Punkt 1 der Tagesordnung
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Wahl der stellvertretenden Schriftführerin/ |
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Siehe Inhaltsprotokoll.
Punkt 2 der Tagesordnung
Aktuelle Viertelstunde |
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Siehe Inhaltsprotokoll.
Punkt 3 der Tagesordnung
Besprechung gemäß § 21 Abs. 5 GO Abghs Freier Zugang zum Schlosspark für Bürgerinnen
und Bürger (auf Antrag der Fraktion der SPD) |
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Siehe Inhaltsprotokoll.
Frau Vors. Ströver: Wir kommen zu
Punkt 4 der Tagesordnung
Besprechung gemäß § 21 Abs. 5 GO Abghs Die Deutsche Oper
unter neuer Führung - Überlegungen zum Profil der Deutschen Oper im Stiftungsverbund (auf Antrag der Fraktion der FDP) hierzu: Anhörung der Intendantin, Frau Kirsten Harms |
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Ich freue mich, dass wir heute die neue Intendantin, Frau Kirsten Harms, zur Anhörung hier haben. Herr Sauerbaum, geschäftsführender Direktor, ist uns allen wohl bekannt. Herzlich willkommen! – Wollen Sie, dass wir zu dieser Anhörung ein Wortprotokoll erstellen? – Das ist der Fall. Dann verfahren wir so. – Ich erteile zunächst der Fraktion der FDP das Wort zur Begründung. – Frau Meister, bitte!
Frau Abg. Meister (FDP): Vielen Dank! – Endlich ist es so weit: die Deutsche Oper unter neuer Führung. Uns interessiert sehr: Welches Profil soll die Deutsche Oper unter Ihrer Hand erhalten? Wo soll die Reise hingehen, auch im Hinblick darauf, dass eine Profilbildung jetzt besonders wichtig ist, weil wir jetzt einen Stiftungsverband zwischen den drei Opern haben? –Wir sind sehr gespannt auf Ihre Ausführungen. Wo liegen Ihrer Meinung nach Stärken und Schwächen der Deutschen Oper?
Frau Vors. Ströver: Frau Harms, Sie haben sich schon öffentlich deutlich geäußert. Wir sind gespannt, was Sie uns zu sagen haben. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Frau Harms (Deutsche Oper Berlin, Intendantin): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren des Kulturausschusses! Sehr geehrter Herr Senator! Kurz nach der Unterzeichnung meines Vertrags führte mich gleich meine erste Reise zu einer Premiere nach Paris. Auf der dortigen Premierenfeier mit sehr hochrangigen geladenen Gästen aus Paris war der Mittelpunkt der Gespräche sofort die Deutsche Oper Berlin und die Kulturlandschaft insbesondere der Theater und Opern Berlins. Nicht die dortige Premiere, sondern die herausragende Stellung dieses Opernhauses und der erstklassigen Theater in Berlin, die sich der Kunst in besonderer Weise widmen, wurde und wird bewundert. Sie machen Spielpläne, die jenseits der nur 25 Haupttitel und der 100 vielleicht in Deutschland gespielten Titel sind. Es wird jenseits des rein kommerziellen Sänger- und Starbetriebs gearbeitet, und für die Innovationen auch für das Publikum und für die Hervorbringung eigener künstlerischer Arbeiten wird diese Stadt bewundert. Viele Häuser an großen anderen Theatern haben keine Werkstätten mehr und sind darauf angewiesen, fremde Produktionen einzukaufen. Das ist viel eher ein Geschäft als immer wieder das künstlerische Wagnis. Dieser besonderen Rolle bin ich mir sehr bewusst – auch für die Deutsche Oper. Sie dürfen von mir Spielpläne erwarten, die an zwei Positionen von jetzt am Anfang fünf, später sechs Premieren Besonderheiten haben, die so etwas wie Entdeckungen oder Wiederentdeckungen sind, Raritäten und Ausgrabungen, denn es gibt noch große Schätze, die verborgen, nicht erkannt oder überhaupt nicht bekannt sind, so dass man damit immer wieder einen Beitrag zur Neubelebung und zu erneuter Diskussion von Stücken hat.
Ich habe auch sehr deutlich zu erkennen gegeben, dass mein Credo in der künstlerischen Arbeit das Erzählen von Geschichten ist, und zwar in einer nachvollziehbaren Art. Es geht um eine fundierte künstlerische Arbeit, um Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung, um Reflexion und Konfrontation von Werken in einer Gegenwart. Eines der Zitate meinerseits, welches falsch wiedergegeben wurde, war: „Frau Harms engagiert nur noch Künstler, die keine Ahnung von Oper haben.“ – Das war sehr lustig. Es werden also sicher auch Regisseure bevorzugt, die sehr fundiert Ahnung von Oper haben, und damit werden wir uns sicherlich eine Position erarbeiten, die viel wagt, aber andererseits auch Mut und Kennerschaft vereinbart.
Ich denke, es gibt Fragen. Sie fragten nach unserer Position innerhalb der Stiftung. Ich bin sehr daran interessiert, dass alle drei Opernhäuser großen Erfolg haben, und ich denke, dass die Stiftung eine enorme Chance ist. Sie hat den Ausstieg aus der Schließungsdebatte ermöglicht. Sie ist ein Rahmen, in dem viele neue Möglichkeiten entstehen. Ausgeschöpft, in die Tat umgesetzt und belebt werden sie von den Menschen, die daran beteiligt sind, also den Leitern der drei Opernhäuser. Es wird sehr viel davon abhängen, wie gut wir sind und wie klug wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln umgehen, aber die ersten Begegnungen in der Stiftung mit den anderen Intendanten – wir kannten uns natürlich – und den Verwaltungsdirektoren sind so, dass man ein sehr starkes „Wir“ empfindet und es nicht nur darum gehen kann, dass jeder den größten Kuchenabschnitt für sich reserviert, sondern wir alle sind uns des Spagats bewusst, sparen zu müssen und zu wollen und auf der anderen Seite den Rang der Häuser, wie er weltweit bewundert wird – davon habe ich berichtet –, zu erhalten und die Möglichkeit zu erhalten, hier Kunst zu machen.
Frau Vors. Ströver: Schönen Dank, Frau Harms! – Dann kommen wir zur Aussprache. – Frau Grütters, bitte!
Frau Abg. Grütters (CDU): Wir freuen uns. Wir haben jahrelang immer wieder auf die problematische Situation der Deutschen Oper hinweisen müssen, die eine Zeitlang führerlos war. Dann gab es Schwierigkeiten zwischen dem Generalmusikdirektor und dem Intendanten. Sie waren zwar absehbar, haben aber trotzdem auch heftig stattgefunden. Als dann erst der eine, dann der andere das Haus verließ, stand immer die Drohung im Raum, dass, wenn das Problem Deutsche Oper nicht schnell auch als Mikrokosmos Deutsche Oper gelöst werden würde, eine Fusion zwischen Staatsoper und Deutscher Oper anstünde. Nun sind wir froh, dass zumindest die eine Position besetzt ist und damit erst einmal eine Stabilisierung auch dieses Hauses eingetreten ist, das ja auf eine hervorragende Geschichte, gerade während der Teilung der Stadt, zurückblickt.
Ich frage Sie aber trotzdem – denn Sie sehen auch die Schwierigkeiten, die Sie höflicherweise nicht gleich in Ihrer Antrittsbemerkung genannt haben –, wie Sie sich die Lösung mancher struktureller Unterschiede innerhalb der Trias in der Opernstiftung vorstellen. Da ist zum einen die Frage nach der Unterfinanzierung der Deutschen Oper und der aufgelaufenen Defizite. Das ist eine Frage, die auch an den Senator gerichtet ist. Sie werden in Ihren Antrittsverhandlungen solche Themen besprochen haben. Das Zweite ist: Wie sieht die Personalplanung im Hinblick auf die vakante Stelle des Generalmusikdirektors aus? Gibt es schon erste Überlegungen, die Sie uns mitteilen könnten? – Wenn Sie keine Namen nennen mögen, dann zumindest Richtungen. Ich darf Sie daran erinnern, dass Herr Zimmermann konkrete Vorschläge und Vorstellungen hatte, als er antrat. Die hat man leider nicht erfüllt, was dann prompt zu den Konflikten führte, die alle vorhergesehen hatten. Nachdem Luisi nicht kommen durfte, gab es Schwierigkeiten zwischen Thielemann und Zimmermann.
Dann stelle ich die Frage nach der Gehaltsentwicklung des Orchesters, die in den letzten Jahren eine Richtung genommen hat, die zu immer weiter auseinander klaffenden Gehältern zwischen Staatsoper- und Deutscher-Oper-Orchester und deshalb auch zu Wettbewerbsschwierigkeiten bei der Besetzung neuer Stellen geführt hat.
Mich interessiert auch, wie die Deutsche Oper innerhalb der Opernstiftung versucht, sich auch thematisch-inhaltlich ein bisschen zu positionieren. Ich komme jetzt nicht mit Doubletten und Tripletten. Sie haben den jetzigen Spielplan noch nicht komplett zu verantworten, aber das ist etwas, was leider hier in Berlin immer im Raum steht und wo man, wenn der Generalmusikdirektor gefunden sein wird – aber Herr Vierthaler besorgt das Amt im Moment auch ganz gut –, gegensteuern sollte.
Was die Umsetzung der Opernstiftung angeht, die Frage z. B. nach der Service-GmbH und den Werkstätten usw., wollen wir das jetzt teilen?
Frau Vors. Ströver: Das machen wir nachher, da ist Herr Vierthaler für uns der richtige Ansprechpartner. – Frau Meister, bitte!
Frau Abg. Meister (FDP): Ich muss doch noch einmal nachfragen, weil ich das mit dem Profil gern noch ein bisschen genauer hätte. Wo sehen Sie die Position der Deutschen Oper im Verhältnis zur Staatsoper und zur Komischen Oper – ich denke, die Abgrenzung zur Komischen Oper liegt ein bisschen auf der Hand, aber gerade zur Staatsoper? – Es sind beides große Häuser, aber es wird sicher schwierig werden, wenn beide den gleichen Weg einschlagen und die gleiche Zielgruppe ansprechen wollen. Wo sehen Sie das Prä der Deutschen Oper? Wo hat sie ihre Stärken, wo liegt ihre besondere Zielgruppe im Unterschied zur Staatsoper? Welche Richtung wollen Sie dem Haus geben?
Vielleicht noch eine zweite Frage kurz dazu. Alle Ballettaufführungen laufen in Zukunft über die Ballett-GmbH unter Herrn Malakhov. Gibt es dort Gespräche, damit dann auch diese Ballettaufführungen kompatibel zu der Positionierung sind, die Sie dem Haus geben? Oder kann es Ihnen auch passieren, dass Sie sagen: Ich möchte das Haus so positionieren, aber Herr Malakhov bringt mir leider eine völlig andere Aufführung? – Auch da muss eine Zusammenarbeit gefunden werden, die für die Positionierung des Hauses sinnvoll ist. Sehen Sie, dass das möglich ist?
Frau Vors. Ströver: Herr Brauer!
Abg. Brauer (PDS): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich halte es für bedenklich, in einem Prozess, der gerade begonnen hat, Themen vertieft zu debattieren, deren Lösung durch die Debatte eigentlich schon präjudiziert werden soll. Das ist kompliziert. Wir kennen alle die sehr dramatische Geschichte des Hauses in der Bismarckstraße in den letzten vier, fünf Jahren. Ich will das nicht bewerten, ich möchte aber darauf hinweisen, Frau Kollegin Grütters, dass Ihr Gebrauch des unpersönlichen Fürworts „man“ an dieser Stelle – „man“ hat getan, „man“ hat sehen müssen – bedenklich ist. Ich möchte Sie bitten, bevor Sie zu solchen Wertungen greifen, wie Sie sie getan haben, künftig doch etwas innezuhalten.
Wir sind sehr froh darüber, dass Frau Harms den Weg nach Berlin gefunden hat. Herzlich willkommen! Wir wünschen uns und wir hoffen, dass Sie sehr lange hier ausharren und nicht in einer verschanzten Burg ausharren, sondern ein Haus führen, wo das Publikum die Türen eindrückt. Das wäre schön, das wäre mehr als schön. Das Haus hat es verdient. Die dort beschäftigten Künstlerinnen und Künstler, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben es verdient, und ich glaube, das Publikum – Sie haben das europaweite Interesse angesprochen – will das auch tun, will es mit Leidenschaft tun. Letztlich – wenn ich doch noch einen Satz zur Vorgeschichte sagen darf – war es auch unsere Absicht bei der Etablierung der Stiftung Oper in Berlin, die Deutsche Oper auf sichere Fundamente zu stellen. Sie war hochgradig gefährdet, das wissen wir alle. – Herzlich willkommen, Frau Harms! Herzlichen Glückwunsch, Herr Senator, zu Ihrer Personalwahl, die Sie getroffen haben!
Was die Profilierung dieses Hauses anbelangt, kann ich nur sagen: Frau Intendantin, wir sind neugierig, wie Sie den – zugegebenermaßen, geht ja auch nicht anders – sehr allgemein formulierten Anspruch untersetzen werden. Ich möchte uns alle bitten, auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition, hier ein gehöriges Maß an Geduld aufzubringen. Wir wissen alle um die Langfristigkeit von Planungen, gerade im Musiktheaterbereich. Mehr oder weniger müssen wir mit dem Umstand umgehen – auch bei unseren Debatten und Diskussionen –, dass die nächsten zwei Spielzeiten noch nicht die deutliche Handschrift der neuen Intendantin zeigen können. Man braucht Zeit dazu. Andererseits gibt es die entsprechenden Potentiale, diese Öffnung, auch in ästhetischer Hinsicht, zu schaffen – Sie haben es mit Ihrer Rossini-Inszenierung „Semiramide“ gezeigt, das war eine tolle Sache. Herr Sauerbaum hat mir vorhin erzählt, dass die Deutsche Oper gerade aus Kaliningrad zurückkommt und dort ein – auch für das Publikum – sehr schwieriges Stück von Siegfried Matthus, den „Cornet Rilke“, aufgeführt hat. Ich glaube, die Sicht auf ein möglichst gefülltes Haus ist die eine Sache. Das muss man machen. Aber den Mut zu auch für Berliner Publikumsohren ungewohnten Dingen sollte man auch beibehalten. Viel Erfolg! – Mehr will ich nicht sagen.
Frau Vors. Ströver: Frau Lange!
Frau Abg. Lange (SPD): Auch wir freuen uns, dass die Deutsche Oper eine Intendantin hat, besonders dass es eine Intendantin ist. Das finde ich besonders bemerkenswert. Wenn man sich nämlich einmal damit befasst, wie die Situation von Frauen in Kunst und Kultur ist, dann können wir richtig stolz sein, dass wir hier in Berlin eine erste Intendantin haben, denn normalerweise sind Frauen in Führungspositionen im Kulturbereich nicht so stark vertreten. Also: Erst einmal herzlich willkommen und alles Gute!
Uns interessieren auch besondere Punkte. Da wäre zuerst einmal die Besetzung des Generalmusikdirektors.
Dann gibt es eine Sache, die uns schon sehr lange beschäftigt: Das ist die Unterfinanzierung der Orchestermusiker. Wir wissen, dass es hier nicht nur ums Geld, sondern auch um den Status der Musiker geht. Uns interessiert sehr, wie Sie damit umgehen. Die Querfinanzierung ist ja ausgeschlossen, deswegen wird es ein besonderes Problemfeld sein, denke ich.
Ansonsten ist mir bei Ihren Ausführungen die Profilbildung nicht so ganz klar geworden. Könnten Sie dazu noch einmal etwas sagen? – Der Spielplan steht schon weitgehend fest. Ich glaube nicht, dass daran in den nächsten Wochen groß etwas geändert werden kann.
Insgesamt freuen wir uns – um es noch einmal zu sagen –, dass die Intendantenstelle jetzt besetzt ist. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, uns noch einmal bei Herrn Sense zu bedanken, der die Deutsche Oper die letzten Monate seit dem Weggang von Herrn Zimmermann sehr kompetent betreut hat. Ich glaube, er ist heute nicht da, sonst hätte ich es persönlich gemacht.
Frau Vors. Ströver:
Da kann ich mich unmittelbar anschließen. – Ich möchte für meine Fraktion
Stellung nehmen. Anders als Sie, Herr Brauer, glaube ich: Wenn wir die Opern
und andere Kultureinrichtungen in private Stiftungen übergeben, ist es um so
wichtiger, dass man bei langfristigen Verträgen – und ein
7-Jahres-Vertrag, nach meiner Kenntnis, ist ein durchaus langfristiger Vertrag
– voraussetzen muss, dass sich die Leitungen – das betrifft Sie, Frau Harms,
das betrifft aber für mich grundsätzlich die Leitungen von Kultureinrichtungen
– vorab mit einem Konzept an die Öffentlichkeit wenden. Ich denke, sowohl das
Parlament, das ja das Geld bereitstellen muss, als auch die Öffentlichkeit
verdienen, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, mit welcher Konzeption jemand
die Leitung eines Hauses über viele Jahre übernimmt. – Das ist meine Meinung,
und wir sollten uns einmal grundsätzlich überlegen, wie wir uns da positionieren.
Deswegen geht es mir auch so: Ich habe aus dem, was Sie hier gesagt haben, noch nicht genau erkennen können, wie sich Ihr künstlerisches Konzept oder Ihr Profil für die Deutsche Oper darstellt.
Ich hätte mir auch gewünscht – vielleicht hat das Wünschen irgendwann mal geholfen –, dass es eher eine Art kooperativen Prozess mit einem oder einer neuen GMD gibt und man sagt: Wir sind ein Team und treten als Team in einer von uns selbst gemeinschaftlich entwickelten Profilierung für die Deutsche Oper in den nächsten Jahren an, durchaus auch in Abgrenzung z. B. von der Staatsoper, die in dieser Weise sehr unterschiedliche Individuen in den Chefpositionen agieren lässt.
Vorausgesetzt, die Zitate stimmen, haben Sie in der „Berliner Zeitung“ vom 21. 8. – nach der „Deutschen Bühne“ zitiert – gesagt, das Finanzdiktat werde zum inneren Terror für das Haus. Dabei seien die Mittel, um die es geht, verglichen mit dem Gesamthaushalt marginal, und Sie lehnten auch eine Abgrenzung gegenüber den anderen Häusern ab. – Ich bitte Sie, dazu noch einmal etwas zu sagen, und zwar vor einem konkreten Hintergrund: Wenn Sie das erste Mal eine ganze Spielzeit konzipieren können – Herr Brauer hat es gesagt, die Pläne für die nächsten beiden Spielzeiten sind gemacht –, dann befinden wir uns in der Spielzeit – wenn man so will – Haushalt 2006/2007, und das ist der Haushalt, in dem Sie in der Opernstiftung mit 96,8 Millionen € agieren müssen. Das ist sicher auch eine Frage an Herrn Vierthaler, aber auch an Sie. Unter diesen Rahmenbedingungen frage ich Sie: Was bedeutet das für die Arbeit, die Sie jetzt angetreten haben? – Das heißt nämlich, dass Sie mit extrem eingeschmolzenem Haushalt – gegenüber den Mitteln, die Ihrem Haus jetzt proportional zur Verfügung stehen – arbeiten müssen. Es wäre gut, wenn Sie dazu noch einmal etwas sagen würden.
Ich habe auch noch die Frage – ein bisschen wie Frau Lange – zur Zukunft des Orchesters und des orchestralen Bereichs, nicht in der Dotierung – das auch –, aber zur Bedeutung des Orchesters innerhalb des Gesamtprofils der Oper. Ich weiß nicht, ob Sie dazu schon etwas sagen können, aber es interessiert mich, weil wir die ganze Orchestersituation sowieso in Kürze noch einmal ausführlicher diskutieren werden. Gibt es aus Ihrer Sicht so etwas wie einen sinfonischen Auftrag des Opernorchesters über die reine Opernarbeit hinaus?
Frau Fugmann-Heesing!
Frau Abg. Dr. Fugmann-Heesing (SPD): Vielen Dank! – Ich schließe mich zunächst den guten Wünschen an, wünsche Ihnen viel Erfolg und hoffe – nicht nur für die Kulturpolitik in Berlin, sondern das ist eine zentrale Frage auch für den Kulturetat insgesamt –, dass dies ein erfolgreiches Wirken wird.
Ich kann mich in dem, was ich sagen will, im Wesentlichen dem anschließen, was Frau Ströver gerade ausgeführt hat, und wollte an dem Punkt auch noch einmal nachhaken. Erstens ist meine Bitte, die künstlerische Profilierung in diesem Dreiklang Staatsoper, Komische Oper, Deutsche Oper noch einmal etwas stärker herauszuarbeiten, weil mit der Gründung der Stiftung nicht nur die Abwehr der Schließungsüberlegungen verbunden war, sondern auch eine stärkere Profilierung der Häuser und die Frage – das ist der zweite Aspekt, den Frau Ströver eben auch angesprochen hat –, wie man mit den geringeren Mitteln dennoch gute, attraktive und weit über die Stadt hinausstrahlende Oper machen kann. Bei dem, was Sie eben vorgetragen haben, habe ich jedenfalls diesen wirtschaftlichen Aspekt vermisst. Es klang so – deshalb hake ich da nach –, als ob das vielleicht nicht so in Ihrem Fokus wäre. Es ist ein Anliegen auch dieses Ausschusses, dass es gelingt, die künftigen Planzahlen zu erreichen. Wenn man sich ansieht – ich kenne nur den ersten Quartalsbericht der Opernstiftung, der zweite liegt wohl noch nicht vor –, wie da die Entwicklung ist, dann haben wir bei der Deutschen Oper z. B. eine ganz gute Auslastung – jedenfalls in diesem Dreiklang Staatsoper, Komische Oper, Deutsche Oper –, aber dennoch haben wir im Bereich der Umsatzerlöse die Planzahlen nicht erreicht. Dazu ist eine Erklärung angegeben, aber mich interessiert, wie Ihre Konzeption ist. Worauf setzen Sie, um auch den wirtschaftlichen Herausforderungen, denen Sie in den nächsten Jahren gerecht werden müssen, zu begegnen? Was ist da Ihre Konzeption? – Die Notwendigkeit zeigt sich, wenn man sich die Zahlen der Quartalsberichte anschaut.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Frau Harms, dann bitte ich Sie, die vielen Fragen so umfassend, wie es geht, zu beantworten – vielleicht auch mit Hilfe von Herrn Sauerbaum, das können Sie entscheiden. – Bitte!
Frau Harms (Deutsche Oper Berlin, Intendantin): Wenn Herr Schlingensief in Bayreuth angekommen ist, ist dies das unbedingte Signal, etwas anderes zu machen. Das bedient dort in erster Linie das Event. Es ist ein Zufallsprodukt auf der Bühne von jemandem, der nicht von der Oper kommt und dessen selbstverliebte Phantasien und Assoziationen, möglicherweise auch geistreiche Kombinationen und Haltungen dort auftauchen, aber es ist ein großes Zufallsprinzip. Wenn ich sage, ich möchte Regisseure, die aus der Oper kommen oder so viel mit Oper zu tun haben, dass es Fachleute sind, versteht sich das vor diesem Hintergrund. Wenn die Staatsoper traditionell – wie ich in Chroniken gelesen habe – schon immer ein wesentlich stärker auf Tourismus ausgerichtetes Publikum hatte, dann ist es durchaus folgerichtig, dort eine Filmregisseurin zu beschäftigen – auch ob des Medienevents und der Bekanntheit eines Namens aus anderen Zusammenhängen. Das Produkt, z. B. das übergroße Handy auf der Bühne, hat durchaus etwas mit den Sehgewohnheiten eines breiten Publikums aus den öffentlichen Medien zu tun. Sie verstehen meine Äußerungen, die Fachwelt hat sie sofort verstanden und das doch sehr starke Fachpublikum – offenbar – der Deutschen Oper ebenfalls, wenn ich mich auch dazu bekenne, Geschichten zu erzählen. Die heutige Theaterkonvention ist, dass man die Geschichten nicht erzählt, sondern dass sich sozusagen ein Konglomerat aus Heutig-Assoziativem, auch Zufälligem auf der Bühne befindet. Die genaue, ernsthafte Arbeit ist etwas, was so einfach klingt und trotzdem eben nicht Konvention an vielen Bühnen ist.
Die Strategie der Komischen Oper ist, auf Regietheater zu setzen. Eines dieser Beispiele, das man gerade gesehen hat, war die „Entführung“. Es gibt ein durchaus erfolgreiches Theater, nämlich Hannover, das genau diesen Ansatz in der vergangenen Zeit gemacht hat, übrigens auch mit einer sehr kritischen Phase nach dem Start, was das Publikum betrifft, aber ich denke, dass auch dort die Würfel noch nicht gefallen sind und dies ebenfalls möglicherweise zu einer Linie führen kann. Sie ist folgerichtig an dem kleineren Haus, sozusagen das reine Regieexperiment durchzuführen.
Keines der Häuser in der Bundesrepublik hat allerdings Spielpläne gemacht wie ich mit den Bühnen der Landeshauptstadt Kiel. Insofern kann man sie hier auch erwarten. Sie richten sich an das an der Deutschen Oper meiner Meinung nach sehr stark vertretene Fachpublikum, auch wenn dieses immer wieder durch Jugend erweitert wird. Aber es wird sehr viel gereist. Die meisten, wenn man nach New York, Paris oder wohin auch immer schaut, haben auch aus der historischen Situation heraus dieses Haus besucht, und da gibt es eine Tradition, an die ich mich wende.
Zu den Spielplänen: Ich habe gerade die Spielpläne bis 2011 – die Stücke – angemeldet, die gibt es schon. Ich kann sie nicht verraten, aber es gibt doch einen Schwerpunkt. Sie haben schon gelesen, dass ich mich viel mit Werken beschäftigt habe, die Anfang oder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus politischen Gründen, aus vielfachen Gründen, verschwunden sind. Gerade an dieser Stelle gibt es Stücke, die eine enorme geistige, intellektuelle Potenz haben. Ich denke, dass wir mit Stücken, die wir planen, auch eine große philosophische oder sonstwie geistig tätige Öffentlichkeit finden können, so dass es nicht nur ein „Literarisches Quartett“ gibt, sondern so etwas möglicherweise auch für das Theater denkbar ist. Ich glaube, dass es ein großes Bedürfnis gibt, denn Theater sind doch Zukunftsforschungseinrichtungen und haben immer wieder die Nase ganz vorne, wenn sie entsprechend betrieben werden.
Ich will noch ein Bild nennen: Ich weiß von einem Redewettbewerb in den Vereinigten Staaten. Dort will jeder die Medaille gewinnen, und man poliert sein Äußeres, die Sprachkunst, übt vor dem Spiegel und all diese Dinge – das kann man, wenn auf die Bühne geht, auch tun. Einer der Preise wurde an einen afrikanischen Stammesführer gegeben, und zwar deshalb, weil er diese äußeren Dinge nicht bedient hat, sondern mit Leidenschaft von der Rolle seines Landes oder seines Volkes weltweit gesprochen hat, und offenbar hat er mit einer Art von Ernsthaftigkeit dann den ersten Preis gemacht. Ich glaube, um Authentizität und Ernsthaftigkeit muss es in der Kunst unabhängig von allem anderen gehen.
Zur zweiten Frage – Suche des Generalmusikdirektors: Wir fahren mit dem Orchestervorstand – aber ohne dass es jemand erfährt – an bestimmte Häuser, wo die Dirigenten dirigieren, um auszuloten und über die künstlerische Linie zu sprechen, um Interessen und solche Dinge zu erfahren. Wenn wir uns dann finden, wird dieser Dirigent sich auch im Haus öffentlich zeigen. Dann wird es ein Votum aus dem Haus geben. Dieses bezieht die Intendantin in ihre Überlegungen ein. Wenn sich das Haus mit mir gemeinsam entscheidet, werden wir das dann vorlegen. Wir denken aber, dass das in den nächsten Monaten auf jeden Fall passieren wird, denn wir sind bereits in Gesprächen.
Zur finanziellen Situation: Es gibt ein so genanntes strukturelles Defizit. Wenn alle Positionen der Deutschen Oper besetzt sind, fährt man von vornherein ein Defizit von ca. 1,5 Millionen €. Das bedeutet, dass vor jeder Stelle, wo jemand krank wird oder ausscheidet, sofort ein Riegel ist und nach einem unglaublichen Zufallsprinzip zz. immer wieder Brennpunkte entstehen, weil jemand ausfällt und man ihn nicht ersetzen kann. Dieses ist ganz eklatant. Ein Beispiel: Es fehlt jemand im Orchester. Ein Einsatz ist anders als gehabt. Der Chor ist fünfgeteilt, eine Gruppe hat auf dieses Stichwort gehört, singt einen Takt später. Der Inspizient gibt Zeichen, die Technik kommt an zwei verschiedenen Stellen zum verschiedenen Zeitpunkt, und schon haben Sie im Grunde genommen aus einer Banalität eine mittlere Katastrophe. So extrem ist das im Alltag. Dieses Interview richtete sich in erster Linie an Intendanten und Theaterinterne. Wenn die dieses hören, dann wissen sie aus ihren Häusern, was das heißt – deswegen also diese drastische Beschreibung, denn manchmal denken die kleineren Häuser, uns gehe es hier ganz toll. Aber die verschiedenen Kämpfe sind doch sehr ähnlich.
Wir haben zwei Möglichkeiten, was die Finanzen betrifft. Die eine ist, im nichtkünstlerischen Bereich durch die Stiftung Synergien zu schaffen, bestimmte Positionen gemeinsam zu besetzen und dort Personal zu sparen, weil wir nur sparen können, indem jetzt diese drei Häuser – wie Sie wissen – bei der finanziellen Vorgabe etwa 220 Positionen einsparen. Das sind eine Menge Menschen, die entlassen werden müssen, und man muss irgendwie Antworten haben, wo. Da dies im künstlerischen Bereich nicht ohne erhebliche Probleme geht, ist es völlig klar, dass es nur im nichtkünstlerischen Bereich zu bewerkstelligen ist. Die Konsequenzen in den Orchestern kann ich Ihnen auch sagen, denn manchmal gibt es auch erstaunte Gesichter darüber, wie das in der Praxis aussieht.
Die zweite Sache ist: Die drei Häuser sind ja noch so
strukturiert, dass die Subventionen quasi die festen Kosten in etwa tragen,
sprich der Kollektive Technik, Orchester, Chor, Verwaltung, also die festen
Positionen, an der Deutschen Oper allerdings mit der Einschränkung. Die
laufenden Kosten für alle Künstler, die Sie auf der Bühne sehen – Sänger,
Regisseure, Choreographen, Orchestersolisten und was dort auftritt –, werden
aus den laufenden Kosten finanziert. Um dort überhaupt Spielräume zu bekommen,
gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich die Einnahmen durch Zulauf von Publikum
zu vermehren. Ich spreche deshalb auch für die beiden anderen Häuser, weil es
nicht darum geht, dass ein Haus das Publikum des anderen abgräbt, sondern wir
alle drei müssen immer wieder Anstrengungen unternehmen, dass sich insgesamt
das Publikum erhöht. Allerdings muss man auch die Historie im Kopf haben. Das
galt für die Landeshauptstadt Kiel genauso wie für Berlin. Schon in den 60er
Jahren – das weiß ich auch von dem berühmten Intendanten Dr. Kleiber, der
dort war – gab es diese Schriftsätze: Das Publikum ist überaltert, die Stücke
sind zu modern, die Regisseure sind zu schwierig, das Haus ist zu leer, dieses
hat keine Zukunft, und deswegen wird gespart. – Man kann das abschreiben. Wir
haben das manchmal aus lauter Verzweiflung auch getan, wenn da jede Woche eine
neue Anfrage war. Das heißt: Dass das Publikum älter ist, hat auch damit zu
tun, dass man
Abonnements annimmt, wenn man nicht mehr in dem Stress des Alltags ist. Eine
bestimmte Klientel mit kleinen Kindern geht aus vielen Gründen abends weniger
weg. Es gibt dann immer wieder die Bemühungen, das junge Publikum an die Oper
und an Theater heranzuführen, weshalb die Theaterpädagogik oder „Klassik ist
cool“ und der Musikunterricht an Schulen so enorm wichtig sind. Das kulturelle
Klima, das diese Stadt und die deutschen Städte überhaupt ausmacht, wird
dadurch immer wieder neu belebt. Dieses haben wir in jedem Fall, aber ich sehe
Spielräume in erster Linie an dieser Stelle, weil es niemanden gibt – wie
vermutlich hier auch –, der sagt: Wir stocken die Häuser auf. – Jedenfalls wäre
das ein tolles Signal. Vielleicht kommt das ja, aber im Moment sehe ich das so
nicht.
Ich möchte noch auf die Orchestersituation eingehen. Es macht wenig Sinn, wenn drei so exponierte Opernhäuser, wie sie hier in Berlin sind, Orchester erster, zweiter und dritter Klasse haben, weil sofort – selbst wenn es sich nur um Marginalien handelt – in den Köpfen des Publikums eine Unzufriedenheit da ist: Warum geht man jetzt in das Haus dritter Klasse? – Dass die Menschen am Haus selbst die Rückstufung und Klassifizierung auf zweite und dritte Plätze nur schwer aushalten, ist sehr verständlich. Hinzu kam die Unsicherheit in Bezug auf die Schließung. Wir sind gerade in Kaliningrad gewesen. Dort konnte man sehr eindrucksvoll erleben, dass die Menschen dort nicht wissen, wer sie sind, weil die deutsche Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg ausgelöscht wurde und die russische eine oktroyierte ist – selbst mittels Sprengung der historischen deutschen Gebäude. D. h., zu wissen, wer man ist und wer man künstlerisch ist, ist extrem wichtig. Zweitens ist wichtig, einen Rahmen zu haben und eine Wertschätzung zu erfahren. Wenn dies nicht der Fall ist – deswegen berichte ich das –, gibt es eine Art Depression und Lethargie, und niemand investiert. Niemand tut etwas, weil niemand weiß: Wo wird die Reise hingehen? Lohnt es sich? Gibt es eine Rechtssicherheit? – Das ist hier im Haus auch der Fall gewesen, aber es gibt eine ganz neue Tendenz. Jetzt kommt man aus dem Chor und sagt: Wir wollen für die nächste Premierenfeier, die Sie auf der Bühne des Hauses planen, auch etwas machen. Dürfen wir Ihnen das vorstellen? – Und sie sind natürlich willkommen. D. h. also, wir wollen an diesem Haus etwas gestalten. Dieser Aufbruch ist da. Sie wollen auch wer sein. Vor diesem Hintergrund muss man auch diese Orchestersituation sehen. Es geht z. B. ganz konkret darum, ob dieses Orchester drei fest besetzte Stellen mehr bekommen kann. Dann hat dieses Orchester Deutsche Oper die gleiche Größe wie die Staatsoper, nämlich 128 Stellen. Sie werden jetzt mit Aushilfen besetzt, aber es ist eine Frage des Rankings, ob diese vorhanden sind.
Die zweite Sache ist, dass die besten Musiker in das erste Orchester wechseln, denn jeder junge Mensch, der so unglaubliche Leistungen erbracht hat – vom zweiten Lebensjahr an –, versucht, immer in das beste Orchester zu kommen. Damals hat die Staatsoper die Medienzulage bekommen, um die Abwanderung an die Symphonieorchester etwas einzudämmen, so dass es nicht ganz so attraktiv ist, dorthin zu gehen. Diese Abwanderung der Orchestermusiker betrifft die Finanzierung. Es geht den Musikern nicht um ihr Gehalt, sondern um den Status, den man mit erstklassigen Musikern hat, denn dann bekommt man die Dirigenten, Sänger und diese Dinge.
Ich mache an dieser Stelle eine Zäsur. Es gab noch mehr Fragen, aber möglicherweise ergeben sich neue aus dem, was ich erzählt habe.
Frau Vors. Ströver: Eigentlich nicht, weil jetzt gar keine Wortmeldungen mehr vorliegen. Ich gucke deswegen noch einmal in die Runde. – [Zuruf] – Ich denke, der Senator kann zum nächsten Punkt, zur allgemeinen Situation, Stellung nehmen. – Wir danken Ihnen recht herzlich, Frau Harms, dass Sie uns so offen Rede und Antwort gestanden haben. Ich bin sicher, wir sehen uns hier noch öfters, vielleicht auch in einem anderen Ausschuss. Jedenfalls herzlichen Dank fürs Kommen, auch an Herrn Sauerbaum! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg, toi, toi, toi für diese Spielzeit und alles Gute!
[Beifall]
Frau Harms (Deutsche Oper Berlin, Intendantin): Ich bedanke mich sehr herzlich!
Frau Vors. Ströver: Dann machen wir einen fliegenden Wechsel und kommen zu
Punkt 5 der Tagesordnung
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Herzlich willkommen, Herr Vierthaler! – Wir machen dazu auch ein Wortprotokoll in Fortsetzung der Diskussion von eben. – Zur Begründung Herr Schruoffeneger – bitte!
Abg. Schruoffeneger (Grüne): Wenn man sich das Gesetz anguckt, sind darin beträchtliche Arbeitsaufgaben für die künftige Struktur enthalten. Wenn man sich die Realität anguckt, dann stellt man fest, dass jetzt, ein gutes halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, vieles davon noch nicht erledigt ist. Wir wollen das mit dieser Besprechung einmal durchgehen. Ich glaube, es muss auch Ziel dieser Diskussion sein, sich auf einen Zeitrahmen zu verständigen, bis wann die einzelnen Punkte einer Umsetzung nähergebracht werden. Bisher hat man den Eindruck, dass das alles ein bisschen zufällig ist und es keine klare Linie gibt, an der man sich abarbeiten kann. Diese klare Linie würden wir heute gern vom Senator hören.
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank! – Wir kommen direkt zur Anhörung von Herrn Vierthaler. – Bitte, Sie haben das Wort! Geben Sie uns Informationen über den Stand der Umsetzung!
Herr Vierthaler (Stiftung Oper in Berlin): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator! Sie haben im Dezember ein kluges Gesetz gemacht. Sie haben der Stiftung sehr wohl Inhalte mitgegeben, die zu organisieren sind. Sie haben sich aber, was die strukturellen Vorgaben angeht – das ist der zweite Teil Ihrer Anfrage –, klugerweise zurückgehalten und die Verantwortung in den Stiftungsrat und den Stiftungsvorstand gelegt. Im Wesentlichen hat das Stiftungsgesetz eine zentrale Vorgabe – es gibt vielleicht noch ein paar andere, auf die ich zu sprechen kommen werde –, nämlich die Eigenständigkeit der künstlerischen Betriebe. Das ist das zentrale Credo der Arbeit des Stiftungsvorstands. Gleichzeitig haben Sie damit auch dokumentiert, dass der Vorstand der Stiftung eine ungeheure Verantwortung hat, was die Arbeit mit den Zuschüssen betrifft, die Sie uns zugebilligt haben.
Der Stiftungsvorstand war und ist vom ersten Tag der Stiftung an arbeitsfähig gewesen. Er wurde am 1. Januar gebildet und ist seitdem arbeitsfähig. Sie haben eben von Frau Harms auch gehört, dass das so genannte „Wir-Gefühl“, das Sie durch kein Gesetz verordnen können, innerhalb eines halben Jahres entstanden ist. Ich habe Ihnen an anderer Stelle schon einmal bestätigt, dass es ein sehr konstruktives Arbeiten miteinander ist, um genau diese Fragen, die strukturell vorgegeben sind, abarbeiten zu können.
Die neuen Strukturen innerhalb der Opernstiftung sind durch das Gesetz klar vorgegeben: die Bildung von vier künstlerischen Betrieben und einem nichtkünstlerischen Betrieb. Die vier künstlerischen Betriebe sind ausgeformt. Sie sind in Form der drei Opernhäuser vorhanden, und aus den drei Opernhäusern wurden die Anteile für das Staatsballett und den Bühnenservice herausgelöst.
Das Staatsballett ist mit Beginn der Spielzeit insgesamt auch als Organismus arbeitsfähig und hat Mitte August seine Arbeit in den Trainingsräumen der Staatsoper begonnen. Am letzten Freitag war die erste Vorstellung des Staatsballetts, diesen Freitag ist die zweite Vorstellung mit „Le Parc“ an der Deutschen Oper. Am 1. September hat Herr Malakhov seinen Dienst angetreten, so dass wir jetzt auch formal einen künstlerischen Leiter für das Staatsballett haben, den wir aber in Form eines kommissarischen, nämlich des Ballettdirektors der Staatsoper, schon seit 1. Januar hatten.
Beim Bühnenservice ist mittlerweile die organisatorische Herauslösung vollzogen. Wie Sie wissen, sind die Werkstätten aber weiterhin noch in den bisherigen Räumlichkeiten verblieben. Dieser Tatsache ist auch geschuldet, dass die bisherigen Werkstattdirektoren weiterhin kommissarisch die Leitungen der Werkstätten übernehmen. Hier ist der Prozess noch nicht abgeschlossen, vor allen Dingen deshalb, weil die Frage des Werkstättenstandorts nach wie vor nicht endgültig entschieden ist. Demzufolge hat der Stiftungsvorstand auch richtigerweise in Abstimmung mit dem Senator entschieden, hier noch zu warten, um die Frage alternativer Standorte genauer zu prüfen. An dieser Stelle haben wir im Unterausschuss Theater vor dem Sommer noch Gespräche mit dem Liegenschaftsfonds und der BIM zugesagt, um alternative Standorte, die in Landesbesitz sind, ausfindig zu machen, um einen vernünftigen alternativen Standort zu finden. Hier gilt es, die Dinge nicht übers Knie zu brechen.
Der Bühnenservice ist zunächst, was das Aufgabengebiet betrifft, mit der prioritären Aufgabe, nämlich dem Betrieb der Werkstätten, gefüllt worden. Aus der politischen Diskussion wissen Sie, dass z. B. das IT-Management oder die Gebäudeverwaltung auch künftige Aufgaben für den Bühnenservice sein werden. Aber zunächst müssen wir sehen, dass wir die prioritäre Aufgabe, nämlich die Übernahme der Werkstätten, in den Griff bekommen.
Die Liegenschaften sind nach dem Gesetz der Stiftung übertragen worden. Die Eintragung ins Grundbuch ist in die Wege geleitet und wird in Kürze stattfinden – noch ein formaler Akt, dass die Stiftung auch Eigentümerin aller Liegenschaften geworden ist. Berichten muss ich von einer kleinen Kompliziertheit bei der Komischen Oper: Da dieses Gebäude aus einer Fülle von unterschiedlichen Parzellen besteht, deren Eigentümer sich erst sukzessive herausstellen, und im Wesentlichen erst ein großer Teil, nämlich der, auf dem das Haupthaus steht, vom Bund an das Land Berlin zurückübertragen wurde, kann eine Überschreibung auf die Stiftung erst dann stattfinden, wenn Berlin auch rechtmäßiger Eigentümer dieses Grundstücks ist.
Die Stiftung hat mittlerweile mit der Bauverwaltung eine fünfjährige Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen, dass diese die Bauunterhaltung für die Stiftung durchführt. Die Verwaltung der 2 Millionen € wird also in unserem Auftrag von der Bauverwaltung durchgeführt. Der Stiftungsrat ist vom Abgeordnetenhaus – zumindest die Mitglieder, die nach dem Gesetz vom Abgeordnetenhaus zu bestimmen sind – bestellt worden und kann auch in Kürze seine Arbeit aufnehmen, denke ich. Nach dem Stiftungsgesetz ist die Stiftung Arbeitgeberin sämtlicher Arbeitnehmer. Diese Arbeitgeberfunktion erfüllt sie seit dem 1. Januar. Sie ist voll in alle Arbeitsverhältnisse eingetreten und erfüllt in vollem Umfang – so, wie es das Gesetz vorsieht – die Arbeitgeberaufgaben für die Mitarbeiter.
Es gibt im Zusammenhang mit dem Stiftungsgesetz drei Punkte – einen habe ich schon erwähnt –, in denen das Stiftungsgesetz zwar keine Vorgaben macht, es aber Handlungsbedarf geben wird, um den finanziellen Herausforderungen in Zukunft gerecht zu werden. Das Werkstattkonzept habe ich erwähnt, von dem wir uns eine Fülle von Synergieeffekten versprechen.
Zu erwähnen ist auch die Spielplanabstimmung, ein laufender Prozess, der innerhalb des Stiftungsvorstands stattfindet und gewährleistet, dass wir die Ziele, die wir uns gesteckt haben, tatsächlich erreichen, nämlich dass Oper auf dem täglichen Berliner Spielplan ist, dass wir eine vernünftige Premienrenabstimmung hinbekommen, dass die Abstände zwischen den Doubletten – diesem Thema haben wir uns aktiv gestellt –, zwischen den Stücken ein vernünftiges Maß annehmen und – last but not least – dass das aus der Spielplanabstimmung letztlich unmittelbar resultierende Marketingkonzept, das der Vorstand vor dem Sommer verabschiedet hat, so dass während des Sommers bereits die ersten Schritte eingeleitet worden sind, nämlich überregional und ausschließlich mit Oper in Berlin präsent zu sein, umgesetzt wird.
Ich bitte Sie an dieser Stelle um Ihre Fragen – sicherlich gäbe es noch eine Reihe von Dingen auszuführen. Was die Bestellung des Generaldirektors betrifft, so ist es kein Geheimnis, dass diese Personalentscheidung noch offen ist. Die Satzung ist in einem abstimmten Entwurf vorhanden und kann im Grunde genommen jederzeit in Kraft treten, und es fehlt noch der Zuwendungsvertrag für die Stiftung. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herr Vierthaler! Es ist auch an der Zeit, Ihnen für Ihre – trotz der schwierigen Umstände, die Sie noch einmal geschildert haben – im letzten Dreivierteljahr geleistete Arbeit zu danken. – Wir haben eine lange Redeliste, und es beginnt Frau Grütters. – Bitte sehr!
Frau Abg. Grütters (CDU): Herr Vierthaler! Sie haben aufgehört mit den Punkten, die uns am meisten unter den Nägeln brennen. – Ich beginne mit einem Kommentar zum Stiftungsrat, über den wir anlässlich der letzten Plenarsitzung mit abgestimmt haben: Wir haben aus formalen Gründen gegen die Bestellung von Frau Reim gestimmt, weil wir es für problematisch halten, dass die Intendantin des örtlichen Rundfunksenders im Stiftungsrat sitzt, denn der Sender muss schließlich auch kritisch über das wichtige Unternehmen Stiftung Oper in Berlin berichten können. Wir befürchten, dass es da zu Interessenkonflikten kommt. Außerdem kennen Sie unsere Kritik daran, dass Herr Sarrazin im Stiftungsrat sitzt, und dabei bleiben wir auch, denn man muss den Bock nicht zum Gärtner machen. Bei den Unternehmern bestand auch der Wunsch, die Bundesebene mit einzubeziehen. Nachdem immerhin ein bundesweit Vorstandsvorsitzender zum Beispiel der Chef eines Freundeskreises der Komischen Oper ist, hätten wir uns das für den Stiftungsrat vielleicht auch gewünscht. Aber nichtsdestotrotz ist den bestellten Personen nur zu wünschen, dass sie zum Wohl dieses Unternehmens – vielleicht auch zu seinem finanziellen Wohl – tätig werden.
Meine Frage: Wie gehen Sie, Herr Vierthaler, mit dem Defizit um? Wenn ich richtig informiert bin – das kann sich aber auch schon wieder geändert haben –, liegt es bei ungefähr 2,7 Millionen €.
Dann haben Sie das Thema Werkstätten angesprochen, und die Service-GmbH ist auch noch nicht besetzt. Das ist jetzt keine einseitige Kritik, aber wir haben eine lange Fahrt gemacht und gesehen, wie komplex, schwierig und langfristig die Lösung eines solchen Problems aussehen müsste. Sie konnten das noch nicht ausführlich schildern, aber wie sieht denn da die Entwicklung tatsächlich aus? Frau Harms hat eben gesagt, dass man im Ausland eher neidisch beguckt wird, weil in Berlin noch eigene Werkstätten vorhanden sind. Wie soll die Werkstättensituation künftig gelöst werden?
Die fünfjährigen Zuschussverträge mahnen wir seit Januar an. Wie Sie wissen, ist die CDU der Meinung, dass solche fünfjährigen Zuschussverträge nicht unter dem Haushaltsvorbehalt stehen dürfen, weil sie dort wenig Sinn machen. Herr Wowereit hat jedoch in einer Plenarsitzung deutlich gesagt, hier stünde alles unter Haushaltsvorbehalt. Die Frage lautet: Wie sieht das aus? Wann und in welcher Form werden diese fünfjährigen Zuschussverträge abgeschlossen? – Herr Vierthaler, die Satzung haben Sie gerade angesprochen, und zum Thema Generaldirektor ist auch etwas gesagt worden, deshalb belasse ich es dabei.
Was aber bleibt, ist die Frage nach dem Wettbewerbsnachteil zwischen Staatskapelle und Deutscher Oper. Das war damals das Danaergeschenk von Herrn Schröder, das nicht anders als so, wie es läuft, verteilt werden konnte, weil es an die Staatskapelle unter Herrn Barenboim gebunden ist. Trotzdem erwächst daraus der gesamten Stiftung, Oper und vor allem konkret der Deutschen Oper seit Jahren ein Problem, das dazu geführt hat, dass die Gehaltsentwicklungen der beiden Orchester weit auseinander gehen, und dieser Trend muss gestoppt werden. Wir alle wissen, dass es kein zusätzliches Geld gibt, und die Quersubventionierung war bei der Stiftungsgründung auch schon von den betroffenen drei Häusern als Problem genannt worden. Wie wird das miteinander angepackt und gelöst?
Das gemeinsame Marketing haben Sie nur kurz angesprochen, aber es scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein. Herr Vierthaler, wir beide hatten letztens die Gelegenheit, über Dinge wie die Sommerbespielung zu sprechen. Da ist es immerhin ein erster Schritt, dass die Häuser an private Unternehmen weitergegeben, verpachtet worden sind. Marcel Marceau oder die „West Side Story“ in den Berliner Opernhäusern sind immerhin Angebote an das sommerliche Touristenpublikum. Der nächste Schritt wäre vielleicht, auch mit eigenen Kräften den Sommer über zu spielen.
Die Spielplanung ist aus unserer Sicht immer noch unbefriedigend, weil es nach wie vor Dubletten und Tripletten gibt. Ich halte das nicht für das Hauptproblem der Berliner Opernhäuser, aber die gesamte Thematik wird von außen immer ein bisschen plakativ auf solche Themen beschränkt. Insofern wäre es gut, wenn dem etwas aktiver begegnet werden könnte. Täglich Oper ist in Ordnung, und wir sehen auch, dass Sie das bereits auf den Weg gebracht haben. – Die Hauptfragen gehen auch in Richtung Senator.
Frau Vors. Ströver: Ich würde gern für meine Fraktion reden. – Vorab möchte ich sagen, dass es kein Triumphgefühl ist. Wir sind einmal systematisch das Stiftungsgesetz durchgegangen und haben die Anforderungen, die das Gesetz selbst formuliert, mit dem Istzustand verglichen. Herr Vierthaler, ich muss Ihnen leider sagen: Wir haben 17 offene Punkte, Fragen und Vorgaben entdeckt, die mehr oder weniger Wertigkeit haben. Auch wenn Sie die heute nicht alle beantworten können – das gilt ausdrücklich auch für den Senator: Machen Sie uns bitte eine realistische Zeitvorgabe, denn ein Dreivierteljahr nach Gründung der Opernstiftung muss das Parlament darüber informiert werden, wie es zu einer funktionierenden Stiftung kommen soll und bis zu welchem Zeitpunkt das zu erwarten ist. Das sage ich insbesondere im Hinblick auf den enormen Finanzdruck – was ich auch schon zu Frau Harms gesagt habe –, der auf dieser Stiftungskonstruktion liegt. Da hilft es nicht, Herr Vierthaler, darüber hinwegzureden. – Dieser Hinweis geht prophylaktisch sowohl an den Senat als auch an Sie.
Ich gehe das jetzt mal systematisch durch und bitte Sie, ein bisschen Geduld zu haben, denn es sind leider viele Punkte. – § 3: „Die Stiftung gliedert sich in künstlerisch und wirtschaftlich eigenständige Betriebe.“ – Die Gründung einer Ballett-gGmbH ist nicht erfolgt. Das ist noch einmal eine Sonderfrage gegenüber den Opern-GmbHs.
Zweitens: „Für die nichtkünstlerischen Aufgaben wird ein Bühnenservicebetrieb eingerichtet, der von einem eigenen Geschäftsführer geleitet wird.“ Die über das, was Sie schon gesagt haben, hinausgehende Frage – wir konnten lesen, dass Juli-August die Ausschreibung gewesen ist – lautet: Ist die Besetzung erfolgt? – Wir wissen es nicht. Bitte, geben Sie uns Antwort!
§ 3 weiterhin: „Sie sind an ... Wirtschaftspläne“ gebunden
und nicht an Haushaltspläne oder Budgetvorgaben. Von da her die Frage: Hat die
Ballett-Truppe einen eigenen Wirtschaftsplan, der natürlich auch die
Überlassung von Einnahmen und somit den Zugriff auf das Orchester, die
Orchesterstunden usw. sowie die anderen Bereiche bedeuten würde?
Viertens: „Die beweglichen Vermögensgegenstände, Liegenschaften etc. gehen an die Opernhäuser über.“ Da müssten Sie noch einmal dezidiert sagen, um welche es sich handelt und inwieweit das tatsächlich in Verbindung mit dem Werkstättenkonzept steht. Welche Veräußerungen sind vorgesehen, um zum Beispiel Synergien in einer dann gemeinsamen neuen Trägerschaft, in einem neuen Gebäude zu erwirtschaften? Erfolgten Veräußerungen nach der Stiftungsgründung oder nicht? Wenn ja: Welche sind geplant?
Weiterhin § 4 – zum fünfjährigen Zuwendungsvertrag: Wie ist der Stand der Beratung über den Zuwendungsvertrag im Senat? Dem Abgeordnetenhaus liegt er nicht vor.
Nächster Punkt – auch noch § 4: „Die baulichen Investitionen obliegen dem Land.“ Da frage ich Sie: Wie ist der Stand? Gibt es Beratungen bezüglich der Investitionsmaßnahme Staatsoper? Das ist hinter das öffentliche Interesse geraten. Wie geht es da weiter? Wir haben erfahren, dass die Beratungen mit dem geplanten Investor der umliegenden Grundstücke der Komischen Oper geplatzt sind. Können Sie uns sagen, wie es bei diesem Modell weitergegehen soll?
Nächster Punkt – immer noch § 4: „Annahme von zusätzlichen Zuwendungen wie letztwillige Verfügungen.“ – Sie wissen, dass das ein kleines Lieblingsthema von mir ist. – Ist die Dell´Era-Gedächtnisstiftung inzwischen gegründet worden? Wie Sie wissen, gibt es das Vermächtnis einer Operndiva, in Berlin zu Gunsten der Tänzerinnen und Tänzer eine Stiftung zu gründen. Das liegt seit Ende 2000 auf dem Plan. Warum ist das bisher nicht geschehen?
§ 5 – die Organe der Stiftung: Jetzt ist der Stiftungsrat gewählt – jedenfalls der Teil vom Parlament. Meine Frage: Wann konstituiert er sich? Wann kommt diese Gremienstruktur überhaupt ins Laufen?
Nächster Punkt – der Stiftungsvorstand: Wie sieht es aus? Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass uns der Senator im Frühjahr zugesagt hat, dass es bis zum Ende der Sommerpause uns gegenüber eine Erklärung geben wird, was die Person des Generaldirektors/der Generaldirektorin anbetrifft. Jetzt sind wir am Ende der Sommerpause. Wie ist der Stand?
§ 6 – der Stiftungsvorstand: Hier wollte ich noch einmal die Frage nach dem Werkstättenkonzept stellen.
Dann kommt noch einmal § 6 – Abschluss von Tarifverträgen: Wie ist das Bündnis für die Bühnen? Wie sieht es mit einem Haustarifvertrag aus? Können Sie uns sagen, wie weit die Beratungen zwischen den Gewerkschaften und dem Bühnenverein etc. gediehen sind und wann wir dort mit einem Abschluss rechnen können?
Dann ist mir nicht klar, aber vielleicht ist es leicht zu beantworten: Laut § 7 – Stiftungsrat – soll eines der Mitglieder im Einvernehmen mit den Vertretungen des beschäftigten Personals in den Stiftungsrat berufen werden. Ist das erfolgt? Nehmen die Personalvertreter als entsprechende Mitglieder daran teil?
Dann die Frage zu dem großen Problem: Wie steht es um die Übernahme der Dienstverhältnisse in die Stiftung? Wir wissen, dass über 90 % der Arbeitnehmer ihr Widerspruchsrecht ausgesprochen haben. Wie steht es diesbezüglich um die rechtliche Auseinandersetzung? Wie geht es weiter? Können Sie sagen, wann es eine rechtliche Klärung geben wird? Vielleicht haben Sie – perspektivisch gesehen – Recht, und alles geht zu Gunsten der Stiftung aus, so dass das Widerspruchsrecht nicht gültig ist. Aber sagen Sie uns für den Fall, dass es anders kommt, wie Sie vorgehen wollen.
In § 9 heißt es für das nichtkünstlerische Personal: Beteiligung bei der VBL bzw. einer gleichwertigen Zusatzversicherung und für das künstlerische Personal Anmeldung bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen bzw. Kulturorchester. Können Sie uns sagen, ob das erfolgt ist?
§ 11 – die Satzung: Wie ist es mit der Satzung? Sie haben selbst gesagt, dass es keine Satzung gibt. Es ist zu erfahren, dass es verschiedene Satzungsentwürfe gibt. Ich denke, dass in der Satzung viele Dinge zu klären sind, was die Binnenstruktur der Opern angeht. Wann kommt diese? Ich will jetzt nicht ketzerisch sein, aber ich kann mir schon vorstellen, warum die Intendanten sagen, dass alles bestens läuft. Denn wenn sie alles machen können wie bisher, dann ist es wohl klar, dass sie mit der Situation zufrieden sind.
Noch einmal § 11 – zum Vorschlagsrecht des Intendanten für GMD: Wir haben gerade gesagt, dass das in der Deutschen Oper fehlt.
Eine Generalfrage, die mit einer privaten oder öffentlich-rechtlichen Stiftung, die als Stiftung dem privaten Recht unterliegt, verbunden ist, wie man damit umgeht, obwohl das Land Zuwendungsgeber ist, dass der Stiftungsrat im Grunde alle Arbeiten der Kulturverwaltung übernimmt. Das ist das große Ziel. Ich möchte gern wissen, inwieweit sich die Arbeit der Kulturverwaltung bereits auf die Stiftung verlagert hat. Vielleicht können Sie insgesamt etwas zu den strukturellen Vorgaben sagen und inwieweit diese schon umgesetzt worden sind. – Es hört sich an, als wären sie bereits umgesetzt worden, aber vielleicht sagen Sie es uns trotzdem noch einmal im Detail.
Das sind meine 17 Fragen, die mir meiner Meinung nach neun Monaten zustehen. Ich hoffe, dass Sie sie gemeinsam zur Zufriedenheit aller beantworten können. – Bitte, Frau Fugmann-Heesing!
Frau Abg. Dr. Fugmann-Heesing (SPD): Ich glaube, ich muss diesen Fragen nicht noch weitere hinzufügen. Aber ich möchte einen Punkt konkret ansprechen, und zwar das Werkstättenkonzept. Wir waren uns in diesem Ausschuss in der Phase der Gründung der Stiftung darüber einig, dass das Werkstättenkonzept eine zentrale Bedeutung hat. Ich weiß nicht, ob ich das falsch erinnere, aber meine Erinnerung ist, dass die letzte Befassung hier im Ausschuss mit dieser Frage auf der Grundlage eines Gutachtens stattgefunden hat, zu dem ich viele Fragen hätte. Herr Vierthaler, Sie haben nur von den Standorten gesprochen, aber das ist zu wenig. Der Hintergrund der Frage nach den Standorten liegt zunächst einmal in der Konzeption. Vor diesem Hintergrund lautet meine Frage: Wann können wir damit rechnen, dass eine Konzeption in diesem Ausschuss erörterungsfähig vorgestellt wird? Denn nachdem wir dem Stiftungskonzept zugestimmt haben, wäre es mir schon wichtig, dass das Werkstättenkonzept nicht jenseits der Beratungen in diesem Ausschuss in trockene Tücher gepackt wird, sondern dass wir – vor allem vor dem Hintergrund dessen, was wir in der Vergangenheit dazu in diesem Ausschuss erörtert haben – die Gelegenheit haben, uns mit diesem Konzept auseinander zu setzen. Deshalb bitte ich Sie, uns darüber zu informieren, wann wir damit rechnen können, dass eine solche Konzeption vorliegt, die dann auch in diesem Ausschuss beraten werden kann.
Das Gleiche gilt für die Zuwendungsverträge. – Das ist dann sicherlich eine Frage an den Senator. – Auch das war damals Konsens hier im Ausschuss, dass wir gesagt haben: Die Zuwendungsverträge sind ein wesentlicher Teil dieser gesamten Stiftungskonzeption. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Zuwendungsverträge hier im Ausschuss behandelt werden müssen, und sie müssen auch die Zustimmung des Parlaments finden. Meine Frage: Gibt es dazu eine zeitliche Konzeption?
Dann hätte ich noch eine inhaltliche Frage, die an das anschließt, was hier bereits formuliert worden ist: Mir liegt – wie gesagt – nur der erste Quartalsbericht vor. Das, was am ersten Quartalsbericht beunruhigend ist, das ist, dass sich – abweichend von den bisherigen Planzahlen – darin im Ergebnis eine deutliche Negativabweichung dargestellt hat. Vielleicht ist im zweiten Quartal schon einiges passiert. Wie wird insgesamt mit dieser Situation noch in diesem Jahr umgegangen?
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Bitte, Herr Brauer!
Abg. Brauer (PDS): Vielen Dank, Frau Vorsitzende, dass die anderen Fraktionen auch noch die Gelegenheit bekommen, etwas zu sagen. – Ich möchte die Bitte äußern – Sie hatten 17 Fragen angekündigt, aber es sind 51 oder 52 geworden, die den heutigen Zeitrahmen sprengen würden –, Herrn Vierthaler den Auszug aus dem Wortprotokoll zur Verfügung zu stellen, damit wir vielleicht eine schriftliche Beantwortung erhalten können, wie es im Hauptausschuss üblich ist, wo die Fragen auch immer übersprudeln, wir aber trotzdem eine solide Auskunft erhalten. Wir sollten dann einen zweiten Beratungstermin ansetzen, an dem wir uns mit den heute aus Zeitgründen nicht abzuhandelnden 47 Fragen der Grünen – ich sehe bereits einige Kollegen auf die Uhr gucken, 12.30 Uhr naht – auseinander setzen, das wäre gut. – [Zuruf des Abg. Schruoffeneger (Grüne)] – Das war eine Bitte, Herr Schruoffeneger. Bitte verwechseln Sie den Kulturausschuss nicht mit dem Hauptausschuss, denn im Moment haben wir hier diese Tendenz. Wir haben in diesem Parlament aus guten Gründen eine Arbeitsteilung, und aus guten Gründen hat der Hauptausschuss keine Zeitbegrenzung, aber hier haben wir sie.
Eine kurze Vorbemerkung zu meinen Fragen: Die Koalition hatte seinerzeit – ich glaube, zumindest mit der teilweisen Unterstützung einiger Oppositionspolitikerinnen – drei Absichten bei der Konstituierung der Stiftung. Erstens, den Erhalt der drei Opernhäuser in dieser Stadt, verbunden mit der Möglichkeit, künstlerisch eigenständig arbeiten zu können. Zweitens – das ist in diesem schönen Land Berlin kein Wunder – ist es ein Versuch – wir denken, dass er klappt –, die Arbeit der Stiftung an den finanziellen Ressourcen auszurichten, die wir ihr zur Verfügung stellen können. Drittens gewähren wir der Stiftung ein größtmögliches Maß an Eigenständigkeit, und zwar nicht nur auf künstlerischem, sondern auch auf wirtschaftlichem und investivem Gebiet. Ich wehre mich vehement dagegen, wenn versucht wird – ich bin unbedingt für das Kontrollrecht des Parlaments –, die allgemein anerkannten Prämissen, die zur Errichtung der Stiftung führten, jetzt durch die Etablierung von Pseudovorständen oder Pseudogeschäftsführungen in diesem Raum zu unterlaufen. Das kann es nicht sein!
Ich möchte auch daran erinnern, dass wir – im Gegensatz zu anderen Stiftungsgründungen im Land Berlin, Beispiel: die Stiftung Berliner Philharmoniker – ein völlig anderes Problem vor uns liegen haben. Bei den Berliner Philharmonikern gab es eine Struktur, die eine andere Rechtsform bekam. – Darüber lässt sich streiten, aber sie hat sie bekommen, und sie funktioniert. – Das war, glaube ich, nicht problematisch. Hier haben wir nicht nur den Fall einer bloßen Rechtsformänderung, sondern vor uns liegt der Versuch, eine zumindest europaweit einmalige Struktur künstlerischer Betriebe zu etablieren und zum Funktionieren zu bringen. Das braucht Zeit, und ich stimme Herrn Vierthaler vollkommen zu, wenn er sagt: Okay, für dieses knappe Dreivierteljahr, das wir zur Verfügung hatten, haben wir eine Menge erreicht. – Vieles ist offen, das stimmt, und wir möchten auch den Zuwendungsvertrag und die Satzung sehen, aber, Frau Harms, ich gebe Ihnen mit auf den Weg, dass das höchste Lob der Berlinerinnen und Berliner heißt: „Hier kann man nicht meckern.“ Also, wenn nicht „gemeckert“ wird, dann ist das schon ein Lob. Wir meckern nicht, sondern haben Wünsche, wie Satzung und Zuwendungsvertrag. Wir möchten gern von Ihnen, Herr Vierthaler, hören, wie es mit den Überlegungen ist – damit schließe ich mich von Herzen Frau Fugmann-Heesing an –, das zu erwartende Defizit bis zum Jahresende möglichst nicht zu einem solchen werden zu lassen – Stichwort: Deutsche Oper, worüber vorhin auch schon gesprochen worden ist. Wirtschaftspotentiale auf der Habenseite können nur durch einen Publikumszuwachs entstehen. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wird die Platzauslastung Ende des Jahres in allen drei Opernhäusern voraussichtlich knapp 5 % unter dem Wirtschaftsplan 2004 liegen. Wie steuern Sie dagegen? Wird in den Stiftungsgremien dagegen gesteuert?
Meine nächste Frage – und dann höre ich auch schon fast auf – bezieht sich auf das Ballett. – Ich möchte mich jetzt gar nicht über eine GmbH auslassen und alle die Dinge, die wichtig sind. – Wie gesagt: Wir haben die Stiftung aus guten Gründen gegründet. Mir fällt auf, dass in der Spielzeit 2004/2005 das Staatsballett Berlin zu großen Teilen immer noch das Staatsopernballett ist. Das Verhältnis der Staatsoper Unter den Linden zur Bismarckstraße – die große Bühne – beträgt 55:37 Aufführungen. Werden Überlegungen angestellt, hier zumindest eine gewisse Parität herzustellen? Wie soll das aussehen? – Ansonsten sehe ich der Beantwortung der 51 gestellten Fragen der Kollegin Ströver mit Freude entgegen und bin sehr neugierig darauf.
Frau Vors. Ströver: Was das Zählen angeht: Herr Brauer, es sind 17 offene Punkte, die manchmal mit mehreren Fragen zu konkretisieren sind. Aber ich bin sicher, dass Sie den Herren keine Vorgaben machen müssen, was die Beantwortung angeht, denn das können die schon. Und ob wir eine Kleine oder Große Anfrage dazu stellen, das überlassen Sie ruhig meiner Fraktion. – Frau Lange, sind Sie damit einverstanden, wenn ich erst Frau Meister und dann Ihnen das Wort erteile? – Bitte, Frau Meister!
Frau Abg. Meister (FDP): Vielen Dank! – Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen und mich auf wesentliche Dinge zu beschränken. – Noch einmal zu den Werkstätten, denn von dem Werkstättenkonzept hängt auch ein Großteil des womöglich am Ende des Jahres entstehenden oder sich vergrößernden Defizits ab, weil der geplante Personalabbau die Grundlage dafür ist, überhaupt mit dem zugewiesenen Geld hinzukommen. Wenn ich mich recht erinnere, dann gibt es – zumindest aus den Häusern heraus – eine Tendenz, wie ein Werkstättenkonzept aussehen könnte. Das heißt, die Frage geht eher an die Senatsverwaltung, denn ich habe das Gefühl, dass mir noch immer deren Entscheidung fehlt, was sie nun möchte und gut findet. Denn der Glaube an neue Investitionen für eine neue Werkstätte in Berlin bleibt womöglich ein Glaube, der zu einer Menge zusätzlicher Defizite führt.
Nach dem Zuwendungsvertrag ist schon gefragt worden. Er sollte bis zum Februar vorliegen, aber vielleicht wird es im Februar 2005 etwas.
Ich habe noch eine etwas umfangreichere Frage zum Bereich Marketingkonzept und Sponsoring, und daran schließe ich noch eine Frage zur Kooperation: Es gibt Ihrerseits oder seitens der Staatsoper – es ist die Frage, ob es die Staatsoper oder die Stiftung Oper ist – die Kooperation mit dem Teatro Colon in Buenos Aires. Gibt es mehrere solcher Kooperationen? Ist es eine Kooperation der Staatsoper oder der Stiftung? – Und zum Sponsoringbereich: Wenn man davon ausgeht, dass der Zuwendungsvertrag nicht vorliegt, dann geht es schon dahin, dass man sagt, dass das Konzept in den nächsten Jahren auf jeden Fall so bleiben wird, wie es ist. Das heißt: Gibt es schon weitreichende Bemühungen, sich professionell um den Bereich Sponsoring zu kümmern? Vielleicht können Sie in diesem Zusammenhang auch noch drei ausführlichere Sätze zum Marketingkonzept sagen.
Abschließend eine Frage zur so genannten Medienpauschale der Staatsoper: Es kann doch wohl nicht sein, jetzt einfach die Pauschale auf die Deutsche Oper zu übertragen, dann müsste man auch die damit verbundenen Arbeitsbedingungen übertragen. Gibt es Bestrebungen in Richtung eines Haustarifs für alle drei Orchester, um das – ich will nicht sagen gleichzuschalten – vergleichbar zu machen? Oder geht man dahin, zu sagen, dass die nach wie vor alle im Wettbewerb bleiben? Auch das kann man machen und sagen: Gut, das eine Haus positioniert sich mit den Gehältern und Arbeitsbedingungen so und das andere Haus anders.
Frau Vors. Ströver: Frau Lange!
Frau Abg. Lange (SPD): Vielen Dank! – Herr Vierthaler, Sie haben vorhin den Satz gesagt: „Täglich Oper auf dem Spielplan in Berlin.“ Das erfreut mich, weil ich mir auch wünsche, zumindest 364 Tage im Jahr in der Stadt in einem Haus eine Oper sehen zu können. Aber das würde bedeuten, dass – außer Heiligabend – eines der drei Häuser jeden Tag eine Oper spielt, und das würde weiter bedeuten, dass eine Sommerbespielung gibt, denn anders würde das nicht funktionieren. – Dazu hätte ich gern eine Aussage von Ihnen.
Dann ist im Wirtschaftsplan 2004 ausgewiesen: Von den angebotenen rd. 1,1 Millionen Plätzen sind nur ungefähr 700 000 bezahlte Plätze. – Nach Ihrer Aussage in einem Ihrer Interviews, das ich gelesen habe, müssen Sie, um die Stiftung auch über das Jahr 2007 zu bringen, ein Plus von 200 000 verkauften Plätzen anbieten. Wie wollen Sie das schaffen? Mir ist aufgefallen, dass die Ehrenkarten im Schnitt rd. 4 % ausmachen, aber das können wir noch einmal im Unterausschuss „Theater“ thematisieren. – Dann interessieren mich noch im Bereich der Orchester die Vertretungsregelungen.
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank! – Zur Beantwortung der Fragen hat nun Herr Vierthaler das Wort. – Bitte sehr!
Herr Vierthaler (Stiftung Oper in Berlin): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich bitte jetzt schon um Nachsicht, wenn es mir sicher nicht gelingen wird, jeden einzelnen Punkt zur Zufriedenheit zu beantworten. – Ich beginne mit dem wichtigsten Punkt, nämlich mit dem zu Recht von Ihnen allen in den Mittelpunkt gerückten Werkstattkonzept: Das Werkstattkonzept der Stiftung ist im Grunde genommen kein neues Thema der Stiftung, denn wir haben uns bereits vor der Gründung der Stiftung über Werkstattkonzepte der Berliner Bühnen unterhalten. Durch die Stiftungsgründung sind wir allerdings in den Stand versetzt worden, zu versuchen, das in einer eigenständigen Organisation umzusetzen, weil wir in diesem Zusammenhang auch Herr des Handelns sind. Frau Fugmann-Heesing, ich gebe Ihnen vollkommen Recht, wenn Sie sagen, dass die Konzeption das eine und der Standort das andere ist. Im Rahmen des Stellenplans, der dem Unterausschuss „Theater“ vorliegt – dem Wirtschaftsplan der Stiftung ist ein Stellenplan beigefügt – gibt es auch einen Stellenplan des Bühnenservice, der Werkstätten.
Dieser Stellenplan geht von einem zentralen Standort aus. Ein personelles Konzept für Bühnenwerkstätten ist schon abhängig von der Frage, ob ich dezentrale oder zentrale Standorte habe. Aus diesem Grund gingen wir zunächst – was den Stellenplan und die Organisationsform betrifft – von dem jeweils zentralen Standort der Dekorations- und der Kostümwerkstätten aus. Bis zum Sommer war unsere Debatte innerhalb des Vorstands auch ganz hoffnungsfroh. Allerdings musste uns Herr Sauerbaum etliche Male berichten, dass es ziemlich schwierig ist, landeseigene Grundstücke zu finden, auf denen wir die Dekowerkstätten konzentrieren können. Daraufhin haben wir uns stark auf den Standort Chausseestraße als einen künftigen Standort der Dekorationswerkstätten gestürzt. Aber Sie wissen, dass der Liegenschaftsfonds mit Zustimmung der Finanzverwaltung die Chausseestraße an einen Investor veräußert hat. Es gibt allerdings noch die Option der Stiftung, deren Erklärung besagt, dass, wenn wir den Werkstattstandort beibehalten und von dieser Option Gebrauch machen, dieses Grundstück an das Land zurückgeht. Wir wissen jedoch, dass der Investor ein massives Interesse an diesem Grundstück hat. Er hat auch bereits die Nachbargrundstücke aufgekauft und geht stark davon aus, dass er auch auf dieses Grundstück zugreifen kann und dort die zentrale Nutzungsmöglichkeit erhält. Nach wie vor besteht die Frage, ob wir unser personelles Konzept, das vorliegt und von zentralen Standorten ausgeht, so umsetzen können oder nicht oder ob wir gegebenenfalls auf die Dezentralität zugreifen müssen.
Das wird im Übrigen auch die Aufgabe des Geschäftsführers des Bühnenservice sein. Diese Stelle ist ausgeschrieben worden, die Bewerbungen sind eingegangen, und wir hatten erste Vorstellungsgespräche. Im Laufe dieser Woche werden wir beim Senator weitere Gespräche führen. In der ersten, konstituierenden Sitzung des Stiftungsrats, die – soviel ich weiß – Anfang November stattfinden wird, wird der Stiftungsrat sicherlich eine Entscheidung dazu treffen können. – Frau Ströver, ich glaube, damit schon zwei Ihrer Fragen beantwortet zu haben.
Ich will aber noch eine Sekunde beim Werkstattkonzept verbleiben. Frau Meister, das Werkstattkonzept ist in den Jahren 2004 und 2005 nicht der einzige Schlüssel zur Lösung aller finanziellen Fragen innerhalb der Stiftung. Das Werkstattkonzept ist das Konzept, das am langfristigsten angelegt ist und vermutlich auf Grund der Geschwindigkeit des Stellenabbaus am spätesten in vollem Umfang greifen wird. Die Werkstätten beschäftigen zu knapp 100 % Menschen, die dem Beschäftigungsschutz unterliegen, also dem Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen. Betriebsbedingte Nichtverlängerungsmitteilungen – wie zum Beispiel beim Ballett der Komischen Oper – sind hier nicht möglich. Insofern sind wir auf die üblichen Instrumentarien des Personalabbaus – natürliche Fluktuation, Abfindung etc. – angewiesen, und deswegen wird das sicher den längsten Zeitraum in Anspruch nehmen.
Ihrem Halbjahresbericht zufolge wird es der Stiftung – das als Information – allerdings im laufenden Jahr gelingen, von dem vorgesehenen Personalabbau, der einen Umfang von insgesamt 9,6 Millionen € hat – das ist der Gegenwert dieser 220 Stellen –, dauerhaft einen Betrag von 4,7 Millionen € an Personalkosten einzusparen. Von den rund 206 Stellen, die wir abbauen wollen, haben wir bereits ca. 100 Stellen abgebaut, so dass wir uns auf einem guten Weg befinden. Die Stellen, die noch nicht abgebaut worden sind, befinden sich schwerpunktmäßig beim Bühnenservice, wo es am schwierigsten sein wird.
Frau Lange, 364 Tage Oper im Jahr sind ein schöner Traum, aber
unsere Aussage war immer: Jeden Tag während der Spielzeit. Insoweit muss ich
das jetzt präzisieren, auch wenn es uns in diesem Jahr gelungen ist, durch die
von Frau Grütters erwähnten Gastspiele, die in der Komischen Oper und in der
Deutschen Oper stattgefunden haben, die Schließzeit der drei Opernhäuser auf
insgesamt dreieinhalb Wochen zu verkürzen. Aber ich muss bei dieser Frage schon
ein bisschen Wasser in den Wein gießen: Beispielsweise hätte ich in der
Staatsoper liebend gern eine Sommerbespielung durchgeführt – wenigstens
drei, vier Wochen lang. Nur, das Haus war vom ersten bis zum letzten Schließtag
von Baufirmen okkupiert, weil wir nämlich unsere
Obermaschinerie wieder in Stand setzen lassen mussten und die Sommerpause die
einzige Phase ist, in der wir das machen können. So kann es im Sommer jedes
Opernhaus treffen, dass es bei der Inanspruchnahme der Häuser während der
Spielzeit Instandsetzungsarbeiten durchzuführen hat, die längere Zeit in
Anspruch nehmen. Also, schon aus technischen Gründen kommen wir um bestimmte
Schließphasen nicht herum. Dennoch ist das ein Thema, das sich die Stiftung
sicherlich auf die Agenda setzen wird.
Die Orchesterfinanzierung ist eines der kompliziertesten Themen, die es innerhalb der Stiftung gibt, soweit es sich tatsächlich um Stiftungsthemen handelt. Sie haben es richtigerweise angesprochen: Die Zusatzfinanzierung für das Orchester der Staatsoper, für die Staatskapelle kommt vom Bund und stellt für die Stiftung einen durchlaufenden Posten dar. Insofern belastet dieser Betrag weder die Staatsoper noch die Stiftung. Das bedeutet für die Deutsche Oper ein großes Dilemma, weil entweder – was, glaube ich, eher illusorisch ist – der Bund noch einmal bereit sein wird, einen solchen durchlaufenden Posten zu schaffen, oder die Deutsche Oper muss sich zur Vermeidung von Quersubventionierungen das Geld erst selbst verdienen, um es dann für die Musiker ausgeben zu können. Dieses Thema wird uns noch weiterhin begleiten. Im Moment kann ich Ihnen keine Antwort geben, wie und ob eine solche Gleichstellung überhaupt erreichbar ist.
Frau Ströver, in ihrem Fragenkatalog gibt es sicherlich einige wesentlichere und einige unwesentlichere Punkte. Selbstverständlich sind alle Mitglieder der Stiftung bei der VBL versichert, und sie befinden sich weiterhin in der Zusatzversorgung des Deutschen Bühnenvereins.
Zum Tarifvertrag: Die Stiftung ist Mitglied des Deutschen Bühnenvereins geworden, und damit gilt für alle künstlerisch Beschäftigten ein ordentlichen Tarifwerk. Wir haben qua Gesetz den Tarifstand vom 31. 12. 2003 für alle BAT- und BMTG-Mitarbeiter übernommen; das ist im Moment unsere tarifliche Grundlage. Ich hoffe nach wie vor, dass wir ab 2006/2007, nämlich in dem Moment, wo für die Stiftung die finanzielle Herausforderung durch die Absenkung der Zuschüsse stärker wird, diese Herausforderungen durch Einnahmensteigerungen parieren können, denn dann können wir unserem Personal das auf Grund des Berliner Anwendungstarifs ohnehin “abgespeckte“ Gehalt – wenn ich das so sagen darf – weiterhin bezahlen. Es ist richtig, dass wir einen Zuschauerzuwachs von 20 % bis 25 % benötigen, wobei das – wenn ich das nur auf die Zuschauerzahlen beziehe – ein gewisses hinkendes Moment hat, denn Zuschauerzahlen allein – Frau Fugmann-Heesing, Sie haben das vorhin bei der Deutschen Oper beschrieben – sagen noch nichts darüber aus, wie viel Geld ich in der Kasse habe. Die Frage ist auch: Wie viel Geld erlösen wir pro Zuschauer? Wie gelingt es uns, an dieser Stelle eine vernünftige Balance zu erreichen zwischen attraktiven Angeboten, zusätzlichen Zuschauern und – das habe ich immer gesagt – der Notwendigkeit, dass pro Zuschauer mehr Geld erlöst werden muss? Darum werden wir nicht herumkommen. Die Aufgabe wird sein, innerhalb der Stiftung eine sensible Preispolitik zu beschließen.
Es ist lange über das Widerspruchsrecht der Mitarbeiter diskutiert worden. Ich glaube, dass es dazu keinen neuen Erkenntnisstand gibt. Dazu wird es Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht geben, von deren Ausgang das weitere Vorgehen abhängig sein wird. – [Zuruf] – Wir sind dabei auf die Terminabläufe des Arbeitsgerichts angewiesen. Ich glaube, die erste Verhandlung findet im Oktober statt, aber möglicherweise wird das noch nicht das Ende der Auseinandersetzungen sein. Bis dann das Bundesarbeitsgericht darüber entscheidet, könnten wir uns im Frühjahr 2006 befinden, und insofern ist das doch ein langwieriger Prozess. – Wie ich vorhin schon sagte: Die Stiftung hat eine Arbeitgeberfunktion, und die Mitarbeiter nehmen diese auch an, sowohl die der Stiftung insgesamt als auch die der einzelnen Betriebe.
Die Stiftung hat einen ordnungsgemäßen Wirtschaftsplan, Frau Ströver, der vom Stiftungsrat beschlossen und Ihnen zur Kenntnis gegeben wurde. Im Rahmen dieses Stiftungswirtschaftsplans hat auch das Staatsballett einen Wirtschaftsplan, der in allen Einzelheiten die Positionen ausweist, über die das Staatsballett direkt verfügen kann. Es gibt eine Festlegung, die ihren schriftlichen Ausdruck in der Satzung finden wird, wonach die Opernhäuser bestimmte Dienstleistungen gegenüber dem Ballett durchzuführen haben, und diese Dienstleistungen sind dort auch im Einzelnen beschrieben.
Das Staatsballett: Herr Malakhov teilt das Schicksal von Frau Harms. Sowohl in der Staatsoper als auch in der Deutschen Oper sind wir im Grunde in die Spielplanpositionen, die für das Ballett vorgesehen waren, eingetreten. Insofern übernimmt das Staatsballett die Positionen, die die Deutsche Oper für das Ballett offen gelassen hat. Es wird die Aufgabe der Spielplanabstimmung sein, hier ein ausgewogenes Programmangebot und eine ausgewogene Anzahl von Vorstellungen anzubieten.
Im ersten Quartalsbericht haben wir tatsächlich ein Defizit ausgewiesen, das eine beträchtliche Größenordnung angenommen hat. Darüber hat der Stiftungsvorstand beraten, und die einzelnen künstlerischen Betriebe haben auch darauf reagiert. Der zweite Quartalsbericht weist einen Jahresfehlbetrag von 1,2 Millionen € aus, von dem der Löwenanteil, nämlich 886 000 €, auf die Staatsoper entfällt. Warum? – Die Staatsoper hatte – ich glaube, das habe ich schon einmal im Unterausschuss „Theater“ erzählt – eine klare Verabredung mit dem Teatro Reale in Madrid für ein Gastspiel im Sommer des laufenden Jahres, das aus politischen Gründen abgesagt wurde. Dieses Gastspiel war fest in unserem Wirtschaftsplan eingeplant. Aus diesem Grund haben wir jetzt dieses Defizit, das wir durch unsere Rücklagen abdecken können. Gleichzeitig wird es jedoch so sein, dass das noch nicht in den Wirtschaftsplan eingestellte Gastspiel des Jahres 2005 in Andalusien, das jetzt fest verabredet ist, an die Stelle tritt und somit der Ausgleich über das Jahr wieder vorgenommen werden kann. Insgesamt wird am Jahresende das Defizit der Staatsoper über die Rücklage aufgefangen werden. Es gibt ein weiteres Defizit von knapp 300 000 €, das beim Staatsballett entstanden ist, und zwar im Wesentlich durch die zu leistenden Abfindungszahlungen und Übergangsgelder. Die Stiftung erhofft sich, diese Beträge aus dem Strukturfonds zurückzubekommen, und insofern wird sie am Jahresende ausgeglichen abschließen können.
Frau Meister, das Sponsoring – vielleicht dann noch ein Wort zum Marketingkonzept – wird nach wie vor die Aufgabe des jeweiligen künstlerischen Leiters sein, nämlich für sein Programm die Sponsoren zu finden, die das so attraktiv finden, dass sie bereit sind, dort Mittel hineinzugeben. Ich glaube nicht, dass die Stiftung insgesamt als administrative Einheit für Sponsoren interessant ist. Hier ist der einzelne künstlerische Leiter an vorderster Stelle gefragt, um Sponsoren für sich einzuwerben.
Das Marketingkonzept, das in einem engen Zusammenhang zur Spielplanabstimmung und zum Spielplankonzept steht, hat – wie ich schon sagte – in diesem Sommer in einem ersten Schritt gegriffen, indem wir auf den Festspielen im Sommer ausführlich geworben haben, und zwar mit ganzseitigen Anzeigen in Zeitschriften. Mittlerweile gibt es auch einen Flyer, der eine ausführliche generelle Darstellung der Opernstiftung beinhaltet und bei sechs Festivals ausgelegen hat. Bei der überregionalen Bekanntmachung der Stiftung Oper in Berlin sind die Inhalte entscheidend. Hier gibt es eine enge Kooperation mit der BTM, und ich könnte noch eine Fülle von Dingen ausführen, die wir unternehmen werden. Es werden sich zweite und dritte Schritte anschließen, die dann im Herbst stattfinden. Insgesamt haben sich die vier künstlerischen Einheiten dieses Themas angenommen. Die Opernstiftung fasst das zusammen, aber es ist die Interessenlage der einzelnen Opernbetriebe und des Ballettbetriebs, gemeinsam pointiert aufzutreten. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herr Vierthaler! Vielleicht fängt Marketing aber damit an, dass man den Flyer auch einmal dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses zur Verfügung stellt. Im Namen aller bitte ich Sie, diesen Flyer dem Ausschussbüro zu übergeben und das vielleicht in einer größeren Stückzahl. Wir stellen uns gern als Werbende in Sachen Opernstiftung zur Verfügung. – Bitte, Herr Senator, Sie haben das Wort!
Sen Dr. Flierl (WissKult): Zunächst einmal bin ich froh, dass ich erst jetzt reden darf, weil die Verbindung mit der Opernstiftung und die Bereitschaft, dass sich der Kulturausschuss als Versammlung von Stiftungsliebhaberinnen und -liebhabern geoutet hat, ganz der Leistung der beiden Kolleginnen und Kollegen Frau Harms und Herrn Vierthaler überantwortet worden ist. Sie sehen, dass es aktive Leute gibt, die sich hochgradig mit dieser Stiftung identifizieren, eine enorme Arbeit geleistet haben und schrittweise dieses Projekt verfolgen. Das ist keineswegs die Kopfgeburt eines Kultursenators, der in Kulturausschusssitzungen genötigt werden muss, nun langsam einmal zu sagen, was er eigentlich tut. Ich glaube, dass wir hier eine gute Arbeit geleistet haben. Lassen Sie mich darauf eingehen, worin die offenen Punkte bestehen.
Die offenen Punkte bestehen zum einen in den Personalfragen. Da gibt es ein großes Interesse – das verstehe ich – und den Versuch, zeitlichen Druck auszuüben. Ich kann Ihnen versichern, dass das nicht einfach, jedoch keineswegs aussichtslos ist – ganz im Gegenteil! Der Eindruck, der entstanden sein mag, es würde sich niemand dafür interessieren, ist vollständig falsch. Wichtig ist, dass man die richtigen Profile auswählt und dass man dann auch Vertragsverhandlungen, Vorgespräche zu Ende führt. Dann kann es passieren, dass Gespräche, die weit vorangeschritten waren, aus persönlichen Gründen aufgegeben werden mussten. Ich strebe nach wie vor an, dass sich der Stiftungsrat am 2. 11. konstituiert und dass auf dieser Tagesordnung auch die Themen Generaldirektor/Generaldirektorin und Bühnenserviceleitung – Herr Vierthaler hatte schon den Terminplan dargestellt – behandelt und beschlossen werden können.
Neben den Personalfragen gibt es einen zweiten Problemkreis, und das sind die rechtlichen Probleme. Diese will ich jetzt nicht weiter vertiefen, aber es ist klar, dass wir, wenn wir eine rechtliche Auseinandersetzung mit den Beschäftigtenvertretungen führen, alles unterlassen müssen, um den Eindruck zu erwecken, es sei nicht eine Errichtung der Stiftung durch Gesetz, sondern doch ein Betriebsübergang. Das heißt, solche interessanten Fragen wie Zuwendungsvertrag und GmbH-Gründung müssen sich dann natürlich auch in rechtlicher Abwägung mit den Interessen des Landes Berlin so terminieren, dass sie die rechtliche Position des Landes nicht schwächen. Das sage ich ganz klar, und ich mache deutlich, dass wir deswegen einen Schritt nach dem anderen gehen müssen.
Schließlich gibt es tatsächlich Verzögerungen bei Vorhaben, die aus der Komplexität der Materie oder auch aus den Antworten, die bisher aus der Stiftung heraus gefunden wurden, noch nicht überzeugt haben, und zwar beim Werkstättenkonzept, da stimme ich Ihnen völlig zu. Es wird aber unmittelbar mit der Besetzung der Leitungsstelle ein neuer Ansatz möglich sein. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass wir bezüglich der Werkstätten – außer, dass alle Kulturausschussmitglieder in allen Legislaturperioden ungeduldig sind, dass es das nicht gibt – konstatieren müssen, dass das über mehrere Jahre nicht realisiert worden ist. Das muss relativiert werden – Frau Grütters kann dazu offenbar Einzelheiten berichten –, und das betrifft übrigens auch – dieser Frage möchte ich gar nicht ausweichen, aber wir sollten das bei einer anderen Gelegenheit, sei es im Vermögensausschuss oder im Unterausschuss „Theater“ erörtern – das Investitionsproblem hinsichtlich der Staatsoper und das Bauvorhaben Komische Oper. Das sind Dinge, die naturgemäß schwierig sind und übrigens mit dem Gesetz gar nichts zu tun haben. Eine Vielzahl der Probleme, die gerade als Folgen des Gesetzes erschienen, stellen sich eher als Umsetzung der Alltagsfragen einer ins Leben getretenen Stiftung dar, und genau das ist die Möglichkeit. Die Stiftung soll nur die Plattform und den Mechanismus ausbilden, um diese Fragen zu klären. Insofern kann man vielleicht in eine andere Phase eintreten, die nicht weniger mühsam ist, als ein Gesetz zu machen, das ist vollkommen klar, aber es geht nicht unmittelbar um die Umsetzungsfähigkeit des Gesetzes.
Frau Grütters, lassen Sie mich noch ein Wort zum Stiftungsrat sagen: Wir haben uns an anderen Orten orientiert, Hamburg und andere Städte haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass die Rundfunkanstalten in gewisser Weise auch strategische Partner der großen Kultureinrichtungen sind. Das ist in anderen Ländern und auch in Stadtstaaten durchaus üblich. Aus der Tatsache, dass eine Intendantin oder ein Intendant einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt im Aufsichtsrat einer Kultureinrichtung mitwirkt, zu schließen, dass diese Kultureinrichtung weniger kritisch sein könnte, als wenn das nicht der Fall wäre, halte ich für weitestgehend absurd.
Zu dem zweiten Punkt, den Sie kritisierten, dass Ihrer Meinung nach nicht genug hochrangig angesiedelter wirtschaftlicher Sachverstand vertreten sei, will ich Ihnen nur die Erfahrung mitteilen, dass auch wir natürlich immer nur nach dem Höchsten greifen wollten und gegriffen haben, aber dass umgekehrt gerade die Neigung von namhaften Repräsentanten deutscher Wirtschaftsunternehmen eher darin liegt, sich als Förderer und Sponsoren einzelner Häuser auszuweisen. Das heißt, wir müssen auch das strukturelle Problem bewältigen, dass wir nicht in Konkurrenz zu den namhaften Vertretern der Freundeskreise treten wollen, sondern dass es gerade darauf ankommt, dass jemand da ist, der etwas von der Sache versteht, der die Kommunikation mit diesen Kreisen führt und dann auch als Stiftungsratsmitglied die entsprechenden Kanäle und Unterstützungsmöglichkeiten in den Freundeskreisen für die einzelnen Häuser finden kann. – Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es nicht einen Freundeskreis der Stiftung gibt, sondern dass es weiterhin Freundeskreise der vier künstlerischen Betriebe gibt und dass dieses gerade auch eine andere Art der Verankerung eines bürgerschaftlichen, also auch unternehmerischen Sachverstands ist. – Im Übrigen soll auch die Satzung auf der Stiftungsratssitzung am 2. 11. erörtert werden. Ich habe mehrfach – auch in der Vorbesprechung und Sie haben es auch gesagt – das Interesse wahrgenommen, dass das hier erörtert werden möge. Wir werden eine Form finden, damit Sie die vorabgestimmte Fassung erhalten und wir das in irgendeiner geeigneten Form erörtern können.
Dann gibt es wiederum Themen, die sicherlich auch etwas mit der Stiftung zu tun haben, aber unmittelbar bundesweite Dimensionen aufweisen – sei es die gesamte Tarifangelegenheit, das Bündnis für die Bühnen oder das Orchesterproblem. Ich bitte darum, das auf einer anderen Ebene zu behandeln, damit man sieht, was bei Orchestertarifen und -strukturentscheidungen anderenorts in diesem Land los ist, um einmal die Optionen für die Berliner Varianten ins Kalkül zu ziehen. Das hat nicht unmittelbar etwas mit dem Gesetz zu tun, und aus dem Gesetz heraus ist es auch nicht unmittelbar umsetzbar.
Ich wünsche mir so, wie es zum Schluss die geschätzte Frau Vorsitzende getan hat –, dass die quälende und mitunter zermürbende Rückfrage in eine gestärkte öffentliche Resonanz umschlägt, dass der Blick von außen auf Berlin und seine Kultureinrichtungen – auch auf die Stiftung Oper in Berlin – umschlägt in eine Akzeptanz, und zwar nicht nur der kulturpolitischen Öffentlichkeit, sondern auch der Bevölkerung, der gesamten Berliner Öffentlichkeit, hin zur Stiftung Oper in Berlin. Ich wünsche mir – das kennt Herr Vierthaler auch, weil ich es ewig predige – nicht nur Außendarstellungen auf externen Märkten, sondern auch in die Stadt hinein. Eine „Lange Nacht der Oper“ oder ein „Opernfest“ und Ähnliches steht seit langem auf meiner Wunschliste. – Herr Vierthaler nickt und weiß, wie sehr ich dränge, dass das in die langfristigen Planungstermine eines Opernbetriebs eingefügt wird. – Wir brauchen eine positive Identifikation mit dem Projekt Oper in Berlin, und das sollte nicht nur extern eingefordert werden, sondern auch von den Kulturpolitikerinnen und -politikern dieses Landes mit unterstützt werden. Insofern bin ich der Ansicht, dass wir heute eine ganz gute Zwischenbilanz gegeben haben. Sicherlich wird eine neue Etappe eintreten, wenn sich der Stiftungsrat am 2. 11. 2004 endlich konstituiert hat und damit ein Gremium entsteht, das die Beantwortung der hier angesprochenen Fragen übernehmen und einer Lösung zuführen kann.
Zur letzten Frage – Kulturverwaltung und Stiftung: Natürlich ist eine Stiftung im Aufbau – wenn ich das so lax sagen darf – betreuungsintensiver als ein normaler Kulturbetrieb, der staatlich administriert wird. Aber der Sinn ist, dass es kompetente Strukturen gibt, und da ist in der Tat ein Kompetenzwechsel zu erleben. Wir werden mit der neuen Generaldirektorin bzw. mit dem neuen Generaldirektor genau zu diskutieren haben: Wie flach ist das Stiftungsdach? Welche Funktionen kann die Bühnenservice-GmbH für die Koordination der Stiftung übernehmen? In diesem Zusammenhang wird dann auch zu prüfen sein, welches die zukünftigen Aufgaben der Kulturverwaltung in diesem Bereich sind, weil wir uns immer mehr auf die strategischen Elemente konzentrieren. Wenn Sie allerdings die Reformen der Kulturverwaltung in den letzten Monaten und Jahren betrachten, dann wird das im Zusammenhang zu sehen sein. – Ich bin gern bereit, das bei Gelegenheit einmal darzustellen. – [Zuruf der Frau Abg. Grütters (CDU)] –
Frau Vors. Ströver: Ja, es sind noch mehr Fragen gestellt worden. Um den Zuwendungsvertrag haben Sie beide sich herumgedrückt, aber vielleicht versuchen Sie doch noch einmal, uns zu sagen, wie weit die Beratungen dazu im Senat gediehen sind.
Sen Dr. Flierl (WissKult): Der Zuwendungsvertrag gehört auch in die Kategorie „rechtliche Probleme“. Das heißt, der Zuwendungsvertrag ist ausgearbeitet, liegt vor und kann auch erörtert werden, aber der Abschluss eines Vertragsgeschäfts als Zuwendungsvertrag wäre natürlich rechtssicherer zu realisieren, wenn wir im Hebst die entsprechenden juristischen Klärungen erhielten, und das ist in etwa auch der Zeitraum. Politisch sehe ich – das steht im Gesetz festgeschrieben – keine Hinderung, und ich habe auch keine Lust, mir irgendwelche Ängste einreden zu lassen oder selbst zu produzieren. Ich gehe davon aus, dass es einen fünfjährigen Zuwendungsvertrag geben wird – wie übrigens auch bei der Stiftung Philharmoniker –, mit den entsprechenden Klauseln. Das ist angemessen und wird auch Ihrem wachen Auge unterliegen, damit da nichts passiert. Wir haben nicht die Zeit der Vorgängerregierung, als noch Defizite angehäuft und Vertragswerke geschlossen wurden – auch was die Hochschulverträge betrifft, auf die immer wieder abgehoben wird. Meine Aufgabe ist es, den Status der Hochschulverträge zu halten. Ihn jetzt angesichts einer Verfassungsklage zu erweitern, wird nicht möglich sein. Das heißt, dass wir mit den fünfjährigen Zuwendungsverträgen bis Ende des Jahres – so hoffe ich, ich warte da nicht auf die letzte Instanz – auch eine Planungssicherheit haben werden.
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank für diesen Zwischenbericht! – Ich schlage vor, dass wir den letzten Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung belassen, weil dieses Thema unseren Ausschuss weiterhin beschäftigen wird. – [Zuruf] – Ich meine den letzten der beiden Punkte, die wir heute zum Thema Oper besprochen haben. – Also, wir brauchen nicht den Punkt Deutsche Oper und Intendantin/Intendant zu vertagen, sondern belassen Punkt 5 auf der Tagesordnung und lassen uns – nach den Worten des Senators – im November weiter informieren. – Bitte, Herr Brauer!
Abg. Brauer (PDS): Das war doch mein Vorschlag vorhin, Frau Vorsitzende, das war keine Polemik. Mein Vorschlag war, dass wir als Ausschuss sowohl dem Senator als auch Herrn Vierthaler das Wortprotokoll zur Verfügung stellen und mit einem kleinen Kreuz die Fragen versehen, die noch nicht beantwortet worden sind. Dann haben wir die Grundlage für die nächste Runde.
Frau Vors. Ströver: Alles klar, Herr Brauer, mit dem Wortprotokoll bekommen sie sowieso die entsprechenden Stellen, und daraus werden dann die noch offenen Punkte deutlich.
Damit erkläre ich diesen Tagesordnungspunkt für heute für erledigt. – Herr Vierthaler, herzlichen Dank für Ihre Auskunftsfreudigkeit!
Punkt 6 der Tagesordnung
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Vertagt.
Punkt 7 der Tagesordnung
Verschiedenes |
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Siehe Beschlussprotokoll.
Ausschuss-Kennung : Kultgcxzqsq