der Benutzung und Unterhaltung öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen haben den Ruf nach mehr Polizeieinsätzen, Ordnungskräften und Verbote (z.B. beim Grillen) verstärkt. Vorschläge dieser Art greifen jedoch zu kurz und können das Problem nicht lösen. Es ist Zeit, dass die Berliner Grünflächenpolitik neue Wege beschreitet und sich die Erfahrungen z.B. britischer  und  nordamerikanischer Großstädte zunutze macht. Intakte Grün- und Erholungsanlagen in ausreichender Zahl sind ein „weicher“ Standortfaktor, auf den Berlin auch in Zukunft nicht verzichten kann.

 

2.        Lösung

 

Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet folgende Festlegungen grundsätzlicher Art:

 

·         Die Zahl der Anlagen wird überprüft. Nicht überall im Stadtgebiet müssen die heutigen Ausstattungsstandards beibehalten werden. Hier ist ein Ausstattungsvergleich mit anderen Großstädten angebracht.

 

·         Organisation, Betrieb und weitere Entwicklung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen Berlins werden auf eine privatrechtliche Grundlage gestellt. Dies ermöglicht den umfassenden Einsatz des zivilrechtlichen Instrumentariums für eine kostengünstige und im Einzelfall auch einnahmeorientierte Verwaltung der Anlagen. Diese sollen als wirtschaftlich und häufig auch kulturell bedeutsame Einrichtungen stärker „bewirtschaftet“ und nicht mehr im herkömmlichen Sinne „verwaltet“ werden.

 

·         In Zukunft soll bei Betrieb und Bewirtschaftung die Beauftragung Dritter erleichtert werden. Separat zu bewirtschaftende Einrichtungen sollen leichter integriert und dadurch die Einnahmesituation verbessert werden. Die Erhebung von Nutzungsentgelten ist ebenfalls vorgesehen. Die Einnahmen werden zweckgebunden der Pflege und Unterhaltung zugewiesen.

 

·         Betrieb und Bewirtschaftung der Anlagen werden gebündelt, womit zusätzliche Effizienz- und Kostenvorteile verbunden sind. Die Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung werden auf eine Servicegesellschaft übertragen, die bei den Bezirken verbleibenden Anlagen verwaltungsmäßig zusammengeführt.

 

Insgesamt wird das Grünanlagenwesen „entstaatlicht“, es bleibt jedoch öffentlich. Bei den öffentlichen Kinderspielplätzen werden die Bestimmungen zu Bedarf, Planung und Ausstattung vereinfacht.

 

3.        Zum Artikel I

 

§§ 1 bis 6

 

Dieses Gesetz gilt wie bisher für die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen. Neu ist in § 2 die Klarstellung, dass das „Begleitgrün“ öffentlicher Einrichtungen nicht zu den öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen gehört, wohl aber die der Verwaltung dienenden Nebeneinrichtungen. Der Absatz 3 definiert Sondereinrichtungen und Ausnahmenutzungen, die für eine flexiblere Verwaltung bedeutsam sind. Der § 3 sieht die wichtige Trennung von öffentlicher Aufgabenwahrnehmung einerseits und Aufgabenerfüllung auf privatrechtlicher Grundlage andererseits vor.

 

§ 5 sieht die Überprüfung des bezirklichen Anlagenbestands mit dem Ziel vor, eine eventuelle Grünflächenüberausstattung abzubauen und bereits insoweit die Bewirtschaftungskosten zu senken. Der in § 6 geregelte Fortfall der öffentlichen Widmung erweitert die rechtlichen Spielräume insbesondere für eine einnahmeorientierte Bewirtschaftung der Anlagen und Einrichtungen, speziell auch durch Dritte. Sie erhalten damit einen rechtlichen Status, der dem von Privatstraßen vergleichbar ist. Ein Park dieses Typs ist bereits Realität und befindet sich im Bereich des Schöneberger Südgeländes auf einer stillgelegten Bahnanlage, für die Berlin das Nutzungsrecht hat. Der Park ist nicht öffentlich gewidmet; für die Nutzung wird ein Eintrittsgeld erhoben.

 

Neu ist der in § 7 geregelte Grünanlagenbericht, der zu mehr politischer Transparenz beitragen und die Belange des Grünanlagenwesens unterstützen soll.

 

§§ 8 bis 12

 

Gemäß § 8 werden die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen von gesamtstädtischer Bedeutung von einer Servicegesellschaft betrieben und bewirtschaftet, während die übrigen Anlagen bei den Bezirken verbleiben. Diese können zwecks Kosteneinsparung den Betrieb und die Bewirtschaftung jeweils einem Bezirk zuordnen. Die Bündelung der Aufgaben setzt erhebliche Einsparpotenziale frei. Weitere Kostensenkungen ermöglicht der Betrieb der An-lagen von gesamtstädtischer Bedeutung außerhalb des öffentlichen Dienstrechts.

 

Die bisherigen Regelungen zu Schutz, Pflege und Entwicklung der Anlagen sowie zu deren Benutzung  werden gestrafft (§§ 9 und 10). Die Einrichtung insbesondere von Ausnahmenutzungen wird gestattet. Die Aufstellung von Parkpflegewerken ist dagegen nicht mehr ausdrücklich vorgesehen. In Zukunft soll jede öffentliche Grün- und Erholungsanlage über einen „Parkmanager“ verfügen. In diesem Zusammenhang sind die Ausübung des Hausrechts in den öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen und die Wahrnehmung der Rechte nach dem Zivil- und Strafrecht von Bedeutung.

