Nachhaltigkeitsbericht
Berlin 2003
Stand: 1. August 2003
Inhalt
1 Nachhaltigkeit in
Berlin......................................................................... 7
Soziale Stadt – Stadtmonitoring – Quartiersmanagement –
Flächennutzungsplan – Stadtentwicklungspläne – Planwerke – Gemeinsame
Landesplanung Berlin-Brandenburg – Interregionale Kooperationen
3 Bauen und Wohnen................................................................................ 20
Ökologischer Städtebau – Modellprojekte – Niedrigenergiehaus Marzahn – Wohnungsneubau – Eigentumsbildung im Bestand – Genossenschaftsförderung – Sanierung des Bestands – Großsiedlung Hellersdorf – Revitalisierte Stadtbrachen – Landstadt Gatow
4 Denkmalpflege........................................................................................ 31
Gartendenkmalpflege – Umnutzung von Baudenkmalen – Denkmalliste
– Bauten
für Parlament und Regierung
5 Grünes Berlin......................................................................................... 33
Naturschutz –Landschaftsprogramm – Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
– Pflege- und Entwicklungspläne –Maßnahmen und Projekte – Röhrichtschutz
–Landschaftsplanung – Landschafts- und Artenschutzprogramm – Gesamtstädtischer
Ausgleich – Freiraumsystem – Landschaftspläne – Biotopflächenfaktor–
Umweltverträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtliche Eingriffsregelung –
Artenschutz – Naherholungsgebiet Berliner Barnim – Wald in der
Großstadt –zertifizierte Waldwirtschaft – Waldzustand –Forstliche Rahmenplanung
– Waldschulen – Wildtiere im Stadtgebiet –Pflanzenschutz
6 Mobile
Stadt............................................................................................. 48
StEP Verkehr – Entwicklung der letzten Jahre – Umweltverbund
– Tarifpolitik – Parkraumbewirtschaftung – Beschleunigung des ÖPNV –
Fahrradbeauftragter – Innovative Mobilitätsservices – Plattformen
Wirtschaftsverkehr – Güter auf Schiene und Wasser – Integriertes
Güterverkehrskonzept – Baustellenlogistik – Hafenstandorte –
Verkehrskompetenzzentrum
7 Klima und Energie.................................................................................. 56
Sinkender Energieverbrauch – Weniger CO2-Emissionen
– Zehnmal mehr Solarenergie – Förderprogramme der Energiewirtschaft –
Aufklärung und Anreizsysteme – Solarschule
– Berlin spart Energie – Berliner Energieleistungsstandard B.E.ST. –
Heizspiegel – Energiesparpartnerschaften
Altlastensanierung – Freistellungsverfahren – Großprojekt
Berlin
Gewässernetz und Wassermenge – Speichersee Lohsa II –
Gewässerqualität – Phosphate und Eutrophierung – Gütemessnetz und Richtlinien
– Wasserrahmenrichtlinie – Schwebstoffe – Geringe Schadstoffbelastungen –
Fischerei – Abwasser – Klärwerke – Abwasserbeseitigungsplan – Sanierung der
Kanalisation – Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 – Betriebe als Direkteinleiter
– Beispiel
Schering AG – Abwasserabgabe – Grundwasserentnahmeentgelt – Grundwasserqualität
– Grundwassermanagement – Wasserschutzgebiete – Gewässersanierung – Entschlammung des
Teltowkanals – Teilsanierung Rummelsburger See
Grenz- und Richtwerte – Berliner Luftgüte-Messnetz –Schwefeldioxid
(SO2) – Stickoxide (NOx) – Kohlenmonoxid (CO) – Benzol – Ozon – Schwebstaub/PM
10-Staub – Ruß – Straßennahe Belastung –Emissionen (Industrie, Hausbrand,
Verkehr) –Luftreinhalteplan – Kraft-Wärme-Koppelung Heizungen – Chemische
Reinigungen – Tankstellen – Abgasvorschriften für Kfz – Erdgas als Kraftstoff
Hauptquelle Verkehr – Lärm an Straßen – Lärm an
Schienenwegen – Fluglärm – Verkehrslärmkataster – Verkehrsimmissionskataster –
Ressortübergreifende Vorsorge – Tempo-30-Zonen – LKW Fahrverbote – Bündelung
des Verkehrs – Fahrzeugtechnik – Passiver Verkehrslärmschutz – Baulärm –
Großveranstaltungen – Schankgärten und Straßencafés – Lärmminderungsplan
12 Abfall......................................................................................................... 95
Sinkende Mengen – Siedlungsabfälle – Bauabfälle –
Sonderabfälle – Entsorgungssituation – Abfallwirtschaftsplan Berlin –
Strategien zur Vermeidung – Strategien zur Verwertung – Maßnahmen (Siedlungsabfall,
Bauabfall, Sonderabfälle) – Entsorgungsraum Berlin-Brandenburg –
Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin – Aufgaben der Zukunft –
STAB-Konzept
13 Ökologischer Umbau........................................................................... 104
Umweltallianzen – Umweltförderprogramme – Informationssystem Stadt und Umwelt – FIS-Broker – Umweltatlas Berlin – Umweltforschung
Beste
Beispiele
Vorwort
Wie die Menschen in den Städten
zusammenleben, wird entscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaft sein. In
der Europäischen Union leben heute über 80% der Bevölkerung in Städten;
weltweit sind es über 60% – und der Trend ist ungebrochen. Internationale
Konferenzen wie HABITAT II 1996 in Istanbul und URBAN 21 im Jahre 2000 in
Berlin haben deutlich gemacht: Die Welt des 21. Jahrhunderts wird eine
städtische Welt sein. Die lange Zeit als antiquiert und unbeweglich belächelte
europäische Stadt erlebt eine Renaissance. Urbanität und Dichte werden wieder
entdeckt.
Städte müssen ihre traditionelle
Rolle neu finden und definieren: als Orte der Kommunikation, des Austausches,
der Kultur, der Vielfalt und der Toleranz, vor allem aber auch als Orte, in
denen man sich angstfrei bewegt und gerne aufhält und lebt. Vor drei
Jahrzehnten begann mit dem Bericht des Club of Rome die Diskussion über „die
Grenzen des Wachstums“. Damals konzentrierte sich die Diskussion auf
Umweltschutzprobleme wie Smog, Waldsterben, Saurer Regen oder die Auslaugung
und Erosion der Böden. Heute umfasst sie alle gesellschaftsrelevanten Bereiche. An die Stelle der Schadenskontrolle ist die Vorsorge für
eine lebenswerte Umwelt getreten. Dieser
Paradigmenwechsel zeigt sich auch im Namen des vorliegenden Berichts. Anders
als bei den früheren Umweltschutzberichten, geht es heute um Nachhaltigkeit:
Berlin wird als soziales, ökologisches und wirtschaftliches System unter
die Lupe genommen.
Nachhaltige Entwicklung bedeutet vor allem die
Sicherung einer intakten städtischen Umwelt. Lange Zeit wurden Fragen des
Flächenverbrauchs, wurden Luftverschmutzung, Trinkwasserqualität,
Abfallbeseitigung, Energieverbrauch und Lärm zugunsten von Bautätigkeit und
ökonomischer Entwicklung zurückgestellt. Der wirtschaftliche Output galt als
einziger Indikator städtischer Zukunftsfähigkeit. Heute wissen wir: Die
Modernisierung von Wirtschaft und Produktion ist auf Dauer nur tragfähig, wenn
auch die Stadt um sie herum sich modernisiert. Dieser
Bericht zeigt, wie Berlin in den letzten Jahren die Chance nutzte, ein Konzept
nachhaltiger Stadtentwicklung umzusetzen.
Berlin hat die Herausforderungen des
Umbruchs nach 1989 angenommen und mit einer dramatischen Aufbauleistung
vierzehn Jahre nach der Wiedervereinigung der Stadt nicht nur viele
teilungsbedingte Mängel behoben, sondern sich in einem ehrgeizigen
Modernisierungsprozess eine gute Ausgangsposition im Konkurrenzkampf der
Standorte geschaffen. Die technische Infrastruktur der Stadt wurde und wird
umfassend modernisiert. Der Gebäudebestand ist erheblich erneuert und ergänzt
worden. Die Modernisierung entlastet die Umwelt, Berlin wurde zur
Dienstleistungsstadt.
Modernisierung und Umweltschutz sind
keine Gegensätze, ganz im Gegenteil. Der Schutz der Umwelt ist ein Teil der
Modernisierungsstrategie für Berlin.
Peter Strieder
Senator für Stadtentwicklung
Die Betrachtung
nachhaltiger Entwicklung hebt die Trennung zwischen natürlichen und
gesellschaftlichen Ressourcen auf und versucht, Entwicklungen insgesamt zu
bilanzieren. Der vorliegende Nachhaltigkeitsbericht ist daher kein
„Umweltbericht“, sondern sieht Stadtentwicklung als ein Zusammenspiel sehr
unterschiedlicher Faktoren, das soziale, ökonomische und natürliche Ressourcen
einbezieht.
Aus der
Zielsetzung, ökologische Fragestellungen in den Zusammenhang städtischer
Entwicklung zu stellen, ergibt sich eine grundlegende Gliederungsfrage: Soll
Stadt als die Summe einzelner Faktoren erklärt werden oder sind ökologische wie
ökonomisch-soziale Aspekte nur aus der „Gesamt-Konstruktion“ Stadt heraus zu
erklären, wie es der Ansatz dieses Berichtes ist?
Mit der
Entscheidung, Nachhaltigkeit aus dem Bild der Stadt heraus zu spiegeln, ergibt
sich eine ungewohnte Gliederung. Dieser Bericht beschäftigt sich zunächst mit
Stadtentwicklungsplanung, mit Bauen, Wohnen, Verkehr und schließt die
Betrachtung der natürlichen Ressourcen daran an. Durch dieses Verfahren kann
das Verhältnis von Stadtplanung und den Folgen für die ökonomischen und
ökologischen Ressourcen transparent gemacht werden.
Dieses Verfahren
ist auch deshalb sinnvoll, weil sich in den letzten Jahren erhebliche
Veränderungen vollzogen haben, die für die Gesamtbilanz von Bedeutung sind. So
sind zum Beispiel die Werte für die Luftgüte erheblich günstiger als zu Beginn
der 90er Jahre. Diese Entwicklung ist ohne die erheblichen Investitionen in die
Wohnungs- und Gebäudesanierung nicht erklärbar. Gleichzeitig hat die Öffnung
der Stadt andere Entwicklungen mit sich gebracht, wie zum Beispiel eine
verstärkte Verkehrsentwicklung, was sich u.a. auch in der Belastung durch Lärm
niederschlägt.
Der Bericht macht
deutlich, dass die dramatischen Veränderungen, die die Stadt seit dem Fall der
Mauer durchgemacht hat, auf vielen ökologischen Feldern positive Wirkungen
hervorriefen. Der gewaltige Schub an Modernisierungsinvestitionen hat die
Substanz der gebauten Stadt grundlegend verbessert. Die Erneuerung und
Modernisierung der technischen Infrastruktur
hat zu erheblichen Effizienzsteigerungen geführt. Die noch nicht abgeschlossene
Sanierung der schienengebundenen Verkehrswege hat die Voraussetzungen für eine
umweltadäquate Mobilität geschaffen.
Über die Effizienz
des Ressourceneinsatzes entscheidet die Gesamtorganisation der Stadt Hier
spielt der Umgang mit Flächen eine erhebliche Rolle. Durch die historische
Entwicklung ist Berlin im Unterschied zu vielen anderen Städten in der Lage,
der Verödung und funktionalen Entmischung der Innenstadt entgegen zu wirken und
so eine räumlichen Zersiedelung zu verhindern.
Die Orientierung am
Leitbild der europäischen Stadt, das die Entwicklung auf die Innenstadt
fokussiert, kann längerfristig einen nicht zu unterschätzenden Standortvorteil
bieten: Die nachhaltige Stadt, in der die Menschen gerne leben.
Der Bericht enthält
bewusst keine weitergehenden Handlungsanleitungen, die sich aus den
beobachteten Entwicklungen ergäben, wohl aber werden Veränderungspotenziale
skizziert und aktuelle Maßnahmen vorgestellt.
Die in diesem Bericht verwendeten Zahlen und
Daten geben den letzten verfügbaren
offiziellen Stand wieder.
Aktualisierte Angaben können jederzeit im Netz abgerufen
werden unter
http://www.stadtentwicklung.berlin.de
Die kompakte, räumlich komplexe Stadt ist das Leitbild, das der Berliner Stadtentwicklungspolitik der letzten Jahre zugrunde liegt. Nachhaltigkeit am Beginn des 21. Jahrhunderts hat Dichte als Voraussetzung. Dichte heißt ein nahes Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten, heißt kürzere Verkehrswege, heißt Nutzung vorhandener Infrastruktur - und damit insgesamt auch ökonomisches und ökologisches Haushalten mit den Ressourcen einer verschuldeten Stadt in einer Zeit, da es mehr denn je gilt, mit Blick auf künftige Generationen zu planen und zu wirtschaften.
Soziale
Stadt Städtebauliche Erneuerungsstrategien zielten lange
vorrangig darauf, städtebauliche Missstände zu beseitigen. Heute geht es darum,
die sozialen, ökonomischen, kulturellen und ökologischen Dimensionen der Entwicklung
zu unterstreichen und lokale Selbstorganisationskräfte zu mobilisieren. Damit
wird Stadtentwicklung zu einem zentralen Steuerungsinstrument nachhaltiger
Politik.
In
einigen Stadtteilen sind die Folgen des Strukturwandels besonders erfahrbar.
Wachsende Teile der Bevölkerung werden marginalisiert, indem für sie Arbeit und
gesellschaftliche Einbindung nicht mehr gesichert sind. Rein
baulich-städtebauliche Strategien würden nur einen Teil der vielschichtigen
Probleme angehen. Sie müssen mit sozialen, wirtschaftlichen, arbeitsmarkt- und
umweltpolitischen sowie kulturellen Interventionen verknüpft werden.
Bis 1999 war die Gemeinschaftsinitiative Urban I ein wichtiges Instrument dieses Bereichs. 40 Projekte – vom ökologischen Ausbau bis zum Abenteuerspielplatz – wurden bewilligt. Für die Jahre 2000 bis 2006 stehen im Nachfolgeprogramm Urban II 14,9 Mio € an EU-Mitteln zur Verfügung, die über bundes- und Landesmittel mit 25% kofinanziert werden. Neben dem Quartiermanagement bildet Urban II so den Schwerpunkt des Senatsprogramms Soziale Stadt.
Stadtmonitoring 1996 beauftragte der Senat ein „Gutachten zur Sozialorientierten Stadtentwicklung in Berlin“, um die demografischen, sozialen und ökonomischen Veränderungen in Berlin auf kleinräumiger Ebene zu analysieren. Das Ergebnis dieses Stadtmonitorings: Hauptsächlich in vier verschiedenen Gebietstypen führen sozial selektive Wanderungsprozesse zu sozialräumlichen Polarisierungen – in innerstädtischen Altbaugebieten im West- und im Ostteil, in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus im West- und solchen des komplexen Wohnungsbaus (Plattenbausiedlungen) im Ostteil. Vielfältige Probleme verstärken sich in einigen Quartieren gegenseitig: hohe Bevölkerungsfluktuation; hohe Ausländeranteile, insbesondere bei Jugendlichen und Kindern; hohe Arbeitslosigkeit; hohe Sozialhilfedichte; hoher Zuzug von Zuwanderern aus dem Ausland; Wegzug von Familien mit Kindern sowie von Erwerbstätigen. Neben statistischen Merkmalen machen qualitative Aussagen über Milieu und Zustand des öffentlichen Raumes die Probleme sichtbar: Verwahrlosung des öffentlichen Raumes, zunehmend gewalttätige Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Jugendgruppen, Drogenkonsum, Alkoholismus und ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung.
Nur integriertes Handeln und vernetzte Maßnahmen können
solche Gebiete stabilisieren, indem sie Synergieeffekte der begrenzten
öffentlichen Mittel nutzen. Die Strategien müssen den komplexen Problemen in
den Quartieren und ihren komplexen Ursachen Rechnung tragen. Eine besondere
Rolle kommt der ökonomischen Quartiersentwicklung zu, da wirtschaftliche
Benachteiligung zu den zentralen Ursachen der problematischen sozialen Lage
der Bewohner gehört.
Quartiersmanagement 1999 wurden auf der Basis des Gutachtens zunächst 15 besonders stark betroffene Stadtquartiere herausgefiltert. Im März 1999 beschloss der Senat in diesen Gebieten integrierte Stadtteilverfahren einzuführen: das Quartiersmanagement – zunächst als Pilotverfahren für die Dauer von drei Jahren, also bis zum 31. März 2002. Die Evaluierung zeigte bald eine so deutliche Stabilisierung und Aufwertung der Gebiete, so dass der Senat im August 2001 die Laufzeit um zwei Jahre verlängerte. Im Oktober 2001 schließlich wurden – als Ergebnis der Fortschreibung des Stadtmonitorings – zwei neue Gebiete in das Programm aufgenommen.
Die Durchführung liegt
in allen 17 Gebieten in der Hand von Quartiersmanagern. Sie wurden von der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Abstimmung mit dem jeweiligen
Bezirksamt beauftragt und sind mit einem Vorort-Büro im Gebiet präsent. Zu
ihren konkreten Aufgaben gehören Stadtteilkoordination (also das Vernetzen
unterschiedlicher Interessengruppen und lokaler Akteure; Anregen und Aufbau von
Kooperationen zwischen Institutionen, Initiativen, Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften
u. a.), die Aktivierung der Bewohner (Einrichtung von Vergabeverfahren durch
Bewohner-Jurys), die Projektinitiierung (Hilfestellung bei der Entwicklung
beschäftigungswirksamer Projekte) und eine kontinuierliche Berichterstattung
über die Quartiersentwicklung und den Fortgang der Arbeiten. Für jedes Gebiet
wurden 0,51 Mio. € für Maßnahmen aus einem Quartiersfond bereitgestellt, über
deren Vergabe die Bewohner-Jurys zu entscheiden hatten.
Die wichtigsten
sektoralen Handlungsfelder des Quartiersmanagements sind:
• Berufsqualifizierung und Beschäftigung,
• Wirtschaftsförderung und Stadtteilökonomie,
• Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,
• Soziale und kulturelle Infrastruktur,
• Soziale und ethnische Integration
• Schule, Bildung, Sprache,
• besondere soziale Lebenslagen, Gesundheitsförderung.
Um diese Handlungsfelder zu verzahnen, wurden eine ressortübergreifende Lenkungsrunde auf Staatssekretärsebene und gebietsbezogene Steuerungs- und Lenkungsgremien auf Bezirksebene eingerichtet sowie QM-Koordinatoren in den Bezirksämtern benannt.
Seit 1999 konnten zahlreiche Projekte und Maßnahmen realisiert bzw. angeschoben werden, die nachhaltig zur Aufwertung des Stadtraumes und des Wohnumfeldes beitrugen, die soziale und ethnische Integration förderten und die nachbarschaftliche Kommunikation und Kooperation unterstützten. Anteilig wurden Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte unterstützt. Für die Quartiersmanagement-Gebiete steht in den Jahren 2002 und 2003 ein Programmvolumen von insg. 23,3 Mio. € zur Verfügung (inkl. EU-Mittel). Darüber hinaus werden diese Mittel mit Fördermitteln aus anderen Programmen (z.B. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Stadtweite Maßnahmen, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an Wohngebäuden, Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm) für die Quartiersmanagement-Gebiete gebündelt. Für die Jahre 2000 bis 2006 stehen Mittel aus dem europäischen Strukturfonds (EFRE) in Höhe von insgesamt rund 38,5 Mio € zur Verfügung.
Planungsinstrumente Im klassischen Bereich der Stadtplanung nutzt Berlin eine
Reihe von Instrumenten, in denen wesentliche Ziele der Nachhaltigkeit berücksichtigt
werden.
Flächennutzungsplan Der
erste gesamtstädtische Flächennutzungsplan (FNP) für Berlin wurde am 1. Juli
1994 wirksam. Er stellt für das gesamte Stadtgebiet die räumliche Nutzung dar,
wie sie sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung und den
voraussehbaren Bedürfnissen der Stadt ergibt. Gemeinsam mit dem
Landschaftsprogramm (LaPro) als wesentliche ökologische Bezugsquelle bildet der
FNP die strategische Grundlage nachhaltiger Stadtentwicklung.
Aktualisierungen des FNP werden in einem transparenten Prozess zur
Diskussion gestellt. Seit 1994 wurden rund 100 Änderungen abgeschlossen, von
denen 40 in die Neubekanntmachung Oktober 1998 aufgenommen, 60 danach wirksam
wurden. Mit ihnen und mit weiteren 40 noch laufenden FNP-Änderungen wurden
teilräumliche Planungsziele präzisiert.
Der FNP hat die Aufgabe, eine menschenwürdigen Umwelt zu sichern und zu Schutz und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen beizutragen. Ein sparsamer Umgang mit Flächen durch das Prinzip Innenentwicklung vor Stadterweiterung, die Sicherung ökologisch und klimatisch wertvoller sensibler Bereiche, der Schutz des Grundwassers, die Vermeidung unnötiger Verkehrsströme und der Ausbau umweltfreundlicher Verkehrsarten sind wichtige Anliegen des Plans.
Stadtentwicklungspläne In Stadtentwicklungsplänen (StEP)
werden für die Gesamtstadt Leitlinien und Zielsetzungen für unterschiedliche
Funktionen erarbeitet. Die Stadtentwicklungspläne definieren räumliche und
sachliche Prioritäten für die Inanspruchnahme von Flächen und Standorten und
bilden als sektorale Entwicklungspläne die Grundlage für alle weiteren
Planungen.
StEP Wohnen Mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen hat
der Senat die wohnungspolitische Strategie für Berlin festgelegt. Durch
geförderten Mietwohnungsbau große Standorte an der Peripherie zu entwickeln,
ist in Berlin heute weder finanzierbar noch entspricht es der Bedarfslage. Ein
entspannter Wohnungsmarkt (über 100.000 freie Wohneinheiten) signalisiert, dass
der geförderte Mietwohnungsbau verzichtbar ist. In ungünstigen Lagen müssen
Standardprodukte vom Markt genommen werden, in günstigen Lagen hingegen werden
neue Wohneinheiten nachgefragt. Diese müssen aber privat finanziert werden.
Wesentliche Ziele der Wohnungsentwicklung für die nächsten Jahre sind:
• Sicherung preiswerten Wohnraums nicht durch Neubau, sondern durch Maßnahmen im Wohnungsbestand
• Rückbau von „Standartprodukten“.
• Öffentliches Geld für öffentliches Eigentum.
• Privates Geld für privates Eigentum.
• Konzentration des Neubaus auf nachgefragte zentrale Räume zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung, Orientierung auf Nachfrage und Bedarf.
Deshalb will der Senat die Neubauaktivitäten auf
die zukunftsträchtigen Räume Innenstadt, Westraum und Südostraum konzentrieren.
Diese Räume haben neben qualitativ hochwertigen
Lagen auch einen hohen Besatz an Arbeitsplätzen bzw. sind Entwicklungsräume
für Zukunftsarbeitsplätze. Wohnen und Arbeiten können hier einander näher
rücken. Insbesondere auf den landeseigenen Grundstücken will der Senat mit
Leitprojekten aufzeigen, dass durch eine neue Bodenpolitik der Begriff der
Berliner Mischung in funktionaler und sozialer Hinsicht Aushängeschild bleiben
kann.
StEP Gewerbe Der StEP
Gewerbe wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit der
Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie erarbeitet. Im Zuge des
dramatischen wirtschaftlichen Strukturwandels hat das produzierende Gewerbe die
prägende Bedeutung für Berlin weitgehend verloren. Flächenfreisetzungen nach
Betriebsverlagerungen oder -schließungen, Zwischennutzungen und industrielle
Brachen, aber auch neu errichtete Technologiezentren prägen die Gewerbestandorte
- neben weiterhin ansässigen Betrieben des verarbeitenden Gewerbes.
Der StEP Gewerbe geht im Wesentlichen der Frage nach den Entwicklungstendenzen der im Flächennutzungsplan (FNP) Berlin dargestellten gewerblichen Bauflächen nach. Die Planung wurde für sieben Stadträume differenziert. Deren stadträumliche Profile werden auf Leitbilder für Standorte und Flächen heruntergebrochen. Wesentliche Aussagen sind:
•
Überprüfung des
Flächenbedarfs.
Mit einem Potenzial von bis zu 500 Hektar innerer Reserve sowie 500 Hektar
Wachstumsreserve entspricht das Flächenpotenzial des StEP Gewerbe dem
längerfristig prognostizierten Bedarf.
•
Bestandssicherung
und Flächenvorsorge.
Der Gewerbebestand soll grundsätzlich erhalten und gesichert werden. Die
Wiederverwendung und bessere Ausnutzung gewachsener Standortbereiche hat
Vorrang vor der Inanspruchnahme neuer Flächen.
•
Sicherung
gewerblicher Streulagen außerhalb gewerblicher Bauflächen
Erhalt und Entwicklung des nachbarschaftlichen Nebeneinanders von
Arbeitsstätten und Wohnungen
•
Industrieflächensicherung
•
Maßnahmen und
Vorleistungen für Standortentwicklungen
Großräumige und teilräumliche Voraussetzungen für Gewerbeflächenentwicklung -
wie z.B. der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur - werden identifiziert und
bewertet.
StEP Zentren und Einzelhandel Der Dienstleistungsbereich insgesamt ist heute der sich am dynamischsten
entwickelnde Wirtschaftssektor Berlins. Der Einzelhandel prägt die
Lebendigkeit, Vielfalt und Anziehungskraft der städtischen Zentren. Im
Einzelhandel waren 2002 knapp 80.000 Personen beschäftigt. Die Umsatzentwicklung
war in den letzten Jahren aufgrund der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung
rückläufig und liegt unter dem Bundesdurchschnitt.
Der Bestand an Einzelhandelsflächen ist von 2,6 Mio m² im Jahr 1991 auf 4,0 Mio
m² im Jahr 2002 gestiegen. Damit hat die Verkaufsfläche je Einwohner von 0,67
m² auf 1,20 m² zugenommen. Der noch Mitte der 90er Jahre
vorhandene Nachholbedarf ist inzwischen weitgehend gedeckt. Im
Bundesdurchschnitt lag die Ausstattung 2000 mit 1,31 qm Verkaufsfläche je
Einwohner geringfügig höher. Bis zum Jahr 2010 wird für Berlin ein weiterer
Anstieg um ca. 400.000 qm Verkaufsfläche angenommen.
Die
erhebliche Dynamik, die die quantitative Flächenentwicklung des Einzelhandels
in der unmittelbaren Nachwendezeit geprägt hat, wird sich künftig vorrangig als
qualitative Umstrukturierung von bestehenden Standorten und Zentren darstellen.
Dahinter steht ein anhaltender Strukturwandel des Handels mit
Konzentrationsprozessen, zunehmender Filialisierung und der Veränderung von
Betriebsformen. Eine erfolgreiche, kontrollierte und gesteuerte Einzelhandels-
und Zentrenentwicklung ist deshalb eine vorrangige Aufgabe für ein
zukunftsfähiges Berlin. Kaufkraft in der Stadt zu halten bzw. neue Kaufkraft zu
akquirieren (Städtetourismus) bleibt damit ein Handlungsfeld.
Die folgenden Ziele und Leitlinien wurden deshalb im März 1999 als erster Teil des StEP Zentren und Einzelhandel, Teil 1, vom Senat beschlossen:
• Erhalt der Polyzentralität,
• Sortimentsbeschränkungen für Einzelhandelsansiedlungen außerhalb der Zentren,
• grundsätzlich keine Realisierung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf im FNP dargestellten gewerblichen Bauflächen,
• Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und des Erscheinungsbilds der Zentren,
• Fachmarktansiedlung in Zentren nur, wenn damit eine Stärkung der Zentren erfolgt.
Büroflächen Mit
ca. 570.000 Bürobeschäftigten ist Berlin die größte Bürostadt Deutschlands. Die
Büroflächenentwicklung wird seit 1992/93 gesamtstädtisch und teilräumlich
analysiert. Die daraus resultierenden Berichte – der vierte und derzeit
aktuellste erschien 1998 – haben die Transparenz des Berliner Büroflächenmarkts
deutlich erhöht.
Zu Beginn der 90er Jahre prägten diesen Markt
Angebotsengpässe, explosive Mietenanstiege und wenig später ein beispielloser
Bauboom. Seit 1990 wurden 8 Mio m²
Bürofläche (BGF) fertiggestellt. Mit über 18 Millionen Quadratmetern
Bürofläche ist Berlin heute der größte städtische Büroflächenmarkt in
Deutschland. Das stadtplanerische Ziel der Nutzungsmischung hat sich dabei
durchgesetzt. Wohnen, Einzelhandel, Kultur, Gewerbe und andere Nutzungen hatten
bei den Fertigstellungen bis 1998 einen Anteil von 30 %, bei den in Bau
befindlichen Vorhaben sogar von 45 %.
Damit hat sich das Bild grundlegend gewandelt.
Steigende Angebotsreserven, eine hinter den Erwartungen zurückbleibende
Nachfrage und ein vielfältiges Angebot an hochwertigen Büroflächen zu moderaten
Mieten prägen heute den Markt. Trotz der aktuellen Überhänge von 8,1 % wird die
Stadtentwicklungsplanung auch künftig nicht restriktiv auf den Büroflächenmarkt
einwirken, sondern - im Gegenteil - an besonders geeigneten Standorten die
planerischen Voraussetzungen für Investitionen schaffen. Um das Interesse privater
Investoren auf die präferierten Standorte zu lenken, erfolgt eine
Prioritätensetzung bei öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen.
StEP Ver- und Entsorgung Die Überwindung der
energetischen Inselsituation von West-Berlin durch den Anschluss an das bundesdeutsche
Stromverbundnetz 1994 und die Integration der Berliner Stromversorgung durch
den Bau einer 380-kV-Stromschiene quer durch die Stadt sind beispielhaft für
den Prozess, mit dem Berlin seine Ver- und Entsorgungsnetze erneuert.
Mit dem StEP Ver- und Entsorgung hat der Senat
die Weichen gestellt, um eine ganze Reihe von Aufgaben und Anforderungen
fachübergreifend und wirtschaftlich wie ökologisch nachhaltig zu erfüllen:
Liberalisierung des Energiemarktes, neue EU-Normen für geklärtes Abwasser, die
Vereinigung der technischen Netze, Erneuerungen und Rekonstruktionen maroder
Systeme, die Anbindung an überregionale Verbundsysteme und die Begleitung von
Stadtentwicklungsmaßnahmen sind nur einige davon.
Den vielschichtigen Themen entsprechend gliedert
sich der STEP Ver- und Entsorgung in medienbezogene Teilpläne für die Bereiche
Energie- und Wärmeversorgung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung/Regenwasserbehandlung.
Das
Gebiet des im 18. Mai 1999 vom Senat als überbezirkliche Planungsvorgabe
beschlossenen Planwerks Innenstadt
reicht von der Uhlandstraße im Westen bis zur Oberbaumbrücke im Osten, vom
Mehringplatz im Süden bis zum Platz vor dem neuen Tor bzw. zum Nordbahnhof. Auf
einer Fläche von ca. 30 Quadratkilometern leben hier rund 300.000 Menschen.
Fast die gleiche Anzahl Menschen arbeitet in diesem Gebiet.
Planwerke Planwerke
gibt es derzeit für vier Teilräume. 1999 wurde das Planwerk Innenstadt aufgrund
seiner besonderen Bedeutung für das Zusammenwachsen der Stadt vom Berliner
Senat beschlossen. Mit dem Planwerk Südostraum (mit den Vertiefungsräumen
Adlershof, Köpenick, Schöneweide, Rudow, Altglienicke, Schönefeld) und Westraum
(mit den Vertiefungsräumen Altstadt Spandau/Stresow, Spreemündung Südhafen/
Burgwall, Flughafen Tegel, Fluplatz Staaken) wurden 1999 Diskussionen um
Leitbilder für diese Teilräume begonnen. Ein Planwerk Nordostraum ist in
Arbeit.
Der Senat reagierte mit dem Planwerk Innenstadt auf die besondere
Entwicklungsdynamik Anfang der 90er Jahre in diesem Bereich. Das Planwerk
beinhaltet ein zusammenhängendes Innenstadtkonzept, das die beiden Stadtzentren
in ihrer Entwicklung zueinander in Beziehung setzte und stellte die gemischte,
vielfältig und intensiv genutzte, lebenswerte Innenstadt – als bewussten
Gegensatz zum Wohnen, Arbeiten und Einkaufen auf der grünen Wiese – in den
Mittelpunkt städtischer Entwicklung. Die Innenentwicklung als Gegenmodell zum
nachholenden Suburbanisierungsprozess bewirkt auch im Hinblick auf soziale und
technische Infrastruktur einen sparsamen Ressourceneinsatz. Schulen und
Kindertagesstätten, ÖPNV-Infrastruktur und Ver- und Entsorgungskapazitäten
sind in der Stadt schon vorhanden, an der Peripherie müssten sie neu gebaut
werden.
Durch den Rückbau überbreiter Straßentrassen und die Umwandlung langfristig
nicht mehr benötigter Straßenflächen werden Bauflächen gewonnen, die
Verkehrsströme reduziert und der angestrebte Modal Split für das Zentrum von
80:20 vorangebracht. Der hohe Anteil undefinierter Grün- und Freiflächen wird
in seiner Aufenthaltsqualität und seiner ökologischen Funktion wesentlich
qualifiziert.
Gemeinsame
Landesplanung Der Stadtstaat Berlin und
das dünnbesiedelte Land Brandenburg sind
Berlin-Brandenburg ungleiche Nachbarn. Dass sie sich dennoch zu einer gemeinsamen Landesplanung entschlossen, hat gute Gründe. Es gilt, Fehlentwicklungen in der regionalen Raumordnung vorzubeugen, eine unmäßige Suburbanisierung der Stadt ebenso zu verhindern wie das Ausbluten der äußeren Landesteile Brandenburgs, und Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen zu begrenzen. Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEPro) wurde als Staatsvertrag im März 1998 rechtsgültig. Damit hatten erstmalig in Deutschland zwei Bundesländer eine verbindliche gemeinsame Raumordnung für ihre Gesamtfläche vereinbart.
Bereits das LEPro traf eine operationale Unterscheidung zwischen dem äußeren Entwicklungsraum und dem engeren Verflechtungsraum, der neben Berlin rund 250 Umlandgemeinden umfasst und in dem die Steuerungsmechanismen am wirkungsvollsten ansetzen könne. Zeitgleich zum LEPro trat deshalb der Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEPeV) in Kraft.
LEPeV Der LEPeV definierte regionale Entwicklungszentren als Kristallisationspunkte um so eine verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur und die Bewahrung der ländlichen Räume (großflächiger Freiraumschutz) zu sichern. Die betroffenen Gemeinden wurden dazu typisiert und an diese Typisierung gekoppelte Maxima für das künftige Bevölkerungswachstum (zwischen 10 und 50 %) festgelegt – Wachstumsmargen, die auf lange Sicht ausreichen, die Entwicklung aber sinnfällig steuern.
Im Jahre 2000 hat die gemeinsame Landesplanung einen Bericht zur Flächenentwicklung vorgelegt. Er konstatiert eine deutliche Konzentration der Siedlungsentwicklung im Berliner Umland seit Inkrafttreten des gemeinsamen Landesentwicklungsplanes. Die Steuerungseffekte sind also durchaus bemerkenswert: Der Flächenfraß konnte eingedämmt werden.
Nicht nur in dieser
Hinsicht hat sich die gemeinsame Landesplanung bewährt. In bislang mehr als 5.000
Entscheidungen wurde bisher ein Interessenausgleich erreicht. Das gilt
beispielhaft für das schon 1993 ausgehandelte, im LEPeV festgelegte Moratorium
für Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Damit sind im Berliner Umland 19
ursprünglich beabsichtigte Einkaufszentren mit rund 500.000 m² Verkaufsfläche
wieder verworfen, die errichteten 15 größeren Einkaufszentren um rund 164.000
m² reduziert worden. Der gemeinsamen Landesplanung ist es zu danken, dass es im
Berliner Umland bei weitem nicht zu jenem Wildwuchs und Übermaß an
Einkaufszentren gekommen ist, wie sie in anderen ostdeutschen Großstädten zu
beklagen sind. Ein ähnlich restriktives Vorgehen gilt auch für Factory Outlet
Centers mit ihren besonders großen Einzugsgebieten und Verkehrsgenerierungspotentialen.
Landesentwicklungsplan
Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) Nach der Standortentscheidung für de Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International am Standort Schönefeld erfolgte 1999 eine landesplanerische Sicherung des Standortes durch den Landesentwicklungsplan „Standortsicherung Flughafen“ (LEP SF). Dieser Landesentwicklungsplan wird derzeit beklagt.
Da nach Rechtsprechung des OVG für das Land Brandenburg das im Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEP eV) formulierte Ziel der Raumordnung zum Ausbau des Flughafens Schönefeld keine ausreichende Begründung der Ausbauentscheidung und der hierzu vorgenommenen Abwägung enthielt, befindet sich ein neu erarbeiteter Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) derzeit im Aufstellungsverfahren.
Interregionale Kooperation Über unmittelbare Planungen hinaus unterstützt Berlin die überregionale Zusammenarbeit mit benachbarten Regionen und Ländern, damit der Metropolenraum seine Lagegunst als Drehscheibe nutzen und sich in ein neues, nach Osten erweitertes Europa integrieren und entwickeln kann.
Die Entwicklung neuer
Partnerschaften mit den Staaten Mittel- und Osteuropas bietet Impulse und
Chancen für eine nachhaltige europäische Raumentwicklung auf den Handlungsfeldern
Umwelt, Wirtschaft und Soziales. Dafür werden im Metropolenraum
Berlin-Brandenburg und künftig in den Beitrittsregionen Strukturfonds der EU
eingesetzt.
Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) von 1999 bietet hierfür einen programmatischen Leitfaden. Seine Umsetzung wird wesentlich durch die neuartige EU-Gemeinschaftsinitiative Interreg II c befördert, an deren Entwicklung durch Pilotprojekte Berlin maßgeblich beteiligt war.
Interreg-Projekte mit Beteiligung der Länder Brandenburg und Berlin waren u. a.:
• Metropolitan Areas (Metropolenräume im Ostseeraum)
• Waterfront Urban Development (Ein Städte-Netzwerk in der Ostseeregion)
• Baltic Bridge (transregionales Strukturentwicklungskonzept Berlin – Sczcecin (Polen) – Schonen (Südschweden) mit Städtenetz, Infrastruktur- und Tourismuskonzepten sowie Regionalmarketing
• Oderregio (vorbeugender, grenzübergreifender Hochwasserschutz im Oderraum)
• Implan (Modelle zur Stadt-Umland-Kooperation für Berlin, Budapest, Sofia und Prag)
Ende 2002 gab es in Berlin 1.873.413 Wohnungen. Der Anteil des Altbaus betrug mit rd. 796.000 Wohnungen 42,5 %, der des Neubaus lag mit rd. 1.077.000 Wohnungen bei 57,5 %. Dabei ist Berlin weiterhin eine Mieterstadt. Während 88,5 % oder 1.657.000 Wohnungen vermietet werden, betrug der Anteil der Eigentümerwohnungen nur 11,5 % (216.000 Wohnungen). Von 1990 bis 2002 hat sich damit der Wohnungsbestand um 161.000 Wohnungen erhöht – und einen Markt geschaffen, der sich weiter ausdifferenziert und durch Marktsegmente mit sinkenden Mieten und wachsenden Leerstände aber auch durch Segmente mit steigenden Mieten und wachsender Nachfrage geprägt ist.
Ökologischer Städtebau “Alle Vorhaben, Planungen und
Programme des Bau- und Wohnungswesens (sollen) auf die Ziele der
Umweltverträglichkeit und -entlastung, der Schonung natürlicher Ressourcen und
der Verbesserung bzw. Sicherung von Umwelt- und Lebensqualität hin überprüft,
entwickelt und ausgerichtet werden ... Aufgabe des Staates ist es, ... solche
Konzepte und Maßnahmen voranzutreiben, die ökologische Wirkungen im städtebaulichen
Maßstab entfalten“, also “vom ökologischen Experiment zum Regelstandard, vom
einzelnen Öko-Haus zum ökologischen, umweltgerechten Städtebau“ führen. Diese
Grundsätze, die Nachhaltigkeit zur Regel und nicht zur Ausnahme machen sollen,
wurden bereits 1994 im Senatsbericht über ökologisches Planen und Bauen
festgeschrieben. Der im Bericht formulierte „Berliner Standard für
ökologisches Bauen“ wurde bundesweit Vorbild für Verwaltungsvorschriften
anderer Länder (so auch für die Bauvorhaben der IBA Emscherpark). Er gilt im
wesentlichen bis heute.
Veränderungen und Ergänzungen
ergaben sich auf Grund von Beschlüssen des Abgeordnetenhauses in den Bereichen
“Baustoffverbote“ und “Energieeinsparung“. Durch Weiterentwicklungen in EU- und
Bundesrecht (u.a. Wärmeschutzverordnung 1995, Energieeinsparverordnung 2002, FCKW-Halon-Verordnung) aber auch durch
Praxiserfahrungen, die seither gesammelt wurden (z. B. zur
Betriebswassernutzung in Gebäuden), ist es notwendig und beabsichtigt, die
ökologischen Anforderungen neu zu formulieren.
Stadtökologische Modellvorhaben Mit
diesem Programm wurden neue, durch
praktische Anwendung abgesicherte Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des
Wohnungs- und Städtebau geliefert. Es ging dabei weniger um eine
Regelförderung, also um Serien gleichartiger Baumaßnahmen, sondern um
modellhafte Einzelvorhaben.
Fester Bestandteil jedes Projektes war eine angewandte Begleitforschung. Als gebaute Forschung wurden die Projekte grundsätzlich im Rahmen von kooperativen und integrierten Planungsverfahren entwickelt und umgesetzt, wissenschaftlich begleitet, ausgewertet, wo nötig optimiert und dokumentiert.
Seit 1989 wurden in diesem Programm rund 16,8 Mio € für stadtökologische
Vorhaben eingesetzt, rund 100 Einzelaufträge für etwa 60 Bau- und
Forschungsvorhaben vergeben und etwa 30 konkrete Bauprojekte mit investiver
Förderung durchgeführt oder eingeleitet,
davon die Hälfte seit 1994.
Der Schwerpunkt des Programms lag auf Sanierungsaufgaben im Ostteil der
Stadt. Die wichtigsten Vorhaben sind:
• Wassersparprojekt Marzahn (Einbau und Erprobung trinkwassersparender Installationen in Plattenbauten)
• ökologische Mustersanierung Hellersdorf: Gesamtkonzept für einen Block der Plattenbaugroßsiedlung mit 200 Wohnungen
• Entwicklung und Umsetzung eines ökologischen Gesamtkonzepts für die Sanierung des Gewerbehofs WeiberWirtschaft e.G. im Bezirk Mitte
• zwei ökologische Gesamtkonzepte für die Sanierung einer Gründerzeitschule in Prenzlauer Berg und einer Typenschule in industrieller Bauweise in Lichtenberg
Als bisher letzte Phase schloss sich seit 1994 eine Serie von Niedrigenergieprojekten
im Wohnungsbau an. Inzwischen gibt es im Berliner Geschosswohnungsbau knapp
800 Wohnungen mit Niedrigenergie-Standard, die die Werte der
Wärmeschutzverordnung um mindestens 20 % unterschreiten. Projekte aus dieser
Phase sind:
• Niedrigenergiehaus Marzahn Flämingstraße; energieoptimiertes Mehrfamilienhaus mit 56 Wohnungen
• Rudow-Süd: vier- bis fünfgeschossige Gebäudegruppe mit hoher Wärmedämmung und geregelter Lüftung, 58 Wohnungen
• Müggelheim - Ludwigshöheweg: Mehrfamilienhausgruppe mit 192 Wohnungen
• Pankow, Heinrich-Böll-Siedlung – mit 250 Wohnungen größte Niedrigenergie-Wohnanlage und Leitprojekt des ökologischen Städtebaus in Berlin ohne investive Sonderförderung
•
Zehlendorf, Stadtvillen: zwei Mehrfamilienhaus-Anlagen mit 108 und 105 WE in
Plattenbauweise mit Kerndämmung und geregelter Lüftung, jeweils versorgt durch
solargestützte Nahwärmesysteme.
Die wichtigsten
Projekte der letzten Jahre, die für den Innovationsanspruch und die
städtebauliche Bedeutung des Landesprogramms stehen, sind:
•
Niederschlagswassernutzungsanlage Belß-/Lüdecketraße in
Steglitz
Erstmals wird Wasser aus einem vorhandenen Regenwasserkanal als
Betriebswasser in Gebäuden eingesetzt. Dies entlastet den Vorfluter und führt –
mit Blick auf das seit Januar 2000 erhobene Niederschlagswasserentgelt – zu
geringeren Betriebskosten. Das Projekt wird von der TU Berlin begleitet;
Wasserbehörde und Wasserbetriebe Berlin sind eingebunden. Erste Ergebnisse
wurden auf der internationalen Regenwasserkonferenz 2001 in Mannheim
vorgestellt. Das Gesamtprojekt Ökologische Stadterneuerung einer
Kleinraumsiedlung wurde mit dem Berliner Umweltpreis 2001 ausgezeichnet.
• Ökologische Bewirtschaftung von Genossenschaftswohnungen in Friedrichshain
Für Modernisierung, Um- und Ausbau sowie die Bewirtschaftung des Gebäudebestandes der Bewohnergenossenschaft FriedrichsHeim e.G. wird ein ökologisches Gesamtkonzept entwickelt und umgesetzt. Schwerpunkte sind innovative Konzepte für die Reduzierung der Betriebskosten (Abfallentsorgung) und die Niederschlagswasserbewirtschaftung in Innenstadtlage.
•
Integriertes Energiekonzept Buchholz-West in Pankow
Das Konzept umfasst eine zentrale thermische Solaranlage
(600 m² Kollektorfläche) zur Unterstützung der Nahwärmeversorgung sowie 125
Reihenhäuser in Niedrigenergie- (55 Wohnungen), Niedrigstenergie- (50
Wohnungen) und Passivhausstandard (20 Wohnungen). Heizzentrale und Solaranlage
sind fertiggestellt und werden von der GASAG betrieben.
•
Studie zur Reduzierung der Wasserkosten im öffentlichen
Bereich
Basis ist die Auswertung von 113 Liegenschaften in den Ortsteilen Wedding und
Gesundbrunnen des Bezirks Mitte. Das Ergebnis zeigt Verwaltern und Betreibern
öffentlicher Einrichtungen, wie und in welchem Umfang die Betriebskosten im
Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung reduziert werden können,
und dient als Leitfaden und Entscheidungshilfe für nötige Maßnahmen.
• Physik-Neubau der HU Berlin in Adlershof
Bei diesem Projekt soll das anfallende Regenwasser für die Bewässerung der begrünten Fassade und der Gartenhöfe sowie für die Gebäudekühlung genutzt werden. Mit der baubegleitenden Fachberatung und Auswertung ist zur Zeit die Fachhochschule Neubrandenburg in Verbindung mit der TU Berlin beauftragt.
Neben diesen beispielhaft genannten Vorhaben wurden im Rahmen des Programms weitere Studien, Querschnittsuntersuchungen und –auswertungen durchgeführt. Hervorzuheben sind
• das Merkblatt „Innovative Wasserkonzepte/Betriebswassernutzung in Gebäuden“, das 2003 in einer um Beispielprojekte erweiterten und überarbeiteten Neuauflage erschienen ist;
• die 2001 veröffentlichte Bestandsaufnahme größerer thermischer Solaranlagen in Berlin, mit der Betriebsdaten für rund 80 Anlagen aufbereitet wurden. Als Weiterführung wird zur Zeit ein Solarkataster für Berlin erstellt, das alle solarthermischen und photovoltaischen Anlagen umfassen wird.
Wohnungsneubau Von den 1995 bis 2002
fertiggestellten 123.000 Wohnungen wurden rund 23.000 (19 %) im sozialen
Wohnungsbau (Erster Förderweg) und rund 38.000 Wohnungen oder 31 % in der vereinbarten Förderung
errichtet. Der Anteil der Eigentumsförderung (Eigentumswohnungen, Ein- und
Zweifamilienhäuser) lag bei rund 14.000 Wohnungen (11 %), der des freifinanzierten Wohnungsbaus (einschließlich Eigentum)
betrug 39 % od. 48.000 Wohnungen.
Ein- und Zweifamilienhäuser machten mit 22.834 Wohnungen rund 19 % aller Neubauten aus.
Seit 1996 hat ein grundlegender Wechsel in der Wohnungsbaupolitik
stattgefunden. Die äußerst angespannte Haushaltssituation des Landes Berlin
sowie die veränderten Prognosen zur Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung
haben zu einer Einstellung der Förderung geführt.
Die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen lag 2002 daher mit 3.527 Wohnungen weit unter dem Niveau der Jahre 1991 mit 11.208 und 1992 mit 10.976 genehmigten Wohnungen. Räumliche Schwerpunkte des Wohnungsneubaus waren Mitte, Pankow, Treptow-Köpenick aber auch Marzahn-Hellersdorf. Nach Auslaufen des Fördergebietsgesetzes und in einem grundlegend veränderten Markt sank in den Jahren 1998 bis 2002 die Zahl der Genehmigungen rasch.
Geförderter Mietwohnungsbau Der bis weit in die 90er Jahre hinein praktizierte, öffentlich geförderte soziale Mietwohnungsbau (Erster Förderweg) war mit erheblichem Subventionsaufwand verbunden. Seit 1991 wurde er deshalb zunehmend von der vereinbarten Förderung (Zweiter Förderweg) abgelöst. 1995 ging der Senat zu einer Pauschalförderung über, deren Höhe sich nicht mehr an objektspezifischen Kosten und einer Kostenmiete orientierte. Gleichzeitig wurden die Bauherren verpflichtet, weitere freifinanzierte Wohnungen zu errichten.
1994 wurde die Einkommensorientierte Förderung (EOF) in
das zweite Wohnungsbaugesetz, das ab 01.01.2002 durch das Wohnraumförderungsgesetz
abgelöst wurde, aufgenommen. Die EOF wurde mit Pilotprojekten 1995 bis 1997 eingeführt. Sie vereint Gesichtspunkte des
sozialen Wohnungsbaus und der vereinbarten Förderung. Flächendeckend wurde sie
erstmals im Wohnungsbauprogramm 1998 realisiert. Der erste Förderungsweg war
damit entfallen. Neben der reinen Objektförderung erfolgte eine
Individualförderung, die sich am Einkommen der Mieter orientierte.
In den 90er Jahren entstand durch diese Instrumente ein großes Potenzial an Mietwohnungen, so dass 1998 die Programmzahlen auf 1.300 WE und 1999 auf 300 WE reduziert wurden. Im Wohnungsbauprogramm 2000 betrug das Programmvolumen nur noch 100 WE ausschließlich für Sonderwohnprojekte mit besonderer sozialer oder therapeutischer Ausrichtung.
Vor dem Hintergrund
eines weitgehend ausgeglichenen Marktes wurde die Mietwohnungsbauförderung ab
2002 eingestellt.
Wohneigentumsneubau 1993 wurden Richtlinien geschaffen, die Bauherren und Erwerbern eine Förderung gewährte, auch wenn deren Einkommen die Einkommensgrenze des sozialen Wohnungsbaus um bis zu 150% überschritten. Freimacher von Mietsozialwohnungen und Mietwohnungen im Ostteil der Stadt erhielten einen besonders günstigen Zinssatz. Dies führte zu einem Anstieg der Bewilligungszahlen 1993 auf 1.370, 1994 auf 2.294 und 1995 auf 2.926 Wohnungen.
Im August 1997 traf
Berlin mit der Eigentumsstrategie Berlin 2000 neue strukturpolitische
Entscheidungen zur Erhöhung der Eigentümerquote. Angestrebt wurde das Eigenheim
zu Gesamtkosten von ca. 153.387 €. Dafür wurden große Flächen am Stadtrand
erschlossen. 1997 wurde für 2.515 Wohnungen eine Förderung bewilligt.
Wegen der gesunkenen Kapitalmarktzinsen boten die Förderkonditionen in vielen
Fällen keinen großen Anreiz mehr, die mit entsprechenden Bindungen und
Auflagen gekoppelte Förderung in
Anspruch zu nehmen. 1998 nahmen deshalb nur noch 1.810 Bauherren, 1999 noch
rund 1.400 eine Förderung in Anspruch.
Ende 1999
verständigte sich der Senat auf einen Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik.
Die Förderung der Eigentumsbildung wurde nachhaltig und Flächenressourcen
sparend ausgerichtet. Gefördert wurde von 1999 bis 2001 deshalb auch nur noch
der Erwerb von Wohnungen/Objekten aus dem Bestand. Neubauten werden auch im
Eigenheimbereich seit 2002 nicht mehr gefördert.
Von Anfang an wurde an den Bau
öffentlich geförderter Wohnungen umfangreiche ökologische Anforderungen
gestellt, die bei den Neubauten verwirklicht wurden. Besonders
förderungsfähig sind und waren zudem:
• erhöhter baulicher Wärmeschutz, wenn die Werte der Wärmeschutzverordnung um mindestens 25 % unterschritten werden,
• Wärmemengenzähler zur wohnungsweisen Messung des Verbrauchs,
• Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen, z.B. Sonnenkollektoren, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen (ausgenommen Grundwasserwärmepumpen und alle Wärmepumpen mit elektrischer Zusatzheizung sowie elektrisch betriebene Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl unter 4 oder FCKW- und H-FCKW-haltigen Kältemitteln),
• Wärme- und Stromerzeugung durch Blockheizkraftwerke
• bauliche Maßnahmen zur Zurückhaltung des Niederschlagswassers.
Eigentumsbildung im Bestand Der Senat förderte von 1999 bis 2001 den Erwerb von Mietwohnungen aus dem Bestand, weil dadurch die soziale Durchmischung gerade verdichteter Wohnsiedlungen nachhaltig stabilisiert wird. Möglich wurde damit die Förderung des Erwerbs durch Mieter, deren Familienangehörige sowie selbstnutzende Dritte, soweit sie bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Gefördert wird durch zinsverbilligte Darlehen in Höhe von bis zu 900 €/m² förderungsfähige Wohnfläche. Der Zinssatz war abhängig vom Einkommen und von der Kinderzahl.
Für die Mittel, die in den Jahren 1999, 2000 und 2001 durchschnittlich für eine einzige Eigentumsneubauwohnung notwendig waren (rund 68.700 €), konnten drei Bestandserwerber gefördert werden. Durch die Regelung haben mehr als 1.600 ehemalige Mieter Wohneigentum gebildet – gerade auch Haushalte, denen dies ohne Förderung nicht möglich wäre.
Genossenschaftsförderung Auch mit den ebenfalls im Sommer 1999 veröffentlichten und 2000 erneuerten Genossenschaftsrichtlinien wurde bisher der Eigentumserwerb im Bestand gezielt unterstützt. Gefördert wurde zunächst der Erwerb von Genossenschaftsanteilen, aber auch die Aus- und Neugründung von Genossenschaften. Bei der Anteilsförderung erhalten Berechtigte zinslose Darlehen, die in Höhe des Eigenheimzulagenanspruchs über eine Laufzeit von acht Jahren zu tilgen sind. Die Gründungsförderung erfolgt durch einen nichtrückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 10.000 bis 25.000 € zur Deckung von Kosten für Beratung, Prüfung usw.
Sanierung des Bestands Stadterneuerung
und -sanierung haben in Berlin hohe Priorität. Erhalt und Aufwertung
gewachsener Quartiere und die Stärkung vorhandener Zentren sind die Ziele der
1993 bis 1995 förmlich festgelegten 22 Sanierungsgebiete. Im vergangenen
Jahrzehnt hat das Land Berlin knapp 4 Milliarden € Fördermittel für die
Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum bewilligt. Gefördert wurden die
Leerstandsbeseitigung und umfassende Sanierung von mehr als 35.000
Altbauwohnungen (Baujahre bis 1918), und die Durchführung einzelner
Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen an fast 600.000 Wohnungen. Die
Förderung löste ein Investitionsvolumen von 7,6 Milliarden € aus. Rechnerisch
wurden so im Jahresdurchschnitt 13.000 bauwirtschaftliche Arbeitsplätze voll
ausgelastet. Energetisch relevante Maßnahmen (Verbesserung der Wärmedämmung,
Einbau moderner Heizungssysteme) hatten einen Anteil von rund 30% an den
geförderten Maßnahmen.
Die Förderung der Modernisierung und
Instandsetzung erfolgt mittels differenzierter Teilprogramme:
•
Mit dem Programm Stadtumbau Ost ,
das durch die Bundesregierung initiiert wurde, werden einerseits Kommunen
Ostdeutschlands bei der Aufwertung von Stadtquartieren gefördert, andererseits
die dortige Wohnungswirtschaft beim Rückbau von Wohnungen, die auf Dauer nicht
mehr benötigt werden. Damit soll Leerstand abgebaut und die Lebensqualität der
Anwohner gesteigert werden. Laufzeit des Programms sind die Jahre 2002 bis
2009.
Auch Berlin wird um dem Abriss von Wohnungen aus wohnungswirtschaftlichen
Gründen nicht herumkommen und nach den
Sanierungen der Wohnungen und der Außenanlagen kommt es darauf an nun auch den
öffentlichen Raum in den Quartieren aufzuwerten. Weil leerstehende Schulen und
Kindertagesstätten an etlichen Orten die Umgebung belasten, die Möglichkeiten,
diese Gebäude anderweitig zu nutzen aber weitgehend ausgeschöpft sind, wird in
Berlin aus dem Programm auch der Rückbau nicht mehr benötigter Gemeinbedarfseinrichtungen
finanziert.
• Soziale Stadterneuerung heißt das Kernprogramm für die umfassende Modernisierung und Instandsetzung von Altbauten, deren Bauzustand erhebliche Mängel und Missstände aufweist. Die Fördermittel werden fast ausschließlich für Projekte in den Sanierungsgebieten eingesetzt, seit 2002 vor allem für die öffentliche Infrastruktur.
• Das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz hat seit 1991 mit mehr als 310 Mio € Fördermitteln wesentlich dazu beigetragen, dass in der Spandauer und Rosenthaler Vorstadt (Mitte), in der Victoriastadt (Lichtenberg), in Friedrichshagen, Oberschöneweide und der Kiezer Vorstadt (Köpenick) historische Altbaubestände und –strukturen erhalten und baulich aufgewertet wurden. Die Ausrichtung entspricht im wesentlichen derjenigen im Programm Soziale Stadterneuerung, allerdings beteiligt sich der Bund hier mit einem Anteil von 40% (gegenüber einem Drittel in den übrigen Bereichen der Städtebauförderung) an der Projektförderung.
• Im Programm Wohnungspolitische Selbsthilfeprojekte wurden Selbsthilfegruppen gefördert, die als gemeinnütziger Verein oder Treuhandträger, Genossenschaft oder GbR organisiert sind und ein Grundstück mit umfassend sanierungsbedürftigen Gebäuden entweder erworben haben oder mittels langfristigem (mindestens 20 Jahre) Pachtvertrag besitzen. Der wesentliche Anteil der geförderten Baumaßnahmen musste in Eigenarbeit erbracht werden.
• Im Programm Plattenbausanierung sind im Ostteil Berlins seit 1993 rund 60.000 Wohnungen gefördert worden. Inzwischen sind in vielen Plattenbauquartieren städtebauliche Verbesserungen eingetreten, deren Qualität vielerorts die aktuelle Situation der Großsiedlungen im Westteil übertrifft, zudem wurden ab 1999 durch das Investitionszulagengesetz Instandsetzung und Modernisierung der Platte unterstützt. So konnte die Landesförderung auf Bestände konzentriert werden, bei denen wachsende Leerstandsprobleme aufwändigere Baumaßnahmen erforderlich machen – etwa die Sanierung von Punkthochhäusern oder Grundrissänderungen im Bestand, die veränderten Wohnbedürfnissen Rechnung tragen.
• Mit dem Programm Modernisierung durch Mieter wurde Mietern die Möglichkeit gegeben, mit Zustimmung des Vermieters ihre Wohnung eigeninitiativ zu modernisieren. Der Schwerpunkt lag auf dem Ersatz von Ofenheizungen und Gas-Außenwandheizern durch moderne Heizsysteme (vorwiegend Gasetagenheizungen).
• Mit dem Programm Stadtweite Maßnahmen wurden rund 275.000 Wohnungen gefördert. Schwerpunkte waren die Verbesserung des Wärmeschutzes, der Einbau moderner Heizungssysteme und die Schaffung von Sanitärräumen. Zu den geförderten Projekten gehört die Sanierung diverser Siedlungen der 20er und 30er Jahre, wie der Flußpferdhofsiedlung in Hohenschönhausen, und die Instandsetzung großer Teile der Karl-Marx-Allee. Seit 2001 werden die Gelder des Programms auf die Förderung zweier Bereiche konzentriert: 12,5 Mio € fließen jährlich in Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen, für Solaranlagen stehen jährlich 2 Mio € bereit, die 2000 durch 267 Projekte voll ausgeschöpft wurden. Dabei mobilisiert die Förderung zusätzlich ein Investitionsvolumen von 7,5 Mio € im Bereich der Berliner Solarwirtschaft.
Revitalisierte Stadtbrachen Anfang
der 90er Jahre wurde eine Reihe städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen
konzipiert – Projekte, denen trotz unterschiedlicher Lage am Innenstadtrand
(Rummelsburger Bucht, Eldenaer Straße) oder im Außenraum der Stadt (Adlershof,
Biesdorf-Zentrum, Wasserstadt Spandau) gemeinsam ist, dass sie Stadtbrachen
revitalisierten, anstatt Landschaft zu verbrauchen. In allen fünf Gebieten
wurden vollständige neue Stadtteile mit Wohnungen, Arbeitsplätzen und
Infrastruktur konzipiert. Vorhandene Gewässerufer, Landschaftsräume und Parks
sollten wieder hergestellt werden. Bei den komplexen Projekten galt wegen des
langfristigen Realisierungszeitraums von 20 Jahren ein besonderes
Entwicklungsrecht. Angesichts der veränderten Prognosen zur
Bevölkerungsentwicklung werden die Realisierungen in diesen Gebieten gestoppt
und Planungen gestoppt.
Zur selben Zeit wurde eine Reihe weiterer Großprojekte mit Schwerpunkt auf dem (sozialen) Wohnungsbau initiiert. Diese Baugebiete liegen an den Rändern der Stadt im Südosten (Alt-Glienicke, Rudower Felder), im Osten (Weiße Taube, Eisenacher Straße), im Norden (Karow-Nord, Buchholz-West) und im Westen (Staakener Felder).
Die moderne Denkmalpflege versteht sich als nachhaltige Disziplin. Das Bewahren, der Schutz und das Wieder-mit-Leben-Füllen historischer Bausubstanz spart Material, Energie und vermeidet neue Bauschuttberge. Reparatur oder Ersatz schöner Holzfenster mögen zunächst länger dauern und teurer kommen als der Einbau industriell gefertigter Elemente, auf Dauer aber rechnet sich die Erhaltung. Vom konservatorischen Standpunkt ist die Reparatur authentischer Baustoffe und -materialien dem Austausch selbst dann vorzuziehen, wenn die Ersatzlösung in der Gestaltung dem historischen Vorbild entspricht. Wie sinnvoll dieser Ansatz ist, bewies die Berliner Denkmalpflege nicht nur durch ihren maßgeblichen Beitrag zum bereits beschriebenen Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz.
Gartendenkmalpflege Die
Konservierung und Restaurierung von Gartendenkmalen ist am offensichtlichsten
geeignet, nachhaltige Ziele zu unterstützen. Kultur- und Naturschutz sind hier
zwei Seiten einer Medaille. Jeder größere Park, erst recht zusammenhängende
Kulturlandschaften, bedürfen einer ganzheitlichen Behandlung mit integrativ
gesteuerten Pflege- und Entwicklungsmechanismen, um Fehl- und Übernutzungen
korrigierend zu steuern, ökologisch-biologische Schäden aufzudecken und
Therapien zur Gesundung zu entwickeln.
Bei etlichen historischer Plätzen, Parks und Gärten hat die Denkmalpflege in den letzten Jahren Versiegelungen verhindert, teilweise sogar vorhandene beseitigt. Beispiele sind der Südwestbereich des Gendarmenmarkts und die Straße Unter den Linden. Die Erhaltung, Ergänzung und Erneuerung historischer Pflanzungen gelang etwa bei der Nachpflanzung von 10 Bäumen auf dem Senefelder Platz, von 25 Bäumen am Boxhagener Platz, von 220 straßenbegleitenden Bäumen am Luisenstädtischen Kanal und 300 Bäumen an der Ebertstraße.
Weitere Leistungen erbrachte die
Gartendenkmalpflege bei der Restaurierung historischer Wasserflächen und
Kleinbiotope. Im Schlosspark Buch wurde der Pankeverlauf renaturiert, im
Schlosspark Charlottenburg die verbindenden Wasserarme zwischen Spree und
Schlossteichen sowie die Überschwemmungswiesen wiederhergestellt und im
Victoriapark verschüttete Wasserflächen wie die Wolfsschlucht wieder
ausgehoben.
Umnutzung von Baudenkmalen Die Konversion funktionslos gewordener Industrie- und Technikdenkmale
ist ein fundamentaler Beitrag zu städtischer Nachhaltigkeit. Für Fabrik- und
Infrastrukturanlagen etwa in Siemensstadt und Oberschöneweide, für die
vielfältigen historischen Zeugnisse der Wasser- und Energieversorgung und des
Verkehrs hat die Denkmalpflege Umnutzungs- und Zwischennutzungskonzepte
erarbeitet.
Besonders gelungene Beispiele der letzten Jahre
sind
• das ehemalige Narva-Gelände, die heutige Oberbaum-City in Friedrichshain,
• das Borsiggelände in Tegel, wo in den alten Hallen Shopping- und Freizeitwelten entstanden,
• die Lagerung von Beständen der Staatsbibliothek in den Speichern des Westhafens,
• die Wandlung von Kühlhaus und Speicher am Osthafen zum Büro- und Medienstandort, heute genutzt als Deutschlandzentrale von Universal Music,
• die Arena in Treptow, eine leerstehende Bushalle, die unter ökologischen Gesichtspunkten mit einem Photovoltaik-Dach versehen wurde und sich zu einem erfolgreichen Kulturstandort entwickelt hat,
• die Textilfabrik in Niederschöneweide, die zur privat finanzierten Waldorfschule umgenutzt und deshalb mit der Ferdinand-von-Quast-Medaille ausgezeichnet wurde.
Die Information der Öffentlichkeit über die
vorhandene Substanz spielt eine zentrale Rolle. Unter dem Arbeitstitel
"Wirtschaft und Denkmalpflege" führte die IHK Berlin 1998 eine – im
Jahr 2000 publizierte – Veranstaltungsreihe zur Nachnutzung von
denkmalgeschützten innerstädtischen Gewerbebauten durch. Auch der 2000 von der
BEWAG unter dem Titel "Elektropolis Berlin" veröffentlichte Immobilien-
und Denkmalkatalog verkäuflicher Umspannwerke half, das Potential möglichen
Nutzern bekannt zu machen.
Denkmalliste Die Aufnahme von Gartendenkmalen und
Denkmalbereichen in das Denkmalschutzgesetz 1995 schuf die Möglichkeit, auch
raumgreifende Freiflächen und zusammenhängende Ensembles einer behutsamen Entwicklung
zu unterziehen. Im Denkmalverzeichnis des Landes sind heute rund 8 000
Denkmalpositionen aufgeführt. Über 70 % davon sind Baudenkmale, rund 20 %
Denkmalbereiche. Mehr als 500 Gartendenkmale und knapp 50 Bodendenkmale und
archäologische Fundstellen komplettieren die Denkmalsliste. Damit stehen knapp
5 % aller Bauwerke Berlins unter Denkmalschutz.
Über 42 Prozent des Berliner
Stadtgebiets sind Grün- und Wasserflächen mehr als in jeder anderen Großstadt
Deutschlands. Zwischen den Siedlungsachsen führen Landschaftsräume tief in die
Stadt. Sie bieten Erholung und Freizeit und erfüllen wichtige
Ausgleichsfunktionen – etwa als Frischluftkorridore, die das Stadtklima
stabilisieren. Dieses wertvolle Freiraumsystem gilt es zu sichern. Bauprojekte in diesen Räumen sollen auf das Notwendige
begrenzt und ökologischen Erfordernissen angepasst werden. In der Innenstadt müssen Parks, Plätze,
Grünanlagen, aber auch die vorhandenen öffentlichen Spielplätze qualitätsvoll
gestaltet werden – mit dem Tiergarten als grüne Lunge des Zentrums und Kernstück
des Freiraumsystems. Ca. 80.000 Kleingärten stellen eine typische Berliner Form
innerstädtischer Erholungsfläche dar. An der Peripherie werden
Naherholungsqualitäten schonend ausgebaut.
Ziel ist es aber auch
sicherzustellen, dass ein funktionierender Naturhaushalt seine
Versorgungsaufgaben – etwa für die Trinkwassergewinnung – erfüllen kann.
Deshalb gilt es, den Bodenverbrauch insgesamt zu minimieren, und für
ökologisch sensible Bereiche, Biotope und Vegetationsbestände spezielle
Schutz- und Entwicklungsanforderungen zu erarbeiten.
Naturschutz Das
Berliner Naturschutzgesetz. transportiert den modernen Gedanken einer
flächenhaften Naturschutzarbeit. Ge- und Verbote können jetzt nicht nur in
Landschaftsschutzgebieten, sondern auch in Landschaftsplangebieten festgesetzt
werden. Eingeführt wurde die Halterhaftung für Fahrzeuge und die Haftung des
Verursachers bei rechtswidrigen Veränderungen von Natur und Landschaft. Die
Duldungspflichten für Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen wurde neu
gefasst. Zu den gesetzlich geschützten Biotopen zählen seither auch
Trockenrasen und Feldhecken.
Schwerpunkt der Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Erhaltung natürlicher Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH- Richtlinie), der Vogelschutzrichtlinie, und der Zoo-Richtlinie. Daneben wird das bisher eigenständige Röhrichtschutzgesetz mit aktualisiertem Inhalt integriert.
Landschaftsprogramm Im
Dezember 2002 verfügte Berlin über 50 Landschaftsschutzgebiete mit 10.924 ha
(das sind mehr als 12 % der Landesfläche), 35 Naturschutzgebiete mit 1818,5 ha
(2 %), 20 geschützte Landschaftsbestandteile mit fast 30,5 ha (0,004 %) und
über 6.941 Naturdenkmale. Damit stehen mehr als 14 % der Landesfläche unter
Schutz.
Das
Landschaftsprogramm sieht vor, diese Zahlen noch zu erhöhen und 20 % der
Landesfläche als Landschafts-, 3 % als Naturschutzgebiet zu sichern.
Tatsächlich sind knapp 1.000 weitere Flächen als wertvoll einzuschätzen. Im
Jahr 2000 hat die oberste Naturschutzbehörde ein Prioritätenkonzept für die
Unterschutzstellungen dieser Flächen vorgelegt. Für 47 potentielle
Schutzgebiete und -objekte (knapp 200 der 1.000 Flächen) sind danach dringend
Unterschutzstellungsverfahren durchzuführen. Nahezu 80 % davon liegen im
Ostteil Berlins. Derzeit werden für die folgenden Flächen mit hoher Priorität
Unterschutzstellungsverfahren durchgeführt:
• NSG/Fredersdorfer-Mühlenfließ
• NSG/Die Bänke
• LSG Blankenfelder Feldflur
• LSG – Waldlandschaft Spree/Dahme
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie Die
FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie der EU zielen darauf, durch die
Erhaltung der natürlichen Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen die
Artenvielfalt zu sichern. Dazu soll ein zusammenhängendes europäisches Netz
besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 entstehen. Die Mitgliedsstaaten
müssen der EU Listen aller Gebiete vorlegen, die die Kriterien der Richtlinie
erfüllen. Im November 1997 hat das Land Berlin seine FFH-Gebiete gegenüber dem
Bundesministerium benannt und in den folgenden Jahren diese Liste um weitere
Flächen ergänzt. 17 Berliner Gebiete mit 6211 ha (7 % der Landesfläche) sind so
für Natura 2000 gemeldet worden. Welche davon in das Schutzgebietssystem
einbezogen werden, muss die EU entscheiden.
Pflege- und Entwicklungspläne In
Pflege- und Entwicklungsplänen (PEP) wird über verschiedene Szenarien für die
Schutzgebietsentwicklung – von der Duldung der Sukzession bis zu
unterschiedlichen Intensitäten der Pflegemaßnahmen und vorhandenen Nutzungen –
ein gebietsbezogenes Leitbild entwickelt und auf dieser Grundlage die
erforderlichen Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen geplant. Für 13
Naturschutzgebiete wurden Pflege- und Entwicklungspläne erstellt:
• NSG Bäkewiese
• NSG Sandgrube im Jagen 86 des Grunewaldes
• NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ
• NSG Karower Teiche
• NSG Idehorst
•
NSG
Fauler See
•
NSG
Malchower Aue
• NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ
• NSG Wartenberger/Falkenberger Luch
• NSG Falkenberger Rieselfelder
• NSG Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzug
• NSG Mittelbruch
• NSG/LSG Schöneberger Südgelände
Für zwei weitere
Naturschutzgebiete steht die Fertigstellung der Pflege- und Entwicklungspläne
unmittelbar bevor.
Maßnahmen und Projekte Neu
ausgewiesene Schutzgebiete in den Bezirken Köpenick, Pankow und Lichtenberg
(Ortsteil Hohenschönhausen) stellten in den letzten Jahren wegen ihrer Größe,
der Biotopvielfalt und dem enormen Nachholbedarf an Pflegemaßnahmen eine große
Herausforderung für die Landschaftspflege dar. Viele davon enthalten offene
Flächen, die die Landwirtschaft aufgegeben hat. Für einige dieser Gebiete ist
es gelungen, Nutzer zu finden, die eine schutzgebietsverträgliche
Landnutzung wieder aufnehmen.
Da dies für die Betriebe meist unrentabel ist, hat die oberste
Naturschutzbehörde mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie
spezielle Förderprogramme entwickelt. Bei Gebieten, für die auch mit Förderung
kein Nutzer gefunden werden konnte, wurden Fachfirmen und
Landwirtschaftsbetriebe mit der nötigen Pflegemahd beauftragt.
Das Programm zur Förderung
wiesenbrütender Vogelarten im Rahmen der extensiven Wiesennutzung für das NSG Gosener Wiesen und
Seddinsee führte von 1996 bis1999 zu einer erheblichen Verbesserung des Bruterfolges
dieser Arten.
Im NSG Falkenberger Rieselfelder (und
einer Reihe weiterer Flächen im Barnim) wird mit dem Förderverein
Naturschutzstation Malchow seit mehreren Jahren ein Projekt zum Einsatz von
Heckrindern (Auerochsenrückkreuzung)
erfolgreich durchgeführt – zur Pflege der Offenlandschaft und um das Gebiet
für Besucher attraktiver zu machen. Die Wirtschaftsweise der Naturschutzstation
wurde inzwischen mit dem Gütesiegel Biolandwirtschaft zertifiziert.
Viele Moore und Feuchtgebiete sind durch
Grundwasserabsenkung gefährdet. Als Gegenmaßnahmen wurden Wiedervernässungs- und Bewässerungsprojekte in den NSG Teufelsbruch, Großer
Rohrpfuhl, Barssee, Teufelssee, Fließwiese Ruhleben und Pfaueninsel geschaffen.
Infolge des großflächigen Wiederanstieges des Grundwasserspiegels kann die
Situation in den nächsten Jahren durch eine jeweils schutzgebietsverträgliche
Konzeption zur Grundwassernutzung verbessert werden.
Im Bezirk Pankow war das NSG Kalktuffgelände am
Tegeler Fließ mit
seinem Kalkquellmoor durch Wassermangel in Folge der Rieselfeldumgestaltung
gefährdet. Ein indirektes Bewässerungssystem konnte die Quelltätigkeiten
stabilisiert und versiegte Quellen aktivieren. Mit den Sickerteichen außerhalb
des NSG entstand zugleich ein wichtiger Lebensraum für Amphibien und
Vogelarten.
Weitere Projekte seien hier stichwortartig genannt:
• Rückbau umfangreicher baulicher Anlagen im Bereich Kaniswall im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, im NSG Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzug und NSG Wartenberger/Falkenberger Luch;
• Wiederherstellung einer Binnendüne durch großflächige Übersandung im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee
• die Wiederherstellung und Entwicklung hochgradiger Feuchtwiesen- und Niederungsbereiche im NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, NSG Malchower Aue, NSG Krumme Laake/Pelzlaake, NSG Wartenberger/ Falkenberger Luch und LSG Spandauer Forst sowie im Bereich des ehemaligen Hermsdorfer Sees im LSG Tegeler Fließ;
• Zurückdrängung der Verbuschung in den Mooren der NSG Langes Luch, NSG Hundekehlefenn, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee und NSG Krumme Laake/Pelzlaake;
• Sicherung der Mindestwasserführung und Anlage neuer Kleingewässer zum Schutz der bedeutsamen Amphibienvorkommen (Rotbauchunke und Wechselkröte) im NSG Falkenberger Rieselfelder;
• Entschlammung der Gewässer im NSG Ziegeleigraben/Albtalweg und einiger Fließe im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee,
• Förderung der Heckenstrukturen, der Obstalleen und alter Obstanlagen im NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ, im LSG Feldflur Gatow/ Kladow, LSG Rieselfelder Karolinenhöhe und LSG Kaulsdorfer Seen
• Umsetzung schutzgebietsverträglicher Wegesysteme, Installation von Beobachtungsplattformen und Informationstafeln in den NSG Fauler See, NSG Karower Teiche, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee und im NSG/LSG Schöneberger Südgelände.
Röhrichtschutz Um den Rückgang der Röhrichte aufzuhalten, wird
seit 1983 ein umfangreiches Röhrichtschutzprogramm durchgeführt. Die einst
aufwändige Erfassung der Bestände vor Ort wurde durch regelmäßige Luftbildauswertungen
ersetzt, wie sie in Berlin bereits bei der Waldzustands- und
Straßenbaumbewertung üblich sind. Die Kartierung im Jahr 2000 ergab, nach
drastischen Rückgängen bis in die 80er Jahre hinein, an vielen Standorten
wieder ein Zuwachs zu verzeichnen ist.
Möglich wurde dies durch die ergriffenen
Schutzmaßnahmen. Wellenschutzbauten vor vorhandenen Röhrichtbeständen sowie
umfangreiche Neuanpflanzungen wurden an 23 km Ufer durchgeführt. Um geeignete
Flachwasserbereiche zu schaffen, wird dazu eine Sandbank vor erodierten
Uferbereichen aufgeschüttet, mit Röhricht bepflanzt und durch eine Palisade
vor Wellenschlag und Erosion geschützt. Am Seddinsee und am Langen See wurden
so rund 1500 m Ufer renaturiert. Weitere Stellen, an denen neue Röhrichtgürtel
entstanden, sind die Insel Zeuthener Wall im Zeuthener See (1998), das NSG
Insel Imchen bei Kladow (1999), die Spandauer Unterhavel, Tegeler See, Krumme
Lanke, Schlachtensee, Griebnitz- (2001/2002) und Polesee.
Landschaftsplanung Die Aufgaben der
Landschaftsplanung reichen von den Planungen des engeren Naturschutzes und
freiraumbezogenen Belangen der Erholung über die Prüfung der
Umweltverträglichkeit anderer Planungen bis hin zu einer umfassenden integrierenden
Umweltvorsorgeplanung. Instrumente hierfür sind das Landschafts- und
Artenschutzprogramm und die Landschaftspläne.
Landschafts- und Während
der Flächennutzungsplan Art und Maß der geplanten Nutzungen
Artenschutzprogramm darstellt, legt das 1994 in Berlin
eingeführte Landschafts- und Artenschutzprogramm (LaPro) die hierfür
erforderlichen Qualitäten fest. Zusammen bilden beide Instrumente die Grundlage
der Berliner Stadtentwicklung. Berlin ist eines der wenigen Bundesländer, bei
dem aufgrund dieser Parallelität gute Voraussetzungen für die Berücksichtigung
landschaftsplanerischer Ziele in der Bauleitplanung bestehen. Das belegt eine
Untersuchung der TU Berlin im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz aus dem
Jahr 1998.
Das LaPro wird dabei ständig fortgeschrieben. Zur
Zeit sind 66 Änderungsverfahren eingeleitet, 30 davon wurden bereits
öffentlich ausgelegt. Im aktuellen Ergänzungsverfahren zum LaPro wurden zwei
wichtige Erfordernisse erstmals geregelt: FFH-Gebiete und Darstellungen der Kategorie
Naturpark finden Eingang in den Programmplan Biotop- und Artenschutz, vor allem
aber wird eine gesamtstädtische Ausgleichskonzeption entwickelt.
Gesamtstädtischer Ausgleich Neuregelungen
im Baugesetzbuch ebneten ab Januar 1998 den Weg zu einer Bündelung
naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen. Da Beeinträchtigungen von Natur und
Landschaft nicht mehr zwingend im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes
auszugleichen sind, können entsprechende Maßnahmen an landschaftsplanerisch
sinnvoller und dringlicher Stelle im Stadtgebiet
konzentriert werden. Der Senat hat im November 1998 ein Ergänzungsverfahren zum
Landschafts- und Artenschutzprogramm beschlossen, mit dem eine
gesamtstädtische Ausgleichskonzeption entwickelt wird. Dabei wurden prioritäre
Räume und 43 konkrete Ausgleichsflächen ermittelt. Die Festschreibung dieser
Konzeption im Berliner Naturschutzgesetz sichert eine übergreifende und
nachhaltigere Handhabung der Ausgleichsidee.
Freiraumsystem Das Herz
des Berliner Freiraumsystems ist der Große Tiergarten. Er ist Kreuzungspunkt
der beiden grünen Achsen, die sich in Ost-West-Richtung entlang der Stadtspree
und in Nord-Süd-Richtung aus der Panke-Niederung über die Stadtmitte,
Gleisdreieck und Südgelände zur Kulturlandschaft des Teltow durch das
Stadtgebiet ziehen. Um die dichtbebaute gründerzeitliche Innenstadt erstreckt
sich mit Kleingärten und Friedhöfen der innere Parkring und am Stadtrand der
äußere Parkring, der noch vollständig auszubilden ist.
Von übergeordneter stadtstruktureller Bedeutung
sind für die gesamte Stadt im Nordwesten die Naherholungsgebiete Spandauer und
Tegeler Forst, im Südwesten Grunewald und Wannsee, im Südosten Müggelsee und
Müggelberge und im Nordosten das neue, landwirtschaftlich geprägte
Naherholungsgebiet auf dem Berliner Barnim. In allen diesen Bereichen wurden
und werden zahlreiche Projekte bearbeitet:
• Ufergestaltungen im Bereich der Wasserstadt Rummelsburger Bucht
• Teilbereiche der Spreeuferpromenade in Charlottenburg
• der Pankeweg von der Spree bis zur Stadtgrenze bei Buch mit einer Anbindung an den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.
Auf dem inneren Parkring geht es um folgende Projekte:
• der Mauerpark,
• der Naturpark Schöneberger Südgelände, der im Mai 2000 als Berliner Beitrag zur Expo 2000 eingeweiht wurde,
• die Parkanlage Alt-Stralau, der Stadtteilpark Nordbahnhof und der Volkspark auf dem Tempelhofer Flugfeld deren Planungen in Wettbewerben konkretisiert wurden,
• das Gleisdreieck, für das im Rahmen des Planwerks Innenstadt ein abgestimmtes Entwicklungskonzept vorliegt.
Die Projekte auf dem äußeren Parkring sind:
• der Landschaftspark Johannisthal-Adlershof,
• Einzelabschnitte des Wuhlegrünzuges, wie der Wuhlgarten, der Wuhlepark am Landsberger Tor, der Seelgraben, die Grüne Aue oder der Rohrbruchpark, für die die Planungen durch Wettbewerbe und Landschaftspläne konkretisiert wurden (Der erste Spatenstich für den Wuhlepark erfolgte im Juni 2000),
• die Gestaltungsvorbereitung von Landschaftsparks durch die Wettbewerbe Gutspark Falkenberg und Wartenberger Feldmark in Hohenschönhausen,
• Realisierung des Wettbewerbes Parkanlage Neue Wiesen und des Arboretums in Weißensee,
• Gestaltungsvorbereitung für den Pankepark Buch,
• ein Rekultivierungskonzept für die landschaftliche Einbindung des zukünftigen Erholungsschwerpunktes Arkenberge in Pankow,
• die Verbindung neuer und alter Parkanlagen durch den Barnimer Dörferweg,
• Planungen für die Renaturierung des Bullengrabensystems und der Egelpfuhlniederung im Bezirk Spandau. Die Realisierungen werden Ende 2008 abgeschlossen sein.
Landschaftspläne Landschaftspläne
konkretisieren die Ziele und Maßnahmen des Landschaftsprogramms. Für 11 % des
Stadtgebietes sind derzeit 116 Landschaftspläne im Verfahren, 31 davon wurden
in den letzten Jahren eingeleitet. Das Instrumentenspektrum der bereits
festgesetzten 14 Landschaftspläne reicht vom baulichen Maßnahmen (z. B. am
Flughafensee) über Verpflichtungen zum Erhalt und zur Nachpflanzung von Vegetationsbeständen
(St.-Jakobi-Friedhof) bis hin zur Sicherung landschaftlicher Reliefstrukturen
(Grunewaldseenkette). Zur Beschleunigung der Verfahren wurde das Handbuch der
Berliner Landschaftspläne überarbeitet und in der dritten Auflage
veröffentlicht. Über Intranet sowie Internet ist es seit Mai 2000 den Bezirken,
Naturschutzverbänden, Planungsbüros und der Öffentlichkeit zugänglich.
Biotopflächenfaktor Der
Biotopflächenfaktor (BFF) wurde
1997 anhand eines beispielhaften Landschaftsplans für Moabit entwickelt. Der
BFF stellt eine Kennzahl dar, mit der sich grüne Belange gerade in dicht
bebauten Innenstadtgebieten steuern lassen. Ähnlich den Kennwerten der
Bauleitplanung wie Bruttogeschossfläche (BGF) und Geschossflächenzahl (GFZ),
die das Maß der baulichen Nutzung regeln, benennt der BFF den Flächenanteil
eines Grundstückes, der als Pflanzenstandort dient oder sonstige Funktionen
für den Naturhaushalt (Versickerung, Verdunstung) übernimmt. Zur Zeit sind 14 BFF-Landschaftspläne in sechs
Bezirken im Verfahren. Die Landschaftspläne Frankfurter Allee-Süd (Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg), Charlottenburger Innenstadt (Bezirk Wilmersdorf-Charlottenburg),
und Tempelhof Nord (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) sind in den Jahren 1999 bis
2001 als Rechtsverordnung festgesetzt worden.
Bebauungspläne und Baugenehmigungen Die Ziele
der Landschaftsplanung sind auch in Bebauungspläne, Vorhaben- und
Erschließungspläne aufzunehmen, soweit dies rechtlich geboten und nach den
Planungszielen gerechtfertigt ist. Für die Ebene der verbindlichen
Bauleitplanung wurden 19 beispielhafte textliche Festsetzungen abgestimmt.
Dieser Katalog ermöglicht, soweit kein Erfordernis für einen eigenständigen
Landschaftsplan besteht, die Integration der Ziele des Landschaftsprogramms in
die Bebauungspläne.
Umweltverträglichkeitsprüfung Das
neue UVP-Gesetz vom Juli 2000 hat die Liste der UVP-pflichtigen Projekte
erheblich erweitert. Im Rahmen der Prüfung werden die voraussichtlichen
Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertet. Während die Prüfung
einzig Entscheidungen vorbereitet, resultieren aus der anschließend erforderlichen
Eingriffsregelung konkrete Regelungen und direkte Rechtsfolgen.
Eingriffsregelung Mit der Verankerung der Eingriffsregelung im Berliner Naturschutzgesetz
wurden Natur und Landschaft aus ihrer traditionellen Bindung an bestimmte
Reservate und Schutzgebiete gelöst und ein flächendeckender Schutz- und
Entwicklungsanspruch konkretisiert. Die naturschutzrechtliche
Eingriffsregelung legt für den Einzelfall fest, wie vorhabenbedingte Schäden an
Naturhaushalt oder Landschaftsbild zu vermeiden, zu minimieren und soweit
erforderlich durch (Ausgleichs-) Maßnahmen wieder zu beheben sind. Zu den
Vorhaben, gehören die Planungs- und Bauvorhaben am Potsdamer-/Leipziger Platz,
rund 20 Projekte im Entwicklungsbereich Parlaments- und Regierungsviertel, der
Wasserstraßenausbau im Rahmen des Projekts Deutsche Einheit 17 (4 Verfahren),
Straßenbauprojekte wie der Autobahnbau in Neukölln und über ein Dutzend
Großprojekte der Deutschen Bahn AG.
Artenschutz Artenschutz ist vorrangig Schutz und
Gestaltung der Lebensräume. In dieser Hinsicht steht er in engster Verbindung
zu den bereits beschriebenen allgemeinen Naturschutzaktivitäten des Landes.
Daneben verfolgt Berlin allerdings auch etliche spezifische
Artenschutzprogramme.
Im Artenhilfsprogramm
Fledermäuse wurden Winterquartiere kontrolliert und verbessert. In
der Zitadelle Spandau konnte so eins der größten Fledermaus-Winterquartiere
Mitteleuropas gesichert werden. Seit 1997 veranstaltet die Stiftung Naturschutz
Berlin dort das jährliche Europäische Fest der Fledermäuse – mit
beträchtlichen Auswirkungen auf das öffentliche Bewusstsein. Dies und die
Aktivitäten des Artenhilfsprogramms zeigen Erfolge. Der Winterbestand des
Großen Mausohrs hat von rund 110 auf 240 Tiere zugenommen, wobei der stärkste
Bestandsanstieg in den ehemaligen Filteranlagen der Wasserwerke Tegel und
Friedrichshagen zu verzeichnen ist.
Begonnen wurde ein Artenhilfsprogramm für an Wasser gebundene Säugetiere
- vor allem Biber und Fischotter. Beide Arten haben im Zuge ihrer natürlichen
Wiederausbreitung in Brandenburg das Berliner Stadtgebiet erreicht.
Insbesondere die Ansiedlung des Bibers in den durch vielfältige menschliche
Nutzung geprägten Berliner Havelseen hätte man vor wenigen Jahren kaum für
möglich gehalten.
Im Artenhilfsprogramm
Gebäudebrüter erschien im Spätsommer 2000 eine Broschüre Tiere als
Nachbarn. Sie enthält ausführliche Hinweise, wie man Vogel- und Fledermausarten
durch oft einfache Konstruktionen Brutplätze oder Quartiere schaffen kann. Der
Bestand der Dohle (Corvus monedula) etwa ist in den letzen Jahren auf weniger
als die Hälfte zusammengeschmolzen und beträgt nur noch rund 130 Paare.
Deshalb wurde für diese Vogelart 2001 ein eigenes Hilfsprogramm begonnen.
Erfolgreich waren die im Artenhilfsprogramm Eisvogel ergriffenen Maßnahmen
für diese Art. Die in den Vorjahren angelegten Nistmöglichkeiten wurden an
verschiedenen Stellen angenommen.
1999 trat ein weiteres für Berlin relevantes Regionalabkommen der Bonner
Konvention in Kraft: das Abkommen zum Schutz der afrikanisch-eurasischen Wasservögel.
Dieses hat zum Ziel, die Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete der wandernden
Wasservögel zu sichern und zu verbessern. Dazu wurde untersucht, welche
Bedeutung die Berliner Gewässer für die Arten des Abkommens haben. Vorläufiges
Ergebnis ist die überregionale Bedeutung von Teilen der Berliner Unterhavel und
des Müggelsees im Winterhalbjahr. Viele wichtige Berliner Vogelbrutgebiete sind
mittlerweile in Schutzgebieten gesichert. Durch Maßnahmen zur Abwendung von
Störungen und durch neue Nistplattformen stabilisierte sich der Bestand an
Trauerseeschwalben im EU-Vogelschutzgebiet am Müggelsee. Ein erfreuliches
Ergebnis von Landschaftspflegemaßnahmen ist die Ansiedlung des Kranichs, der
seit 1997 zu den Brutvögeln Berlins zählt.
Ein wesentlicher Teil der internationalen Bestimmungen des Artenschutzes
beziehen sich auf die Kontrolle des Handels mit besonders geschützten
Tier- und Pflanzenarten. Auf der Basis der Vorgaben durch EU und Bundesamt für
Naturschutz wird diese Aufgabe in Berlin von
den Unteren Naturschutzbehörden wahrgenommen.
In einigen Fällen mussten Ordnungswidrigkeits- bzw. Strafverfahren
eingeleitet werden.
Kooperation mit
anderen Trägern Ehrenamtliche und außerbehördliche
Naturschutzorganisationen und Fachleute finden sich in Berlin im
Sachverständigenbeirat zusammen. Er berät
die Behörden und fördert durch intensive Öffentlichkeitsarbeit das Verständnis
für Naturschutz und Landschaftspflege in der Bevölkerung. Ein wichtiger Aspekt
der Beiratsarbeit war die Fortschreibung der Roten Listen bedrohter Tier- und
Pflanzenarten. Die Herausgabe der Liste der wildwachsenden Gefäßpflanzen des
Landes Berlin – einschließlich Roter Liste – 2001 markiert ein wichtiges
Teilergebnis. Noch nicht abgeschlossen ist ein Verbreitungsatlas der Farn- und
Blütenpflanzen, der jede einzelne Pflanzenart charakterisiert, bewertet und
darstellt, wo sie in Berlin vorkommt.
Wald in der Großstadt Der
Waldanteil Berlins liegt mit über 16.000 ha bei 18 % der Landesfläche. Rund 3%
davon sind im Eigentum des Bundes oder in Privateigentum, der Rest gehört dem
Land. Nach der Rückübertragung der Berliner Stadtwälder im Land Brandenburg
(ca. 13.000 ha) verfügt Berlin insgesamt über rund 29.000 ha Wald, der
überwiegend durch die Berliner Forsten bewirtschaftet wird.
Unter den Baumarten der Wälder innerhalb des Landes
Berlin nimmt die Kiefer mit einem Anteil von 63% der Fläche die führende
Position ein, gefolgt von der Eiche mit 15%. Durch naturgemäßen Waldbau wird
der Anteil der Kiefer zugunsten des Anteils heimischer Laubbaumarten weiter
abnehmen.
Waldpflege Aufgabe der Waldpflege ist es, das Ökosystem Wald zu erhalten und
schonend und kostensparend unter Ausnutzung natürlicher Prozesse zu sichern.
Dabei wird hochwertiges Holz produziert und nachhaltig genutzt. Ziel der
Bewirtschaftung sind altersmäßig gestufte und artenreiche Dauerwälder. In den
90er Jahren wurden vor allem in den Nachkriegs-Aufforstungsbeständen im
Grunewald monokulturartige Waldbilder in stabilere, vielfältigere Ökosysteme
umgewandelt. In einstmals militärisch genutzten Gebiete wurden alte Wegenetze
neu geknüpft und die Waldbestände standortgerecht entwickelt. Aktueller
Schwerpunkt ist der Aufbau des Hobrechtswalds auf dem Bucher Barnim. Dabei
werden unbelastete Böden der nahen Berliner Großbaustellen zur Melioration
verwendet.
Zertifizierung Am 16.
Juni 2002 wurde der Berliner Wald mit einem internationalen Gütesiegel
ausgezeichnet. Das Zertifikat wurde durch den weltweit operierenden
unabhängigen Forest Stewardship Council (FSC) überprüft. Gleichzeitig
zertifizierte auch der Naturland-Verband den Berliner Wald.
Waldzustand Im Jahr 2002 haben Berlin und Brandenburg
zum zweiten Mal länderübergreifend und unter Einbeziehung der Fachbehörden für
Luftreinhaltung beider Länder einen gemeinsamen Waldzustandsbericht erarbeitet.
In Berlin blieben 2002 19 % (im Jahr 2001 12%) der Waldfläche ohne sichtbare
Schadsymptome (Stufe 0), 57% (2001 59%) sind leicht geschädigt (Stufe 1) und
24% (2001 29%) weisen deutliche Schäden bis zum Absterben auf (Stufen 2 bis 4).
Damit hat sich de seit 1999 erkennbare Trend der Verschlechterung nicht weiter
fortgesetzt. Die starke Reaktion des Waldes auf die für die Region nicht
untypischen Witterungsschwankungen weist dabei auf eine eingeschränkte
Vitalität der Berliner Wälder hin.
Diese Reaktionen deuten allerdings auch auf tiefer liegende Probleme hin. So werden die Belastbarkeitsgrenzen des Waldökosystems durch das gesellschaftliche Verhalten weiterhin anhaltend überschritten. Aus zu hohen Einträgen an Stickstoff und Säurebildnern durch Luftverunreinigungen resultieren Eutrophierung und anhaltende Bodenversauerung. Darüber hinaus liegen die Ozonkonzentrationen in der Waldluft besonders während der Vegetationszeit auf einem unveränderten, zu hohen Niveau. Dennoch zeigt die positive Entwicklung des Waldzustandes seit 1991 in der Gesamtregion, dass durch den signifikanten Rückgang der Emissionen aus Kraftwerken und Industrieanlagen und durch Schadstoffreduktion bei Fahrzeugen viel erreicht wurde.
Forstliche Rahmenplanung Zur
länderübergreifenden Abstimmung der Forstplanungen im engeren Verflechtungsraum
wurde bereits 1994 eine gemeinsame interministerielle Arbeitsgruppe unter
Beteiligung der Forstverwaltungen von Berlin und Brandenburg eingerichtet.
Bundesweit erstmalig wird in einer länderübergreifenden Forstlichen
Rahmenplanung (FRP) ein querschnittsorientierter Ansatz verfolgt. Diese
Betrachtung des Waldes in seinem Umfeld und als Bestandteil der Natur- und
Kulturlandschaft fördert die Integration von Zielen einer aktiven Forstpolitik
in Landes- und Fachplanungen. Die FRP wurde 1999 abgeschlossen und ist auf
einen Planungshorizont von 15 bis 20 Jahren angelegt. Nach Zustandserfassung
und Beurteilung des Istzustandes konzentriert sich die eigentliche Planungsphase
auf folgende Schwerpunkte:
•
Waldvermehrung
In Brandenburg sind rund 5.090 ha als Vorbehaltsgebiete für Erstaufforstung
ausgewiesen, vorrangig in den Kreisen Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming.
Es handelt sich vorwiegend um Gebiete, die zur Arrondierung und Vernetzung von
Waldgebieten beitragen können. Nach Abstimmungen mit der brandenburgischen
Landwirtschaft wurden 1999 geeignete Flächen kartiert. Die dabei ermittelten
rund 4.700 ha werden zuerst aufgeforstet.
•
Waldumbau
Naturnahe, stabile Waldbestände sollen durch eine stärkere Strukturierung mit
standortgerechten Baumarten und mit kleinräumigem Wechsel von Beständen
unterschiedlichen Alters gefördert werden.
•
Erholungswaldplanung
Planungsansätze für Erholungswald wurden unter Berücksichtigung von
Attraktivität und Erreichbarkeit entwickelt. Im engeren Verflechtungsraum
können 40% der Waldfläche als attraktiv gelten. Nach dem Abschluss des
Waldumbaus erhöht sich der Anteil der attraktiven Wälder auf 65 %. In Berlin
gelegene Wälder sind zu 100 % als Erholungswald eingestuft.
Erhalt und Schutz des Waldes Die
Schädigung des Waldes ist allenfalls mit einem Bündel differenzierter
abgewogener Maßnahmen aufzuhalten. Neben der weiterhin nötigen konsequenten
Luftreinhaltepolitik tragen die Berliner Forsten durch unterschiedliche
Maßnahmen zum Erhalt und Schutz der Berliner Wälder bei:
• Der naturnahe Waldbau wird weiter intensiviert. Chemische Mittel und Maschinen zur Pflanzung werden nicht eingesetzt.
• Die natürliche Verjüngung des Waldes wird durch die Pflanzung einheimischer und florengerechter Baum- und Straucharten ergänzt, um Artenvielfalt und Stabilität zu erhöhen.
• Die Eigennachzucht stabiler, vitaler Jungpflanzen in forsteigenen Baumschulen wird intensiviert.
• Zur Schonung des Waldbodens werden wo möglich Pferde anstelle von Maschinen eingesetzt.
Neben der schonenden Waldpflege setzen die Berliner Forsten einen besonderen
Schwerpunkt auf Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit
und auf die Waldpädagogik.
Waldschulen Waldschulen sind erlebnispädagogische
Einrichtungen, in denen Kindergruppen und Schulklassen den Wald und die Natur
bei ganztägigen Veranstaltungen spielerisch und aktiv erforschen können. Es
existieren sieben derartige Einrichtungen: eine Waldschule der
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., die anderen sechs Einrichtungen
(ehemals von Berliner Forsten betrieben) werden seit Beginn dieses Jahres von
zwei gemeinnützigen Trägern geführt. Die Angebote der Einrichtungen werden von
Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen angenommen. Im Durchschnitt der
Jahre 1999 und 2002 haben jeweils rd. 30.000 Menschen, darunter rd. 20.000
Kinder die Einrichtungen der Berliner Forsten besucht. Bereits in den ersten
sechs Monaten dieses Jahres (2003) nach dem Trägerwechsel hat sich die
Besucherzahl nochmals erhöht; es wurden bisher 20.400 Personen, darunter über
14.000 Kinder und Jugendliche bei ganztägigen Walderlebnisveranstaltungen
betreut. Auf diese Art wird jeder Berliner Grundschüler mindestens 1 x einen
Waldtag erleben können.
Wildtiere im Stadtgebiet Seit einigen Jahren kommt es in
Berlin auch außerhalb von Waldgebieten vermehrt zum Auftreten von Wildtieren in
der unmittelbaren häuslichen Umgebung. Besonders Wildschweine, aber auch Marder
und Füchse haben sich trotz der zum Teil intensiven Bejagung vermehrt bzw. sind
immer häufiger in den städtischen Bereichen anzutreffen. Dies führt
unweigerlich zu Konflikten zwischen Mensch und Tier. Die Senatsverwaltung
versucht u.a. durch Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung über den Umgang mit
den „Wildtieren“ aufzuklären und den Bestand der Wildtiere in gewissen Rahmen
einzugrenzen. Aufgrund der u.a. guten Nahrungsangebote und milden Winter sowie
den zunehmend angepassten Verhaltensweisen der Wildtiere (Kulturfolger) sind
auch für die Zukunft Konflikte nicht absolut auszuschließen, partiell ist gar
mit einer Zunahme bislang unerwarteter Begegnungen mit stadtfremden Tieren auch
durch neu einwandernde Arten, wie z.B. dem Waschbären zu rechnen.
Pflanzenschutz Ziel städtischen Pflanzenschutzes ist es, nachhaltige Anbau- und Kulturtechniken, pflanzenzüchterische, biotechnische und biologische Maßnahmen in Land- und Forstwirtschaft, im Erwerbsgartenbau, im Garten- und Landschaftsbau, im öffentlichen Grün sowie im privaten Bereich und bei der Innenraumbegrünung zu fördern. Regelmäßig kontrolliert das Pflanzenschutzamt die sichere und sachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und –geräten sowie deren Vertrieb. Jährlich werden etwa 900 Händler und Anwender geprüft, Beanstandungen gab es in 15 % der Fälle.
Beratungen und
Schulungen bietet das Pflanzenschutzamt nicht nur für Fachleute, sondern auch
für Hobbygärtner. Die Beratungstätigkeit zu Fragen eines umweltschonenden
Pflanzenschutzes hat sich wie folgt entwickelt: 2000 – 14.211 Beratungen, 2001
– 14.097 Beratungen, 2002 – 11.250 Beratungen.
Nachfolgende
Fragestellungen wurden in einer Reihe von Projekten im Rahmen der
Aufgabenwahrnehmung des Pflanzenschutzamtes im Bereich Forschung sowie der
Datenaufbereitung uns –auswertung bearbeitet:
• Entwicklung von Empfehlungen zur Verbesserung von Straßenbaumstandorten (Check der Bepflanzungsplanung)
• Begleitung der Pilotphase des differenzierten Winterdiensts in seinen ökologischen Folgen
• Untersuchungen zur Sanierung von (erd)-gasbelasteten Baumstandorten
• Untersuchungen zu Wurzelreaktionen von Bäumen auf mechanische Verletzungen
• Biologischer Pflanzenschutz in der Innenraumbegrünung
• Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems zur Verbesserung der Pflanzengesundheit bei Großbauvorhaben
•
Untersuchungen zu den Auswirkungen von
Großveranstaltungen auf das
Stadtgrün
Nachhaltigkeit im Verkehr ist eine
Querschnittsaufgabe, die eine Verzahnung und Zusammenarbeit mit anderen
Politikfeldern erforderlich macht. Im Idealfall vermittelt die Verkehrsplanung
durch Bündelung von Einzelmaßnahmen zwischen ökologischen (saubere Luft,
weniger Lärm, weniger Klimagas), ökonomischen (Sicherung des
Wirtschaftsstandortes, Abbau städtischer Verschuldung) und sozialen
Zielsetzungen des Verkehrs (gleiche Mobilitätschancen für alle
Bevölkerungsschichten, Verkehrssicherheit). In der Praxis heißt das, sehr
unterschiedliche Ansprüche gegeneinander abzuwägen und unter einen Hut zu
bringen.
StEP Verkehr Der Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr liefert Ziele, Strategie und einen Maßnahmenkatalogs für eine nachhaltige Mobilitätspolitik bis 2015. Zunächst wurde ein Katalog von Zielen und Indikatoren erarbeitet, anhand dessen infrastrukturelle, preispolitische, ordnungsrechtliche, organisatorische und bewusstseinsbildende Maßnahmen gleichermaßen diskutiert werden. Die Wirkung dieser Maßnahmen wurde mit Hilfe der Szenarientechnik analysiert und auf ihre Finanzierbarkeit geprüft. Denn der nötige Abbau der Neuverschuldung Berlins – auch er ein Ziel der Nachhaltigkeit – erfordert eine veränderte Investitionsstrategie im Verkehr.
Erarbeitet wurde der StEP Verkehr in einem offenen Diskussionsverfahren, bei dem neben Experten verschiedener Fachbereiche auch Vertreter verkehrsökologischer Interessensgruppen, der Lokalen Agenda 21, weiterer Nichtregierungsorganisationen, der Wirtschaft, der Gewerkschaft und der Parteien teilnahmen. Ein wissenschaftlicher Beirat hat den Prozess begleitet und den Wissenstransfer gewährleistet. Im Frühjahr 2003 wurden die Arbeiten am StEP Verkehr abgeschlossen und am 8. Juli 2003 ist der StEP Verkehr vom Senat beschlossen worden.
Die Ergebnisse des Stadtentwicklungsplan Verkehr bestätigen den seit 2000 vollzogenen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik des Berliner Senats: Vorrang vor teuren Netzerweiterungen haben in Zukunft die Bestandspflege und die Grundsanierung der Berliner Verkehrsinfrastruktur. Viel wichtiger als kostenintensive Netzerweiterungen sind für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele organisatorische und verkehrslenkende Maßnahmen. Die Analyse des StEP Verkehr hat gezeigt, dass alle Maßnahmen im Richtung Parkraummanagement/Parkraumbewirtschaftung, Abbau des Fahrzeitnachteils bei einer Nutzung des ÖPNV gegenüber dem Pkw (z.B. durch ÖPNV-Beschleunigung, Verkürzung der Umsteigewege usw.) besonders stark in Richtung Nachhaltigkeitsziele wirken. Der StEP Verkehr zeigt, dass es auch in Zukunft Handlungsbedarf hinsichtlich der Senkung des Klimagases CO2 im Berliner Verkehr geben wird. Insbesondere durch eine verstärkte Nutzung des Fahrrads könnte der derzeitige Trend einer Zunahme zumindest gebremst werden. Daher spielen verstärkte Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehr eine große Rolle.
Entwicklung der letzten Jahre In den 90er Jahren – das hat die Bestandsaufnahme für den StEP Verkehr gezeigt – hat die Verkehrsentwicklung nachhaltige Ziele weder im ökonomischen (Klimagasemissionen, Lärm- und Luftbelastungen) noch im ökonomischen Bereich (steigende Verschuldung durch zu hohe Ausgaben) erfüllen können.
Dabei kann Berlin
aufgrund seiner Geschichte auf verkehrsparsame Strukturen bauen. Positiv
schlägt die polyzentrale Struktur und die geringe Suburbanisierung zu Buche;
nur 20% der Bevölkerung der Region wohnen im Umland. Im Vergleich zu anderen
Großstädten liegt die Anzahl der Pendler zwischen Umland und Stadt damit noch
immer auf sehr niedrigem Niveau. 2001 pendelten täglich 140.000 Brandenburger
nach Berlin und 55.000 Berliner nach Brandenburg. Ein weiteres Plus ist die
bemerkenswert niedrige Motorisierung. Seit 1994 stagniert sie bei rund 330 Pkw
je 1000 Einwohnern. In süddeutschen Großstädten liegt dieser Wert bei 600 bis
700 Pkw/1000 Einwohner.
Trotzdem hat sich in
den neunziger Jahren die Verkehrsleistung kontinuierlich erhöht, weil die
durchschnittlichen Wegelängen zugenommen haben. Dabei fällt neben der
Abwanderung ins Umland das veränderte Urlaubs- und Freizeitverhalten stark ins
Gewicht. Die Wirkung verkehrssparsamen Verhaltens der Berliner „im Alltag“
wird oft durch das Verhalten im Freizeit und Urlaubsverkehr wieder aufgehoben
(„Kiez und Karibik“). Diese Entwicklung spiegelt sich in den kontinuierlich
steigenden Passagierzahlen des Flugverkehrs wider. Allerdings ist seit Ende
2001 eine Trendumkehr im Verkehrsmittelwahlverhalten und in der
durchschnittlichen Reiseweite zu verzeichnen. Untersuchungen im Vorfeld der
ITB 2002 zeigen, dass nach über zwei Jahrzehnten Wachstum der
Flugreisetourismus 2001 von den Berliner Flughäfen erstmals abnahm. Zwischen
2000 und 2002 sank die Zahl der jährlichen Passagiere auf allen Berliner Flughäfen
von 13,3 auf 12,1 Millionen. Auch im Freizeitverhalten der Berliner ist eine
Tendenz zum verstärkten Urlaub in Deutschland (z.B. „Wellness“) zu beobachten, der durch die Ängste
hinsichtlich der internationalen Lage (Terror, Kriege) noch verstärkt wurde. Ob sich dieser Trend stabilisiert,
bleibt indes abzuwarten. Zur Verlagerung vom Flugverkehr auf die
umweltfreundliche Schiene im ICE-Verkehr haben die Fahrzeitverkürzungen auf den
Relationen Berlin – Hannover und Berlin – Frankfurt/Main nach Inbetriebnahme
der Schnellbahnverbindung Berlin – Wolfsburg - Hannover beigetragen. Auf der
Relation Berlin – Hannover wurde im Zusammenhang mit dem neuen ICE – Angebot
der gesamte Flugverkehr 1998 vollständig eingestellt.
Negativ im Sinne der
Nachhaltigkeit ist die rückläufige Fahrgastentwicklung im ÖPNV zu werten,
obwohl in den neunziger Jahren viele Milliarden Euro aus Bundes- und
Landeshaushaltsmitteln in den Ausbau der Netze investiert wurden. Die
Erfahrungen zeigen: Eine Verkehrspolitik, die sich auf kostenaufwendige
Erweiterungen des Straßen- und Schienennetzes beschränkt, ist zum Scheitern
verurteilt. Nachhaltiger wirken gezielte Tarifpolitik mit innovativen Angeboten
sowie weiche und kleine Maßnahmen, die die ÖPNV-Nutzung attraktiver machen. In
diesem Sinne hat der Senat begonnen, seine Verkehrspolitik zu modifizieren –
mit Erfolg: Die Fahrgastzahlen des Berliner ÖPNV haben sich 1998 stabilisiert
und sind seit 1999 wieder gestiegen. Zwischen 1998 und 2002 erhöhten sich die
jährlichen Fahrgäste bei der BVG von 787 auf 799 Millionen und die der S-Bahn
von 280 auf 305 Millionen.
Auch der
Straßengüterverkehr hat in den Neunzigern zu Lasten der umweltfreundlichen
Verkehrsträger (Schiene und Binnenschifffahrt) weiter zugenommen. Gerade der
Straßengüterverkehr aber dominiert die Probleme der Lärmbelästigung und der
Belastung mit Dieselruß.
Umweltverbund Die Verlagerung auf umweltfreundliche und ressourcenschonenden Verkehrsträger ist Ziel des Umweltverbundes, zu dem neben Schiene und Wasser auch der nichtmotorisierte Verkehr (Fahrrad- und Fußgängerverkehr) als umweltfreundlichste Verkehrsart zählt. Verkehrsplanerisches Ziel des Senats ist eine Verkehrsaufteilung (Modal Split) von 80:20 zugunsten des Umweltverbundes für die verdichteten Gebiete der Innenstadt. Nur so kann ein weiterer Flächenverbrauch des Straßennetzes verhindert werden.
Tarifpolitik Der Senat hat seit 2000 den Übergang zu einer moderaten Tarifpolitik im ÖPNV umgesetzt. Neue, zielgruppenorientierte Tarifangebote tragen Früchte. Schülertickets und Geschwisterkarten haben schnell hohe Steigerungsraten beim Ticketverkauf ausgelöst: bei der BVG ein Plus von 15%, bei der S – Bahn sogar 30%. Das Berlin Ticket A für Arbeitslosenhilfeempfänger, Semesterticket, Freizeitkarte und Berlin Ticket sind weitere Beispiele. Im regionalen Freizeit- und Einkaufsverkehr erzielten die Länderangebote „Brandenburg - Ticket“ (DB, S-Bahn) und Schönes Wochenende Ticket große nachhaltige Effekte. Die Auslastung vieler Regionalzüge außerhalb der Berufsverkehrszeiten (und damit die Umweltbilanz der Züge) stieg erheblich. Zugleich schaffen all diese Angebote gleiche Mobilitätschancen für alle.
Parkraumbewirtschaftung In zunächst drei Pilotgebieten (City-West, City-Ost und Spandau) wurde die Parkraumbewirtschaftung eingeführt. Ziel war es, den Pendlerverkehr auf den ÖPNV zu verlagern, Parkplatzsuchverkehr zu vermeiden, die Flächenbelegung des ruhenden Verkehrs zu reduzieren und so dem notwendigen Wirtschaftsverkehr mehr Raum zu geben. Mit Beginn des Jahres 2000 übernahmen die Bezirke die Bewirtschaftung. Seither sind weitere Gebiete ausgewiesen worden: in Schöneberg/Steglitz (Rhein-/Schlossstraße) und in der Spandauer Vorstadt, wo durch eine Ausdehnung der Zeiten bis 24h und auf alle Wochentage die Bewirtschaftung dem Ort (Kneipen- und Szeneviertel) angemessen gestaltet wurde. Weitere Erweiterungen der Parkraumbewirtschaftung z.B. in Mitte (Bereich Potsdamer Platz, Diplomatenviertel) sowie im Wedding (Müllerstraße) sind in Vorbereitung.
Beschleunigung des ÖPNV Maßnahmen zur Beschleunigung des ÖPNV helfen, die Öffentlichen attraktiver zu machen. Gleichzeitig werden weniger Fahrzeuge pro Umlauf benötigt, was ökonomische und ökologische Ressourcen schont. Die Straßenbahnlinien 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 15, 21, 26, 50, 52 und 53 wurden bereits u. a. durch Ampelvorrangschaltungen linienbezogen beschleunigt. Sechs Straßenbahnfahrzeuge konnten so eingespart werden. Auf der Linie 6 stieg die Beförderungsgeschwindigkeit von 19,0 km/h auf 21,6 km/h. Die Beschleunigung der restlichen Linien wird derzeit umgesetzt. Die Buslinie 101 ist als erste mit Geräten zur Beeinflussung von Ampelvorrangschaltungen ausgestattet worden. Das Busspurnetz in Berlin hat sich auf eine Gesamtlänge von insgesamt 101,5 km ausgeweitet. Seit die komfortablen und bis zu 160 km/h schnellen Doppelstockwagen der Baureihe RE 160 auf inzwischen vier Regional-Expresslinien verkehren, sind viele Pendler auf die Schiene umgestiegen. Auf den Relationen Brandenburg - Berlin - Frankfurt/Oder und Rathenow/Falkensee - Berlin werden mit den Regional-Express-Zügen Fahrzeiten in die Berliner Innenstadt angeboten, die auch gegenüber dem PKW konkurrenzlos niedrig sind.
Fahrradverkehr Weil der Fahrradverkehr in den 90ern zunächst stagnierte, hat der Senat in 2000 einen eigenen entkoppelten Haushaltstitel für die Fahrradförderung geschaffen. Ein vom Senator für Stadtentwicklung ernannter Fahrradbeauftragter begleitet die Umsetzung der Maßnahmen. 20 Bauvorhaben wurden 2000/2001 begonnen, mehr als die Hälfte davon sind bereits fertig. Lichtsignalanlagen an Knotenpunkten wurden umgerüstet, gesonderte Radwege gebaut und Radstreifen auf Fahrbahnen markiert worden. Auch der Ausbau der Bike and Ride-Anlagen an S- und U-Bahnhöfen – unterstützt durch die S-Bahn GmbH sowie die Tiefbauämter der Bezirke – schreitet voran.
Berlin und Brandenburg haben sich im
Landesentwicklungsprogramm (LEPro) verpflichtet, die Kombination von Radverkehr
und Schienenverkehr zu verbessern. Im Ausflugverkehr sollen ökologisch
sensible Erholungsgebiete vom motorisierten Verkehr entlastet werden. In Verantwortung
der Landkreise wird derzeit ein Fernradwandernetz realisiert. Seit
Inbetriebnahme der Stadtbahn im Sommer 1998 wurden sechs Regional-Expresslinien
bestellt, die im Taktfahrplan schnelle umsteigefreie Verbindungen in die
wichtigsten Ausflugsregionen (z.B. Spreewald, Oder, Havelland) anbieten. In
Zusammenarbeit mit dem ADFC konnte erreicht werden, dass von der
Fahrzeugindustrie Doppelstockwagen speziell für Berlin-Brandenburg gefertigt
wurden, die in jedem Wagen über große Mehrzweckabteile – geeignet für
Fahrradmitnahme sowie für mobilitätseingeschränkte Personen – enthalten.
Innovative Services Kombinierte Mobilität verbindet die Vorteile von ÖPNV und Individualverkehr. Das macht ihre Vernetzung so sinnvoll. In Berlin wurden gleich mehrere innovative Serviceangebote entwickelt:
Das bereits 1989 eingeführte Car Sharing bei dem sich die beteiligten Nutzer Autos einer Flotte teilen, verzeichnet seit 1995 Zuwächse.
Bei
Car-Sharing-Kunden wird ein erheblicher Lerneffekt beobachtet: Sie reduzieren
ihre Pkw-Fahrten um 72% (–6700 km/a). Dies wird teilweise kompensiert durch die
Nutzung motorisierter Zweiräder (+1300 km/a), des Fahrrads (+800 km/a), vor
allem aber des ÖPNV (+2000 km/a). Dennoch sinkt der jährliche Verkehrsaufwand
pro Nutzer um 2700 km. Ganz offensichtlich wird das Verkehrsverhalten
rationaler organisiert. Deshalb unterstützt der Senat im Rahmen des EU-Projekts
TELLUS seit 2002 ein Demonstrationsvorhaben, dass die Wirtschaftlichkeit von
Car Sharing durch Verknüpfung mit Fahrzeugflotten großer öffentlicher und
privater Unternehmen zum Ziel hat.
Zur
besseren Vernetzung der Verkehrsträger trägt auch das von der DB Rent in der
Berliner Innenstadt 2002 eingeführte Projekt „Call a bike“ bei, mit der
Fahrräder, die über die gesamte Innenstadt verteilt sind, über Handy
elektronisch aktiviert und genutzt werden können. Das Fahrrad kann nach der
Nutzung an einem beliebigen Ort innerhalb des S – Bahn - Innenrings abgestellt
werden. Die Abrechnung erfolgt über „BahnCard“ oder Kreditkarte.
Plattformen Wirtschaftsverkehr Logistische Maßnahmen rationalisieren Liefertouren, verhindern Leerfahrten und reduzieren so den Güterverkehr auf der Straße. Sie vermeiden zudem Engpässe durch parkende Lieferfahrzeuge und erhöhen die Verkehrssicherheit. Vorraussetzung ist die Kooperation aller Akteure der Belieferung und Entsorgung. Dafür wurden die Plattformen Wirtschaftsverkehr als Public Private Partnership geschaffen. Beteiligt sind Verbände, Kammern, Senatsverwaltungen, Bezirke und andere öffentliche Institutionen sowie betroffene gewerbliche Anlieger. Hauptinstrumente sind die Einrichtung von Ladezonen an Plätzen mit hohem Lieferverkehrsaufkommen und der Anschub von City-Logistik-Kooperationen. Die Abstimmung mit der Parkraumbewirtschaftung, die Umleitung von Durchgangsverkehren, eine verbesserte Wegweisung in Parkhäuser, die Einrichtung eines Kundenlieferservices und Öffentlichkeitsarbeit komplettieren das Maßnahmenpaket. Bisher wurden sieben Plattformen in Neukölln (1995), Wedding (1996), Köpenick (1997) und Steglitz/Schöneberg (1999), Spandau (2000) und zwei weitere in Mitte (2001 und 2003) umgesetzt.
Die Ergebnisse der Plattformen Wirtschaftsverkehr wurden 2001 in einem vom BMVBW, dem Deutschen Städtetag, dem DIHK und dem ADAC initiierten Städtewettbewerb über die Erreichbarkeit von Zentren und Innenstädten als „Bundessieger“ prämiert.
Derzeit wird als ein Resumée der bisherigen Arbeiten eine „Leitlinie“ zu den Plattformen Wirtschaftsverkehr vorbereitet, die den Straßenplanern und den Straßenverkehrsbehörden ein leicht verständliches und praxisbezogenes Instrumentarium für eine rechtzeitige und umfassende Berücksichtigung der Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs in hochbelasteten Einkaufsstraßen zur Verfügung stellt.
Güter auf Schiene und Wasser Der Straßengüterverkehr ist im letzten Jahrzehnt bundesweit stark angestiegen, der Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Binnenschifffahrt weiter gesunken. Die Ursache liegt in den nationalen Rahmenbedingungen: In Deutschland müssen im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten Eisenbahnverkehrsunternehmen Trassenpreise nach dem Vollkostenprinzip an die DB Netz bezahlen. Insbesondere zum Straßengüterverkehr fehlen der Bahn gleiche Wettbewerbschancen. Ein weiteres Problem ist die niedrige Produktivität der DB Cargo. Ein Wettbewerb auf der Schiene, der hier stimulierend wirkt, ist im Güterverkehr erst seit kurzem und nur in Ansätzen vorhanden. Berlin versucht im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten, die Bedingungen für den Transport auf der Schiene und auf dem Wasser zu verbessern, und wird sich in geeigneten Gremien (Bundesverkehrsministerkonferenz, Bundesrat) dafür einsetzen. In einer gemeinsamen Untersuchung mit den in Berlin tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Berliner Senat wurden die zukunftsfähigen Gleisanschlüsse im Berliner Schienennetz herausgearbeitet.
Integriertes Güterverkehrskonzept Güterverkehrssubzentren (GVS) als Verteilstandorte ergänzen die Güterverkehrszentren (GVZ) des Umlands: Wustermark, Großbeeren und Freienbrink. Auf innerstädtischen Bahn- und Hafenflächen gelegen, fungieren die GVS als Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern. Güter werden per Bahn und Schiff mitten in die Stadt transportiert. Das schafft ideale Voraussetzungen zum Einsatz kleiner schadstoffarmer Lieferfahrzeuge für die letzten Kilometer des Transportwegs. Das von der EU unterstützte TELLUS–Projekt fördert den Einsatz von Erdgasfahrzeugen zur Feinverteilung in der Stadt. Ein Güterverkehrssubzentrum ist am Güterbahnhof Treptow/Neukölln in Betrieb, ein weiteres im Westhafen in Vorbereitung. Die Absage der DB AG an einer Nutzung des Westhafens für den Schienengüterverkehr stellt einen Rückschlag dar. Der Senat wirbt derzeitig in Gesprächen bei privaten Eisenbahnunternehmen für eine Nutzung des Westhafens.
Baustellenlogistik Nur durch innovative Logistik war die immense innerstädtische Bautätigkeit der letzten zehn Jahre zu bewältigen. Sie gewährleistete die reibungslose Ver- und Entsorgung der Baustellen im zentralen Bereich und minimierte zugleich – durch den Einsatz umweltfreundlicher Verkehrsträger – Schadstoffemissionen und Belastungen der Straßeninfrastruktur. Für die Massengutver- und -entsorgung der 1995 begonnenen Großbaustellen im Spreebogen (Regierungs- und Parlamentsbauten und Berliner Hauptbahnhof (Lehrter Bahnhof)) wurde das Konsortium Baustellenlogistik Spreebogen (KBS) gegründet. Dank der Lage an Spree und Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal konnte der Anteil des Binnenschiffs noch höher gewählt werden als zuvor beim Potsdamer Platz. Das Management der Stückgutlogistik übernahm die Rhenus-Baustellen-Logistik GmbH. Bei Massen- und Stückguttransporten wird zudem aufgrund eigener Baustraßen bei der Feinverteilung keine öffentliche Straße befahren.
Hafenstandorte 2001 hat der Senat ein Konzept zur Standortentwicklung der Berliner Häfen beschlossen, das auf die Nachfrageentwicklung von Hafenkapazitäten reagiert. Es sieht eine Reduzierung der Anzahl und eine Spezialisierung der Standorte vor. Die ausgewählten Standorte sollen zu innerstädtischen Logistikzentren entwickelt werden; der Osthafen und der im FNP genannte Standort im Bereich Späthsfelde werden nicht mehr benötigt. Sie stehen damit für andere städtebauliche Nutzungen zur Verfügung.
Verkehrskompetenzzentrum In der Region Berlin sind die weltweit größten Anbieter von Schienenverkehrssystemen ansässig. Als Exporteur von Schienenfahrzeugen, von Fahrzeugen des ÖPNV und den damit verbundenen Systemlösungen trägt Berlin dazu bei, dass international übertragbare klimaverträgliche Mobilitätskonzepte angeboten werden. Das entspricht nicht nur dem Agenda-Kriterium der Verallgemeinerbarkeit, es sichert der Region auch dauerhaft Arbeitsplätze. Um die Zahl der Neuansiedlungen und Existenzgründungen in diesem Kompetenzbereich zu erhöhen, erarbeitet der Senat derzeit eine integrierte Forschungs-, Wirtschafts- und Mobilitätsstrategie. Er unterstützt die Aktivitäten regionaler Netzwerkmanager wie z.B. den Forschungs- und Anwendungsverbund Verkehrssystemtechnik Berlin (FAV) und richtet die Inhalte der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verstärkt auf die Ziele der Nachhaltigkeit aus.
Zahlreiche
internationale Vereinbarungen, von Rio über Kyoto, haben in den 90ern den
weltweiten Klimaschutz behandelt. Vor ihrem Hintergrund liegt in Berlin
der klimaschutzpolitische
Handlungsschwerpunkt im Energiebereich. Die dabei verfolgte Strategie hat sich
verändert. Stand im Energiekonzept von 1994 noch – neben verstärkter Aufklärung
–die Förderpolitik im Vordergrund, verfolgt das im Frühjahr 2000 vom Senat
beschlossene Landesenergieprogramm 2000-2003 einen weiterentwickelten Ansatz: Mit
Win-win-Strategien, die alle Wirtschaftszweige einschließen, sollen Energiesparpotenziale
erschlossen werden – eine Abkehr von „subventionsorientierter“ Energiepolitik
hin zu Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und zur Öffnung von Märkten zugunsten
neuer Akteure. Es hat sich gezeigt, dass solche Kooperationen einen höheren
Beitrag zum Klimaschutz leisten, als die einst angedachten ordnungsrechtlichen
Maßnahmen. Die CO2-Emissionen (klimabereinigt und inkl. Stromimport)
sollen so – ohne zusätzliche ordnungspolitische Instrumente – auf 25,4 Mio. t
im Jahr 2003 sinken – eine Reduktion um ca. 20 % gegenüber dem Basisjahr 1990.
Um 25 bis 30 % sollen
Energieverbrauch, Kosten und CO2-Emissionen
bei öffentlichen Gebäuden sinken; zugleich soll der Einsatz von Solarenergie
ausgeweitet werden. Anlehnen will man sich dabei an
entsprechende Vorgaben des Bundes zur Nutzung regenerativer Energien und zur
Energieeffizienz bei Sanierungen und Neubauten. Im Gebäudebereich befinden sich
die quantitativ größten Potentiale. Im Wohnungsbestand sollen bis 2010
gegenüber 1990 3.480 GWh Primärenergie und damit rund 1,85 Mio. t CO2-Emissionen
pro Jahr eingespart werden.
Sinkender Energieverbrauch Der Primärenergieverbrauch im Land Berlin sank von 337.929 TJ 1990 um 6,7 % auf 316.382 TJ im Jahr 2000 (Energiebilanz SenWiArbFrau). Besonders stark ging die Nutzung fester Energieträger zurück. Das wurde in erster Linie durch die Sanierung von fast 600.000 Wohnungen und die dabei durchgeführten wärmedämmenden Maßnahmen sowie durch den Einbau neuer Heizsysteme erreicht. Darüber hinaus spielt auch der wirtschaftliche Strukturwandel eine Rolle.
Der Endenergieverbrauch
in Berlin blieb in den 90er Jahren uneinheitlich. Die Absenkung im
Industriesektor wurde durch den steigenden Verbrauch im Verkehr und bei den
Haushalten und Kleinverbrauchern wieder
aufgehoben.
Weniger CO2-Emissionen Berlin unternimmt große Anstrengungen, das selbstgesetzte Ziel, bis 2010 den CO2-Ausstoss um 25% zu verringern, zu erreichen. Die aus dem Energieverbrauch errechenbaren realen Kohlendioxid-Emissionen verringerten sich zwischen 1990 und 1999 um rund 13%.
Zehnmal mehr Solarenergie Ende 2002 waren in Berlin rund 910 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4700 kWp in Betrieb. Seit 1995 konnte die installierte Leistung aus Photovoltaik-Anlagen damit um das Zehnfache gesteigert werden, im Vergleich zum Jahr 1990 sogar um das Hundertfache.
Rund 2.800 solarthermische Anlagen gab es Ende 2000 in
Berlin – überwiegend auf
Ein- und Zweifamilienhäusern. 220 davon haben mehr als 20 m² Kollektorfläche und befinden sich auf
mehrgeschossigen Wohngebäuden. Die gesamte im Solaranlagenkataster nachgewiesene Kollektorfläche lag Ende 2002
bei 30.000 m².
In Berlin sind Solarförderungen der Wirtschaft, des Bundes und der EU nutzbar, die sich kombinieren lassen. Zwischen 1991 und 2000 förderte allein das Land Photovoltaik mit insgesamt 8,9 Mio. €, Solarthermie mit 10 Mio. €. Die Mittel stammen teils aus der Modernisierungs- und Instandsetzungsförderung für Wohngebäude, womit auch die nachträgliche Installation unterstützt werden.
Förderprogramme der Im Programm Energie 2000, das im Rahmen einer Kooperationsverein-
Energiewirtschaft barung zwischen Berlin und der BEWAG beschlossen worden war, förderte die BEWAG von 1997 bis 2000 durch die Solarstrombörse den Bau von Photovoltaikanlagen mit einem Gesamtvolumen von 20,5 Mio €. Auch 60 Schulen wurden so mit 1 kW-Anlagen ausgestattet. Die Photovoltaikanlagen waren für die Schulen kostenfrei, sie mussten nur für die Installation aufkommen. Die Vereinbarung wird in veränderter Form in den Jahren 2002-2004 fortgeführt. Ein weiterer Kooperationsvertrag wurde 1997 zwischen GASAG und Land geschlossen. Vier Jahre lang lief das Förderprogramm Klimaschutz und Luftreinhaltung, das den verstärkten Einsatz des umweltfreundlichen Energieträgers Erdgas zum Ziel hat. 5,1 Mio € flossen so in die Förderung energiesparender Erdgassysteme, Energiesparcontractings, die Kombination von Erdgas und Solarthermie und Erdgas als Kraftstoff. Die Vereinbarung mit der GASAG wird ebenfalls für den Zeitraum 2002-2005 fortgeführt.
Aufklärung und Anreizsysteme Zu den Erfolgen der letzten Jahre haben Informations- und Ausbildungsinstrumente des Landes maßgeblich beigetragen. Neben gezielten Aufklärungskampagnen im Rahmen des Programms BerlinerImpulsE gehört dazu die Internet-Plattform „Berlin spart Energie“ und die Solarschule.
Solarschule Die 1996 gegründete Solarschule in Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) wendet sich an Beschäftigte der Bereichen Gas, Wasser, Elektro. Ausgebildet werden Fachkräfte für Solartechnik im Handwerk. Von 1996 bis 2001 hat die Solarschule über 1000 Teilnehmer qualifiziert. Für viele Handwerksbetriebe hat sich die Solartechnik dadurch zu einem neuen Standbein entwickelt. Die Schule finanziert sich über Teilnahmegebühren, die Entwicklung des Curriculums förderte der Senat.
Berlin spart Energie Seit Anfang 1998 zeigt die Website „Berlin spart Energie“ beispielhafte Energiesparprojekte – gegenwärtig rund 70 Vorhaben. Eingerichtet wurde die Site im Internetauftritt der Senatsverwaltung (www.stadtentwicklung.berlin.de). Interessierte Laien finden an derselben Stelle unter Klimaschutz im Büro Tipps zur Beleuchtung, zum Computer-Arbeitsplatz usw. Mit dem Energietest.online können Besucher testen, wo sie selbst in ihrem Haushalt Energie sparen können.
Berliner Energieleistungsstandard Mit der Wohnungswirtschaft hat der Senat den Berliner Energieleistungsstandard (B.E.ST.) entwickelt. Eigentümer und Hausverwaltungen sanierungsbedürftiger Wohngebäude können mit B.E.St. auf ein praxisnahes Umsetzungsmodell für Energiedienstleistungen im Gebäudebestand zurückgreifen. Es liefert Ausschreibungshilfen für Fachingenieure und Hausverwaltungen, Auswertungssoftware zur Ermittlung von Eigenregiekosten und zum Vergleich von Bieterangeboten, Vorlagen für Wärme- und Stromlieferungsverträge, sowie für Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter. Damit wird der Weg zu kosten- und energiesparenden, nachhaltigen Contractingmodellen spürbar erleichtert.
Schulkampagne fifty/fifty An der Energiesparkampagne fifty/fifty haben sich seit 1996 rund 200 Berliner Schulen beteiligt. Durch eine Evaluierung im Winter 2000 ist festgestellt worden, dass knapp 600.000 € Energiekosten eingespart werden konnten. Damit verbunden waren Reduzierungen der Energieverbräuche: Strom um rund 1 Mio. kWh und Wärmeenergie um rund 5 Mio. kWh. Die CO2 - Emissionen konnten um 1.900 t verringert werden. Als Anreiz erhält die Schule 50 % der durch bewusstes Handeln eingesparten Energiekosten.
Heizspiegel Seit 1997 wurde mit dem Berliner Heizspiegel ein Typenschlüssel entwickelt, der zentralbeheizte Wohngebäude in Verbrauchsklassen einordnet. Mietern wie Eigentümern steht damit ein Instrument zur Verfügung, ihr Haus in Sachen Energieverbrauch abzuschätzen und an möglichen verbesserten Standards zu messen. Damit ist der Heizspiegel ein wichtiger Baustein für Energieberatungen im Gebäudebereich.
Energiesparpartnerschaften Private, fachkompetente und finanzkräftige Energiedienstleister (Contractoren) erschließen seit 1996 in den Energiesparpartnerschaften vorhandene Potenziale öffentlicher Gebäude. Aus hoch- und weniger rentablen Energiesparobjekten werden Liegenschafts-Pools gebildet, ausgeschrieben und deren Energiemanagement für eine bestimmte Laufzeit auf externe Partner übertragen. Das Land partizipiert mit einer festen Quote an den verringerten Energiekosten. Die von den Energiesparpartnern finanzierten in die Liegenschaften eingebauten Anlagen gehen mit Vertragsende in das Eigentum des Landes über. Die Investitionskosten des Contractors werden über die Einsparungen refinanziert. Damit wird – quasi auf Erfolgshonorarbasis – der Weg zu Energieeinsparungen freigemacht, die das Land selbst nicht bezahlen könnte. Ohne Inanspruchnahme von Landesmitteln sind damit bisher mehr als 37 Mio. € in die Sanierung und Erneuerung von Anlagen für die Energieerzeugung, -verteilung und –nutzung geflossen.
Gegenwärtig
bewirtschaften Kontraktoren neun Gebäudepools mit mehr als 350 Liegenschaften
und einem Umfang von rund 30 Mio. € Energiekosten. Weitere Gebäudepools werden
gegenwärtig zusammengestellt. Die jährliche CO2-Minderung beträgt
gegenwärtig 40.000 t. An den Landeshaushalt sind Einsparbeteiligungen in Höhe
von 20 Mio. € zurückgeflossen.
Neben dem quantitativen Ziel, den Bodenverbrauch der Stadt zu senken und wo immer möglich Flächen zu entsiegeln, verfolgt der Senat beim Bodenschutz vor allem qualitative Ziele: empfindliche, schutzbedürftige Böden schonend zu nutzen, Eingriffe in den Bodenwasserhaushalt zu vermeiden und den Stoffeintrag aus Wasser und Luft zu minimieren.
Gerade diese qualitativen Ziele sind nur in enger Kooperation mit anderen Umweltdisziplinen zu erreichen. So sehen Baurecht und Raumplanung wichtige bodenschützende Regelungen vor – etwa Bauverfahren, die Verdichtungen vermeiden, den nachhaltigen Umgang mit Bodenaushub (z. B. Mutterboden) oder den Einsatz boden- und grundwasserverträglicher Baustoffe und -techniken. Bodenschutzrelevante Regelungen des Naturschutzrechtes werden über Landschafts- und Artenschutzprogramm umgesetzt. Und auch die Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen (DüngeVO) regelt Fragen des Bodenschutzes. Letztlich dient die gesamte Wasser- und Luftreinhaltung über die Minimierung von Stoffeinträgen mittelbar der Güte des Berliner Bodens.
Auch deshalb war der Bodenschutz, sofern keine besonderen Regelungen (etwa im Wasser- oder Baurecht) bestanden, lange Zeit Sache der allgemeinen Gefahrenabwehr und wurde im allgemeinen Ordnungsrecht behandelt. Das hat sich mit dem Berliner Bodenschutzgesetz (BodSchG) vom 10. Oktober 1995 geändert. Wie das 1998 aufgelegte Bundesbodenschutzgesetz und die 1999 veröffentlichte Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung betont Berlin damit die Bedeutung der Ressource Boden. Von 1995 bis 1998 hat der Senat ein Bodenschutzkonzept erarbeitet. Informationen über Altlasten und schädliche Bodenveränderungen sind heute im Rahmen des Informationssystems Stadt und Umwelt in einem Bodenbelastungskataster erfasst.
Altlastensanierung Industrielle Altlasten und Schadstoffe aus ehemaligen Mülldeponien zählen zu den größten Problemen im Umweltschutz. Die Sanierung dieser Altlasten sichert die Gesundheit der Bürger und die Qualität des Trinkwassers. Altlasten sind aber auch schwerwiegende Wirtschafts- und Entwicklungshemmnisse, ihre Beseitigung eine Voraussetzung für die sinnvolle Entwicklung betroffener Gebiete zu nachhaltigen Gewerbestandorten oder Naherholungsräumen.
Mit der Wiedervereinigung der Stadt hatte sich die Zahl der sanierungsbedürftigen Flächen beträchtlich erhöht. Von den rund 8160 Vorgängen (Stand Mitte 2003) erfasst, bei denen Boden- und Grundwasserverunreinigungen vermutet bzw. nachgewiesen wurden. Davon konnten bisher 1660 Fälle abgeschlossen werden. Von den verbleibenden 6500 Vorgängen fallen aufgrund der neuen Zuständigkeitsregelung 5900 in den Verantwortungsbereich der bezirklichen Umweltämter.
Von den in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung verbliebenen Fälle werden derzeit 315 Vorgänge aktuell bearbeitet. Die restlichen Vorgänge sind wegen der nicht gegebenen Dringlichkeit zunächst zurückgestellt.
Freistellungsverfahrens In den letzten Jahren hat Berlin im Rahmen des Freistellungsverfahrens jährlich rund 12,0 Mio € für die Erkundung und Sanierung von Boden- und Grundwasserschäden aufgewendet. Erst im Falle einer notwendigen Sanierung können Erkundungskosten dem Verursacher oder Grundstückseigentümer (Zustands- oder Handlungsstörer) auferlegt werden. Investoren können nach dem Umweltrahmengesetz von diesen Kosten jedoch teilweise freigestellt werden. Die Sanierungskosten werden dabei in einen Eigenanteil und einen freigestellten Anteil gesplittet, der zu 60 % vom Bund und zu 40 % vom Land getragen. Im Rahmen des Freistellungsverfahrens wurden rund 3.900 Anträge gestellt, davon wurden bisher 58 grundstücksbezogene Freistellungen in einer Gesamthöhe von mehr als 255,6 Mio € erteilt.
Das Land hat von 1994 bis 2002 rund 26,0 Mio € reine Landesmittel und 69 Mio DM Bundesmittel für die Beseitigung von Boden- und Grundwassersanierungen im Zusammenhang mit Freistellungen aufgewendet.
Großprojekt Berlin Zu den 315 derzeit bearbeiteten Fällen gehören die aufwändigen Sanierungen im Zuge des Großprojekts Berlin: alte Industriestandorte in Rummelsburg, Oberschöneweide, Niederschöneweide, Johannisthal und Adlershof, die ob ihrer gesamtstädtischen Bedeutung und ihrer exponierten Lage in den Wasserschutzgebieten Wuhlheide und Johannisthal höchste Priorität haben. Das würdigt auch der Bund. Im Großprojekt erhöht sich der Bundesanteil an den Freistellungen auf 75 % – gegenüber 25 % für das Land Berlin.
Bis Ende 1996 wurde ein flächendeckendes Grundwassermonitoring im Großprojekt durchgeführt. In den letzten Jahren wurden u.a. drei Grundwasserreinigungsanlagen am Wasserwerk Johannisthal errichtet, Abwehr- und Sicherungsbrunnen installiert, extreme Kontaminationen saniert und eine 1000 m lange Dichtwand zur Reduzierung des Schadstoffaustrags errichtet. 1998/99 begannen Arbeiten zur Sicherung des Wasserwerks Wuhlheide. Zwischenzeitlich wurden auch hier Grundwasserreinigungsanlagen gebaut.
Bis Dezember 1999 wurden Maßnahmen und Finanzrahmen für die neun Teilsanierungsgebiete im Großprojekt von Land und Bund beschlossen. Insgesamt ist mit einem Finanzvolumen von 210 Mio € zu rechnen. Bereits vor 1999 flossen im Rahmen vorgezogener Maßnahmen mehr als 41,0 Mio € in Erkundungs-, Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen.
Neben derzeit 36 laufenden Maßnahmen, konnten bereits 27 Maßnahmen abgeschlossen werden.
Berlin bezieht seit über 100 Jahren sein Trinkwasser aus Grundwasser und
Uferfiltrat. Damit ist Berlin eine der wenigen großen Städte, die ihre
Wasserversorgung aus dem eigenen Gebiet heraus sicherstellen – eine
Besonderheit, die im Berliner Wassergesetz verankert wurde. Grundsätzliches
Ziel ist deshalb ein ausgeglichener Wasserhaushalt. Das Prinzip der
nachhaltigen Bewirtschaftung gilt dabei nicht nur für die Wassermenge, sondern
vor allem auch für die Wassergüte und die Wiederherstellung oder den Erhalt der
ökologischen Funktion der Gewässer. In allen Bereichen muss die Idee eines
stadtinternen kurzgeschlossenen Wasserkreislaufs die Vorstellungen von
Verbrauch und Entsorgung ersetzen. Dazu muss die geförderte und genutzte Menge
minimiert werden, die Entnahme in Einklang mit der Grundwasserneubildung
stehen. Die anteilsmäßige Förderung von Trinkwasser durch Uferfiltration
erfordert besondere Anstrengungen bei der Reinhaltung der Oberflächengewässer
und damit eine Abwasserreinigung auf hohem Stand. Stoffeinträge müssen
minimiert, das Grundwasser flächendeckend geschützt werden. Und schließlich
müssen die Oberflächengewässer als wertvoller Lebensraum für Mensch und Natur
erhalten und qualifiziert werden. Das ist umso schwieriger, als die Berliner
Gewässer zugleich als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, als
Naherholungsflächen, als Wohnort, als Verkehrswege, als Kühlmittelreservoir für
Kraftwerke und Industrie und als Fischgewässer genutzt werden – Funktionen,
die großes Konfliktpotential bergen. Nur ein konsequent auf Vorsorge angelegtes
Wassermanagement kann diese elementare Lebensgrundlage für Mensch, Tier und
Pflanzen sichern.
Gewässernetz und Wassermenge 6,6 % der
Berliner Gesamtfläche – oder 58,9 km² – sind mit Wasser bedeckt. Spree, Dahme
und Havel durchfließen in der Stadt eine Strecke von 88,6 km, die Kanäle
bringen es auf 66,8 km Lauflänge (29,1 km allein der Teltowkanal). Dazu kommen
Fließe und Gräben mit rund 75 km und unzählige kleine und kleinste Gräben mit
nochmals rund 330 km. Trotz dieses verzweigten Gewässernetzes ist die Region
eher wasserarm. Das Wasservolumen aller großen Zuflüsse (Spree,
Oder-Spree-Kanal, Dahme, Oberhavel) lag im Mittel der Jahre 1991 bis 2000 bei
41,3 m³/s. Verglichen mit Rhein (am Pegel Rees 2.325 m³/s) und Elbe (Pegel Neu
Drachau 646 m³/s) ist das sehr bescheiden. Niedrigwasserzeiten stellen deshalb
ein weitaus größeres Problem dar als etwa Hochwassergefahren.
An 53 Messstellen überwacht die Landeshydrologie das Abflussgeschehen.
11 Ultraschallmessanlagen wurden in den letzten zehn Jahren eingerichtet. Sie
und neun weitere Messpunkte liefern Werte per Datenfernübertragung direkt in
die Messzentrale. An 18 Seen wurden Druckmesssonden mit Messwertsammler
installiert. Ihre Messungen zeigen, wie schwerwiegend sich die drastische
Abnahme der Braunkohleförderung auswirkt: Seit 1990 werden immer weniger
Sümpfungswässer eingeleitet. Flossen in den 80er Jahren über Spree, Dahme und
Oder-Spree-Kanal im Schnitt noch 44,9 m³/s nach Berlin, sank das Volumen 1991
bis 1995 auf 33,0 m³/s, für 1996 bis 2001 auf 25,6 m³/s. 2001 wurde mit 18,2
m³/s der bisherige Tiefststand erreicht. Das hat Folgen nicht nur für den
Grundwasserstand sondern auch für die Oberflächengewässer, die nicht mehr
ausreichend entwässert und durchspült werden.
Speichersee Lohsa II 1995 unterzeichneten Berlin und
Brandenburg ein Abstimmungsprotokoll, das den künftigen Mindestzufluss nach
Berlin am Pegel Große Tränke mit 10 bzw. 10,9 m³/s festschrieb. Die Länder
Sachsen, Brandenburg, Berlin und der Bund beschlossen, die Wasserstände der
Spree durch den Mehrjahresspeicher Lohsa II zu stabilisieren. Das sächsische
Tagebaurestloch wird bis 2005 zu einem hochmodernen Speichersystem mit
53 Mio m³ Speicherkapazität ausgebaut, das durch die benachbarten Becken
Dreiweibern, Burghammer und Bärwalde sogar auf 83 Mio m³ erweitert wird. Das
Land Berlin ist an dem 255,6 Mio €-Projekt mit
11,7 Mio € beteiligt.
Gewässerqualität Weil das Berliner Hauptgewässersystem extrem
langsam fließt, ist es gegenüber Nährstoffeinträgen überaus empfindlich.
Eutrophierung wird zu einem großen Problem, zumal die geringe Tiefe der Flüsse
dafür sorgt, dass sie aus gewässerökologischer Sicht eine Übergangsform zu Seen
und Standgewässern darstellen. So bleiben die vielfältigen Einleitungen der
Großstadt besonders lange vor Ort. Weil das Uferfiltrat großen Anteil an der
Trinkwasserförderung hat, wird die Qualitätssicherung des Oberflächenwassers
zur Hauptaufgabe der Wasserwirtschaft.
Phosphate und Eutrophierung Eine Untersuchung im Auftrag des Senats
über die Phosphor- und Stickstoffeinträge und -frachten in den Jahren 1995 bis
1997 zeigt, dass sich die Belastung der Gewässer spürbar verringert hat. Die
Einleitungen aus Berliner Kläranlagen (109 t Phosphor jährlich) und aus der
Misch- und Trennkanalisation (38 t) gingen zurück und lagen deutlich unter den
Einträgen, die über die natürlichen Zuflüsse nach Berlin fließen. Auch hier
haben sich die Frachten indes reduziert: in der Dahme um 18 %, in der Havel um
43 %. Obwohl der Rückgang der Phosphoreinträge eine geringere
Algenbiomasseproduktion zur Folge hatte, hat dies noch nicht zum Sprung in
bessere Güteklassen geführt. Bis 1999 wiesen der Tegeler See die Güteklasse II,
Müggelspree, Großer Müggelsee und Seddinsee Güteklasse II-III, Dahme,
Stadtspree und Havel die Güteklasse III und der Zeuthener See Güteklasse III-IV
auf. Während der Zufluss des Tegeler Sees seit 1985 durch die
Entphosphatungsanlage Tegel entlastet wird, leidet der Zeuthener See unter
Abläufen einstiger Rieselfelder, die über den Nottekanal einfließen. Die
neueste Bilanz für den Zeitraum 1998 bis 2000 zeigt, dass gegenüber 1995 bis
1997 kein weiterer Rückgang der Phosphorfrachten nach Berlin und Einträge
innerhalb Berlins zu verzeichnen ist.
Gütemessnetz und Richtlinien An 62 Stellen werden
physikalisch-chemische, bakteriologische und biologische Grundparameter der
Oberflächengewässer untersucht. In den Sommermonaten, insbesondere nach langer
Trockenheit, spülen Regengüsse viele Schadstoffe aus Kanalisation und Stadt in
die Innenstadtgewässer. Oft kann nur durch den künstlichen Eintrag von Luft
oder technischem Sauerstoff ein Massenfischsterben verhindert werden. Voraussetzung
dafür ist das rechtzeitige Erkennen problematischer Werte. Transportable
Messbojen mit Datenfernübertragung auf einen Zentralrechner machen dies nun
möglich. Ist eine kritische Sauerstoffunterversorgung erreicht, löst der
Rechner automatisch Alarm aus.
Stoffkonzentrationen werden in Berlin seit 2001 noch differenzierter
gemessen: 99 organische Spurenstoffe, festgeschrieben in einer EG-Richtlinie,
werden 13 mal pro Jahr an den 3 Messstellen der Länderarbeitsgemeinschaft
Wasser erfasst. Im Jahr 2001 gab es nur bei 4 der 99 Stoffe leichte
Überschreitungen der Qualitätsziele – durchweg ubiquitäre Stoffe, die z.B. aus
der Verbrennung von Kraftstoffen stammen. In 2002 wurde das Messprogramm auf
die Berliner Problemstoffe reduziert und zusätzlich 11 sogenannte prioritäre
(besonders gefährliche) Stoffe der EG-Wasserrahmenrichtlinie untersucht, für
die es bisher noch keine Qualitätsziele gibt. Von diesen 11 Stoffen zeigte nur
ein Stoff leicht erhöhte Messwerte.
Wasserrahmenrichtlinie Mit gleichem Nachdruck wird seit 2001 an der Umsetzung der Ende 2000 erlassenen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gearbeitet. Die WRRL schreibt feste Qualitätsziele vor, bis 2015 umzusetzen sind. Erreicht werden sollen sie durch flussgebietsbezogene Bewirtschaftungspläne – ein wichtiger Impuls für gebietsübergreifenden Wasserschutz. Die Berliner Aktivitäten sind in die Flussgebietsgemeinschaft Elbe eingebunden. Die fachbezogene Arbeit wird im Koordinierungsraum Havel geleistet und vor allem mit Brandenburg abgestimmt.
Schwebstoffe Schwebstoffe werden seit 1994 mittels
einer Schwebstoffzentrifuge an der Spree (Sophienwerder) kurz vor Mündung in
die Havel untersucht. Mit Schwermetallen können die Berliner Gewässer danach als mäßig
belastet (Güteklasse II) gelten. Die Ergebnisse zeigten im Jahr 2000 eine
geringe Belastungssituation für Chrom und Nickel, während bei den toxischen
Schwermetallen Blei, Cadmium, Kupfer und bei Zink die Zielvorgaben der
LAWA um 200 bis 500 % überschritten
wurden. In 2002 wurde die Bewertung der Schwermetalle erstmals nach den
Qualitätsnormen der Richtlinie 76/464/EWG, bzw. der Richtlinie 2000/60/EG –
Wasserrahmenrichtlinie vorgenommen. Danach sind unverändert erhöhte Belastungen
für Kupfer, Blei und Zink festzustellen.
Unter den organischen
Spurenstoffen blieben die Chlorbenzene und polyzyclische
aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) deutlich unter den Grenzwerten der
Berliner Liste. Bei Pestiziden (DDT und Lindan) traten saisonbedingte
Grenzwertüberschreitungen im Sommer auf.
Geringe Schadstoffbelastungen Bei 28 Industriechemikalien
(leicht flüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe, Chloraniline,
Chlorbenzole, Chlornitrotoluole) wurden größtenteils Konzentrationen unter der
analytischen Nachweisgrenze festgestellt. Sporadisch erhöhte Konzentrationen
traten einzig bei Hexachlorbenzol, Dichlorbenzol, Nitrobenzol, Trichlormethan
und Trichlorethen auf, wobei sich systematische Zuordnungen zu den Quellen
nicht erkennen ließen.
Ausgewählten Badestellen werden seit 1996 auf durch Blaualgen produzierte Toxine
(Microcystine) untersucht. Von den 129 gemessenen Werten (zwischen 0,14 und
119 µg/l) lagen lediglich zwei über 100 µg/l – dem Grenzwert unter dem
keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen für Badende bestehen. Während der
Toxinmesswerte des Jahres 2000 sämtlich unter dem kritischen Wert von 100 mg/l lagen, wurden in 2001 zwei Messwerte
ermittelt, von denen einer deutlich über 100 mg/l lag. Ein Strandbad musste deshalb erstmals
kurzzeitig geschlossen werden.
1996 und 1997 wurden die Konzentrationen von 35 Pflanzenschutzmitteln gemessen.
Eine Überschreitung der Zielvorgaben wurde einzig bei Diuron registriert, das
durch verbotene Anwendungen im privaten Bereich (Entkrautung von
Garageneinfahrten und Höfen) in die Gewässer gelangt. Die Messergebnisse aus
den Jahren 2000 bis 2002 bestätigen die Untersuchungsergebnisse der Vorjahre.
Stichprobenuntersuchungen der TU Berlin in den Jahren 1993 bis 1996
belegen hohe Werte für verschiedene Arzneimittelrückstände in den Vorflutern
Nordgraben, Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fließ (Erpe). Am häufigsten
wurden Clofibrinsäure, Diclofenac und Propiphenazon gefunden. Dabei sind die
Werte in den Vorflutern (Nordgraben, Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fluß)
höher als in Gerwässern, die nicht als Vorflut kommunaler Kläranlagen dienen
(Spree-Neuzittau, Großer Müggelsee, Dahm – Langer See, Havel-Stolpe,
Panke-Buch). In 2000 und 2001 wird von
der TU Berlin an ausgewählten Messstellen des Teltowkanals und der Havel ein Sondermessprogramm
zur Untersuchung von Arzneimittelrückständen durchgeführt. Die
Untersuchungsergebnisse der Vorjahre werden bestätigt. Für eine Bewertung der
ermittelten Konzentrationen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Nichtzielorganismen
fehlen derzeit noch die entsprechenden toxikologischen Untersuchungen.
Untersuchungen des Umweltbundesamtes zu Arzneimittelrückständen im Zu- und
Ablauf aus der Stadt bestätigten 1999 eine deutliche Konzentrationszunahme im
Fließverlauf der Gewässer durch die Stadt. So wurden im relativ unbelasteten
Spreezulauf über die gesamte Bandbreite der detektierten Arzneimittelstoffe (11
verschiedene Wirkstoffe oder Metabolite) Konzentrationen von 0 bis 25 ng/l
ermittelt, während die Werte in der Unterhavel bei Krughorn zwischen 2 und 130
ng/l lagen.
Fischgewässer 29 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe betreiben in Berlin gewerblichen Fischfang. Die für sie wichtigen Fischbestände haben sich seit 1995 erkennbar stabilisiert. Gegenüber 1994 lassen sich heute acht Fischarten in die jeweils niedrigere Gefährdungskategorie einstufen. Lediglich die Karausche muss von „nicht gefährdet“ auf „stark gefährdet“ hochgestuft werden. Das Wiedererstarken von Arten wie Karpfen, Schlei und Hecht gegenüber Blei, Güster und Plötze belegt die Wirksamkeit der Mitte der 80er Jahre begonnenen Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität. Die jährlichen Fangergebnisse von Speisefischen haben sich auf ein Niveau von rund 100.000 kg/a eingependelt. Die Entwicklung zeigt aber auch, wie lange es dauert, bis solche Maßnahmen im Naturhaushalt wirken.
Für Erhalt und Förderung der
Fischerei hat Berlin von 1995 bis 2002
2,7 Mio € eingesetzt und etliche neue Rechtsgrundlagen geschaffen. Das
Landesfischereigesetz von 1995 und die Landesfischereiordnung von 2001 dienen
dem Schutz der Wasserorganismen und deren Lebensräumen. In der
Süßwasserqualitätsverordnung wurden 1997 die Fischgewässer des Landes formell
ausgewiesen. Die Verordnung über die Durchführung des
Landesfischereischeingesetzes (1997), die Änderung des Landesfischereischeingesetzes (2000) und die Rahmengeschäftsordnung
für den Landesfischereibeirat (2000) sind weitere Beispiele fischereiwirtschaftlicher
Klärungen der letzten Jahre.
Abwasser Rund 3 Mrd € haben die Berliner Wasserbetriebe in den
Jahren 1990 bis 1999 in Abwasserableitung und -behandlung investiert, davon
rund
1,5 Mrd € in den Bau von Kanälen. Das Land hat als für die Straßenregenentwässerung
zuständiger Straßenbaulastträger rund 0,5 Mrd € dazu beigetragen. Insgesamt
wurden seit 1990 in Berlin 738 km Kanäle neu gebaut, davon 468 km (63,5 %) im
Ostteil der Stadt. Damit hat sich der Anschlussgrad im Osten von 93 % (1990)
auf 96,7 % (2002) erhöht, liegt aber noch immer unter dem des Westteils (über
99 %).
Klärwerke 1990
gab es für die Berliner Abwässer sieben Klärwerke. Innerhalb des Landes sind
das die Klärwerke Ruhleben, Falkenberg und Marienfelde, in Brandenburg die
Klärwerke Schönerlinde, Münchehofe, Waßmannsdorf und Stahnsdorf. Alle verfügten
neben einer vollbiologischen Reinigung auch über eine Entphosphatung. In
Ruhleben wurde 1994 eine Stickstoffreduzierung eingerichtet. Der Ausbau der
Klärwerke Waßmannsdorf und Stahnsdorf u. a. mit biologischer Phosphor- und
Sickstoffreduzierung wurde 1998 abgeschlossen. Im selben Jahr ging das Klärwerk
Marienfelde außer Betrieb; seitdem wird das Abwasser von dort über ein neues
Pumpwerk und eine Druckleitung nach Waßmannsdorf gefördert. Die Werke
Münchehofe und Schönerlinde wurden und werden umgebaut. Münchehofe entspricht
seit 2000, Schönerlinde ab 2003 den Anforderungen der EU. Das Klärwerk
Falkenberg ist im Februar 2003 stillgelegt worden.
In Berlin sind derzeit die Berliner Wasserbetriebe in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts einziger kommunaler Wasserver- und Abwasserentsorger. Eine Änderung des Berliner Wassergesetzes machte 1999 den Weg frei für privatwirtschaftliches Engagement im Rahmen einer Teilprivatisierung.
Abwasserbeseitigungsplan Der 2001 veröffentlichte Abwasserbeseitigungsplan
entwickelt Szenarien, wie durch eine Reduktion der Stoffeinträge aus häuslichem
Schmutz- aber auch aus Regenwasser das Ziel Güteklasse II in allen Berliner
Gewässern erreicht werden könnte. Die Nährstoffeinträge sollen dafür (bezogen
auf 1999) um jährlich 200 Tonnen Phosphor sinken. Durch Aktivierung von
Stauraum im Kanalnetz, den Bau von Fangbecken und die Einführung verbesserter
Prognose- und Steuerungsverfahren bei Regenwetter sollen die Überlaufmengen von
Mischwasser reduziert werden. Regenwasser soll möglichst vor Ort versickern,
indem versiegelte Flächen vom Regenkanal abgekoppelt und zentrale
Regenwasserbehandlungsanlagen gebaut werden. Auch die Nährstoffeinträge aus
Kläranlagen sollen weiter reduziert werden. Die Umsetzung wird wegen des
enormen Investitionsbedarfes einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten beanspruchen.
Sanierung der Kanalisation Seit 1998 sanieren die
Wasserbetriebe die vor 120 Jahren zeitgemäße, heute aber veraltete Berliner
Mischwasserkanalisation. Sie umfasst vor allem in der Innenstadt ein Gebiet von
92 km² und eine Netzlänge von rund 2000 km. In den später erschlossenen
Außenbezirken dominiert dagegen die modernere Trennkanalisation, die Regen- und
Schmutzwasser getrennt ableitet. Die Sanierung, deren Ziel es ist, aus dem
Mischsystem weniger Frachten einzuleiten, als aus einem vergleichbaren Trennsystem,
soll bis 2020 abgeschlossen sein. Die Kosten können nur grob geschätzt werden,
dürften aber zwischen 90 und 125 Mio. € betragen.
Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 Der Abwasserbeseitigungsplan zeigte: Allein durch
Maßnahmen innerhalb der Stadt kann Berlin die Sanierungsziele nicht erreichen.
Um mit dem Nachbarland Brandenburg eine gemeinsame Strategie für die Reduzierung
von Schadstoffeinträgen im gesamten Einzugsgebiet zu entwickeln, rief der
Senat 1999 das Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 ins Leben. Das Aktionsprogramm
beschreibt, welche Anforderungen erfüllt werden müssen, um im Einzugsgebiet die
Gewässergüteklasse II zu erreichen. Ein Sanierungsprogramm für das
Spree-Havel-System wird einen Zeitraum von mindestens zwei Jahrzehnten
einnehmen; es wird letztendlich nur auf der Grundlage eines gemeinsamen
Flussgebietsplanes umzusetzen sein und im Sinne der WRRL einen Beitrag zur
Entlastung der Elbe und zur Reduzierung der Nährstoffeinträge in die Nordsee
leisten.
Betriebe als Indirekteinleiter In Berlin fliessen derzeit – bis auf
Abwasserteilströme der Rauchgasentschwefelungsanlagen in den Heizkraftwerken
Klingenberg, Reuter und Reuter West – alle gewerblichen und industriellen
Abwässer mit gefährlichen Stoffen in die öffentliche Kanalisation. Die
Indirekteinleiterverordnung regelt diese Einleitungen: 4.599 Betriebe und
Einrichtungen sind in einem EDV-gestützten Abwasserkataster erfasst und werden
überwacht. Seit 2001 sind dafür die Bezirke zuständig.
Nach Bundesgesetz müssen Amalgamemissionen (50 % Quecksilberanteil)
aus Zahnarztpraxen um 95 % verringert werden. Jede der ca. 3.400 Berliner
Praxen wurde dazu bis 1996 mit einem Amalgamabscheider ausgerüstet. Damit
reduzierte sich die Amalgamemission um 2,8 t/a.
Abwasser aus Krankenhäusern enthält halogenierte
organische Verbindungen (AOX), die in Kläranlagen nur schwer
abgebaut werden und bis ins Trinkwasser gelangen können. Ein Leitfaden des
Landes informiert die Krankenhäuser, wie sie Minderungsmaßnahmen eigenverantwortlich
erarbeiten und durchführen können. Gleichzeitig wurden AOX-
Reduzierungskonzepte zur Bedingung der Genehmigung nach der Indirekteinleiterverordnung
gemacht.
Anreizsysteme Mit der Abwasserabgabe und dem Grundwasserentnahmeentgelt bestehen in Berlin klare monetäre Anreize für Eigeninitiative im nachhaltigen Umgang mit Wasser. Beide haben ihre Wirksamkeit bewiesen – und sorgen für Einnahmen, die in weitere Maßnahmen investiert werden. In den Jahren 2000 bis 2002 waren das jeweils rund 9,6 Mio € aus der Abwasserabgabe, während die Berliner Wasserbetriebe im gleichen Zeitraum jeweils 48 Mio. €, Eigenförderer (z.B. Industriebetriebe oder öffentliche Einrichtungen) zwischen 3,8 und 2,0 Mio € und grundwasserfördernde Bauträger im Jahr 2000 3,7 und im Jahr 2002 6,9 Mio € an Grundwasserentgelt aufbringen mussten.
Grundwasserqualität Berlins Hydrogeologie bedingt die Unterteilung
des Süsswasserstocks in vier Grundwasserleiter. Seit 25 Jahren wird die Güte des Grundwassers zweimal im Jahr an
250 Messstellen überprüft. 1996 wurde ein neuer Kenngrößenkatalog eingeführt.
Er erfasst neben ph-Wert, Leitfähigkeit, Ionenkonzentrationen und
Summenkenngrößen nun auch die Konzentration von Schwermetallen,
Spurenelementen wie Arsen oder Cadmium, organischen Verbindungen und
mikrobiologische Untersuchungen. Besonders im zweiten Grundwasserleiter
überschreiten die Sulfatkonzentrationen häufig den Grenzwert der
Trinkwasserverordnung (240 mg/l). Dabei traten an einzelnen Messstellen Werte
von über 1000 mg/l auf. Maßgeblich trägt dazu die Auslaugung von Trümmer- und
Bauschutt bei, der nach dem Zweiten Weltkrieg im ganzen Stadtgebiet abgelagert
wurde. In die tieferen Grundwasserleiter ist diese erhöhte Sulfatfracht noch
nicht gelangt. Die Chloridgehalte zeigen einen gegensätzlichen Trend. Die geringsten
Konzentrationen finden sich nahe der Oberfläche, die höchsten dagegen im
dritten und vierten Leiter (max. 19 000 mg/l). Diese Versalzung der tiefen
Grundwasserleiter ist auf geogene Einflüsse aus dem tiefergelegenen
Salzwasserstock zurückzuführen.
Grundwassermanagement Von 1989 bis 2002 ist der jährliche Wasserverbrauch in Berlin um 159
Millionen Kubikmeter (42 %) gesunken, dabei fiel der Rückgang in den östlichen
Bezirken mit über 60 % noch drastischer aus. Weil weniger Trinkwasser gefördert
wurde, stieg das Grundwasser stadtweit an, besonders im Südosten Berlins.
Zum Schutz
vorhandener Siedlungsstrukturen wurden deshalb zwei Anlagen zur
Grundwasserregulierung errichtet: in Rudow eine mit 27 Brunnen und Ableitung
zum Teltowkanal (1997) und in Kaulsdorf eine mit einer 1,7 km langen
Druckrohrleitung vom Habermannsee zur Wuhle (1999). Zudem soll im Südosten die
Grundwasserförderung langfristig von derzeit rund 60 Mio. m³/a auf rund 90 Mio.
m³/a gesteigert werden. Damit wird hier 50% mehr Wasser gefördert, als regional
verbraucht wird. Der Überschuss wird an die Verbraucher in der westlichen
Stadthälfte geleitet. Dort muss die Förderung, aber auch die Anreicherung
entsprechend reduziert werden, um ausgeglichene Pegel zu erreichen. Deshalb
wurde das Wasserwerk Jungfernheide vorübergehend außer Betrieb genommen. Das
Wasserwerk Johannisthal (im Südosten) wird dagegen für die erhöhte Förderung
bis 2009 modernisiert. Ein gewünschter Synergieeffekt der stärkeren Förderung
im Gebiet von Johannisthal und Wuhlheide: die Sanierungsarbeiten im Großprojekt
Berlin können schneller erledigt werden.
Wasserschutzgebiete Im Herbst 1999 wurden
Wasserschutzgebietsverordnungen für Friedrichshagen, Buch,
Johannisthal/Altglienicke und Wuhlheide/Kaulsdorf erlassen. Damit wurden für
die Wasserversorgung wichtigen Gebiete dauerhaft unter Schutz gestellt. Insgesamt sind in Berlin
rund 230 km² als Schutzgebiet ausgewiesen und rund 25% des Stadtgebietes mit
Auflagen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung belegt. Da die unterirdischen Einzugsgebiete der Wasserwerke sich nicht an
politische Grenzen halten, verabredeten Berlin und Brandenburg, dass die
Federführung zur Ausweisung der Schutzzonen (auch auf dem Gebiet des
Nachbarlandes) immer bei dem Partner liegt, auf dessen Fläche das Wasserwerk
liegt. 2000 und 2001 wurden so auf Berliner Gebiet Schutzzonen ausgewiesen, die
sich aus der Trinkwasserversorgung Brandenburgs in Erkner, Eichwalde und
Staaken ergeben. Umgekehrt wurde in Brandenburg Gebiete geschützt, die das
Berliner Wasserwerk Friedrichshagen beliefern.
Gewässersanierung Wie die Altlastensanierung trägt auch
die Sanierung extrem belasteter Gewässer zum Grundwasserschutz bei. Die
wichtigsten Einzelprojekte dieser Art waren in den 90er Jahren die
Entschlammung des Teltowkanals (1995 bis 2000) und die seit 1995 laufende
Teilsanierung des Rummelsburger Sees, die im Herbst 2001 mit dem Einbau einer
Umwälzanlage zur Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse abgeschlossen wurde.
Die Berliner Luft ist in den letzten Jahren erheblich sauberer geworden. Erreicht wurde das durch Verbesserungen bei Heizungen und bei Anlagen in Industrie und Gewerbe: Heizungen und gewerbliche Feuerungsanlagen wurden von Kohle auf emissionsarme Brennstoffe wie Gas und leichtes Heizöl umgestellt, in Industrie und Gewerbe verringerten neue Technologien wie die Rauchgasreinigung bei Kraftwerken und die Stillegung älterer Anlagen die Emissionen. Damit ist indes die Luftverschmutzung durch den Verkehr immer stärker in den Vordergrund gerückt – obwohl auch hier durch strenge stufenweise Emissionsbegrenzungen für neue Kraftfahrzeuge und umweltfreundlichere Kraftstoffe bereits viel erreicht wurde.
Der Grad der Luftverschmutzung in Berlin wird anhand der Schadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Benzol, Ozon, Schwebstaub und Ruß beschrieben. Bei Staub unterscheidet man zwischen Schwebstaub und Feinstaub (PM10), der nur aus Partikeln unter 10 µm besteht. Da diese bis in die Lunge gelangen können, ist ihr Anteil am Schwebstaub gesundheitlich besonders problematisch. Betrachtet wird dabei meist sowohl der Jahresmittelwert (Dauerbelastung), als auch der 98%-Wert der Summenhäufigkeitsverteilung aller Messwerte eines Jahres, der kurzzeitige Spitzenbelastungen abbildet.
Grenz- und Richtwerte Beurteilungskriterien für Luftverunreinigungen (Grenz- und Richtwerte) sind in den unterschiedlichsten Gesetzeswerken notiert. 1999 brachte die 1. Tochterrichtlinie zur EU-Luftreinhalte-Rahmenrichtlinie eine drastische Verschärfung der Qualitätsansprüche. Die darin enthaltenen deutlich abgesenkten Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickoxide, Partikel und Blei wurden im Juli 2002 in Landesrecht übernommen und sollen je nach Stoff spätestens in den Jahren 2005 oder 2010 eingehalten werden. Seit Dezember 2000 liegt die 2. Tochterrichtlinie mit einem verschärften Grenzwert für Benzol (5 µg/m³ im Jahresmittel) und Kohlenmonoxid vor. Da die Richtlinie noch nicht in deutsches Recht übernommen wurde, gelten vorerst die Prüfwerte der 23. Verordnung.
In der 23. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom Dezember 1996 sind Grenzwerte für die Jahresmittel von Benzol und Ruß sowie den 98%-Wert von Stickstoffdioxid festgelegt – allesamt Verunreinigungen, die primär der Verkehr verursacht. Die Immissionswerte der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) sind in der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG festgehalten. Die MIK-Werte (Maximale Immissionskonzentrationen) sind in der VDI-Richtlinie 2310 so festgelegt, dass sie um einen Sicherheitsfaktor niedriger liegen als Werte, die nach derzeitigem Wissensstand bei empfindlichen Menschen zu Gesundheitsschädigungen führen können.
Berliner Luftgüte-Messnetz Der Senat kontrolliert den Schadstoffgehalt der Luft über das Berliner Luftgüte-Messnetz (BLUME) Es besteht aus 21 ortsfesten Stationen, zwei Stationen für Schadstoffmessungen in größerer Höhe, zwei meteorologischen Stationen und einem Messbus für den mobilen Einsatz. Von den Stationen werden die Schadstoffwerte im Drei-Minutentakt an die Zentrale übertragen, die daraus Halbstunden- und Tageswerte berechnet. An allen Stationen werden Stickoxide, an den meisten Schwefeldioxid und Schwebstaub, an 18 Kohlenmonoxid und an 10 Ozon gemessen. Fünf Stationen sind mit Geräten zur Messung von Benzol und Toluol ausgerüstet. Seit April 1997 führt die Senatsverwaltung ein spezielles Messprogramm zur Ermittlung der Schadstoffe Benzol, Ruß und Stickstoffdioxid an Berliner Straßen durch. Dazu wurden 30 platzsparende und preiswerte Probensammler an 26 Hauptverkehrsstraßen und vier Hintergrundstandorten eingerichtet. Sie sammeln Benzol und Ruß als Wochenproben, die im Labor analysiert werden. BLUME-Ergebnisse werden ständig aktuell auf einer großen Tafel im Foyer der Brückenstraße 6, im Internet, im Videotext von RBB und über einen telefonischen Ansagedienst (Tel. 0190270643) mit stündlichen Berichten veröffentlicht. Im Sommer gibt dieser Dienst auch Auskunft über die momentane Ozonbelastung.
Schwefeldioxid (SO2) Schwefeldioxid entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Schwefelverbindungen enthalten. 1999 sank der Durchschnittswert aller Messstationen auf 7 µg/m³. Er lag 2002 bei 5 µg/m³ und damit erneut selbst unter den neuen, verschärften EU-Grenzwerten. Die Belastung bleibt im ganzen Stadtgebiet homogen, nur in Straßennähe steigen die Werte – Ergebnis des heutigen Hauptverursachers Verkehr. Seit 1970 ist die SO2-Belastung um 96% gesunken – vor allem durch die Umstellung der Heizungen und den gesunkenen Schwefelgehalt in Brennstoffen. Die Modernisierung der Großkraftwerke in und um Berlin und der starke Rückgang der Schadstoffemissionen im Umland durch Betriebsstilllegungen und den Einsatz moderner Umwelttechnologie sind weitere Gründe.
Stickoxide (NOx) Seit 1987 ist die Stickstoffdioxid-Belastung in Berlin um etwa ein Drittel gesunken. In den Wohngebieten der Innenstadt lagen die Werte 2002 fast doppelt so hoch wie am Stadtrand. Dies und die deutlich höheren Werte an Straßen verweisen auf die Verursacher: In Berlin resultiert dieser Schadstoff zu zwei Dritteln aus dem Verkehr und zu einem Drittel aus Feuerungsanlagen, vornehmlich von Kraftwerken. Auch an den Straßen liegen die Konzentrationen indes noch deutlich unterhalb der Grenzwerte der TA Luft und des BImSchG. Die MIK-Werte wurden nur an der stark befahrenen Schildhornstraße in Steglitz und an der Silbersteinstraße in Neukölln überschritten, wo der 98 %-Wert bei 162 µg/m³ lag. Der neue EU-Grenzwert (40 µg/m³ im Jahresmittel) wird dagegen an den Hauptverkehrsstraßen noch nicht eingehalten.
Kohlenmonoxid (CO) Die Kohlenmonoxidkonzentration ist seit 1980 um 80 % zurückgegangen. Erreicht wurde das durch den Einsatz umweltfreundlicher Brennstoffe und die Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Katalysatoren erreicht.
Benzol Die Jahresmittelwerte von Benzol betrugen
1999 an den Hintergrundmessstationen der Innenstadt im Durchschnitt 2,30
µg/m³, an den Hauptverkehrsstraßen je nach Verkehrsaufkommen das anderthalb-
bis vierfache davon. An der Schildhornstraße wurde mit 9,1 µg/m³ der höchste
Wert ermittelt. Im Mittel aller Straßenmesspunkte ist die Belastung der beiden
Jahre 1999 und 1998 etwa gleich geblieben.
Ozon Ozon ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und wird nur selten direkt emittiert. Es bildet sich verstärkt an sonnigen und heißen Tagen durch chemische Reaktionen aus Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen. Wesentliche Quellen der Vorläuferstoffe sind der Kraftverkehr, Kraftwerke und Feuerungsanlagen, Industriebetriebe sowie der Gebrauch von Farben, Lacken und Lösemitteln. Die MIK- und EU-Werte für Ozon werden am Stadtrand häufiger überschritten als in den Bezirken Wedding, Mitte und Neukölln. Der Grund: Stickoxid- und Kohlenwasserstoffemissionen führen an Sommertagen erst in einem Abstand von etwa 20 bis 80 km vom Zentrum zu zusätzlicher Ozonbildung. In der Stadt verstärken dagegen paradoxerweise gerade die Stickstoffmonoxidemissionen des Verkehrs und der Heizwerke den lokalen Abbau von Ozon. Die Messergebnisse der Turmstation Frohnau zeigen, dass sich der nächtliche Ozonabbau auf die untersten Schichten der Atmosphäre (< 300m Höhe) beschränkt. Die Messreihe der letzten Jahre zeigt indes auch beim Ozon einen leicht abnehmenden Trend.
Schwebstaub Schwebstaubbelastung wird durch Feuerungsanlagen, Industrie- und Gewerbebetriebe, Güterumschlag, Bautätigkeit, Verkehr, Staubverwirbelung auf nichtbegrünten Flächen und natürliche Quellen verursacht. Seit 1984 ist sie in Berlin um 65% gesunken – vor allem durch den Wegfall vieler Kohleheizungen. Die erhebliche Bautätigkeit und die große Anzahl unbegrünter Freiflächen führten im Ostteil zu höheren Werten als im Westen. Die Werte der TA Luft und des BImSchG werden überall eingehalten. Der MIK-Wert für die Einstundenbelastung wird an einigen, vorrangig innerstädtischen und verkehrsbeeinflussten Stationen überschritten.
PM 10-Staub In der 1999 verabschiedeten EU-Richtlinie wurde ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ und ein maximaler Tageswert von 50 µg/m³ festgelegt, der an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Diese Grenzwerte beziehen sich aber nur auf PM10-Staub, d. h. den feinen lungengängigen Staubanteil mit einem Partikeldurchmesser unter 10 µm. In Berlin wurde PM10-Staub seit 1998 an zunächst drei, später sechs Stationen gemessen. Für die anderen Stationen wird der Anteil mittels eines Verhältnisfaktors aus den allgemeinen Schwebstaubwerten errechnet. Nur an der Schildhornstraße in Steglitz gab eine leichte Überschreitung des vorgesehenen Jahresgrenzwertes. Ungünstiger stellt sich die Situation bei der Beurteilung der Tagesmittelwerte dar. Hier lagen die Werte an allen Straßen und an den Wohngebietsmessstellen im Norden und Osten der Innenstadt um bis 30% über dem Grenzwert.
Ruß Ruß wird vorrangig durch Dieselverbrennung und zu etwa 20% durch Reifenabrieb verursacht. Die Werte auch der Rußbelastung sanken allein von 1998 auf 1999 um 11 % und nahmen auch 2000 weiter ab. Inzwischen ist an einigen Meßstelllen wieder ein Anstieg festzustellen. Neben diesen erst 1997 begonnenen thermographischen Messungen wird die Rußentwicklung auch mit dem unaufwändigen Black-Smoke-Verfahren kontrolliert, für das Zahlen seit 1988 zur Verfügung stehen. Sie belegen eine deutlich rückläufige Entwicklung: Im Schnitt wird die Berliner Luft an Straßen um 0,48 µg/m³, im innerstädtischen Hintergrund und 0,36 µg/m³ jährlich weniger belastet.
Straßennahe
Belastung Die
seit 1997 durchgeführten speziellen Schadstoffmessungen an Straßen erlauben es,
die Immissionsbelastung für das gesamte Berliner
Hauptstraßennetz mit einer Modellrechnung abzuschätzen. In Berlin muss - das ergeben
die Werte 2002 - in weniger als 1 % der Hauptstraßenabschnitte mit
Überschreitungen der Russ-Prüfwerte gerechnet werden. Bei Benzol gibt es keine
Überschreitungen der Prüfwerte der 23. BImSchV. Auch der strengere zukünftige
EU-Grenzwert von 5 µg/m³ wird nur an deutlich unter 1 % der Straßen nicht
eingehalten. Beim PM10-Staub werden die zukünftigen EU-Grenzwerte des
Jahresmittelwertes an weniger als 1 % der Hauptstraßenabschnitte überschritten,
während diejenigen für das Tagesmittel
sehr häufig (41 %) überschritten werden. Auch die zukünftigen
EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden an mehr als 10 % der Straßen nicht
eingehalten.
Emissionen Im Rückgang der Schadstoffwerte in der Luft spiegeln sich sinkende Emissionen wieder. Seit 1989 werden die Emissionen der typischen Verursachergruppen ermittelt: Industrie (genehmigungsbedürftige Anlagen), Kleingewerbe (nicht genehmigungsbedürftige Anlagen) Hausbrand und Haushalte, KfZ-Verkehr, sonstiger Verkehr und andere Quellen. Über die Jahre zeigt sich: Die Summe aller Emissionen ist deutlich zurückgegangen – in den 90er Jahren um mehr als die Hälfte. Bei Schwefeldioxid aber auch Kohlenmonoxid und Stäuben ist der Rückgang überdurchschnittlich.
Industrie Besonders relevante genehmigungsbedürftige Anlagen (wie Kraftwerke) werden kontinuierlich überwacht, ihre Emissionsdaten jährlich auf Basis der Messberichte fortgeschrieben. Die Emissionserklärungen der anderen Anlagen werden zur Zeit alle 4 Jahre aktualisiert. Bei kleineren Anlagen werden die Emissionen rechnerisch ermittelt. Die Emissionen der Industrie haben sich seit 1989 um 20 bis 80 % – je nach Schadstoff – verringert. Die Einführung der Rauchgasreinigung bei Kraftwerken, die Stilllegung veralteter Industrieanlagen – insbesondere im Ostteil Berlins – und der Ersatz kohlebefeuerter Anlagen hat besonders bei Schwefeldioxid, Stickoxiden und Kohlenmonoxid deutliche Erfolge erzielt.
Hausbrand Für den Hausbrand wurden für das Jahr 1994 erstmals ein Emissionskataster nach einheitlichen Erhebungsmethoden für den Ost- und Westteil der Stadt erhoben, und die Emissionen für jeden Häuserblock bestimmt. Die Emissionen sind bei Schwefeldioxid, Staub und Kohlenmonoxid seit 1989 besonders stark gesunken, weil viele Kohleheizungen durch Fernwärme, Gas- und Ölheizungen ersetzt wurden. Dieser Trend setzt sich durch neue Gasheizungen bis heute fort.
Verkehr Für den KfZ-Verkehr wurde auf Basis der Verkehrszählung 1998 ein Emissionskataster erstellt, das auch die Kaltstart- und Warmlaufphasen und den Reifenabrieb der Kraftfahrzeuge erfasst. Bei dieser Verursachergruppe sind seit 1994 deutliche Abnahmen zu verzeichnen; den starken Emissionsminderungen durch verbesserte Motor- und Abgasreinigungstechnik wirkt eine geringfügige Zunahme der Fahrleistungen entgegen. Am deutlichsten macht sich die moderne Abgasreinigungstechnik bei den Emissionen der organischen Gase bemerkbar. Dort sind die Werte seit 1994 um zwei Drittel gesunken. Der dieselbetriebene LKW-Verkehr hat in Berlin nach 1994 leicht abgenommen, was zu einer spürbaren Reduktion der Staubemissionen beitrug.
Kleingewerbe und sonstige In den Jahren 1994 bis 2000 zeigte sich eine erhebliche Reduktion der Kleingewerbe-Emissionen – durchschnittlich um 60%. Insbesondere machen sich hier die Emissionsminderungen bei Tankstellen bemerkbar.
Luftreinhalteplan Auf der Basis des 1993 erarbeiteten Luftreinhalteplans hat der Senat eine Vielzahl von Maßnahmen initiiert, die die spürbare Verbesserung der Berliner Luft erst möglich machten. Die Nachrüstung der Kraftwerke mit modernen Rauchgasreinigungsanlagen wurde im Westteil 1993, im Ostteil 1996 abgeschlossen. Im selben Jahr wurde die EBAG in die BEWAG integriert. Die im Heizkraftwerk Klingenberg nachgerüstete Entstickungstechnik reduzierte dessen Stickstoffoxidemissionen um mehr als die Hälfte. Durch die Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage verminderten sich die Schwefeldioxid-Emissionen von über 22.000 auf weniger als 1.700 t/a. Gleichzeitig sanken die Staub-Emissionen um mehr als 90%. 1997 nahm die BEWAG mit dem Heizkraftwerk Mitte eins der modernsten Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke in Betrieb. Von 1990 bis 1998 wurde so die SO2-Emissionen der Bewag-Anlagen um 88 %, ihre Stickoxid- Emissionen um 82 % gesenkt.
Im Westteil der Stadt war die Sanierung genehmigungsbedürftiger Altanlagen in der Industrie nach TA Luft 1994 abgeschlossen. Auch im Ostteil der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt Hauptverursacher wie die Produktionsstätten der Berlin Chemie im Südosten, die Müllverbrennungsanlage Lichtenberg und die Elektrokohle Lichtenberg bereits stillgelegt. Heute sind die 1989 im Ostteil der Stadt vorhandenen ca. 600 genehmigungsbedürftigen Braunkohlefeuerungsanlagen zu 90% entweder auf Erdgas, Heizöl oder Anthrazitkohle umgerüstet oder stillgelegt und an das Fernwärmenetz der BEWAG angeschlossen.
Kraft-Wärme-Koppelung Andernorts wird in Heizkraftwerken entstehende, nicht mehr zur Stromerzeugung brauchbare Abwärme über Kühltürme und/oder Gewässer abgeleitet. Die Berliner Stromversorgung setzt dagegen auf die Kraft-Wärme-Koppelung, bei der diese Abwärme über ein Fernwärme-Rohrsystem zur Beheizung von Wohnungen genutzt wird – nicht nur beim Heizkraftwerk Mitte, das etwa die Neubauten am Potsdamer Platz so mit Wärme versorgt. Die dezentrale Kraft-Wärme-Koppelung hat sich aufgrund des preiswerten Erdgases, durch Förderung und die Anwendung innovativer Planungstechniken in den 90er Jahren auch sonst deutlich ausgeweitet. Mit klein- und mittelständigen Betreibergesellschaften und der GASAG agieren zunehmend neue Akteure auf dem Gebiet der Wärme- und Stromversorgung. 1999 waren in Berlin 62 Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von rund 71 MW in Betrieb.
Heizungen Der Absatz von Braunkohlenbriketts hat ganz erheblich abgenommen. Zunächst 1994, in einem zweiten Schritt 1997 verschärfte Bestimmungen für Kleinfeuerungsanlagen haben zu einer schrittweisen Modernisierung veralteter Heizanlagen geführt, die weitergeht. In den noch verbliebenen Kohleöfen im Ostteil der Stadt wird zudem seit 1991 schwefelärmere Braunkohle verfeuert. Das senkte die Schwefeldioxid-Emission aus Hausbrand um rund 10 %.
Chemische Reinigungen In Berlin gibt es rund 100 Standorte, an denen Maschinen zur chemischen Reinigung von Textilien mit organischen Lösemitteln betrieben werden. Mit dem in Deutschland üblichen Stand der Technik werden die 1999 in einer EU-Richtlinie über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC-Richtlinie) niedergelegten Bestimmungen mit einer zulässigen Gesamtemission von 2 % des Gewichts der gereinigten Ware problemlos erfüllt.
Tankstellen Beim Tanken und beim Auffüllen der Tankstellenlager entweichen etwa 0,5 % des Flüssigvolumens als Benzindampf. Mit dem Prinzip der Gaspendelung werden diese Dämpfe aufgefangen und in den Tankwagen zurückgeführt. Beim eigentlichen Tanken übernimmt diese Aufgabe ein in das Zapfventil integrierter Gasrückführschlauch. Dadurch werden die Emissionen an Tankstellen um 80% reduziert– in Berlin entspräche das bei rund 400 öffentlichen Tankstellen und einem Durchschnittsumsatz von rund 1 Mio m³ Benzin einer Reduktion der freigesetzten Dämpfe von 2.800 auf 560 t/a. Da nach der Einführung bundesweit bei 50 % Prozent der Saugrüssel Mängel auftraten, wurde vereinbart, dass die Mineralölwirtschaft ab 2000 häufigere Kontrollen und eine Ausbildung des Tankstellenpersonals gewährleistet.
Abgasvorschriften
für Kfz Die
letzte Verschärfung der Abgasnormen für Kfz trat 2000 in Kraft. Benzin- und
Dieselfahrzeuge müssen seither die strengere EURO III Norm, ab 2005 die
nochmals verschärften EURO IV Grenzwerte einhalten. 1994 wurden in Berlin noch
47% der PKW-Fahrten in Fahrzeugen mit geregeltem Katalysator, 16 % in
Dieselfahrzeugen zurückgelegt.
1999 war der Katalysator-Anteil auf 73 % angestiegen, der Dieselanteil auf 15 %
gesunken.
Rußfilter können den Ausstoß der krebserregenden Dieselpartikel erheblich verringern. Zur Einhaltung der bisherigen Emissionsgrenzen sind sie allerdings nicht erforderlich. Erst mit den ab 2005 zu erfüllenden Standards wird die breite Verwendung bei schweren Nutzfahrzeugen wahrscheinlich. Dennoch rüstete die BVG – auf der Basis einer Vereinbarung mit dem Senat – bereits bis Ende 2001 ihre 1200 Busse mit solchen Rußfiltern aus und verwendet seit 1999 ausschließlich schwefelfreies Diesel. Die Bedeutung dieser Maßnahmen wird klar, wenn man zugrundelegt, dass die Fahrzeugflotte der BVG jährlich 42 Mio l Kraftstoff verbraucht – immerhin ein Sechstel des Berliner Gesamtbedarfs.
Erdgas als Kraftstoff Derzeit ist kein alternativer Kraftstoff für Verbrennungsmotoren erkennbar, der bei relativ geringen Kosten ein vergleichbares Potential zur Minderung der Schadstoffemissionen eröffnet wie Erdgas. Um die Verbreitung von Gasfahrzeugen zu forcieren, hat der Senat mit dem Bundesumweltministerium und der Berliner GASAG im Oktober 2000 das Modellprojekt TUT – Tausend Umwelt-Taxis für Berlin gestartet. Innerhalb dieses Projektes sollen insgesamt 1000 erdgasbetriebene Taxen und 100 Fahrschulwagen über Berlins Straßen rollen. Sie erfüllen die erst ab 2005 verbindliche Abgasnorm EURO IV und sind mit lärmarmen Reifen ausgerüstet. Die ersten 400 Umwelt-Taxis erhalten einen Zuschuss, der mit zunehmender Zahl von Anträgen abnimmt. Derzeit sind 116 Taxen und 34 Fahrschulwagen auf Gasbasis unterwegs. Zur Versorgung dieser Erdgasfahrzeuge wurden 12 neue Erdgastankstellen in Berlin eingerichtet. Der Gaspreis liegt mindestens 30 % unter dem vergleichbaren Dieselpreis. Im Rahmen des Modellprojekts wird so in kurzer Zeit ein flächendeckendes Netz von Erdgastankstellen aufgebaut.
Verkehrssteuerung Die wirksamen
Maßnahmen bei Anlagen in Industrie und Gewerbe und bei Heizungen ließen die
Luftverschmutzung durch den Verkehr immer mehr in den Vordergrund treten,
obwohl durch strenge Emissionsbegrenzungen für neue Fahrzeuge und verbesserte
Kraftstoffe bereits viel geschehen ist. Die Verkehrszunahme in Berlin verschärft
dieses Problem. In Zukunft werden deshalb Maßnahmen von Bedeutung sein, die
nicht bei den Einzelemissionen der Fahrzeuge ansetzen, sondern den Verkehr insgesamt
in Richtung Nachhaltigkeit steuern – mit entsprechenden, positiven
Auswirkungen auf die Berliner Luft.
Lärm ist noch immer eine Kehrseite der an sich nachhaltigen Dichte großer Städte. Das liegt indes vor allem an einem Verkehrsverständnis, das in den Tagen der Nachhaltigkeit antiquiert anmutet. Straßenlärm ist indes nicht nur ein Ärgernis, sondern hat gravierende soziale und ökonomische Folgen: Er macht krank: Psychische und vegetative Störungen sind nicht selten die Folge dauerhafter Lärmbelästigung. Untersuchungen belegen, dass die Behandlung dieser Krankheitsfälle Jahr für Jahr erhebliche Kosten verursacht. Auch der Wert von Immobilien wird durch Lärm erheblich verringert. Dennoch ist das Problembewusstsein relativ schwach ausgeprägt. Obwohl sich bundesweit mehr als 70 % der Bevölkerung durch Straßenlärm belästigt fühlen, ist nur eine Minderheit bereit, das eigene Verhalten entsprechend zu ändern.
Hauptquelle Verkehr In Berlin ist der Verkehr, und hierbei wiederum vor allem der motorisierte Individualverkehr, Hauptverursacher von Lärm. Im Vergleich zum Verkehr sind die weiteren Lärmquellen eher nachrangig: die anhaltende Bautätigkeit, die wachsende Zahl sportlicher und kultureller Großveranstaltungen, Sport- und Freizeitanlagen oder Industrie und Gewerbe, deren Einfluss durch den Strukturwandel eher rückläufig ist. Eine Aussage zur Entwicklung des Verkehrslärms in den letzten zehn Jahren, die für das gesamte Stadtgebiet Berlins gültig wäre, lässt sich angesichts gegenläufiger Faktoren nicht treffen: Zwar hat der Verkehr erheblich zugenommen – ehemals stillgelegte Strecken und Straßen gingen wieder in Betrieb, andere werden stärker genutzt –, doch wurden andererseits durch die Gleissanierung von Fern-, S- und Straßenbahn, leisere Fahrzeuge und erneuerte Straßenbeläge erhebliche Entlastungen erreicht.
Lärm an Straßen Als gesundheitlich bedenkliche Schwellenwerte gelten Belastungen ab 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht. Eine Innenstadtstudie im Auftrag des Senats, mit der die Lärmbelastungen auf den 260 km langen Hauptnetzstraßen innerhalb des S-Bahnrings erfasst wurde, brachte 1990 erschreckende Ergebnisse: Bei 95% der betroffenen Wohnungen wurde tags der Wert von über 65 dB(A) überschritten. Die Untersuchung wurde daraufhin auf die weiteren Hauptnetzstraßen der Stadt ausgeweitet. So entstand die Karte "Straßenverkehrslärm an der Straßenrandbebauung“ für das übergeordnete Straßennetz. Sie zeigt heute folgende Belastungssituation: Die Lärmimmission beträgt am Tag bei 60 % der bebauten Straßenseitenlängen mehr als 65 dB(A), nachts werden an 80 % der Strecken mehr als 55 dB(A) gemessen. In den Wohnungen entlang der 1.480 km langen Randbebauung von Hauptverkehrsstraßen sind damit tags 220.000 Personen (das entspricht 63 % der vom Verkehrslärm betroffenen) und nachts mehr als 280.000 Personen (80%) Lärmbelastungen ausgesetzt, die die genannten Richtwerte übersteigen.
Lärm an Schienenwegen An den Schienenwegen waren erheblich weniger Berliner von gesundheitsrelevanten Lärmpegeln betroffen als an den Straßen. Das zeigt eine weitere Lärmkarte, die für die Belastung an den Gebäuden entlang der Fern- und S-Bahn sowie der oberirdischen U-Bahn-Strecken erarbeitet wurde. 239 km der 1998/99 untersuchten 492 km Streckenseiten im Schienennetz sind mit Wohngebäuden bebaut. An 27 % dieser bebauten Abschnitte liegt der Lärmpegel tags über 65 dB(A), an 55 % nachts über 55 dB(A). Deutlich geringer als beim Straßenverkehr ist auch die Zahl der betroffenen Anwohner: Über 65 dB(A) tags sind ca. 7.000, über 55 dB(A) nachts ca. 15.000 Anwohner ausgesetzt. Belastungen treten dabei besonders an innerstädtischen Streckenabschnitten und am Berliner Außenring auf. Im Bereich der dicht und mit geringem Abstand bebauten Stadtbahn werden Pegel von über 70 dB(A), an Stahlbrücken mit mehr als 75 dB(A) die höchsten Werte erreicht. Erhebliche Belastungen gehen auch von den Viaduktstrecken der U-Bahn aus. Im S- und U-Bahnverkehr stellen die nächtlichen Betriebspausen eine gewisse Entlastung dar. Mit dem weiteren Ausbau der Schienenstrecken, der Inbetriebnahme bisher stillgelegter Strecken und mit einer dichteren Zugfolge wird der Schienenverkehr größere Berliner Wohnbereiche erheblich stärker und andere neu mit Lärm belasten.
Fluglärm Obwohl der Luftverkehr zunahm, ist in den letzten Jahren die Belastung durch Fluglärm eher gesunken. Der Grund: Seit 1994 dürfen in Tegel keine lauten Flugzeuge starten oder landen. Da der Verkehr in Tegel aber weiter zunimmt, wird auch die Lärmbelastung wieder steigen. Eine nachhaltige Entlastung des Stadtgebietes wird deshalb nur die Bündelung des Flugverkehrs im neuen Flughafen Berlin Brandenburg International sichern.
Verkehrslärmkataster Die Daten der Straßen- und der Schienenverkehrslärmkarte, Erhebungen zu den betroffenen Gebäuden und Bewohnern, topographische Daten zur Schallausbreitung und relevante technische Daten zu Straßen und Straßenbahntrassen sind im Berliner Verkehrslärmkataster zusammengefasst, das regelmäßig – zuletzt 2002 – aktualisiert wird. Diese Datenbank liefert damit wichtige Planungsdaten, ermöglicht Analysen und thematische Vertiefungen, etwa zur räumlichen Verteilung des Lärms.
Verkehrsimmissionskataster Durch die Integration von Daten zu verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastungen ins Verkehrslärmkatasters entstand das aktuelle Verkehrsimmissionskataster. Dabei werden soweit vorhanden auch Belastungsdaten zu den Nebenstraßen eingeschlossen. Nebenstraßen stellen ca. 75 % des Gesamtnetzes mit einer Länge von 3.900 km. In den Bezirken Prenzlauer Berg, Köpenick, Mitte, Pankow, Spandau, Charlottenburg, Hohenschönhausen, Friedrichshain und Lichtenberg wurden Lärmbelastungen auch in Nebenstraßen erfasst. Die Senatsverwaltung hat dafür Verfahren entwickelt, die die Erhebung vor Ort erheblich erleichtern. Die Messungen zeigten: Stellenweise liegen auch in Nebenstraßen – etwa durch schadhaftes Großsteinpflaster – die Pegel vergleichbar hoch wie im übergeordneten Straßennetz.
Ressortübergreifende Planungen Der wirksamste Lärmschutz liegt in der planerischen Vorsorge, die Lärm vermeiden oder zumindest minimieren kann. Lärmschutz wird so zur interdisziplinären Planungsaufgabe mit der langfristigen Perspektive einer nachhaltigen Sicherung städtischer Lebensqualität. Werkzeuge dazu sind Stadtentwicklungs-, Verkehrs- und Umweltpolitik. So wird im SteP Verkehr die Minderung der Lärmbelastung für Anwohner von Hauptverkehrsstraßen durch Dämpfung der Verkehrsnachfrage und der Motorisierung und durch die Förderung von ÖPNV, Fußgänger- und Fahrradverkehr angestrebt. Weniger Verkehr heißt weniger Lärm. Und die Verlagerung auf Schiene und Wasser stellt auch in Bezug auf Lärm eine nachhaltige Option dar. Die Potentiale einer solchen modifizierten Verkehrspolitik sind beträchtlich, wie Modellrechnungen belegen: Pegelwerte über 65 dB(A) nachts lassen sich damit in bestimmten Bereichen vermeiden, mindestens 75.000 Anwohner werden nachts um 5 dB(A) weniger belastet. Auch im LEPeV wurde der Anspruch auf Lärmvorsorge festgeschrieben. Das Prinzip der Siedlungsentwicklung an schienenerschlossenen Punkten bündelt lärmintensive Verkehrstrassen.
Eine
nachhaltige Entlastung Berlins vom Fluglärm kann nur durch die Schließung der
innerstädtischen Flughäfen erreicht werden. Bei der Planung für den Ausbau des
Flughafens Schönefeld zum Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI)
wurde im LEP
Standortsicherung Flughafen eine über
bundesweite Kriterien hinausgehende Ausdehnung der Zonen durchgesetzt, in denen
die Siedlungsplanung beschränkt wird. Während in der besonders lauten Zone I
eine Neuausweisung von Wohngebieten besonders schutzbedürftigen Einrichtungen
generell ausgeschlossen wird, sind in der Zone II solche Ausweisungen nur
unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig.
Das Planwerk Innenstadt trifft Vorsorge durch die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit und die Verlagerung des Verkehrs aus der Innenstadt. Weil Lücken der Straßenrandbebauung geschlossen werden, können Hofräume vom Straßenlärm abgeschirmt werden. Weitere Lärmschutzvorsorge hat die Senatsverwaltung schließlich auch in Planfeststellungsverfahren durchsetzen können.
Minderung von Straßenlärm In den Bereichen Straßenbau, Verkehrsregelung und Fahrzeugverbesserungen lassen sich weitere Schritte zur Lärmminderung umsetzen. Eine Straßendecke mit Großsteinpflaster etwa hat gegenüber einer Asphaltdecke einen um 5 dB(A) höheren Lärmpegel, der bei schadhaftem Zustand noch höher liegen kann. Auch die vielfach schadhafte Betongroßverbundplatte für das Gleisbett der Straßenbahn hebt die Emissionspegel um 5 bis 8 dB(A) an. Pflege, Reparatur und wo nötig Asphaltierung von Pflasterstrecken vor allem auf Hauptnetzstraßen mit Wohnnutzung sind deshalb eine naheliegende Maßnahme zur Lärmminderung an Straßen.
Tempo-30-Zonen Tempo-30-Zonen spielen bei der
Lärmminderung eine wichtige Rolle. Untersuchungen und Modellprojekte zeigen,
dass eine Minderung um
3 dB(A) möglich ist, wenn das Tempolimit nicht zu stark überschritten wird.
Diese Lärmminderung ergibt sich vor allem, weil rasche Beschleunigungen
entbehrlich werden. Zudem verringert sich die subjektive Lärmbelästigung der
Anlieger durch den Wegfall von Geräuschspitzen.
LKW Fahrverbote Im Modellversuch Verkehrslärmschutz, der Mitte 1999 begann, wurde auf sieben dicht bewohnten, lauten Hauptverkehrsstraßen nachts Tempo 30 vorgeschrieben, an zwei Abschnitten ein LKW-Nachtfahrverbot verfügt, von dem nur geräuscharme LKW ausgenommen waren, und für zwei Straßenzüge andere LKW-Routen empfohlen. Wichtiger als der entfallende Fahrlärm war dabei die Verringerung der durch polternde und klappernde Aufbauten erhöhten Maximalpegel. Obwohl die Pegelminderungen weniger als 2 bzw. 3 dB(A) betrugen, zeigten sich die Anwohner mit dem Ergebnis ausgesprochen zufrieden.
Bündelung des Verkehrs Allgemein wird man erwarten, dass dort, wo besonders hohe Belastungen vorliegen, auch zuerst Abhilfe geschaffen werden muss und kann. Verkehrslärmschwerpunkte sind jedoch vielfach Hauptverkehrsstraßen mit einer überdurchschnittlich hohen Auslastung (über 50.000 Kfz/24h). Eine Halbierung dieser Zahl würde aber nur zu einer Reduzierung um 3 dB(A) führen. Um die Schwellenwerte zu erreichen, dürften selbst die großen Magistralen von nicht mehr als 3.000 bis 5.000 Autos pro Tag befahren werden. Das ist nicht realisierbar. Zudem würden die Verkehrsströme in bisher ruhige Nebenstraßen abgedrängt. Eine noch stärkere Bündelung des Kfz-Verkehrs auf den Hauptverkehrsstraßen könnte dagegen eine erhebliche Entlastung anderer Straßen bewirken, ohne dass der Lärm in den schon hochbelasteten Straßen merklich zunehmen würde. Daraus ergeben sich schwierige Fragen bei der Abwägung, welche auch nur geringen Lärmerhöhungen an bereits sehr hoch belasteten Straßen vertretbar sind, um andere zu entlasten.
Fahrzeugtechnik Lärmemissionen von Pkw bei 50 km/h sind spätestens ab Mitte der 90er Jahre auf die Größenordnung des Rollgeräusches durch Reifen und Fahrbahn gesenkt worden. Eine weitere Reduzierung der Motor-, Getriebe- und Auspuffgeräusche würde sich kaum bemerkbar machen. Die Reifenindustrie darf nach EU-Richtlinien ab 2001 nur noch lärmgeminderte Reifen anbieten, viele Produkte namhafter Hersteller weisen schon heute geringere Werte auf, als die EU vorschreiben wird. In wenigen Jahren wird die Umrüstung aller Kfz abgeschlossen sein und eine leichte Reduzierung bewirken.. Bei Nutzfahrzeugen wirkt sich die seit 1996 geltende Senkung der EU-Grenzwerte für Geräuschemissionen erst mittelfristig aus, da Lkw und Busse nur alle sechs bis 12 Jahre erneuert werden.
Passiver Verkehrslärmschutz Neben stadtplanerischen Mitteln sind konkrete bauliche Maßnahmen des passiven Schallschutzes möglich, die auf Eigeninitative der Investoren und Eigentümer verwirklicht werden müssen, solange eine Förderung nicht finanzierbar ist. Dazu zählt die geeignete Gestaltung von Grundrissen (Wohn- und Schlafräume auf der straßenabgewandten Seite) aber auch die Lärmdämmung der Fassaden. Experten schätzen, dass in Berlin ein Nachrüstungsbedarf von mindestens 150.000 Schallschutzfenstern besteht. Das entspricht einem Investitionsvolumen von rund 100 Mio €.
Baulärm Der zunehmende Straßenverkehr, besonders der Schwerlastverkehr, trägt zu schnellerem Verschleiß der Verkehrsbauten bei. Zudem müssen Versorgungsleitungen saniert und modernisiert werden. Straßenbaustellen sind die Folge, die nicht nur für Autofahrer ein Ärgernis darstellen. Die an den Baustellen entstehenden Staus belasten mit Lärm und Abgasen die Anwohner. Die Senatsverwaltung koordiniert die Baumaßnahmen mit dem Ziel, Beeinträchtigungen für den Verkehr so gering wie möglich zu halten. Bei Wartungsarbeiten an Straßenbahngleisen (laut BVG müssen allein in Mitte pro Jahr 330 Baustellen für Schienenschleif- und Schweißarbeiten eingerichtet werden) und Straßenbaustellen müssen die notwendigen Arbeiten aus Rücksicht auf den Verkehrsfluss in den späten Abend- und Nachtstunden durchgeführt werden. Zum Schutz der Anwohner werden die ausführenden Firmen verpflichtet auf eine Arbeitsnacht eine Ruhenacht folgen zu lassen und lärmintensive Arbeitsabläufe bis Mitternacht zu beenden.
Bei Baustellenkontrollen im privaten Hoch- und Tiefbau wird die Einhaltung gesetzlicher Lärmschutzbestimmungen überprüft, bei Ausnahmezulassungen der Einsatz lärmarmer Fahrzeuge und Verfahren (Betonbeißer an Stelle von Aufbruchhämmern; Rüttel-,Vibrations- bzw. Pressverfahren an Stelle von Rammverfahren; etc.) vorgeschrieben. Nicht immer jedoch lassen sich die Lärmprobleme auf diesem Weg lösen.
Die Senatsexperten fungieren
deshalb regelmäßig als Moderatoren und Berater bei großen und kleinen Vorhaben,
wie 1997 bei der Sanierung der U-Bahnbrücke am Gleisdreieck, 1998 beim Abriss
eines Bunkers in Zehlendorf, oder bei den Bauvorhaben am Potsdamer Platz, für
die der Senat Ausnahmezulassungen nach der Lärmverordnung erst erteilte, nachdem
eine vertragliche Lösung zwischen Anwohnern und Bauherren gefunden war.
Großveranstaltungen Rings um Waldbühne und Olympiastadion wurde der Verkehr an- und abfahrender Besucher dadurch reduziert, dass das Veranstaltungsticket gleichzeitig zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel berechtigt. Wohnstraßen im Umfeld der Veranstaltungsorte werden für den motorisierten Besucherverkehr gesperrt. Zudem moderiert der Senat auch hier zwischen Betroffenen und Verursachern und hilft gemeinsame Lösungen zu finden.
Schankgärten und Straßencafés In Berlin besteht lediglich zwischen fünf und sechs Uhr morgens eine gaststättenrechtliche Sperrzeit. Für den Betrieb von Schankgärten insbesondere nach 22 Uhr ist jedoch eine besondere Genehmigung erforderlich, wenn es zu Störungen kommen kann. Trotz der Novellierung der Berliner Lärmverordnung im Jahre 1994, durch die der Spielraum für Ausnahmezulassungen während der Abend- und Nachtzeit erweitert wurde, ergaben sich immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Gastwirten, Anwohnern und Behörden. In einem Gespräch zwischen Vertretern der Hotel- und Gaststätteninnung, bezirklichen Umweltämtern und dem Senat wurde vereinbart, in Konfliktfällen Ausnahmezulassungen an die Auflage zu knüpfen, dass die Schankvorgärten von Sonntag bis Donnerstag um 23 Uhr, an Freitagen und Sonnabenden um 24 Uhr schließen und die Lärmbelastung während der gesamten Betriebszeit den Richtwert für die Tagzeit nicht überschreitet. Zusätzlich soll im Konfliktfall von den Bezirken ein Clearingverfahren zwischen Gaststätte und den Anwohnern installiert werden. Diese Vereinbarung ist jedoch durch jüngste gerichtliche Entscheidungen in Frage gestellt.
Lärmminderungsplan In Modellprojekten für bezirkliche Teilräume eines stadtweiten Lärmminderungsplans entwickelt der Senat derzeit zur stadtweiten Eindämmung des Verkehrslärms konkrete Einzelmaßnahmen und einen mittel- und längerfristig auszufüllenden Maßnahmenkatalog.
Anfang der 90er Jahre war allerorten noch von einer Mülllawine und drohendem Entsorgungsnotstand die Rede. Eingetreten ist das Gegenteil: Die Abfallmengen sind gesunken, immer mehr Abfall wird wiederverwendet, immer weniger muss entsorgt werden. Die auf Basis der Prognosen bundesweit ausgebauten Verbrennungskapazitäten sind nicht auszulasten. Berlin hat darauf reagiert und die Abfallwirtschaftsplanung grundlegend verändert.
Das
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes von 1994 wurde im
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin vom 21. Juli 1999 vertieft, das
seither den gesetzlichen Rahmen für die Abfallwirtschaftsplanung in Berlin
bildet. Leitbild ist eine nachhaltige, ökologisch orientierte
Kreislaufwirtschaft mit der deutlichen Pflichtenhierarchie: Abfallvermeidung
vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung.
Siedlungsabfälle Als Siedlungsabfälle werden Hausmüll, Sperrmüll, Geschäftsmüll, Gewerbeabfall und Straßenkehricht betrachtet. In Berlin fielen 2002 rund 1.674.000 t Siedlungsabfälle an. Pro Einwohner und Jahr entspricht das einer Menge von 493,7 kg. Über ein Drittel (629.000 t) dieser Siedlungsabfälle wurde einer Verwertung zugeführt, 1.045.000 t wurden beseitigt. Hausmüll verursacht etwas über die Hälfte der Siedlungsabfälle. Durchschnittlich erzeugte jeder Einwohner Berlins im Jahr 2002 etwa 288 kg Hausmüll. Den Hauptbestandteil davon bildet Bioabfall (Küchen- und Gartenabfälle) mit 38 %, der Verpackungsanteil liegt bei 21 %.
Die
verwertbaren Abfälle wurden zum überwiegenden Teil über Recyclingcontainer im
öffentlichen Straßenland (Bringsystem) oder über Behälter am Haus (Holsystem)
getrennt erfasst. Verwertet wurden so vor allem Papier/Pappe/Karton, Glas und
Leichtverpackungen (über die Duale System Deutschland (DSD)) aber auch
Bioabfall, Altbatterien und Alttextilien verwertet. Die flächendeckende
Einführung der Biotonne, die 1996 begann, führte zu stetigen Steigerungen der
Sammelergebnisse. Inzwischen sind 80% der Haushalte an die getrennte Sammlung
der Bioabfälle angeschlossen.
Das
Brutto-Siedlungsabfallaufkommen reduzierte sich von 1994 bis 2002 um fast 23%.
Dazu beigetragen hat neben den sinkenden Einwohnerzahlen, dem wirtschaftlichen
Strukturwandel und den daraus resultierenden Veränderungen der
Gewerbeabfallentwicklung auch ein verändertes Umweltbewusstsein der
Gesellschaft: Die Maßnahmen zur Abfallvermeidung zeigen Wirkung. Die Verwertungsquote
stieg auf 37,6 % im Jahr 2002 – gegenüber 1994 ein Quotenzuwachs um 21 %. Der
Anteil der beseitigten Siedlungsabfälle reduzierte sich von 1994 bis 2002 um
42,6 %.
Rund
512.000 t davon wurden in der bestehenden Müllverbrennungsanlage Ruhleben
thermisch behandelt. Damit werden etwa 49 % der beseitigten Siedlungsabfälle
thermisch behandelt und 51 % im Land Brandenburg deponiert. Die am 1. März 2001
in Kraft getretene Ablagerungsverordnung (AbfAblV) verbietet die Deponierung
unbehandelter Siedlungsabfälle aus Haushalten und Gewerbe ab 1. Juni 2005.
Bauabfälle In Berlin sind 2002 rund 4.730.000 t nicht besonders überwachungsbedürftige Bauabfälle angefallen. Das Gesamtaufkommen hat sich damit im Vergleich zu 2001 (5.031.000 t) nach Jahren drastischer Rückgänge kaum verändert. 2001 betrug der Rückgang gegenüber 2000 noch 16 % (von vergleichsweise 1998 zu 1997 sogar 40 %). Die drastischen Rückgänge Ende der 90er Jahre sind u.a. auch auf die Entwicklung im Wohnungsneubau zurück zuführen – von 32.965 fertiggestellten Wohnungen 1997 über 9.061 Wohnungen 2000 auf 5.182 Wohnungen 2002. Hinzu kommt, dass der relativ hohe Anteil der Sondermaßnahmen am Potsdamer Platz, Spreebogen etc. deutlich zurückgegangen ist. Dadurch sank die Bodenaushubmenge auf 2.051.000 t im Jahr 2002. Dank kostengünstiger Verwertungswege werden zudem immer weniger Bauabfälle auf Deponien beseitigt: Waren es 1997 noch 1.100.000 t, sank diese Menge 2000 auf 142.200 t und erreichte 2002 einen Stand von 76.000 t. Im Jahr 2002 wurden damit ca. 2 Prozent der Bauabfälle beseitigt.
Etwas
98 % der Bauabfälle wurden 2002 somit verwertet. Die für das Jahr 2010 im
Abfallwirtschaftsplan Berlin – Teilplan Bauabfall noch 1999 prognostizierten Verwertungsquoten für die
Abfallfraktionen Bodenaushub (96 %) und Bauschutt (84%) wurden 2002 mit
99 % für Boden und Steine und 98 % für Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik
bereits deutlich überschritten.
Sonderabfälle Im Land Berlin fielen im Jahr 2001 rund 629.000 t besonders überwachungsbedürftiger Abfälle an. Auf dem Papier ist die Menge dieser Sonderabfälle damit seit 1995 um 88 % gestiegen. Das liegt indes an einer neuen Einteilung: Seit 1997 werden auch verunreinigte Bauabfälle den besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zugeordnet. Allein von 2000 bis 2001 verursachten Aushübe von Großbaustellen im Zentrum oder Entschlammungsmaßnahmen eine Zunahme von Bauschutt und Erdaushub mit schädlichen Verunreinigungen um 29 %. Diese Bauabfälle machten im Jahr 2001 88 % der überwachungsbedürftigen Abfälle aus. Ohne Bauabfälle sanken die Mengen im Jahr 2001 nach einem stetigen Anstieg bis 1998 auf ein Maximum von 121.000 t noch unter die Werte von 1995.
Der Anteil produktionsspezifischer Abfälle am Gesamtaufkommen beträgt 12 % und setzt sich vor allem aus Ölabfällen, Abfällen aus Abfallbehandlungsanlagen, Abfällen aus Prozessen der mechanischen Formgebung und Oberflächenbearbeitung sowie aus anorganischen Abfällen aus thermischen Prozessen zusammen. Letztere sind im Jahr 2001 weiterhin um 39 % gestiegen, sie trugen allerdings nur zwei Prozent zum Gesamtaufkommen bei.
Die
Gesamtabfallmenge wurde 1995 und 1996 primär aus Abfällen von Mineralöl- und
Kohleveredelungsprodukten gebildet, seit 1997 stellen Bauabfälle den
Hauptanteil. 1998 folgten an zweiter Stelle die Stoffgruppe der Oxide,
Hydroxide und Salze, sowie anschließend Abfälle aus der Wasseraufbereitung,
Abwasserreinigung und Gewässerunterhaltung. Dagegen fielen von 1999 bis 2001
die zweitgrößten Mengen in der Stoffgruppe der Ölabfälle an, gefolgt von Abfällen
aus Abfallbehandlungsanlagen, öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen und der
öffentlichen Wasserversorgung. Letztgenannter Anteil ist bedingt durch die
Entschlammung des Teltowkanals.
Rund 90
% der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle wurden Beseitigungsverfahren
mit ökologisch begründeten hohen technischen Standards zugeführt. Verwertet
werden konnten vor allem die Bau- und Abbruchabfälle, gefolgt von anorganischen
Abfällen aus thermischen Prozessen sowie Ölabfällen.
Die Altölmengen gingen nach einer Steigerung von 1997 bis 1999 im Jahr 2001 auf rund 28.000 t zurück. Den mengenmäßig größten Anteil in dieser Gruppe stellten im Jahr 2001 halogenfreie Bearbeitungsemulsionen mit 7.000 t. Schlämme aus Einlaufschächten (Sandfangrückstände) mit 6.600 t, gefolgt von nicht chlorierten Maschinen-, Getriebe- und Schmierölen mit 5.400 t und Schlämmen aus Öl-/Wasserabscheidern mit 5.746 t.
Entsorgungsanlagen Bedingt durch die stetig fallenden Abfallmengen verminderte sich die Zahl der in Berlin betriebenen Entsorgungsanlagen von 13 im Jahr 1996 auf heute acht. Zugenommen hat die Abfallentsorgung außerhalb Berlins, die seit 1995 überwiegend in Brandenburg statt findet. Mit dem Nachbarland, das auch Hauptlieferant der von außerhalb nach Berlin verbrachten Abfallmengen ist, bestehen sinnvolle Absprachen, die die Stärken beider Partner in der Abfallbehandlung nutzen.
Wandel in der Im Abfallentsorgungsplan Berlin 1995 waren noch auf Grundlage der
Abfallwirtschaftsplanung Daten von 1992 drei weitere Restmüllverbrennungsanlagen mit einer Kapazität von 850.000 t/a geplant. Die tatsächliche Entwicklung der Abfallmengen machte eine rasche Neubewertung nötig. Das Abgeordnetenhaus beschloss im Juni 1996, die Überarbeitung des Abfallwirtschaftskonzepts durch ein Mediationsverfahren zu begleiten. 1997 versammelte dieses Verfahren Vertreter der Entsorger, Bürgerinitiativen, Umweltverbände, Kammern, abfallerzeugende Wirtschaft, Verbraucher, Parteien, Verwaltungen, die Bezirke (den Rat der Bürgermeister) und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an einem Tisch.
Parallel
dazu fanden zwei wichtige Weichenstellungen statt: Die Zuständigkeiten für die
Abfallentsorgung wurden in einer Senatsverwaltung zusammengeführt und damit die
Voraussetzungen für Vollzug aus einer Hand in der Berliner Abfallwirtschaft
geschaffen. Die Novelle des Landesabfallgesetzes Berlin gab derweil eine klare
Bestandsgarantie für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) als öffentliche
Anstalt und formulierte ihre dauerhafte Zuständigkeit für die Entsorgung.
Abfallwirtschaftsplan Berlin 1999 wurde mit dem Abfallwirtschaftsplan Berlin (Teilplan Bauabfall) die Planungsgrundlage für die Bauabfallwirtschaftspolitik des Landes Berlin vorgelegt. Im Februar 2001 folgte der Abfallwirtschaftsplan Berlin (Teilplan Siedlungsabfall), der eine aktualisierte Prognose für das Jahr 2010 enthält. Am 1. April 2003 hat der Senat die entsprechenden Maßnahmen zur zukünftigen Abfallentsorgung beschlossen. Die Entsorgungssicherheit des Landes Berlin ab dem Jahr 2005 soll dadurch gewährleistet werden, dass die über die Kapazität der MVA Ruhleben (520.000 t/Jahr) hinausgehende Menge an Siedlungsabfällen in Höhe von 463.000 t/Jahr als Rohmüll zur Entsorgung in externen Abfallbehandlungsanlagen ausgeschrieben werden soll. Maximal 50 % dieser Menge sollen bei Vorliegen eines wirtschaftlich vergleichbaren Angebotes im Rahmen einer Public-Private-Partnership vergeben werden. Die Ausschreibung erfolgt in mehreren Losen und grundsätzlich mit einer maximalen Laufzeit bis zum Jahr 2015. Neben der Sicherstellung einer sozialverträglichen Gebührenentwicklung sollen auch ökologische Kriterien bei der Vergabe beachtet werden.
Strategien zur Vermeidung Mit einer Reihe von Strategien fördert das Land Berlin die Abfallvermeidung. Dazu gehören:
• Vorgaben zum umweltverträglichen und abfallarmen Beschaffungs- und Auftragswesen der öffentlichen Hand (Vorbildfunktion des Landes)
• Anforderung und Prüfung betrieblicher Abfallwirtschaftskonzepte und Bilanzen (Gewerbebetriebe sollen die Abfallentsorgung als betriebswirtschaftlichen Faktor im Produktionskreislauf erkennen.)
• Pflicht zur Beratung und Information der Abfallerzeuger
• Erhöhung der Mehrwegquote
• Ausbau der Eigenkompostierung
•
Anreize durch die Gestaltung der Abfallgebühren
(Um die Akzeptanz der kommunalen Abfallwirtschaft nicht zu gefährden, wird der
Senat – gerade angesichts des weiterhin notwendigen Investitionsbedarfs im
Abfallbereich – die Bemühungen zur Dämpfung der Kosten und Gebühren fortführen.
Der Konflikt zwischen steigenden technischen Anforderungen an die Abfallentsorgung
einerseits und die Bürgerinnen und Bürger belastenden Gebühren andererseits
soll so weit als möglich vermieden werden.)
•
Förderung der Prinzipien nachhaltiger Bauwirtschaft
(Erhalt und Sanierung vor Abriss, Einsatz wiederverwendbarer Baumaterialien und
Getrennterfassung durch geeignete Rückbauverfahren)
Strategien zur Verwertung Soweit möglich sollen aus den Abfällen sekundäre Rohstoffe gewonnen werden (stoffliche Verwertung). Als zweite Verwertungsform werden Abfälle als Ersatzbrennstoffe eingesetzt, um Strom und Wärme zu erzeugen (energetische Verwertung). Eine Verbrennung ohne energetischen Nutzen, wird als letzte Alternative eingesetzt, um die Stoffmengen, die deponiert werden zu reduzieren.
Maßnahmen Siedlungsabfall Bis zum Jahr 2010 soll die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge weiter abnehmen. In einem Minimal- und Maximalszenario geht der Abfallwirtschaftsplan von einer durch Vermeidung und Verwertung erzielten Reduktionsquote von 17 % (Minimalszenario) bis 35 % (Maximalszenario) gegenüber 1997 ausgegangen. Damit wird sich die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge auf 826.000 t bis 1.080.000 t verringern. Erreicht wird das durch folgende Maßnahmen:
• Umstellung von kohlebeheizten Wohnungen auf andere Energieträger (Reduzierung des Feinmülls um max. 10.100 t/a)
• Projekte zur Förderung der Eigenkompostierung (Reduktion organischer Bestandteile im Restabfall um max. 8.000 t/a)
• Erfassung von Problemabfällen in mobilen und stationären Sammelstellen (Reduzierung von Problemabfällen um max. 5.000 t/a)
• Erhöhung der Mehrweggetränkeverpackungsquote durch Kooperation mit dem Handel und Abfallberatung (Vermeidung von Verpackungsabfällen, max. 50.800 t/a)
• Aufbau eines Getrenntsammlungssystems für Verpackungen (Reduzierung des Restabfalls um max. 300.000 t/a)
• Ausbau der Getrenntsammlung von Bioabfällen aus Haushalten (Reduktion organischer Abfälle im Restabfall um max. 130.000 t/a)
• Getrenntsammlung von Speiseabfällen aus Gewerbebetrieben (Reduktion organischer Stoffe im Gewerbeabfall um max. 50.000 t/a)
• Sortierung von Sperrmüll in Sortieranlagen (Reduzierung des Restabfalls um max. 107.000 t/a)
• Getrenntsammlung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle und Sortierung in Sortieranlagen (Reduzierung des zu beseitigenden Gewerbeabfalls um max. 61.000 t/a)
• Stoffliche Verwertung von Siel- und Kanalsanden (Reduzierung des zu beseitigenden Restabfalls um max. 25.000 t/a)
• Nassphysikalische Behandlung von Straßenkehricht (Reduzierung des zu beseitigenden Restabfalls um max. 105.000 t/a)
• Energetische Verwertung heizwertreicher Abfällen (Reduzierung des Restabfalls um ca. 190.000 t/a)
Maßnahmen Bauabfall Gegenwärtig fallen in Berlin mehr als zwei Drittel aller Abfälle im Bausektor an. Entsprechend stark wirken sich die im folgenden aufgeführten Maßnahmen auf das Gesamtanfallaufkommen der Stadt aus:
•
Um- und Mehrfachnutzung des Bestandes
Vermeidung des Abrisses durch rechtzeitige Maßnahmen zur Sanierung der
Bausubstanz
•
Abfallarmer Rückbau
Der selektive und kontrollierte Rückbau von Bauwerken mit stufenweiser
Demontage bei Getrennterfassung direkt an der Anfallstelle ist Voraussetzung
für eine weitgehende Rückführung des Bauabfalls in den Stoffkreislauf.
•
Recyclingbaustoffe im Straßenbau
Nahezu der gesamte Beton- und Asphaltaufbruch wird im im öffentlichen Straßen-
und Wegebau wiederverwertet. Das sichern entsprechende Ausführungsvorschriften
zum Berliner Straßengesetz.
•
Betonrecycling
Bisher wird Recyclingmaterial aus Beton vorwiegend zum Straßen-, Wege- und
Deponiebau eingesetzt. Künftig wird eine verstärkte Konkurrenz der
Verwertungsverfahren untereinander erwartet. Vor allem im Bereich möglicher
Hochbauanwendungen wird intensiv geforscht, die künftigen Chancen werden von Experten
positiv beurteilt.
•
Entwicklung neuer Materialien und Technologien
Durch die verstärkte Verbreitung industrieller Vorfertigungstechniken
(Betonfertigteile, Fertighäuser etc.) wird sich der Anfall von Holz und
gemischten Bauabfällen verringern.
Maßnahmen Sonderabfälle Seit 1995 werden in Berlin von den Unternehmen aller Branchen (mit Ausnahme des Handels) Abfallwirtschaftskonzepte, seit 1998 Abfallbilanzen angefordert und ausgewertet. Die daraus gewonnenen Erfahrungen dienen mittel- und langfristig nicht nur als innerbetriebliches Planungsinstrument für das Unternehmen und als Mittel zur Abfallwirtschaftsplanung des Landes. Sie können auch im Technologie-Transfer zum Einsatz kommen. Diese Aufgabe ist für die spezielle Berliner Wirtschaftsstruktur mit ihren vielen kleineren und mittleren Unternehmen von besonderer strukturpolitischer Bedeutung. Die Abfallwirtschaftskonzepte und –bilanzen belegen beispielhaft die Abkehr von einem rein ordnungsrechtlichen Instrumentarium, das der Senat durch begleitende kooperative Maßnahmen sowie Informations- und Beratungsinstrumente ergänzt hat.
Entsorgungsraum Berlin ist als dicht besiedelter Ballungsraum nicht in der Lage, die
Berlin-Brandenburg Abfallentsorgung vollständig im eigenen Land vorzunehmen. Deshalb bilden Berlin und Brandenburg einen gemeinsamen Entsorgungsraum. Die seit langem bestehende Zusammenarbeit in der Abfallentsorgung wurde auch im Abfallwirtschaftsplan festgelegt. Im Stadtgebiet Berlin können keine Deponien errichtet und betrieben werden. In Berlin angefallene und nicht zu verwertende, besonders überwachungsbedürftige Abfälle werden vorzugsweise in Brandenburg deponiert. Im Gegenzug nutzt Brandenburg für die Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle in Berlin vorhandene Behandlungskapazitäten. Brandenburg übernimmt Berliner Abfälle erst nach Reduzierung und - soweit möglich - Vorbehandlung. Diese Restabfälle werden auf dem Schienen- oder Wasserweg nach Brandenburg transportiert.
Mit jeweils 50% Anteilen sind die beiden Länder Gesellschafter des Deponienbetreibers, der Märkischen Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft (MEAB). Durch das geringere Aufkommen konnte die Anlieferung an MEAB-Deponien 1999 eingestellt werden. Die derzeitige Deponierung erfolgt auf den BSR-eigenen Deponien Schöneicher Plan und Schwanebeck.
Sonderabfallgesellschaft Berlin und Brandenburg haben die Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/
Brandenburg/Berlin Berlin mbH (SBB) mit Sitz in Potsdam zur gemeinsamen zentralen Einrichtung bestimmt, die die Entsorgung überwachungsbedürftiger Abfälle organisiert, und ihr die erforderlichen hoheitlichen Aufgaben mit Wirkung vom 1. Juli 1995 übertragen. Seither besteht in Berlin eine ausschließliche Andienungspflicht für Sonderabfälle, seit 1996 auch für Bausonderabfälle an die SBB. Damit hat der Senat die zentrale Steuerung der Abfallströme nach nachhaltigen Gesichtspunkten ermöglicht.
Aufgaben der Zukunft Ab Juni 2005 darf unbehandelter Siedlungsabfall nicht mehr deponiert werden. Zu diesem Zeitpunkt enden auch die Ausnahmeregelungen, die die TA Siedlungsabfall heute noch vorsieht. Das stellt Berlin vor neue Aufgaben. Bislang kamen nur thermische Behandlung in Frage, um die Forderungen der TA Siedlungsabfall zu erfüllen. 1999 stellte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit neue Eckpunkte für die zukünftige Entsorgung von Siedlungsabfällen vor, die neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Zur Vorbehandlung sind seitdem neben thermischen auch hochwertige mechanisch-biologische Vorbehandlungsverfahren zugelassen. Bis spätestens 2020 sollen die Behandlungstechniken so weiterentwickelt und ausgebaut werden, dass alle Siedlungsabfälle in Deutschland vollständig und umweltverträglich verwertet werden. Für Berlin bedeutet das, mittelfristig auf Großinvestitionen zu verzichten, Überkapazitäten zu vermeiden und ein möglichst flexibles Konzept zu verfolgen, das auf mögliche Änderungen der Rahmenbedingungen reagieren kann (so wird etwa auch auf EU-Ebene über die Festlegung eines Mindestheizwertes diskutiert).
Wirtschaft und
Stadt Ziel der Senatspolitik ist es, ökologisches
Wirtschaften als ökonomisches Potenzial für die Stärkung des Standortes zu
nutzen. Die Entwicklung von Technologien, Produkten, Verhaltens- und
Verbrauchsweisen öffnet Chancen für neue Berufe und Arbeitsplätze. Besonders
die Modernisierungsleistungen bei der Sanierung der Großsiedlungen wie auch
bei der Wiederherstellung der Infrastruktur - etwa durch die Sanierung der Rohrleitungssysteme
- haben eine erhebliche Innovationskraft freigesetzt, die inzwischen vor allem
in den Staaten Mittel- und Osteuropas auf Interesse stösst.
Berlin praktiziert eine Umweltpolitik, die auf
Kooperation und Kommunikation zwischen Stadt und Wirtschaft setzt, dabei aber
hohe Umweltstandards gesetzlich garantiert. Unternehmen sollen bei der
Organisation ihrer eigenen Produktionsabläufe nachhaltige Strategien verfolgen.
Hier setzen die Berliner Umweltallianzen an. Ihr Ziel ist die Gewährleistung
eines hohen Umweltstandards in den Betrieben bei möglichst geringem Verwaltungsaufwand,
ihr Motto: Abbau von Regelungen und Kontrolle gegen Transparenz und
Vertrauen.
Umweltallianzen Das Land Berlin hat mit folgenden Verbänden Umweltallianzen als freiwillige Vereinbarungen geschlossen:
• VCI-Landesverband Berlin am 20. Juni 1997;
• Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. am 20. Februar 1998;
• Berliner Wirtschaft vertreten durch die IHK Berlin, die Handwerkskammer Berlin und die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg am 22. Februar 1999.
Betrieben aus den Bereichen der Vertragspartner werden Vollzugserleichterungen gewährt, falls diese eine Zertifizierung im Rahmen des Öko-Audits oder nach ISO 14001 vornehmen. Davon profitieren die Betriebe auch in anderer Hinsicht. Ein funktionierendes Umweltmanagement ist ein Indiz für die Innovationskraft des Managements. Das macht ein Unternehmen wettbewerbsfähig und sichert Arbeitsplätze.
Schon 1997 schloss der Senat mit den Verbänden der Berliner Wirtschaft eine freiwillige Übereinkunft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen. Mit dieser verpflichtete sich die Berliner Wirtschaft, für 75% aller neuen Wohnungen jeweils 1,5m² solarthermische Anlagen zu bauen. Der damit eingeleitete kontinuierliche Verständigungsprozess trägt Früchte: Ende 2000 gab es in Berlin fast 3.000 solarthermische Anlagen.
Umweltförderprogramme Schutz und Wahrung der Umwelt ist die Aufgabe
des Staates. Während bei unmittelbaren Umweltbelastungen mit gesetzlichen
Auflagen, Grenzwerten und Verboten wirkungsvolle Instrumente der
Gefahrenabwehr eingesetzt werden, führen die „schleichenden“ Umweltprobleme
dazu, dass immer stärker Vorsorgeaspekte in den Vordergrund rücken. Kooperationen
bieten die Möglichkeit, Gefährdungen, Schädigungen der Umwelt schon im vorhinein
zu mindern oder ganz zu unterbinden.
Berlin wendet dazu verschiedene
marktwirtschaftliche Anreizinstrumente an. Dazu zählen fiskalische Maßnahmen
wie das Grundwasserentnahmeentgelt ebenso wie Instrumente gezielter Förderung,
die Umweltschutzmaßnahmen für die Betriebe rentabel machen. Diese Möglichkeit
steht Berliner Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre im Rahmen der
Zukunftsinitiative Ökologisches Wirtschaften (ZÖW) und des Umweltförderprogramms
(UFP) offen. Seit 2000 wurden diese Programme durch das
Umweltentlastungsprogramm Berlin (UEP) abgelöst, in dem
122,5 Mio € zur Verfügung stehen. Rund 60 % davon sind EU-Mittel.
Informationssystem Stadt und Umwelt Die Arbeit der Senatsverwaltung für Bürger wie Fachleute transparent zu machen, ist ein wichtiger Beitrag zur Vernetzung und Verbreitung des Wissensstandes in Sachen Nachhaltigkeit. Das Informationssystem Stadt und Umwelt (ISU) dient in diesem Sinne einem wirkungsvollen internen Wissensmanagement wie auch der effizienteren Nutzung vorhandener Daten durch Externe und einer aktiven Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit. ISU ist daneben – gerade wegen des interdisziplinären Ansatzes– unabdingbar für eine zeitgemässe, ressortübergreifende Verwaltungsarbeit.
FIS-Broker Einen Schwerpunkt des Systems bildet das fachübergreifende Informationssystem FIS-Broker, mit dem Daten der Senatsverwaltung und der Bezirke erschlossen werden. An unterschiedlichen Orten vorliegende Datenbestände können mit Hilfe dieses Brokers beschrieben, aufgefunden, selektiert und visualisiert werden, ohne dass der Nutzer Kenntnisse der jeweiligen DV-Sprachen und Dateiformate mitbringen muss. Neben Karten stehen im FIS-Broker auch eine Vielzahl von Sachdaten zur Verfügung.
Internet Bereits seit 1995 werden ausgewählte Arbeitsergebnisse des Informationssystems wie der digitale Umweltatlas im Internet angeboten. Mittlerweile umfasst das Webangebot der Senatsverwaltung mehrere tausend Seiten mit Arbeitsergebnissen des ganzen Hauses.
Über Geographische Informationssysteme werden Daten und Informationen zu Stadt und Umwelt mit den amtlichen Kartenwerken des Landes Berlin verknüpft. Neben den Geobasisdaten werden dabei eine Vielzahl von thematischen Karten in verschiedenen Formaten bereitgestellt. Für fachübergreifende und querschnittsorientierte Darstellungen, wie zum Beispiel den alle Umweltmedien umfassenden Umweltatlas Berlin, werden einzelne Daten mit den Methoden des ISU weiterverarbeitet und veröffentlicht.
Umweltatlas Berlin Der Umweltatlas Berlin liegt in digitaler Form seit 1995 im Maßstab zwischen 1:50.000 und 1:300.000 vor und wird laufend aktualisiert. Er behandelt über 50 Themen u. a. aus den Bereichen Boden, Wasser, Luft, Klima, Verkehr, Lärm und Biotope mittels Karten, Texten und Abbildungen.
Verschiedene Fachdaten werden direkt im ISU erarbeitet und bereitgestellt – so etwa das CO2-Kataster, das Daten des Emissionskatasters, der Energieversorger, des Statistischen Landesamts und der Senatsverwaltung vereint, das Bodenbelastungskataster oder das im Rahmen des ISU entwickelte komplexe Berechnungsverfahren des Abflussbildungsmodells ABIMO.
Wie alle Städte ist auch Berlin aufgefordert, die Ziele der UN-Konferenz von Rio de Janeiro 1992 in einem partizipativen Prozess mit allen gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern in lokale Programme für die nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert zu übersetzen. Durch die Unterzeichung der Charten von Aalborg 1994 und Valencia 1995 hat sich Berlin dem Nachhaltigkeitsprinzip der Agenda 21 verpflichtet. In Gremien und Gruppen auf den unterschiedlichsten Ebenen ist die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heute als Partner aktiv.
In Berlin begann die Lokale Agenda 21 in den Bezirken. Dort bildeten sich ab 1993 zahlreiche Gruppen und Projekte, die Themen aus den verschiedenen Bereichen bearbeiteten. Zu Ihrer Unterstützung initiierte die Senatsverwaltung 1997 ein viel beachtetes Koordinatorenmodell mit monatlichen Arbeitstreffen für alle Bezirke.
Im September 1997 wurde in der Prenzlauer Allee die Projektstelle Agenda 21 als Service- und Informationsstelle für interessierte Bürger und Gruppen eröffnet. Im selben Jahr konstituierte sich eine Arbeitsgruppe der Agenda-21-Beauftragten, die sich aus Vertretern aller Senatsressorts und der Senatskanzlei zusammensetzt, und der Runde Tisch zur nachhaltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg, der schnell zu einer der wichtigsten Institutionen im Agendaprozess der Stadt wurde. Am 4. Juni 2000 löste ihn das Agendaforum als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Politik ab. Die gesellschaftlichen Gruppen sind am Diskurs über die Lokale Agenda in diesem Forum durch Repräsentanten vertreten. Das Forum tagt viermal jährlich; einzelne Handlungsfelder werden in Fachforen (bisher zu den Themen Mobilität, Klimaschutz und Berlin in einer Welt) behandelt.
Seit September 1999 wird die Erstellung einer gesamtstädtischen Lokale Agenda 21 durch das Agenda-Büro der Senatsverwaltung koordiniert. Das Büro bündelt die Informationen aus Politik und gesellschaftlichen Gruppen, wirkt durch den intensiven Kontakt zu den Akteuren der Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft und der Wirtschaft ressortübergreifend an Strategien und Projekten mit und formuliert federführend den Ziel- und Umsetzungsplan, der bis Ende 2003 vorliegen soll. Auf parlamentarischer Ebene unterstützt das Agenda-Büro die Arbeit der seit 1998 aktiven Enquêtekommissionen Zukunftsfähiges Berlin, die im Herbst 2001 die Entwürfe der Fraktionen für ein Leitbild, Handlungsziele und Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung vorlegte. Im September 2001 konstitutierte sich auf Initiative der Umweltministerkonferenz der Bund/Länder-Arbeitskreis Nachhaltige Entwicklung. Vorrangige Aufgabe dieses Gremiums ist der Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern und die Einordnung der Lokalen Agenden in eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie.