Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Jugendberufshilfe II – Jugendberufshilfe reformieren
Drucksachen 15/1250, 15/1775, 15/2084 und 15/ 2530 - Schlussbericht -
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport
legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 26.
Juni 2003 Folgendes beschlossen:
„Zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Angebote
der Jugendberufshilfe wird der Senat aufgefordert, folgende Maßnahmen zu
ergreifen:
1.
Der
Senat realisiert schnellstmöglich in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendamt
und den bezirklichen Jugendämtern sowie unter Beteiligung der Träger von
Maßnahmen der Jugendberufshilfe die Einführung
-
einheitlicher
Bedarfsfeststellungsverfahren und Zugangs-
kriterien für
Maßnahmen der Jugendberufshilfe,
-
verbindlicher Qualitätsstandards für die Jugendberufshilfe
und den Abschluss
einer entsprechenden Vereinbarung mit
den Trägern von
Maßnahmen der Jugendberufshilfe,
-
eines ziel-
und wirkungsorientierten Controlling-Ver-
fahrens.
2.
Um die Angebote der Jugendberufshilfe besser
auf die jeweilige persönliche Situation der Jugendlichen abstimmen zu können,
sollen auch in der Jugendberufshilfe neben der bisherigen Vollzeitausbildung
anerkannte modulare Ausbildungsangebote mit ausdifferenzierten Abschlüssen
eingeführt werden, zu deren Dokumentation ein Qualifizierungspass eingerichtet
werden soll.
3.
Der
Senat wird aufgefordert, auf Bundesebene dahin gehend initiativ zu werden, dass
mit der Bundesanstalt für Arbeit Verhandlungen über ein gemeinsames und
abgestimmtes Ausbildungskonzept über mögliche Schnittstellen und Übergänge zwischen
Ausbildungsangeboten nach dem Arbeitsfördergesetz ( SGB III) und dem Kinder-
und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) aufgenommen werden.“
Hierzu wird berichtet:
Zu 1.
Das Verfahren
der Leistungsgewährung in der Jugendberufshilfe (JBH) erfolgt in Berlin nach unterschiedlichen
Standards, Methoden und in verschiedenen Strukturen. Regionale Besonderheiten
wie auch die unterschiedliche Ausprägung der JBH in den einzelnen Bezirken spielen
hierbei eine Rolle.
Aus dem
Bereich der Hilfen zur Erziehung und mit dem Hilfeplanverfahren stehen eine
Reihe an Instrumenten zur Verfügung, die auch in der JBH für den Falleingang
und den späteren Leistungsprozess nutzbar sind. Bei der Gestaltung des
Falleingangs ist zu beachten, dass die JBH mit ihrer Arbeitsweltorientierung
und mit dem Ziel der beruflichen sowie sozialen Integration einen besonderen
Auftrag hat.
Neben der
Feststellung der sozialen Indikation für eine Leistungsgewährung gilt es,
Kompetenzen und Defizite im Hinblick auf die beruflichen Anforderungen
umfassend zu ermitteln. Nicht immer sind profunde Kenntnisse über die
vielfältigen Wege bei der Eingliederung in den Beruf oder Ausbildung verfügbar
und mitunter sind die Voraussetzungen für eine Potenzialermittlung des jungen
Menschen nicht vorhanden oder nicht themenspezifisch ausgeprägt. Diese Klärung
erfolgt dann extern mittels vorgeschaltetem oder parallelem Clearingprozess und
dient als Grundlage für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine
Leistungsgewährung. Die Potenzialermittlung nimmt hierbei einen großen Raum ein.
Einfluss auf
den Falleingang hat auch die Einführung einer ziel- und wirkungs-orientierten
Steuerung in der Jugendberufshilfe. Dieses war Auftrag des Projektes „
Jugendberufshilfe – Umsteuerung – Querschnittscontrolling“, JUQ, (siehe Mitteilung – zur Kenntnisnahme -,
Drucksache 15/2088).
Eine
Zielsteuerung mit dem entwickelten Zielsystem und einer regelmäßigen
Überprüfung der Zielerreichung sowie die Verknüpfung von Fall- und Finanzdaten
beginnt bereits im Falleingang. Das bedeutet, die Ausgangssituation eines
jungen Menschen nach vorgegebenen Kriterien zu ermitteln, das richtige Ziel bei
der beruflichen Integration und die hierfür geeignete Hilfeleistung zu wählen.
Notwendig ist
ein transparenter und geregelter Zugang der hilfebedürftigen jungen Menschen in
diesem Leistungsbereich, um eine möglichst einheitliche Leistungsgewährung zu
erzielen und die objektiv sinnvollste und passgenaue Hilfe zu gewähren. Der
Falleingang als Ausgangspunkt für die spätere Leistungsgewährung oder für eine
Vermittlung außerhalb der Jugendhilfe bedarf daher einer großen Aufmerksamkeit.
Um Berlin weit einheitliche Standards für die Falleingangsphase zu ermitteln, wird im Rahmen einer Arbeitsgruppe, an der sowohl bezirkliche Jugendämter als auch Träger der Jugendberufshilfe beteiligt sind, an einer Empfehlung für einheitliche Standards gearbeitet.
Grundlage der
Arbeit waren die unterschiedlichen bezirklichen Verfahren, die analysiert und
verglichen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass der im Projekt „JUQ“
entwickelte und bereits erprobte Anamnesebogen als das weitest gehende Arbeitspapier
genutzt werden kann. Die bereits erprobten und bewährten Arbeitsverfahren zur
Falleingangsphase aus den Bezirken Neukölln und Pankow ergänzen und vervollständigen
das Arbeitspapier aus JUQ und können somit in ein vereinheitlichtes Verfahren
einbezogen werden.
Die abschließende Bearbeitung in Form
einer Empfehlung ist noch nicht erfolgt.
Die
Präsentation der Ergebnisse steht zeitnah bevor.
Wie in anderen
Leistungsbereichen auch gibt es in der Jugendberufshilfe keine durchgängig
einheitlichen Datengrundlagen und auch keine empirisch gesicherten Ergebnisse,
die zuverlässige qualitative und quantitative Bedarfsprognosen über den individuell
feststellbaren Bedarf hinaus zulassen.
Zur
quantitativen Ermittlung des mittelfristigen Bedarfs an Angeboten und Maßnahmen
der Jugendberufshilfe kommen eine Vielzahl an möglichen Indikatoren in Frage.
Sie sind aber nur dann sinnvoll anzusetzen, wenn für sie auch valide und
unterein-ander kompatible Daten vorliegen. So stimmen zum Beispiel in den
entsprechenden Statistiken Altersgruppen nicht überein, fehlen regionale Daten
und sind keine Zeitreihen vorhanden.
Hier ist es
bis zum Aufbau und einer mehrjährigen Auswertung eines verlässlichen und
einheitlich gehandhabten Informationssystem geboten, eine zumindest
quantitative Bedarfsschätzung bezirklich und Berlin weit durchzuführen. Diese
kann in Anbetracht der derzeitigen Daten- und Informationslage keine an
nachvollziehbaren Indikatoren orientierte qualifizierte Bedarfsermittlung sein.
Zu 2.
Die
gesetzliche Grundlage für die berufsfachliche Ausbildung im Rahmen der
Jugendberufshilfe sind das Berufsbildungsgesetz und die Ausbildungsrichtlinien
der IHK und der Handwerkskammern.
Darin
unterscheiden sich die Ausbildungsgrundlagen für junge Menschen mit Benachteiligungen
nicht von den in betrieblichen oder außerbetrieblichen Berufsausbildungen
befindlichen jungen Menschen außerhalb der Benachteiligtenförderung.
Das
bedeutet, dass die bereits vereinzelt entwickelten und anerkannten Module auch
in der Qualifizierung und Ausbildung im Rahmen der Jugendberufshilfe zur
Anwendung kommen.
Der
Senat hat sich sehr deutlich für eine Modularisierung der Berufsausbildung
ausgesprochen und befördert und begleitet die Entwicklung bis hin zur
Einführung eines Qualifizierungspasses.
Für
die Jugendberufshilfe gibt es einen erhöhten Bedarf an ausdifferenzierten
Abschlüssen oder Qualifikationen, die den tatsächlichen Möglichkeiten der
jungen Menschen entsprechen.
Die eindimensionale Ausrichtung, das Ziel der sozialen und beruflichen
Integration ausschließlich durch den Abschluss einer außerbetrieblichen Berufsausbildung
nach dem Berufsbildungsgesetz zu erreichen, ist nicht für alle Jugendlichen der
optimale Weg. Vielmehr können einige Jugendliche mit anders aufgebauten Angeboten
besser unterstützt werden. An diesen Fragestellungen macht sich der Umsteuerungsbedarf
in der Berliner JBH insgesamt fest. Diesen Umsteuerungsbedarf zu ermitteln, Vorschläge
zur Verbesserung zu erarbeiten und aufzuzeigen, wie die JBH mittel- und
langfristig wirksamer und kostengünstiger organisiert werden kann, war
Zielsetzung des Pilotprojektes „Jugendberufshilfe – Umsteuerung – Querschnittscontrolling“
– kurz JUQ (siehe Mitteilung zur Kenntnisnahme, Drucksache 15/2088).
Für ein neu zu
gestaltendes Zielsystem der Jugendberufshilfe wurden im Pilotprojekt einige
Grundsatzentscheidungen getroffen, die die Dimensionierung des Zielsystems
festlegten:
·
Das
Zielsystem sollte nicht nur die derzeit verfolgten
eindimensionalen Zielsetzungen enthalten,
sondern auch eine differenzierte- re
Abstufung fachlicher (Teil-) Ziele.
·
Bei
erst in mehreren Phasen zu erreichenden Zielen
sollten auch die Teilphasen als ei genständige
Ziele geführt werden.
Um Ziele messbar zu machen, wurden im gleichen Schritt Erfolgskriterien
für die Messung der Zielerreichung definiert. Aus den genannten Gründen wurde
das aufgebaute Zielsystem sehr detailliert.
Das im Rahmen
des Projektes JUQ für die Berliner JBH erarbeitete Zielsystem hat fünf Ebenen
und schließt die politische Steuerungsebene des Landes und der Bezirke ein. Es
ist somit ein integriertes Zielsystem und bildet den gesamten Leistungsstrang
ab.

Das Zielsystem ist weit gefasst. Es umfasst auch politische Ziele, die für die Wirksamkeit der JBH bedeutsam sind, aber nicht als individuelle Ziele im engeren Sinne zu verstehen sind, wie z.B. die „Flexibilisierung der Berufsausbildung“ oder weitere Ziele der Zielebene drei. Diese Ziele sind mit aufgenommen worden, weil sie den Rahmen stecken, innerhalb dessen die JBH arbeitet. Die Rahmenbedingungen können die Ziele der JBH unterstützen oder ihnen entgegenwirken. Gelingt es zum Beispiel nicht, die Voraussetzungen für die Anerkennung von Teilabschlüssen zu schaffen oder die Situation allgemein auf dem Ausbildungs- und Arbeitsplatzmarkt zu verbessern, so beeinträchtigt dies die Wirksamkeit der JBH in seiner ganzen Leistungsbreite.
Unter dem Ziel
der Ebene 3 „Zielgruppenbezogene Integration“ sind alle Ziele zusammen gefasst,
die sich auf einzelne Personen bzw. Zielgruppen beziehen. Auch diese Ziele
reichen z.T. über die relativ eng umgrenzte Zielstellung des § 13 SGB VIII
hinaus. Dies ist gewollt, da zumindest die Zielformulierung über die Grenzen
der Jugendberufshilfe nach § 13 SGB VIII hinaus gehen muss, um Programme und
Instrumente anderer Leistungsträger zu integrieren.
Die Zielebene 4 beschreibt die Teilziele, die im Rahmen der JBH erreicht werden können, um dem Oberziel – die arbeitsweltorientierte Integration – zu entsprechen. Orientierungspunkt waren die Phasen, die zwischen erfolgreichem Schulabschluss und der dauerhaften Integration in das Berufsleben nach Erwerb eines Berufsabschlusses aufeinander folgen. Ein Jugendlicher kann alle Phasen im Rahmen der JBH durchlaufen, er kann aber auch nur in einzelnen Phasen unterstützt werden. Ein-, Um- und Ausstiege sind jederzeit möglich. Unterhalb dieser Zielebene werden auf der fünften Zielebene die Ziele für jeden Jugendlichen bzw. für einzelne Zielgruppen noch weiter konkretisiert.
Das Zielsystem
erlaubt es der Fallbearbeitung in den Jugendämtern, die Jugendlichen genau den
Zielen zuzuordnen, die sie im Einvernehmen mit dem Jugendlichen für realistisch halten. Es müssen somit nicht mehr
alle Jugendlichen dem alleinigen Ziel „Berufsabschluss“ zugeordnet werden.
Durch die relativ differenzierten Standard-, Ziel- und Produktkataloge kann die
jeweilige Zielsetzung auch aus Sicht der Fallbearbeitung ausreichend spezifisch
erfolgen. Die Zuordnung eines realistischen Ziels und die regelmäßige
Überprüfung der Zielerreichung gestatten es zugleich, bei aussichtloser
Entwicklung ein anderes Ziel zu wählen, um die richtige Entwicklung eines
jungen Menschen zu ermöglichen (z. B. der Übergang von der Berufsausbildung in
eine Teilqualifizierung mit Zertifikat). Der teilweise recht hohen Abbruchquote
kann entgegen gewirkt werden. Dies schafft mehr Transparenz darüber, wie weit
die Jugendlichen, die den Abschluss nicht schaffen, trotzdem noch kommen können
und ermöglicht eine zielgenauere Steuerung.
Jedes an der Arbeitswelt orientierte Kernziel ist mit sozial integrativen Zielsetzungen verbunden worden, die sich in der Zielebene 5 befinden aber nicht abgebildet sind. Diese für die JBH spezifischen ergänzenden Ziele, wie z.B. „Erhöhung der Pünktlichkeit“ oder „Erhöhung der sozialen Kompetenz“ lassen sich für jeden Jugendlichen individuell messen. Sie wurden aus Vereinfachungsgründen als Erfolgskriterien abgebildet. Jedes Ziel der Zielebene 5 enthält zudem ein so genanntes „hartes“ Ziel – z.B. den jeweiligen Abschluss oder Dauerhafter Verbleib in Erwerbsarbeit -, und zusätzlich eine Fülle weite-
rer, so genannter „weicher“ Ziele. Sie werden unter dem Zusatz „... sowie Abbau persönlicher Beeinträchtigungen und Kompensation sozialer Benach-teiligungen“ zusammengefasst und sollen Fortschritte auch unterhalb der Erreichung des „harten“ Oberziels dokumentieren.
Mit den in der
Zieldefinition beschriebenen Merkmalen ist auch die Zielgruppe der JBH bereits
eingegrenzt. Zur Präzisierung der Zielgruppe wurden verschiedene Ein- bzw. Ausschlusskriterien
definiert:
|
|
Diese Zukunftsorientierung kommt in erster Linie darin zum Ausdruck, dass für die Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen die berufliche und so-ziale Integration nicht nur an einem Berufsabschluss fest gemacht wird, sondern dass auch andere Qualifikationen als eigenständige Ziele definiert wurden. Das Erreichen von Teilqualifikationen (Qualifizierungsbausteine) kann wie eine erfolgreiche Berufsvorbereitung bereits als eigenständiges Ziel gewertet werden. Diese in der Praxis noch zu entwickelnden Qualifizierungsbausteine stützen sich auf die Berufsausbildungsvorbereitungsverordnung des BBiG und sind von den zuständigen Stellen (Kommunen) zu zertifizieren. Eine systematische Anwendung setzt voraus, dass der angestrebte Weg einer Modularisierung der beruflichen Bildung und Qualifizierung konsequent weiter verfolgt, entsprechende Teilziele auf dem Arbeitsmarkt anerkannt und von den Bezirken und Trägern dann auch tatsächlich umgesetzt werden.
Die Ausdifferenzierung der Ziele erlaubt es, die Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen in Zukunft detaillierter zu erfassen und die für diesen Personenkreis auch wirklich realistischen Ziele anzusteuern. Dies bedeutet, dass ein Jugendlicher, der sehr wahrscheinlich einen Berufsabschluss nicht schaffen wird, von vornherein nicht diesem Ziel zugeordnet wird. Entsprechend erhält er nur Leistungen, die zum Erreichen eines definierten Teilziels – z.B. Qualifizierung - erforderlich sind. Schließt der Jugendliche dieses Ziel erfolgreich ab, kann geprüft werden, ob er für einen weiteren Teilabschluss gefördert wird oder ob die direkte Vermittlung in den Arbeitsmarkt sinnvoll ist. Letztlich wird der Jugendliche bei geringerem Mitteleinsatz effektiver ausgebildet.
Wird ein solches Vorgehen konsequent umgesetzt, bleibt dies natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Leistungsanbieter. Es werden solche bevorzugt werden, die für die verschiedenen Bedarfe passende Angebote haben, d.h. die z.B. in einem gewünschten Berufszweig die entsprechenden Leistungsangebote vorhalten oder ihre Angebote so modularisieren, dass die Fallbearbeitung präzise die Leistung anfordern kann, die für die jeweilige Person passgenau ist.
Das angestrebte System fördert somit sowohl die primäre Ausrichtung aller am System der JBH Beteiligten an den Zielen der Jugendlichen als auch die Auftraggeberrolle der Verwaltung bei der Setzung und Überprüfung fachlicher und fiskalischer Ziele.
Zu 3.
Im
Rahmen der Hartz - Gesetzgebung hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Sport deutlich gemacht, dass es Handlungsnotwendigkeiten in Bezug auf die
Benachteiligtenförderung gibt und hier ein abgestimmtes Konzept zur gemeinsamen
Beratung von jungen Menschen (Integration der Jugendlichen mit
Benachteiligungen in die JobCenter) zwischen der Bundesagentur für Arbeit und
den kommunalen Jugendämtern erarbeitet werden muss.
Auch
in diesem Kontext hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport ein
Konzept zur Umstrukturierung der Jugendberufshilfe in Berlin erarbeitet. Wie
bereits in der Mitteilung zur Kenntnisnahme vom 04. Februar 2004 ( Drucksache
15/2530) berichtet, befindet sich dieses Konzept noch in der Abstimmungsphase
mit den beteiligten Partnern, wie den Bezirken, der Bundesagentur für Arbeit
und den Trägern der Jugendberufshilfe. Da der Prozess der Abstimmung noch nicht
abgeschlossen ist, kann an dieser Stelle nur der Vorschlag der Senatsverwaltung
zur Kenntnis gegeben werden (siehe Anlage). Bei Vorlage des endgültigen
Konzeptes werde ich unaufgefordert das Abgeordnetenhaus unterrichten.
Ich
bitte, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.
Berlin, den 11. Mai 2004
Klaus B ö g e r
Senator für Bildung, Jugend und Sport
Anlage
zur
Mitteilung zur Kenntnisnahme
Entwurf - Stand 02.12.2003 -
Notwendigkeiten zur
Veränderung der Jugendberufshilfe (JBH)
in Berlin
Jugendberufshilfe flexibel gestalten
Bei dem Ausbau
von Angeboten der JBH seit Ende der siebziger Jahre trat wegen der sich rasant
entwickelnden Problematik auf dem Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkt ein
Steuerungserfordernis zunächst nicht ins Blickfeld. Festzustellen ist, dass
mittlerweile erhebliche Transferleistungen in dieses Leistungsangebot fließen,
ohne dass eine effektive angebotsbezogene oder eine fallbezogene Steuerungssystematik
realisiert wurde.
Fachveranstaltungen
sowie Veröffentlichungen zum Thema berufliche Förderung benachteiligter Jugendlicher
kommen seit längerem zu der Einsicht, dass Strukturverbesserungen unabdingbar
sind. Unisono werden die unübersichtlichen und wenig abgestimmten Förderprogramme
beklagt, die mangelnde Passgenauigkeit und Flexibilität der Angebote
kritisiert, die unter anderem Warteschleifen und Wiederholungen sowie eine hohe
Zahl von Abbrüchen nicht verhindern können.
Für Berlin
kommt die damalige Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen im Bericht
an das Abgeordnetenhaus über verbesserte Ausbildungsförderung benachteiligter
Jugendlicher – Drs. 14/1495 – zu dem Ergebnis, dass ein „abgestimmtes System
fehlt, das den jungen Menschen eine individuelle Orientierung bietet. Es müssen
Ein- und Ausstiege ermöglicht, die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen
Abschnitten gewährleistet und absolvierte Ausbildungsbestandteile anerkannt und
zertifiziert werden.“
Während der
Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter in Zwickau im April
2002 hat diese den bayerischen Modellversuch für Ausbildungsmaßnahmen für
benachteiligte Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe, bei dem
Maßnahmekosten der Trägerausbildung nach §§ 240 SGB III vom Arbeitsamt und die
Kosten der Heimunterbringung sowie der erhöhten sozialpädagogischen Betreuung
vom Jugendhilfeträger nach dem SGB VIII getragen werden soll, ausdrücklich
begrüßt.
Es wurde ein
Beschluss gefasst, sich beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und
der Bundesanstalt für Arbeit für eine Komplementärfinanzierung, wie im
bayerischen Modellversuch vorgesehen, einzusetzen. Das bayerische
Modellvorhaben biete die Chance, die existierenden Aufgaben unter optimaler
Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden Mittel zu erfüllen und so die besten
Förderungsmöglichkeiten für junge benachteiligte Menschen zu erreichen.
Die Frage nach
der Gewichtung des beruflichen Integrationszieles (Ausbildung/ Qualifizierung)
steht genauso auf dem Prüfstand, wie auch die Ausdifferenzierung des Angebotsspektrums
und die notwendige Intensität der Angebotsformen (Ausstattung/Dauer).
Die Ausprägung
der JBH wie auch der Strukturwandel und die knapper werdenden Ressourcen
erfordern entscheidende Schritte zur Umsteuerung der JBH. Diese Notwendigkeit
sowie die Steigerung von Effizienz und Angebotsoptimierung ist vom Grunde her
Konsens aller Akteure.
In diesem
Prozess müssen die im Rahmen der aktuellen arbeitsmarktpolitischen Diskussion
vorgelegten Vorschläge der Hartz-Kommission, die Novellierung des
Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und deren mögliche Auswirkungen auf den Bereich
der Jugendberufshilfe berücksichtigt werden.
Der Erhalt der
Jugendberufshilfe als eigenständige Leistung der Jugendhilfe steht hierbei außer
Zweifel.
Anforderungen an die Strukturänderung
1. Die Auswahl der angebotenen Berufe muss in angemessenen Zeiträumen
regelmäßig evaluiert und dem Bedarf angepasst werden.
2. Regionale Wege und Lösungen, die eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen, sind vor- rangig zu nutzen.
3. Die betriebliche Orientierung ist einzelfallbezogen durch eine schnellstmögliche Einbeziehung und Über- gänge in die Erwerbswirtschaft zu gewährleisten.
4. Soweit neue berufsspezifische Anforderungen und Entwicklungen nicht
durch die JBH erbracht werden können,
sind diese in Kooperation mit der Erwerbswirtschaft abzusichern.
5. Die umfassende Kenntnis und Ausschöpfung der gesamten Angebotsstruktur
durch die Jugendämter führt zu hoher
Passgenauigkeit beim Einzelfall und gleichzeitig zu einer verbesserten
Preis-Leistungs-Relation, ergänzt um
eine Differenzierung der Angebotsformen.
6. Die Verbesserung der Kompetenzermittlung in der Falleingangsphase
verringert deutlich die Abbruchquo- te.
7. Es ist zu prüfen, ob die Finanzierung der Ausbildung durch die
Jugendhilfe in diesem Umfang notwendig ist
und nicht durch eine andere Angebotsstruktur gesichert werden kann.
8. Rein einrichtungsbezogene Angebotsformen sind auf das unbedingt
notwendige Maß zu beschränken.
9. Der am Einzelfall abgeleitete Bedarf wird mit den vorhandenen Angeboten abgeglichen und diese daran orientiert.
Die Auswertung der Einzelfalldaten ermöglicht erst eine bedarfsorientierte
Steuerung der Angebote und da- mit
auch die Festlegung erforderlicher Geldmengen.
10. Originäre Aufgabe der Jugendhilfe ist es, den sozialpädagogischen
Betreuungsbedarf festzustellen und zu sichern.
Der berufsbildende Teil ist vom Grunde her durch die hierfür zuständige
Institution oder durch die Erwerbswirtschaft
abzudecken.
Jugendberufshilfe 2010 (siehe auch Anlage -
Schaubild)
In
einer einvernehmlich abgestimmten Struktur konzentriert sich die Jugendhilfe
uneingeschränkt auf die Kernaufgabe der sozialpädagogischen
Betreuungsleistungen als Teil der JBH. Die Verantwortung für die berufliche
Bildung tragen die Arbeitsverwaltung und die Erwerbswirtschaft. Die
berufsbildende Schule ist mit ihren Ressourcen im berufsbildenden Teil eingebunden.
Die
Schnittstellen und die Übergänge werden flexibel gestaltet und eine Versäulung
vermieden.
1.
Es
wird ein eigenständiges verbindliches Leitsystem geschaffen, das den Übergang von Schule-Beruf mit
verschiedenen Komponenten der
Berufsorientierung organisiert.
2. Auf der Instrumentenebene werden entsprechend SGB III im Rahmen der Benachteiligtenförderung Maß- nahmen der beruflichen Ausbildung, Orientierung, Qualifizierung durch die Arbeitsämter in enger Ab- stimmung mit den Jugendämtern angeboten.
3.
Bei Feststellung eines besonderen sozialpädagogischen Mehrbedarfs durch das
Jugendamt wird entspre- chend §13
SGB VIII die sozialpädagogische Betreuung durch das bezirkliche Jugendamt
veranlasst und in der Regel von
freien Trägern der Jugendhilfe sichergestellt.
4. Die Feststellung der Eingliederung der
Jugendlichen nach SGB III oder SGB VIII erfolgt nach konkreten, mit dem LAA abgestimmten Kriterien.
Sogenannte „Grenzfälle“ werden in enger Kooperation zwischen den Jugendämtern und den Arbeitsämtern in den
gemeinsam betriebenen bezirklichen Jugendberatungs- stellen zugeordnet.
Umbau
der JBH in Stufen durch Ausdifferenzierung des bisher klassischen Angebotes der
Vollausbildung beim Träger in drei Schwerpunkte:
1.
Kooperationsmodelle § 240 SGB III / SGB VIII
2.
Kooperationsmodelle Verbundausbildung (Erwerbswirtschaft) / SGB VIII
3.
Überführung eines Teils des bisherigen Angebots in eine für die Dauer der
Berufsausbildung mit Leis- tungsvertrag
geförderte Maßnahme
1. Abkoppelung der BV von der Berufsausbildung
(dabei die modellhafte Übernahme von Modulen von MDQM I in die BV des LAA)
2. Realisierung eines Verfahrens für eine
angebotsbezogene Bedarfsermittlung mit den Partnern LAA, IHK, BIB