 

In der Regel ist die Nutzung von Parks entgeltfrei, jedoch müssen in Zukunft für die Benutzung von Einrichtungen, die einen erhöhten Pflegeaufwand erzeugen, Entgelte erhoben werden können (§ 11). Ein aktuelles Beispiel sind die Grillplätze. In besonders begründeten Einzelfällen können Nutzungsentgelte auch für die Benutzung von An-lagen insgesamt sinnvoll sein. Erwirtschaftete Einnahmen kommen den Anlagen direkt zugute und „verschwinden“ nicht mehr im Landeshaushalt.

 

Zur Entlastung der Bezirke und der Servicegesellschaft, vor allem aber zur Erleichterung privaten Engagements können mit Dritten Verträge abgeschlossen werden, die wegen eventueller Investitionen einer ausreichend bemessenen Laufzeit bedürfen. Die Verträge können sich auch auf die Errichtung und den Betrieb von Ausnahmenutzungen beziehen (§ 12).

 

§§ 13 bis 17

 

Betrieb und Bewirtschaftung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen von gesamtstädtischer Bedeutung werden auf eine Servicegesellschaft übertragen. Die Grundlage hierfür bildet ein Nutzungsvertrag, der die Aufgaben der Servicegesellschaft und ihre Rechte und Pflichten bezüglich der ihr übertragenden Anlagen bestimmt. Zur Vermeidung von Haushaltsrisiken werden ihre Aufgaben strikt begrenzt und auch die Liegenschaften bleiben beim Land. Die Bezirke können den Betrieb einzelner Anlagen im Wege der Vereinbarung auf die Servicegesellschaft übertragen (§§ 13 und 14).

 

Die Servicegesellschaft soll sich, soweit möglich, selbst finanzieren. Der darüber hinaus anfallende Mittelbedarf muss auf der Grundlage mehrjähriger Bedarfs- und Kostenermittlungen und definierter Leistungen vereinbart und aus dem Landeshaushalt beglichen werden. Die Unterrichtung des Abgeordnetenhauses stellt das gebotene Maß an Transparenz und Kontinuität sicher (§ 15).

 

Die Übernahme von Verwaltungspersonal des Landes

durch die Servicegesellschaft ist strikt auf deren Bedarf zu begrenzen (§ 16). Das infolge der Umstellung von Betrieb und Bewirtschaftung nicht mehr benötigte Verwaltungspersonal kann dem Stellenpool des Landes zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang wird auf die wegen der Haushaltslage Berlins bestehende Notwendigkeit be-triebsbedingter Kündigungen hingewiesen.

 

§§ 18 bis 22

 

Die noch bestehenden Bezirksgärtnereien sollen aufgelöst werden, da sie privatwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen (§ 18). Die bisherigen Bestimmungen zu Ordnungswidrigkeiten sind wegen des Betriebs der Grünanlagen auf privatrechtlicher Grundlage entbehrlich.


4.     Zum Artikel II

 

Kinderspielplätze sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Ausstattung einer Großstadt mit Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Dies gilt in Berlin besonders für die dichtbebauten Innenstadtgebiete. Die Bedarfslage stellt sich zwischen den Bezirken und auch innerhalb der Bezirke teilweise sehr unterschiedlich dar, wobei die Entwicklung insgesamt durch einen erheblichen demographischen Wandel gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund ist die Sinnhaftigkeit eines gesetzlich fixierten, berlinweit einheitlichen Ausstattungsrichtwertes für Spielplätze nicht erkennbar (und in vergleichbarer Form auch in anderen Fachgesetzen nicht üblich). Die Richtwerte sind in der Fachliteratur und in Normen verankert und müssen vom Fachplaner den jeweiligen örtlichen Verhältnissen angepasst werden. Sie sollten in einer rahmensetzenden Verwaltungsvorschrift geregelt werden, die eine flexible Anpassung der Spielplatzentwicklung der Bezirke an die Bedarfslage ‚vor Ort’ unterstützt. Stattdessen ist die Vorschrift über die Mängelbeseitigung zu verschärfen, da es hier um die Sicherheit der Kinder geht.

 

 

Auch die gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung von Spielplatzentwicklungsplänen ist nicht sachgerecht, erzeugt unnötigen Verwaltungsaufwand und sollte daher entfallen. Die Einschätzung, ob eine Planung erforderlich ist, ist Sache des fachlichen Ermessens der politisch und sachlich zuständigen Stellen, nicht jedoch gesetzlicher Vorfestlegungen. Noch nicht einmal gesetzlich normierte Planungen wie die Bauleitplanung und die Landschaftsplanung kennen eine „Planungspflicht“.

 

Die gesetzliche Verpflichtung der Bezirke zur Einberufung von Spielplatzkommissionen ist ebenfalls entbehrlich. Entsprechende Kommissionen sind auf freiwilliger Basis zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements jederzeit zulässig, ohne dass es hierzu einer gesonderten gesetzlichen Verpflichtung bedarf.

 

5.        Zum Artikel III

 

Die Änderung der Nr. 11 Abs. 1 des Zuständigkeitskataloges zum AZG stellt klar, dass die Grundsatzangelegenheiten der Verwaltung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen bei der Hauptverwaltung liegen, die insoweit auch die Zuständigkeit der Bezirke regeln kann (hier hinsichtlich der Anlagen von gesamtstädtischer Bedeutung).

 

Berlin, den 20. Januar 2004

 

Dr. Lindner           v. Lüdeke              Schmidt

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der FDP

 

 

Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq