Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Verminderung der Lärmbelastung und Luftverunreinigung
durch
den Kraftfahrzeugverkehr
Drucksachen 13/849, 13/1405 ,13/4017, 14/1543
Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Das Abgeordnetenhaus hat in
seiner Sitzung am 10. April 1997 Folgendes beschlossen:
Der Senat wird aufgefordert,
regelmäßig über den Stand der durch den Kraftfahrzeugverkehr verursachten
Lärmbelastung und Luftverunreinigung sowie über die sich daraus ableitenden Planungen
zur Verminderung dieser Belastung und die zukünftige Entwicklung zu berichten.
Der Bericht soll alle zwei Jahre beginnend mit dem 31. Juli 1997 vorgelegt
werden.
Hierzu wird berichtet:
Über den Stand der verkehrsverursachten Luftschadstoffe und Lärmbelastung im Berliner Stadtgebiet wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrfach ausführlich berichtet (AH-Drucksachen 13/2221, 13/4017 sowie 14/1543).
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen seit der letzten Berichterstattung (AH-Drucksache 14/1543 vom September 2001) sowie die zukünftigen Schwerpunkte der Luftreinhaltungs- und Lärmminderungsplanung dargestellt.
I.1. Luftverunreinigungen
Rechtsvorschriften
Die von der Europäischen Union festgesetzten Grenzwerte für Luftschadstoffe[1] wurden im September 2002 mit Novellierung der 22. Durchführungsverordnung zum Bundes-Immissionsschutz-gesetz (22. BImSchV) in nationales Recht übernommen[2]. Die 23. Durchführungsverordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (23. BImSchV) ist weiterhin in Kraft, somit sind derzeit folgende Grenz- und Richtwerte (Tabelle 1) bei der Bewertung der verkehrsverursachten Luftverunreinigungen zu berücksichtigen[3]. Die neuen Immissionsgrenzwerte sind strenger als die in der 23. BImschV festgelegten Konzentrationswerte für Benzol, Stickstoffdioxid und Ruß, deshalb wird diese Verordnung voraussichtlich in den nächsten Monaten aufgehoben. Zum Verständnis ist hierbei noch zu erwähnen, dass Ruß einen Bestandteil des Schwebstaubs-PM10 (Feinstaub mit einer Korngröße bis zu 10 µm) darstellt.
Komponente |
Grenzwerte der 22.
BImSchV |
Konzentrationswerte der
23. BimSchV |
||||
Angaben in mg/m3 |
Mittel |
Grenzwert |
Zulässige Anzahl von |
Grenzwert einzuhalten bis |
Jahres- mittel |
98%-Wert |
Stickstoffdioxid (NO2) |
1 Stunde |
200 µg/m³ |
18-mal pro
Jahr |
1.1.2010 |
- |
160 µg/m³ |
1 Jahr |
40 µg/m³ |
-- |
1.1.2010 |
- |
- |
|
Benzol |
1 Jahr |
5 µg/m³ |
- |
1.1.2010 |
10 µg/m³ |
- |
Kohlenmonoxid
(CO) |
8 Stunden |
10000 µg/m³ |
- |
1.1.2005 |
- |
- |
Ruß |
- |
- |
- |
- |
8
µg/m³ µg/m³ |
- |
Schwebstaub PM10 |
24 Stunden |
50 µg/m³ |
35-mal pro
Jahr |
1.1.2005 |
- |
- |
1 Jahr |
40 µg/m³ |
-- |
1.1.2005 |
- |
- |
|
Blei im Schwebstaub |
1 Jahr |
0,5 µg/m³ |
-- |
1.1.2005 |
- |
- |
Tabelle 1: Grenz- und Richtwerte für Luftschadstoffe
Für Stickstoffdioxid existiert außerdem eine Alarmschwelle, die für die Auslösung von Smogalarmplänen gedacht ist. Die Qualität der Berliner Luft ist jedoch inzwischen so gut, dass diese Schwellenwerte nicht mehr erreicht werden.
Zudem
wurde mit der 7. Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes die neuen Europäischen
Richtlinien zur Luftqualität, die insbesondere die Verpflichtung zur
Luftreinhalteplanung beinhalten, in das deutsche Rechtssystem übernommen[4].
Das BImschG weist den Ländern die Verantwortung zu, im Falle von Grenzwertüberschreitungen
notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausstoß der Schadstoffe so zu
verringern, dass die Grenzwerte ab dem festgelegten Datum eingehalten werden.
Für einige
Grenzwerte sind in der 22. BImSchV zusätzlich Toleranzmargen definiert. Diese
geben den Prozentsatz des Grenzwertes an, um den dieser in den Jahren vor der
vorgeschriebenen Einhaltung überschritten werden darf, ohne dass explizit ein
Maßnahmenplan zur Einhaltung der Grenzwerte erstellt werden muss. Dieser
Prozentsatz wird von Jahr zu Jahr bis zu dem Datum, an dem der Grenzwert einzuhalten
ist, verringert.
Bei Überschreitung dieser Toleranzmargen ist die Erstellung eines Luftreinhalteplans gefordert, um möglichst eine termingerechte Einhaltung der Grenzwerte zu gewährleisten. In diesem Plan müssen die Maßnahmen zur Reduktion des Schadstoffausstoßes zur Einhaltung der Grenzwerte detailliert beschrieben werden.
Luftschadstoffbelastung
Die
folgende Darstellung der verkehrsverursachten Luftschadstoffbelastung basiert
auf den Ergebnissen folgender Messprogramme, bzw. Modellrechnungen:
-
Im
Rahmen des Berliner Luftgütemessnetzes (BLUME) werden an Hauptverkehrsstraßen
im Stadtgebiet kontinuierliche Messstationen betrieben - Stadtautobahn
(Charlottenburg), Schildhornstraße (Steglitz), Frankfurter Allee
(Friedrichshain), Silbersteinstraße und Karl-Marx-Straße (Neukölln).
-
Seit
Frühjahr des Jahres 1997 wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein
Straßenmessprogramm
mit miniaturisierten Probenehmern (RUBIS) durchgeführt. Hierbei wird momentan
an 40 Messpunkten Benzol und Ruß gemessen und die Stickstoffdioxidkonzentration
mit Passivsammlern ermittelt.
-
Da
eine messtechnische Erfassung der Immissionsbelastung im gesamten Stadtgebiet
nicht möglich ist, wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit
Modellrechnungen die verkehrsverursachte Luftschadstoffbelastung für das
gesamte Berliner Hauptstraßennetz abgeschätzt. Hierbei wurden die Kennwerte der
Schadstoffbelastung auf Basis der Straßenverkehrszählergebnisse 1998 und der
Fahrzeugtechnik 2002 unter Berücksichtigung der Zusammensetzung der Berliner
Fahrzeugflotte (Anteil G-Kat-Fahrzeuge, Diesel, etc.) berechnet.
Die Kennwerte der im Jahre 2002 durchgeführten Messungen sind in den Anlagen 1 und 2 zusammengestellt. Hieraus kann der Stand der Luftbelastung durch die hauptsächlich verkehrsverursachten Luftschadstoffe wie folgt zusammengefasst werden:
·
Die
Luftschadstoffe Kohlenmonoxid und Blei im Schwebstaub werden in Berlin
auch in Verkehrsnähe in so geringer Konzentration gemessen, so dass die
Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV sichergestellt ist.
·
Die
Benzolkonzentrationen an den Straßen
unterschreiten – wie schon in den Vorjahren – den Konzentrationswert der 23.
BImSchV von 10 µg/m3 , an
einigen Straßenmesspunkten werden aber noch Jahresmittel über 5 µg/m3 (einzuhalten
ab 2010) registriert. Eine weitere Abnahme ist durch die laufende Erneuerung
der Fahrzeugflotte (in Verbindung mit einer verbesserten Abgasreinigungstechnik)
zu erwarten. Die Einhaltung des EU-Grenzwertes wird voraussichtlich auch ohne
zusätzliche Maßnahmen möglich sein.
·
Weiter
abgenommen hat die Rußkonzentration
an den Straßen; Überschreitungen des Konzentrationswertes der 23. BImSchV
werden noch an drei Straßenmesspunkten (entspricht 8% der untersuchten Straßen)
registriert. Im Jahr 1997 wurden an 70% der Straßenmesspunkte Überschreitungen
festgestellt. Der Rückgang ist im wesentlichen auf die Erneuerung der
Fahrzeugflotte zurückzuführen, aber auch der Einsatz schwefelarmer Kraftstoffe
trägt dazu bei.
·
Als
problematisch ist die Belastung durch Stickstoffdioxid
einzustufen. Gegenüber der letzten Berichterstattung hat sich hier kein weiterer
Rückgang ergeben. So wurden auch im Jahr 2002 an allen Straßenmesspunkten
Jahresmittelwerte oberhalb des ab 2010 einzuhaltenden Grenzwertes ermittelt. Da
für diesen Schadstoff auch die für das Jahr 2002 bei 56 µg/m³ liegende Summe
von Grenzwert und Toleranzmarge an mehreren Messstationen überschritten war,
ist die Erstellung eines Luftreinhalteplans notwendig, um eine termingerechte
Grenzwerteinhaltung durch zielgerichtete Maßnahmen zu ermöglichen.
·
Ebenso
problematisch ist die Belastung durch Schwebstaub
PM10. Auch für diesen Schadstoff wurde in den letzten Jahren keine Belastungsabnahme
erreicht. Im Jahr 2002 wurde der Grenzwert für das Jahresmittel gerade eingehalten,
bzw. erreicht.
Der
Tagesgrenzwert von 50 µg/m³, der maximal an 35
Tagen im Jahr überschritten werden darf, wurde an den Straßenstationen an über
90 Tagen des Jahres 2002 überschritten. Da auch die Summe von Grenzwert und
Toleranzmarge von 65 µg/m³ an mehr als 35 Tagen überschritten wurde, muss auch
für diesen Schadstoff bis Ende 2004 ein Luftreinhalteplan erstellt werden.
Wie bereits bei der letzten Berichterstattung
festgestellt, liegt der künftige Schwerpunkt der Luftreinhaltung bei der
Minderung der Luftbelastung durch Feinstaub PM10 und Stickstoffdioxid; diese
beiden Schadstoffe werden deshalb im Folgenden vertieft betrachtet.
Seit Mitte der 90‘er
Jahre ist nur noch ein geringer Rückgang der Stickstoffdioxidbelastung zu verzeichnen
(siehe Abbildung 1). Die Abbildung zeigt, dass im Mittel an den Verkehrsmessstationen
mehr als doppelt so hohe Konzentrationen vorliegen als an den
Stadtrandstationen ohne direkten Verkehrseinfluss; dies bedeutet, dass ein
Großteil dieses Schadstoffes erst im Stadtgebiet und offensichtlich im Nahbereich
der Straßen produziert wird. Dass der Kraftfahrzeugverkehr hierbei mit fast 70%
den Hauptanteil verursacht ist der Abbildung 2 zu entnehmen. Unter den einzelnen
Fahrzeuggruppen weisen insbesondere die Dieselfahrzeuge und hierbei vor allem
Nutzfahrzeuge spezifisch hohe Emissionen aus. Aufgrund der durchgeführten Modellrechnungen
ist davon auszugehen, dass die messtechnisch festgestellten Überschreitungen
auch in weiten Bereichen des Hauptstraßennetzes vorliegen (s. Anhang).
Betroffen sind hiervon vor allem Straßenabschnitte im Innenstadtbereich, die
ein hohes Verkehrsaufkommen und eine weitgehend geschlossene Randbebauung aufweisen.
Durch das Inkrafttreten der Abgasnormen EURO IV (im Jahr 2005) und EURO V (2008) und in Verbindung mit der ständigen Erneuerung der Fahrzeugflotte ist zukünftig ein weiterer Rückgang der Stickoxidemissionen zu erwarten. Andererseits zeigen Untersuchungen des Umweltbundesamtes, dass die eigentlich verbindlichen Abgasnormen gerade bei den Nutzfahrzeugen im realen Fahrbetrieb nicht die zugrundegelegte Emissionsminderung erbringen. Wie stark dieser Effekt auf die Immissionsbelastung zu bewerten ist, kann derzeit nicht abgeschätzt werden.
Nach derzeitiger Einschätzung ist aufgrund der hohen Belastungen im Straßennahbereich nicht davon auszugehen, dass die Einhaltung des Grenzwertes allein durch technische Maßnahmen am Fahrzeug erreichbar ist. Um die Einhaltung dieses Wertes zu gewährleisten, sind daher bei der Aufstellung des bereits genannten Luftreinhalteplanes Maßnahmen zu konzipieren, die über die absehbare Entwicklung hinaus zu der notwendigen Emissionsminderung führen.
Mit der 22. BImSchV wurden 2002 erstmals
Grenzwerte für diese Größenfraktion des Schwebstaubes in nationales Recht
übernommen. Damit wird der von diesem Schadstoff ausgehenden gesundheitlichen
Gefährdung Rechnung getragen, da Teilchen unter 10 Mikrometer Durchmesser
klein genug sind,
um in die Lunge zu gelangen. Erhöhte Feinstaubkonzentrationen können deshalb zu
Erkrankungen der Bronchien und zu einer
Beeinträch-
tigung
der Lungenfunktion mit daraus folgenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Messergebnisse für Schwebstaub PM10 liegen in Berlin seit 1998 vor. Die Abbildung 3 zeigt, dass seitdem kein Trend in der Belastungsentwicklung festzustellen ist. Auch für diesen Schadstoff werden die höchsten Konzentrationen an den Hauptverkehrsstraßen gemessen. Anders als beim Stickstoffdioxid werden hier aber auch im innerstädtischen Wohngebiet und am Stadtrand vergleichsweise hohe Belastungen registriert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass dieser feine Staub über mehrere Hundert Kilometer transportiert werden kann und dass entsprechend auch ein hoher Anteil – z. B. im Bezugsjahr 2001 ca. ein Drittel – der Belastung von Ursachen und Quellen (auch Kfz-Verkehr) außerhalb der Stadt bestimmt wird. Eine vorläufige Auswertung aller zur Verfügung stehenden Messwerte und Informationen über den Schadstoffausstoß verschiedener Quellsektoren in Berlin ergab, dass für den Berliner Anteil der Feinstaubbelastung überwiegend der Autoverkehr verantwortlich ist (s. Abb. 2). Allerdings kommt nur knapp ein Drittel des vom Autoverkehr erzeugten Feinstaubes aus dem Auspuff der Fahrzeuge. Gut die Hälfte wird durch die Aufwirbelung von Straßenstaub und durch den Abrieb von Reifen-, Fahrbahn- und Bremsmaterial verursacht.
Wie bereits genannt, stellt bezüglich der gesetzlichen
Anforderungen die Einhaltung des Tagesgrenzwertes ein großes Problem dar. Dieser
wurde im Jahr 2002 an den Straßenmessstationen des BLUME an 82 bis 91 Tagen
überschritten, erlaubt sind aber maximal 35 Überschreitungen.
Abb. 3:
Entwicklung der PM10-Belastung
Seit dem letzten Bericht hat sich der nach unten
zeigende Trend der Luftbelastung nur teilweise fortgesetzt. Während die Benzol-
und Rußwerte weiter leicht zurückgingen, sind die Feinstaub- und
Stickstoffdioxidwerte in 2002 wieder angestiegen. Für diese beiden Schadstoffe
werden insbesondere an innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen deutliche
Überschreitungen der in der 22. BImSchV definierten Grenzwerte registriert.
Aufgrund dieser hohen Belastungen ist entsprechend der Vorschriften des
Bundes-Immissionschutzgesetzes die Erstellung eines Luftreinhalteplanes für
Berlin bis Ende des Jahres 2004 notwendig. Hier müssen die Maßnahmen dargestellt
werden, die eine termingerechte Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte (bis 2005)
und der Stickstoffdioxidwerte (bis 2010) ermöglichen. Die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung hat mit der Erarbeitung eines solchen Planes begonnen, der bis
Ende 2004 vorliegt.
I.2. Lärmbelastung durch den Kfz-Verkehr
Mit der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates (Abl. L 189/12, vom 18.7.2002) über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärmrichtlinie) ist im vergangenen Jahr erstmals eine Regelung auf EU-Ebene geschaffen, die sich mit der Lärmimmissionsbelastung und dabei vorrangig mit dem vom Verkehr ausgehenden Lärm befasst. Diese Richtlinie muss bis zum Juli 2004 in nationales Recht umgesetzt werden. Für einen Ballungsraum wie Berlin enthält diese Richtlinie folgende wesentliche Anforderungen:
· Erstellen von sogenannten strategischen Lärmkarten bis zum 30. Juni 2007,
· Auf Basis dieser Lärmkarten sind bis zum 30.6.2008 Aktionspläne zur Lärmminderung zu erstellen. Diese Aktionspläne sind im wesentlichen identisch mit den Lärmminderungsplänen nach §47a BImSchG. Ziel dieser Aktionspläne ist es, den Umgebungslärm so weit erforderlich und insbesondere in Fällen, in denen das Ausmaß der Belastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann, zu verhindern und zu mindern und die Umweltqualität in den Fällen zu erhalten, in denen sie zufriedenstellend ist.
In der
Verkehrslärmschutzverordnung (16. BimSch V) vom 12.06.90 sind zur Lärmvorsorge
Grenzwerte definiert, die für neu gebaute oder für wesentlich baulich
veränderte Straßen- und Schienenwege gelten (z. B. 59/49 dB(A) tags/nachts für
allgemeine Wohngebiete, 64/54 dB(A) für Mischgebiete).
Die
Lärmsanierung von bestehenden Straßen- und Schienenwegen ist damit auch
weiterhin nicht geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen sind aber
Schallschutzmaßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs über straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen nach § 45 der Straßenverkehrsordnung
(StVO) möglich und ggf. einklagbar. Danach kann die Straßenverkehrsbehörde
straßenverkehrsrechtliche Anordnungen - wie z. B. Lkw-Fahrverbot oder Geschwindigkeitsreduzierung
- zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen anordnen. Die hierfür
notwendige Prüfung erfolgt entsprechend der vorläufigen Richtlinie für
straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm vom
6.11.1981, als Prüfwerte für die Lärmbelastung werden hier z. B. 70/60 dB(A)
tags/nachts für allgemeine Wohngebiete und 75/65 dB(A) für Mischgebiete
genannt. In einigen Verwaltungsgerichtsverfahren wurde aber festgestellt, dass
bereits bei Überschreitungen der Vorsorgewerte der 16. BImSchV zumindest ein
Anrecht auf eine abgewogene Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde besteht.
Für die folgende Beurteilung der Lärmbelastung
werden für die von der Lärmwirkungsforschung ermittelten Richtwerte verwendet.
Nach den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung steigt das relative
Herzinfarktrisiko bei Lärmbelastungen über 70 dB(A) signifikant an. Aus diesem
Grunde wird mit einer Sicherheitsmarge von 5 dB für die Lärmminderungsplanung
von einem anzustrebenden Zielwert von 65 dB(A) ausgegangen. Die Grenze für die
Nachtzeit wird entsprechend den allgemeinen Regelungen um 10 dB niedriger angesetzt
(55 dB(A).
Stand der Lärmbelastung
In der Berliner Verkehrslärmkarte sind die durch Kraftfahrzeuge und Straßenbahn verursachten Lärmbelastungen dargestellt. Seit der letzten Berichterstattung konnte sie lediglich in einigen Details überarbeitet werden. Wesentliche Grundlage der derzeit aktuellen Karte bilden weiterhin die Verkehrszähldaten aus dem Jahr 1998 (Zeitpunkt der letzten umfassenden Hauptnetzzählung). Eine Aktualisierung dieser Daten ist für dieses Jahr geplant.
In den beiden folgenden Tabellen sind die Ergebnisse der Berliner Verkehrslärmkarte (Bearbeitungsstand 2002) zusammengefasst.
Mittelungspegelin 5 dB(A) -
Klassen |
Straßenseiten in
km |
Anteil in % |
Anzahl der betroffenen Anwohner |
Anteil in % |
Summe in % |
unter 50 |
14,3 |
1,0 |
1.865 |
0,5 |
0,5 |
> 50 bis 55 |
40,4 |
2,7 |
8.657 |
2,0 |
2,5 |
> 55 bis 60 |
134,3 |
9,1 |
41.542 |
10,7 |
13,2 |
> 60 bis 65 |
358,2 |
24,1 |
79.251 |
24,3 |
37,6 |
> 65 bis 70 |
608,5 |
41,0 |
126.746 |
38,0 |
75,6 |
> 70 bis 75 |
306,2 |
20,6 |
88.366 |
23,0 |
98,6 |
> 75 bis 80 |
21,5 |
1,5 |
5.478 |
1,4 |
100 |
> 80 |
0 |
0 |
0 |
0 |
|
Summe |
1.483,4 |
100,0 |
351.905 |
100,0 |
|
Tabelle 2: Lärmimmission und Betroffenenzahlen an bebauten
Straßenabschnitten mit Wohnanteil am Tage (6.00 bis 22.00 Uhr)
Mittelungspegel in 5 dB(A) –
Klassen |
Straßenseiten in
km |
Anteil in % |
Anzahl der betroffenen Anwohner |
Anteil in % |
Summe in % |
Unter 50 |
76,1 |
5,1 |
16.041 |
3,9 |
3,9 |
> 50 bis 55 |
180,6 |
12,1 |
52.836 |
14,3 |
18,2 |
> 55 bis 60 |
438,8 |
29,6 |
91.917 |
28,6 |
46,8 |
> 60 bis 65 |
577,8 |
39,0 |
129.712 |
37,7 |
84,5 |
> 65 bis 70 |
198,7 |
13,4 |
58.542 |
14,8 |
99,3 |
> 70 bis 75 |
11,2 |
0,8 |
2.857 |
0,7 |
100 |
> 75 bis 80 |
0 |
|
0 |
0 |
100 |
Summe |
1.483,4 |
100% |
351.905 |
100% |
|
Tabelle 3: Lärmimmission und Betroffenenzahlen an bebauten
Straßenabschnitten mit Wohnanteil in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr)
Die Unterschiede im Vergleich zur letzten Berichterstattung ergeben sich durch die Einbeziehung von Ergänzungsnetzstraßen im Innenstadtbereich (Straßen mit 50 km/h) und die Verwendung einer besseren Kartengrundlage (Automatisiertes Liegenschaftskataster Berlin, Stand 2001), wodurch eine verbesserte Erfassung der Bebauungsstrukturen ermöglicht wurde.
Zusammenfassend lässt sich die Lärmbelastungssituation im Hauptstraßennetz wie folgt beschreiben:
·
In
über 60% des erfassten Straßennetzes wird am Tage der Richtwert von 65 dB(A)
überschritten, davon sind über 220.000 Anwohner betroffen
·
Der
Richtwert für den Nachtzeitraum von 55 dB(A) wird an über 80% der untersuchten
Straßenabschnitte überschritten, betroffen sind hiervon ca. 300.000 Anwohner.
·
Zur
Einhaltung des Richtwertes von 55 dB(A) für den Nachtzeitraum wären
Lärmminderungen um bis zu 20 dB(A) notwendig.
Hauptverursacher dieser hohen Lärmbelastung ist
der Kraftfahrzeugverkehr und im Ostteil der Stadt die Straßenbahn. Die
durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass die durch den Kfz-Verkehr verursachten
Belastungen zusätzlich durch die Art (aus schalltechnischer Sicht sind insbesondere
Kopfsteinpflaster und Beton ungünstig) und den oftmals schlechten Zustand der
Fahrbahnoberfläche verschärft werden. Diese Parameter werden bei der Ermittlung
der Lärmbelastung berücksichtigt.
Eine Vielzahl an Beschwerden aus der Berliner Bevölkerung zeigt aber, dass auch nicht angepasste Verhaltensweisen im Straßenverkehr – wie starkes Beschleunigen/Abbremsen und Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit – zu hohen Lärmbelastungen beitragen. Diese Faktoren können aber – da nicht objektiv erfassbar – nicht bei der Ermittlung der Lärmbelastung erfasst werden.
Anders als bei den Luftschadstoffen ist
die notwendige Lärmminderung nur zu einem geringen Teil durch technische
Maßnahmen an den Kraft-fahrzeugen erreichbar. Das Umweltbundesamt schätzte
hierzu in einem Szenario das Lärmminderungspotenzial durch die absehbaren
Verbesserungen der Fahrzeugtechnik und den Einsatz lärmgeminderter Reifen
(EU-Richtlinie Richtlinie 2001/ 43/EG, EU - Abl. L 211 vom 04/08/2001) sowie
die Verbesserung von Fahrbahnbelägen auf Straßen (d. h. Verbesserung des
innerorts üblichen Asphaltbelages) innerhalb von Ortschaften so ein, dass gegenüber
1992 bis 2015 Pegelminderungen für
Pkw um 3, für Lkw um 2 dB(A) eintreten werden. Daraus ergibt sich die
Notwendigkeit, im Rahmen der notwendigen Lärmminderungsplanung weitere Maßnahmen
zu entwickeln und umzusetzen.
Als mögliche Handlungsfelder sind hierbei
die
·
Erhaltung
bzw. Wiederherstellung von unter Lärmsicht optimalen Fahrbahnoberflächen,
·
verkehrsorganisatorische
Maßnahmen, die zur Verstetigung der Verkehrsabläufe beitragen,
·
Verkehrsvermeidung
durch Stärkung des Umweltverbundes und anderer umweltfreundlicher
Verkehrsmittel,
·
Straßenraumgestaltung
im Rahmen der Verkehrs- und Stadtentwicklungsplanung.
Wie bereits erwähnt stellt in Berlin die Straßenbahn
eine weitere Lärmquelle im Straßenraum dar. Vorbeifahrende Straßenbahnen verursachen
vielfach die höchsten Einzelpegel. In Straßen mit hoher Fahrzeugfrequenz und
ohne separaten Gleiskörper bestimmt die Straßenbahn zur Nachtzeit häufig den
Lärmpegel. Trotz bereits erreichter technischer Verbesserungen stellt die
Straßenbahn immer noch einen Schwerpunkt notwendiger Lärmminderung dar; die
wesentlichen Ansatzpunkte hierfür sind:
·
technische
Verbesserungen im Gleis- und Fahrzeugbau,
·
Umrüstung
von Altfahrzeugen,
·
möglichst
lärmarme Fahrweise, insbesondere beim Anfahren, Bremsen und bei Kurvenfahrten.
Um den
Straßenbahnlärm möglichst weitgehend zu reduzieren, hat der Senat im Juli 2002
ein Lärmsanierungsprogramm Straßenbahn (AH-Drs. 15/654) beschlossen.
Auch im Bereich der S-Bahn häufen sich die Beschwerden, vor allem für Streckenbereiche die nach der Wende wieder in Betrieb gegangen sind. Erste Sondierungsgespräche zur Lärmminderung mit der S-Bahn GmbH und der DB-Netz AG wurden seitens der Senatsverwaltung aufgenommen.
Der Kraftfahrzeugverkehr und – wo vorhanden – die Straßenbahn und S-Bahn verursachen hohe Lärmbelastungen im Berliner Stadtgebiet. In weiten Teilen des Hauptstraßennetzes werden Lärmpegel erreicht, die deutlich die von der Lärmwirkungsforschung ermittelten Zielwerte überschreiten.
Da aufgrund
technischer Neuerungen an den Kraftfahrzeugen nur geringe Verbesserungen erreichbar
sind, besteht entsprechend der Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union
die Verpflichtung bis zum Juni 2008 einen Aktionsplan zur Lärmminderung für
das gesamte Stadtgebiet aufzustellen.
II. Planungen zur Verminderung der Luftverunreinigung und
Lärmbelastung durch den Kraftfahrzeugverkehr und die zukünftige Entwicklung
Bei der letzten Berichterstattung wurde ausführlich
über Projekte und Planungen in Berlin zur Minderung der verkehrsverursachten Immissionsbelastung
berichtet. Seit diesem Zeitpunkt haben sich folgende Änderungen, bzw.
Neuentwicklungen ergeben:
Über bereits durchgeführte Maßnahmen zur
Verminderung der Rußbelastung (Ausrüstung der BVG-Busse mit Rußfiltern,
Förderung von Erdgasfahrzeugen, schwefelarmer Kraftstoff), die damit natürlich
auch zur Verringerung des Feinstaubes PM10 beitragen, sind weitere Maßnahmen
zur Staubminderung notwendig. Diese werden beispielsweise auch durch die
anhaltend überdurchschnittlich hohe Nachfrage nach Diesel-Pkw erforderlich, die
zu einem langfristig erheblich höheren Anteil von Diesel-Pkw im Berliner
Pkw-Bestand führen wird. Die durch motortechnische Verbesserungen und
Qualitätssteigerungen bei der Kraftstoffqualität am Einzelfahrzeug erreichten
Emissionsverbesserungen werden durch die Bestandsentwicklung und
Fahrleistungsentwicklung weitgehend ausgeglichen.
Die Ergebnisse
von zwei Messprojekten in der Frankfurter Allee und der Beusselstraße, die
hierzu im Auftrage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchgeführt
wurden, lassen folgende Maßnahmen als sinnvoll erscheinen:
· Maßnahmen im Bereich
Verkehrsorganisation/-management,
· Ersatz alter Fahrzeuge durch
möglichst schadstoffarme Fahrzeuge,
· Erneuerung von schadhaften
Fahrbahnoberflächen,
· Abdeckung, bzw. Befeuchtung
staubender Güter beim Transport,
· Ordnungspolitische
Maßnahmen.
Wesentliche
Aufgabe des zu erstellenden Luftreinhalteplanes ist es, verursachergerechte
Lösungen aufzuzeigen, die verhältnismäßig zur Erreichung der Grenzwerte
beitragen.
Förderung Gasfahrzeuge
Als Erweiterung der Erdgasplattform Berlin (flächendeckende Versorgung mit Erdgastankstellen, TUT- 1000 Erdgastaxis in Berlin- und des Betriebes von 50 Müllsammelfahrzeugen) beteiligt sich die Stadt mit anderen europäischen Großstädten an dem EU-Projekt TELLUS, in dem innovative Ideen zur Lösung von Verkehrsproblemen entwickelt und getestet werden. Ein Baustein dieses Projektes stellt die Förderung erdgasbetriebener Lieferfahrzeuge dar. Die Förderung erfolgt hierbei durch die Europäische Union mit Unterstützung der Gaswirtschaft (GASAG) und dem Land Berlin. Ziel des Projektes ist es, den Betreibern von Fahrzeugflotten in Berlin konkret erfahrbar zu machen, dass Erdgas eine auch im Nutzfahrzeugbereich praktikable Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen ist, die zugleich zu Einsparungen von Kraftstoffkosten und erheblichen Umweltentlastungen führt.
Der Stadtentwicklungsplan Verkehr (StEP-Verkehr, SB 1269/03) wurde am
8.7.2003 vom Senat als die wesentliche Analyse- und Planungsgrundlage für die
mittel- und langfristig im Verkehrsbereich anstehenden Aufgaben und Maßnahmen beschlossen.
Im Rahmen des
Stadtentwicklungsplanes Verkehr wurden Handlungsziele zur Entlastung der
städtischen und globalen Umwelt von verkehrsbedingten Belastungen die folgenden
Qualitätsziele definiert.
11 |
Entlastung der städtischen und globalen Umwelt von
verkehrsbedingten Belastungen |
11.2 |
|
|
|
11.3 |
Ausgehend von
der heutigen Belastungssituation wurden die verkehrsbedingten Lärm- und
Luftschadstoffbelastungen unter Verwendung von Modellrechnungen für das Jahr
2015 prognostiziert. Die Entwicklung der fahrzeugspezifischen Emissionen wurde
hierbei entsprechend der Angaben des Umweltbundesamtes zu Grunde gelegt; d. h.
bei den Luftschadstoffen das Handbuch Emissionsfaktoren und beim Lärm um 3 dB
geringere Emissionen (aufgrund einer Prognose des UBA).
Wichtigste
Erkenntnisse der durchgeführten Untersuchungen:
·
Die
zu erwartenden Verminderungen der verkehrsverursachten Immissionsbelastung bis
zum Jahr 2015 sind im wesentlichen auf technische Verbesserungen an den
Fahrzeugen (beim Lärm zusätzlich Verbesserung der Fahrbahnoberflächen)
zurückzuführen.
·
Die
verkehrsorganisatorischen Maßnahmen des StEP zeigen nur einen geringen Einfluss
auf die Immissionssituation; das Szenario 3 zeigt die größten positiven
Auswirkungen auf die Immissionssituation.
·
Es
verbleiben langfristig die Belastungen durch Verkehrslärm und Feinstaub PM10,
vereinzelt auch Stickstoffdioxid, als Problemfelder.
·
Eine
Senkung der verkehrsbedingten Klimagasemissionen ist weder aufgrund technischer
Neuerungen zu erwarten, noch ergibt sich durch verkehrsorganisatorische
Maßnahmen ein wesentlicher Einfluss; durch die Maßnahmen des Szenario 3 wird
der Anstieg der CO2-Belastung zumindest leicht gedämpft.
Somit ist festzustellen, dass auch langfristig ein hoher Handlungsbedarf zur Minderung der verkehrsverursachten Immissionsbelastung besteht.
Als Konsequenz aus dem StEP-Verkehr hat der Senat das Mobilitätsprogramm 2006 (SB 1269/03) entwickelt und als Maßnahmenprogramm für die 15. Legislaturperiode verabschiedet. Die wesentlichen umweltrelevanten Zielsetzungen sind:
1.
Der
nichtmotorisierte Verkehr (Fahrrad- und Fußgängerverkehr) wird stärker gefördert.
2.
Die
Verkehrsinfrastruktur wird besser erhalten, gepflegt und funktional optimiert.
Der Senat verstärkt im Rahmen einer neuen Prioritätensetzung die
Haushaltsansätze zur Instandsetzung der Verkehrsinfrastruktur für die Schiene.
Die Bezirksämter erhalten ferner zusätzliche Mittel für größere Sanierungsmaßnahmen
im Straßen-Hauptnetz. Die Mittel für die Straßeninfrastruktur dienen
gleichzeitig der Lärmsanierung.
3.
Bessere
Nutzung der vorhandenen Infrastruktur durch intelligente Verkehrsorganisation.
4.
Der
Lebensraum Stadt wird von den Verkehrsfolgen entlastet. Hier wird ausdrücklich
auf die Notwendigkeit der Lärmminderungs- und Luftreinhalteplanung hingewiesen.
5.
Der
Vermeidung zusätzlichen Verkehrs wird hohe Priorität eingeräumt.
HEAVEN
Berlin hat sich zusammen mit Paris, Rom, Prag, Rotterdam und Leicester (UK) am EU-Projekt HEAVEN (Healthier Environment through Abatement of Vehicle Emission and Noise) beteiligt.
Ziel des Projektes war unter anderem die Untersuchung der Frage, ob mit einer, an Umweltgesichtspunkten orientierten Verkehrslenkung die Lärm- und Luftbelastung in verkehrsreichen Straßen gesenkt werden kann. Dazu wurde im Rahmen eines Praxisversuchs in der Moabiter Beusselstraße im Juli und August letzten Jahres die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt und danach für 3 Wochen ein Durchfahrverbot für LKW über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht eingeführt.
Der Versuch wurde mit aufwändigen Messungen der Verkehrsströme und der Luft- und Lärmbelastung begleitet. Unterstützend zum Versuch war auch die IHK und die Fuhrgewerbeinnung eingebunden, wobei diesen Institutionen auch die Problemlage der kritischen Luftbelastungen durch den Verkehr deutlich gemacht wurde.
Die größte Verbesserung für die Luftsituation in der Beusselstraße wurde während des LKW-Durch-fahrverbotes gemessen. Ein Fünftel weniger Stickstoffdioxid sowie knapp 10% Besserung beim krebserregenden Ruß sind gemessen an der lokalen Begrenzung der Maßnahmen als Erfolg zu werten.
Setzt man die erzielte Reduktion in Beziehung zur Schadstoffbelastung, die nur durch den Verkehr in der Beusselstraße erzeugt wird, ergab sich eine stärkere Abnahme zwischen 15 und 25% je nach Schadstoff. Da der Verkehr vorwiegend über die Stadtautobahn und durch Gewerbegebiete umgeleitet wurde, konnten Belastungen der Anwohner in anderen Straßen weitgehend vermieden werden.
Die Messungen
zeigten, dass bei Tempo 30 auch die Luftbelastung zurückgeht, wenn auch nur um
einige Prozentpunkte.
Wenn sich mehr
Autofahrer an Tempo 30 gehalten hätten, wäre die Verbesserung der Luftsituation
wahrscheinlich deutlicher ausgefallen.
Bezüglich der Minderung des Verkehrslärms erwies sich das Tempolimit in Verbindung mit den Geschwindigkeitskontrollen der Polizei als wirkungsvollste Maßnahme. Der dabei gemessene Rückgang des Lärmpegels um 2 dB(A) tagsüber entspricht einer hörbaren Entlastung, die die Abnahme des Lärms während des LKW-Verbotes (-1,3 dB(A)) noch übertraf.
Umweltbezogenes Verkehrsmanagement eröffnet also eine zusätzliche Möglichkeit, über die dringend notwendige technische Modernisierung der Berliner Fahrzeugflotte hinaus dem Ziel der Einhaltung der europäischen Standards zur Luftqualität näher zu kommen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird im Rahmen der Erstellung eines Luftreinhalteplanes untersuchen, ob und wie eine dynamische, unter Einbezug von Umweltkriterien praktizierte Verkehrssteuerung (z.B. über die Verkehrsmanagement / Verkehrsregelungszentrale (VMZ/ VKRZ) in den Gebieten einen zusätzlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftsituation leisten kann, wo die Einhaltung der Grenzwerte besonders schwer möglich ist.
Bei der
Entwicklung von konkreten Handlungskonzepten zur Lärmminderungsplanung sind die
unter I.2 genannten Maßnahmenfelder unter Einbeziehung der lokalen
Gegebenheiten sowie unter Berücksichtigung der verkehrs- und stadtplanerischen
Belange zu prüfen und hieraus konkrete Maßnahmeempfehlungen abzuleiten.
Da eine solch
aufwändige Planung nicht gleichzeitig für das gesamte Stadtgebiet entwickelt
und umgesetzt werden kann, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in
Zusammenarbeit mit einigen Berliner Bezirken die Erstellung von Lärmminderungsplänen
für bezirkliche Teilräume beauftragt. In einem ersten Schritt wurden im Januar
2002 Modellprojekte in den Bezirken Treptow-Köpenick, stellvertretend für die
Berliner Subzentren, und Mitte, als hochbelasteter Innenstadtbereich, begonnen.
Für das Modellprojekt Köpenick liegt der Lärmminderungsplan
vor. Untersuchungsgebiet war die Altstadt Köpenick mit ihren Zufahrtswegen, ein
Bereich, der in der Berliner Verkehrslärmkarte eine hohe Lärmbetroffenheit
aufweist.
Das erstellte Gutachten beinhaltet insbesondere die Darstellung des integrierten Gesamtkonzeptes Lärmminderungsplanung, die zeitlich gestuften Maßnahmenkonzepte (Kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen), beispielhafte Lösungsvorschläge für ausgewählte Straßenabschnitte und eine Bewertung des integrierten Gesamtkonzeptes in bezug auf die erreichbare Lärmminderung.
Die zentrale Maßnahme ist die schrittweise Reduzierung des
Durchgangsverkehrs aus der Altstadt (geplant in zwei Schritten, 2003 in
N/S-Richtung und 2004 in S/N-Richtung) und gleichzeitige Umgestaltungsmaßnahmen,
die die Aufenthaltsqualität verbessern sollen. Dazu gehört ein Parkraumbewirtschaftungskonzept
sowie verstärkte Öffentlichkeitsarbeit mit Gewerbetreibenden, Bevölkerung und
Schulen.
Die durchgeführte Bewertung zeigt, dass bei Realisierung der empfohlenen Maßnahmen eine erhebliche Verringerung der Lärmbelastung erreichbar ist. So hat bereits die Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen eine Reduzierung der Betroffenheit durch Lärm um 23 % gegenüber der Analyse zur Folge, bei Realisierung der mittelfristigen Maßnahmen beträgt dieser Wert 47 %, bei Umsetzung der langfristigen Maßnahmen ist eine Reduzierung um über 50 % erreichbar.
Im Zusammenhang mit der
Umsetzung der Lärmminderungsplanung wird empfohlen, die Maßnahmen der
Lärmminderungsplanung durch Maßnahmen der Verkehrs- und Stadtentwicklungsentwicklungsplanung
zu ergänzen, Lärmminderungsplanung stärker in der Bauleitplanung zu berücksichtigen
und die Öffentlichkeitsarbeit fortzusetzen.
Die Bearbeitung des Modellprojektes Mitte erfordert
wegen der komplexeren Zusammenhänge einen wesentlich längeren Zeitraum. Voraussichtlich
wird im Herbst diesen Jahres der Entwurf eines Handlungskonzeptes vorgelegt
werden können.
Im Mai 2003 wurden zwei neue Modellprojekte
gestartet.
Bei dem Untersuchungsgebiet im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
handelt es sich um ein dicht bebautes Wohngebiet mit teils hohem
Gewerbe-/Dienstleistungsanteil und Einkaufstraßen (Wilmersdorferstraße), das
eine große Verkehrs-dichte aufweist und von Durchgangsstraßen (Kaiser-damm,
Bismarckstraße, Kantstraße) zur Innenstadt geprägt ist.
Die Problemlage im Untersuchungsgebiet des
Bezirks Pankow wird durch einen hohen Anteil am Einfall- und Ringstraßennetz
(Berliner Allee, Prenlauer Promenade) und dem Innenring (Ostsee-, Wisbyer Str.)
sowie durch ein dichtes Straßenbahnnetz bestimmt.
Die Gutachtenerstellung wird voraussichtlich bis
Ende 2004 abgeschlossen sein.
Ziel der
gewählten Vorgehensweise ist es, aus den Ergebnissen der Modellprojekte ein
Handbuch Lärmminderungsplanung für Berlin zu entwickeln, das es ermöglicht bis
2008 gemeinsam mit den Bezirken ein Gesamtkonzept für Berlin und somit den in
der Umgebungslärmrichtlinie geforderten Aktionsplan aufzustellen.
Berlin, den 26. September
2003
Der Senat von Berlin
Peter Strieder
Anhang 1: Kennwerte des Berliner Luftgütemessnetzes 2002 |
|||||||||||
Messstation |
PM10-Staub |
|
NO2 |
|
|
CO |
|
Benzol |
|||
|
XQ |
EU_24 |
|
XQ |
max_1h |
|
MAX_8h |
|
XQ |
||
Stadtrand |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
||
Marienfelde |
25 |
25 |
|
19 |
97 |
|
1,4 |
|
|
||
Grunewald |
|
|
|
16 |
76 |
|
1,5 |
|
|
||
Frohnau |
24 |
23 |
|
16 |
85 |
|
|
|
|
||
Friedrichshagen |
25 |
23 |
|
16 |
65 |
|
|
|
|
||
Frohnau |
25 |
29 |
|
15 |
64 |
|
1,1 |
|
1,2 |
||
Wohngebiet |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
||
Wedding |
29 |
39 |
|
28 |
142 |
|
2,9 |
|
|
||
Wedding |
|
|
|
27 |
138 |
|
|
|
|
||
Tiergarten |
30 |
50 |
|
27 |
165 |
|
|
|
|
||
Schöneberg |
|
|
|
29 |
143 |
|
|
|
|
||
Neukölln |
30 |
40 |
|
30 |
141 |
|
2,1 |
|
1,7 |
||
Mitte |
34 |
57 |
|
34 |
151 |
|
|
|
2,3 |
||
Pankow |
33 |
58 |
|
24 |
135 |
|
|
|
|
||
Straßenmessstation |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
||
Stadtautobahn |
40,0 |
91 |
|
54 |
192 |
|
2,8 |
|
3,1 |
||
Schildhornstraße |
38,0 |
84 |
|
55 |
181 |
|
3,6 |
|
4,9 |
||
Silbersteinstraße |
|
|
|
63 |
201 |
|
5,9 |
|
|
||
Frankfurter Allee |
39,0 |
82 |
|
47 |
163 |
|
2,9 |
|
3,8 |
||
Karl-Marx-Straße |
|
|
|
49 |
156 |
|
4,2 |
|
|
||
|
|||||||||||
XQ |
= |
Jahresmittelwert, |
|||||||||
EU_24 |
= |
Anzahl der Überschreitungen des 24-Std.
EU-Wertes von 50 µg/m³, EU_24 korrigiert mit Verfügbarkeit) |
|||||||||
max_1h |
= |
maximaler Stundenwert |
|||||||||
MAX_8h |
= |
maximaler 8 Stundenwert |
|||||||||
Anhang
2
Anhang 3: Karte der berechneten Konzentration des 36 höchsten Tagesmittelwertes
der Feinstaub (PM10-) Konzentration im Berliner Hauptverkehrsstraßennetz.
Straßenabschnitte in hell- und dunkelrot liegen über dem Grenzwert 50 µg/m³.
Anhang 4: Karte der berechneten Jahresmittelwerte der
Stickstoffdioxidkonzentration im Berliner Hauptverkehrsstraßennetz. Straßenabschnitte
in hell- und dunkelrot liegen über dem Grenzwert 40 µg/m³.
Ausschuss-Kennung
: StadtUmgcxzqsq
[1]
EU-Rahmenrichtlinie
96/627EG vom 27. 9.1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität
und die beiden EU-Tochterrichtlinien 1999/30/EG vom 22.4.1999 über Grenzwerte
für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in
der Luft sowie 2000/69/EG vom 16.11.2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid
[2] Zweiundzwanzigste Verordnung
zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über
Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft –22.BImSchV), Bundesgesetzblatt Jahrgang
2002 Teil I Nr.66, ausgegeben am 17.September 2002, Seite 3626
[3] Dreiundzwanzigste Verordnung
zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über die
Festlegung von Konzentrationswerten –23. BimSchV), Bundesgesetzblatt
Jahrgang 1996 Teil I Nr.66, ausgegeben am 20.Dezember 1996, Seite 1962
[4] Siebentes
Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 11.September
2002,BGBl Jahrgang 2002 Teil I
Nr.66,ausgegeben am 17.September 2002, Seite 3622