Antrag

der Fraktion der FDP

 

Für ein sicheres Berlin –
Kampagne zur legalen Abgabe illegaler Waffen

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

 

 

Der Senat wird aufgefordert,

 

I.         eine Kampagne zu starten, welche das Folgende zum Inhalt hat:

 

  1. Die legale Abgabe von illegalen Waffen soll gefördert und ermöglicht werden. Hierzu bedarf es eines Gesamtkonzepts unter Einbindung insbesondere der Senatsverwaltungen für Inneres, Justiz und Bildung sowie von gesellschaftlichen Kräften aus allen Bereichen dieser Stadt. Darunter sind Sportvereine, Konzertveranstalter und weitere Unternehmen der Wirtschaft zu verstehen. Dieses Gesamtkonzept muss Regelungen bezüglich der Rückgabe der Waffen sowie der Prämienregelung umfassen.

 

  1. Da der Focus der Kampagne auf Kinder, Jugendliche und Heranwachsende gerichtet wird, müssen die Prämien für eine Waffenrückgabe attraktiv für diese Zielgruppe sein. Geld als Prämie ist ungeeignet, da davon neue Waffen gekauft werden können. Daher sollten die Jugendlichen in erster Linie Sachwerte, etwa Freikarten für Sportveranstaltungen, erhalten. Der Wert der Prämie muss  in etwa dem Wert der Waffe entsprechen.

 

  1. Grundsätzlich sollen die illegalen Waffen anonym und straffrei abgegeben werden können. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Änderung des Waffengesetzes.

 

4.     Die Rücknahme der Waffen erfolgt in der Regel in den einzelnen Abschnitten der Polizei. Um mögliche Hemmschwellen zu senken, sollte die Polizei zusätzlich regelmäßige Außentermine anbieten. Diese könnten insbeson-



dere in Schulen, aber auch in Jugendzentren und Sportvereinen stattfinden.

 

  1. Da insbesondere Kinder, Jugendliche und Heranwachsende angesprochen werden sollen, müssen sich die Bemühungen auf das Umfeld und die Interessen dieser Zielgruppen konzentrieren. Sympathieträger und Vorbilder wie Sportler, Schauspieler oder Musiker können als Botschafter für die Aktion werben.

 

II.       Der Senat wird des Weiteren aufgefordert, im Bundesrat eine Initiative zu starten, das Waffengesetz mit folgendem Ziel zu ändern:

 

1.        Eine Regelung in Abschnitt vier des Waffengesetzes zu treffen, die es ermöglicht, dass Waffen aller Art straffrei zurückgegeben werden können. Dies soll unabhängig davon sein, ob es sich um eine sog. verbotene oder erlaubnispflichtige Waffe im Sinne des Waffengesetzes handelt.

 

2.        In dieser Regelung muss enthalten sein, dass die Rückgabe gegenüber einem Berechtigten, einer zuständigen Behörde oder einer Polizeidienststelle erfolgen kann. In jedem Fall ist die Rückgabe anonym und ohne jede Auflage zu gewährleisten. Der Rückgabe gleich ist das Unbrauchbarmachen der Waffe durch den Besitzer.

 

Begründung:

 

Zu I.:

 

Ziel der Kampagne ist es, die Anzahl der Waffen in der Bevölkerung von Berlin so weit wie möglich zu reduzieren.

 

Zum 1. April diesen Jahres ist eine Novellierung des Waffengesetzes in Kraft getreten. In dieser ist es zu einer deutlichen Ausweitung der verbotenen und der erlaubnispflichtigen Waffen gekommen. In § 58 des neuen Waffengesetzes war eine Regelung enthalten, nach der es für Waffen, die vor der Novellierung noch erlaubnisfrei waren, eine Übergangsregelung für eine straffreie Rückgabe gab. Diese Regelung ist zum 31.08.2003 ausgelaufen. In Berlin sind innerhalb der sechs Übergangsmonate nur 106 Waffen abgegeben worden. Es wird aber vermutet, dass es mindestens  100.000 Waffen gibt, die unter die Novellierung fallen.

 

„Waffen“ bedeuten in diesem Zusammenhang insgesamt alle verbotenen oder erlaubnispflichtigen Waffen. Vor allem jedoch die nach der Novellierung des Waffengesetzes als illegal bezeichneten Waffen; also Wurfsterne, Spring- und Butterflymesser, sog. Nunchakus aber auch Gaspistolen und andere Arten von Pistolen.

 

Gewaltdelikte sind in der letzten Zeit stark angestiegen. Vor allem die Fallzahl bei den Straftaten mit illegalen Waffen ist die höchste seit zehn Jahren. Oft handelt es sich um Spontantaten relativ junger Täter gegenüber gleichaltrigen Opfern. Dabei kamen überwiegend Messer und Schreckschusswaffen zum Einsatz. Klar ist, dass diejenigen, die eine Waffe besitzen und auch vorhaben sie anzuwenden, diese Möglichkeit der legalen Waffenabgabe kaum nutzen werden.

 

Die große Mehrheit der Besitzer illegaler Waffen hat nicht vor, diese auch einzusetzen. Vielmehr kommen diese Waffen, wie bereits angeführt,  meist spontan zum Einsatz. Durch die Kampagne soll insbesondere die „stille Reserve“ an Waffen in Berlin reduziert und damit das Gefahrenpotenzial für die Öffentlichkeit verringert werden.

 

Zu II.:

 

Der Grundgedanke für die Kampagne sowie der Bundesratsinitiative ist die Überlegung, dass zum einen die Übergangsregelung des § 58 des Waffengesetzes nicht ausreichend genutzt wurde. Das Beispiel Bremen zeigt, dass mit innovativer Aufklärung sehr viel erreicht werden kann. Dort wurden durch eine gezielte Aufklärungskampagne unter anderen in Schulen über 1700 Waffen eingesammelt. Zum anderen bedeuten Waffen aber auch eine andauernde und immanente Gefahr, so sie in die falschen Hände geraten. Aus diesem Grunde sollte es eine dauerhafte Regelung geben, nach der alle Arten von Waffen straffrei zurückgegeben werden können. Diese Rückgabe sollte unbürokratisch und anonym durchgeführt werden können, um so einen deutlichen Anreiz zu vermitteln, dies auch zu tun.

 

Die Intention der Bundesratsinitiative soll sich an ähnlichen Regelungen in Strafvorschriften anderer Gesetze wie zum Beispiel in § 31 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sowie in § 306e Strafgesetzbuch (StGB) orientieren. Dort wird der Rechtsgedanke der Tätigen Reue „belohnt“, indem Vergehen oder Verbrechen des Betäubungsmittelgesetz oder der Brandstiftungsdelikte des Strafgesetzbuches bei entsprechendem Handeln des Straftäters entweder gemildert werden oder sogar von Strafe abgesehen wird. Der Hintergedanke dieser Regelungen besteht in der bewussten Straffreiheit oder gemilderten Strafe des einzelnen Straftäters zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. einer größeren Menschenmenge.

 

 

 

Berlin, den 16. September 2003


 

Dr. Lindner   Ritzmann

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der FDP

 

 

Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq