Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission (Härtefallkommissionsgesetz  - HFKG) vom ...

 

Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:

 

Artikel I

 

§ 1 Härtefallkommission bei der Senatsverwaltung für Inneres in Berlin.

 

Bei der Senatsverwaltung für Inneres wird eine Härtefallkommission im Sinne des § 23a Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. II S. 1950) eingerichtet.

 

§ 2 Zusammensetzung

 

(1) Die Härtefallkommission ist ein behörden­unabhän­giges Gremium, das sich zusammensetzt aus:

- einer Vertreterin oder einem Vertretern der Liga der Wohlfahrtsverbände,

- einer Vertreterin oder einem Vertreter des Flüchtlingsrats Berlin,

- einer Vertreterin oder einem Vertreter des Migrationsrats Berlin-Brandenburg,

- dem/der Beauftragten des Senats für Integration und Migration oder seiner Vertreterin oder seinem Vertreter

- einer Vertreterin oder einem Vertreter der Berliner Rechtsanwaltskammer,

- einer Vertreterin oder einem Vertreter der Berliner Ärztekammer oder des Behandlungszentrums für Folteropfer,

- einer Vertreterin bzw. einem Vertreter der Berliner Senatsverwaltung für Frauen,

- einer Vertreterin oder einem Vertreter der evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

- einer Vertreterin oder einem Vertreter der römisch-katholischen Kirche,

- dem/der Vorsitzenden als Vertreter/in der Senatsverwaltung für Inneres ohne Stimmrecht.

Alle genannten Institutionen benennen außerdem jeweils eine/n  Stellvertreter/in. Sie sollen bei der Benennung berücksichtigen, dass in der Kommission verschiedene Glaubensrichtungen – insbesondere die muslimische – vertreten sein sollen.

 

(2) Der Senator bzw. die Senatorin für Inneres bestellt die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Härtefallkommission auf Vorschlag der entsendenden Institutionen für einen Zeitraum von zwei Jahren. Eine wiederholte Bestellung ist zulässig. Die Kommission ist paritätisch mit Frauen und Männern zu besetzen.

 

(3) Mit Ausnahme der beim Land Berlin beschäftigten Mitglieder erhalten die ordentlichen Mitglieder der Kommission für ihre Tätigkeit eine Entschädigung entsprechend § 3 des Gesetzes über die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputier­ten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen, soweit ihre Mitgliedschaft in der Härtfallkommission nicht Teil ihrer Erwerbstätigkeit ist.

 

 

§ 3 Geschäftsstelle und Verfahrensgrundsätze

 

(1) Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission wird beim Beauftragten des Senats für Integration und Migration angesiedelt. Sie wird von dem Vorsitzenden bzw. der Vorsitzenden geleitet.

 

(2) Die Geschäftsstelle informiert über den Ablauf und die Voraussetzungen des Härtefallverfahrens. Sie unterstützt die Mitglieder der Kommission bei der Erledigung der Verfahren, indem sie unter anderem die anhängigen Fälle registriert, die Akten führt, anhand der beizuziehenden Ausländerakten oder anderer Unterlagen Fälle aufbereitet und auf Anforderung der Mitglieder weitere entscheidungsrelevanten Unterlagen und Infor­mationen beschafft. Die Senats- und Bezirksverwaltungen arbeiten vertrauensvoll mit ihr zusammen.

 

(3) Die Geschäftsstelle nimmt bei ihr eingehende Anträge entgegen und leitet sie zur weiteren Befassung an die Mitglieder der Kommission weiter. Die Geschäftsstelle kann auf formale Mängel hinweisen. Entschei­dungs­befugnisse über Auswahl, Annahme oder Ablehnung von Anträgen stehen ihr nicht zu.

 

(4) Die Geschäftsstelle erstellt eine jährliche Übersicht über die Tätigkeit der Härtefallkommission unter Angabe der Anzahl der angenommen und abgelehnten Anträge, der an die Senatsverwaltung gerichteten Ersuchen und der Entscheidungen der Senatsverwaltung für Inneres.

 

(5) Die Härtefallkommission beschließt über die Verfahrensgrundsätze und gibt sich eine Geschäfts­ordnung.



§ 4 Verfahren

 

(1) Die Härtefallkommission wird nur in Fällen voll­ziehbar ausreisepflichtiger Ausländerinnen und Auslän­dern tätig, für die die Berliner Ausländerbehörde zustän­dig ist und die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten.

 

(2) Anträge können direkt an die stimmberechtigten Mitglieder der Kommission oder die Geschäftsstelle der Kommission gerichtet werden, die sie nach einem zuvor festgelegten Verfahren auf die Mitglieder der Kommis­sion verteilt. Die Härtefallkommission wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig und tritt nur auf Ersuchen eines ihrer Mitglieder in die Beratung über ein Ersuchen nach § 23a AufenthG ein. Dritte können nicht verlangen, dass die Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimme Ent­scheidung trifft.


(3) Die Mitglieder der Kommission entscheiden unabhängig und frei von Weisungen darüber, ob sie einen Antrag zur Einbringung in die Kommission annehmen. Die Anzahl der nicht angenommenen Fälle teilen sie der Geschäftsstelle am Jahresende mit. Über angenommene Anträge informieren die Kommissionsmitglieder die Geschäftsstelle umgehend. Die Geschäftsstelle ersucht die Ausländerbehörde, bis zur Entscheidung des Mitgliedes über die Annahme eines Falles zur Einbringung in die Kommission von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Im Falle der Annahme zur Einbringung in die Kommission bescheinigt dies die Geschäftsstelle. Die Geschäftsstelle informiert unverzüglich die zuständige Ausländerbehörde. Vom Zeitpunkt der Annahme bis zur Entscheidung unterlässt die zuständige Ausländerbehörde alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen.

 

(4) In den Anträgen sollen alle Gesichtspunkte dargelegt werden, die trotz einer bestehenden Ausreisepflicht die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen rechtfertigen können. Dem Antrag ist eine Einverständniserklärung zur Offenlegung aller Daten beizufügen.

 

(5) Eine Befassung ist ausgeschlossen, solange in der gleichen Angelegenheit ein Petitionsverfahren beim Petitionsausschuss im Abgeordnetenhaus anhängig ist oder wenn die Härtefallkommission bei gleichem Sachverhalt bereits einmal befasst war. Eine Befassung ist jedoch möglich, wenn sich die Rechtslage seit der Behandlung nachträglich zugunsten der betreffenden Person geändert hat.

 

 

§ 5 Beschlussfassung der Härtefallkommission

 

(1) Die Härtefallkommission tagt mindestens einmal im Monat nach Einladung des/der Vorsitzenden, der auch die Sitzungen leitet. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Kommission ist beschlussfähig, wenn ihre Mitglieder 14 Tage vor der Sitzung ordnungsgemäß zur Sitzung eingeladen worden sind und 5 oder mehr ihrer Mitglieder anwesend sind. Sie trifft ihre Entscheidungen mit den Stimmen der einfachen Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Stimmberechtigt sind die Mitglieder, im Verhinderungsfall deren Vertreterinnen oder Vertreter.

 

(2) Von der Beschlussfassung ausgeschlossen sind Mitglieder, wenn die Tätigkeit oder die Entscheidung in der Angelegenheit ihnen selbst, ihren Ehegattinnen oder Ehegatten, ihren Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), ihren Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade oder einer ihnen kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.

 

(3) Die Kommission kann Personen und Sachverständige anhören und darüber hinaus weitere Informationen einholen.

 

(4) Die Härtefallkommission richtet ein Ersuchen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis an den Senat für Inneres, wenn nach ihrer Ansicht dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit der Ausländerin oder des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen. Sie entscheidet nach Abwägung aller für und gegen das Bestehen eines humanitären oder persönlichen Härtefalls sprechenden Gesichtspunkte. Positiv berücksichtigt sie hierbei insbe­sondere die Dauer des Aufenthalts, den Stand der Inte­gration, bestehende Unterhaltsverpflichtungen und Bin­dungen gegenüber Kindern und Angehörigen, die Situa­tion im Herkunftsland, gesundheitliche Probleme. Näheres regelt die Geschäftsordnung.

 

 

§ 6

Umsetzung der Ersuchen der Härtefallkommission

 

(1) Die Leitung der Geschäftsstelle informiert unver­züglich die betroffene Person oder ihre Vertreterin bzw. ihren Vertreter, die zuständige Ausländerbehörde und die Senatsverwaltung für Inneres über die Beschlussfassung. Die Geschäftsstelle leitet ein Ersuchen unverzüglich an die Senatsverwaltung weiter.

(2) Die Senatsverwaltung für Inneres entscheidet über die Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung des Votums der Härtefall­kommission, dem sie in der Regel folgt. Entspricht sie dem Ersuchen der Härtefallkommission, ordnet sie die Verlängerung oder Erteilung an. Will die Senats­ver­waltung für Inneres dem Ersuchen der Härtefall­kommission nicht entsprechen, hat sie vor einer ab­schließenden Entscheidung die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Härtefallkommission schriftlich über die Gründe für diese abweichende Entscheidung zu infor­mieren. Die Geschäftsstelle unterrichtet die Mitglieder der Härtefallkommission, die zur beabsichtigten Ablehnung Stellung nehmen kann.

 

§ 7 Rechtswegausschluss

 

Beschlüsse der Härtefallkommission unterliegen nicht der gerichtlichen Nachprüfung.

 

§ 8 Verschwiegenheitspflicht der Kommissionsmitglieder

 

Die Mitglieder der Härtefallkommission und die Mit­arbeiterinnen  und Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind verpflichtet, Verschwiegenheit zu wahren über alle Angelegenheiten, die mit der Mitgliedschaft in der Kommission zusammenhängen, insbesondere über personenbezogene Daten. Von den Verpflichtungen des §§ 87, 90 AufenthG sind sie ausgenommen. Sie sind insoweit zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Die Härte­fallkommission ist berechtigt, personenbezogene Daten, die der zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind, zu empfangen, zu speichern und zu verarbeiten. Eine Weiterleitung darf ausschließlich zum Zwecke der Entscheidungsfindung an die Mitglieder der Kommission erfolgen, die Weiterleitung an andere öffentliche Stellen ist ausgeschlossen.

 

§ 9 Übergangsvorschriften

 

§ 4 Abs. 5 gilt nicht für Petitionen die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch anhängig sind oder im Zeitraum vom 05.08.2004 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden.

 

Artikel II

 

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

 

 

Begründung:

 

Das im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 beschlossene Aufenthaltsgesetz bietet in § 23a eine bundesgesetzliche Grundlage für die Einrichtung von Härtefallkommissionen auf Landesebene. Gemäß Art. 80 Abs. 4 des Grundgesetzes kann dies durch Landesgesetz erfolgen. Die hier vorgeschlagene Regelung stellt die in Berlin seit 1990 bestehende Härtefallkommission auf eine gesetzliche Grundlage und verleiht ihr das Gewicht, die Handlungsfähigkeit und die Transparenz, die sie benötigt, um neuen Herausforderungen gerecht zu werden. 

 

Zu § 1:

 

Nach § 23a Aufenthaltsgesetz darf die oberste Landes­behörde anordnen, dass eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wenn eine von der Landesregierung eingerichtete Härtefallkommission darum ersucht. Es ist daher sinnvoll, die Härtefallkommission direkt bei der Senatsverwaltung einzurichten.

 

Zu § 2:

 

Basis einer gut funktionierenden Härtefallkommission ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb der Kommission und die Akzeptanz dieser Arbeit nach außen. Die Zusammensetzung der Härtefallkommission ist dabei von großer Bedeutung. Die Härtefallkommission soll aus einem möglichst breiten Spektrum von Menschen aus verschiedenen Organisationen bestehen, die sich in ihrer Arbeit mit dem Schicksal von Flüchtlingen beschäftigen und daher Fachkompetenz mitbringen. Die beiden christlichen Kirchen haben sich in besonderer Weise in der Flüchtlingsberatung engagiert. Auf ihre Erfahrung soll nicht verzichtet werden. Die Gleichbehandlung der drei großen Glaubensrichtungen soll darüber gewährleistet werden, dass eine Vertretung aus den übrigen Bereichen muslimischen Glaubens sein soll. Rechtlicher Sachver­stand ist genauso mit einzubeziehen wie medizinischer. Die besonderen Probleme von Frauen sollen Berück­sichtigung finden.

 

Um eine gewisse Kontinuität und Effektivität der Kommissionsarbeit zu gewährleisten, werden die Mitglie­der jeweils auf zwei Jahre bestellt.

 

Die Übertragung des Vorsitzes der Kommission auf die Vertreterin bzw. den Vertreter der Senatsverwaltung für Inneres ist zweckmäßig, um einen reibungslosen Informa­tionsfluss sicherzustellen. Um die nötige Unabhängigkeit zu dokumentieren, soll der/die Vorsitzende, der auch Leiter/in der Geschäftsstelle ist, weder Stimmrecht noch Einbringungsrecht haben.

 

Die nicht im Landesdienst beschäftigten Mitglieder sollen  für ihre Tätigkeit eine Entschädigung erhalten, die der Grundentschädigung eines Bezirksverordneten entspricht.

 

Zu § 3:

 

Die Geschäftsstelle der Härtefallkommission wird bei der/dem Integrationsbeauftragten angesiedelt, da sich diese Stelle bewährt hat als eine Anlaufstelle, von der Migrantinnen und Migranten Rat und Verständnis für ihre Situation erwarten können.

 

Ihre Aufgabe ist die Zuarbeit für die Mitglieder und die Information der Betroffenen über das Verfahren, um einen reibungslosen und schnellen Ablauf zu gewähr­leisten. Zu den wesentlichen Voraussetzungen ihrer Ar­beit gehört, dass alle Behörden mit ihr zusammenarbeiten. Sie hat keinerlei Kompetenzen in bezug auf die durch die Kommission zu treffende Entscheidung. Weder trifft sie eine Vorauswahl über die Annahme, noch beeinflusst sie die Entscheidung der Kommission in bezug auf angenommene Fälle. Sie soll lediglich darauf hinwirken, dass seitens der Betroffenen die notwendigen Unterlagen vollständig beigebracht werden und auf eine offen­sichtliche Unzulässigkeit von Anträgen (keine vollzieh­bare Ausreisepflicht, mangelnde örtliche Zuständigkeit) hinweisen.

 

Neben den einzelnen Mitgliedern soll auch die Geschäfts­stelle befugt sein, Anträge entgegenzunehmen und sie nach einem zuvor festgelegten Verfahren auf die Mitglieder zu verteilen (vgl. § 4 Abs. 2)

 

Zur Herstellung größtmöglicher Transparenz soll die Geschäftsstelle eine Statistik führen, die auch die nicht zur Entscheidung angenommen Fälle aufzählt. Dazu müssen die Mitglieder diese melden (vgl. § 4 Abs. 3).

 

Die Verfahrensgrundsätze, nach denen die Kommission handelt, bestimmt diese selbst und hält diese in ihrer Geschäftsordnung fest.

 

Zu § 4:

 

In § 23a des Aufenthaltsgesetzes heißt es:

„Die Härtefallkommissionen werden ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Dritte können nicht verlangen, dass eine Härtefallkommission sich mit einem bestimmten Einzelfall befasst oder eine bestimmte Entscheidung trifft.“

§ 23a des AufenthG ist Grundlage eines nicht einklagbaren Gnadenrechts. Dennoch muss die Mög­lichkeit der Antragstellung und der Befassung, insbesondere im Hinblick auf die mit der Annahme eines Antrages zur Beschlussfassung verbundenen Privilegie­rungen, ein hohes Maß an Transparenz und Gleich­mäßigkeit aufweisen. Der Wortlaut des S.1 schließt die Möglichkeit aus, dass von betroffenen Personen mit einem Antrag die Befassung erzwungen werden kann. Allerdings relativiert S. 2 die Aussage des S.1. In der Zusammenschau dieser beiden Sätze und nach lebens­naher Auslegung ist daher davon auszugehen, dass es betroffenen Personen gestattet sein muss, Eingaben direkt an die Härtefallkommission zu richten. Anders ist nicht ersichtlich, wie die Härtefallkommission auf relevante Fälle aufmerksam werden soll. Diese Auslegung wird auch gestützt von den Erfahrungen der bereits beste­henden Härtefallkommissionen, die allerdings nicht auf­grund des § 23a Aufenthaltsgesetzes, sondern ohne ge­setzliche Grundlage installiert wurden. Die Möglichkeit zur Einbringung von Anträgen bei der Geschäftsstelle zur weiteren Verteilung steht dem nicht entgegen.

 

Die Arbeit der Härtefallkommission darf nicht durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen während des laufenden Verfahrens konterkariert werden. Dies soll durch ein abgestuftes Verfahren sichergestellt werden. Bis zur Ent­scheidung des einzelnen Mitgliedes über die Annahme des Falles soll die Ausländerbehörde von aufenthalts­beendenden Maßnahmen absehen. Nimmt ein Mitglied einen Fall zur Einbringung in die Kommission an, muss absoluter Ausweisungsschutz bis zur abschließenden Entscheidung bestehen.

 

Um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden, soll eine parallele Befassung durch Härtefallkommission und Petitionsausschuss ausgeschlossen werden.

 

Zu § 5:

 

Zu den Sitzungen wird von dem/der Vorsitzenden eingeladen, der/die die Sitzungen leitet und die Ent­scheidungen und die Ersuchen der Kommission mitteilt.

 

§ 5 regelt außerdem die Modalitäten der Beschlussfassung der Härtefallkommission und gibt ihr die Befugnis, Personen anzuhören sowie eigene Ermittlungen anzu­stellen. Durch Abs. 2 wird eine Teilnahme von befan­genen Personen an der Beschlussfassung der Kommission ausgeschlossen.

 

Absatz 4 enthält einige wenige im Rahmen der Ent­scheidungsfindung positiv zu berücksichtigende Gesichts­punkte.

 

Zu § 6:

 

§ 23 a AufenthG räumt der obersten Landesbehörde die Möglichkeit ein, im Einzelfall auf Ersuchen einer Härtefallkommission abweichend von den gesetzlichen Voraussetzungen des AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Sie ist an die Entscheidung der Kommission nicht gebunden, soll ihr in der Regel aber folgen, das Votum zu mindest ausreichend berücksichtigen.

 

Die vorgesehene Begründungspflicht der Senatsver­waltung für Inneres in Abs. 2 gewährleistet einen intensiven Austausch zwischen der Härtefallkommission und dem Senat und soll Fehlentscheidungen vermeiden und den Entscheidungsprozess für die Härtefall­kommission transparenter machen.

 

Von einer beabsichtigten Ablehnung ist die Kommission vor der abschließenden Entscheidung zu unterrichten, ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Zu § 7:

 

Die Härtefallkommission kann laut § 23a des Aufenthaltsgesetzes abweichend von den gesetzlichen Aufenthaltserteilungs- und Verlängerungsvorsaus­setzun­gen um eine Aufenthaltserlaubnis ersuchen. Eine gericht­liche Überprüfbarkeit, die sich ja nur an den gesetzlichen Voraussetzungen orientieren kann, ist nicht möglich.

 

Zu § 8:

 

Den Mitgliedern der Kommission werden personen­bezogene Daten bekannt. Sie sind einer Verschwiegen­heitspflicht zu unterwerfen. Von Verpflichtungen zur Offenlegung von Verstößen gegen die ausländerrechtliche Bestimmungen, wie sie u.a. das AufenthG postuliert, sind sie in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Kommission auszunehmen. Dies muss insbesondere für die Fälle gelten, die direkt an sie herangetragen werden und die sie nicht zur Entscheidung annehmen. Die Verschwiegen­heitspflicht muss auch für die MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle gelten. Beide sollen nicht gezwungen sein, ihr Wissen vor Gericht offenbaren zu müssen. Die Härtefallkommission muss ein Gremium mit absolutem Vertrauensschutz sein.

 

Zu § 9:

 

Wer  vor der Verkündung des Aufenthaltsgesetzes bereits den Petitionsausschuss angerufen hatte, konnte noch nicht damit rechnen, dass eine mit entsprechenden Befugnissen ausgestattete Härtefallkommission auf eingerichtet wird. Diese Personen sollen von der Möglichkeit einer Befas­sung durch die Härtefallkommission nicht ausgeschlossen werden. Erst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes besteht eine echte Wahlmöglichkeit und damit auch der Ausschluss von dem Verfahren vor der Härtefallkommission, wenn bereits der Petitionsausschuss angerufen wurde.

 

Berlin, den 19. Oktober 2004

 

Dr. Klotz    Ratzmann        Villbrandt          Mutlu

und die übrigen Mitglieder
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 


 

 

Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq