Der Senat wird aufgefordert, im Wege einer Bundesrats­initiative darauf hinzuwirken, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Jugend­gerichtsgesetz sowie das Opferentschädigungsgesetz mit den folgenden Maßgaben zu ändern:

 

1.        Das so genannte Adhäsionsverfahren ist so auszu­gestal­ten, dass dieses wesentlich häufiger durchgeführt wird, als dies bisher der Fall ist. Aus diesem Grund soll ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens vom Gericht nur noch in engen Ausnahmefällen zurückgewiesen werden können. Insbesondere soll die Möglichkeit ei­ner Berufung auf § 405 Satz 2 StPO eingeschränkt werden.

 

2.        Die bestehenden Möglichkeiten des Täter-Opfer-Aus­gleichs sollen ge­stärkt werden. Hierzu bedarf es pra­xisorientierter Ausführungsvor­schriften und einer gu­ten Aus- und Weiterbildung der mit der Aufgabe be­fassten Mitarbeiter. In § 153a StPO soll eine Klar­stellung aufge­nommen werden, durch die eine häufi­gere Anwendung des Täter-Op­fer-Ausgleichs sicher­gestellt wird.

 

3.        Die Nebenklage gegen einen Jugendlichen wird zu­gelassen.

 

4.        Die Beschränkung der Rechtsmittelbefugnis des Ne­benklägers gemäß § 400 Abs. 1, 1. Alt. Straf­prozess­ordnung wird abgeschafft.

 

5.        In das Opferentschädigungsgesetz wird eine Vor­schrift aufgenommen, die Strafgerichte, Staatsanwaltschaften und Polizei verpflichtet, Opfer auf die Ansprüche nach dem Opferentschädi­gungsgesetz aufmerksam zu ma­chen.

 

6.        Das Opferentschädigungsgesetz ist dergestalt zu er­gänzen, dass sowohl das Opfer als auch die nahen Angehörigen einen Anspruch auf Bera­tung und Betreu­ung zur Bewältigung der psychischen Folgen und zur Wiedereingliederung in das Berufsleben erhalten.


 


Der Senat soll bis zum 31. Oktober 2003 einen konkreten Umsetzungs­vorschlag zur Verwirklichung der oben ge­nannten Ziele vorlegen.

 

Begründung:

 

Das Straf- und das Strafprozessrecht sind heute noch immer vornehmend täterorientiert ausgestaltet. Das führt dazu, dass die Belange der Opfer von Straftaten oft nur unzureichend berücksichtigt werden.

 

Zwar konnten auf diesem Gebiet in der Vergangenheit einige Verbesserungen erreicht werden. Das Anliegen einer Verbesserung der Situation der Opfer von Strafta­ten wird aus unserer Sicht aber von der rot-grünen Bun­desre­gierung nicht mit der notwendigen Entschiedenheit ver­folgt. Mit dem vorliegenden Antrag gibt die CDU-Fraktion daher einen Anstoß für weitere Verbesserun­gen.

 

Das sog. Adhäsionsverfahren (§§ 403 ff. StPO) muss mit dem Ziel verändert werden, eine Vereinfachung des Ver­fahrens zu erreichen. Mit dem Adhäsionsverfahren sollen Opfer die Möglichkeit erhalten, bereits im Straf­verfahren ihre zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen. Das Verfahren hat in der Praxis jedoch bislang keine nen­nenswerte Bedeutung erlangt. Mit der ange­strebten Ge­setzesänderung soll erreicht werden, dass das Adhäsions­verfahren in Zukunft auf Antrag im Regelfall durchzufüh­ren ist und Abweisungen entspre­chender Anträge nur in bestimmten Ausnahmefällen zuläs­sig sind.

 

Die Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs im Rah­men des § 153a StPO ist aus Sicht der CDU-Fraktion ein Erfolgsmodell. Durch die angestrebte Gesetzesände­rung soll ein weiterer Ausbau dieser Institution erreicht wer­den.


Gemäß § 80 Abs. 3 Jugendgerichtsgesetz ist die Neben­klage gegen Jugendliche unzulässig. Diese Regelung, die bislang als Jugendschutzvorschrift verstanden wurde, wird den Opferinteressen nicht gerecht. Das Verhältnis zwischen dem jugendlichen Straftäter und dem Opfer muss aus Sicht der CDU-Fraktion neu defi­niert werden. Der Erziehungsgedanke des Jugendstraf­verfahrens darf nicht dazu führen, dass dem Opfer we­sentliche Rechte vorenthalten werden. Durch die Zulas­sung der Neben­klage im Jugendgerichtsverfahren könnte erreicht werden, dass dem jugendlichen Straftä­ter deutlicher als bisher vor Augen geführt wird, welche Auswirkungen seine Tat auf das Opfer hervorgerufen haben.

 

Auch die Beschränkung der Rechtsmittel für Nebenklä­ger entspricht nicht dem Opferschutzgedanken. Die Opfer reagieren auf geringe Strafen oft mit Enttäu­schung und Unverständnis. Um das Vertrauen der Opfer in die Justiz zu stärken, sollte die Zulassung der Rech­mittelbefugnis von Nebenklägern erweitert werden. Die würde eine Rückkehr zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Opfer­schutzgesetzes bedeuten.

 

Die Aufnahme einer Hinweispflicht bzw. Aufklärungs­pflicht für Strafgerichte, Staatsanwaltschaften und Poli­zei in Bezug auf das Opferentschädigungsgesetz ist sinnvoll, da dieses Gesetz in der Bevölkerung weithin unbekannt ist. Nur ein geringer Teil der anspruchsbe­rechtigten Ge­waltopfer stellen überhaupt einen Antrag auf Entschädi­gung. Eine gesetzliche Aufklärungspflicht könnte die Möglichkeiten des Opferentschädigungsge­setzes für be­troffene Opfer transparenter machen und verhindern, dass bestehende Möglichkeiten und An­sprüche verloren gehen.

 

Schließlich sollten noch bestehende Lücken im Opferent­schädigungsgesetz geschlossen werden. Dort sind aktuell Leistungen, wie die Beratung und psycho­logische Betreu­ung des Opfers nicht geregelt, obwohl es sich hierbei um wichtige Formen effektiver Opferhilfe handelt. Das Op­ferentschädigungsgesetz sollte dahinge­hend ergänzt wer­den, dass Opfer und nahe Angehörige einen Anspruch auf Beratung und Betreuung erhalten.

 

 

Berlin, den 11. Juni 2003

 

 

Zimmer   Braun

und die übrigen Mitglieder

der Fraktion der CDU

 

Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq