Punkt 1 der Tagesordnung
Aktuelle Viertelstunde |
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Siehe Inhaltsprotokoll.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Ich rufe auf
Punkt 2 der Tagesordnung
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Hierzu findet eine Anhörung statt. Wird ein Wortprotokoll gewünscht? – Das ist der Fall, dann verfahren wir so.
Der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung hat am 10. Mai 2004 mit den Stimmen der SPD und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der Grünen empfohlen, den Antrag a) der SPD- und PDS-Fraktion Drucksache 15/2293 anzunehmen, den Antrag b) Drucksache 15/679 mit den Stimmen der SPD, der PDS, der CDU und der FDP gegen die Stimme der Fraktion der Grünen empfohlen abzulehnen und c) den Antrag der CDU Drucksache 15/1959 mit den Stimmen der SPD, der PDS und der Grünen gegen die Stimme der Fraktion der CDU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP ebenfalls abzulehnen.
Meine Damen und Herren! Von den Sachverständigen ist Herr Maciejewski, der von Bündnis 90/Die Grünen eingeladen wurde, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, heute hier Fragen zu beantworten und Stellung zu nehmen. – Erschienen sind Frau Dr. Kuhne, an der FU zuständig für den Fachbereich Veterinärmedizin, Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Labortierkunde, Herr Bob, Tierarzt, der Ihnen wahrscheinlich schon bekannt ist, Frau Düllberg, die Vorsitzende des Vereins Berliner Hundeschnauze und Herr Hellberg für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Seien Sie herzlich willkommen!
Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen zunächst einmal eine Begründung zu ihren Anträgen abgeben wollen, und deshalb erteile ich Herrn Klemm für die Koalitionsfraktionen das Wort. – Bitte schön, Herr Klemm!
Abg. Klemm (PDS): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Nach dem Thema Hartz IV, das ganz viele Menschen dieser Stadt schwer bewegen wird, fällt es ein bisschen schwer, jetzt in aller Ernsthaftigkeit das nächste Thema zu behandeln. Nichtsdestotrotz ist das Interesse an ihm, wie wir sehen, ausgesprochen groß, obwohl ich das Interesse und auch die Auseinandersetzung um die Anhörung hier im Ausschuss, wen man noch einmal hören will oder wen man nicht hören will und wie lange man darüber debattieren will, nicht wirklich nachvollziehen kann. Denn die Frage ist ja: Was ist denn eigentlich im Moment passiert? Was legt zum Beispiel die Koalition als Antrag vor? – Wir haben ein Verwaltungsgerichtsurteil, das nahe legt, dass eine Verordnung, die in Berlin erlassen wurde, nicht in allen Punkten mehr rechtssicher sein könnte, was nahe legt, dass Berlin ein Gesetz braucht. Zweitens haben wir als Koalition aber trotzdem noch auf ein Verfassungsgerichtsurteil gewartet, das die Frage beantworten sollte, inwiefern zum Beispiel das Vorhandensein von Rasselisten in Hundegesetzen der Länder möglich ist oder nicht. – Zu meinem großen Bedauern haben die Gerichte entschieden, dass die Möglichkeit einer Rasseliste besteht und dass es den Ländern obliegt, sie zu erlassen, ohne darüber hinaus Kriterien zu formulieren, wie denn so eine Rasseliste auch rechtssicher und überprüfbar ist. Ich finde das schade, aber so ist es gekommen. Und in solch einer Situation steht man dann schon davor, eine bestehende Verordnung in ein Gesetz zu „gießen“. Jenseits davon gibt es Differenzen – und die gibt es unter anderem auch zwischen Verwaltung und SPD auf der einen und PDS auf der anderen Seite, und die beziehen sich in der Frage eben auch nur auf die Rasseliste. Im politischen Geschäft ist es dann so, dass man das Problem hat, Kompromisse finden zu müssen und dass man versuchen muss, aufeinander zuzugehen. Normalerweise hätten wir das machen können, was viele andere Bundesländer gemacht haben: Man nimmt sich die Verordnung, schreibt über die Verordnung „Gesetz“, ändert alles, was Verordnung ist in dem Gesetz auf „Gesetz“ – und fertig ist das neue Hundegesetz.
So einfach haben wir es uns nicht gemacht, sondern wir haben versucht – neben dem viel diskutierten Thema Rasseliste –, auf einiges Anderes einzugehen, was ich hier ansprechen will. Wir haben uns darauf verständigt, erstens die Rasseliste zu verkürzen und nicht an ihr festzuhalten – eine schwierige Debatte. Wir haben auch die Möglichkeit eröffnet, Hunde, die auf der Rasseliste sind, nach tierärztlicher Indikation vom Maulkorbzwang zu befreien. Also, wir haben dort Verbesserungen – aus meiner Sicht in die richtige Richtung, wenn auch nicht in jedem Punkt ausreichend – erreicht. Wir haben uns zweitens mit der Idee befasst, in Berlin einen generellen Leinenzwang einzuführen. Berlin ist ein Stadtstaat, kein Flächenland, und trotzdem eines der wenigen Länder, die keinen generellen Leinenzwang haben. Das wird auch mit dem neuen Gesetz zukünftig so bleiben. Wir haben nur in einigen Punkten die Leinenzwangregelung präzisiert, nämlich dass in Menschenansammlungen, in Treppenhäusern, in öffentlichen Verkehrsmitteln die Leine verkürzt wird. Darüber muss man nicht noch einmal lange reden, weil die meisten, die sich mit dem Thema befasst haben, diesen Aktionsradius von einer zwei Meter langen Leine bis zu sieben Metern kennen – das muss man nicht neu vorexerzieren – und dann noch ausrechnen können, dass eine andere Leinenlänge einen viel geringeren Aktionsradius ermöglicht. Ich habe abenteuerliche Diskussionen über die Frage gehört, wie das denn mit dem 2,50-Meter-Mann und dem Dackel funktionieren soll. Aber auch der 2,50-Meter-Mann, wenn er seinen Dackel an der Leine führt, hält die Leine nicht mit ausgestrecktem Arm, sondern eher unten. Man müsste also schon wie „Bernd das Brot“ aussehen und 2,50 m groß sein –„Bernd das Brot“ ist eine Figur im Kinderkanal –, um dann sozusagen bei einer 1 m langen Leine nicht mehr an seinen Hund heranzukommen. – Also, ich glaube, die Präzisierung ist vernünftig.
Die FDP hat in dem Zusammenhang einen anderen Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt, die Länge der Leine müsste immer der Situation entsprechend sein. – Das sieht vernünftig aus, aber das können Sie leider überhaupt nicht kontrollieren, das ist bei der Materie schwierig. Ich halte die Präzisierung der Leinenpflicht also für vernünftig, obwohl man im Einzelfall auch noch einmal – in den Abstimmungen, die in der nächsten Sitzung erst erfolgen sollen – gucken muss, ob wirklich an allen Orten, wo die 1 m lange Leine vorgeschrieben worden ist, die 1 m lange Leine notwendig ist. Mir erscheint das zum Beispiel in Kleingartenanlagen und auf Sportplätzen nicht notwendig. Da müssen wir gucken. Ich finde, da kann man wieder auf die üblichen 2 m gehen.
Was mich in der Debatte mit der Opposition viel mehr interessiert, ist, wie wir uns zu einem Vorschlag verhalten, den alle Hundeexperten in allen Anhörungen gefordert, den Sie von der Opposition auch immer wieder und den wir sowohl in der Opposition als auch in der Verantwortung gefordert haben, wo uns aber die Versicherungswirtschaft zum Beispiel bei der Pflicht-Haftpflichtversicherung – ich vermute, dass Herr Hellberg das heute auch machen wird –, aber auch die Verwaltung bei der Frage Chip-Pflicht Widerstand entgegensetzt und sagt: Die Einführung einer generellen Pflicht-Haftpflicht und die Einführung einer generellen Chip-Pflicht eröffnet jede Menge Probleme. Und: Es kann eine gerichtliche Auseinandersetzung kommen, und wer weiß, ob man sich da durchsetzt. – Ich glaube, dass es eine sehr, sehr vernünftige Regelung ist und an der Zeit, dass dort ein Land, nämlich Berlin, voranschreitet und sagt, wir führen das jetzt ein. Das ist gefordert worden. – Das schützt die Halter, das schützt die Hunde, das schützt auch die Opfer von möglichen Hundeübergriffen. Aber da interessiert mich schon ganz brennend, inwiefern Sie gegen den Widerstand der Verwaltung und – ich gehe mal davon aus – auch gegen die dementsprechenden Stellungnahmen des Senats bereit sind, diese zwei Punkte mitzutragen: die Einführung einer generellen Pflicht-Haftpflichtversicherung und die Einführung einer generellen Chip-Pflicht, ohne – und darauf lege ich großen Wert: ohne – dass eine Datei angelegt wird und nicht ohne Not, also ohne vorliegenden Vorfall, die Daten des Chips von der Verwaltung gespeichert werden. Ich hoffe, dass wir uns in den Punkten wenigstens näher kommen.
Um es abzurunden: Die einzigen – einmal abgesehen von dem, was ich erläutert habe: Wir passen nach Urteilen Recht an. –, die aus meiner Sicht einen neuen Aspekt in die Debatte eingebracht haben, waren die Grünen. Nun ist der Aspekt auch nicht mehr ganz so neu, denn in jeder Legislaturperiode wird von Ihnen dieser Hunde-TÜV wieder gefordert. Es gibt auch eine Reihe von Experten, die sagen, das ist im Rahmen der Prävention das Weitestgehende. Das teile ich. Aber ich teile die Auffassung nicht, dass eine solche Belastung von Hundehaltern – TÜV für alle großen Hunde alle zwei Jahre – angemessen und durchführbar ist. Ich sage, das geht viel zu weit, das greift viel zu stark in die Rechte der Hundehalterinnen und Hundehalter ein. Das überzieht in seinem Anspruch erheblich, und deshalb sind wir auch nicht bereit, das mitzutragen.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Klemm! Das ist schon fast die Einleitung für eine Debatte, die wir in 14 Tagen führen wollen. – Für Bündnis 90/Die Grünen dann Frau Hämmerling – bitte, Sie haben das Wort!
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich bewerte natürlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein bisschen anders. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt – und deshalb ist der Gesetzentwurf der Regierungskoalition verfassungsrechtlich bedenklich –, dass es zwar rechtlich zulässig ist, die Gefährlichkeitsannahme zu Grunde zu legen und Hunden ein höheres Gefährdungspotential zuzuschreiben. Die Richter haben aber auch gesagt, dann ist es notwendig, zu kontrollieren und statistische Erhebungen zu führen und genau zu überprüfen, ob diese Annahme auch tatsächlich der Situation, der Lebenswirklichkeit hier entspricht. Im Grunde genommen habe ich durch die Kleinen Anfragen, die ich in der Vergangenheit gestellt habe, bereits die statistische Grundlage, dass die Lebenswirklichkeit in Berlin eine ganz andere ist; denn diese indizierten Hunderassen sind zu 6 % an allen Beißvorfällen beteiligt. Nun kann man darüber diskutieren, ob das in Ordnung ist und wie der prozentuale Anteil an den gehaltenen Hunden ist, aber 6 % sind 6 %. Die Frage ist: Was machen wir mit den anderen 94 %? – Und darauf haben Sie keine Antwort.
Ich möchte kurz darlegen, was uns zu diesem Gesetzentwurf
bewogen hat: Wir haben einmal die Auswirkung der Hundeverordnung mit der
Rasseliste bewertet – also, was ist da passiert? – Die Hundehalter
werden jetzt diskriminiert, wenn sie solche Tiere halten. Sie halten sie zwar
schon seit 30 Jahren, aber im Moment werden sie angespuckt – auch
Hundehalter, die Hunde haben, die so ähnlich aussehen. Und da möchte ich Ihnen
ein Papier durch die Reihen geben: Versuchen Sie, einmal herauszukriegen,
welches die fünf indizierten Hunde von diesen 15 sind. Mal sehen, was Sie als
Experten da meinen. – Die Hundebisse haben abgenommen, das ist richtig. Aber
diese Woche ging eine Statistik durch die Presse, die deutlich gemacht hat,
dass auch die Anzahl der gehaltenen Hunde abgenommen hat, und dass das im
proportionalen Zusammenhang mit der Abnahme der Hundebisse steht. – Die
Veterinär- und Lebensmittelämter befassen sich jetzt mit der Zuordnung und dem
Rätselraten um Hunderasselisten und mit der Kontrolle von so genannten Kampfhunden,
statt wichtige Verbraucherschutzaufgaben zu leisten, die eben auch noch ihre Aufgaben
sind oder vor allem ihre Aufgaben sein sollten. – Die Tierheime sind voll mit
den Listenhunden, und das Ergebnis haben wir auch diese Woche zur Kenntnis
nehmen dürfen: Die Tierheime verlangen inzwischen ein Entgelt, wenn die
Besitzer ihre Tiere abgeben wollen – was aus meiner Sicht – und darüber
werden wir uns im nächsten oder übernächsten Jahr zu unterhalten haben –
wieder mehr ausgesetzte Tiere zur Folge haben wird. Denn wenn ich das Geld
nicht habe, das Tier durchzufüttern, dann habe ich es schon gar nicht, es dort
abzugeben, dann setze ich es einfach aus – und genau dahin werden wir
kommen. Es ist letztlich die verantwortungslose Gesetzgebung, die gesagt hat:
Diese Hunderassen – egal, was die Experten sagen – sind – –
– [Zuruf des Abg. Klemm (PDS)] – Wir haben noch kein Hartz IV, lieber
Herr Klemm. Und die Hunde werden mit und ohne Hartz IV ausgesetzt werden.
Wir haben uns bei dem Gesetzentwurf den Fachleuten angeschlossen – und das sagen Ihnen alle Experten, die sich mit Hunden befassen: Gefährlichkeit ist eine individuelle und keine rassenspezifische Eigenschaft. Das Aggressionsverhalten gehört zum Verhaltensrepertoire eines jeden Hundes. Der Dackel, der Chihuahua, aber auch der Pitbull und der Schäferhund haben dieses Aggressionspotential genauso, wie wir Menschen es haben. Deswegen ist das nicht eine Sache, die einer Rasse zuzuordnen ist. Was das Wesen des Individuums Hund, also des Einzelexemplars ausmacht: Das setzt sich natürlich aus den genetischen Bausteinen zusammen, es setzt sich zusammen aus der Sozialisation – also wie ist der Hund in den ersten Lebensmonaten aufgewachsen, wie ist er in seinem Rudel angekommen? – und seiner Erziehung. Die Presse – das besagt uns der Beißvorfall vom Sonntag – ist besonders wenig hilfreich bei der Suche nach geeigneten Lösungen für das Problem der gefährlichen Hunde. Wir haben am Montag eine Berichterstattung über ein- und denselben Hundebeißvorfall, in der der Hund einmal als Bendog, einmal als Schäferhundmischling, einmal als Bendogmischling und einmal nur als Mischling benannt wurde und bei der noch zwei Bilder von diesem Hund in verschiedenen Zeitungen waren: Das eine Foto zeigte einen braunen Hund, das andere Foto einen schwarzen Hund. Und einmal wurde dieser Hund als Kampfund beschrieben. Ja, was war er nun eigentlich? – Aber die Öffentlichkeit ist der Meinung, hier ist wieder ein Kampfhund aktiv geworden, und die Koalition verabschiedet jetzt ein Gesetz, in dem präventiv dagegen vorgegangen wird, dass diese Kampfhunde – es war definitiv keiner, er wird nicht erfasst – nicht mehr auffällig werden – und genau das haben wir nicht. Denn all die Maßnahmen, die Sie vorschlagen, treffen auf diesen Fall nicht zu. Im eigenen häuslichen Bereich wird der Hund – – Aber gut, dazu komme ich noch. – Wir wenden uns der Frage zu: Wenn wir ein Gesetz machen wollen, müssen wir statistische Grundlagen haben. Sie müssen beantworten: Wer hat gebissen? Wo hat er gebissen? Weshalb hat er gebissen, und wen hat er gebissen? Also, die erste Frage: Wer und wo wird von Hunden gebissen? – Die Fachexperten sagen, überwiegend zu Hause. Ungefähr 70 % aller Hundebisse ereignen sich im häuslichen Bereich. – Nun kann man sagen: Na gut, dumm gelaufen, hier hat der Hundebesitzer selbst schuld! Aber hat er Kinder – und häufig sind auch Kinder der Bekannten oder Nachbarn betroffen –, kann man es sich nicht so einfach machen. Spätestens an der Stelle muss man darüber nachdenken: Wie kann ich Vorsorge treffen, dass solche Hundebisse nicht stattfinden? – Und zu Hause – das wissen Sie auch alle, meine Damen und Herren – hat Maulkorb- und Leinenzwang keine Chance. Spätestens da laufen sie ohne Maulkorb und Leine herum. Also, die Problemlösung kann nicht Maulkorb- und Leinenzwang sein, sondern nur Sachkunde.
Die nächste Frage: Wer sind die größten Beißer? – Da hilft auch wieder der Blick auf die Statistik: Erst einmal ist klar, alle können beißen – darüber sind wir uns einig, Herr Bob –, vom Chihuahua über den Dackel, der bevorzugter Feind aller Briefträger ist, bis hin zu den großen. Aber wie sich diese Hundebisse den tatsächlich gehaltenen Individuen der einzelnen Hunderassen zuordnen lassen, das weiß der Geier. Denn der VDH hat zwar Statistiken über die Hunde, die in den Zuchtbüchern geführt werden, aber nicht über die Hinterhof- und Hobbyzüchter. Und auch da stehen wir vor großen Fragen. Professor Juhr – der vom gleichen Fachbereich kommt wie Frau Kuhne, aber dort nicht mehr tätig ist – hat vor vier Jahren die Einschätzung vorgetragen, dass die Hundebisse jeder Rasse ungefähr prozentual entsprechend der gehaltenen Hunde sind und dass da keine Rasse auffälliger ist als eine andere. Aber ein weiterer Blick in die Statistik ist schon ein Stück weit hilfreicher, wenn Sie sich nämlich die Statistik angucken: Welche Hunde in Berlin haben denn Bisse verursacht? – Wobei die Statistik auch nicht stimmt. Das wissen wir auch, wie schwierig es ist, die Hunderassen definitiv zuzuordnen. Da kommen wir aber zum Ergebnis, dass 94 % der Bisse auf das Konto anderer Hunde gehen und nicht auf die, die Sie jetzt aufgeschrieben haben.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Hämmerling! Gestatten Sie eine Zwischenbemerkung. Ich hatte schon vorhin darauf hingewiesen, dass wir uns kurz fassen wollen, weil sich nach den Stellungnahmen der Sachverständigen noch unsere – in der Regel waren es zwei – Fragerunden anschließen.
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Ich habe nicht mehr viel. Ich verweise nur noch einmal – und dieses Argument ist neu für Sie, deswegen bitte ich Sie, genau aufzupassen – darauf, dass es in den letzten 35 Jahren 58 erfasste Todesfälle gab, die auf das Konto großer Hunde gehen. Mit 25 Fällen ist der Schäferhund dabei, und dann reduziert es sich. Es sind auch die netten Tiere dabei, wie der Labrador, und auch der Bernhardiner kann zu Tode beißen. Herr Dr. Bob, es ist ein einziger Hund dabei, der kleiner ist. Es handelt sich um einen Dackel-Spitz-Mischling, der unter ungeklärten Umständen seinen Besitzer, der alkoholisiert war, zu Tode gebracht hat. Wie, kann keiner genau sagen. Es spricht dafür, dass Bisse von großen Hunden andere Auswirkungen haben als die von kleinen Hunden. Aber, da stimme ich mit Ihnen überein, beißen können Sie alle. Deswegen sagen wir: Wenn man eine Lösung finden will, kann man durchaus normieren und die großen anders behandeln als die kleinen Hunde.
Nun zu der Frage: Warum beißen Hunde? –, die auch wichtig ist, zu beantworten. Dazu haben wir sehr wenig Material und brauchen in Zukunft statistische Unterstützung. Es gibt falsch erzogene, unsichere Tiere, es gibt die Angstaggression, also das berühmte Pfeifen im Walde: Besser ist es, erst einmal giftig zu sein, als hinterher etwas einzustecken. Der Beutetrieb, das Revierverhalten und Schutzhundfunktionen sind anders zu bewertende Ursachen in der Frage, wie wir eine Lösung für das Problem finden. Es gibt noch zwei andere Probleme, die wir aber mit den Gesetzen kaum beheben können: das bewusste Hetzen eines Hundes auf Menschen, so wie wir es gestern Abend erleben konnten, als ein Hundebesitzer seinen Hund auf türkische Kinder gehetzt hat. Man muss auch Unfälle bewerten, die entstehen, wenn ein Hund auf die Straße läuft und einen Unfall verursacht, z. B. ein Motorradfahrer stürzt o. Ä.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Hämmerling, wir merken, dass Sie schon sehr viel wissen. Aber es muss für die Sachverständigen noch etwas übrig bleiben. Bitte kommen Sie mit Ihren einführenden Worten zur Stellungnahme zum Ende.
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Das will ich gerade. Die Maßnahmen, die wir in unserem Gesetz vorschlagen: a) den Hundeführerschein für mehr Sachkunde und Verantwortungsbewusstsein und b) für die Hundehalter aller großen Hunde, und bei den Hunden, die schon einmal gebissen haben, wollen wir einen standardisierten Sachkunde- und Wesenstest, der von Experten stammen muss. Was es dazu jetzt gibt, reicht uns nicht. Wir wollen eine Chip-Pflicht und eine Haftpflichtversicherung. Dazu besteht auch Konsens. Wichtig ist für uns, dass der Vollzug vernünftig strukturiert, organisiert und durchgesetzt wird. Wir sollen auch eine schulische Aufklärung. In der vierten Klasse soll nicht das Haushuhn, sondern der Haushund behandelt werden. Es sind nur zwei verschiedene Buchstaben, die aber einen deutlichen Unterschied machen. Und wir brauchen Übergangsregelungen, denn jetzt kommt das Argument der Überbürokratisierung, der Hunde-TÜV sei nicht die Behörde, sondern ein Team, das außerhalb der Behörde sitzt. Das belastet die Verwaltung nicht. Dort – so stellen wir uns vor – soll alles kontrolliert werden.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Frau Hämmerling! – Herr Schmidt, Sie werden den Antrag der CDU-Fraktion begründen wollen. Ich bitte Sie, sich kurz zu fassen.
Abg. Schmidt (CDU): Liebe Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! – Sie können sich sicher sein, dass es bei mir erheblich kürzer werden wird. Ich bin hier, um eine Anhörung durchzuführen und bitte demzufolge unsere Experten um Entschuldigung, dass wir seit einer Stunde und fünf Minuten über alles andere reden, aber nicht über das, was wir Sie eigentlich fragen wollten. Sie haben von der CDU-Fraktion einen Fragenkatalog erhalten, ebenso wie von den Grünen.
Soweit mir bekannt ist, sind von Seiten der Koalition im Vorfeld keine Fragen gestellt worden, obwohl es verabredet war, was mir im Augenblick erheblich zu denken gibt, denn wir haben uns bemüht – und das ist die einzige Begründung, die ich für unseren Gesetzentwurf darlegen möchte – anhand der vielen Expertenmeinungen, die wir im Vorfeld gehört haben, etwas Vernünftiges für die Hundehalter in dieser Stadt, aber auch für die übrige Bevölkerung auf das Papier zu bringen. Wir haben uns an dem, was es schon gibt, orientiert. Im § 1 der Straßenverkehrsordnung wird Ähnliches gesagt, wie in unserem Hundegesetz, nämlich, dass sich jeder so verhalten soll, dass niemand anderes gefährdet, belästigt oder ähnlich geschädigt wird. Wenn wir das mit einem zukünftigen Hundegesetz erreichen würden, würden wir uns freuen. Vielen Dank!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Die Koalition hat keine Fragen gestellt, weil wir uns darauf beschränkt haben, einen Sachverständigen in diese Runde einzuladen, der aus unserer Sicht etwas Neues beitragen kann, und wir werden mit Sicherheit in der Richtung im Anschluss Fragen stellen.
Wir kommen jetzt zur Anhörung, und ich bitte Herrn Hellberg um seine Stellungnahme. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Hellberg (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.): Herzlichen Dank, Frau Vorsitzende, für die Gelegenheit, hier Stellung nehmen zu können. – Ich sage kurz einen Satz zu unserem Verband. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft vertritt sämtliche am deutschen Markt zugelassenen Versicherer. Das sind ungefähr 450 mit verschiedenen Untergesellschaften, und dazu gehören auch die etwa 160 Haftpflichtversicherer hier in Deutschland. Ich leite die Abteilung allgemeine Haftpflichtversicherung, und darunter fällt auch das Geschäftssegment der privaten Haftpflichtversicherung, zu der die Hundehalterhaftpflichtversicherung gehört.
Was die Fragenkataloge anbelangt, möchte ich mich nur zum Themenkomplex der Hundehalterhaftpflichtversicherung. Nur da fühle ich mich hinreichend sicher, und ich bin auch heute hier, um dazu etwas zu sagen.
Zunächst zur Schadenvermeidung und Wirkung einer Hundehalterhaftpflichtversicherung: Alle Gesetzesentwürfe machen deutlich, dass die Schadenvermeidung oberstes Ziel ist. Auch ich meine, dass der effektivste Opferschutz immer noch durch Prävention zu erreichen ist. Insoweit ist es vernünftig, sich darüber Gedanken zu machen, den Erwerb von als gefährlich eingestuften Hunden zumindest zu erschweren oder über Leinenzwang, Maulkorbzwang usw. nachzudenken. Auch Befähigungsnachweise der Halter sind sicherlich sinnvoll, um Schäden zu vermeiden. Eine Haftpflichtversicherung bringt da relativ wenig. Im Gegenteil, sie könnte vielleicht sogar – insbesondere dann, wenn sie im Rahmen einer Pflichtversicherung eine sehr umfassende Deckung darstellen sollte – den Halter dazu verleiten, eher sorglos mit seinem Hund umzugehen und vielleicht sogar noch Schäden eher einmal in Kauf zu nehmen, als wenn man keinen oder keinen weiten Deckungsumfang hätte. Gleichwohl ist eine Haftpflichtversicherung sinnvoll, wenn der Hund zugebissen hat oder in einem anderen Zusammenhang ein Schaden durch den Hund entstanden ist, insbesondere dann, wenn es sich um Personenschäden handelt, die meistens sehr teuer werden und die Leistungsfähigkeit des Hundehalters übersteigen. Da genau ist eine Hundehalterhaftpflichtversicherung sinnvoll, denn sie ermöglicht die Kompensation des entstandenen Schadens.
Vor dem Hintergrund vielleicht noch eine Zahl: Wir meinen, dass der Grad der Abdeckung an freiwilligen Versicherungen in Deutschland über 70 % liegen müsste, d. h., 70 % der Hunde sind irgendwie schon durch Haftpflichtversicherungen geschützt. Grundsätzlich kostet so eine Haftpflichtversicherung etwa 100 €, manchmal auch weniger. Einige Anbieter sind dazu übergegangen, für so genannte Kampfhunde, die sie als gefährlicher erachten, zum Teil deutlich höhere Beiträge zu nehmen. Das Ganze ist ein Standardprodukt, das von nahezu allen Haftpflichtversicherern angeboten wird.
Vor dem Hintergrund wende ich mich nun der Frage zu: Was ist mit einer obligatorischen Hundehalterhaftpflichtversicherung? Sollte man sie obligatorisch ausstatten? – Zunächst einen Hinweis auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, die dann zu prüfen ist. Immerhin handelt es sich, insbesondere dann, wenn diese Hundehalterhaftpflichtversicherung obligatorisch für die Halter sämtlicher Hunde, also ohne Rücksicht auf die Rasse oder potentielle Gefährlichkeit, zu nehmen ist, um einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie. Man kann – wie Juristen es gern tun – die Sache so oder so sehen. Ich will das auch gar nicht endgültig entscheiden. Ich weise nur darauf hin, dass das ein erhebliches Problem ist, das man in diesem Zusammenhang noch einmal genau prüfen müsste. Möglicherweise ist das alles Ihrerseits schon geprüft worden. Ohne mich dazu abschließend zu äußern, möchte ich nur sagen, dass auf jeden Fall der Versicherungsschutz, wenn eine obligatorische Hundehalterhaftpflichtversicherung eingeführt wird, erheblich teuer wird. Warum ist das so? – Weil das Versicherungsvertragsgesetz für eine Pflichtversicherung bestimmte Mechanismen vorschreibt, die den Versicherungsschutz in der Administration, insbesondere, weil wir es hier mit einem ganz niedrigen Preissegment zu tun haben, erheblich verteuern würde. Man müsste gesondert Versicherungsbestätigungen ausschreiben und den Versicherungsnehmer damit versorgen, man müsste der Behörde melden, wenn kein Versicherungsschutz mehr besteht. Und er besteht eben nicht nur dann nicht mehr, wenn das Tier abgeschafft wird oder der Hund stirbt o. Ä., er besteht auch dann nicht mehr, wenn ein Versichererwechsel stattfindet. Also, wenn man sich für 10 € billiger woanders versichern möchte, müsste an die Behörde gemeldet werden, dass bei der Versicherung X Y kein Vertrag mehr besteht, und das Haftungsrisiko wäre für den Versicherer auch höher, denn im Versicherungsvertragsgesetz ist für diese Fälle der Pflichtversicherung vorgeschrieben, dass man bis zu einem Monat, nachdem man der Behörde angezeigt hat: Jetzt besteht der Vertrag bei der Versicherung X Y nicht mehr – gleichwohl noch gegenüber dem Dritten haftet. Das ist ein erhebliches Risiko, für das der Versicherer zusätzlich keine Prämie bekommt.
Die ganze Sache wird also teurer, nicht zuletzt deshalb, weil auch die Standardprodukte auf die Erfordernisse, die dann in Berlin herrschen, umgestellt werden müssen. Nicht, dass sie hier gänzlich anders sind als in anderen Bundesländern. Selbst da, wo zum Teil Pflichtversicherungen eingeführt wurden, würde es das Ganze auch erheblich verteuern. Das Ganze müsste EDV-mäßig eingepflegt werden, und ich will nicht verschweigen, dass zusätzliche Stellen bzw. Behördenfunktionen eingerichtet werden müssen, denen die Überwachung der Einhaltung der Pflichtversicherungsvorschriften übertragen wird. D. h., Ordnungsämter oder wer auch immer müssten das in Berlin kontrollieren. Allein schon im Fall der erheblichen Zahl an Versichererwechseln, die stattfinden werden, weil man sich vielleicht in erster Linie preislich am Angebot orientiert, wäre es eine Menge zusätzlicher Arbeit, und man muss sich die Frage beantworten, wie das bezahlt werden soll. Aber es steht mir nicht zu, ich rege nur an, darüber nachzudenken.
Vor dem Hintergrund meine ich, dass eine Pflicht-Haftpflichtversicherung nichts bringt. Ganz im Gegenteil: Zusätzliche Kosten werden verursacht. Sollte dennoch eine Pflicht-Haftpflichtversicherung gefordert werden, würde ich hinsichtlich des Gesetzentwurfs von der SPD und der PDS dringend anraten, hier einiges in der Formulierung zu ändern. Es wird dort von einer Deckungssumme in Höhe von 1 Million € für Personen, Sach- und sonstige Vermögensschäden gesprochen. Den Begriff „sonstige Vermögensschäden“ gibt es so gar nicht. Gemeint sind wohl reine Vermögensschäden, die aber im Zusammenhang mit der Gefahr des Hundes eigentlich kaum auftreten dürften, denn auch so genannte Folgeschäden von Personen und Sachschäden – Verdienstausfall u. Ä. – sind unter dem Begriff „Personenschaden“ zu fassen. Vor dem Hintergrund sehen Standardprodukte auch nur vor – wenn überhaupt reine Vermögensschäden eingeschlossen werden –, sie in Höhe von 100 000 € einzuschließen. Das sollte man hier auch machen oder ganz auch die Vermögensschäden verzichten, wie Niedersachsen das gemacht hat. Das würde ich für sinnvoll halten. Besonders wichtig ist es, eine so genannte Jahresmaximierung einzuführen. D. h., es wird nicht uferlos für jeden Schadenfall bis zu 1 Million € – oder wie hoch auch immer – seitens des Versicherers geleistet werden können, sondern normalerweise sollte es auf das Zweifache begrenzt werden, d. h., in dem Fall maximal 2 Millionen € pro Jahr. Alles andere würde schlichtweg eine unbegrenzte Deckungssumme nach sich ziehen, und so etwas ist eigentlich unversicherbar. Dafür kann nämlich kein Rückversicherungsschutz genommen werden, selbst wenn die Fälle noch so unwahrscheinlich sind, dass man für alles in astronomischen Höhen haften muss. – Vielen Dank!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Hellberg! – Ich rufe die zweite Sachverständige auf. Das ist Frau Dr. Kuhne von der FU Berlin. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Frau Dr. Kuhne (FU Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin, Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Labortierkunde): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Senatorin! Meine Damen und Herren! – Ich bedanke mich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Tierschutz und Tierverhalten am Fachbereich Veterinärmedizin der FU Berlin für die Einladung zur heutigen Ausschusssitzung. Ich bin Tierärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tierschutz und Tierverhalten. Viele Argumente von Wissenschaftlern zum Thema Rasseliste, Gefährlichkeit und Aggressivität von Hunden, Wesenstest oder Maulkorbpflicht bei Hunden wurden schon oft vorgetragen. Trotz einhelliger Meinung von Fachleuten zu diesem Thema werden Gesetze mit Rasseliste, Leinen- und Maulkorbzwang erlassen. All das, um Nichthundehaltern den subjektiven Eindruck der Sicherheit zu vermitteln.
In Berlin sind ca. 100 000 Hunde steuerlich erfasst. 2003 sind laut amtlicher Statistik 1 020 Hunde auffällig geworden. Das entspricht weniger als 1 % der in Berlin steuerlich registrierten Hunde. – Die Dunkelziffer ist nicht inbegriffen. – Auf diesen amtlich erfassten Zwischenfällen beruhen die hier diskutierten Gesetzentwürfe. Es wird allerdings geschätzt, dass 70 % bis 80 % der Vorfälle in der Familie des Hundehalters bzw. mit Besuchern geschehen. Diese werden in der Regel nicht amtlich registriert. Opfer sind häufig die Hundehalter selbst sowie Personen, die häufig zu Besuch bei dem Hundehalter waren oder anderweitig den Hund kannten, wofür leider ein tragisches Beispiel der Vorfall vom letzten Wochenende in Lichtenberg ist. Von den Familienmitgliedern sind Kleinkinder bis zum Alter von sechs Jahren und Senioren die besonders gefährdeten Personengruppen. Kleinkinder werden häufig im Gesicht, Senioren eher am Arm oder an den Beinen verletzt. Die Anzahl dieser im eigenen Haushalt vorkommenden Zwischenfälle übersteigt also deutlich die Zahl der im öffentlichen Raum geschehenen. Diese Vorfälle werden jedoch in Berlin wie auch bundesweit nicht statistisch erfasst und sind infolge dessen auch nicht angemessen bei den vorliegenden Gesetzesentwürfen berücksichtigt worden. Für die Ungleichbehandlung von Hunderassen bzw. ihren Haltern durch die Rasseliste des Gesetzgebers muss entsprechend des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März dieses Jahres signifikantes Datenmaterial vorgelegt werden. Dies erfordert zumindest, dass eine Statistik geführt wird, in der die Populationsgröße der verschiedenen Hunderassen berücksichtigt wird. Um zu erkennen, ob von einer bestimmten Hunderasse eine erhöhte Gefährdung ausgeht, reicht es nicht aus, nur die absolute Zahl von Zwischenfällen zu erfassen. Benötigt wird eine Information darüber, wie viele Vorfälle sich hochgerechnet pro 100 Tiere einer Rasse ereignen. In Berlin wird jedoch keine solche populationsspezifische Statistik erfasst.
Die Gefährlichkeit eines Hundes entwickelt sich multifaktoriell und rasseneutral. Fast jeder Zwischenfall hat eine Vorgeschichte, die sich in einer Verhaltensänderung des Hundes äußert und dem meistens eine gestörte Hund-Halter-Beziehung zu Grunde liegt. Nur unter Beachtung der Vorgeschichte des Hundes lässt sich sein gegenwärtiges Verhalten im sozialen wie situativen Kontext wirklich verstehen. Deshalb ist es erforderlich, bei Vorfällen ausführliche Daten über den Halter, den Hund, den situativen Kontext, aber auch über das Opfer zentral zu erfassen und auszuwerten. Das ist das wer, wie und wieso, das wir eben von Frau Hämmerling gehört haben.
Um präventiv eine gestörte Hund-Halter-Beziehung zu verhindern, sollten alle Hundehalter einen Sachkundenachweis ablegen. Gem. § 2a des Tierschutzgesetzes besteht die rechtliche Möglichkeit, von jedem Hundehalter Sachkunde über die Haltung und Pflege, die artgemäße und verhaltengerechte Unterbringung und Ernähung seiner Tiere zu verlangen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, weshalb jeder Angler einen Angelschein oder jeder Jäger einen Jagdschein braucht, unter den Hundehaltern dieser Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes aber nicht gelten soll. Mit einem generellen Sachkundenachweis könnten noch einige weitere Risikofaktoren wie spontane Welpenkäufe, Anschaffungen ungeeigneter Hunde für die gegenwärtigen Familien- und Lebensumstände sowie Käufe aus tierschutzwidrigen Haltungs- und Zuchtbedingungen reduziert werden. Da entsprechend der aktuellen Statistik für Berlin alle Hunde vom Collie über den Mischling bis zum Schäferhund für seinen Halter und dessen Umfeld gefährlich werden können, sollten alle Hundehalter vor der Anschaffung eines Hundes Kenntnisse und Fähigkeiten über dessen Haltung nachweisen müssen. Die bereits auffällig gewordenen Hunde sind darüber hinaus einer Verhaltenstherapie zu unterziehen. Nur in einer Verhaltenstherapie kann die Einstellung und der Umgang des Hundehalters mit seinem Tier verbessert sowie das nötige Trainingsprogramm mit dem Hund durchgeführt werden.
Zur Zuordnung von Mischlingshunden: Zu den im Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der PDS aufgeführten Rassen ist aus wissenschaftlicher Sicht Folgendes zu sagen: Eine eindeutige Zuordnung von Mischlingen zu Elterntier und bestimmten Rassen ist im Regelfall weder möglich noch sinnvoll. Ohne Genanalyse kann niemand einen Mischling gerichtsfest zuordnen. Der Nachweis der Abstammung eines Mischlingshundes von einer Rasse ist nur möglich, wenn die Elterntiere bekannt sind, das Tier selbst und seine Elterntiere fälschungssicher gekennzeichnet sind und die Elterntiere über einen anerkannten Stammbaum einer Rasse eindeutig zuordenbar sind. Wie Sie alle aus der Praxis wissen, sind alle eben genannten Bedingungen nur in extrem seltenen Fällen bei Mischlingshunden wirklich gegeben. Bei Mischlingen kommt jede Rasserasse naturgemäß in den unwissenschaftlichen Bereich. Aussagekräftiger erscheint uns bei Mischlingen die Beurteilung auf Grund des Bestehens bzw. des Nichtbestehens eines Wesenstestes, da die relevante Eigenschaft selbst überprüft wird.
Die vorgesehene generelle Haftpflichtversicherung sowie Kennzeichnungspflicht der Hunde mit einem Mikrotranspondor, dem so genannten Chip, sind aus wissenschaftlicher Sicht zu befürworten. In diesen beiden Punkten werden alle Hunde im geplanten Gesetz des Senats gleich behandelt. Das hinterlässt bei mir den Eindruck, dass Sie davon ausgehen, dass auch ein Teckel einen Personenschaden, Sachschäden oder sonstige Vermögensschäden – wobei es die nicht gibt, wie wir gerade gehört haben – von 1 Million € verursachen kann, was aus meiner Sicht im Widerspruch zu einer Rasseliste überhaupt steht.
Ich möchte noch kurz die Leinen- und Maulkorbpflicht ansprechen. Es ist nachvollziehbar, dass auffällig gewordene Hunde in der Öffentlichkeit an der Leine geführt werden und einen Maulkorb tragen. Mit einer lebenslangen Leinen- und Maulkorbpflicht ist aber eine artgemäße und verhaltensgerechte Haltung eines Hundes nicht möglich. Die Leine verhindert arttypische Verhaltensweisen wie z. B. die Kommunikation mit Artgenossen sowie Meideverhalten vor dem den Hund ängstigenden Situationen oder Gegenständen. Mit einem Maulkorb kann ein Hund die artgemäße Mimik nur eingeschränkt ausführen, und sie kann vom Gegenüber nur bedingt erkannt werden. Es kann so zu Missverständnissen zwischen den Hunden kommen, die in einer Eskalation münden kann. Die artgemäßen Möglichkeiten der Konfliktlösung werden von einem Hund in der sensiblen Phase, welche die 3. bis 16. Lebenswoche des Hundes charakterisiert, erlernt. Diese Fähigkeiten müssen ein Leben lang in vielfältigen sozialen wie situativen Kontexten aufrecht erhalten und weiter verfeinert werden. Dafür ist ein regelmäßiger Kontakt des Hundes mit Artgenossen und seiner speziellen Umwelt, wie eine Stadt sie nun einmal bietet, erforderlich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Hund die artgemäßen Möglichkeiten einer Konfliktlösung wieder verlernt. Die Bewegungsfreiheit von Hundehaltern mit ihren Hunden ist in einer Stadt aus vielen Gründen einschränkt. Wenn durch dieses Gesetz noch weitere Reglementierungen erfolgen, sollten den Hundehaltern über eine größere Anzahl von Hundeauslaufgebieten die Möglichkeit der artgemäßen sowie verhaltensgerechten Haltung ihrer Tiere gewährt werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Frau Dr. Kuhne! – Nun hat Frau Düllberg, die Vorsitzende des Vereins „Berliner Hundeschnauze“, das Wort! – Bitte schön!
Frau Düllberg (Vorsitzende der
Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Vielen Dank! – Wir
sind kein Verein, sondern eine Bürgerinitiative mit dem Namen „Berliner
Schnauze“. Aber das ist nur eine Formalie. – Ich habe einige Folien
mitgebracht. – Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Senatorin! Sehr
geehrte Damen und Herren! – Ich danke für die Einladung und gebe gern eine
Stellungnahme zum geplanten Hundegesetz ab. Ich hoffe, diese nunmehr fünfte Anhörung,
an der ich teilnehme, endet nicht wieder wie die letzte und wie alle anderen
Anhörungen davor. Die letzte endete im anschließenden Gespräch. Ich frage Frau Frau Borsky-Tausch, ob Sie denn die Gutachten
und Vorschläge der Experten bei der Planung Ihres Gesetzes nunmehr
berücksichtigen werden, und ich bekam von Frau Borsky-Tausch die Antwort: Ach
wissen Sie, die Experten haben ihre Meinung und wir von der SPD haben unsere.
Wir tun das, was wir für richtig halten.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Wenn Sie der Vollständigkeit bitte noch sagen, wo ich das geäußert habe,
wäre ich Ihnen sehr dankbar. Ich möchte meine Äußerung gern nachvollziehen
können.
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Das war nach der letzten Anhörung, die Sie zusammen mit Herrn Klemm gemacht haben. Herr Bob war als Experte und die Juristin Annette Löwe waren anwesend. Wir haben dann in der Vorhalle darüber gesprochen. – Aber das nur nebenbei, denn ich will darauf aufmerksam machen, dass ich mir heute ein anderes Ergebnis erhoffe. Wobei ich – wenn ich die Reihen von SPD und PDS sehe – wenig Hoffnung habe, dass sich bei diesem Mal irgendetwas ändern wird.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich unterbreche. Es ist in den öffentlichen Ausschusssitzungen üblich, dass man den Sachverständigen und Abgeordneten zuhören kann. Ich bitte Sie darum, keine Kommentare und Beilfallskundgebungen abzugeben.
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Es liegen drei Gesetzesvorlagen vor, die sich in einigen signifikanten Punkten voneinander unterscheiden. Allen drei Vorlagen fehlt unseres Erachtens ein wichtiger Punkt.
Zunächst aber zu den Unterschieden: Der wichtigste Unterschied ist die Beurteilung dessen, was einen gefährlichen Hund ausmacht. Dazu haben wir schon Wichtiges gehört. Aber ich möchte es doch noch einmal für die, die sich noch nicht so lange mit der Materie beschäftigen, spezifizieren. Während die CDU im Einklang mit allen vorliegenden Sachverständigen-Gutachten das einzelne Hundeindividuum in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, ungeachtet der Rasse oder der Größe, sieht der Entwurf der Grünen eine erhöhte Gefahr bei Hunden ab 40 cm Größe oder 17 kg Gewicht. Die SPD hält weiter an der Rasseliste fest. Deshalb gehe ich zunächst auf die Rasseliste ein. Wie ist sie überhaupt entstanden? – Sie wurde in Berlin im Jahr 2000 eingeführt, nachdem in Hamburg ein Kind an den Folgen von Hundebissen starb.
Folgende Statistik lag der Rasseliste zu Grunde:
Berliner Beißstatistik 1999
(Anspringen oder Verletzen von Menschen durch Hunde)
1. Mischling 643
2. Schäferhund 340
3. Pitbull (I) 162
4. Rottweiler 148
5. Staffordshire Te. (I) 96
6. Terrier 57
7. Dobermann 48
8. Dackel 39
9. Boxer 32
10. Golden Retriever 18
11. Spitz 17
12. Dalmatiner 15
13. Hirtenhund 15
14. Bullterrier (I) 15
15. Schnauzer 14
16. Husky 14
17.
Briard 14
18.
Collie 13
19. Labrador 10
20. Kaukasier 9
21. Yorkshire
Terrier 9
22. Neufundländer 8
23. Irish Setter 7
24. Jagdhunde 6
25. Bernhardiner 5
26. Cocker Spaniel 5
27. Pudel 5
28. Chow-Chow 5
29. Hovawarth 4
30. Windhund 3
34. Mastino (II) 3
35. Owcharka 3
36. Dogo
Argentino (II) 3
37. Beagle 2
38.
Rehpinscher 2
39. Rhodesian
Ridgeback 2
40. Kuvacz 2
41. Basset 2
42. Bulldogge 2
43. Berner Sennenhund 1
44. Shi-tsu 1
45. Pyrenäenhund 1
46. Pon 1
47. Lhasa Apso 1
48. Leonberger 1
49. Akita Inu 1
50. Staffordshire
Bullterrier (I) 0
51. Tosa Inu (I) 0
52. Bullmastiff (II) 0
53. Bordeauxdogge (II) 0
54. Fila
Brasileiro (II) 0
55. Mastiff (II) 0
56. Mastino
Napoletano (II) 0
I = Kategorie I (Wesenstest des Hundes, Sachkundeprüfung des Halters, Maulkorb- und Leinenpflicht)
II = Kat. II (Maulkorb- u. Leinenpflicht)
Ich habe Ihnen die
Rasseliste aus dem Jahr 1999, auf die sich der damalige Berliner Senat bezogen
hat, aufgeführt. Wir haben – von 1 bis 50 – alle Hunderassen aufgeführt, die
auffällig geworden sind. Es beginnt bei der 1 – Mischlinge – 643, Schäferhund
340 Vorfälle, wobei ich dazu sagen muss, dass man auch da schon die schlampige
Arbeit der Behörden sieht. Von uns wurde schon lange vorher die Unterscheidung
nach Anspringen und Verletzung von Menschen angefordert. Alles wird in einen
Topf geworfen. Wenn ein junger Hund an einem Jogger hochspringt, weil er vor
lauter Lebensfreude mitlaufen will, dann wird das genauso bewertet, wie wenn
ein aggressiver Hund wirklich heftig zubeißt. Diese Differenzierung ist bis
heute nicht in die Statistik eingegangen.
Ab Punkt 50 habe ich
die Hunde dazugenommen, die überhaupt nie auffällig geworden sind. Die stehen
gar nicht in der Beißstatistik. Aber – ich habe es deshalb gemacht, das werden
Sie bei der nächsten Folie sehen – genau diese letzten, die überhaupt nichts
gemacht haben, sind in die Rasseliste des Berliner Senats aufgenommen worden.
D. h., Punkt 50 bis 56 sind Hunde, die in keiner Beißstatistik stehen, aber als
extrem gefährliche Hunde gehandelt werden. Nummer 50, der Staffordshire
Bullterrier, ist sogar in die Kategorie 1 eingeordnet worden. Jetzt ist er ganz
heraus, wobei der Innenminister ihn immer noch im Bundesgesetz hat. Das ist
eine völlig verquere Situation. Warum Mastino und Dogo Argentino drinstehen und
Windhund und Münsterländer nicht, warum der Bullterrier drinsteht, aber nicht
der Boxer und Golden Retriever, die häufiger auffällig geworden sind, das ist,
wie man an dieser Statistik sieht, überhaupt nicht nachzuvollziehen. Es ist
weder für einen Menschen mit normalem gesunden Menschenverstand
nachvollziehbar, noch kann irgendein Experte ihnen sagen, warum gerade die und
keine anderen. Ich kann Ihnen aber sagen, woher diese Statistik kommt, und wenn
Sie mir einen Moment zuhören, erkläre ich Ihnen das gern.
Warum gerade diese Rassen? – Auf Grund dieser Statistik wurden 12 Hunderassen als rassespezifisch gefährlich eingestuft und mit Maulkorb- und Leinenzwang belegt – die Besitzer von vier Hunderassen mussten zusätzlich eine Sachkundeprüfung, einen Wesenstest für Hunde und alle möglichen Prüfungen ablegen, und die restlichen acht Hunderassen müssen einen Maulkorb und eine Leine tragen, ohne dass die Besitzer noch irgendwelche Prüfungen ablegen mussten. Es gibt keine Möglichkeit, diese Hunde irgendwie von dieser Liste wegzubekommen. Das war ein Drama: Als Vorsitzende unserer Bürgerinitiative habe ich den gesamten Sommer über vor verzweifelten Hundehaltern gesessen. Sie wissen überhaupt nicht, was Sie damit angerichtet haben – das sage ich in aller Deutlichkeit. Anfang der 90er Jahre, im bayerischen Wahlkampf, las Herr Breitsamer – Züchter von Schäferhunden und deutschen Doggen – im Auftrag der bayerischen Staatskanzlei die Bücher des Hundefachmanns Dr. Dieter Fleig, Besitzer und Herausgeber eines wunderbaren Verlags von Hundebüchern. Dieser Dr. Fleig hat in seinen Büchern unter den Titeln „Kampfhunde 1“ und „Kampfhunde 2“ einen historischen wissenschaftlichen Abriss über den Einsatz und Missbrauch von Hunden durch Menschen für Kampfzwecke gegeben, zum einen der in einigen Ländern beliebten Hundekämpfer – in Irland fand man es lange witzig, kleine Hunde in der Pit, im Ring gegeneinander kämpfen zu lassen – und zum anderen im Altertum, bei den Römern, Persern und Griechen, wo die Hunde im Krieg eingesetzt wurden. Diese Hunde hat man vor 2 000 Jahren mitgenommen, nämlich die Nrn. 51 bis 56, die so genannten Molossa – der Tosa Inu gehört nicht dazu. Das sind große, schwere Hunde, die auf die Kriegszüge mitgenommen wurden. Diese Hunde haben Waffen getragen und sollten vor allen Dingen den Gegner erschrecken, weil sie so groß waren. Sie brauchten eine hohe Reizschwelle, damit sie in dem Kriegsgetümmel ruhig blieben. Deshalb stehen sie in den Büchern „Kampfhunde 1“ und „Kampfhunde 2“, und das sind wissenschaftliche Abhandlungen.
Herr Breitsamer listete nun alle in dem Buch angeführten Rassen auf, ließ die deutsche Dogge weg, die dort auch drin steht – er selbst ist Züchter von deutschen Doggen –, verschwieg die Abrichtung deutscher Schäferhunde gegen Menschen in der Nazizeit – dort ist man nämlich richtig zur Sache gegangen, wohlgemerkt mit Hunden gegen Menschen, das hier sind alles Sachen, von denen Menschen gar nicht betroffen sind –, und Herr Stoiber konnte pünktlich zur Wahl 1992 eine Rasseliste präsentieren, die den Menschen in Bayern die Sicherheit vor angeblich gefährlichen Hunderassen vortäuschte. Die Folge war, dass ihre deutschen Hunderassen nun bei den Züchtern wieder stärker nachgefragt wurden, denn die Umsatzzahlen der deutschen Hunderassen waren seit der Grenzöffnung und seitdem die kleinen Pittbulls aus dem Osten herüberschwappten, rapide heruntergegangen und die finanziellen Einbußen entsprechend. Beißstatistiken wurden von dem Tag an, wo in Bayern diese Rasseliste verabschiedet wurde, nicht mehr herausgegeben. In den übrigen Bundesländern setzte sich nun der Siegeszug der kleinen Pittbulls, der Staffordshire Terrier, der Bullterrier und der Staffordshire Bullterrier ungebrochen fort. Schwarzzüchter entdeckten einen riesigen Markt, und da Hundezucht – es muss dabei von Hundevermehrung und Hundehandel gesprochen werden – hierzulande nicht reguliert ist, konnte steuerfrei und ohne Aufsicht verkauft werden, was der Markt hergab – und er gab eine Menge her. Ich möchte das anhand des Schaubilds zu Schwarzzüchtern und seriösen Züchtern verdeutlichen. Frau Hämmerling sagte vorhin, dass es diese Hunde schon seit 30, 40 Jahren oder länger in Deutschland gebe, zum Beispiel die Schweinehunde und Bullterrier. Man konnte sie auch schon vorher bekommen, aber man musste dann zu einem seriösen Züchter gehen und locker 3 500 DM für einen Hund hinblättern, denn das sind edle englische Hunderassen.
Ein seriöser Züchter zeichnet sich normalerweise dadurch aus, dass er Fachkenntnisse hat, dass er seine Hündin im Allgemeinen ein- und nicht zweimal im Jahr belegt, wie es möglich wäre, und dass er sie über ihre gesamte Lebensdauer vielleicht vier- bis sechsmal belegt. – So lauten die Informationen, die ich von den Züchtern habe; wenn ich etwas Falsches sage, dann korrigieren Sie mich bitte. – Der Züchter lässt die Hündin und die Welpen tierärztlich betreuen und impfen, er lässt die Kleinen entwurmen, behält sie mindestens bis zur achten Woche und stellt schon vorher den Kontakt zu den potentiellen Käufern her. Die Leute, die sich für einen solchen Hund interessieren, kommen schon früh und gucken sich die Welpen an. Er verkauft sie nur an Personen, die für die Hundehaltung geeignet sind, weil er im Allgemeinen nicht nur ein Hundezüchter, sondern auch ein großer Hundeliebhaber ist und möchte, dass es den Welpen später einmal gut geht. Der Züchter verkauft nur gesunde Tiere. Kranke oder irgendwie gestörte Tiere werden von einem seriösen Züchter nicht weiter verkauft. – [Zuruf: Wahrscheinlich wollen Sie nicht vom Gewinn sprechen, sondern vom Umsatz!] – Ja, vom Umsatz pro Jahr. Nehmen wir einmal an, er nimmt für ein solches Tier 1 500 €. – [Abg. Schmidt (CDU): Gewinn ist falsch!] – Ich habe gesagt, Gewinn abzüglich – – Das ist betriebswirtschaftlich falsch definiert. Wenn der Züchter zum Beispiel für einen solchen Hund 1 500 € nimmt und es sind sechs Junge, dann sind das 9 000 €. Aber er hat die Tierarzt- und Futterkosten, er muss die Hundesteuern und die Versicherung bezahlen, und er muss für eine angemessene Unterbringung sorgen. Unter dem Stricht bleibt dann nicht mehr viel übrig, weil er auch das alte Tier behält, wenn es keine Jungen mehr bekommt.
Jetzt gucken wir uns einmal den Schwarzmarkt an, wo es ein bisschen anders aussieht. Der hat nicht nur in Berlin, sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg – die sitzen überall – in den letzten zehn Jahren ein unglaubliches Ausmaß angenommen. Ein Schwarzzüchter hat im Allgemeinen keine oder wenig Kenntnisse über die Hunde, die Rasse. Er belegt die Hunde zwangsweise alle sechs Monate, und zwar so schnell es geht. Wir haben Fälle, in denen Hündinnen schon nach einem Dreivierteljahr das erste Mal trächtig sind, und wenn sie nicht mehr können, dann werden sie entsorgt. Es findet im Allgemeinen keine tierärztliche Kontrolle statt. Ab der vierten Woche verursachen die Welpen Futterkosten, fangen an, Dreck zu machen und werden verkauft. Natürlich verkauft ein solcher Schwarzzüchter an jeden, der bezahlt. Er verkauft seine Welpen in der Kneipe, inseriert in der „BZ“ – die „BZ“ hatte jahrelang Anzeigen ohne Ende: Kräftiger Pittbull zu verkaufen, 300 DM, 500 DM – mit der Zeit wurden sie billiger. Jetzt kann schon von einem Gewinn gesprochen werden.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Düllberg, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche. Ich bitte Sie, einen deutlichen Bezug zu den Gesetzen, die heute mit Sachverstand beurteilt werden sollen, herzustellen, weil wir auch noch Herrn Bob anhören möchten.
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Ja, das mache ich gern! – Der Bezug ist genau das, was in Ihrem Gesetz fehlt oder was man durch ein Extragesetz unbedingt regeln muss. Denn diese Überfrachtung des Markts mit Hunden und dass Hunde in falsche Hände geraten, hat konkret etwas mit dem Phänomen zu tun, dass sich Leute dumm und dusselig verdienen, indem sie in Kellern, Hinterhöfen oder auf irgendwelchen Grundstücken Hunde züchten und an jeden verkaufen – egal ob derjenige damit umgehen kann, die Hauptsache ist, er legt das Geld auf den Tisch. Herr Lehmann, der dort hinten sitzt, kann Ihnen ein Lied davon singen. Es greift niemand ein, kein Amtsveterinär geht dort hin, und alle sagen: Ach, was soll´s! Dann laufen die, Pittbulls und Bullterrier durch die Gegend und werden für ein Bier in der Kneipe an den Nächsten weiter verscheuert. Wenn diese Tiere ein halbes Jahr alt sind, dann landen sie beim ehrenamtlichen Tierschützer, der mittlerweile schon wieder 17 solcher Hunde in Pflegefamilien untergebracht hat, wo versucht wird, sie wieder zu resozialisieren. An diesem Sumpf wird seit Jahren nichts geändert, obwohl alle Fachleute ein Heimtierzuchtgesetz fordern. – Herr Klemm, daraufhin haben wir Sie erstmals in unsere Bürgerinitiative eingeladen, weil Sie das auch als Erster öffentlich gefordert haben. Ich bedauere sehr, dass wir nichts mehr davon gehört haben. – [Zuruf des Abg. Klemm (PDS)] – Nein, wir haben an die Bundesministerin geschrieben, und sie hat uns geantwortet, das sei Ländersache.
Durch solche Schwarzzüchter gelangten die Hunde zu der großen Masse derer, die durch unsere Wirtschafts- und Bildungspolitik an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Diese Menschen sind arbeitslos, mit einer mangelhaften Schulbildung ausgestattet, sozial isoliert, unerfahren in der Hundeerziehung und Hundehaltung und sie stammen oft aus Kulturkreisen, in denen der Hund als Haustier nicht bekannt ist. Frühzeitig warnten die Tierschützer, und die Zeitungen berichteten von illegalen Hundekämpfen. Viele Misshandlungen von Hunden wurden angezeigt, aber die Politik reagierte nicht darauf, und weder Polizei noch Amtsveterinäre schritten ein. Erst als sich die Medien ungefähr ab 1998/99 in reißerischer Form dieses Themas annahmen, bewegte sich etwas. In Berlin wurde 1999 eine an sich vorbildliche Hundeverordnung erlassen, die allen Anforderungen bezüglich der Haltung von Hunden Genüge tat, nur fehlte ein Heimtierzuchtgesetz, das diese Zuchtgeschichten regelt. – Übrigens: Auch Hamburg hatte eine solche Hundeverordnung, die den bedauerlichen Vorfall hätte verhindern können, wenn die Behörden nicht geschlafen hätten. Wir wissen, dass der Hund in Hamburg bereits Maulkorb- und Leinenzwang hatte. Niemand ist dort hingegangen und hat das überprüft. Der Halter war offensichtlich überfordert, ohne dass das irgendjemanden interessiert hätte. – So aber kam es im Jahr 2000 in fast allen Bundesländern überhastet zu der Einführung von zum Teil völlig unterschiedlichen Rasselisten, zur Enteignung mehrerer tausend Hundehalter, denen man die Hunde wegnahm, zu Massenüberprüfungen und zu Massentötungen von Hunden, die niemals in ihrem Leben auffällig geworden waren. – Vielleicht noch am Rand, ich weiß nicht, ob das bekannt ist, denn die Medien schreiben nicht darüber: Beinahe die gesamte türkische Bevölkerung Berlins schaffte damals innerhalb weniger Tage ihre Hunde ab. Welche Dramen sich in diesen Familien abspielten, möchte ich nicht wissen. Die Hunde wurden erschlagen und mit durchgeschnittener Kehle in Parks aufgefunden. Hinzu kommen die Hunde, die vom Senat eingezogen wurden. Die Freie Universität Berlin freut sich seitdem, und von der zuständigen Professorin wurde mir gesagt: Noch nie hat es für die Studenten so viele junge, gesunde Hunde als Anschauungsmaterial für das Sezieren gegeben, die kommen alle aus der Tiersammelstelle. Diese Tiere sind nur deshalb eingezogen worden, weil sie die falsche Rasse hatten, die Besitzer – aus welchen Gründen auch immer – die Sachkunde nicht nachweisen konnten oder kein Geld hatten, den Test zu bezahlen. Auch in diesen Familien haben sich Dramen abgespielt, die ich jetzt nicht ausführen möchte, aber wahrscheinlich werden wir das als Buch herausgeben.
Bundesweit verringerte sich in Deutschland innerhalb von zwei Jahren die Anzahl der Hunde um eine halbe Million, wodurch auch die Zahl der Vorfälle in Verbindung mit Hunden zurückging. Zynisch verkündet der Senat seitdem die Maßnahmen als vollen Erfolg. Den Scherbenhaufen, den er seitdem bei Tausenden von Hundehaltern hinterlassen hat, sieht er nicht. Herr Benneter, der damals noch im Berliner Abgeordnetenhaus tätig war, antwortete uns auf die Frage, wie denn das, was dort vor sich gehe, sein könne, folgendermaßen:
Es geht in der Politik nicht um Wahrheit und auch nicht um Gerechtigkeit, sondern einzig und allein um das Stimmvieh.
Da waren wir dann ein bisschen schlauer als zuvor, und überhaupt haben wir als Bürgerinitiative eine Menge über den Zynismus in der Politik gelernt.
Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt in letzter Instanz ein Urteil erlassen, das in Erwägung zieht, es könne möglicherweise von vier Rassen – bei entsprechender unsachgemäßer Behandlung der Tiere – ein Gefährdungspotential ausgehen, das jedoch geprüft und bewiesen werden müsse. Das eigentliche Problem dabei ist, dass es dazu überhaupt kein Zahlenmaterial gibt. Frau Heidemarie Fischer, damals so genannte Sicherheitsexpertin der SPD, hat es sich im Jahr 2000 leicht gemacht. Sie sagte:
Wir wissen zwar nicht, wie viele Hunde der einzelnen Rassen es in Berlin gibt, wir wissen aber, dass Kampfhunde, im Verhältnis zu ihrer Anzahl, gefährlicher sind als andere.
– Ich wäre dankbar, wenn mir einer von Ihnen diesen Satz erklären könnte. – Das Bundesverfassungsgericht hat das Gleiche gesagt, allerdings in logischer Form, nämlich:
Die in der Erhebung mitgeteilten absoluten Zahlen sagen nichts Verlässliches darüber aus, welches Gefahrenpotential den einzelnen Rassen tatsächlich zukommt, denn eine Aussage dazu setzt einen Vergleich der Zahl an schadensrelevanten Vorfällen mit dem jeweiligen Bestand der betroffenen Hundeführer voraus.
Das heißt, man muss erst einmal wissen, wie viele es davon gibt, und dann kann man sagen, dass von denen soundso viele Prozent gebissen haben. Solange diese Statistik nicht geführt wird – das ist bis heute nicht der Fall –, wird nie etwas Konkretes darüber gesagt werden können. Wenn Sie heute einen Hund zur Hundesteuer anmelden, dann fragt Sie niemand, was das für eine Rasse ist. Das hätte man längst ändern können, und das ist auch schon vor Jahren angeregt worden, aber bisher ist nichts passiert.
Das Gericht fordert Logik ein. Eine erneute Festschreibung der
Rasseliste, wie es SPD/PDS jetzt machen möchten, berücksichtigt diesen Punkt
nicht. Das heißt, Sie gehen nicht auf die Forderungen des obersten deutschen
Gerichts ein, und ich bitte Sie, diesen Punkt zu überdenken. Hinzu kommt –
das hat schon Frau
Dr. Kuhne ausführlich dargestellt –, dass in vielen Fällen die Zuordnung eines
Hundes zu einer Rasse gar nicht eindeutig möglich ist. Es gibt kein
Rassegen – weder beim Hund noch beim Menschen. Gänzlich konfus wird es bei
Mischlingen, die überhaupt nicht einzuordnen sind, wenn die Elterntiere nicht
bekannt sind. Die für Charlottenburg zuständige Amtsveterinärin Frau Dr.
Lahmann hat mir gesagt: Ach, wissen Sie, wir machen uns das leicht. Wenn ein
Hund einen weißen Fleck auf der Nase hat, dann ist das für uns ein Kampfhund,
und wenn er keinen hat, dann lassen wir ihn so durchgehen. – Genauso wird
verfahren, da fasst man sich doch als Bürger an den Kopf.
Eine zukunftsorienterte Hundegesetzgebung muss sich also vom Denken in Rassekategorien verabschieden.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Düllberg, ich darf Sie noch einmal unterbrechen. Mit Blick auf die Uhr und die sich anschließende Fragerunde – –
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Ich habe noch eine halbe Seite und eine kurze Zusammenfassung, dann bin ich fertig. – Ein vorbeugender genereller Maulkorb- und Leinenzwang, wie er von der SPD vorgesehen ist, ist ebenfalls kontraproduktiv. Wenn es dem Senat tatsächlich darum geht, gut sozialisierte und vernünftig erzogene Hunde in der Stadt zu haben, dann braucht es andere Maßnahmen. – Das gucken wir uns noch einmal kurz auf einem Schaubild an. – Der freundliche Stadthund, den wir alle, die Hundehalter, Eltern und Großeltern haben wollen, bedarf einiger Kriterien: Er sollte aus einer guten Zucht oder einer netten Familie stammen und die ersten acht Lebenswochen zusammen mit seinen Hundeeltern und -geschwister sowie Menschen verbracht und nicht irgendwo isoliert oder in einem dunklen Verschlag gelebt haben. Er sollte bei seinem neuen Besitzer die Gelegenheit haben, im Spiel mit anderen Welpen oder Junghunden das Sozialverhalten zu erlernen. Dazu bedarf es Spielwiesen in den Parks, aber man kann auch zu Hundeschulen gehen, die Welpenspielstunden anbieten. Im Idealfall geht er als Junghund mit seinem Besitzer in eine Hundeschule und legt eine Begleithundeprüfung ab. Der VDH hat dazu ein hervorragendes Konzept entwickelt, das gefördert, unterstützt und weiter transportiert werden sollte. Dann haben wir einen Hund, der hört, bei Fuß bleibt, nicht andere Hunde ankläfft und auch niemanden anspringt. Der Halter hat gelernt, den Hundehaufen aufzunehmen, und dann haben wir genau das, was wir haben wollen. Dann brauchen wir keine Bußgelder und drakonischen Strafen, denn dann haben wir einen gut sozialisierten Hund.
Das lässt sich natürlich auch von politischer Seite transportieren. Wir alle kennen das Prinzip Belohnung statt Strafe. Ich schlage vor: Anstatt friedliche Hunde mit Maulkorb und grünen Plaketten zu brandmarken und ihre Besitzer zu stigmatisieren, wie es zurzeit der Fall ist, sollte jedem Hundehalter, der mit seinem Hunde eine Begleithundeprüfung absolviert und eine freiwillige Haftpflichtversicherung vorweisen kann, umsonst eine leuchtend gelbe oder orangefarbene Plakette auszuhändigen – die sind gar nicht so teuer – und ihn von der Hundesteuer zu befreien. – Belohnung statt Strafe! – Diese Hunde müssten auch weitestgehend von der Leinenpflicht entbunden werden, weil sie auf Grund ihrer unsichtbaren Leine, die sie akzeptieren, keine Leine benötigen. Sie können diese Maßnahme refinanzieren, da die Hundesteuer bereits für andere Zwecke ausgegeben ist, und wir haben kein Geld haben. Refinanzieren Sie diese Maßnahme durch eine verstärkte Kontrolle der Hundesteuer allgemein, denn diese wird nirgendwo kontrolliert. Nutzen Sie das Steuerungsinstrument der Hundesteuer, solange Sie es noch haben. Es gibt in Europa nur vier Länder, die überhaupt eine Hundesteuer erheben, und wenn wir irgendwann demnächst vor den Europäischen Gerichtshof gehen und gegen die Hundesteuer klagen, dann wird dieses letzte Instrument fallen. Aber das dauert noch ein paar Jahre, weil wir uns vorher durch alle Instanzen klagen müssen. Solange Sie es jedoch haben, sollten Sie es nutzen, kontrollieren, eine Rechtsgleichheit herstellen und die zusätzlichen Einkünfte dafür benutzen, um Leuten, die eine Begleitprüfung abgelegt und eine Haftpflichtversicherung haben, von der Hundesteuer zu befreien. Das ist ein echter Anreiz, denn die Hundesteuer ist teuer.
Nun noch ein paar Bemerkungen zum Entwurf der Grünen: Frau Hämmerling, Sie kennen meine Position dazu. Wenn man sich vor Augen führt, dass pro Jahr ein bis zwei Menschen an den Folgen von Hundebissen sterben, im Vergleich zu über 7 000 Menschen, die im Straßenverkehr ums Leben kommen, dann erscheint mir ein Hunde-TÜV alle zwei Jahre, wie er beim Auto durchgeführt wird, unangemessen. 98,5 % aller Hunde werden niemals in ihrem Leben auffällig, aber sie alle sollen trotzdem ständig überprüft haben. Beißvorfälle finden zu 70 % bis 80 % im eigenen Haushalt statt. Ich kürze es ab: Der Hunde-TÜV wäre für uns eine gigantische staatliche Gängelei und würde nur dazu führen, dass sich immer weniger Menschen einen Hund anschaffen. Die Bundesregierung – –
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Düllberg, ich muss Sie dringend bitten, zum Schluss zu kommen, auch wenn Ihre Ausführungen für viele in diesem Raum interessant sind.
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Der letzte Punkt: Die Bundes-regierung hat im letzten Jahr beim Robert-Koch-Institut eine Studie in Auftrag gegeben – ich zeige Ihnen dazu das letzte Schaubild, und zwar zum Thema Heimtierhaltung in Deutschland. Diese wissenschaftliche Studie trägt den Namen: Vorteile und Nachteile – Nutzen und Risiken. Sie wurde von den Steuerzahlern finanziert und ist es wert, ernst genommen zu werden. Darin zeigt sich erst einmal, dass wir bezüglich der Anzahl der Haustiere – ohne Fische und Reptilien – in Europa ziemlich am Ende liegen, fast alle anderen Länder haben wesentlich mehr Haustiere, jedoch bei weniger Problemen. Neben den negativen Seiten, wie Krankheitsübertragungen oder Beißvorfälle, die auch dargestellt werden, wird eindeutig festgehalten, und das ist auch statistisch belegt: Die Tierhaltung hat positive Seiten, wie zum Beispiel die wesentlich erhöhte Lebensfreude durch den Kontakt mit dem Tier, vermehrte körperliche Aktivitäten der Hundehalter durch die Bewegung mit dem Tier, ein signifikanter Gewinn an Gesundheit, Einsparung ca. eines Zehntels der Arztkontakte sowie ein erheblich geringerer Medikamentenverbrauch.
Die Haustierhaltung ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Allein das Geld, das für Futter ausgegeben wird, beläuft sich pro Jahr auf 2,7 Milliarden € – alles andere ist noch nicht einberechnet. Die Verbesserung der emotionalen Situation in Familien halte ich für einen wichtigen Punkt, wenn man sich diese gigantische Zahl von Kindesmisshandlungen und Stress in den Familien anschaut. Die Haustierhaltung stellt auch für Kinder eine wichtige Ergänzung zu den übrigen Kontaktfeldern dar. Das Ergebnis ist eindeutig: Gesellschaftspolitisch ist es wünschenswert, die Hundehaltung zu fördern, und das ist der Auftrag an Sie als Politiker.
Ein kurzes Schlusswort: Ich bitte die PDS, ihr Wahlversprechen einzuhalten. Herr Klemm, Sie sind vor der letzten Wahl in den Wahlkampf gegangen – –
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Düllberg, wir wollen jetzt nicht Rückgriff nehmen auf Wahlversprechen der einzelnen Fraktionen. Bitte fassen Sie Ihren Schlusssatz kurz und knapp!
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Die PDS wird gebeten, ihr Wahlversprechen einzuhalten, das folgendermaßen lautete: „Mit uns wird es keine Rasseliste geben.“ Sie werden gebeten, ihre persönliche Meinung nicht über die Aussage von Experten zu stellen, ansonsten bekommen Sie keinen Rechtsfrieden in diesem Land. Hören Sie bitte auf, die Hundehalter aus dieser Stadt zu drängen, denn ansonsten könnte es sein, dass sich die Hundehalter von diesem Senat verabschieden. Ich weiß, dass sich viele Hundehalter intensiv an der Volksbefragung zur Abwahl des jetzigen Berliner Senats beteiligen. Das ist eine Konsequenz dessen, was wir in den letzten Jahren erlebt haben. – Danke schön!
Frau Stellv. Vors Borsky-Tausch: Vielen Dank, Frau Düllberg, auch für Ihren Ausflug in die Historie und vor allem für Ihren pointierten Einstieg in Ihren Vortrag. – Das Wort hat nun Herr Bob. – Bitte sehr!
Herr Bob (Tierarzt): Das Sprichwort sagt: „Den Letzten beißen die Hunde.“ Ich weiß, dass Sie angestrengt zugehört haben und dass die Zeit weit fortgeschritten ist, aber ich hoffe, dass Sie mir trotzdem zuhören.
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren, ich darf mich zunächst im Namen der in Berlin praktizierenden Tierärzte für die Einladung zur heutigen Anhörung bedanken. – Für alle diejenigen, die mich nicht kennen, eine kurze Vorstellung: Mein Name ist Maurice Bob. Ich bin seit über 20 Jahren als praktizierender Tierarzt in meiner eigenen Praxis in Berlin-Charlottenburg tätig und denke, dass ich durch den täglichen Umgang mit Hunden aller Rassen und deren Besitzer mit der Problematik der Hundehaltung in dieser Stadt ausreichend und gut vertraut bin. Neben meiner praktischen Tätigkeit bin ich Mitherausgeber der auflagenstärksten Fachzeitschrift für Kleintiermedizin in Deutschland, der Zeitung „Kleintier konkret“.
Den drei vorliegenden Gesetzentwürfen gemein ist das
verständliche Bestreben, den Menschen präventiv vor Gefahren zu schützen, die
im Zusammenhang mit der Haltung von Hunden auftreten können. Die in Berlin
praktizierenden Tierärzte, für die ich hier spreche, haben in vorangegangenen
Anhörungen konstruktive
Ideen zu dieser Problematik unterbreitet. Zwei unserer Vorschläge haben in den
vorliegenden Gesetzentwürfen ihren Niederschlag gefunden, wobei es sich zum
einen um die Forderung nach der eindeutigen Identifizierbarkeit der Hunde
mittels Mikrochip handelt und zum anderen um die Forderung einer
Haftpflichtversicherung für alle Hunde. Einen Streitpunkt der geplanten Gesetze
stellen die Regelungen hinsichtlich des Anleinens dar sowie die alte Geschichte
bezüglich der Rasseliste. Sowohl im Entwurf der SPD-/PDS-Fraktion als auch im
Entwurf der CDU-Fraktion wird die Anleinpflicht für alle Hunde gegenüber der
bestehenden Regelung deutlich ausgeweitet. Wenn in § 3 Abs. 2 des Entwurfs
von SPD und PDS auch eine Leinenpflicht für „andere öffentlich zugängliche
bauliche Anlagen“ oder auf „öffentlichen Straßen und Plätzen mit
Menschenansammlungen“ eingeführt werden soll, dann haben Sie, ohne dieses
ausdrücklich zu bezeichnen, tatsächlich einen allgemeinen Leinenzwang in dieser
Stadt eingeführt. Die Variationsbreite einer Leinenlänge von ein bis zwei Meter
kann nicht als Anpassung an unterschiedliche Gegebenheiten zu verstehen sein,
sondern sie zeugt vielmehr davon, dass die einstimmigen Empfehlungen der von
Ihnen zuvor angehörten Sachverständigen ignoriert werden. Begründet – das
macht die CDU-Fraktion stellvertretend in ihrer Begründung zu dem
Gesetzentwurf – wird eine solche Maßnahme unter anderem damit, dass die
Regelungen in der Hundeverordnung vom Mai 2000 nicht ausgereicht haben, die
öffentliche Sicherheit und Ordnung in Berlin zu gewährleisten, weshalb ein
solches Spezialgesetz notwendig sei. Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist
doch schlicht nicht wahr, dass bestehende Regelungen unzureichend sind. Was
unzureichend ist, ist die Möglichkeit, bestehende Regelungen durchzusetzen. Sie
als Gesetzgeber überhäufen uns Bürger mit einer Inflation von Vorschriften,
deren Einhaltung Sie – aus welchen Gründen auch immer – zu kontrollieren
überhaupt nicht in der Lage sind. – Die unzähligen Hundehaufen auf unseren
Gehwegen untermauern meine Aussage auf das Eindrücklichste. – Nach
diversen Anhörungen ist Ihnen auch bekannt, dass Sie mit einer Ausweitung des
Leinenzwangs die angestrebte Verbesserung der Sicherheit der Bürger in dieser
Stadt nicht erreichen können. Im Gegenteil! – Sie sollten jetzt genau
zuhören, damit Sie später nicht sagen können, Sie hätten es nicht
gewusst. – Sie werden dafür verantwortlich sein, wenn ständig angeleinte
Hunde auf Grund der Tatsache, dass sie soziale Kontakte zu Artgenossen nur
bedingt und unter starken Einschränkungen führen können und auf Grund der
Tatsache, dass sie ihre Distanz zu Sozialpartnern nicht regulieren und ihr
Bedürfnis zur Aufnahme von Informationen nicht befriedigen können, das
Unfallrisiko deutlich erhöhen. Angeleinte Hunde können soziale Kontakte zu
Artgenossen – das hat Frau Dr. Kuhne vorhin vorgetragen und mit vielen Zahlen
untermauert – nur unter starken Einschränkungen führen. Das Demonstrieren
der sozialen Position – Geruchskontrollen und vieles andere mehr –
werden dabei neben der Leine im Wesentlichen durch den die Leine führenden
Menschen beeinflusst. So verhalten sich etliche Hunde angeleint untypisch
aggressiv oder ängstlich gegenüber ihren Artgenossen.
Ständiges Anleinen des Hundes – auch das ist bereits angesprochen worden – ist tierschutzrelevant, und zwar deshalb, weil dem Hund nicht nur die Möglichkeit genommen wird, seinem natürlichen Bewegungsbedürfnis nachzukommen, sondern weil er außerdem an der arttypischen Reizaufnahme wie auch an der arttypischen Kommunikation mit anderen Hunden gehindert wird. Für ein auf soziale Kontakte angewiesenes Lebewesen wie den Hund sind Verhaltensfehlentwicklungen vorprogrammiert. Obwohl Ihnen diese Zusammenhänge bekannt sind, streben Sie – wider besseren Wissens – eine solche Regelung an.
Was von Ihrem seit Jahren angeführten Beschwichtigungsargument, wir schaffen weitere Hundeauslaufgebiete, zu halten ist, das hat die Vergangenheit gelehrt. Die Tatsache – – Sie haben mich eingeladen. Ich dachte, Sie hören zu. – [Beifall aus dem Zuschauerraum] –
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Verehrter Herr Bob! Sie können sicher sein, dass mir die Sitzungsleitung nicht entgleitet. Deshalb möchte ich die Zuhörer noch einmal genauso freundlich, wie ich auch den Hunden begegne, darauf hinweisen, von Beifallsbekunden abzusehen.
Herr Bob (Tierarzt): Ich bitte um Entschuldigung, aber ich wollte Ihnen nicht in den Vorsitz greifen. – Die Tatsache, dass im Gesetzentwurf der SPD-PDS-Fraktion erneut eine so genannte Rasseliste vorgelegt und dass auch im Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen an der so genannten 70:40-Regelung festgehalten wird, ist unseres Erachtens ein Beweis dafür, dass Politik, immer wieder losgelöst von fachlichem Wissen, gesetzliche Regelungen anstrebt. Grundvoraussetzung für eine sachgerechte, verantwortungsvolle und allen Seiten gerecht werdende Lösung ist das Verständnis, dass der gefährliche Hund sich nicht über seine Rasse, seine Größe und auch nicht über sein Gewicht definieren lässt. Hunde verfügen – Frau Hämmerling hat das vorhin gut ausgeführt – wie Menschen übrigens auch – über Aggressionsverhalten und -bereitschaft als Kennzeichen aller sozial organisierten Lebewesen. Das Problem, das Sie mit dem Wort „Aggression“ haben, ist, dass Sie diesem Wort immer eine Wertung beimessen. Das heißt, wenn gesagt wird, da ist jemand aggressiv, dann bewertet man das. Wenn wir von aggressiv sprechen, dann ist das ein rein deskriptiver Begriff, das heißt, wir beschreiben ein normales Verhalten. Ich wiederhole: Hunde verfügen – wie Menschen übrigens auch – über Aggressionsverhalten und -bereitschaft als Kennzeichen aller sozial organisierten Lebewesen, was vom Terminus her wichtig ist. Ein unangebracht übersteigertes Aggressionsverhalten und eine erhöhte Aggressionsbereitschaft, also Gefährlichkeit, stellen kein rassetypisches Phänomen dar – weder beim Menschen noch beim Tier. Die Gefährlichkeit eines Hundes ist vielmehr in erheblichem Maß abhängig vom Halter bzw. von den Aufzuchts- und Halterungsbedingungen des Tieres, wozu vor allem auch die Befriedigung des Bewegungsbedürfnisses gehört. Die Gefährlichkeit lässt sich also nicht an bestimmten Rassen oder Hunden bestimmter Größen festmachen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass jede sinnvolle Regelung niemals beim Hund, sondern beim Halter und Züchter ansetzen muss – beide Vorfälle, die wir gerade in Berlin hatten, untermauern das deutlich. – Übrigens haben wir neben dem Kampfhund auch noch den Beißhund, den die „Bild“-Zeitung eingeführt hat: „Böser Nachbar hetzt Beißhund auf Kinder!“ – Der Gesetzesvorschlag – ich bitte Sie, sich das vor Augen zu führen, denn Sie wollen doch Ihren Bürgern Sicherheit geben – der Fraktionen von SPD und PDS ist nicht geeignet, diese beiden Vorfälle zu verhindern, sondern das lässt sich nur anders regeln. Ziel der Gesetzgebung muss es sein, Menschen wirksam daran zu hindern, aus Hunden vorsätzlich oder aus Unkenntnis und Desinteresse verhaltensgestörte oder verhaltensuntypische und Menschen gefährdende Individuen zu machen. Die Festlegung von artgerechten Aufzuchtsbedingungen, die Abschaffung der Zwingeraufzucht sowie die Forderung nach Sachkunde für die Hundehaltung sind geeignete Maßnahme, um eine solche Vorgabe zu erreichen. Dem wird der Entwurf der Fraktion der Grünen mit dem Vorschlag eines ÜV in der Tat am ehesten gerecht, insbesondere dann, wenn er alle Hunde in diese Regelung einbeziehen würde. – Inwieweit das finanziell oder technisch umsetzbar ist, ist zumindest prüfenswerter als die Verabschiedung der anderen Vorschläge. – Die in § 5 Abs. 3 des Entwurfs aufgestellte Forderung, dass die nötige Sachkunde vor dem Kauf eines großen Hundes zu erwerben ist, dient unseres Erachtens nicht unbedingt der Rechtssicherheit. Mir ist es bei aller Erfahrung häufig nicht möglich, Hundehaltern, die mir ihren Welpen vorstellen, auf die Frage, wie groß er denn wird, eine zuverlässige Antwort hinsichtlich der zu erwartenden Größe des Mischling zu geben.
Ich komme zum Schluss: Lassen Sie mich schließen, mit dem Hinweis darauf, dass Sie bei allen notwendigen Regelungen auch im Auge behalten sollten, welche wichtige Aufgabe Hunde in unserer Gesellschaft bisher geleistet haben und weiterhin leisten werden. Hunde sind soziale Lebewesen, die uns Menschen ohne Murren gern als ihre Rudelführer anerkennen. Hunde waren als Jagd-, Hüte-, Such oder Rettungshund schon immer hervorragende und unbestechliche Helfer des Menschen. Heute hat der Hund zusätzlich eine große Bedeutung als so genannter Servicehund, der in Altenheime, Kindergärten, Schulen und Freizeitheime geht, der Behinderten hilft und Blinde durch diese Welt führt – ob im spektakulären Rettungseinsatz, als Spielgefährte von Kindern oder völlig unspektakulär als Freund und Partnerersatz in einer immer weniger rücksichtsvollen Welt. Der Hund war, der Hund ist und der Hund bleibt den Menschen unentbehrlich. Sie sollten mit Ihrer Gesetzgebung verantwortungsvollen Hundehaltern eine artgerechte Haltung nicht unmöglich machen. – Ich danke Ihnen!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank für Ihre Stellungnahme! – Wir treten nun in die Fragerunde ein. Es sind in der Begründung schon viele Dinge bei Ihnen angeklungen, so dass wir uns vielleicht auf eine Fragerunde beschränken können. – Bitte, Herr Lehmann, Sie haben das Wort!
Abg. Lehmann (FDP): Danke, Frau Vorsitzende! – Zunächst einmal mein Dank an die Anzuhörenden, dass Sie heute bei uns sind. – Ich habe zwei Fragen, denn letztendlich werden wir in 14 Tagen noch einmal und länger über dieses Thema diskutieren. Zuvor möchte ich jedoch erwähnen, dass die FDP-Fraktion keinem Gesetz zustimmen wird, dass zum einen eine Rasseliste beinhaltet und zum anderen Dinge beinhaltet, die datenschutzrechtlich bedenklich sind.
Meine erste Frage geht an Herrn Hellberg: Sie sprachen vorhin von einer Haftpflichtversicherung, die es im Moment gibt und bei der Leute ihre Hunde versichern lassen. Die Kosten dafür liegen bei maximal 100 €. Wie hoch wäre der Beitrag, wenn es tatsächlich zu einer gesetzlichen Haftpflichtversicherung für Hunde käme?
Meine zweite Frage richtet sich an Herrn Dr. Bob: Herr Klemm hat vorhin bereits ausgeführt, wie wir zur Leinenpflicht und zum Leinenzwang stehen. Wir sagen: Nicht überall, sondern dem Tier entsprechend und dass das individuell geregelt werden muss, gerade auch im Hinblick darauf, dass wir mehr Hundeauslaufgebiete fordern und dass diese erweitert werden. In welchem Zusammenhang steht das soziale Verhalten der Tiere mit der Erweiterung von Hundeauslaufgebieten? Gibt es Studien darüber, nach denen gesagt werden könnte, dass das Tier dadurch ein positiveres soziales Verhalten an den Tag legt, wenn es sich mehr in Hundeauslaufgebieten aufhalten kann? – Danke!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank Herr Lehmann! – Bitte, Hellberg!
Herr Hellberg (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.): Vielen Dank! – Ihre Frage ist schwer zu beantworten, und zwar deshalb, weil die Prämien- oder Beitragsgestaltung, also das, was der Hundehalter dann für eine solche Pflichthaftpflichtversicherung zahlen müsste, von Unternehmen zu Unternehmen individuell unterschiedlich ist. Das hängt von der Vertriebsstruktur ab, von der Gewinnvorstellung, den internen Kosten, die man hat, wie viele Sachbearbeiter dazu gehören und lässt sich generell nicht beantworten. Aber der administrative Aufwand für die EDV-Einrichtungen, für die Produktneugestaltung, für die Versicherungsbestätigung, für den Schriftverkehr, dass Versicherungsbestätigungen zurückgewiesen werden oder irgendwo falsch ankommen und dann angeblich nicht der Form entsprechen, ist nicht zu unterschätzen. – Ich weiß nicht, ob es vernünftig wäre, mehr aus dem Gefühl heraus eine Summe zu nennen, denn wir haben es hier mit einem eher niedrigen Preissegment von um die 100 € zu tun – es kann mehr oder weniger sein, was sicherlich auch von der Rasse abhängt, die unter den Versicherungsschutz fallen soll –, das jedoch zu spüren sein wird, und zwar auch für den Pudel oder den Dackel des alten Mütterleins. Eine Summe kann ich so nicht sagen, aber möglicherweise kommen noch einmal 50 % zusätzlicher Kosten hinzu.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Danke, Herr Hellberg! – Wir kommen zur nächsten Frage. – Bitte, Frau Hämmerling, Sie haben das Wort!
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Frau Düllberg, ich möchte zunächst auf Sie eingehen: Ich verstehe nicht, warum die gesellschaftliche Akzeptanz von Toten durch Autofahrer höher ist als die von Hundebissen, aber so ist es nun einmal. Wir Politiker sind, wenn es denn kracht, immer wieder der Situation ausgesetzt, dass wir gefragt werden: Was macht Ihr denn vorbeugend? – Ich bin der Ansicht, dass die Sachkunde das einzige Mittel ist, und ich gehe sogar so weit, Herr Bob, dass ich mir vorstellen kann, diese Sachkunde auf alle Hundegrößen auszudehnen. Das wäre der Kompromiss, den ich eingehen würde, aber ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass wir darauf verzichten, und zwar deshalb, weil es in dem Moment, wo wieder ein Hund beißt, politisch nicht durchsetzbar wäre.
Noch eine Anmerkung: Thüringen hat keine Rasseliste, plant keine solche und hat auch keinen Stress wie wir. – Zu meinen Fragen: Erst einmal ist die Rasseliste verändert worden, und ich begrüße außerordentlich jeden Hund, der nicht mehr draufsteht, weil ich der Meinung bin, dass dort kein Hund draufgehört. Ich wüsste gern von den Koalitionsfraktionen, warum es ausgerechnet diese beiden Hunderassen sind. Außerdem interessiert mich die Stellungnahme der Fachleute, warum es der Staffordshire Bullterrier und die Bordeauxdogge sind? Der Staffordshire Bullterrier ist in Berlin gar nicht in Erscheinung getreten, und die Bordeauxdogge irgendwann einmal, während die anderen sieben Hunderassen – das hat Frau Düllberg anhand ihres Schaubilds gezeigt – auch in der letzten Zeit überhaupt nicht auffällig geworden sind, aber trotzdem noch immer auf der Rasseliste stehen. Warum ist das so?
Zur 1-Meter-Leine: Vielleicht kann man sich auf „Bei Fuß!“ verständigen, denn ein Meter für eine Dogge sind schon wieder zwei Meter – das nur als Empfehlung.
Dann möchte ich noch wissen, warum der Tosa Inu überhaupt auf die Liste gesetzt wurde. Ist Ihnen bekannt, dass der Tosa Inu ein japanischer Kampfhund ist, der sich dadurch auszeichnet, dass er nicht beißen und keine Verletzungen zufügen darf, denn dann wird er nämlich sofort aus dem Verkehr gezogen und von der Weiterzucht befreit. Der Tosa Inu ist also eine Art Sumo-Ringer. Wie kommt der auf diese Liste? Was macht ihn als einen für Menschen gefährlichen Kampfhund aus? Ist es vielleicht die Sorge, dass er vielleicht einmal auf jemanden drauffällt?
Dann zu Frau Düllberg, weil die Presse noch da ist: Ich möchte darauf hinweisen, dass die bayerische Breitsamer-Geschichte, die Geschichte der Kampfhunde, noch ein Ende hat. Das Ganze hatte mit diesem Gesetzentwurf nicht sein Bewenden, sondern ist weitergegangen. Von Bayern wurde kolportiert, dass diese Rasseliste so erfolgreich wäre, dass es dort keine Todesfälle mehr gegeben hätte. Das ist ausdrücklich falsch! Im Jahr 1996 ist ein sechsjähriges Mädchen in Droysendorf durch einen Schäferhund ums Leben gekommen. – [Zuruf] – Nein, das muss ich Ihnen einmal sagen, damit Sie es wissen!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Frau Hämmerling, wenn Sie jetzt bitte Ihre Fragen an die Sachverständigen stellen würden. Die Fragen, die Sie jetzt beispielsweise an die Koalition gestellt haben, werden wir in 14 Tagen gern ausführlich beantworten. Heute sind die Sachverständigen bei uns zu Gast, um in erster Linie Fachfragen zu erörtern. – Bitte sehr!
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Um die Bayern-Geschichte zu beenden, schließe ich mit einem Satz: Herr Breitsamer verdient heute sein Geld mit der Erstellung von Negativgutachten der gelisteten Hunde. – So viel dazu, damit das auch entsprechend gewürdigt werden kann.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Frau Hämmerling! – Ich bitte Frau Dr. Kuhne, die Fragen von Frau Hämmerling zu beantworten.
Frau Dr. Kuhne (FU Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin, Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Labortierkunde): Ich weiß nicht, warum die Bordeauxdogge und der Staffordshire Bullterrier nicht mehr auf der Rasseliste stehen, denn aus wissenschaftlichen Gründen spricht sowieso einiges gegen die Rasseliste. Trotzdem mache ich mir darüber Gedanken, weshalb zwei Rassen von der Liste heruntergenommen wurden, aber der Tosa Inu draufsteht. Dazu ist mir lediglich eingefallen bzw. mehr bewusst geworden, dass auch Abgeordnete der Presse ausgesetzt sind und von dieser auch beeinflusst werden. In den letzten zwei, drei Jahren hat Esther Schweins, eine in Berlin bekannte Schauspielerin, über ihren Bordeauxdoggenrüden Bruno immer wieder gefragt, weshalb er nun ein Kampfhund ist. Wenn man sich einmal das Bild vorstellt, dass Esther Schweins mit einem Kampfhund spazieren geht, dann birgt das einen Widerspruch in sich. Aus diesem Grund dachte ich mir, dass die Bordeauxdogge von der Rasseliste gestrichen werden sollte, ansonsten gibt es keine wissenschaftliche Begründung dafür. Die Beißstatistik spricht dagegen, das heißt, es gibt andere Rassen, die ebenfalls nicht gebissen haben und auch nicht steuerlich in Berlin registriert sind. Auf Grund dieser Daten konnte ich mir keinen Reim darauf machen, warum zwei Rassen von der Liste heruntergenommen wurden. – Schönen Dank!
Frau Stellv. Vors. Borsk-Tausch: Danke, Frau Dr. Kuhne! – Eine weitere Frage von Frau Hämmerling richtete sich an Herrn Bob. – Bitte, Herr Bob, Sie haben das Wort!
Herr Bob (Tierarzt): Vielen Dank! – Ich schließe mich dem, was meine Vorrednerin gesagt hat, etwas drastischer an, denn dann wir das Ganze vielleicht etwas plausibler. – Die Rasseliste ist nichts anderes als Willkür. Wenn es anders wäre, dann hätten wir – erstens – in allen Bundesländern die gleichen Hunderassen auf der Liste und wir hätten – zweitens – europaweit die gleichen Hunderassen auf den Listen. Das ist nichts als Augenwischerei, die willkürlich zu Stande gekommen ist. Das müssen Sie sich sagen lassen, und daran müssen Sie sich irgendwann einmal halten.
Die zweite Frage stellte Herr Lehmann zum Hundeauslaufgebiet. Diese ist etwas ruhiger zu beantworten, weil sich mich nicht ganz so bewegt. – Hundeauslaufgebiete sind als solche nicht definiert. Das heißt, wir alle stellen uns unter der Größe eines Hundeauslaufgebiets etwas anderes vor. Wenn wir in Pankow ein Hundeauslaufgebiet – das klingt erst einmal mächtig – von ca. 40 ha haben, dann müssen wir uns erst einmal vorstellen, was das bedeutet. 40 ha sind 40 000 qm, und wenn wir das herunter rechnen – kleine Zahlen lassen sich etwas besser verstehen –, dann sind das 400 m x 100 m. Das ist eine tolle Spielwiese für Yorkshire Terrier. Wenn Sie sich ernsthaft mit Hundeauslaufgebieten befassen, die aus meiner Sicht notwendig sind, um einen Teil des Problempotentials, das in dieser Stadt herrscht, zu beseitigen, dann müssen Sie zusätzlich große Hundeauslaufflächen schaffen. Die Verhaltenstherapeutin und Kollegin Katharina Mahnke hat sich einmal die Mühe gemacht, das ein bisschen aufzulisten. Es ist ganz neu erschienen und nachzulesen im Vet doktor, also auf dem Portal der Berliner Tierärzte. Frau Mahnke schwebt ein Gebiet vor – es mag dahin gestellt sein, ob es vielleicht ein bisschen überzogen ist –, das zu umlaufen eine Zeit von über einer Stunde erfordert, also einen Umfang von 6 km beinhaltet. Darin müssen entsprechende Spielflächen, unterschiedliche Wege und Anreize für den Hund geschaffen sein. Andererseits können Sie nicht sagen – vor diesem Trugschluss möchte ich Sie bewahren –, dass Sie jetzt zusätzliche Hundeauslaufgebiete schaffen, aber leinen die Hunde in der Stadt an, sondern Sie müssen auch nach den Möglichkeiten fragen, den Hund auszuführen. Sie verbessern die Situation in der Stadt nicht und nehmen den Leuten auch nicht das Angstpotential – das ist etwas völlig Irrationales –, wenn Sie die Hunde anleinen und zum Teil auch noch verkorben lassen. Ein Hund, der angeleint und verkorbt durch die Stadt geht, sieht doch viel gefährlicher aus als er eigentlich ist. Stellen Sie sich mich doch einmal gefesselt und mit irgendwelcher Ledermontur bekleidet vor, da springen die Leute gleich beiseite. Langfristig verschlechtern Sie damit die Situation und verbessern sie nicht. Zusammengefasst: Sie müssen definieren, wie ein Hundeauslaufgebiet aussehen soll. In dieser Form, und in einer Größe von 40 ha ist es kein Hundeauslaufgebiet, sondern eine kleine Spielwiese. Auf der anderen Seite ersetzt es unter keinen Umständen die Möglichkeit, innerstädtisch oder in nicht Hundeauslaufgebieten einen kompletten Leinenzwang einzuführen.
Was ich ganz gut fand – weil ich die CDU vorhin so negativ behandelt habe – und was bei vielen anderen Regelungen auch einmal berücksichtigt werden sollte, das ist – [Zuruf: Die Toleranz!] – Nicht nur die Toleranz! –: Wenn Maßnahmen erlassen werden, dann sind bestimmte Maßnahmen zu bestimmten Zeiten gar nicht notwendig. Wir haben das Beispiel der Badestelle genannt: An Badestellen ist nachts niemand, und im Winter ist dort auch niemand. Da müssen doch nicht Regeln erlassen, nach denen diese Gebiete auch noch ausgespart werden. Wenn man schon regeln will, dann kann man sich doch um solche Regeln bemühen, die etwas näher dran sind an dem, was tatsächlich passiert. – Das sollten Sie einmal aufnehmen und sich fragen, ob Sie, wenn Sie das tatsächlich so regeln wollen, doch noch das eine oder andere ändern müssten.
Stellv. Vors. Frau Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Bob! – Bitte, Herr Klemm, Ihre Fragen!
Abg. Klemm (PDS): Ich habe eine Frage an Herrn Bob und zwei Fragen an Frau Düllberg. – Herr Bob, Sie sagten, in dem Gesetz sei von einer generellen Leinenpflicht von überwiegend einem Meter die Rede. Sie würden mir helfen, wenn Sie mir erklären würden, an welcher Stelle das geregelt ist, vor allem die Verstärkung. Da ich gerade diesen Teil selbst mitgeschrieben habe, verwundert mich das. Müsste ein Hund nach diesem Gesetz hier vor der Tür oder dort drüben in dem Wohngebiet angeleint geführt werden oder nicht? – Es ist mir wichtig, zu erwähnen, dass Berlin eines der wenigen Bundesländer ist, das nach wie vor über keine generelle Leinenpflicht verfügt.
Frau Düllberg, Ihre Theorie, dass ein bayerisches Papier dazu führte, dass auch in Frankreich, Dänemark und in halb Europa Rasselisten erlassen wurden, kann ich nicht nachvollziehen. Das wirkt dann doch ein wenig abenteuerlich. – Zum Thema Rasselisten haben Sie ziemlich deutlich gefordert, wir mögen auf die Beißstatistiken gucken und anhand derer neue Rasselisten erstellen, also die Hunde, die an oberster Stelle der Beißstatistik stehen – zum Beispiel Schäferhunde oder Rottweiler –, auf die Rasseliste setzen. Wenn man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts liest, ist das naheliegend und es könnte jemand zu diesem Schluss kommen, aber ich hoffe, dass das nicht geschieht, weil sich dann bei den Doggen und Schäferhunden das Elend, das wir erlebten als die Rasselisten eingeführt worden sind – im Übrigen gegen unseren Widerstand –, tausendfach wiederholen würde. Wollen Sie das tatsächlich?
Meine zweite Frage: Ich verstehe nicht, warum Sie in Ihrer Argumentation immer nur den Züchter und den gezüchteten Hund anführen und finde es schade, dass von Ihnen nicht der Hinweis erfolgt, dass der Hund eher daher geholt wird, wo er es am Nötigsten hat – von dort habe auch ich bisher meine Hunde geholt. Der beste Familienhund kommt meiner Meinung nach im Moment aus dem Tierheim, auch wenn es viel schwerer ist, einen solchen Hund großzuziehen und ihn wieder hinzubekommen – so verdorben er von vielen Leuten wurde.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Danke, Herr Klemm! – Bitte, Herr Schmidt!
Abg. Schmidt (CDU): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Hoffmann sagte gerade, dass es jetzt sachlich werde. Wollen wir einmal schauen, ob mir das gelingt. – Ich möchte mich zunächst herzlich bei den Anzuhörenden für ihre Ausführungen bedanken. Ich mache das ausdrücklich auch unter der Maßgabe, dass Sie auch mit uns nicht unkritisch umgegangen sind und bin der Ansicht, dass uns eine konstruktive Kritik nur weiterhelfen kann. Im Namen der CDU-Fraktion wurde ein verhältnismäßig umfangreicher Fragenkatalog abgegeben, der im Wesentlichen abgearbeitet worden ist. Eine Frage bleibt ein wenig im Raum stehen. Sie ist zwar bereits angesprochen worden, aber ich möchte noch einmal dezidiert nachfragen: Glauben Sie, wir kämen mit einem Heimtierzuchtgesetz weiter? – Diese Frage ist sicherlich etwas großzügig und weit gefasst, aber da ich mich im Kreise von Experten befinde, wissen Sie, was wir darunter verstehen und was damit gemeint ist. Ich würde dazu gern von allen – Herr Hellberg ausgenommen – eine Antwort hören.
Für Sie habe ich aber auch noch eine Frage: Sie sagen zum einen in Ihrer Stellungnahme, es sei nicht gut, eine Pflichtversicherung einzuführen, aber zum anderen sagen Sie, es sei machbar. Habe ich Sie richtig verstanden, dass aus Ihrer Sicht, aus Sicht des Verbands eine Pflichtversicherung grundsätzlich machbar wäre, jedoch mit vielen Problemen verbunden wäre und deshalb von Ihnen nicht unbedingt empfohlen wird? Es geht mir dabei um die klare Auskunft: Ist der Verband in der Lage, wenn wir es so beschließen würden, eine Pflichtversicherung in einem angemessenen Zeitraum umzusetzen? Sind die bei Ihnen organisierten Mitgliedsunternehmen dazu bereit? – Wir haben auch von anderer Seite – vom Parlamentarischen Dienst usw. – entsprechende Hinweise erhalten, dass es nicht leicht ist, so etwas einzuführen und dass es juristische Probleme geben kann, die Sie ebenfalls sehen. Mir geht es jedoch erst einmal um diese grundsätzliche Frage.
Eine letzte Frage an die Senatorin: Die Beschreibung der Hundeauslaufgebiete, die Herr Bob gerade abgegeben hat, ist sicherlich eine, die man nicht unbedingt bis ins Detail mittragen muss, aber es wäre schön, wir hätten ein paar mehr. Besteht denn die Möglichkeit, dass sich der Senat – gefordert wurde es schon oft – in Zukunft doch noch einmal intensiv mit dieser Frage auseinander setzt und gegebenenfalls geeignete Gebiete dafür ausweist, damit zumindest von annähernden Hundeauslaufgebieten gesprochen werden kann?
Zum Schluss sei mir ein Satz gestattet, speziell an Herrn Bob, weil er in zwei Punkten dezidiert auf die CDU eingegangen ist. Erstens: Wir haben nicht die Begründung dafür abgegeben, dass es ein neues Hundegesetz geben muss, welches Sie aus der Hundeverordnung des Jahres 2000 zitierten. Wir begründen das mit der Hundeverordnung aus dem November 1998. Sie haben völlig Recht, dass diese bis heute ausreichen würde, wenn sie ordnungsgemäß kontrolliert worden wäre. Allerdings uns da auch von Seiten der Juristen aufgegeben worden, dass diese Hundeverordnung in ein Gesetz umgewandelt werden muss. Allein das ist die Begründung dafür, weshalb wir das tun. Es ist zwingend erforderlich, denn eine Verordnung allein reicht nicht mehr aus.
Noch ein Wort zur Leinenpflicht – vielleicht können die Experten auch darüber noch ein Wort verlieren: Ich glaube, dass wir uns in unseren Entwürfen entweder unklar ausgedrückt haben oder dass es falsch herübergekommen ist. Aus unserer Sicht – so haben wir es uns zumindest vorgestellt – müssen in den Gebieten, in denen sich verstärkt Menschenansammlungen befinden, Hunde an die Leine genommen werden. Das halte ich für richtig und zwingend erforderlich. Wenn wir von Menschenansammlungen auf öffentlichen Straßen sprechen, dann ist das sicherlich nicht der Fall, wenn mir ein Fußgänger oder Spaziergänger auf dem Gehweg entgegen kommt. Dann muss nach unseren Vorstellungen der Hund nicht angeleint werden, und so ist, bitte, auch unser Gesetzentwurf zu verstehen. Wenn Sie das so nachvollziehen könnten, würden Sie dann immer noch sagen, dass wir in unserem Entwurf eine generelle Anleinpflicht für Hunde haben? – Vielen Dank!
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Schmidt! – Bevor ich den Sachverständigen die Möglichkeit gebe, die an Sie gestellten Fragen zu beantworten, gestatten Sie mir bitte, Herrn Hellberg noch eine Frage im Namen der SPD-Fraktion zu stellen, damit er diese zusammen mit den anderen Fragen beantworten kann.
Herr Hellberg, uns wurde von den Sachverständigen sehr eindringlich geschildert, dass alle Hunde ein gewisses Aggressionspotential haben und unter bestimmten Bedingungen auch gefährliche Hunde sein können. Wenn diese Hunde nun alle einer Versicherungspflicht unterliegen würden, also bei Ihnen versichert werden müssten, wie würden dann die Beiträge aussehen? Würden Sie die Beiträge unterschiedlich – nach Gefährlichkeit – bemessen, oder könnte man den Dackel zu dem gleichen Beitrag versichern wie den Pitbull?
Herr Hellberg (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.): Gestatten Sie mir, mit der ersten an mich gestellten Frage – Ist eine Pflichtversicherung machbar? – zu beginnen. Das Risiko ist versicherbar. Wir haben jetzt schon eine Vielzahl – ich schätze 3,5 Millionen Hunde – die irgendwie im Rahmen einer Haftpflichtversicherung versichert sind, die so ausgestaltet ist, wie ich das vorhin in kurzen Worten umschrieben habe. Das kann man auch im Rahmen eines Pflichtversicherungssystems mit den entsprechenden administrativen Regelungen machen, die sich sicherlich kostenmäßig auswirken werden. Vorausgesetzt, dass eine Haftungsbeschränkung des Versicherers rein summenmäßig gibt, die Deckungsabgrenzung und einzelne Ausschlüsse von Vorsatzschäden usw. weiterhin möglich sind, wie sie jetzt auch vereinbart werden, ist das Risiko versicherbar. Nur, man muss dann auch in Kauf nehmen, dass es bei vielen Versicherungsnehmern Akzeptanzprobleme geben wird, einfach deshalb, weil die Prämie seit 20 Jahren einigermaßen stabil gewesen ist, und nun geht sie mit einem Mal in die Höhe, und der Versicherer wird dafür verantwortlich gemacht, obwohl er nur die administrativen Kosten weitergibt.
Was die Höhe der Prämien anbelangt, ist es auch wieder von Versicherer zu Versicherer höchst individuell. Wenn eine grundsätzliche Pflichtversicherung besteht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass es Versicherer gibt, die sagen: Gut, dann möglicherweise gleiche Konditionen für alle. Das mache ich, um einen gewissen Risikoausgleich und -pool zu haben – also möglicherweise gewisse Einheitsprämien: Für einen Dackel ist dann so viel zu zahlen wie für einen größeren Hund. Oder aber, wie es jetzt zum Teil gemacht wird, dass so genannte Kampfhunde, größere Hunde oder besonderer Hunde, die zumindest im Verdacht stehen, grundsätzlich aggressiver als andere zu sein, mit einer höheren Prämie belegt werden. Das ist sicherlich von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich. Aber insgesamt werden die Prämien sicherlich spürbar steigen.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Hellberg! – Ich gebe Frau Dr. Kuhne das Wort!
Frau Dr. Kuhne (FU Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin, Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Labortierkunde): Zum Heimtierzuchtgesetz: Viele Fachleute, Wissenschaftler sind der Meinung, ein generelles Heimtierzuchtgesetz ist zu befürworten, wobei wir dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil so interpretiert haben, dass das auf Länderebene passieren soll. Es ist schwierig, weil es dann wieder zwischen den einzelnen Ländern Unterschiede gibt, was wir jetzt schon bei der Rasseliste haben. Grundsätzlich ist das Heimtierzuchtgesetz aber zu befürworten, weil dann direkt beim Züchter eingegriffen und die erwähnte Schwarzzucht unterbunden werden kann und die Aufzuchtbedingungen bei den Hunden verbessert werden können, und da – wie ich am Anfang erwähnt habe – die entscheidende sensible Phase des Hundes zwischen der 3. und 16. Lebenswoche liegt und Hunde in der Regel zwischen der 8. und 10. Lebenswoche abgegeben werden, so dass bei dem Züchter schon vieles schief gehen kann, wenn er nicht auf die entsprechenden Umweltumgebungsbedingungen sozialisiert bzw. habituiert, d. h. daran gewöhnt wird, dass in der Stadt auch eine Straßen-, U-Bahn o. Ä. fährt. Das ist entscheidend, und nur über ein Heimtierzuchtgesetz kann man die Züchter kontrollieren und von ihnen eine Sachkunde abverlangen bzw. dort auf die Zucht der Hunde eingreifen, so dass bei Problemen, bei Qualzüchtungen bereits das reglementiert werden kann.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Frau Dr. Kuhne! – Jetzt hat Frau Düllberg das Wort.
Frau Düllberg (Vorsitzende der Bürgerinitiative „Berliner Hundeschnauze“): Ich bin gefragt worden, ob ich Rasselisten in anderer Form möchte. Natürlich möchten wir überhaupt keine Rasseliste. Was Sie möglicherweise missverstanden haben, war mein Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht, das gesagt hat:
Der Gesetzgeber ist allerdings auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der Norm zu Grunde liegenden Annahmen sich tatsächlich bestätigen.
Damit beziehen sie sich ausdrücklich auf die Annahme, dass es möglicherweise Hunderassen geben könnte, die gefährlicher seien als andere. Es wurde ausdrücklich gesagt, dass das erst einmal überprüft werden muss. Deshalb halte in solch einer Situation eine Rasseliste – gleich welche Art – auch im Hinblick auf dieses Urteil für nicht angesagt. Wir sind uns darüber einig, dass ich der Meinung bin, dass Rasselisten an sich Unsinn sind. Das habe ich auch öfter einmal gesagt. Insofern ist für unsere Bürgerinitiative der Ansatz der CDU auch der zukunftsorientierte und durchaus in der Lage, in Verbindung mit einem Heimtierzuchtgesetz die Problematik in den Griff zu kriegen. Allerdings muss ich auch sagen, dass diese teilweise drastischen Bußgelder oder Bestimmungen – – Man stelle sich das einmal vor: Herr Schröder hat jetzt nicht nur einen kleinen Hund, sondern auch noch ein zweites Kind. Der geht jetzt mit der ganzen Familie irgendwo picknicken, setzt sich auf eine Liegewiese. Und was passiert jetzt in Berlin? – Es kommt ein Ordnungshüter mit Schlagstock und Pfefferspray, und er muss samt der Familie von der Wiese herunter, weil Hunden der Zutritt zu Liegewiesen nicht gestattet ist. Sie dürfen auch auf keine andere Wiese, denn wenn es keine Liegewiese ist, darf man sich überhaupt nirgendwo hinsetzen. Ein Familienvater mit Frau, Kindern und Hund ist aus sämtlichen öffentlichen Grünanlagen dieser Stadt ausgeschlossen. Da frage ich mich: Ist das wirklich im Sinne des Erfinders? Darf der nur noch auf der Parkbank sitzen? – So habe ich das Gesetz gelesen. Bitte korrigieren Sie mich, wenn das nicht stimmt.
Ich habe auch noch eine zweite Frage. Was soll denn eigentlich mit dem Arbeitslosen, mit der Rentnerin, mit der Oma oder wenn jemand in privaten Konkurs geht – Sie wissen, dass wir jedes Jahr 40 000 Fälle haben – passieren, wenn die 150 € Haftpflichtprämie für den kleinen Fiffi, der so harmlos ist, wie ein Meerschweinchen, nicht mehr bezahlt werden kann? – Die Einzugsermächtigung geht zurück, die Versicherung muss an die Ordnungsbehörden Meldung machen. Das Gesetz der SPD sieht in solch einem Fall ein Bußgeld bis zu 50 000 € – das ist der äußere Rahmen – und Einziehung des Hundes vor. Aber ich bitte Sie: Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein? – Beantworten Sie mir bitte diese Frage.
Ich bin gefragt worden, wo man am besten seinen Hund herholt. Ich habe jetzt meinen Vierten, der natürlich – wie alle anderen auch – aus dem Tierheim ist. Ich bin sehr froh, dass wenigsten eine von unseren zehn Forderungen, die wir seit Jahren immer wieder erheben, von diesem Senat erfüllt wurde, nämlich, dass Hunde, die aus dem Tierheim geholt werden, seit zwei Jahren für ein Jahr von der Hundesteuer befreit sind. Das war ein klasse Punkt. Natürlich muss das Tierheim von jedem Hundeliebhaber vorrangig berücksichtigt werden, aber ich kann auch verstehen, wenn jemand einmal einen Welpen haben möchte. Dann sollte man möglichst nicht zu irgendeinem Hundehändler gehen wie in der Gneisenaustraße. Dort können Sie unter 60 Welpen, die alle keine Eltern haben und in Kisten herumsitzen, einen aussuchen. Wenn Sie einen Exoten haben wollen, dann sagt er: Moment, in drei Tagen haben Sie denn – und fährt über die Tschechische Grenze zu den Massenzuchtanlagen, und dann bekommen Sie genau den Welpen, den Sie haben wollen. Unter solchen Bedingungen sollten keine Hunde in der Stadt mehr gekauft, gehalten oder verkauft werden. Der seriöse Züchter ist die Anlaufadresse. Da gibt es noch viel zu tun.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank! – Nun hat Herr Bob die Möglichkeit, auf die Fragen von Herrn Schmidt zu antworten.
Herr Bob (Tierarzt): Es waren Fragen von Herrn Schmidt und Herrn Klemm, und ich beginne mit Herrn Klemm: Ich habe den Paragraphen zur Leinenpflicht mehrfach gelesen. Beim ersten Lesen habe ich – das gebe ich unumwunden zu – gedacht, dass sich im Vergleich zur Hundeverordnung aus dem Jahr 2000 nicht viel getan hat. Aber, je häufiger ich den Text gelesen habe, umso vorsichtiger bin ich geworden. Die Grünen haben die alte Regelung in § 7 übernommen, so dass man den Vergleich hat. Mich hat gestört, dass Sie in § 3 – Leinenpflicht – Abs. 2 – wann wir anleinen müssen – in den Unterpunkten 3 und 5 anfangen, Sachen zu vermischen. Ich bin inzwischen vorsichtig geworden, wenn etwas gesagt wird, wie es dann ausgelegt werden soll, es dann aber nicht explizit so im Gesetz steht. Denn Sie regeln normalerweise alles bis ins Letzte, und wenn es nicht bis ins Letzte geregelt wird, läuft man unter Umständen Gefahr, dass das schief geht.
Ich will versuchen, Ihnen klarzumachen, was ich meine. Im Unterpunkt 3 des Abs. 2 steht: „bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen, Volksfesten und sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen“. – Das war völlig klar geregelt, da musste man den Hund immer anleinen. Jetzt führen Sie unter Punkt 5 ein: „in Fußgängerzonen sowie öffentlichen Straßen und Plätzen mit Menschenansammlungen“. Wenn Sie, Herr Schmidt, – das haben Sie genauso geregelt – jetzt sagen, dass wir Ihnen vertrauen sollen, seien Sie mir nicht böse: Das ist eines der Probleme in diesem Land. Wir haben Ihnen einfach zu oft vertraut. Wir hätten da gern eine ganz klare Regelung. Ich sehe das eigentlich genau wie Sie. Es könnte noch genügend Möglichkeiten geben, den Hund – [Zuruf] – Ich muss Ihnen glauben, und das haben Sie uns zu oft angeboten. Sie haben immer gesagt: Glaubt uns doch! Wir machen neue Hundeauslaufgebiete! Glaubt uns doch, wir machen das –, und wir haben immer geglaubt, und hinterher waren wir die Dummen. Deshalb bin ich einfach vorsichtig. Deshalb sage ich: Auf diese Art und Weise sollten Sie uns keinen generellen Leinenzwang einführen. – [Zuruf] – Ja, das haben Sie aber bei den Hundeauslaufgebieten auch gesagt. Sie haben gesagt: „Das machen wir, denn wir müssen etwas tun“. – Sie waren doch damals dabei und haben ganz groß angekündigt, wie toll das gehen soll.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Herr Klemm, es soll jetzt kein Zwiegespräch zu unserem Gesetzentwurf sein. Herr Bob wollte die Fragen von Herrn Schmidt beantworten.
Herr Bob (Tierarzt): Das habe ich gemacht. Ich weiß, dass die CDU nicht den Antrag der SPD-/PDS-Fraktion begründen muss. Das können Sie ganz alleine. Sie hatten bloß keine Begründung abgegeben. Aber das war auch gar nicht nötig. Sie hatten es begründet, und ich fand erwähnenswert, dass Sie geschrieben haben, dass ein solches Spezialgesetz notwenig sei, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Berlin zu gewährleisten. Da habe ich einen Schreck gekriegt und gedacht: Wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Berlin ohne ein solches Spezialgesetz für den Hund nicht zu gewährleisten ist, wo sind wir denn dann? – [Zuruf] – Das als Umkehrung. – [Zuruf] – Das mache ich gern. Aber da muss ich vorn anfangen. Das führt zu weit.
Als Letztes zum Heimtierzuchtgesetz: Das muss ich nicht weiter ausführen. Ein Heimtierzuchtgesetz wäre dringend notwendig, um zu verhindern, dass mit Lebewesen – das betrifft dann nicht nur Hunde, sondern bezieht sich genauso gut auf Mäuse, Ratte, Katzen usw. – – Es ist zwingend notwendig, unverantwortungsvollen Menschen die Möglichkeit zu nehmen, sich an der Kreatur zu versündigen.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Bob, für diesen leidenschaftlichen Appell! – Dann hat der Herr Staatssekretär zum Thema Hundeauslaufgebiete das Wort.
StS Dr. Schulte-Sasse (SenGesSozV): Nein, die Leidenschaft vergeht einem nach zweistündigem Zuhören. Es ist schon genug Leidenschaft im Thema gewesen. Ich glaube, dass man die Frage relativ nüchtern beantworten kann. Es ist nicht zum ersten Mal hier diskutiert worden. Es ist zwischen Hundeauslaufgebieten in Grünanlagen und Nichtgrünanlagen zu unterscheiden. Zuständig für die Regelungen der Nutzung von Grünanlagen ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. In den vergangenen Diskussionen hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an diesem Punkt immer darauf hingewiesen, dass unterschiedliche Interessen von Nutzungsmöglichkeiten und Nutzern der Grünanlagen abzuwägen sind und ist im Rahmen dieses Abwägungsprozesses zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Grünanlagen in Berlin für diesen Zweck nicht eignen. Die andere Frage ist, wie es sich mit den Nichtgrünanlagen, z. B. mit Brachen, verhält. Bei den Brachen besteht grundsätzlich die Möglichkeit – da liegt die Zuständigkeit bei den Bezirken –, dass die Bezirke Brachflächen als entsprechende Hundeauslaufgebiete ausweisen. Meine Empfehlung wäre, dass diejenigen, die sich für dieses Thema stark machen, dies auch auf der Bezirksebene tun sollen und in den Bezirken entsprechende Beschlusslagen herbeiführen. Dann ließe sich das möglicherweise auch im Interesse derjenigen, die dieses Thema sehr stark unterstreichen und betonen, lösen. Das wären die beiden Unterscheidungen, die man berücksichtigen muss, und das ist pragmatisch vermutlich der vernünftigste Weg. Denn auch denjenigen, die die Auslaufmöglichkeiten fordern, wird vermutlich nicht daran gelegen sein, dass es eine hoch emotionalisierte und kaum noch beherrschbare Diskussion über die Nutzung der Grünanlagen in der Öffentlichkeit gibt.
Frau Stellv. Vors. Borsky-Tausch: Vielen Dank, Herr Staatssekretär! – Wir sind am Ende der Fragerunde der Anhörung angelangt. Ich bedanke mich bei den Sachverständigen und Zuhörern für die außerordentlich große Geduld. – Noch ein Hinweis an alle Fraktionen: Bitte leiten Sie etwaige Änderungsanträge zu Ihren eigenen Anträgen oder zu den Anträgen der anderen Fraktionen rechtzeitig der Geschäftsstelle und der Einfachheit halber auch den anderen Fraktionen zu, damit wir uns entsprechend vorbereiten können, denn wir vertagen die Beschlussfassung auf den 2. September.
Punkt 3 der Tagesordnung
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Siehe Beschlussprotokoll.
Ausschuss-Kennung : GesSozMiVergcxzqsq