Nachhaltigkeitsbericht
Berlin 2003

 

 

Stand: 1. August 2003

    


                                                               Inhalt

1      Nachhaltigkeit in Berlin......................................................................... 7

2      Stadtentwicklung...................................................................................... 9

Soziale Stadt – Stadtmonitoring – Quartiersmanagement – Flächen­nutzungsplan – Stadtentwicklungspläne – Planwerke – Gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg – Interregionale Kooperationen

3      Bauen und Wohnen................................................................................ 20

Ökologischer Städtebau – Modellprojekte – Niedrigenergiehaus Mar­zahn – Wohnungsneubau – Eigentumsbildung im Bestand – Genos­senschaftsförderung – Sanierung des Bestands – Großsiedlung Hellersdorf – Revitalisierte Stadtbrachen – Landstadt Gatow

4      Denkmalpflege........................................................................................ 31

Gartendenkmalpflege – Umnutzung von Baudenkmalen – Denkmal­liste – Bauten für Parlament und Regierung

5      Grünes Berlin......................................................................................... 33

Naturschutz –Landschaftsprogramm – Flora-Fauna-Habitat-Richt­linie – Pflege- und Entwicklungspläne –Maßnahmen und Projekte – Röhrichtschutz –Landschaftsplanung – Landschafts- und Arten­schutzprogramm – Gesamtstädtischer Ausgleich – Freiraumsystem – Landschaftspläne – Biotopflächenfaktor– Umweltverträglichkeits­prüfung – naturschutzrechtliche Eingriffsregelung – Artenschutz – Naherholungsgebiet Berliner Barnim – Wald in der Großstadt –zerti­fizierte Waldwirtschaft – Waldzustand –Forstliche Rahmenplanung – Waldschulen – Wildtiere im Stadtgebiet –Pflanzenschutz

6      Mobile Stadt............................................................................................. 48

StEP Verkehr – Entwicklung der letzten Jahre – Umweltverbund – Tarifpolitik – Parkraumbewirtschaftung – Beschleunigung des ÖPNV – Fahrradbeauftragter – Innovative Mobilitätsservices – Plattformen Wirtschaftsverkehr – Güter auf Schiene und Wasser – Integriertes Güterverkehrskonzept – Baustellenlogistik – Hafen­standorte – Verkehrskompetenzzentrum

7      Klima und Energie.................................................................................. 56

Sinkender Energieverbrauch – Weniger CO2-Emissionen – Zehnmal mehr Solarenergie – Förderprogramme der Energiewirtschaft – Aufklärung und Anreizsysteme – Solarschule  – Berlin spart Energie – Berliner Energieleistungsstandard B.E.ST. – Heizspiegel – Energiesparpartnerschaften

8      Boden........................................................................................................ 62

Altlastensanierung – Freistellungsverfahren – Großprojekt Berlin

9      Wasser..................................................................................................... 65

Gewässernetz und Wassermenge – Speichersee Lohsa II – Gewässer­qualität – Phosphate und Eutrophierung – Gütemessnetz und Richt­linien – Wasserrahmenrichtlinie – Schwebstoffe – Geringe Schad­stoffbelastungen – Fischerei – Abwasser – Klärwerke – Abwasserbe­seitigungsplan – Sanierung der Kanalisation – Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 – Betriebe als Direkteinleiter – Beispiel Schering AG – Abwasserabgabe – Grundwasserentnahmeentgelt – Grundwasser­qualität – Grundwassermanagement – Wasserschutzgebiete – Gewässersanierung – Entschlammung des TeltowkanalsTeilsanierung Rummelsburger See

10     Luft............................................................................................................ 76

Grenz- und Richtwerte – Berliner Luftgüte-Messnetz –Schwefel­dioxid (SO2) – Stickoxide (NOx) – Kohlenmonoxid (CO) – Benzol – Ozon – Schwebstaub/PM 10-Staub – Ruß – Straßennahe Belastung –Emissionen (Industrie, Hausbrand, Verkehr) –Luftreinhalteplan – Kraft-Wärme-Koppelung Heizungen – Chemische Reinigungen – Tankstellen – Abgasvorschriften für Kfz – Erdgas als Kraftstoff

11     Lärm.......................................................................................................... 88

Hauptquelle Verkehr – Lärm an Straßen – Lärm an Schienenwegen – Fluglärm – Verkehrslärmkataster – Verkehrsimmissionskataster – Ressortübergreifende Vorsorge – Tempo-30-Zonen – LKW Fahrver­bote – Bündelung des Verkehrs – Fahrzeugtechnik – Passiver Ver­kehrslärmschutz – Baulärm – Großveranstaltungen – Schankgärten und Straßencafés – Lärmminderungsplan

12     Abfall......................................................................................................... 95

Sinkende Mengen – Siedlungsabfälle – Bauabfälle – Sonderabfälle – Entsorgungssituation – Abfallwirtschaftsplan Berlin – Strategien zur Vermeidung – Strategien zur Verwertung – Maßnahmen (Siedlungs­abfall, Bauabfall, Sonderabfälle) – Entsorgungsraum Berlin-Brandenburg – Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin – Aufgaben der Zukunft – STAB-Konzept

13     Ökologischer Umbau........................................................................... 104

Umweltallianzen – Umweltförderprogramme – Informationssystem Stadt und Umwelt – FIS-Broker  – Umweltatlas Berlin  – Umweltforschung

14     Lokale Agenda 21................................................................................ 107

 Beste Beispiele


Vorwort

Wie die Menschen in den Städten zusammenleben, wird entscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaft sein. In der Europäischen Union leben heute über 80% der Bevölkerung in Städten; weltweit sind es über 60% – und der Trend ist ungebrochen. Internationale Konferenzen wie HABI­TAT II 1996 in Istanbul und URBAN 21 im Jahre 2000 in Berlin haben deutlich gemacht: Die Welt des 21. Jahrhunderts wird eine städtische Welt sein. Die lange Zeit als antiquiert und unbeweglich belächelte eu­ropäische Stadt erlebt eine Renaissance. Urbanität und Dichte werden wieder entdeckt.

Städte müssen ihre traditionelle Rolle neu finden und definieren: als Orte der Kommunikation, des Austausches, der Kultur, der Vielfalt und der Toleranz, vor allem aber auch als Orte, in denen man sich angstfrei be­wegt und gerne aufhält und lebt. Vor drei Jahrzehnten begann mit dem Bericht des Club of Rome die Diskussion über „die Grenzen des Wachs­tums“. Damals konzentrierte sich die Diskussion auf Umweltschutzprob­leme wie Smog, Waldsterben, Saurer Regen oder die Auslaugung und Erosion der Böden. Heute umfasst sie alle gesellschaftsrelevanten Bereiche. An die Stelle der Schadenskontrolle ist die Vorsorge für eine lebenswerte Umwelt getreten. Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich auch im Namen des vorliegenden Berichts. Anders als bei den früheren Umweltschutzberichten, geht es heute um Nachhaltig­keit: Berlin wird als soziales, ökologisches und wirtschaftliches System unter die Lupe genommen.

Nachhaltige Entwicklung bedeutet vor allem die Sicherung einer intakten städtischen Umwelt. Lange Zeit wurden Fragen des Flächenverbrauchs, wurden Luftverschmutzung, Trinkwasserqualität, Abfallbeseitigung, Ener­gieverbrauch und Lärm zugunsten von Bautätigkeit und ökonomi­scher Entwicklung zurückgestellt. Der wirtschaftliche Output galt als einziger Indikator städtischer Zukunftsfähigkeit. Heute wissen wir: Die Modernisierung von Wirtschaft und Produktion ist auf Dauer nur trag­fähig, wenn auch die Stadt um sie herum sich modernisiert. Dieser Bericht zeigt, wie Berlin in den letzten Jahren die Chance nutzte, ein Konzept nachhaltiger Stadtentwicklung umzusetzen.

Berlin hat die Herausforderungen des Umbruchs nach 1989 angenommen und mit einer dramatischen Aufbauleistung vierzehn Jahre nach der Wieder­vereinigung der Stadt nicht nur viele teilungsbedingte Mängel behoben, sondern sich in einem ehrgeizigen Modernisierungsprozess eine gute Ausgangsposition im Konkurrenzkampf der Standorte geschaffen. Die technische Infrastruktur der Stadt wurde und wird umfassend modernisiert. Der Gebäudebestand ist erheblich erneuert und ergänzt worden. Die Mo­der­nisierung entlastet die Umwelt, Berlin wurde zur Dienstleistungs­stadt.

Modernisierung und Umweltschutz sind keine Gegensätze, ganz im Gegenteil. Der Schutz der Umwelt ist ein Teil der Modernisierungs­strategie für Berlin.


Peter Strieder
Senator für Stadtentwicklung


1                    Nachhaltigkeit in Berlin

Die Betrachtung nachhaltiger Entwicklung hebt die Trennung zwischen natürlichen und gesellschaftlichen Ressourcen auf und versucht, Ent­wicklungen insgesamt zu bilanzieren. Der vorliegende Nachhaltigkeits­bericht ist daher kein „Umweltbericht“, sondern sieht Stadtentwicklung als ein Zusammenspiel sehr unterschiedlicher Faktoren, das soziale, ökonomische und natürliche Ressourcen einbezieht.

Aus der Zielsetzung, ökologische Fragestellungen in den Zusam­menhang städtischer Entwicklung zu stellen, ergibt sich eine grundlegen­de Gliederungsfrage: Soll Stadt als die Summe einzelner Faktoren erklärt werden oder sind ökologische wie ökonomisch-soziale Aspekte nur aus der „Gesamt-Konstruktion“ Stadt heraus zu erklären, wie es der Ansatz dieses Berichtes ist?

Mit der Entscheidung, Nachhaltigkeit aus dem Bild der Stadt heraus zu spiegeln, ergibt sich eine ungewohnte Gliederung. Dieser Bericht be­schäftigt sich zunächst mit Stadtentwicklungsplanung, mit Bauen, Wohnen, Verkehr und schließt die Betrachtung der natürlichen Ressourcen daran an. Durch dieses Verfahren kann das Verhältnis von Stadtplanung und den Folgen für die ökonomischen und ökologischen Ressourcen transparent gemacht werden.

Dieses Verfahren ist auch deshalb sinnvoll, weil sich in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen vollzogen haben, die für die Gesamt­bilanz von Bedeutung sind. So sind zum Beispiel die Werte für die Luft­güte erheblich günstiger als zu Beginn der 90er Jahre. Diese Entwicklung ist ohne die erheblichen Investitionen in die Wohnungs- und Gebäude­sanierung nicht erklärbar. Gleichzeitig hat die Öffnung der Stadt andere Entwicklungen mit sich gebracht, wie zum Beispiel eine verstärkte Ver­kehrsentwicklung, was sich u.a. auch in der Belastung durch Lärm niederschlägt.

Der Bericht macht deutlich, dass die dramatischen Veränderungen, die die Stadt seit dem Fall der Mauer durchgemacht hat, auf vielen ökologischen Feldern positive Wirkungen hervorriefen. Der gewaltige Schub an Modernisierungs­investitionen hat die Substanz der gebauten Stadt grundlegend verbessert. Die Erneuerung und Modernisierung der  technischen Infra­struktur hat zu erheblichen Effizienzsteigerungen geführt. Die noch nicht abgeschlossene Sanierung der schienengebundenen Verkehrswege hat die Voraussetzungen für eine umweltadäquate Mobilität geschaffen.

Über die Effizienz des Ressourceneinsatzes entscheidet die Gesamtorganisation der Stadt Hier spielt der Um­gang mit Flächen eine erhebliche Rolle. Durch die historische Entwick­lung ist Berlin im Unterschied zu vielen anderen Städten in der Lage, der Verödung und funktionalen Entmischung der Innenstadt entgegen zu wirken und so eine räumlichen Zersiedelung zu verhindern.

Die Orientierung am Leitbild der europäischen Stadt, das die Entwick­lung auf die Innenstadt fokussiert, kann längerfristig einen nicht zu unter­schätzenden Standortvorteil bieten: Die nachhaltige Stadt, in der die Menschen gerne leben.

Der Bericht enthält bewusst keine weitergehenden Handlungsanleitungen, die sich aus den beobachteten Entwicklungen ergäben, wohl aber werden Veränderungspotenziale skizziert und aktuelle Maßnahmen vorgestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Die in diesem Bericht verwendeten Zahlen und Daten geben den letzten verfügbaren
  offiziellen Stand wieder. Aktualisierte Angaben können jederzeit im Netz abgerufen
  werden unter

http://www.stadtentwicklung.berlin.de           

2                    Stadtentwicklung

Die kompakte, räumlich komplexe Stadt ist das Leitbild, das der Berliner Stadtentwicklungspolitik der letzten Jahre zugrunde liegt. Nachhaltigkeit am Beginn des 21. Jahrhunderts hat Dichte als Voraussetzung. Dichte heißt ein nahes Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten, heißt kürzere Verkehrswege, heißt Nutzung vorhandener Infrastruktur - und damit insgesamt auch ökonomisches und ökologisches Haushalten mit den Ressourcen einer verschuldeten Stadt in einer Zeit, da es mehr denn je gilt, mit Blick auf künftige Generationen zu planen und zu wirtschaften.

                                                               Soziale Stadt       Städtebauliche Erneuerungsstrategien zielten lange vorrangig darauf, städtebauliche Missstände zu beseitigen. Heute geht es darum, die sozial­en, ökonomischen, kulturellen und ökologischen Dimensionen der Ent­wicklung zu unterstreichen und lokale Selbstorganisationskräfte zu mobi­lisieren. Damit wird Stadtentwicklung zu einem zentralen Steuerungsin­strument nachhaltiger Politik.

In einigen Stadtteilen sind die Folgen des Strukturwandels besonders erfahr­bar. Wachsende Teile der Bevölkerung werden marginalisiert, indem für sie Arbeit und gesellschaftliche Einbindung nicht mehr ge­sichert sind. Rein baulich-städtebauliche Strategien würden nur einen Teil der vielschichtigen Probleme angehen. Sie müssen mit sozialen, wirt­schaftlichen, arbeitsmarkt- und umweltpolitischen sowie kulturellen Interventionen verknüpft werden.

Bis 1999 war die Gemeinschaftsinitiative Urban I ein wichtiges Instru­ment dieses Bereichs. 40 Projekte – vom ökologischen Ausbau bis zum Abenteuerspielplatz – wurden bewilligt. Für die Jahre 2000 bis 2006 stehen im Nachfolgeprogramm Urban II 14,9 Mio € an EU-Mitteln zur Verfügung, die über bundes- und Landesmittel mit 25% kofinanziert werden. Neben dem Quartiermanagement bildet Urban II so den Schwerpunkt des Senatsprogramms Soziale Stadt.

                                                               Stadtmonitoring 1996 beauftragte der Senat ein „Gutachten zur Sozialorientierten Stadt­entwicklung in Berlin“, um die demografischen, sozialen und ökono­mischen Veränderungen in Berlin auf kleinräumiger Ebene zu analysie­ren. Das Ergebnis dieses Stadtmonitorings: Hauptsächlich in vier ver­schiedenen Gebietstypen führen sozial selektive Wanderungsprozesse zu sozialräumlichen Polarisierungen – in innerstädtischen Altbaugebieten im West- und im Ostteil, in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus im West- und solchen des komplexen Wohnungsbaus (Plattenbausiedlungen) im Ostteil. Vielfältige Probleme verstärken sich in einigen Quartieren gegenseitig: hohe Bevölkerungsfluktuation; hohe Ausländeranteile, insbesondere bei Jugendlichen und Kindern; hohe Arbeitslosigkeit; hohe Sozialhilfedichte; hoher Zuzug von Zuwanderern aus dem Ausland; Wegzug von Familien mit Kindern sowie von Erwerbs­tätigen. Neben statistischen Merkmalen machen qualitative Aussagen über Milieu und Zustand des öffentlichen Raumes die Probleme sichtbar: Verwahrlosung des öffentlichen Raumes, zunehmend gewalttätige Aus­einandersetzungen insbesondere zwischen Jugendgruppen, Drogenkonsum, Alkoholismus und ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung.

Nur integriertes Handeln und vernetzte Maßnahmen können solche Ge­biete stabilisieren, indem sie Synergieeffekte der begrenzten öffentlichen Mittel nutzen. Die Strategien müssen den komplexen Problemen in den Quartieren und ihren komplexen Ursachen Rechnung tragen. Eine beson­dere Rolle kommt der ökonomischen Quartiersentwicklung zu, da wirt­schaftliche Benachteiligung zu den zentralen Ursachen der problematisch­en sozialen Lage der Bewohner gehört.

                                                               Quartiersmanagement     1999 wurden auf der Basis des Gutachtens zunächst 15 besonders stark betroffene Stadtquartiere herausgefiltert. Im März 1999 beschloss der Senat in diesen Gebieten integrierte Stadtteilverfahren einzuführen: das Quartiersmanagement – zunächst als Pilotverfahren für die Dauer von drei Jahren, also bis zum 31. März 2002. Die Evaluierung zeigte bald eine so deutliche Stabilisierung und Aufwertung der Gebiete, so dass der Senat  im August 2001 die Laufzeit um zwei Jahre verlängerte. Im Oktober 2001 schließlich wurden – als Ergebnis der Fortschreibung des Stadtmonitor­ings – zwei neue Gebiete in das Programm aufgenommen.

Die Durchführung liegt in allen 17 Gebieten in der Hand von Quartiers­managern. Sie wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Abstimmung mit dem jeweiligen Bezirksamt beauftragt und sind mit einem Vorort-Büro im Gebiet präsent. Zu ihren konkreten Aufgaben gehören Stadtteilkoordination (also das Vernetzen unterschiedlicher Interessengruppen und lokaler Akteure; Anregen und Aufbau von Koop­erationen zwischen Institutionen, Initiativen, Unternehmen, Wohnungs­baugesellschaften u. a.), die Aktivierung der Bewohner (Einrichtung von Vergabeverfahren durch Bewohner-Jurys), die Projektinitiierung (Hilfe­stellung bei der Entwicklung beschäftigungswirksamer Projekte) und eine kontinuierliche Berichterstattung über die Quartiersentwicklung und den Fortgang der Arbeiten. Für jedes Gebiet wurden 0,51 Mio. € für Maßnahmen aus einem Quartiersfond bereitgestellt, über deren Vergabe die Bewohner-Jurys zu entscheiden hatten.

Die wichtigsten sektoralen Handlungsfelder des Quartiersmanagements sind:

          Berufsqualifizierung und Beschäftigung,

          Wirtschaftsförderung und Stadtteilökonomie,

          Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,

          Soziale und kulturelle Infrastruktur,

          Soziale und ethnische Integration

          Schule, Bildung, Sprache,

          besondere soziale Lebenslagen, Gesundheitsförderung.

Um diese Handlungsfelder zu verzahnen, wurden eine ressortübergreifende Lenkungsrunde auf Staatssekretärsebene und gebietsbezogene Steuerungs- und Lenkungsgremien auf Bezirksebene eingerichtet sowie QM-Koordinatoren in den Bezirksämtern benannt.

Seit 1999 konnten zahlreiche Projekte und Maßnahmen realisiert bzw. angeschoben werden, die nachhaltig zur Aufwertung des Stadtraumes und des Wohnumfeldes beitrugen, die soziale und ethnische Integration förderten und die nachbarschaftliche Kommunikation und Kooperation unterstützten. Anteilig wurden Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte unterstützt. Für die Quartiersmanagement-Gebiete steht in den Jahren 2002 und 2003 ein Programmvolumen von insg. 23,3 Mio. € zur Verfügung (inkl. EU-Mittel). Darüber hinaus werden diese Mittel mit Fördermitteln aus anderen Programmen (z.B. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Stadtweite Maßnahmen, Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an Wohngebäuden, Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm) für die Quartiers­management-Gebiete gebündelt. Für die Jahre 2000 bis 2006 stehen Mittel aus dem europäischen Strukturfonds (EFRE) in Höhe von insgesamt rund 38,5 Mio € zur Verfügung.

                                                               Planungsinstrumente       Im klassischen Bereich der Stadtplanung nutzt Berlin eine Reihe von Instrumenten, in denen wesentliche Ziele der Nachhaltigkeit berück­sichtigt werden.

                                                               Flächennutzungsplan        Der erste gesamtstädtische Flächennutzungsplan (FNP) für Berlin wurde am 1. Juli 1994 wirksam. Er stellt für das gesamte Stadtgebiet die räum­liche Nutzung dar, wie sie sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung und den voraussehbaren Bedürfnissen der Stadt ergibt. Gemeinsam mit dem Landschaftsprogramm (LaPro) als wesentliche ökologische Bezugsquelle bildet der FNP die strategische Grundlage nachhaltiger Stadtentwicklung.

Aktualisierungen des FNP werden in einem transparenten Prozess zur Diskussion gestellt. Seit 1994 wurden rund 100 Änderungen abgeschlos­sen, von denen 40 in die Neubekanntmachung Oktober 1998 aufgenom­men, 60 danach wirksam wurden. Mit ihnen und mit weiteren 40 noch laufenden FNP-Änderungen wurden teilräumliche Planungsziele präzisiert.

Der FNP hat die Aufgabe, eine menschenwürdigen Umwelt zu sichern und zu Schutz und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen beizutragen. Ein sparsamer Umgang mit Flächen durch das Prinzip Innenentwicklung vor Stadterweiterung, die Sicherung ökologisch und klimatisch wertvoller sensibler Bereiche, der Schutz des Grundwassers, die Vermeidung unnötiger Verkehrsströme und der Ausbau umwelt­freundlicher Verkehrsarten sind wichtige Anliegen des Plans.

                                                               Stadtentwicklungspläne   In Stadtentwicklungsplänen (StEP) werden für die Gesamtstadt Leitlinien und Zielsetzungen für unterschiedliche Funktionen erarbeitet. Die Stadt­entwicklungspläne definieren räumliche und sachliche Prioritäten für die Inanspruchnahme von Flächen und Standorten und bilden als sektorale Entwicklungspläne die Grundlage für alle weiteren Planungen.

                                                               StEP Wohnen      Mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen hat der Senat die wohnungs­politische Strategie für Berlin festgelegt. Durch geförderten Mietwohn­ungsbau große Standorte an der Peripherie zu entwickeln, ist in Berlin heute weder finanzierbar noch entspricht es der Bedarfslage. Ein entspannter Wohnungsmarkt (über 100.000 freie Wohneinheiten) signalisiert, dass der geförderte Mietwohnungsbau verzichtbar ist. In ungünstigen Lagen müssen Standardprodukte vom Markt genommen werden, in günstigen Lagen hingegen werden neue Wohneinheiten nachgefragt. Diese müssen aber privat finanziert werden.

Wesentliche Ziele der Wohnungsentwicklung für die nächsten Jahre sind:

          Sicherung preiswerten Wohnraums nicht durch Neubau, sondern durch Maßnahmen im Wohnungsbestand

          Rückbau von „Standartprodukten“.

          Öffentliches Geld für öffentliches Eigentum.

          Privates Geld für privates Eigentum.

          Konzentration des Neubaus auf nachgefragte zentrale Räume zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung, Orientierung auf Nachfrage und Bedarf.

Deshalb will der Senat die Neubauaktivitäten auf die zukunftsträchtigen Räume Innenstadt, Westraum und Südostraum konzentrieren.

Diese Räume haben neben qualitativ hochwertigen Lagen auch einen hoh­en Besatz an Arbeitsplätzen bzw. sind Entwicklungsräume für Zukunfts­arbeitsplätze. Wohnen und Arbeiten können hier einander näher rücken. Insbesondere auf den landeseigenen Grundstücken will der Senat mit Leitprojekten aufzeigen, dass durch eine neue Bodenpolitik der Begriff der Berliner Mischung in funktionaler und sozialer Hinsicht Aushänge­schild bleiben kann.

                                                                StEP Gewerbe    Der StEP Gewerbe wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie erarbeitet. Im Zuge des dramatischen wirtschaftlichen Strukturwandels hat das produzierende Gewerbe die prägende Bedeutung für Berlin weit­gehend verloren. Flächenfreisetzungen nach Betriebsverlagerungen oder -schließungen, Zwischennutzungen und industrielle Brachen, aber auch neu errichtete Technologiezentren prägen die Gewerbestandorte - neben weiterhin ansässigen Betrieben des verarbeitenden Gewerbes.

Der StEP Gewerbe geht im Wesentlichen der Frage nach den Entwick­lungstendenzen der im Flächennutzungsplan (FNP) Berlin dargestellten gewerblichen Bauflächen nach. Die Planung wurde für sieben Stadträume differenziert. Deren stadträumliche Profile werden auf Leitbilder für Standorte und Flächen heruntergebrochen. Wesentliche Aussagen sind:

          Überprüfung des Flächenbedarfs.
Mit einem Potenzial von bis zu 500 Hektar innerer Reserve sowie 500 Hektar Wachstumsreserve entspricht das Flächenpotenzial des StEP Gewerbe dem längerfristig prognostizierten Bedarf.

          Bestandssicherung und Flächenvorsorge.
Der Gewerbebestand soll grundsätzlich erhalten und gesichert werden. Die Wiederverwendung und bessere Ausnutzung gewach­sener Standortbereiche hat Vorrang vor der Inanspruchnahme neuer Flächen.

          Sicherung gewerblicher Streulagen außerhalb gewerblicher Bauflächen
Erhalt und Entwicklung des nachbarschaftlichen Nebeneinanders von Arbeitsstätten und Wohnungen

          Industrieflächensicherung

          Maßnahmen und Vorleistungen für Standortentwicklungen
Großräumige und teilräumliche Voraussetzungen für Gewerbe­flächenentwicklung - wie z.B. der Ausbau der Verkehrsinfra­struktur - werden identifiziert und bewertet.

                                                               StEP Zentren und Einzelhandel      Der Dienstleistungsbereich insgesamt ist heute der sich am dynamischsten entwickeln­de Wirtschaftssektor Berlins. Der Einzelhandel prägt die Lebendigkeit, Vielfalt und Anziehungskraft der städtischen Zentren. Im Einzelhandel waren 2002 knapp 80.000 Person­en beschäftigt. Die Um­satzentwicklung war in den letzten Jahren aufgrund der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung rückläufig und liegt unter dem Bundesdurch­schnitt.
Der Bestand an Einzelhandelsflächen ist von 2,6 Mio m² im Jahr 1991 auf 4,0 Mio m² im Jahr 2002 gestiegen. Damit hat die Verkaufsfläche je Einwohner von 0,67 m²  auf 1,20 m²  zugenommen. Der noch Mitte der 90er Jahre vorhandene Nachholbedarf ist inzwischen weitgehend gedeckt. Im Bundesdurchschnitt lag die Ausstattung 2000 mit 1,31 qm Verkaufsfläche je Einwohner geringfügig höher. Bis zum Jahr 2010 wird für Berlin ein weiterer Anstieg um ca. 400.000 qm Verkaufsfläche angenommen.

                                                                              Die erhebliche Dynamik, die die quantitative Flächenentwicklung des Einzelhandels in der unmittelbaren Nachwendezeit geprägt hat, wird sich künftig vorrangig als qualitative Umstrukturierung von bestehenden Standorten und Zentren darstellen. Dahinter steht ein anhaltender Strukturwandel des Handels mit Konzentrationsprozessen, zunehmender Filialisierung und der Veränderung von Betriebsformen. Eine erfolgreiche, kontrollierte und gesteuerte Einzelhandels- und Zentren­entwicklung ist deshalb eine vorrangige Aufgabe für ein zukunftsfähiges Berlin. Kaufkraft in der Stadt zu halten bzw. neue Kaufkraft zu akquirieren (Städtetourismus) bleibt damit ein Handlungsfeld.

Die folgenden Ziele und Leitlinien wurden deshalb im März 1999 als ers­ter Teil des StEP Zentren und Einzelhandel, Teil 1, vom Senat beschlossen:

          Erhalt der Polyzentralität,

          Sortimentsbeschränkungen für Einzelhandelsansiedlungen außer­halb der Zentren,

          grundsätzlich keine Realisierung von großflächigen Einzelhan­delsbetrieben auf im FNP dargestellten gewerblichen Bauflächen,

          Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Steigerung der Attrak­tivität und des Erscheinungsbilds der Zentren,

          Fachmarktansiedlung in Zentren nur, wenn damit eine Stärkung der Zentren erfolgt.

                                                               Büroflächen        Mit ca. 570.000 Bürobeschäftigten ist Berlin die größte Bürostadt Deutschlands. Die Büroflächenentwicklung wird seit 1992/93 gesamt­städtisch und teilräumlich analysiert. Die daraus resultierenden Berichte – der vierte und derzeit aktuellste erschien 1998 – haben die Transparenz des Berliner Büroflächenmarkts deutlich erhöht.

Zu Beginn der 90er Jahre prägten diesen Markt Angebotsengpässe, ex­plosive Mietenanstiege und wenig später ein beispielloser Bauboom. Seit 1990 wurden 8 Mio m²  Bürofläche (BGF) fertiggestellt. Mit über 18 Millionen Quadratmetern Bürofläche ist Berlin heute der größte städtische Büroflächenmarkt in Deutschland. Das stadtplanerische Ziel der Nutzungs­mischung hat sich dabei durchgesetzt. Wohnen, Einzelhandel, Kultur, Gewerbe und andere Nutzungen hatten bei den Fertigstellungen bis 1998 einen Anteil von 30 %, bei den in Bau befindlichen Vorhaben sogar von 45 %.

Damit hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Steigende Angebotsre­serven, eine hinter den Erwartungen zurückbleibende Nachfrage und ein vielfältiges Angebot an hochwertigen Büroflächen zu moderaten Mieten prägen heute den Markt. Trotz der aktuellen Überhänge von 8,1 % wird die Stadtentwicklungsplanung auch künftig nicht restriktiv auf den Büroflächenmarkt einwirken, sondern - im Gegenteil - an besonders ge­eigneten Standorten die planerischen Voraussetzungen für Investitionen schaffen. Um das Interesse privater Investoren auf die präferierten Standorte zu lenken, erfolgt eine Prioritätensetzung bei öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen.

                                                               StEP Ver- und Entsorgung              Die Überwindung der energetischen Inselsituation von West-Berlin durch den Anschluss an das bundesdeutsche Stromverbundnetz 1994 und die Integration der Berliner Stromversorgung durch den Bau einer 380-kV-Stromschiene quer durch die Stadt sind beispielhaft für den Prozess, mit dem Berlin seine Ver- und Entsorgungsnetze erneuert.

Mit dem StEP Ver- und Entsorgung hat der Senat die Weichen gestellt, um eine ganze Reihe von Aufgaben und Anforderungen fachübergreifend und wirtschaftlich wie ökologisch nachhaltig zu erfüllen: Liberalisierung des Energiemarktes, neue EU-Normen für geklärtes Abwasser, die Ver­einigung der technischen Netze, Erneuerungen und Rekonstruktionen maroder Systeme, die Anbindung an überregionale Verbundsysteme und die Begleitung von Stadtentwicklungsmaßnahmen sind nur einige davon.

Den vielschichtigen Themen entsprechend gliedert sich der STEP Ver- und Entsorgung in medienbezogene Teilpläne für die Bereiche Energie- und Wärmeversorgung, Wasserversorgung und Abwasserentsor­gung/Regenwasserbehandlung.

Das Gebiet des im 18. Mai 1999 vom Senat als überbezirkliche Planungsvorgabe beschlossenen Planwerks Innenstadt reicht von der Uhlandstraße im Westen bis zur Oberbaumbrücke im Osten, vom Mehringplatz im Süden bis zum Platz vor dem neuen Tor bzw. zum Nordbahnhof. Auf einer Fläche von ca. 30 Quadratkilo­metern leben hier rund 300.000 Menschen. Fast die gleiche Anzahl Menschen arbeitet in diesem Gebiet.

 

                                                               Planwerke           Planwerke gibt es derzeit für vier Teilräume. 1999 wurde das Planwerk Innenstadt aufgrund seiner besonderen Bedeutung für das Zusammen­wachsen der Stadt vom Berliner Senat beschlossen. Mit dem Planwerk Südostraum (mit den Vertiefungsräumen Adlershof, Köpenick, Schöne­weide, Rudow, Altglienicke, Schönefeld) und West­raum (mit den Ver­tiefungsräumen Altstadt Spandau/Stresow, Spreemün­dung Südhafen/ Burgwall, Flughafen Tegel, Fluplatz Staaken) wurden 1999 Diskussionen um Leitbilder für diese Teilräume begonnen. Ein Planwerk Nordostraum ist in Arbeit.

Der Senat reagierte mit dem Planwerk Innenstadt auf die besondere Entwicklungsdynamik Anfang der 90er Jahre in diesem Bereich. Das Planwerk beinhaltet ein zusammenhängendes Innenstadtkonzept, das die beiden Stadtzentren in ihrer Entwicklung zueinander in Beziehung setzte und stellte die gemischte, vielfältig und intensiv genutzte, lebenswerte Innenstadt – als bewussten Gegensatz zum Wohnen, Arbeiten und Einkaufen auf der grünen Wiese – in den Mittelpunkt städtischer Entwicklung. Die Innenentwicklung als Gegen­modell zum nachholenden Suburbanisierungsprozess bewirkt auch im Hinblick auf soziale und technische Infrastruktur einen sparsamen Ressourceneinsatz. Schulen und Kindertagesstätten, ÖPNV-Infrastruktur und Ver- und Entsorgungs­kapazitäten sind in der Stadt schon vorhanden, an der Peripherie müssten sie neu gebaut werden.

Durch den Rückbau überbreiter Straßentrassen und die Umwandlung langfristig nicht mehr benötigter Straßenflächen werden Bauflächen ge­wonnen, die Verkehrsströme reduziert und der angestrebte Modal Split für das Zentrum von 80:20 vorangebracht. Der hohe Anteil undefinierter Grün- und Freiflächen wird in seiner Aufenthaltsqualität und seiner ökologischen Funktion wesentlich qualifiziert.

                                                               Gemeinsame Landesplanung          Der Stadtstaat Berlin und das dünnbesiedelte Land Brandenburg sind

                                                               Berlin-Brandenburg         ungleiche Nachbarn. Dass sie sich dennoch zu einer gemeinsamen Lan­desplanung entschlossen, hat gute Gründe. Es gilt, Fehlentwicklungen in der regionalen Raumordnung vorzubeugen, eine unmäßige Suburbanisier­ung der Stadt ebenso zu verhindern wie das Ausbluten der äußeren Lan­desteile Brandenburgs, und Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen zu begrenzen. Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEPro) wurde als Staatsvertrag im März 1998 rechtsgültig. Damit hatten erst­malig in Deutschland zwei Bundesländer eine verbindliche gemeinsame Raumordnung für ihre Gesamtfläche vereinbart.

Bereits das LEPro traf eine operationale Unterscheidung zwischen dem äußeren Entwicklungsraum und dem engeren Verflechtungsraum, der neben Berlin rund 250 Umlandgemeinden umfasst und in dem die Steuer­ungsmechanismen am wirkungsvollsten ansetzen könne. Zeitgleich zum LEPro trat deshalb der Landesentwicklungsplan für den engeren Ver­flechtungsraum (LEPeV) in Kraft.

                                                               LEPeV   Der LEPeV definierte regionale Entwicklungszentren als Kristallisations­punkte um so eine verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur und die Be­wahrung der ländlichen Räume (großflächiger Freiraumschutz) zu sich­ern. Die betroffenen Gemeinden wurden dazu typisiert und an diese Typisier­ung gekoppelte Maxima für das künftige Bevölkerungswachstum (zwischen 10 und 50 %) festgelegt – Wachstumsmargen, die auf lange Sicht ausreichen, die Entwicklung aber sinnfällig steuern.

Im Jahre 2000 hat die gemeinsame Landesplanung einen Bericht zur Flächenentwicklung vorgelegt. Er konstatiert eine deutliche Konzentra­tion der Siedlungsentwicklung im Berliner Umland seit Inkrafttreten des gemeinsamen Landesentwicklungsplanes. Die Steuerungseffekte sind also durchaus bemerkenswert: Der Flächenfraß konnte eingedämmt werden.

Nicht nur in dieser Hinsicht hat sich die gemeinsame Landesplanung bewährt. In bislang mehr als 5.000 Entscheidungen wurde bisher ein Interessenausgleich erreicht. Das gilt beispielhaft für das schon 1993 ausgehandelte, im LEPeV festgelegte Moratorium für Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Damit sind im Berliner Umland 19 ursprünglich beabsichtigte Einkaufszentren mit rund 500.000 m² Verkaufsfläche wie­der verworfen, die errichteten 15 größeren Einkaufszentren um rund 164.000 m² reduziert worden. Der gemeinsamen Landesplanung ist es zu danken, dass es im Berliner Umland bei weitem nicht zu jenem Wild­wuchs und Übermaß an Einkaufszentren gekommen ist, wie sie in ande­ren ostdeutschen Großstädten zu beklagen sind. Ein ähnlich restriktives Vorgehen gilt auch für Factory Outlet Centers mit ihren besonders großen Einzugsgebieten und Verkehrsgenerierungspotentialen.

Landesentwicklungsplan

Flughafenstandortentwicklung (LEP FS)     Nach der Standortentscheidung für de Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International am Standort Schönefeld erfolgte 1999 eine landesplanerische Sicherung des Standortes durch den Landesentwick­lungsplan „Standortsicherung Flughafen“ (LEP SF). Dieser Landesent­wicklungsplan wird derzeit beklagt.

                                                                              Da nach Rechtsprechung des OVG für das Land Brandenburg das im Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEP eV) formulierte Ziel der Raumordnung zum Ausbau des Flughafens Schönefeld keine ausreichende Begründung der Ausbauentscheidung und der hierzu vorgenommenen Abwägung enthielt, befindet sich ein neu erarbeiteter Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) derzeit im Aufstellungsverfahren.

                                                               Interregionale Kooperation             Über unmittelbare Planungen hinaus unterstützt Berlin die überregionale Zusammenarbeit mit benachbarten Regionen und Ländern, damit der Metropolenraum seine Lagegunst als Drehscheibe nutzen und sich in ein neues, nach Osten erweitertes Europa integrieren und entwickeln kann.

Die Entwicklung neuer Partnerschaften mit den Staaten Mittel- und Ost­europas bietet Impulse und Chancen für eine nachhaltige europäische Raumentwicklung auf den Handlungsfeldern Umwelt, Wirtschaft und Soziales. Dafür werden im Metropolenraum Berlin-Brandenburg und künftig in den Beitrittsregionen Strukturfonds der EU eingesetzt.

Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) von 1999 bietet hierfür einen programmatischen Leitfaden. Seine Umsetzung wird wes­entlich durch die neuartige EU-Gemeinschaftsinitiative Interreg II c be­fördert, an deren Entwicklung durch Pilotprojekte Berlin maßgeblich beteiligt war.

Interreg-Projekte mit Beteiligung der Länder Brandenburg und Berlin waren u. a.:

          Metropolitan Areas (Metropolenräume im Ostseeraum)

          Waterfront Urban Development (Ein Städte-Netzwerk in der Ost­seeregion)

          Baltic Bridge (transregionales Strukturentwicklungskonzept Ber­lin – Sczcecin (Polen) – Schonen (Südschweden) mit Städtenetz, Infrastruktur- und Tourismuskonzepten sowie Regionalmarketing

          Oderregio (vorbeugender, grenzübergreifender Hochwasserschutz im Oderraum)

          Implan (Modelle zur Stadt-Umland-Kooperation für Berlin, Budapest, Sofia und Prag)


3                    Bauen und Wohnen

In der Berliner Wohnungspolitik hat sich seit Beginn der 90er Jahre ein mehrstufiger Paradigmenwechsel hin zu nachhaltigeren Prinzipen voll­zogen: vom geförderten sozialen Wohnungsbau über freifinanzierte Förderung zur Eigenheimneubauförderung und weiter zur Förderung einer ökologisch sinnvolleren Erhöhung der Eigentumsquote im Bestand.

Ende 2002 gab es in Berlin 1.873.413 Wohnungen. Der Anteil des Alt­baus betrug mit rd. 796.000 Wohnungen 42,5 %, der des Neubaus lag mit rd. 1.077.000 Wohnungen bei 57,5 %. Dabei ist Berlin weiterhin eine Mieter­stadt. Während 88,5 % oder 1.657.000 Wohnungen vermietet werden, betrug der Anteil der Eigentümerwohnungen nur 11,5 % (216.000 Wohn­ungen). Von 1990 bis 2002 hat sich damit der Wohnungsbestand um 161.000 Wohnungen erhöht – und einen Markt geschaffen, der sich weiter ausdifferenziert und durch Marktsegmente mit sink­enden Mieten und wachsenden Leerstände aber auch durch Segmente mit steigenden Mieten und wachsender Nachfrage geprägt ist.

 

                                                               Ökologischer Städtebau   “Alle Vorhaben, Planungen und Programme des Bau- und Wohnungs­wesens (sollen) auf die Ziele der Umweltverträglichkeit und -entlastung, der Schonung natürlicher Ressourcen und der Verbesserung bzw. Sich­erung von Umwelt- und Lebensqualität hin überprüft, entwickelt und ausgerichtet werden ... Aufgabe des Staates ist es, ... solche Konzepte und Maßnahmen voranzutreiben, die ökologische Wirkungen im städtebau­lichen Maßstab entfalten“, also “vom ökologischen Experiment zum Regelstandard, vom einzelnen Öko-Haus zum ökologischen, umweltge­rechten Städtebau“ führen. Diese Grundsätze, die Nachhaltigkeit zur Regel und nicht zur Ausnahme machen sollen, wurden bereits 1994 im Senats­bericht über ökologisches Planen und Bauen festgeschrieben. Der im Be­richt formulierte „Berliner Standard für ökologisches Bauen“ wurde bun­desweit Vorbild für Verwaltungsvorschriften anderer Länder (so auch für die Bauvorhaben der IBA Emscherpark). Er gilt im wesentlichen bis heute.

Veränderungen und Ergänzungen ergaben sich auf Grund von Beschlüs­sen des Abgeordnetenhauses in den Bereichen “Baustoffverbote“ und “Energieeinsparung“. Durch Weiterentwicklungen in EU- und Bundes­recht (u.a. Wärmeschutzverordnung 1995, Energieeinsparverordnung 2002, FCKW-Halon-Verordnung) aber auch durch Praxiserfahrungen, die seither gesammelt wurden (z. B. zur Betriebswassernutzung in Gebäu­den), ist es notwendig und beabsichtigt, die ökologischen Anforderungen neu zu formulieren.

                                                               Stadtökologische Modellvorhaben Mit diesem Programm wurden neue, durch praktische Anwendung abge­sicherte Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Wohnungs- und Städte­bau geliefert. Es ging dabei weniger um eine Regelförderung, also um Serien gleichartiger Baumaßnahmen, sondern um modellhafte Einzel­vorhaben.

Fester Bestandteil jedes Projektes war eine angewandte Begleitforschung. Als gebaute Forschung wurden die Projekte grundsätzlich im Rahmen von kooperativen und integrierten Planungsverfahren entwickelt und umge­setzt, wissenschaftlich begleitet, ausgewertet, wo nötig optimiert und dokumentiert.

Seit 1989 wurden in diesem Programm rund 16,8 Mio € für stadtökolo­gische Vorhaben eingesetzt, rund 100 Einzelaufträge für etwa 60 Bau- und Forschungsvorhaben vergeben und etwa 30 konkrete Bauprojekte mit investiver Förderung durchgeführt oder eingeleitet, davon die Hälfte seit 1994.

Der Schwerpunkt des Programms lag auf Sanierungsaufgaben im Ostteil der Stadt. Die wichtigsten Vorhaben sind:

          Wassersparprojekt Marzahn (Einbau und Erprobung trinkwasser­sparender Installationen in Plattenbauten)

          ökologische Mustersanierung Hellersdorf: Gesamtkonzept für einen Block der Plattenbaugroßsiedlung mit 200 Wohnungen

          Entwicklung und Umsetzung eines ökologischen Gesamtkonzepts für die Sanierung des Gewerbehofs WeiberWirtschaft e.G. im Be­zirk Mitte

          zwei ökologische Gesamtkonzepte für die Sanierung einer Grün­derzeitschule in Prenzlauer Berg und einer Typenschule in indus­trieller Bauweise in Lichtenberg

Als bisher letzte Phase schloss sich seit 1994 eine Serie von Niedrig­ener­gieprojekten im Wohnungsbau an. Inzwischen gibt es im Berliner Ge­schosswohnungsbau knapp 800 Wohnungen mit Niedrigenergie-Standard, die die Werte der Wärmeschutzverordnung um mindestens 20 % unter­schreiten. Projekte aus dieser Phase sind:

          Niedrigenergiehaus Marzahn Flämingstraße; energieoptimiertes Mehrfamilienhaus mit 56 Wohnungen

          Rudow-Süd: vier- bis fünfgeschossige Gebäudegruppe mit hoher Wärmedämmung und geregelter Lüftung, 58 Wohnungen

          Müggelheim - Ludwigshöheweg: Mehrfamilienhausgruppe mit 192 Wohnungen

          Pankow, Heinrich-Böll-Siedlung – mit 250 Wohnungen größte Niedrigenergie-Wohnanlage und Leitprojekt des ökologischen Städtebaus in Berlin ohne investive Sonderförderung

          Zehlendorf, Stadtvillen: zwei Mehrfamilienhaus-Anlagen mit 108 und 105 WE in Plattenbauweise mit Kerndämmung und geregelter Lüftung, jeweils versorgt durch solargestützte Nahwärmesysteme.

 

Die wichtigsten Projekte der letzten Jahre, die für den Innovationsanspruch und die städtebauliche Bedeutung des Landesprogramms stehen, sind:

          Niederschlagswassernutzungsanlage Belß-/Lüdecketraße in Steglitz
Erstmals wird Wasser aus einem vorhandenen Regenwasserkanal als Betriebswasser in Gebäuden eingesetzt. Dies entlastet den Vorfluter und führt – mit Blick auf das seit Januar 2000 erhobene Niederschlagswasserentgelt – zu geringeren Betriebskosten. Das Projekt wird von der TU Berlin begleitet; Wasserbehörde und Wasserbetriebe Berlin sind eingebunden. Erste Ergebnisse wurden auf der internationalen Regenwasserkonferenz 2001 in Mannheim vorgestellt. Das Gesamtprojekt Ökologische Stadterneuerung einer Kleinraumsiedlung wurde mit dem Berliner Umweltpreis 2001 ausgezeichnet.

          Ökologische Bewirtschaftung von Genossenschaftswohnungen in Friedrichshain

Für Modernisierung, Um- und Ausbau sowie die Bewirtschaftung des Gebäudebestandes der Bewohnergenossenschaft Friedrichs­Heim e.G. wird ein ökologisches Gesamtkonzept entwickelt und umgesetzt. Schwerpunkte sind innovative Konzepte für die Reduzierung der Betriebskosten (Abfallentsorgung) und die Niederschlagswasserbewirtschaftung in Innenstadtlage.

          Integriertes Energiekonzept Buchholz-West in Pankow
Das Konzept umfasst eine zentrale thermische Solaranlage
(600 m² Kollektorfläche) zur Unterstützung der Nahwärmeversor­gung sowie 125 Reihenhäuser in Niedrigenergie- (55 Wohnung­en), Niedrigstenergie- (50 Wohnungen) und Passivhausstandard (20 Wohnungen). Heizzentrale und Solaranlage sind fertiggestellt und werden von der GASAG betrieben.

          Studie zur Reduzierung der Wasserkosten im öffentlichen Bereich
Basis ist die Auswertung von 113 Liegenschaften in den Ortsteilen Wedding und Gesundbrunnen des Bezirks Mitte. Das Ergebnis zeigt Verwaltern und Betreibern öffentlicher Einrichtungen, wie und in welchem Umfang die Betriebskosten im Bereich der Was­serversorgung und Abwasserentsorgung reduziert werden können, und dient als Leitfaden und Entscheidungshilfe für nötige Maß­nahmen.

          Physik-Neubau der HU Berlin in Adlershof

Bei diesem Projekt soll das anfallende Regenwasser für die Bewässerung der begrünten Fassade und der Gartenhöfe sowie für die Gebäudekühlung genutzt werden. Mit der baubegleitenden Fachberatung und Auswertung ist zur Zeit die Fachhochschule Neubrandenburg in Verbindung mit der TU Berlin beauftragt.

Neben diesen beispielhaft genannten Vorhaben wurden im Rahmen des Programms weitere Studien, Querschnittsuntersuchungen und –auswert­ungen durchgeführt. Hervorzuheben sind

          das Merkblatt „Innovative Wasserkonzepte/Betriebswassernutzung in Gebäuden“, das 2003 in einer um Beispielprojekte erweiterten und überarbeiteten Neuauflage erschienen ist;

          die 2001 veröffentlichte Bestandsaufnahme größerer thermischer Solaranlagen in Berlin, mit der Betriebsdaten für rund 80 Anlagen aufbereitet wurden. Als Weiterführung wird zur Zeit ein Solar­kataster für Berlin erstellt, das alle solarthermischen und photo­voltaischen Anlagen umfassen wird.


                                                               Wohnungsneubau              Von den 1995 bis 2002 fertiggestellten 123.000 Wohnungen wurden rund 23.000 (19 %) im sozialen Wohnungsbau (Erster Förderweg) und rund 38.000 Wohnungen oder 31 % in der vereinbarten Förderung errichtet. Der Anteil der Eigentumsförderung (Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser) lag bei rund 14.000 Wohnungen (11 %), der des freifinanzierten Wohnungsbaus (einschließlich Eigentum) betrug 39 % od. 48.000 Wohnungen. Ein- und Zweifamilienhäuser machten mit 22.834 Wohnungen rund 19 % aller Neubauten aus.

Seit 1996 hat ein grundlegender Wechsel in der Wohnungsbaupolitik stattgefunden. Die äußerst angespannte Haushaltssituation des Landes Berlin sowie die veränderten Prognosen zur Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung haben zu einer Einstellung der Förderung geführt.

Die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen lag 2002 daher mit 3.527 Wohnungen weit unter dem Niveau der Jahre 1991 mit 11.208 und 1992 mit 10.976 genehmigten Wohnungen. Räumliche Schwerpunkte des Wohnungsneubaus waren Mitte, Pankow, Treptow-Köpenick aber auch Marzahn-Hellersdorf. Nach Auslaufen des Fördergebietsgesetzes und in einem grund­legend veränderten Markt sank in den Jahren 1998 bis 2002 die Zahl der Genehmigungen rasch.

                                                               Geförderter Mietwohnungsbau       Der bis weit in die 90er Jahre hinein praktizierte, öffentlich geförderte soziale Mietwohnungsbau (Erster Förderweg) war mit erheblichem Sub­ventionsaufwand verbunden. Seit 1991 wurde er deshalb zunehmend von der vereinbarten Förderung (Zweiter Förderweg) abgelöst. 1995 ging der Senat zu einer Pauschalförderung über, deren Höhe sich nicht mehr an objektspezifischen Kosten und einer Kostenmiete orientierte. Gleichzeitig wurden die Bauherren verpflichtet, weitere freifinanzierte Wohnungen zu errichten.

1994 wurde die Einkommensorientierte Förderung (EOF) in das zweite Wohnungsbaugesetz, das ab 01.01.2002 durch das Wohnraum­förde­rungsgesetz abgelöst wurde, aufgenommen. Die EOF wurde mit Pilot­projekten 1995 bis 1997 eingeführt. Sie vereint Gesichtspunkte des sozialen Wohn­ungsbaus und der vereinbarten Förderung. Flächendeckend wurde sie erstmals im Wohnungsbauprogramm 1998 realisiert. Der erste Förder­ungsweg war damit entfallen. Neben der reinen Objektförderung erfolgte eine Individualförderung, die sich am Einkommen der Mieter orientierte.

In den 90er Jahren entstand durch diese Instrumente ein großes Potenzial an Mietwohnungen, so dass 1998 die Programmzahlen auf 1.300 WE und 1999 auf 300 WE reduziert wurden. Im Wohnungsbauprogramm 2000 be­trug das Programmvolumen nur noch 100 WE ausschließlich für Sonderwohnprojekte mit besonderer sozialer oder therapeutischer Ausrichtung.

Vor dem Hintergrund eines weitgehend ausgeglichenen Marktes wurde die Mietwohnungsbauförderung ab 2002 eingestellt.

                                                               Wohneigentumsneubau    1993 wurden Richtlinien geschaffen, die Bauherren und Erwerbern eine Förderung gewährte, auch wenn deren Einkommen die Einkommensgren­ze des sozialen Wohnungsbaus um bis zu 150% überschritten. Freimacher von Mietsozialwohnungen und Mietwohnungen im Ostteil der Stadt er­hielten einen besonders günstigen Zinssatz. Dies führte zu einem Anstieg der Bewilligungszahlen 1993 auf 1.370, 1994 auf 2.294 und 1995 auf 2.926 Wohnungen.

Im August 1997 traf Berlin mit der Eigentumsstrategie Berlin 2000 neue strukturpolitische Entscheidungen zur Erhöhung der Eigentümerquote. Angestrebt wurde das Eigenheim zu Gesamtkosten von ca. 153.387 €. Dafür wurden große Flächen am Stadtrand erschlossen. 1997 wurde für 2.515 Wohnungen eine Förderung bewilligt. Wegen der gesunkenen Kapitalmarktzinsen boten die Förderkonditionen in vielen Fällen keinen großen Anreiz mehr, die mit entsprechenden Bindungen und Auflagen  gekoppelte Förderung in Anspruch zu nehmen. 1998 nahmen deshalb nur noch 1.810 Bauherren, 1999 noch rund 1.400 eine Förderung in Anspruch.

Ende 1999 verständigte sich der Senat auf einen Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik. Die Förderung der Eigentumsbildung wurde nach­haltig und Flächenressourcen sparend ausgerichtet. Gefördert wurde von 1999 bis 2001 deshalb auch nur noch der Erwerb von Wohnungen/Objekten aus dem Bestand. Neu­bauten werden auch im Eigenheimbereich seit 2002 nicht mehr gefördert.

Von Anfang an wurde an den Bau öffentlich geförderter Wohnungen um­fangreiche ökologische Anforderungen gestellt, die bei den Neubauten verwirklicht wurden. Besonders förderungsfähig sind und waren zudem:

          erhöhter baulicher Wärmeschutz, wenn die Werte der Wärme­schutzverordnung um mindestens 25 % unterschritten werden,

          Wärmemengenzähler zur wohnungsweisen Messung des Ver­brauchs,

          Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen, z.B. Sonnen­kollektoren, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen (ausgenommen Grundwasserwärmepumpen und alle Wärmepumpen mit elek­trischer Zusatzheizung sowie elektrisch betriebene Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl unter 4 oder FCKW- und H-FCKW-haltigen Kältemitteln),

          Wärme- und Stromerzeugung durch Blockheizkraftwerke

          bauliche Maßnahmen zur Zurückhaltung des Niederschlags­wassers.

                                                               Eigentumsbildung im Bestand        Der Senat förderte von 1999 bis 2001 den Erwerb von Mietwohnungen aus dem Bestand, weil dadurch die soziale Durchmischung gerade verdichteter Wohnsiedlungen nachhaltig stabilisiert wird. Möglich wurde damit die Förderung des Erwerbs durch Mieter, deren Familienangehörige sowie selbstnutzende Dritte, soweit sie bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Gefördert wird durch zinsverbilligte Darlehen in Höhe von bis zu 900 €/m² förderungsfähige Wohnfläche. Der Zinssatz war abhängig vom Einkommen und von der Kinderzahl.

Für die Mittel, die in den Jahren 1999, 2000 und 2001 durchschnittlich für eine einzige Eigentumsneubauwohnung notwendig waren (rund 68.700 €), konnten drei Bestandserwerber gefördert werden. Durch die Regelung haben mehr als 1.600 ehemalige Mieter Wohneigen­tum gebildet – gerade auch Haushalte, denen dies ohne Förderung nicht möglich wäre.

                                                               Genossenschaftsförderung             Auch mit den ebenfalls im Sommer 1999 veröffentlichten und 2000 er­neuerten Genossenschaftsrichtlinien wurde bisher der Eigentumserwerb im Be­stand gezielt unterstützt. Gefördert wurde zunächst der Erwerb von Ge­nossenschaftsanteilen, aber auch die Aus- und Neugründung von Genos­senschaften. Bei der Anteilsförderung erhalten Berechtigte zinslose Darlehen, die in Höhe des Eigenheimzulagenanspruchs über eine Laufzeit von acht Jahren zu tilgen sind. Die Gründungsförderung erfolgt durch einen nichtrückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 10.000 bis 25.000 € zur Deckung von Kosten für Beratung, Prüfung usw.

Ab Dezember 2000 wurde auch der Erwerb von Beständen durch eigen­tumsorientierte Wohnungsgenossenschaften mit zinsverbilligten Darlehen von bis zu 400 €/m² Wohnfläche gefördert. Bisher konnten 12 Genos­senschaften ihre Bestände (ca. 6.400 Wohnungen) erwerben. Darunter sind Bestände in den Plattengebieten im Ostteil als auch solche in Altbau- und Sanierungsgebieten. Für 8 Projekte wurden bisher von Berlin Landesbürgschaften  übernommen.

                                                               Sanierung des Bestands   Stadterneuerung und -sanierung haben in Berlin hohe Priorität. Erhalt und Aufwertung gewachsener Quartiere und die Stärkung vorhandener Zent­ren sind die Ziele der 1993 bis 1995 förmlich festgelegten 22 Sanierungs­gebiete. Im vergangenen Jahrzehnt hat das Land Berlin knapp 4 Milliar­den € Fördermittel für die Modernisierung und Instandsetzung von Wohnraum bewilligt. Gefördert wurden die Leerstandsbeseitigung und umfassende Sanierung von mehr als 35.000 Altbauwohnungen (Baujahre bis 1918), und die Durchführung einzelner Modernisierungs- oder In­standsetzungsmaßnahmen an fast 600.000 Wohnungen. Die Förderung löste ein Investitionsvolumen von 7,6 Milliarden € aus. Rechnerisch wurden so im Jahresdurchschnitt 13.000 bauwirtschaftliche Arbeitsplätze voll ausgelastet. Energetisch relevante Maßnahmen (Verbesserung der Wärmedämmung, Einbau moderner Heizungssysteme) hatten einen Anteil von rund 30% an den geförderten Maßnahmen.

Die Förderung der Modernisierung und Instandsetzung erfolgt mittels differenzierter Teilprogramme:

          Mit dem Programm Stadtumbau Ost , das durch die Bundesre­gierung initiiert wurde, werden einerseits Kommunen Ostdeutsch­lands bei der Aufwertung von Stadtquartieren gefördert, anderer­seits die dortige Wohnungswirtschaft beim Rückbau von Wohn­ungen, die auf Dauer nicht mehr benötigt werden. Damit soll Leer­stand abgebaut und die Lebensqualität der Anwohner gesteigert werden. Laufzeit des Programms sind die Jahre 2002 bis 2009.
Auch Berlin wird um dem Abriss von Wohnungen aus wohnungswirtschaftlichen Gründen nicht  herumkommen und nach den Sanierungen der Wohnungen und der Außen­anlagen kommt es darauf an nun auch den öffentlichen Raum in den Quartieren aufzu­werten. Weil leerstehende Schulen und Kindertagesstätten an etlichen Orten die Umgebung belasten, die Möglichkeiten, diese Gebäude anderweitig zu nutzen aber weitgehend ausgeschöpft sind, wird in Berlin aus dem Programm auch der Rückbau nicht mehr benötigter Gemein­bedarfs­ein­richtungen finanziert.

          Soziale Stadterneuerung heißt das Kernprogramm für die umfassende Modernisierung und Instandsetzung von Altbauten, deren Bauzustand erhebliche Mängel und Missstände aufweist. Die Fördermittel werden fast ausschließlich für Projekte in den Sanierungsgebieten eingesetzt, seit 2002 vor allem für die öffentliche Infrastruktur.

          Das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz hat seit 1991 mit mehr als 310 Mio € Fördermitteln wesentlich dazu beige­tragen, dass in der Spandauer und Rosenthaler Vorstadt (Mitte), in der Victoriastadt (Lichtenberg), in Friedrichshagen, Oberschöne­weide und der Kiezer Vorstadt (Köpenick) historische Altbaube­stände und –strukturen erhalten und baulich aufgewertet wurden. Die Ausrichtung entspricht im wesentlichen derjenigen im Pro­gramm Soziale Stadterneuerung, allerdings beteiligt sich der Bund hier mit einem Anteil von 40% (gegenüber einem Drittel in den übrigen Bereichen der Städtebauförderung) an der Projektförder­ung.

          Im Programm Wohnungspolitische Selbsthilfeprojekte wurden Selbsthilfegruppen gefördert, die als gemeinnütziger Verein oder Treuhandträger, Genossenschaft oder GbR organisiert sind und ein Grundstück mit umfassend sanierungsbedürftigen Gebäuden ent­weder erworben haben oder mittels langfristigem (mindestens 20 Jahre) Pachtvertrag besitzen. Der wesentliche Anteil der geförder­ten Baumaßnahmen musste in Eigenarbeit erbracht werden.

          Im Programm Plattenbausanierung sind im Ostteil Berlins seit 1993 rund 60.000 Wohnungen gefördert worden. Inzwischen sind in vielen Plattenbauquartieren städtebauliche Verbesserungen ein­getreten, deren Qualität vielerorts die aktuelle Situation der Groß­siedlungen im Westteil übertrifft, zudem wurden ab 1999 durch das Investitionszulagengesetz Instandsetzung und Modernisierung der Platte unterstützt. So konnte die Landesförderung auf Bestände konzentriert werden, bei denen wachsende Leerstandsprobleme aufwändigere Baumaßnahmen erforderlich machen – etwa die Sanierung von Punkthochhäusern oder Grundrissänderungen im Bestand, die veränderten Wohnbedürfnissen Rechnung tragen.

          Mit dem Programm Modernisierung durch Mieter wurde Mietern die Möglichkeit gegeben, mit Zustimmung des Vermieters ihre Wohnung eigeninitiativ zu modernisieren. Der Schwerpunkt lag auf dem Ersatz von Ofenheizungen und Gas-Außenwandheizern durch moderne Heizsysteme (vorwiegend Gasetagenheizungen).

          Mit dem Programm Stadtweite Maßnahmen wurden rund 275.000 Wohnungen gefördert. Schwerpunkte waren die Verbesserung des Wärmeschutz­es, der Einbau moderner Heizungssysteme und die Schaffung von Sanitärräumen. Zu den geförderten Projekten gehört die Sanierung diverser Siedlungen der 20er und 30er Jahre, wie der Flußpferd­hofsiedlung in Hohenschönhausen, und die Instandsetzung großer Teile der Karl-Marx-Allee. Seit 2001 werden die Gelder des Pro­gramms auf die Förderung zweier Bereiche konzentriert: 12,5 Mio € fließen jährlich in Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaß­nahmen, für Solaranlagen stehen jährlich 2 Mio € bereit, die 2000 durch 267 Projekte voll ausgeschöpft wurden. Dabei mobilisiert die Förderung zusätzlich ein Investitionsvolumen von 7,5 Mio € im Bereich der Berliner Solarwirtschaft.

                                                               Revitalisierte Stadtbrachen             Anfang der 90er Jahre wurde eine Reihe städtebaulicher Entwicklungs­maßnahmen konzipiert – Projekte, denen trotz unterschiedlicher Lage am Innenstadtrand (Rummelsburger Bucht, Eldenaer Straße) oder im Außen­raum der Stadt (Adlershof, Biesdorf-Zentrum, Wasserstadt Spandau) ge­meinsam ist, dass sie Stadtbrachen revitalisierten, anstatt Landschaft zu verbrauchen. In allen fünf Gebieten wurden vollständige neue Stadtteile mit Wohnungen, Arbeitsplätzen und Infrastruktur konzipiert. Vorhandene Gewässerufer, Landschaftsräume und Parks sollten wieder hergestellt werden. Bei den komplexen Projekten galt wegen des langfristigen Realisierungszeitraums von 20 Jahren ein besonderes Entwicklungsrecht. Angesichts der veränderten Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung werden die Realisierungen in diesen Gebieten gestoppt und Planungen gestoppt.

Zur selben Zeit wurde eine Reihe weiterer Großprojekte mit Schwerpunkt auf dem (sozialen) Wohnungsbau initiiert. Diese Baugebiete liegen an den Rändern der Stadt im Südosten (Alt-Glienicke, Rudower Felder), im Osten (Weiße Taube, Eisenacher Straße), im Norden (Karow-Nord, Buch­holz-West) und im Westen (Staakener Felder).

 

Eine dritte Kategorie der Stadterweiterung bilden Projekte des gartenbe­zogenen Wohnens, die einen Sektor abdecken, der in Berlin bis heute stark unterentwickelt ist. Die Landstadt Gatow auf einer ehemaligen Flug­hafenfläche im Bezirk Spandau sollte ursprünglich überwiegend Bediens­teten des Bundes dienen. In Karlshorst-Ost und in Lichterfelde-Süd ent­stehen auf ehemaligen Militärflächen, in Pankow auf einstigen Rieselfeld­flächen vergleichbare Projekte von jeweils über 1.000 Wohneinheiten.
4             Denkmalpflege

Die moderne Denkmalpflege versteht sich als nachhaltige Disziplin. Das Bewahren, der Schutz und das Wieder-mit-Leben-Füllen historischer Bausubstanz spart Material, Energie und vermeidet neue Bauschuttberge. Reparatur oder Ersatz schöner Holzfenster mögen zunächst länger dauern und teurer kommen als der Einbau industriell gefertigter Elemente, auf Dauer aber rechnet sich die Erhaltung. Vom konservatorischen Stand­punkt ist die Reparatur authentischer Baustoffe und -materialien dem Austausch selbst dann vorzuziehen, wenn die Ersatzlösung in der Ge­staltung dem historischen Vorbild entspricht. Wie sinnvoll dieser Ansatz ist, bewies die Berliner Denkmalpflege nicht nur durch ihren maßgeb­lichen Beitrag zum bereits beschriebenen Förderprogramm Städtebau­licher Denkmalschutz.

                                                               Gartendenkmalpflege       Die Konservierung und Restaurierung von Gartendenkmalen ist am offen­sichtlichsten geeignet, nachhaltige Ziele zu unterstützen. Kultur- und Naturschutz sind hier zwei Seiten einer Medaille. Jeder größere Park, erst recht zusammenhängende Kulturlandschaften, bedürfen einer ganzheit­lichen Behandlung mit integrativ gesteuerten Pflege- und Entwicklungs­mechanismen, um Fehl- und Übernutzungen korrigierend zu steuern, öko­logisch-biologische Schäden aufzudecken und Therapien zur Gesundung zu entwickeln.

Bei etlichen historischer Plätzen, Parks und Gärten hat die Denkmalpflege in den letzten Jahren Versiegelungen verhindert, teilweise sogar vor­han­dene beseitigt. Beispiele sind der Südwestbereich des Gendarmenmarkts und die Straße Unter den Linden. Die Erhaltung, Ergänzung und Erneuer­ung historischer Pflanzungen gelang etwa bei der Nachpflanzung von 10 Bäumen auf dem Senefelder Platz, von 25 Bäumen am Boxhagener Platz, von 220 straßenbegleitenden Bäumen am Luisenstädtischen Kanal und 300 Bäumen an der Ebertstraße.

Weitere Leistungen erbrachte die Gartendenkmalpflege bei der Restau­rierung historischer Wasserflächen und Kleinbiotope. Im Schlosspark Buch wurde der Pankeverlauf renaturiert, im Schlosspark Charlottenburg die verbindenden Wasserarme zwischen Spree und Schlossteichen sowie die Überschwemmungswiesen wiederhergestellt und im Victoriapark verschüttete Wasserflächen wie die Wolfsschlucht wieder ausgehoben.

                                                               Umnutzung von Baudenkmalen      Die Konversion funktionslos gewordener Industrie- und Technik­denk­male ist ein fundamentaler Beitrag zu städtischer Nachhaltigkeit. Für Fabrik- und Infrastrukturanlagen etwa in Siemensstadt und Oberschöne­weide, für die vielfältigen historischen Zeugnisse der Wasser- und Ener­gieversorgung und des Verkehrs hat die Denkmalpflege Umnutzungs- und Zwischennutzungskonzepte erarbeitet.

Besonders gelungene Beispiele der letzten Jahre sind

          das ehemalige Narva-Gelände, die heutige Oberbaum-City in Friedrichshain,

          das Borsiggelände in Tegel, wo in den alten Hallen Shopping- und Freizeitwelten entstanden,

          die Lagerung von Beständen der Staatsbibliothek in den Speichern des Westhafens,

          die Wandlung von Kühlhaus und Speicher am Osthafen zum Büro- und Medienstandort, heute genutzt als Deutschlandzentrale von Universal Music,

          die Arena in Treptow, eine leerstehende Bushalle, die unter öko­logischen Gesichtspunkten mit einem Photovoltaik-Dach versehen wurde und sich zu einem erfolgreichen Kulturstandort entwickelt hat,

          die Textilfabrik in Niederschöneweide, die zur privat finanzierten Waldorfschule umgenutzt und deshalb mit der Ferdinand-von-Quast-Medaille ausgezeichnet wurde.

Die Information der Öffentlichkeit über die vorhandene Substanz spielt eine zentrale Rolle. Unter dem Arbeitstitel "Wirtschaft und Denkmal­pflege" führte die IHK Berlin 1998 eine – im Jahr 2000 publizierte – Veranstaltungsreihe zur Nachnutzung von denkmalgeschützten inner­städtischen Gewerbebauten durch. Auch der 2000 von der BEWAG unter dem Titel "Elektropolis Berlin" veröffentlichte Immobilien- und Denk­malkatalog verkäuflicher Umspannwerke half, das Potential möglichen Nutzern bekannt zu machen.

                                                               Denkmalliste      Die Aufnahme von Gartendenkmalen und Denkmalbereichen in das Denkmalschutzgesetz 1995 schuf die Möglichkeit, auch raumgreifende Freiflächen und zusammenhängende Ensembles einer behutsamen Ent­wicklung zu unterziehen. Im Denkmalverzeichnis des Landes sind heute rund 8 000 Denkmalpositionen aufgeführt. Über 70 % davon sind Bau­denkmale, rund 20 % Denkmalbereiche. Mehr als 500 Gartendenkmale und knapp 50 Bodendenkmale und archäologische Fundstellen komplet­tieren die Denkmalsliste. Damit stehen knapp 5 % aller Bauwerke Berlins unter Denkmalschutz.

5           Grünes Berlin

Über 42 Prozent des Berliner Stadtgebiets sind Grün- und Wasserflächen mehr als in jeder anderen Großstadt Deutschlands. Zwischen den Sied­lungsachsen führen Landschaftsräume tief in die Stadt. Sie bieten Erhol­ung und Freizeit und erfüllen wichtige Ausgleichsfunktionen – etwa als Frischluftkorridore, die das Stadtklima stabilisieren. Dieses wertvolle Freiraumsystem gilt es zu sichern. Bauprojekte in diesen Räumen sollen auf das Notwendige begrenzt und ökologischen Erfordernissen angepasst werden. In der Innenstadt müssen Parks, Plätze, Grünanlagen, aber auch die vorhandenen öffentlichen Spielplätze qualitätsvoll gestaltet werden – mit dem Tiergarten als grüne Lunge des Zentrums und Kern­stück des Freiraumsystems. Ca. 80.000 Kleingärten stellen eine typische Berliner Form innerstädtischer Erholungsfläche dar. An der Peripherie werden Naherholungsqualitäten schonend ausgebaut.

Ziel ist es aber auch sicherzustellen, dass ein funktionierender Naturhaus­halt seine Versorgungsaufgaben – etwa für die Trinkwassergewinnung – erfüllen kann. Deshalb gilt es, den Bodenverbrauch insgesamt zu mini­mieren, und für ökologisch sensible Bereiche, Biotope und Vegetations­bestände spezielle Schutz- und Entwicklungsanforderungen zu erarbeiten.

                                                               Naturschutz        Das Berliner Naturschutzgesetz. transportiert den modernen Gedanken einer flächenhaften Naturschutzarbeit. Ge- und Verbote können jetzt nicht nur in Landschaftsschutzgebieten, sondern auch in Landschafts­plangebieten festgesetzt werden. Eingeführt wurde die Halterhaftung für Fahrzeuge und die Haftung des Verursachers bei rechtswidrigen Veränderungen von Natur und Landschaft. Die Duldungspflichten für Schutz-, Pflege- und Ent­wicklungsmaßnahmen wurde neu gefasst. Zu den gesetzlich geschützten Biotopen zählen seither auch Trockenrasen und Feldhecken.

Schwerpunkt der Änderung des Berliner Natur­schutzgesetzes ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Erhaltung natürlicher Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH- Richtlinie), der Vogelschutzrichtlinie, und der Zoo-Richtlinie. Daneben wird das bisher eigenständige Röhricht­schutzgesetz mit aktualisiertem Inhalt integriert.

                                                               Landschaftsprogramm      Im Dezember 2002 verfügte Berlin über 50 Landschaftsschutzgebiete mit 10.924 ha (das sind mehr als 12 % der Landesfläche), 35 Naturschutz­gebiete mit 1818,5 ha (2 %), 20 geschützte Landschaftsbestandteile mit fast 30,5 ha (0,004 %) und über 6.941 Naturdenkmale. Damit stehen mehr als 14 % der Landesfläche unter Schutz.

Das Landschaftsprogramm sieht vor, diese Zahlen noch zu erhöhen und 20 % der Landesfläche als Landschafts-, 3 % als Naturschutzgebiet zu sichern. Tatsächlich sind knapp 1.000 weitere Flächen als wertvoll ein­zuschätzen. Im Jahr 2000 hat die oberste Naturschutzbehörde ein Priori­tätenkonzept für die Unterschutzstellungen dieser Flächen vorgelegt. Für 47 potentielle Schutzgebiete und -objekte (knapp 200 der 1.000 Flächen) sind danach dringend Unterschutzstellungsverfahren durchzuführen. Nahezu 80 % davon liegen im Ostteil Berlins. Derzeit werden für die folgenden Flächen mit hoher Priorität Unterschutzstellungsverfahren durchgeführt:

          NSG/Fredersdorfer-Mühlenfließ

          NSG/Die Bänke

          LSG Blankenfelder Feldflur

          LSG – Waldlandschaft Spree/Dahme

                                                               Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie      Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie der EU zielen darauf, durch die Erhaltung der natür­lichen Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen die Artenvielfalt zu sichern. Dazu soll ein zusammenhängendes europäisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 entstehen. Die Mit­gliedsstaaten müssen der EU Listen aller Gebiete vorlegen, die die Kriterien der Richtlinie erfüllen. Im November 1997 hat das Land Berlin seine FFH-Gebiete gegenüber dem Bundesministerium benannt und in den folgenden Jahren diese Liste um weitere Flächen ergänzt. 17 Berliner Gebiete mit 6211 ha (7 % der Landesfläche) sind so für Natura 2000 ge­meldet worden. Welche davon in das Schutzgebietssystem einbezogen werden, muss die EU entscheiden.

                                                               Pflege- und Entwicklungspläne      In Pflege- und Entwicklungsplänen (PEP) wird über verschiedene Szena­rien für die Schutzgebietsentwicklung – von der Duldung der Sukzession bis zu unterschiedlichen Intensitäten der Pflegemaßnahmen und vorhan­denen Nutzungen – ein gebietsbezogenes Leitbild entwickelt und auf dieser Grundlage die erforderlichen Schutz-, Pflege- und Entwicklungs­maßnahmen geplant. Für 13 Naturschutzgebiete wurden Pflege- und Entwicklungspläne erstellt:

          NSG Bäkewiese

          NSG Sandgrube im Jagen 86 des Grunewaldes

          NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ

          NSG Karower Teiche

          NSG Idehorst

          NSG Fauler See

          NSG Malchower Aue

          NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ

          NSG Wartenberger/Falkenberger Luch

          NSG Falkenberger Rieselfelder

          NSG Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzug

          NSG Mittelbruch

          NSG/LSG Schöneberger Südgelände

Für zwei weitere Naturschutzgebiete steht die Fertigstellung der Pflege- und Entwicklungspläne unmittelbar bevor.

                                                               Maßnahmen und Projekte               Neu ausgewiesene Schutzgebiete in den Bezirken Köpenick, Pankow und Lichtenberg (Ortsteil Hohenschönhausen) stellten in den letzten Jahren wegen ihrer Größe, der Biotopvielfalt und dem enormen Nachholbedarf an Pflegemaßnahmen eine große Herausforderung für die Landschafts­pflege dar. Viele davon enthalten offene Flächen, die die Landwirtschaft aufgegeben hat. Für einige dieser Gebiete ist es gelungen, Nutzer zu finden, die eine schutzgebietsverträgliche Landnutzung wieder auf­nehmen. Da dies für die Betriebe meist unrentabel ist, hat die oberste Naturschutzbehörde mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Techno­logie spezielle Förderprogramme entwickelt. Bei Gebieten, für die auch mit Förderung kein Nutzer gefunden werden konnte, wurden Fachfirmen und Landwirtschaftsbetriebe mit der nötigen Pflegemahd beauftragt.

Das Programm zur Förderung wiesenbrütender Vogelarten im Rahmen der extensiven Wiesennutzung für das NSG Gosener Wiesen und Seddin­see führte von 1996 bis1999 zu einer erheblichen Verbesserung des Brut­erfolges dieser Arten.

Im NSG Falkenberger Rieselfelder (und einer Reihe weiterer Flächen im Barnim) wird mit dem Förderverein Naturschutzstation Malchow seit mehreren Jahren ein Projekt zum Einsatz von Heckrindern (Auer­ochsenrückkreuzung) erfolgreich durchgeführt – zur Pflege der Offen­landschaft und um das Gebiet für Besucher attraktiver zu machen. Die Wirtschaftsweise der Naturschutzstation wurde inzwischen mit dem Gütesiegel Biolandwirtschaft zertifiziert.

Viele Moore und Feuchtgebiete sind durch Grundwasserabsenkung gefährdet. Als Gegenmaßnahmen wurden Wiedervernässungs- und Bewässerungsprojekte in den NSG Teufelsbruch, Großer Rohrpfuhl, Barssee, Teufelssee, Fließwiese Ruhleben und Pfaueninsel geschaffen. Infolge des großflächigen Wiederanstieges des Grundwasserspiegels kann die Situation in den nächsten Jahren durch eine jeweils schutzgebietsver­trägliche Konzeption zur Grundwassernutzung verbessert werden.

Im Bezirk Pankow war das NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ mit seinem Kalkquellmoor durch Wassermangel in Folge der Rieselfeldumge­staltung gefährdet. Ein indirektes Bewässerungssystem konnte die Quell­tätigkeiten stabilisiert und versiegte Quellen aktivieren. Mit den Sicker­teichen außerhalb des NSG entstand zugleich ein wichtiger Lebensraum für Amphibien und Vogelarten.

Weitere Projekte seien hier stichwortartig genannt:

          Rückbau umfangreicher baulicher Anlagen im Bereich Kaniswall im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, im NSG Wilhelms­hagen-Woltersdorfer Dünenzug und NSG Wartenberger/Falken­berger Luch;

          Wiederherstellung einer Binnendüne durch großflächige Über­sandung im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee

          die Wiederherstellung und Entwicklung hochgradiger Feucht­wiesen- und Niederungsbereiche im NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, NSG Mal­chower Aue, NSG Krumme Laake/Pelzlaake, NSG Wartenberger/ Falkenberger Luch und LSG Spandauer Forst sowie im Bereich des ehemaligen Hermsdorfer Sees im LSG Tegeler Fließ;

          Zurückdrängung der Verbuschung in den Mooren der NSG Lang­es Luch, NSG Hundekehlefenn, NSG Gosener Wiesen und Sed­dinsee und NSG Krumme Laake/Pelzlaake;

          Sicherung der Mindestwasserführung und Anlage neuer Kleinge­wässer zum Schutz der bedeutsamen Amphibienvorkommen (Rot­bauchunke und Wechselkröte) im NSG Falkenberger Rieselfelder;

          Entschlammung der Gewässer im NSG Ziegeleigraben/Albtalweg und einiger Fließe im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee,

          Förderung der Heckenstrukturen, der Obstalleen und alter Obst­anlagen im NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ, im LSG Feldflur Gatow/ Kladow, LSG Rieselfelder Karolinenhöhe und LSG Kaulsdorfer Seen

          Umsetzung schutzgebietsverträglicher Wegesysteme, Installation von Beobachtungsplattformen und Informationstafeln in den NSG Fauler See, NSG Karower Teiche, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee und im NSG/LSG Schöneberger Südgelände.

                                                               Röhrichtschutz   Um den Rückgang der Röhrichte aufzuhalten, wird seit 1983 ein umfang­reiches Röhrichtschutzprogramm durchgeführt. Die einst aufwändige Erfassung der Bestände vor Ort wurde durch regelmäßige Luftbildaus­wertungen ersetzt, wie sie in Berlin bereits bei der Waldzustands- und Straßenbaumbewertung üblich sind. Die Kartierung im Jahr 2000 ergab, nach drastischen Rückgängen bis in die 80er Jahre hinein, an vielen Standorten wieder ein Zuwachs zu verzeichnen ist.

Möglich wurde dies durch die ergriffenen Schutzmaßnahmen. Wellenschutzbauten vor vorhandenen Röhrichtbeständen sowie umfangreiche Neuanpflanzungen wurden an 23 km Ufer durchgeführt. Um geeignete Flachwasserbereiche zu schaffen, wird dazu eine Sandbank vor erodierten Uferbereichen aufgeschüttet, mit Röhricht be­pflanzt und durch eine Palisade vor Wellenschlag und Erosion geschützt. Am Seddinsee und am Langen See wurden so rund 1500 m Ufer renatur­iert. Weitere Stellen, an denen neue Röhrichtgürtel entstanden, sind die Insel Zeuthener Wall im Zeuthener See (1998), das NSG Insel Imchen bei Kladow (1999), die Spandauer Unterhavel, Tegeler See, Krumme Lanke, Schlachtensee, Griebnitz- (2001/2002) und Polesee.

                                                               Landschaftsplanung          Die Aufgaben der Landschaftsplanung reichen von den Planungen des engeren Naturschutzes und freiraumbezogenen Belangen der Erholung über die Prüfung der Umweltverträglichkeit anderer Planungen bis hin zu einer umfassenden integrierenden Umweltvorsorgeplanung. Instrumente hierfür sind das Landschafts- und Artenschutzprogramm und die Land­schaftspläne.

                                                               Landschafts- und                Während der Flächennutzungsplan Art und Maß der geplanten Nutzungen

                                                               Artenschutzprogramm     darstellt, legt das 1994 in Berlin eingeführte Landschafts- und Arten­schutz­programm (LaPro) die hierfür erforderlichen Qualitäten fest. Zusammen bilden beide Instrumente die Grundlage der Berliner Stadt­entwicklung. Berlin ist eines der wenigen Bundesländer, bei dem auf­grund dieser Parallelität gute Voraussetzungen für die Berücksichtigung landschaftsplanerischer Ziele in der Bauleitplanung bestehen. Das belegt eine Untersuchung der TU Berlin im Auftrag des Bundesamtes für Natur­schutz aus dem Jahr 1998.

Das LaPro wird dabei ständig fortgeschrieben. Zur Zeit sind 66 Änder­ungsverfahren eingeleitet, 30 davon wurden bereits öffentlich ausgelegt. Im aktuellen Ergänzungsverfahren zum LaPro wurden zwei wichtige Erfordernisse erstmals geregelt: FFH-Gebiete und Darstellungen der Kategorie Naturpark finden Eingang in den Programmplan Biotop- und Artenschutz, vor allem aber wird eine gesamtstädtische Ausgleichs­konzeption entwickelt.

                                                               Gesamtstädtischer Ausgleich         Neuregelungen im Baugesetzbuch ebneten ab Januar 1998 den Weg zu einer Bündelung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen. Da Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft nicht mehr zwingend im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes auszugleichen sind, können entsprechende Maßnahmen an landschaftsplanerisch sinnvoller und dringlicher Stelle im Stadtgebiet konzentriert werden. Der Senat hat im November 1998 ein Ergänzungsverfahren zum Landschafts- und Arten­schutzprogramm beschlossen, mit dem eine gesamtstädtische Ausgleichs­konzeption entwickelt wird. Dabei wurden prioritäre Räume und 43 kon­krete Ausgleichsflächen ermittelt. Die Festschreibung dieser Konzeption im Berliner Naturschutzgesetz sichert eine übergreifende und nachhaltig­ere Handhabung der Ausgleichsidee.

                                                               Freiraumsystem Das Herz des Berliner Freiraumsystems ist der Große Tiergarten. Er ist Kreuzungspunkt der beiden grünen Achsen, die sich in Ost-West-Rich­tung entlang der Stadtspree und in Nord-Süd-Richtung aus der Panke-Niederung über die Stadtmitte, Gleisdreieck und Südgelände zur Kulturlandschaft des Teltow durch das Stadtgebiet ziehen. Um die dichtbebaute gründerzeitliche Innenstadt erstreckt sich mit Kleingärten und Friedhöfen der innere Parkring und am Stadtrand der äußere Parkring, der noch vollständig auszubilden ist.

Von übergeordneter stadtstruktureller Bedeutung sind für die gesamte Stadt im Nordwesten die Naherholungsgebiete Spandauer und Tegeler Forst, im Südwesten Grunewald und Wannsee, im Südosten Müggelsee und Müggelberge und im Nordosten das neue, landwirtschaftlich geprägte Naherholungsgebiet auf dem Berliner Barnim. In allen diesen Bereichen wurden und werden zahlreiche Projekte bearbeitet:

          Ufergestaltungen im Bereich der Wasserstadt Rummelsburger Bucht

          Teilbereiche der Spreeuferpromenade in Charlottenburg

          der Pankeweg von der Spree bis zur Stadtgrenze bei Buch mit einer Anbindung an den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.

Auf dem inneren Parkring geht es um folgende Projekte:

          der Mauerpark,

          der Naturpark Schöneberger Südgelände, der im Mai 2000 als Berliner Beitrag zur Expo 2000 eingeweiht wurde,

          die Parkanlage Alt-Stralau, der Stadtteilpark Nordbahnhof und der Volkspark auf dem Tempelhofer Flugfeld deren Planungen in Wettbewerben konkretisiert wurden,

          das Gleisdreieck, für das im Rahmen des Planwerks Innenstadt ein abgestimmtes Entwicklungskonzept vorliegt.

Die Projekte auf dem äußeren Parkring sind:

          der Landschaftspark Johannisthal-Adlershof,

          Einzelabschnitte des Wuhlegrünzuges, wie der Wuhlgarten, der Wuhlepark am Landsberger Tor, der Seelgraben, die Grüne Aue oder der Rohrbruchpark, für die die Planungen durch Wettbewerbe und Landschaftspläne konkretisiert wurden (Der erste Spatenstich für den Wuhlepark erfolgte im Juni 2000),

          die Gestaltungsvorbereitung von Landschaftsparks durch die Wett­bewerbe Gutspark Falkenberg und Wartenberger Feldmark in Hohenschönhausen,

          Realisierung des Wettbewerbes Parkanlage Neue Wiesen und des Arboretums in Weißensee,

          Gestaltungsvorbereitung für den Pankepark Buch,

          ein Rekultivierungskonzept für die landschaftliche Einbindung des zukünftigen Erholungsschwerpunktes Arkenberge in Pankow,

          die Verbindung neuer und alter Parkanlagen durch den Barnimer Dörferweg,

          Planungen für die Renaturierung des Bullengrabensystems und der Egelpfuhlniederung im Bezirk Spandau. Die Realisierungen werden Ende 2008 abgeschlossen sein.

                                                               Landschaftspläne               Landschaftspläne konkretisieren die Ziele und Maßnahmen des Land­schafts­programms. Für 11 % des Stadtgebietes sind derzeit 116 Land­schaftspläne im Verfahren, 31 davon wurden in den letzten Jahren ein­geleitet. Das Instrumentenspektrum der bereits festgesetzten 14 Land­schafts­pläne reicht vom baulichen Maßnahmen (z. B. am Flughafensee) über Verpflichtungen zum Erhalt und zur Nachpflanzung von Vege­tationsbeständen (St.-Jakobi-Friedhof) bis hin zur Sicherung landschaft­licher Reliefstrukturen (Grunewaldseenkette). Zur Beschleunigung der Verfahren wurde das Handbuch der Berliner Landschaftspläne überar­beitet und in der dritten Auflage veröffentlicht. Über Intranet sowie Internet ist es seit Mai 2000 den Bezirken, Naturschutzverbänden, Planungsbüros und der Öffentlichkeit zugänglich.

                                                               Biotopflächenfaktor          Der Biotopflächenfaktor (BFF) wurde 1997 anhand eines beispielhaften Landschaftsplans für Moabit entwickelt. Der BFF stellt eine Kennzahl dar, mit der sich grüne Belange gerade in dicht bebauten Innenstadt­ge­bieten steuern lassen. Ähnlich den Kennwerten der Bauleitplanung wie Bruttogeschossfläche (BGF) und Geschossflächenzahl (GFZ), die das Maß der baulichen Nutzung regeln, benennt der BFF den Flächenanteil eines Grundstückes, der als Pflanzenstandort dient oder sonstige Funk­tionen für den Naturhaushalt (Versickerung, Verdunstung) übernimmt. Zur Zeit sind 14 BFF-Landschaftspläne in sechs Bezirken im Verfahren. Die Landschaftspläne Frankfurter Allee-Süd (Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg), Charlottenburger Innenstadt (Bezirk Wilmersdorf-Char­lot­ten­burg), und Tempelhof Nord (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) sind in den Jahren 1999 bis 2001 als Rechtsverordnung festgesetzt worden.

                                                                               Bebauungspläne und Baugenehmigungen   Die Ziele der Landschaftsplanung sind auch in Bebauungspläne, Vor­haben- und Erschließungspläne aufzunehmen, soweit dies rechtlich ge­boten und nach den Planungszielen gerechtfertigt ist. Für die Ebene der verbindlichen Bauleitplanung wurden 19 beispielhafte textliche Fest­setzungen abgestimmt. Dieser Katalog ermöglicht, soweit kein Erfordernis für einen eigenständigen Landschaftsplan besteht, die Integration der Ziele des Landschaftsprogramms in die Bebauungs­pläne.

                                                               Umweltverträglichkeitsprüfung     Das neue UVP-Gesetz vom Juli 2000 hat die Liste der UVP-pflichtigen Projekte erheblich erweitert. Im Rahmen der Prüfung werden die vor­aussichtlichen Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertet. Während die Prüfung einzig Entscheidungen vorbereitet, resultieren aus der anschließend erforderlichen Eingriffsregelung konkrete Regelungen und direkte Rechtsfolgen.

                                                               Eingriffsregelung              Mit der Verankerung der Eingriffsregelung im Berliner Naturschutzgesetz wurden Natur und Landschaft aus ihrer traditionellen Bindung an be­stimm­te Reservate und Schutzgebiete gelöst und ein flächendeckender Schutz- und Entwicklungsanspruch konkretisiert. Die naturschutz­recht­liche Eingriffsregelung legt für den Einzelfall fest, wie vorhabenbedingte Schäden an Naturhaushalt oder Landschaftsbild zu vermeiden, zu mini­mieren und soweit erforderlich durch (Ausgleichs-) Maßnahmen wieder zu beheben sind. Zu den Vorhaben, gehören die Planungs- und Bauvorhaben am Potsdamer-/Leipziger Platz, rund 20 Projekte im Ent­wicklungsbereich Parlaments- und Regierungsviertel, der Wasserstraßen­ausbau im Rahmen des Projekts Deutsche Einheit 17 (4 Verfahren), Straßenbauprojekte wie der Autobahnbau in Neukölln und über ein Dutzend Großprojekte der Deutschen Bahn AG.

                                                               Artenschutz        Artenschutz ist vorrangig Schutz und Gestaltung der Lebensräume. In dieser Hinsicht steht er in engster Verbindung zu den bereits beschriebe­nen allgemeinen Naturschutzaktivitäten des Landes. Daneben verfolgt Berlin allerdings auch etliche spezifische Artenschutzprogramme.

Im Artenhilfsprogramm Fledermäuse wurden Winterquartiere kontrol­liert und verbessert. In der Zitadelle Spandau konnte so eins der größten Fledermaus-Winterquartiere Mitteleuropas gesichert werden. Seit 1997 veranstaltet die Stiftung Naturschutz Berlin dort das jährliche Europä­i­sche Fest der Fledermäuse – mit beträchtlichen Auswirkungen auf das öffentliche Bewusstsein. Dies und die Aktivitäten des Artenhilfspro­gramms zeigen Erfolge. Der Winterbestand des Großen Mausohrs hat von rund 110 auf 240 Tiere zugenommen, wobei der stärkste Bestandsanstieg in den ehemaligen Filteranlagen der Wasserwerke Tegel und Friedrichs­hagen zu verzeichnen ist.

Begonnen wurde ein Artenhilfsprogramm für an Wasser gebundene Säugetiere - vor allem Biber und Fischotter. Beide Arten haben im Zuge ihrer natürlichen Wiederausbreitung in Brandenburg das Berliner Stadt­gebiet erreicht. Insbesondere die Ansiedlung des Bibers in den durch vielfältige menschliche Nutzung geprägten Berliner Havelseen hätte man vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten.

Im Artenhilfsprogramm Gebäudebrüter erschien im Spätsommer 2000 eine Broschüre Tiere als Nachbarn. Sie enthält ausführliche Hinweise, wie man Vogel- und Fledermausarten durch oft einfache Konstruktionen Brutplätze oder Quartiere schaffen kann. Der Bestand der Dohle (Corvus monedula) etwa ist in den letzen Jahren auf weniger als die Hälfte zusam­mengeschmolzen und beträgt nur noch rund 130 Paare. Deshalb wurde für diese Vogelart 2001 ein eigenes Hilfsprogramm begonnen.

Erfolgreich waren die im Artenhilfsprogramm Eisvogel ergriffenen Maß­nahmen für diese Art. Die in den Vorjahren angelegten Nistmög­lichkeiten wurden an verschiedenen Stellen angenommen.

1999 trat ein weiteres für Berlin relevantes Regionalabkommen der Bon­ner Konvention in Kraft: das Abkommen zum Schutz der afrikanisch-eurasischen Wasservögel. Dieses hat zum Ziel, die Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete der wandernden Wasservögel zu sichern und zu verbessern. Dazu wurde untersucht, welche Bedeutung die Berliner Ge­wässer für die Arten des Abkommens haben. Vorläufiges Ergebnis ist die überregionale Bedeutung von Teilen der Berliner Unterhavel und des Müggelsees im Winterhalbjahr. Viele wichtige Berliner Vogelbrutgebiete sind mittlerweile in Schutzgebieten gesichert. Durch Maßnahmen zur Abwendung von Störungen und durch neue Nistplattformen stabilisierte sich der Bestand an Trauerseeschwalben im EU-Vogelschutzgebiet am Müggelsee. Ein erfreuliches Ergebnis von Landschaftspflegemaßnahmen ist die Ansiedlung des Kranichs, der seit 1997 zu den Brutvögeln Berlins zählt.

Ein wesentlicher Teil der internationalen Bestimmungen des Artenschutz­es beziehen sich auf die Kontrolle des Handels mit besonders geschütz­ten Tier- und Pflanzenarten. Auf der Basis der Vorgaben durch EU und Bundesamt für Naturschutz wird diese Aufgabe in Berlin von den Unte­ren Naturschutzbehörden wahrgenommen.  In einigen Fällen mussten Ordnungswidrigkeits- bzw. Strafverfahren eingeleitet werden.

Kooperation mit anderen Trägern  Ehrenamtliche und außerbehördliche Naturschutzorganisationen und Fachleute finden sich in Berlin im Sachverständigenbeirat zusammen. Er berät die Behörden und fördert durch intensive Öffentlichkeitsarbeit das Verständnis für Naturschutz und Landschaftspflege in der Bevölkerung. Ein wichtiger Aspekt der Beiratsarbeit war die Fortschreibung der Roten Listen bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Die Herausgabe der Liste der wildwachsenden Gefäßpflanzen des Landes Berlin – einschließlich Roter Liste – 2001 markiert ein wichtiges Teilergebnis. Noch nicht abgeschlos­sen ist ein Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen, der jede ein­zelne Pflanzenart charakterisiert, bewertet und darstellt, wo sie in Berlin vorkommt.
Wald in der Großstadt      Der Waldanteil Berlins liegt mit über 16.000 ha bei 18 % der Landes­fläche. Rund 3% davon sind im Eigentum des Bundes oder in Privat­eigentum, der Rest gehört dem Land. Nach der Rückübertragung der Berliner Stadtwälder im Land Brandenburg (ca. 13.000 ha) verfügt Berlin insgesamt über rund 29.000 ha Wald, der überwiegend durch die Berliner Forsten bewirtschaftet wird.

Unter den Baumarten der Wälder innerhalb des Landes Berlin nimmt die Kiefer mit einem Anteil von 63% der Fläche die führende Position ein, gefolgt von der Eiche mit 15%. Durch naturgemäßen Waldbau wird der Anteil der Kiefer zugunsten des Anteils heimischer Laubbaumarten weiter abnehmen.

                                                               Waldpflege          Aufgabe der Waldpflege ist es, das Ökosystem Wald zu erhalten und schonend und kostensparend unter Ausnutzung natürlicher Prozesse zu sichern. Dabei wird hochwertiges Holz produziert und nachhaltig genutzt. Ziel der Bewirtschaftung sind altersmäßig gestufte und artenreiche Dauer­wälder. In den 90er Jahren wurden vor allem in den Nachkriegs-Aufforst­ungsbeständen im Grunewald monokulturartige Waldbilder in stabilere, vielfältigere Ökosysteme umgewandelt. In einstmals militärisch genutzten Gebiete wurden alte Wegenetze neu geknüpft und die Waldbestände standortgerecht entwickelt. Aktueller Schwerpunkt ist der Aufbau des Hobrechtswalds auf dem Bucher Barnim. Dabei werden unbelastete Böden der nahen Berliner Großbaustellen zur Melioration verwendet.

                                                               Zertifizierung     Am 16. Juni 2002 wurde der Berliner Wald mit einem internationalen Gütesiegel ausgezeichnet. Das Zertifikat wurde durch den weltweit operierenden unabhängigen Forest Stewardship Council (FSC) überprüft. Gleichzeitig zertifizierte auch der Naturland-Verband den Berliner Wald.

                                                               Waldzustand       Im Jahr 2002 haben Berlin und Brandenburg zum zweiten Mal länderübergreifend und unter Einbeziehung der Fachbehörden für Luftreinhaltung beider Länder einen gemeinsamen Waldzustandsbericht erarbeitet. In Berlin blieben 2002 19 % (im Jahr 2001 12%) der Waldfläche ohne sichtbare Schadsymptome (Stufe 0), 57% (2001 59%) sind leicht geschädigt (Stufe 1) und 24% (2001 29%) weisen deutliche Schäden bis zum Absterben auf (Stufen 2 bis 4). Damit hat sich de seit 1999 erkennbare Trend der Verschlechterung nicht weiter fortgesetzt. Die starke Reaktion des Waldes auf die für die Region nicht untypischen Witterungsschwankungen weist dabei auf eine eingeschränkte Vitalität der Berliner Wälder hin.

Diese Reaktionen deut­en allerdings auch auf tiefer liegende Probleme hin. So werden die Be­lastbarkeitsgrenzen des Waldökosystems durch das gesellschaftliche Verhalten weiterhin anhaltend überschritten. Aus zu hohen Einträgen an Stickstoff und Säurebildnern durch Luftverun­reinigungen resultieren Eutrophierung und anhaltende Bodenversauerung. Darüber hinaus liegen die Ozonkonzentrationen in der Waldluft beson­ders während der Vege­tationszeit auf einem unveränderten, zu hohen Niveau. Dennoch zeigt die positive Entwicklung des Waldzustandes seit 1991 in der Gesamtregion, dass durch den signifikanten Rückgang der Emissionen aus Kraftwerken und Industrieanlagen und durch Schad­stoffreduktion bei Fahrzeugen viel erreicht wurde.

                                                               Forstliche Rahmenplanung             Zur länderübergreifenden Abstimmung der Forstplanungen im engeren Verflechtungsraum wurde bereits 1994 eine gemeinsame interminister­ielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Forstverwaltungen von Berlin und Brandenburg eingerichtet. Bundesweit erstmalig wird in einer länder­übergreifenden Forstlichen Rahmenplanung (FRP) ein querschnittsorien­tierter Ansatz verfolgt. Diese Betrachtung des Waldes in seinem Umfeld und als Bestandteil der Natur- und Kulturlandschaft fördert die Integra­tion von Zielen einer aktiven Forstpolitik in Landes- und Fachplanungen. Die FRP wurde 1999 abgeschlossen und ist auf einen Planungshorizont von 15 bis 20 Jahren angelegt. Nach Zustandserfassung und Beurteilung des Istzustandes konzentriert sich die eigentliche Planungsphase auf folgende Schwerpunkte:

          Waldvermehrung
In Brandenburg sind rund 5.090 ha als Vorbehaltsgebiete für Erst­aufforstung ausgewiesen, vorrangig in den Kreisen Potsdam-Mittel­mark und Teltow-Fläming. Es handelt sich vorwiegend um Gebiete, die zur Arrondierung und Vernetzung von Waldgebieten beitragen können. Nach Abstimmungen mit der brandenburg­ischen Landwirtschaft wurden 1999 geeignete Flächen kartiert. Die dabei ermittelten rund 4.700 ha werden zuerst aufgeforstet.

          Waldumbau
Naturnahe, stabile Waldbestände sollen durch eine stärkere Struk­turierung mit standortgerechten Baumarten und mit kleinräum­igem Wechsel von Beständen unterschiedlichen Alters gefördert werden.

          Erholungswaldplanung
Planungsansätze für Erholungswald wurden unter Berücksich­tig­ung von Attraktivität und Erreichbarkeit entwickelt. Im engeren Verflechtungsraum können 40% der Waldfläche als attraktiv gelten. Nach dem Abschluss des Waldumbaus erhöht sich der Anteil der attraktiven Wälder auf 65 %. In Berlin gelegene Wälder sind zu 100 % als Erholungswald eingestuft.

                                                               Erhalt und Schutz des Waldes        Die Schädigung des Waldes ist allenfalls mit einem Bündel differenzierter abgewogener Maßnahmen aufzuhalten. Neben der weiterhin nötigen kon­sequenten Luftreinhaltepolitik tragen die Berliner Forsten durch unter­schied­liche Maßnahmen zum Erhalt und Schutz der Berliner Wälder bei:

          Der naturnahe Waldbau wird weiter intensiviert. Chemische Mit­tel und Maschinen zur Pflanzung werden nicht eingesetzt.

          Die natürliche Verjüngung des Waldes wird durch die Pflanzung einheimischer und florengerechter Baum- und Straucharten er­gänzt, um Artenvielfalt und Stabilität zu erhöhen.

          Die Eigennachzucht stabiler, vitaler Jungpflanzen in forsteigenen Baumschulen wird intensiviert.

          Zur Schonung des Waldbodens werden wo möglich Pferde an­stelle von Maschinen eingesetzt.

Neben der schonenden Waldpflege setzen die Berliner Forsten einen be­sonderen Schwerpunkt auf Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit und auf die Waldpädagogik.

                                                               Waldschulen       Waldschulen sind erlebnispädagogische Einrichtungen, in denen Kindergruppen und Schulklassen den Wald und die Natur bei ganztägigen Veranstaltungen spielerisch und aktiv erforschen können. Es existieren sieben derartige Einrichtungen: eine Waldschule der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., die anderen sechs Einrichtungen (ehemals von Berliner Forsten betrieben) werden seit Beginn dieses Jahres von zwei gemeinnützigen Trägern geführt. Die Angebote der Einrichtungen werden von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen angenommen. Im Durchschnitt der Jahre 1999 und 2002 haben jeweils rd. 30.000 Menschen, darunter rd. 20.000 Kinder die Einrichtungen der Berliner Forsten besucht. Bereits in den ersten sechs Monaten dieses Jahres (2003) nach dem Trägerwechsel hat sich die Besucherzahl nochmals erhöht; es wurden bisher 20.400 Personen, darunter über 14.000 Kinder und Jugendliche bei ganztägigen Walderlebnisveranstaltungen betreut. Auf diese Art wird jeder Berliner Grundschüler mindestens 1 x einen Waldtag erleben können.

                                                               Wildtiere im Stadtgebiet  Seit einigen Jahren kommt es in Berlin auch außerhalb von Waldgebieten vermehrt zum Auftreten von Wildtieren in der unmittelbaren häuslichen Umgebung. Besonders Wildschweine, aber auch Marder und Füchse haben sich trotz der zum Teil intensiven Bejagung vermehrt bzw. sind immer häufiger in den städtischen Bereichen anzutreffen. Dies führt unweigerlich zu Konflikten zwischen Mensch und Tier. Die Senatsverwaltung versucht u.a. durch Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung über den Umgang mit den „Wildtieren“ aufzuklären und den Bestand der Wildtiere in gewissen Rahmen einzugrenzen. Aufgrund der u.a. guten Nahrungsangebote und milden Winter sowie den zunehmend angepassten Verhaltensweisen der Wildtiere (Kulturfolger) sind auch für die Zukunft Konflikte nicht absolut auszuschließen, partiell ist gar mit einer Zunahme bislang unerwarteter Begegnungen mit stadtfremden Tieren auch durch neu einwandernde Arten, wie z.B. dem Waschbären zu rechnen.

                                                               Pflanzenschutz   Ziel städtischen Pflanzenschutzes ist es, nachhaltige Anbau- und Kultur­techniken, pflanzenzüchterische, biotechnische und biologische Maßnah­men in Land- und Forstwirtschaft, im Erwerbsgartenbau, im Garten- und Landschaftsbau, im öffentlichen Grün sowie im privaten Bereich und bei der Innenraumbegrünung zu fördern. Regelmäßig kontrolliert das Pflan­zen­schutzamt die sichere und sachgemäße Anwendung von Pflanzen­schutzmitteln und –geräten sowie deren Vertrieb. Jährlich werden etwa 900 Händler und Anwender geprüft, Beanstandungen gab es in 15 % der Fälle.

Beratungen und Schulungen bietet das Pflanzenschutzamt nicht nur für Fachleute, sondern auch für Hobbygärtner. Die Beratungstätigkeit zu Fragen eines umweltschonenden Pflanzenschutzes hat sich wie folgt entwickelt: 2000 – 14.211 Beratungen, 2001 – 14.097 Beratungen, 2002 – 11.250 Beratungen.

Nachfolgende Fragestellungen wurden in einer Reihe von Projekten im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung des Pflanzenschutzamtes im Bereich Forschung sowie der Datenaufbereitung uns –auswertung bearbeitet:

          Entwicklung von Empfehlungen zur Verbesserung von Straßen­baum­standorten (Check der Bepflanzungsplanung)

          Begleitung der Pilotphase des differenzierten Winterdiensts in seinen ökologischen Folgen

          Untersuchungen zur Sanierung von (erd)-gasbelasteten Baum­standorten

          Untersuchungen zu Wurzelreaktionen von Bäumen auf mecha­nische Verletzungen

          Biologischer Pflanzenschutz in der Innenraumbegrünung

          Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems zur Verbesser­ung der Pflanzengesundheit bei Großbauvorhaben

          Untersuchungen zu den Auswirkungen von Großveranstaltungen auf das Stadtgrün


6                    Mobile Stadt

Nachhaltigkeit im Verkehr ist eine Querschnittsaufgabe, die eine Ver­zahn­ung und Zusammenarbeit mit anderen Politikfeldern erforderlich macht. Im Idealfall vermittelt die Verkehrsplanung durch Bündelung von Einzelmaßnahmen zwischen ökologischen (saubere Luft, weniger Lärm, weniger Klimagas), ökonomischen (Sicherung des Wirtschaftsstandortes, Abbau städtischer Verschuldung) und sozialen Zielsetzungen des Ver­kehrs (gleiche Mobilitätschancen für alle Bevölkerungsschichten, Verkehrssicherheit). In der Praxis heißt das, sehr unterschiedliche Ansprüche gegeneinander abzuwägen und unter einen Hut zu bringen.

                                                               StEP Verkehr     Der Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr liefert Ziele, Strategie und einen Maßnahmenkatalogs für eine nachhaltige Mobilitätspolitik bis 2015. Zunächst wurde ein Katalog von Zielen und Indikatoren erarbeitet, anhand dessen infrastrukturelle, preispolitische, ordnungsrechtliche, organisatorische und bewusstseinsbildende Maß­nahmen gleichermaßen diskutiert werden. Die Wirkung dieser Maßnah­men wurde mit Hilfe der Szenarientechnik analysiert und auf ihre Finan­zierbarkeit geprüft. Denn der nötige Abbau der Neuverschuldung Berlins – auch er ein Ziel der Nachhaltigkeit – erfordert eine veränderte Investi­tionsstrategie im Verkehr.

Erarbeitet wurde der StEP Verkehr in einem offenen Diskussions­verfahren, bei dem neben Experten verschiedener Fachbereiche auch Vertreter ver­kehrsökologischer Interessensgruppen, der Lokalen Agenda 21, weiterer Nichtregierungsorganisationen, der Wirtschaft, der Gewerk­schaft und der Parteien teilnahmen. Ein wissenschaftlicher Beirat hat den Prozess begleitet und den Wissenstransfer gewährleistet. Im Frühjahr 2003 wurden die Arbeiten am StEP Verkehr abgeschlossen und am 8. Juli 2003 ist der StEP Verkehr vom Senat beschlossen worden.

Die Ergebnisse des Stadtentwicklungsplan Verkehr bestätigen den seit 2000 vollzogenen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik des Berliner Senats: Vorrang vor teuren Netzerweiterungen haben in Zukunft die Bestandspflege und die  Grundsanierung der Berliner Verkehrsinfra­struktur. Viel wichtiger als kostenintensive Netzerweiterungen sind für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele organisatorische und verkehrs­lenkende Maßnahmen. Die Analyse des StEP Verkehr hat gezeigt, dass alle Maßnahmen im Richtung Parkraummanage­ment/Parkraum­bewirt­schaftung, Abbau des Fahrzeitnachteils bei einer Nutzung des ÖPNV gegenüber dem Pkw (z.B. durch ÖPNV-Beschleunigung, Verkürzung der Umsteigewege usw.) besonders stark in Richtung Nachhaltigkeitsziele wirken. Der StEP Verkehr zeigt, dass es auch in Zukunft Handlungs­bedarf hinsichtlich der Senkung des Klimagases CO2 im Berliner Verkehr geben wird. Insbesondere durch eine verstärkte Nutzung des Fahrrads könnte der derzeitige Trend einer Zunahme zumindest gebremst werden. Daher spielen verstärkte Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehr eine große Rolle.

                                                               Entwicklung der letzten Jahre       In den 90er Jahren – das hat die Bestandsaufnahme für den StEP Verkehr gezeigt – hat die Verkehrsentwicklung nachhaltige Ziele weder im öko­nomischen (Klimagasemissionen, Lärm- und Luftbelastungen) noch im ökonomischen Bereich (steigende Verschuldung durch zu hohe Aus­gab­en) erfüllen können.

Dabei kann Berlin aufgrund seiner Geschichte auf verkehrsparsame Struk­turen bauen. Positiv schlägt die polyzentrale Struktur und die ge­ringe Suburbanisierung zu Buche; nur 20% der Bevölkerung der Region wohnen im Umland. Im Vergleich zu anderen Großstädten liegt die Anzahl der Pendler zwischen Umland und Stadt damit noch immer auf sehr niedrigem Niveau. 2001 pendelten täglich 140.000 Branden­burger nach Berlin und 55.000 Berliner nach Brandenburg. Ein weiteres Plus ist die bemerkenswert niedrige Motorisierung. Seit 1994 stagniert sie bei rund 330 Pkw je 1000 Einwohnern. In süddeutschen Großstädten liegt dieser Wert bei 600 bis 700 Pkw/1000 Einwohner.

Trotzdem hat sich in den neunziger Jahren die Verkehrsleistung kontinu­ierlich erhöht, weil die durchschnittlichen Wegelängen zugenommen haben. Dabei fällt neben der Abwanderung ins Umland das veränderte Urlaubs- und Freizeitverhalten stark ins Gewicht. Die Wirkung verkehrs­sparsamen Verhaltens der Berliner „im Alltag“ wird oft durch das Verhalten im Frei­zeit und Urlaubsverkehr wieder aufgehoben („Kiez und Karibik“). Diese Entwicklung spiegelt sich in den kontinuierlich steigenden Passagierzahl­en des Flugverkehrs wider. Allerdings ist seit Ende 2001 eine Trendum­kehr im Verkehrsmittelwahlverhalten und in der durchschnittlichen Reise­weite zu verzeichnen. Untersuchungen im Vorfeld der ITB 2002 zeigen, dass nach über zwei Jahrzehnten Wachstum der Flugreisetourismus 2001 von den Berliner Flughäfen erstmals abnahm. Zwischen 2000 und 2002 sank die Zahl der jährlichen Passagiere auf allen Berliner Flughäfen von 13,3 auf 12,1 Millionen. Auch im Freizeitverhalten der Berliner ist eine Tendenz zum verstärkten Urlaub in Deutschland (z.B. „Wellness“) zu  beobachten, der durch die Ängste hinsichtlich der internationalen Lage (Terror, Kriege) noch verstärkt  wurde. Ob sich dieser Trend stabilisiert, bleibt indes abzuwar­ten. Zur Verlagerung vom Flugverkehr auf die umweltfreundliche Schiene im ICE-Verkehr haben die Fahrzeitverkürzungen auf den Relationen Berlin – Hannover und Berlin – Frankfurt/Main nach Inbetriebnahme der Schnellbahnverbindung Berlin – Wolfsburg - Hannover beigetragen. Auf der Relation Berlin – Hannover wurde im Zusammenhang mit dem neuen ICE – Angebot der gesamte Flugverkehr 1998 vollständig eingestellt. 

Negativ im Sinne der Nachhaltigkeit ist die rückläufige Fahrgastent­wick­lung im ÖPNV zu werten, obwohl in den neunziger Jahren viele Milliar­den Euro aus Bundes- und Landeshaushaltsmitteln in den Ausbau der Netze investiert wurden. Die Erfahrungen zeigen: Eine Verkehrspolitik, die sich auf kostenaufwendige Erweiterungen des Straßen- und Schienen­netzes beschränkt, ist zum Scheitern verurteilt. Nachhaltiger wirken gezielte Tarifpolitik mit innovativen Angeboten sowie weiche und kleine Maßnahmen, die die ÖPNV-Nutzung attraktiver machen. In diesem Sinne hat der Senat begonnen, seine Verkehrspolitik zu modifizieren – mit Er­folg: Die Fahrgastzahlen des Berliner ÖPNV haben sich 1998 stabilisiert und sind seit 1999 wieder gestiegen. Zwischen 1998 und 2002 erhöhten sich die jährlichen Fahrgäste bei der BVG von 787 auf 799 Millionen und die der S-Bahn von 280 auf 305 Millionen.

Auch der Straßengüterverkehr hat in den Neunzigern zu Lasten der um­weltfreundlichen Verkehrsträger (Schiene und Binnenschifffahrt) weiter zugenommen. Gerade der Straßengüterverkehr aber dominiert die Prob­leme der Lärmbelästigung und der Belastung mit Dieselruß.

                                                               Umweltverbund   Die Verlagerung auf umweltfreundliche und ressourcenschonenden Ver­kehrsträger ist Ziel des Umweltverbundes, zu dem neben Schiene und Wasser auch der nichtmotorisierte Verkehr (Fahrrad- und Fußgänger­verkehr) als umweltfreundlichste Verkehrsart zählt. Verkehrsplanerisches Ziel des Senats ist eine Verkehrsaufteilung (Modal Split) von 80:20 zu­gunsten des Umweltverbundes für die verdichteten Gebiete der Innen­stadt. Nur so kann ein weiterer Flächenverbrauch des Straßennetzes verhindert werden.

                                                               Tarifpolitik          Der Senat hat seit 2000 den Übergang zu einer moderaten Tarifpolitik im ÖPNV umgesetzt. Neue, zielgruppenorientierte Tarifangebote tragen Früchte. Schülertickets und Geschwisterkarten haben schnell hohe Steig­er­ungsraten beim Ticketverkauf ausgelöst: bei der BVG ein Plus von 15%, bei der S – Bahn sogar 30%. Das Berlin Ticket A für Arbeitslosen­hilfeempfänger, Semesterticket, Freizeitkarte und Berlin Ticket sind weitere Beispiele. Im regionalen Freizeit- und Einkaufsverkehr erzielten die Länderangebote „Brandenburg - Ticket“ (DB, S-Bahn) und Schönes Wochenende Ticket große nachhaltige Effekte. Die Auslastung vieler Regionalzüge außerhalb der Berufsverkehrszeiten (und damit die Um­welt­bilanz der Züge) stieg erheblich. Zugleich schaffen all diese Ange­bote gleiche Mobilitätschancen für alle.

                                                               Parkraumbewirtschaftung              In zunächst drei Pilotgebieten (City-West, City-Ost und Spandau) wurde die Parkraumbewirtschaftung eingeführt. Ziel war es, den Pendlerverkehr auf den ÖPNV zu verlagern, Parkplatzsuchverkehr zu vermeiden, die Flächenbelegung des ruhenden Verkehrs zu reduzieren und so dem not­wendigen Wirtschaftsverkehr mehr Raum zu geben. Mit Beginn des Jahres 2000 übernahmen die Bezirke die Bewirtschaftung. Seither sind weitere Gebiete ausgewiesen worden: in Schöneberg/Steglitz (Rhein-/Schlossstraße) und in der Spandauer Vorstadt, wo durch eine Ausdehn­ung der Zeiten bis 24h und auf alle Wochentage die Bewirtschaftung dem Ort (Kneipen- und Szeneviertel) angemessen gestaltet wurde. Weitere Erweiterungen der Parkraumbewirtschaftung z.B. in Mitte (Bereich Potsdamer Platz, Diplomatenviertel) sowie im Wedding (Müllerstraße) sind in Vorbereitung.

                                                               Beschleunigung des ÖPNV            Maßnahmen zur Beschleunigung des ÖPNV helfen, die Öffentlichen attraktiver zu machen. Gleichzeitig werden weniger Fahrzeuge pro Um­lauf benötigt, was ökonomische und ökologische Ressourcen schont. Die Straßenbahnlinien 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 15, 21, 26, 50, 52 und 53 wurden bereits u. a. durch Ampelvorrangschaltungen linienbezogen beschleunigt. Sechs Straßenbahnfahrzeuge konnten so eingespart werden. Auf der Linie 6 stieg die Beförderungsgeschwindigkeit von 19,0 km/h auf 21,6 km/h. Die Beschleunigung der restlichen Linien wird derzeit umgesetzt. Die Buslinie 101 ist als erste mit Geräten zur Beeinflussung von Ampelvor­rang­schaltungen ausgestattet worden. Das Busspurnetz in Berlin hat sich auf eine Gesamtlänge von insgesamt 101,5 km ausgeweitet. Seit die kom­fortablen und bis zu 160 km/h schnellen Doppelstockwagen der Baureihe RE 160 auf inzwischen vier Regional-Expresslinien verkehren, sind viele Pendler auf die Schiene umgestiegen. Auf den Relationen Brandenburg - Berlin - Frankfurt/Oder und Rathenow/Falkensee - Berlin werden mit den Regional-Express-Zügen Fahrzeiten in die Berliner Innenstadt angeboten, die auch gegenüber dem PKW konkurrenzlos niedrig sind.

                                                               Fahrradverkehr  Weil der Fahrradverkehr in den 90ern zunächst stagnierte, hat der Senat in 2000 einen eigenen entkoppelten Haushaltstitel für die Fahrradförder­ung geschaffen. Ein vom Senator für Stadtentwicklung ernannter Fahr­radbeauftragter begleitet die Umsetzung der Maßnahmen. 20 Bauvorha­ben wurden 2000/2001 begonnen, mehr als die Hälfte davon sind bereits fer­tig. Lichtsignalanlagen an Knoten­punk­ten wurden umgerüstet, gesonderte Radwege gebaut und Radstreifen auf Fahrbahnen markiert worden. Auch der Ausbau der Bike and Ride-Anlagen an S- und U-Bahn­höfen – unterstützt durch die S-Bahn GmbH sowie die Tiefbauämter der Bezirke – schreitet voran.

Berlin und Brandenburg haben sich im Landesentwicklungsprogramm (LEPro) verpflichtet, die Kombination von Radverkehr und Schienen­verkehr zu verbessern. Im Ausflugverkehr sollen ökologisch sensible Erholungsgebiete vom motorisierten Verkehr entlastet werden. In Ver­antwortung der Landkreise wird derzeit ein Fernradwandernetz realisiert. Seit Inbetriebnahme der Stadtbahn im Sommer 1998 wurden sechs Regional-Expresslinien bestellt, die im Taktfahrplan schnelle umsteigefreie Verbindungen in die wichtigsten Ausflugsregionen (z.B. Spreewald, Oder, Havelland) anbieten. In Zusammenarbeit mit dem ADFC konnte erreicht werden, dass von der Fahrzeugindustrie Doppelstockwagen speziell für Berlin-Brandenburg gefertigt wurden, die in jedem Wagen über große Mehrzweckabteile – geeignet für Fahrradmitnahme sowie für mobilitätsein­geschränkte Personen – enthalten.

                                                               Innovative Services            Kombinierte Mobilität verbindet die Vorteile von ÖPNV und Individual­verkehr. Das macht ihre Vernetzung so sinnvoll. In Berlin wurden gleich mehrere innovative Serviceangebote entwickelt:

Das bereits 1989 eingeführte Car Sharing bei dem sich die be­teil­ig­ten Nutzer Autos einer Flotte teilen, verzeichnet seit 1995 Zuwächse.

Bei Car-Sharing-Kunden wird ein erheblicher Lerneffekt beobachtet: Sie reduzieren ihre Pkw-Fahrten um 72% (–6700 km/a). Dies wird teilweise kompensiert durch die Nutzung motorisierter Zweiräder (+1300 km/a), des Fahrrads (+800 km/a), vor allem aber des ÖPNV (+2000 km/a). Dennoch sinkt der jährliche Verkehrsaufwand pro Nutzer um 2700 km. Ganz offensichtlich wird das Verkehrsverhalten rationaler organisiert. Deshalb unterstützt der Senat im Rahmen des EU-Projekts TELLUS seit 2002 ein Demonstrationsvorhaben, dass die Wirtschaftlichkeit von Car Sharing durch Verknüpfung mit Fahrzeugflotten großer öffentlicher und privater Unternehmen zum Ziel hat.

Zur besseren Vernetzung der Verkehrsträger trägt auch das von der DB Rent in der Berliner Innenstadt 2002 eingeführte Projekt „Call a bike“ bei, mit der Fahrräder, die über die gesamte Innenstadt verteilt sind, über Handy elektronisch aktiviert und genutzt werden können. Das Fahrrad kann nach der Nutzung an einem beliebigen Ort innerhalb des S – Bahn - Innenrings abgestellt werden. Die Abrechnung erfolgt über „BahnCard“ oder Kreditkarte.

                                                               Plattformen Wirtschaftsverkehr   Logistische Maßnahmen rationalisieren Liefertouren, verhindern Leer­fahr­ten und reduzieren so den Güterverkehr auf der Straße. Sie vermeiden zudem Engpässe durch parkende Lieferfahrzeuge und erhöhen die Ver­kehrssicherheit. Vorraussetzung ist die Kooperation aller Akteure der Belieferung und Entsorgung. Dafür wurden die Plattformen Wirtschafts­verkehr als Public Private Partnership geschaffen. Beteiligt sind Ver­bände, Kammern, Senatsverwaltungen, Bezirke und andere öffentliche Institutionen sowie betroffene gewerbliche Anlieger. Hauptinstrumente sind die Einrichtung von Ladezonen an Plätzen mit hohem Lieferver­kehrsaufkommen und der Anschub von City-Logistik-Kooperationen. Die Abstimmung mit der Parkraumbewirtschaftung, die Umleitung von Durch­gangsverkehren, eine verbesserte Wegweisung in Parkhäuser, die Einrichtung eines Kundenlieferservices und Öffentlichkeitsarbeit kom­plettieren das Maßnahmenpaket. Bisher wurden sieben Plattformen in Neukölln (1995), Wedding (1996), Köpenick (1997) und Steglitz/Schöne­berg (1999), Spandau (2000) und zwei weitere in Mitte (2001 und 2003) umgesetzt.

                                                                              Die Ergebnisse der Plattformen Wirtschaftsverkehr wurden 2001 in einem vom BMVBW, dem Deutschen Städtetag, dem DIHK und dem ADAC initiierten Städtewettbewerb über die Erreichbarkeit von Zentren und Innenstädten als „Bundessieger“ prämiert.

                                                                              Derzeit wird als ein Resumée der bisherigen Arbeiten eine „Leitlinie“ zu den Plattformen Wirtschaftsverkehr vorbereitet, die den Straßenplanern und den Straßenverkehrsbehörden ein leicht verständliches und praxisbezogenes Instrumentarium für eine rechtzeitige und umfassende Berücksichtigung der Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs in hochbe­lasteten Einkaufsstraßen zur Verfügung stellt.

                                                               Güter auf Schiene und Wasser      Der Straßengüterverkehr ist im letzten Jahrzehnt bundesweit stark an­gestiegen, der Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Binnenschifffahrt weiter gesunken. Die Ursache liegt in den nationalen Rahmenbedingungen: In Deutschland müssen im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten Eisenbahnverkehrsunternehmen Trassenpreise nach dem Vollkostenprinzip an die DB Netz bezahlen. Insbesondere zum Straßengüterverkehr fehlen der Bahn gleiche Wettbewerbschancen. Ein weiteres Problem ist die niedrige Produktivität der DB Cargo. Ein Wett­bewerb auf der Schiene, der hier stimulierend wirkt, ist im Güterverkehr erst seit kurzem und nur in Ansätzen vorhanden. Berlin versucht im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten, die Bedingungen für den Transport auf der Schiene und auf dem Wasser zu verbessern, und wird sich in geeig­neten Gremien (Bundesverkehrsministerkonferenz, Bundesrat) dafür einsetzen. In einer gemeinsamen Untersuchung mit den in Berlin tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Berliner Senat wurden die zukunftsfähigen Gleisanschlüsse im Berliner Schienennetz herausgearbeitet.

                                                               Integriertes Güterverkehrskonzept             Güterverkehrssubzentren (GVS) als Verteilstandorte ergänzen die Güter­verkehrszentren (GVZ) des Umlands: Wustermark, Großbeeren und Freienbrink. Auf innerstädtischen Bahn- und Hafenflächen gelegen, fungieren die GVS als Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern. Güter werden per Bahn und Schiff mitten in die Stadt transportiert. Das schafft ideale Voraussetzungen zum Einsatz kleiner schadstoffarmer Lieferfahrzeuge für die letzten Kilometer des Transportwegs. Das von der EU unterstützte TELLUS–Projekt fördert den Einsatz von Erdgasfahr­zeugen zur Feinverteilung in der Stadt. Ein Güterverkehrssubzentrum ist am Güterbahnhof Treptow/Neukölln in Betrieb, ein weiteres im West­hafen in Vorbereitung. Die Absage der DB AG an einer Nutzung des Westhafens für den Schienengüterverkehr stellt einen Rückschlag dar. Der Senat wirbt derzeitig in Gesprächen bei privaten Eisenbahn­unter­nehmen für eine Nutzung des Westhafens.

                                                               Baustellenlogistik             Nur durch innovative Logistik war die immense innerstädtische Bautätig­keit der letzten zehn Jahre zu bewältigen. Sie gewährleistete die reib­ungslose Ver- und Entsorgung der Baustellen im zentralen Bereich und minimierte zugleich – durch den Einsatz umweltfreundlicher Verkehrs­träger – Schadstoffemissionen und Belastungen der Straßeninfrastruktur. Für die Massengutver- und -entsorgung der 1995 begonnenen Großbau­stellen im Spreebogen (Regierungs- und Parlamentsbauten und Berliner Hauptbahnhof (Lehrter Bahnhof)) wurde das Konsortium Baustellen­logistik Spreebogen (KBS) gegründet. Dank der Lage an Spree und Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal konnte der Anteil des Binnenschiffs noch höher gewählt werden als zuvor beim Potsdamer Platz. Das Manage­ment der Stückgutlogistik übernahm die Rhenus-Baustellen-Logistik GmbH. Bei Massen- und Stückguttransporten wird zudem auf­grund eigener Baustraßen bei der Feinverteilung keine öffentliche Straße befahren.

                                                               Hafenstandorte   2001 hat der Senat ein Konzept zur Standortentwicklung der Berliner Häfen beschlossen, das auf die Nachfrageentwicklung von Hafenkapa­zitäten reagiert. Es sieht eine Reduzierung der Anzahl und eine Spezialisierung der Standorte vor. Die ausgewählten Standorte sollen zu innerstädtischen Logistikzentren entwickelt werden; der Osthafen und der im FNP genannte Standort im Bereich Späthsfelde werden nicht mehr be­nötigt. Sie stehen damit für andere städtebauliche Nutzungen zur Verfüg­ung.

                                                               Verkehrskompetenzzentrum         In der Region Berlin sind die weltweit größten Anbieter von Schienenver­kehrssystemen ansässig. Als Exporteur von Schienenfahrzeugen, von Fahr­zeugen des ÖPNV und den damit verbundenen Systemlösungen trägt Berlin dazu bei, dass international übertragbare klimaverträgliche Mobili­tätskonzepte angeboten werden. Das entspricht nicht nur dem Agenda-Kriterium der Verallgemeinerbarkeit, es sichert der Region auch dauer­haft Arbeitsplätze. Um die Zahl der Neuansiedlungen und Existenz­grün­dung­en in diesem Kompetenzbereich zu erhöhen, erarbeitet der Senat derzeit eine integrierte Forschungs-, Wirtschafts- und Mobilitätsstrategie. Er unterstützt die Aktivitäten regionaler Netzwerkmanager wie z.B. den Forschungs- und Anwendungsverbund Verkehrssystemtechnik Berlin (FAV) und richtet die Inhalte der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verstärkt auf die Ziele der Nachhaltigkeit aus.


7                    Klima und Energie

Zahlreiche internationale Vereinbarungen, von Rio über Kyoto, haben in den 90ern den weltweiten Klimaschutz behandelt. Vor ihrem Hintergrund liegt in Berlin der  klimaschutzpolitische Handlungsschwerpunkt im Energiebereich. Die dabei verfolgte Strategie hat sich verändert. Stand im Energiekonzept von 1994 noch – neben verstärkter Aufklärung –die Förderpolitik im Vordergrund, verfolgt das im Frühjahr 2000 vom Senat beschlossene Landesenergieprogramm 2000-2003 einen weiterent­wick­el­ten Ansatz: Mit Win-win-Strategien, die alle Wirtschaftszweige ein­schließen, sollen Energiesparpotenziale erschlossen werden – eine Abkehr von „subventionsorientierter“ Energiepolitik hin zu Zusam­menarbeit mit der Wirtschaft und zur Öffnung von Märkten zugunsten neuer Akteure. Es hat sich gezeigt, dass solche Kooperationen einen höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten, als die einst angedachten ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Die CO2-Emissionen (klimabereinigt und inkl. Stromimport) sollen so – ohne zusätzliche ordnungspolitische Instrumente – auf 25,4 Mio. t im Jahr 2003 sinken – eine Reduktion um ca. 20 % gegenüber dem Basisjahr 1990.

Um 25 bis 30 % sollen Energieverbrauch, Kosten und CO2-Emissionen bei öffentlichen Gebäuden sinken; zugleich soll der Einsatz von Solar­energie ausgeweitet werden. Anlehnen will man sich dabei an entsprech­ende Vorgaben des Bundes zur Nutzung regenerativer Energien und zur Energieeffizienz bei Sanierungen und Neubauten. Im Gebäudebereich befinden sich die quantitativ größten Potentiale. Im Wohnungsbestand sollen bis 2010 gegenüber 1990 3.480 GWh Primär­energie und damit rund 1,85 Mio. t CO2-Emissionen pro Jahr eingespart werden.


                                                               Sinkender Energieverbrauch         Der Primärenergieverbrauch im Land Berlin sank von 337.929 TJ 1990 um 6,7 % auf 316.382 TJ im Jahr 2000 (Energiebilanz SenWiArbFrau). Besonders stark ging die Nutzung fester Energieträger zurück. Das wurde in erster Linie durch die Sanierung von fast 600.000 Wohnungen und die dabei durchgeführten wärmedämmenden Maßnahmen sowie durch den Einbau neuer Heizsysteme erreicht. Darüber hinaus spielt auch der wirtschaftliche Strukturwandel eine Rolle.

Der Endenergieverbrauch in Berlin blieb in den 90er Jahren uneinheitlich. Die Absenkung im Industriesektor wurde durch den steigenden Verbrauch im Verkehr und bei den Haushalten und Kleinverbrauchern  wieder auf­gehoben.

                                                               Weniger CO2-Emissionen               Berlin unternimmt große Anstrengungen, das selbstgesetzte Ziel, bis 2010 den CO2-Ausstoss um 25% zu verringern, zu erreichen. Die aus dem Energieverbrauch errechenbaren realen Kohlendioxid-Emissionen verringerten sich zwischen 1990 und 1999 um rund 13%.

                                                               Zehnmal mehr Solarenergie           Ende 2002 waren in Berlin rund 910 Photovoltaik-Anlagen mit einer Ge­samtleistung von 4700 kWp in Betrieb. Seit 1995 konnte die installierte Leistung aus Photovoltaik-Anlagen damit um das Zehnfache gesteigert werden,  im Vergleich zum Jahr 1990 sogar um das Hundertfache.

Rund 2.800 solarthermische Anlagen gab es Ende 2000 in Berlin – über­wiegend auf Ein- und Zweifamilienhäusern. 220 davon haben mehr als 20 m² Kollektorfläche und befinden sich auf mehrgeschossigen Wohngebäu­den. Die gesamte im Solaranlagenkataster  nachgewiesene Kollektorfläche lag Ende 2002 bei 30.000 m².

In Berlin sind Solarförderungen der Wirtschaft, des Bundes und der EU nutzbar, die sich kombinieren lassen. Zwischen 1991 und 2000 förderte allein das Land Photovoltaik mit insgesamt 8,9 Mio. €, Solarthermie mit 10 Mio. €. Die Mittel stammen teils aus der Modernisierungs- und Instandsetzungsförderung für Wohngebäude, womit auch die nachträg­liche Installation unterstützt werden.

                                                               Förderprogramme der      Im Programm Energie 2000, das im Rahmen einer Kooperationsverein-

                                                               Energiewirtschaft              barung zwischen Berlin und der BEWAG beschlossen worden war, förderte die BEWAG von 1997 bis 2000 durch die Solarstrombörse den Bau von Photovoltaikanlagen mit einem Gesamtvolumen von 20,5 Mio €. Auch 60 Schulen wurden so mit 1 kW-Anlagen ausgestattet. Die Photovoltaikanlagen waren für die Schulen kostenfrei, sie mussten nur für die Installation aufkommen. Die Vereinbarung wird in veränderter Form in den Jahren 2002-2004 fortgeführt. Ein weiterer Kooperationsvertrag wurde 1997 zwisch­en GASAG und Land geschlossen. Vier Jahre lang lief das Förder­programm Klimaschutz und Luftreinhaltung, das den verstärkten Ein­satz des umweltfreundlichen Energieträgers Erdgas zum Ziel hat. 5,1 Mio € flossen so in die Förderung energiesparender Erdgassysteme, Energiesparcontractings, die Kombination von Erdgas und Solarthermie und Erdgas als Kraftstoff. Die Vereinbarung mit der GASAG wird ebenfalls für den Zeitraum 2002-2005 fortgeführt.

                                                               Aufklärung und Anreizsysteme     Zu den Erfolgen der letzten Jahre haben Informations- und Ausbildungs­instrumente des Landes maßgeblich beigetragen. Neben gezielten Auf­klärungskampagnen im Rahmen des Programms BerlinerImpulsE gehört dazu die Internet-Plattform „Berlin spart Energie“ und die Solarschule.

                                                               Solarschule         Die 1996 gegründete Solarschule in Trägerschaft der Deutschen Gesell­schaft für Sonnenenergie (DGS) wendet sich an Beschäftigte der Bereich­en Gas, Wasser, Elektro. Ausgebildet werden Fachkräfte für Solartechnik im Handwerk. Von 1996 bis 2001 hat die Solarschule über 1000 Teil­nehm­er qualifiziert. Für viele Handwerksbetriebe hat sich die Solartech­nik dadurch zu einem neuen Standbein entwickelt. Die Schule finanziert sich über Teilnahmegebühren, die Entwicklung des Curriculums förderte der Senat.

                                                               Berlin spart Energie         Seit Anfang 1998 zeigt die Website „Berlin spart Energie“ beispielhafte Ener­giesparprojekte – gegenwärtig rund 70 Vorhaben. Eingerichtet wurde die Site im Internetauftritt der Senatsverwaltung (www.stadtentwick­lung.berlin.de). Interessierte Laien finden an derselben Stelle unter Klima­schutz im Büro Tipps zur Beleuchtung, zum Computer-Arbeitsplatz usw. Mit dem Energietest.online können Besucher testen, wo sie selbst in ihrem Haushalt Energie sparen können.

                                                               Berliner Energieleistungsstandard         Mit der Wohnungswirtschaft hat der Senat den Berliner Energieleistungs­standard (B.E.ST.) entwickelt. Eigentümer und Hausverwaltungen sanie­r­ungsbedürftiger Wohngebäude können mit B.E.St. auf ein praxisnahes Umsetzungsmodell für Energiedienstleistungen im Gebäudebestand zu­rückgreifen. Es liefert Ausschreibungshilfen für Fachingenieure und Hausverwaltungen, Auswertungssoftware zur Ermittlung von Eigenregie­kosten und zum Vergleich von Bieterangeboten, Vorlagen für Wärme- und Stromlieferungsverträge, sowie für Vereinbarungen zwischen Ver­mieter und Mieter. Damit wird der Weg zu kosten- und energiesparenden, nachhaltigen Contractingmodellen spürbar erleichtert.

                                                               Schulkampagne fifty/fifty                An der Energiesparkampagne fifty/fifty haben sich seit 1996 rund 200 Berliner Schulen beteiligt. Durch eine Evaluierung im Winter 2000 ist festgestellt worden, dass knapp 600.000 € Energiekosten eingespart werden konnten. Damit verbunden waren Reduzierungen der Energieverbräuche: Strom um rund 1 Mio. kWh und Wärmeenergie um rund 5 Mio. kWh. Die CO2  - Emissionen konnten um 1.900 t verringert werden. Als Anreiz erhält die Schule 50 % der durch bewusstes Handeln eingesparten Energiekosten.

                                                               Heizspiegel          Seit 1997 wurde mit dem Berliner Heizspiegel ein Typenschlüssel ent­wickelt, der zentralbeheizte Wohngebäude in Verbrauchsklassen einord­net. Mietern wie Eigentümern steht damit ein Instrument zur Verfügung, ihr Haus in Sachen Energieverbrauch abzuschätzen und an möglichen verbesserten Standards zu messen. Damit ist der Heizspiegel ein wichti­ger Baustein für Energieberatungen im Gebäudebereich.

                                                               Energiesparpartnerschaften           Private, fachkompetente und finanzkräftige Energiedienstleister (Contractoren)  erschließen seit 1996 in den Energiesparpartnerschaften vorhandene Potenziale öffentlicher Gebäude. Aus hoch- und weniger rentablen Energiespar­ob­jekten werden Liegenschafts-Pools gebildet, ausgeschrieben und deren Energiemanagement für eine bestimmte Laufzeit auf externe Partner über­­tragen. Das Land partizipiert mit einer festen Quote an den verringer­ten Energiekosten. Die von den Energiesparpartnern finanzierten in die Liegenschaften eingebauten Anlagen gehen mit Vertragsende in das Eigen­tum des Landes über. Die Investitionskosten des Contractors werden über die Einsparungen refinanziert. Damit wird – quasi auf Erfolgshonorarbasis – der Weg zu Energieeinsparungen freigemacht, die das Land selbst nicht bezahlen könnte. Ohne Inanspruchnahme von Landesmitteln sind damit bisher mehr als 37 Mio. € in die Sanierung und Erneuerung von Anlagen für die Energieerzeugung, -verteilung und –nutzung geflossen.

Gegenwärtig bewirtschaften Kontraktoren neun Gebäudepools mit mehr als 350 Liegenschaften und einem Umfang von rund 30 Mio. € Energie­kosten. Weitere Gebäudepools werden gegenwärtig zusammengestellt. Die jährliche CO2-Minderung beträgt gegenwärtig 40.000 t. An den Landeshaushalt sind Einsparbeteiligungen in Höhe von 20 Mio. € zu­rückgeflossen.


8                    Boden

Neben dem quantitativen Ziel, den Bodenverbrauch der Stadt zu senken und wo immer möglich Flächen zu entsiegeln, verfolgt der Senat beim Bodenschutz vor allem qualitative Ziele: empfindliche, schutzbedürftige Böden schonend zu nutzen, Eingriffe in den Bodenwasserhaushalt zu vermeiden und den Stoffeintrag aus Wasser und Luft zu minimieren.

Gerade diese qualitativen Ziele sind nur in enger Kooperation mit anderen Umweltdisziplinen zu erreichen. So sehen Baurecht und Raumplanung wichtige bodenschützende Regelungen vor – etwa Bauverfahren, die Ver­dichtungen vermeiden, den nachhaltigen Umgang mit Bodenaushub (z. B. Mutterboden) oder den Einsatz boden- und grundwasserverträglicher Bau­stoffe und -techniken. Bodenschutzrelevante Regelungen des Natur­schutzrechtes werden über Landschafts- und Artenschutzprogramm um­gesetzt. Und auch die Verordnung über die Grundsätze der guten fach­lichen Praxis beim Düngen (DüngeVO) regelt Fragen des Bodenschutzes. Letztlich dient die gesamte Wasser- und Luftreinhaltung über die Mini­mierung von Stoffeinträgen mittelbar der Güte des Berliner Bodens.

Auch deshalb war der Bodenschutz, sofern keine besonderen Regelungen (etwa im Wasser- oder Baurecht) bestanden, lange Zeit Sache der allge­meinen Gefahrenabwehr und wurde im allgemeinen Ordnungsrecht be­handelt. Das hat sich mit dem Berliner Bodenschutzgesetz (BodSchG) vom 10. Oktober 1995 geändert. Wie das 1998 aufgelegte Bundesboden­schutzgesetz und die 1999 veröffentlichte Bundes-Bodenschutz- und Alt­lastenverordnung betont Berlin damit die Bedeutung der Ressource Bod­en. Von 1995 bis 1998 hat der Senat ein Bodenschutzkonzept erarbeitet. Informationen über Altlasten und schädliche Bodenveränderungen sind heute im Rahmen des Informationssystems Stadt und Umwelt in einem Bodenbelastungskataster erfasst.


                                                               Altlastensanierung           Industrielle Altlasten und Schadstoffe aus ehemaligen Mülldeponien zähl­en zu den größten Problemen im Umweltschutz. Die Sanierung dieser Alt­lasten sichert die Gesundheit der Bürger und die Qualität des Trink­wassers. Altlasten sind aber auch schwerwiegende Wirtschafts- und Entwicklungshemmnisse, ihre Beseitigung eine Voraussetzung für die sinnvolle Entwicklung betroffener Gebiete zu nachhaltigen Gewer­be­standorten oder Naherholungsräumen.

Mit der Wiedervereinigung der Stadt hatte sich die Zahl der sanierungs­bedürftigen Flächen beträchtlich erhöht. Von den rund 8160 Vorgängen (Stand Mitte 2003) erfasst, bei denen Boden- und Grundwasser­verunreinigungen vermutet bzw. nachgewiesen wurden. Davon konnten bisher 1660 Fälle abgeschlossen werden. Von den verbleibenden 6500 Vorgängen fallen aufgrund der neuen Zuständigkeitsregelung 5900 in den Verantwortungsbereich der bezirklichen Umweltämter.

Von den in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung verbliebenen Fälle werden derzeit 315 Vorgänge aktuell bearbeitet. Die restlichen Vorgänge sind wegen der nicht gegebenen Dringlichkeit zunächst zurückgestellt.

                                                               Freistellungsverfahrens  In den letzten Jahren hat Berlin im Rahmen des Freistellungsverfahrens jährlich rund 12,0 Mio € für die Erkun­d­ung und Sanierung von Boden- und Grundwasserschäden aufgewendet. Erst im Falle einer notwendigen Sanierung können Erkundungskosten dem Verursacher oder Grund­stückseigentümer (Zustands- oder Hand­lungs­störer) auferlegt werden. Investoren können nach dem Umwelt­rahm­engesetz von diesen Kosten jedoch teilweise freigestellt werden. Die Sanierungskosten werden dabei in einen Eigenanteil und einen freige­stellten Anteil gesplittet, der zu 60 % vom Bund und zu 40 % vom Land getragen. Im Rahmen des Frei­stellungsverfahrens wurden rund 3.900 An­träge gestellt, davon wurden bisher 58 grundstücksbezogene Freistell­ungen in einer Gesamthöhe von mehr als 255,6 Mio € erteilt.

                                                                              Das Land hat von 1994 bis 2002 rund 26,0  Mio € reine Landesmittel und 69 Mio DM Bundesmittel für die Beseitigung von Boden- und Grund­wasser­sanierungen im Zusammenhang mit Freistellungen aufge­wendet.

                                                               Großprojekt Berlin           Zu den 315 derzeit bearbeiteten Fällen gehören die aufwändigen Sanier­ungen im Zuge des Großprojekts Berlin: alte Industriestandorte in Rum­melsburg, Oberschöneweide, Niederschöneweide, Johannisthal und Adlershof, die ob ihrer gesamtstädtischen Bedeutung und ihrer exponier­ten Lage in den Wasserschutzgebieten Wuhlheide und Johannisthal höchste Priorität haben. Das würdigt auch der Bund. Im Großprojekt erhöht sich der Bundesanteil an den Freistellungen auf 75 % – gegenüber 25 % für das Land Berlin.

Bis Ende 1996 wurde ein flächendeckendes Grundwassermonitoring im Großprojekt durchgeführt. In den letzten Jahren wurden u.a. drei Grundwasserreinigungsanlagen am Wasserwerk Johannisthal errichtet, Abwehr- und Sicherungsbrunnen installiert, extreme Kontaminationen saniert und eine 1000 m lange Dichtwand zur Reduzierung des Schadstoffaustrags errichtet. 1998/99 begannen Arbeiten zur Sicherung des Wasserwerks Wuhlheide. Zwischenzeitlich wurden auch hier Grundwasserreinigungsanlagen gebaut.

Bis Dezember 1999 wurden Maßnahmen und Finanzrahmen für die  neun Teilsanierungsgebiete im Großprojekt von Land und Bund beschlossen. Insgesamt ist mit einem Finanzvolumen von 210 Mio € zu rechnen. Bereits vor 1999 flossen im Rahmen vorgezogener Maßnahmen mehr als 41,0 Mio €  in Erkundungs-, Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen.

Neben derzeit 36 laufenden Maßnahmen, konnten bereits 27 Maßnahmen abgeschlossen werden.


9                    Wasser

Berlin bezieht seit über 100 Jahren sein Trinkwasser aus Grundwasser und Uferfiltrat. Damit ist Berlin eine der wenigen großen Städte, die ihre Wasserversorgung aus dem eigenen Gebiet heraus sicherstellen – eine Besonderheit, die im Berliner Wassergesetz verankert wurde. Grundsätz­liches Ziel ist deshalb ein ausgeglichener Wasserhaushalt. Das Prinzip der nachhaltigen Bewirtschaftung gilt dabei nicht nur für die Wassermenge, sondern vor allem auch für die Wassergüte und die Wiederherstellung oder den Erhalt der ökologischen Funktion der Gewässer. In allen Be­reichen muss die Idee eines stadtinternen kurzgeschlossenen Wasser­kreislaufs die Vorstellungen von Verbrauch und Entsorgung ersetzen. Dazu muss die geförderte und genutzte Menge minimiert werden, die Entnahme in Einklang mit der Grundwasserneubildung stehen. Die an­teilsmäßige Förderung von Trinkwasser durch Uferfiltration erfordert besondere Anstrengungen bei der Reinhaltung der Oberflächengewässer und damit eine Abwasserreinigung auf hohem Stand. Stoffeinträge müs­sen minimiert, das Grundwasser flächendeckend geschützt werden. Und schließlich müssen die Oberflächengewässer als wertvoller Lebensraum für Mensch und Natur erhalten und qualifiziert werden. Das ist umso schwieriger, als die Berliner Gewässer zugleich als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, als Naherholungsflächen, als Wohnort, als Verkehrswege, als Kühlmittelreservoir für Kraftwerke und Industrie und als Fischge­wäs­ser genutzt werden – Funktionen, die großes Konfliktpotential bergen. Nur ein konsequent auf Vorsorge angelegtes Wassermanagement kann diese elementare Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanzen sichern.

                                                               Gewässernetz und Wassermenge  6,6 % der Berliner Gesamtfläche – oder 58,9 km² – sind mit Wasser be­deckt. Spree, Dahme und Havel durchfließen in der Stadt eine Strecke von 88,6 km, die Kanäle bringen es auf 66,8 km Lauflänge (29,1 km al­lein der Teltowkanal). Dazu kommen Fließe und Gräben mit rund 75 km und unzählige kleine und kleinste Gräben mit nochmals rund 330 km. Trotz dieses verzweigten Gewässernetzes ist die Region eher wasserarm. Das Wasservolumen aller großen Zuflüsse (Spree, Oder-Spree-Kanal, Dahme, Oberhavel) lag im Mittel der Jahre 1991 bis 2000 bei 41,3 m³/s. Verglichen mit Rhein (am Pegel Rees 2.325 m³/s) und Elbe (Pegel Neu Drachau 646 m³/s) ist das sehr bescheiden. Niedrigwasserzeiten stellen deshalb ein weitaus größeres Problem dar als etwa Hochwassergefahren.

An 53 Messstellen überwacht die Landeshydrologie das Abflussge­scheh­en. 11 Ultraschallmessanlagen wurden in den letzten zehn Jahren einge­richtet. Sie und neun weitere Messpunkte liefern Werte per Daten­fern­übertragung direkt in die Messzentrale. An 18 Seen wurden Druck­mess­sonden mit Messwertsammler installiert. Ihre Messungen zeigen, wie schwerwiegend sich die drastische Abnahme der Braunkohleförderung auswirkt: Seit 1990 werden immer weniger Sümpfungswässer eingeleitet. Flossen in den 80er Jahren über Spree, Dahme und Oder-Spree-Kanal im Schnitt noch 44,9 m³/s nach Berlin, sank das Volumen 1991 bis 1995 auf 33,0 m³/s, für 1996 bis 2001 auf 25,6 m³/s. 2001 wurde mit 18,2 m³/s der bisherige Tiefststand er­reicht. Das hat Folgen nicht nur für den Grundwasserstand sondern auch für die Oberflächengewässer, die nicht mehr ausreichend entwässert und durchspült werden.

                                                               Speichersee Lohsa II         1995 unterzeichneten Berlin und Brandenburg ein Abstimmungspro­to­koll, das den künftigen Mindestzufluss nach Berlin am Pegel Große Trän­ke mit 10 bzw. 10,9 m³/s festschrieb. Die Länder Sachsen, Brandenburg, Berlin und der Bund beschlossen, die Wasserstände der Spree durch den Mehrjahres­speicher Lohsa II zu stabilisieren. Das sächsische Tagebau­rest­loch wird bis 2005 zu einem hochmodernen Speichersystem mit
53 Mio m³ Speicherkapazität ausgebaut, das durch die benachbarten Becken Dreiweibern, Burghammer und Bärwalde sogar auf 83 Mio m³ erweitert wird. Das Land Berlin ist an dem 255,6 Mio €-Projekt mit
11,7 Mio € beteiligt.

                                                               Gewässerqualität               Weil das Berliner Hauptgewässersystem extrem langsam fließt, ist es gegenüber Nährstoffeinträgen überaus empfindlich. Eutrophierung wird zu einem großen Problem, zumal die geringe Tiefe der Flüsse dafür sorgt, dass sie aus gewässerökologischer Sicht eine Übergangsform zu Seen und Standgewässern darstellen. So bleiben die vielfältigen Einleitungen der Großstadt besonders lange vor Ort. Weil das Uferfiltrat großen Anteil an der Trinkwasserförderung hat, wird die Qualitätssicherung des Ober­flächenwassers zur Hauptaufgabe der Wasserwirtschaft.

Phosphate und Eutrophierung         Eine Untersuchung im Auftrag des Senats über die Phosphor- und Stick­stoffeinträge und -frachten in den Jahren 1995 bis 1997 zeigt, dass sich die Belastung der Gewässer spürbar verringert hat. Die Einleitungen aus Berliner Kläranlagen (109 t Phosphor jährlich) und aus der Misch- und Trennkanalisation (38 t) gingen zurück und lagen deutlich unter den Ein­trägen, die über die natürlichen Zuflüsse nach Berlin fließen. Auch hier haben sich die Frachten indes reduziert: in der Dahme um 18 %, in der Havel um 43 %. Obwohl der Rückgang der Phosphoreinträge eine ge­ringere Algenbiomasseproduktion zur Folge hatte, hat dies noch nicht zum Sprung in bessere Güteklassen geführt. Bis 1999 wiesen der Tegeler See die Güteklasse II, Müggelspree, Großer Müggelsee und Seddinsee Güteklasse II-III, Dahme, Stadtspree und Havel die Güteklasse III und der Zeuthener See Güteklasse III-IV auf. Während der Zufluss des Tegeler Sees seit 1985 durch die Entphosphatungsanlage Tegel entlastet wird, leidet der Zeuthener See unter Abläufen einstiger Rieselfelder, die über den Nottekanal einfließen. Die neueste Bilanz für den Zeitraum 1998 bis 2000 zeigt, dass gegenüber 1995 bis 1997 kein weiterer Rückgang der Phosphorfrachten nach Berlin und Einträge innerhalb Berlins zu verzeichnen ist.

                                                               Gütemessnetz und Richtlinien       An 62 Stellen werden physikalisch-chemische, bakteriologische und bio­logische Grundparameter der Oberflächengewässer untersucht. In den Sommermonaten, insbesondere nach langer Trockenheit, spülen Regen­güsse viele Schadstoffe aus Kanalisation und Stadt in die Innenstadt­ge­wässer. Oft kann nur durch den künstlichen Eintrag von Luft oder tech­nischem Sauerstoff ein Massenfischsterben verhindert werden. Voraus­setz­ung dafür ist das rechtzeitige Erkennen problematischer Werte. Tran­sportable Messbojen mit Datenfernübertragung auf einen Zentralrechner machen dies nun möglich. Ist eine kritische Sauerstoffunterversorgung erreicht, löst der Rechner automatisch Alarm aus.

Stoffkonzentrationen werden in Berlin seit 2001 noch differenzierter gemessen: 99 organische Spurenstoffe, festgeschrieben in einer EG-Richtlinie, werden 13 mal pro Jahr an den 3 Messstellen der Länder­arbeits­gemeinschaft Wasser erfasst. Im Jahr 2001 gab es nur bei 4 der 99 Stoffe leichte Überschreitungen der Qualitätsziele – durchweg ubiquitäre Stoffe, die z.B. aus der Verbrennung von Kraftstoffen stammen. In 2002 wurde das Messprogramm auf die Berliner Problemstoffe reduziert und zusätzlich 11 sogenannte prioritäre (besonders gefährliche) Stoffe der EG-Wasserrahmenrichtlinie untersucht, für die es bisher noch keine Qualitätsziele gibt. Von diesen 11 Stoffen zeigte nur ein Stoff leicht erhöhte Messwerte.

                                                               Wasserrahmenrichtlinie Mit gleichem Nachdruck wird seit 2001 an der Umsetzung der Ende 2000 erlassenen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gearbeitet. Die WRRL schreibt feste Qualitätsziele vor, bis 2015 umzusetzen sind. Er­reicht werden sollen sie durch flussgebietsbezogene Bewirtschaftungs­pläne – ein wichtiger Impuls für gebietsübergreifenden Wasserschutz. Die Berliner Aktivitäten sind in die Flussgebietsgemeinschaft Elbe eingebunden. Die fachbezogene Arbeit wird im Koordinierungsraum Havel geleistet und vor allem mit Brandenburg abgestimmt.

                                                               Schwebstoffe       Schwebstoffe werden seit 1994 mittels einer Schwebstoffzentrifuge an der Spree (Sophienwerder) kurz vor Mündung in die Havel untersucht. Mit Schwermetallen können die Berliner Gewässer danach als mäßig belastet (Güteklasse II) gelten. Die Ergebnisse zeigten im Jahr 2000 eine geringe Belastungssituation für Chrom und Nickel, während bei den toxi­schen Schwermetallen Blei, Cadmium, Kupfer und bei Zink die Ziel­vorgaben der LAWA  um 200 bis 500 % überschritten wurden. In 2002 wurde die Bewertung der Schwermetalle erstmals nach den Qualitätsnormen der Richtlinie 76/464/EWG, bzw. der Richtlinie 2000/60/EG – Wasserrahmenrichtlinie vorgenommen. Danach sind unverändert erhöhte Belastungen für Kupfer, Blei und Zink festzustellen.

Unter den organischen Spurenstoffen blieben die Chlorbenzene und poly­zyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) deutlich unter den Grenzwerten der Berliner Liste. Bei Pestiziden (DDT und Lindan) traten saisonbedingte Grenzwertüberschreitungen im Sommer auf.

                                                               Geringe Schadstoffbelastungen     Bei 28 Industriechemikalien (leicht flüchtige halogenierte Kohlen­was­ser­stoffe, Chloraniline, Chlorbenzole, Chlornitrotoluole) wurden größten­teils Konzentrationen unter der analytischen Nachweisgrenze festgestellt. Sporadisch erhöhte Konzentrationen traten einzig bei Hexachlorbenzol, Dichlorbenzol, Nitrobenzol, Trichlormethan und Trichlorethen auf, wobei sich systematische Zuordnungen zu den Quellen nicht erkennen ließen.

Ausgewählten Badestellen werden seit 1996 auf durch Blaualgen produ­zierte Toxine (Microcystine) untersucht. Von den 129 gemessenen Wert­en (zwischen 0,14 und 119 µg/l) lagen lediglich zwei über 100 µg/l – dem Grenzwert unter dem keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen für Badende bestehen. Während der Toxinmesswerte des Jahres 2000 sämtlich unter dem kritischen Wert von 100 mg/l lagen, wurden in 2001 zwei Messwerte ermittelt, von denen einer deutlich über 100 mg/l lag. Ein Strandbad musste deshalb erstmals kurzzeitig geschlossen werden.

1996 und 1997 wurden die Konzentrationen von 35 Pflanzenschutz­mitteln gemessen. Eine Überschreitung der Zielvorgaben wurde einzig bei Diuron registriert, das durch verbotene Anwendungen im privaten Bereich (Entkrautung von Garageneinfahrten und Höfen) in die Ge­wässer gelangt. Die Messergebnisse aus den Jahren 2000 bis 2002 bestätigen die Untersuchungsergebnisse der Vorjahre.

Stichprobenuntersuchungen der TU Berlin in den Jahren 1993 bis 1996 belegen hohe Werte für verschiedene Arzneimittelrückstände in den Vorflutern Nordgraben, Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fließ (Erpe). Am häufigsten wurden Clofibrinsäure, Diclofenac und Propi­phen­a­zon gefunden. Dabei sind die Werte in den Vorflutern (Nordgraben, Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fluß) höher als in Gerwässern, die nicht als Vorflut kommunaler Kläranlagen dienen (Spree-Neuzittau, Großer Müggelsee, Dahm – Langer See, Havel-Stolpe, Panke-Buch).  In 2000 und 2001 wird von der TU Berlin an ausgewählten Messstellen des Teltowkanals und der Havel ein Sondermessprogramm zur Untersuchung von Arzneimittelrückständen durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse der Vorjahre werden bestätigt. Für eine Bewertung der ermittelten Konzentrationen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Nichtzielorganismen fehlen derzeit noch die entsprechenden toxikologischen Untersuchungen. Untersuchungen des Umweltbundesamtes zu Arzneimit­tel­rückständen im Zu- und Ablauf aus der Stadt bestätigten 1999 eine deutliche Konzentrationszunahme im Fließverlauf der Gewässer durch die Stadt. So wurden im relativ unbelasteten Spreezulauf über die gesamte Bandbreite der detektierten Arzneimittelstoffe (11 verschiedene Wirk­stoffe oder Metabolite) Konzentrationen von 0 bis 25 ng/l ermittelt, während die Werte in der Unterhavel bei Krughorn zwischen 2 und 130 ng/l lagen.

                                                               Fischgewässer    29 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe betreiben in Berlin gewerblichen Fischfang. Die für sie wichtigen Fischbestände haben sich seit 1995 erkennbar stabilisiert. Gegenüber 1994 lassen sich heute acht Fischarten in die jeweils niedrigere Gefährdungskategorie einstufen. Lediglich die Karausche muss von „nicht gefährdet“ auf „stark gefährdet“ hochgestuft werden. Das Wiedererstarken von Arten wie Karpfen, Schlei und Hecht gegenüber Blei, Güster und Plötze belegt die Wirksamkeit der Mitte der 80er Jahre begonnenen Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität. Die jährlichen Fangergebnisse von Speisefischen haben sich auf ein Niveau von rund 100.000 kg/a eingependelt. Die Entwicklung zeigt aber auch, wie lange es dauert, bis solche Maßnahmen im Naturhaushalt wirken.

Für Erhalt und Förderung der Fischerei hat Berlin von 1995 bis 2002
2,7 Mio € eingesetzt und etliche neue Rechtsgrundlagen geschaffen. Das Landesfischereigesetz von 1995 und die Landesfischereiordnung von 2001 dienen dem Schutz der Wasserorganismen und deren Lebens­räumen. In der Süßwasserqualitätsverordnung wurden 1997 die Fischge­wässer des Landes formell ausgewiesen. Die Verordnung über die Durch­führung des Landesfischereischeingesetzes (1997), die Änderung des Landesfisch­erei­scheingesetzes (2000) und die Rahmengeschäftsordnung für den Landes­fischereibeirat (2000) sind weitere Beispiele fischereiwirt­schaftlicher Klärungen der letzten Jahre.

                                                               Abwasser             Rund 3 Mrd € haben die Berliner Wasserbetriebe in den Jahren 1990 bis 1999 in Abwasserableitung und -behandlung investiert, davon rund
1,5 Mrd € in den Bau von Kanälen. Das Land hat als für die Straßen­regen­entwässerung zuständiger Straßenbaulastträger rund 0,5 Mrd € dazu beigetragen. Insgesamt wurden seit 1990 in Berlin 738 km Kanäle neu gebaut, davon 468 km (63,5 %) im Ostteil der Stadt. Damit hat sich der Anschlussgrad im Osten von 93 % (1990) auf 96,7 % (2002) erhöht, liegt aber noch immer unter dem des Westteils (über 99 %).

                                                               Klärwerke           1990 gab es für die Berliner Abwässer sieben Klärwerke. Innerhalb des Landes sind das die Klärwerke Ruhleben, Falkenberg und Marienfelde, in Brandenburg die Klärwerke Schönerlinde, Münchehofe, Waßmannsdorf und Stahnsdorf. Alle verfügten neben einer vollbiologischen Reinigung auch über eine Entphosphatung. In Ruhleben wurde 1994 eine Stickstoff­reduzierung eingerichtet. Der Ausbau der Klärwerke Waßmannsdorf und Stahnsdorf u. a. mit biologischer Phosphor- und Sickstoffreduzierung wurde 1998 abgeschlossen. Im selben Jahr ging das Klärwerk Marien­felde außer Betrieb; seitdem wird das Abwasser von dort über ein neues Pumpwerk und eine Druckleitung nach Waßmannsdorf gefördert. Die Werke Münchehofe und Schönerlinde wurden und werden umgebaut. Münchehofe entspricht seit 2000, Schönerlinde ab 2003 den Anforder­ungen der EU. Das Klärwerk Falkenberg ist im Februar 2003 stillgelegt worden.

In Berlin sind derzeit die Berliner Wasserbetriebe in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts einziger kommunaler Wasserver- und Abwas­serentsorger. Eine Änderung des Berliner Wassergesetzes machte 1999 den Weg frei für privatwirtschaftliches Engagement im Rahmen einer Teilprivatisierung.

                                                               Abwasserbeseitigungsplan              Der 2001 veröffentlichte Abwasserbeseitigungsplan entwickelt Szenarien, wie durch eine Reduktion der Stoffeinträge aus häuslichem Schmutz- aber auch aus Regenwasser das Ziel Güteklasse II in allen Berliner Gewässern erreicht werden könnte. Die Nährstoffeinträge sollen dafür (bezogen auf 1999) um jährlich 200 Tonnen Phosphor sinken. Durch Aktivierung von Stauraum im Kanalnetz, den Bau von Fangbecken und die Einführung ver­besserter Prognose- und Steuerungsverfahren bei Regenwetter sollen die Überlaufmengen von Mischwasser reduziert werden. Regenwasser soll möglichst vor Ort versickern, indem versiegelte Flächen vom Regen­kanal abgekoppelt und zentrale Regenwasserbehandlungsanlagen gebaut werden. Auch die Nährstoffeinträge aus Kläranlagen sollen weiter redu­ziert werden. Die Umsetzung wird wegen des enormen Investitionsbe­darfes einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten beanspruchen.

                                                               Sanierung der Kanalisation            Seit 1998 sanieren die Wasserbetriebe die vor 120 Jahren zeitgemäße, heute aber veraltete Berliner Mischwasserkanalisation. Sie umfasst vor allem in der Innenstadt ein Gebiet von 92 km² und eine Netzlänge von rund 2000 km. In den später erschlossenen Außenbezirken dominiert dagegen die modernere Trennkanalisation, die Regen- und Schmutz­wasser getrennt ableitet. Die Sanierung, deren Ziel es ist, aus dem Misch­system weniger Frachten einzuleiten, als aus einem vergleichbaren Trenn­system, soll bis 2020 abgeschlossen sein. Die Kosten können nur grob geschätzt werden, dürften aber zwischen 90 und 125 Mio. € betragen.

                                                               Aktionsprogramm Spree/Havel 2000      Der Abwasserbeseitigungsplan zeigte: Allein durch Maßnahmen inner­halb der Stadt kann Berlin die Sanierungsziele nicht erreichen. Um mit dem Nachbarland Brandenburg eine gemeinsame Strategie für die Redu­zierung von Schadstoffeinträgen im gesamten Einzugsgebiet zu ent­wickeln, rief der Senat 1999 das Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 ins Leben. Das Aktionsprogramm beschreibt, welche Anforderungen erfüllt werden müssen, um im Einzugsgebiet die Gewässergüteklasse II zu erreichen. Ein Sanierungsprogramm für das Spree-Havel-System wird einen Zeitraum von mindestens zwei Jahrzehnten einnehmen; es wird letztendlich nur auf der Grundlage eines gemeinsamen Flussgebietsplanes umzusetzen sein und im Sinne der WRRL einen Beitrag zur Entlastung der Elbe und zur Reduzierung der Nährstoffeinträge in die Nordsee leisten.

                                                               Betriebe als Indirekteinleiter         In Berlin fliessen derzeit – bis auf Abwasserteilströme der Rauchgasent­schwefelungsanlagen in den Heizkraftwerken Klingenberg, Reuter und Reuter West – alle gewerblichen und industriellen Abwässer mit gefähr­lichen Stoffen in die öffentliche Kanalisation. Die Indirekteinleiter­verord­nung regelt diese Einleitungen: 4.599 Betriebe und Einrichtungen sind in einem EDV-gestützten Abwasserkataster erfasst und werden überwacht. Seit 2001 sind dafür die Bezirke zuständig.

Nach Bundesgesetz müssen Amalgamemissionen (50 % Quecksilber­anteil) aus Zahnarztpraxen um 95 % verringert werden. Jede der ca. 3.400 Berliner Praxen wurde dazu bis 1996 mit einem Amalgamabscheider aus­gerüstet. Damit reduzierte sich die Amalgamemission um 2,8 t/a.

Abwasser aus Krankenhäusern enthält halogenierte organische Ver­bind­ungen (AOX), die in Kläranlagen nur schwer abgebaut werden und bis ins Trinkwasser gelangen können. Ein Leitfaden des Landes inform­iert die Krankenhäuser, wie sie Minderungsmaßnahmen eigenverant­wortlich erarbeiten und durchführen können. Gleichzeitig wurden AOX- Reduzierungskonzepte zur Bedingung der Genehmigung nach der In­direkteinleiterverordnung gemacht.

                                                               Anreizsysteme    Mit der Abwasserabgabe und dem Grundwasserentnahmeentgelt be­stehen in Berlin klare monetäre Anreize für Eigeninitiative im nachhaltig­en Umgang mit Wasser. Beide haben ihre Wirksamkeit bewiesen – und sorgen für Einnahmen, die in weitere Maßnahmen investiert werden. In den Jahren 2000 bis 2002 waren das jeweils rund 9,6 Mio € aus der Abwasserabgabe, während die Berliner Wasserbetriebe im gleichen Zeitraum jeweils 48 Mio. €, Eigenförderer (z.B. Indus­triebetriebe oder öffentliche Einrichtungen) zwischen 3,8 und 2,0 Mio € und grund­wasserfördernde Bauträger im Jahr 2000 3,7 und im Jahr 2002 6,9 Mio € an Grundwasserentgelt auf­bringen mussten.

                                                               Grundwasserqualität         Berlins Hydrogeologie bedingt die Unterteilung des Süsswasserstocks in vier Grundwasserleiter. Seit 25 Jahren wird die Güte des Grundwassers zweimal im Jahr an 250 Messstellen überprüft. 1996 wurde ein neuer Kenngrößenkatalog eingeführt. Er erfasst neben ph-Wert, Leitfähigkeit, Ionenkonzentrationen und Summenkenngrößen nun auch die Konzentra­tion von Schwermetallen, Spurenelementen wie Arsen oder Cadmium, organischen Verbindungen und mikrobiologische Untersuchungen. Be­sonders im zweiten Grundwasserleiter überschreiten die Sulfatkonzentra­tionen häufig den Grenzwert der Trinkwasserverordnung (240 mg/l). Dabei traten an einzelnen Messstellen Werte von über 1000 mg/l auf. Maßgeblich trägt dazu die Auslaugung von Trümmer- und Bauschutt bei, der nach dem Zweiten Weltkrieg im ganzen Stadtgebiet abgelagert wurde. In die tieferen Grundwasserleiter ist diese erhöhte Sulfatfracht noch nicht gelangt. Die Chloridgehalte zeigen einen gegensätzlichen Trend. Die ge­ringsten Konzentrationen finden sich nahe der Oberfläche, die höchsten dagegen im dritten und vierten Leiter (max. 19 000 mg/l). Diese Versalz­ung der tiefen Grundwasserleiter ist auf geogene Einflüsse aus dem tief­ergelegenen Salzwasserstock zurückzuführen.


                                                               Grundwassermanagement               Von 1989 bis 2002 ist der jährliche Wasserverbrauch in Berlin um 159 Millionen Kubikmeter (42 %) gesunken, dabei fiel der Rückgang in den östlichen Bezirken mit über 60 % noch drastischer aus. Weil weniger Trinkwasser gefördert wurde, stieg das Grundwasser stadtweit an, be­sonders im Südosten Berlins.

Zum Schutz vorhandener Siedlungsstrukturen wurden deshalb zwei An­lagen zur Grundwasserregulierung errichtet: in Rudow eine mit 27 Brun­nen und Ableitung zum Teltowkanal (1997) und in Kaulsdorf eine mit einer 1,7 km langen Druckrohrleitung vom Habermannsee zur Wuhle (1999). Zudem soll im Südosten die Grundwasserförderung langfristig von derzeit rund 60 Mio. m³/a auf rund 90 Mio. m³/a gesteigert werden. Damit wird hier 50% mehr Wasser gefördert, als regional verbraucht wird. Der Überschuss wird an die Verbraucher in der westlichen Stadthälfte geleitet. Dort muss die Förderung, aber auch die Anreicherung entsprechend redu­ziert werden, um ausgeglichene Pegel zu erreichen. Deshalb wurde das Wasserwerk Jungfernheide vorübergehend außer Betrieb genommen. Das Wasserwerk Johannisthal (im Südosten) wird dagegen für die erhöhte För­derung bis 2009 modernisiert. Ein gewünschter Synergieeffekt der stärkeren Förderung im Gebiet von Johannisthal und Wuhlheide: die Sanierungsarbeiten im Großprojekt Berlin können schneller erledigt werden.

                                                               Wasserschutzgebiete       Im Herbst 1999 wurden Wasserschutzgebietsverordnungen für Friedrichs­hagen, Buch, Johannisthal/Altglienicke und Wuhlheide/Kaulsdorf erlas­sen. Damit wurden für die Wasserversorgung wichtigen Gebiete dauerhaft unter Schutz gestellt. Insgesamt sind in Berlin rund 230 km² als Schutz­gebiet ausgewiesen und rund 25% des Stadtgebietes mit Auflagen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung belegt. Da die unterirdischen Ein­zugsgebiete der Wasserwerke sich nicht an politische Grenzen halten, verabredeten Berlin und Brandenburg, dass die Federführung zur Aus­weisung der Schutzzonen (auch auf dem Gebiet des Nachbarlandes) immer bei dem Partner liegt, auf dessen Fläche das Wasserwerk liegt. 2000 und 2001 wurden so auf Berliner Gebiet Schutzzonen ausgewiesen, die sich aus der Trinkwasserversorgung Brandenburgs in Erkner, Eich­walde und Staaken ergeben. Umgekehrt wurde in Brandenburg Gebiete geschützt, die das Berliner Wasserwerk Friedrichshagen beliefern.

                                                               Gewässersanierung          Wie die Altlastensanierung trägt auch die Sanierung extrem belasteter Ge­wässer zum Grundwasserschutz bei. Die wichtigsten Einzelprojekte dies­er Art waren in den 90er Jahren die Entschlammung des Teltowkanals (1995 bis 2000) und die seit 1995 laufende Teilsanierung des Rummels­burger Sees, die im Herbst 2001 mit dem Einbau einer Umwälzanlage zur Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse abgeschlossen wurde.


10                Luft

Die Berliner Luft ist in den letzten Jahren erheblich sauberer geworden. Erreicht wurde das durch Verbesserungen bei Heizungen und bei Anlagen in Industrie und Gewerbe: Heizungen und gewerbliche Feu­er­ungsanlagen wurden von Kohle auf emissionsarme Brennstoffe wie Gas und leichtes Heizöl umgestellt, in Industrie und Gewerbe verringerten neue Technologien wie die Rauchgasreinigung bei Kraftwerken und die Stillegung älterer Anlagen die Emissionen. Damit ist indes die Luftver­schmutzung durch den Verkehr immer stärker in den Vordergrund ge­rückt – obwohl auch hier durch strenge stufenweise Emissionsbe­grenz­ungen für neue Kraftfahrzeuge und umweltfreundlichere Kraftstoffe be­reits viel erreicht wurde.

Der Grad der Luftverschmutzung in Berlin wird anhand der Schadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Benzol, Ozon, Schweb­staub und Ruß beschrieben. Bei Staub unterscheidet man zwischen Schwebstaub und Feinstaub (PM10), der nur aus Partikeln unter 10 µm besteht. Da diese bis in die Lunge gelangen können, ist ihr Anteil am Schwebstaub gesundheitlich besonders problematisch. Betrachtet wird dabei meist sowohl der Jahresmittelwert (Dauerbelastung), als auch der 98%-Wert der Summenhäufigkeitsverteilung aller Messwerte eines Jahres, der kurzzeitige Spitzenbelastungen abbildet.

                                                               Grenz- und Richtwerte     Beurteilungskriterien für Luftverunreinigungen (Grenz- und Richtwerte) sind in den unterschiedlichsten Gesetzeswerken notiert. 1999 brachte die 1. Tochterrichtlinie zur EU-Luftreinhalte-Rahmenrichtlinie eine dra­stische Verschärfung der Qualitätsansprüche. Die darin enthaltenen deut­lich abgesenkten Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickoxide, Partikel und Blei wurden im Juli 2002 in Landesrecht über­nommen und sollen je nach Stoff spätestens in den Jahren 2005 oder 2010 eingehalten werden. Seit Dezember 2000 liegt die 2. Tochterricht­linie mit einem verschärften Grenzwert für Benzol (5 µg/m³ im Jahresmittel) und Kohlenmonoxid vor. Da die Richtlinie noch nicht in deutsches Recht übernommen wurde, gelten vorerst die Prüfwerte der 23. Verordnung.

In der 23. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions­schutzgesetzes (BImSchG) vom Dezember 1996 sind Grenzwerte für die Jahresmittel von Benzol und Ruß sowie den 98%-Wert von Stickstoff­dioxid festgelegt – allesamt Verunreinigungen, die primär der Verkehr verursacht. Die Immissionswerte der Technischen Anleitung zur Rein­haltung der Luft (TA Luft) sind in der Ersten Allgemeinen Verwaltungs­vorschrift zum BImSchG festgehalten. Die MIK-Werte (Maximale Immissionskonzentrationen) sind in der VDI-Richtlinie 2310 so festge­legt, dass sie um einen Sicherheitsfaktor niedriger liegen als Werte, die nach derzeitigem Wissensstand bei empfindlichen Menschen zu Gesund­heitsschädigungen führen können.

                                                               Berliner Luftgüte-Messnetz           Der Senat kontrolliert den Schadstoffgehalt der Luft über das Berliner Luftgüte-Messnetz (BLUME) Es besteht aus 21 ortsfesten Stationen, zwei Stationen für Schadstoffmessungen in größerer Höhe, zwei meteorolo­gischen Stationen und einem Messbus für den mobilen Einsatz. Von den Stationen werden die Schadstoffwerte im Drei-Minutentakt an die Zen­trale übertragen, die daraus Halbstunden- und Tageswerte berechnet. An allen Stationen werden Stickoxide, an den meisten Schwefeldioxid und Schwebstaub, an 18 Kohlenmonoxid und an 10 Ozon gemessen. Fünf Sta­tionen sind mit Geräten zur Messung von Benzol und Toluol ausgerüstet. Seit April 1997 führt die Senatsverwaltung ein spezielles Messprogramm zur Ermittlung der Schadstoffe Benzol, Ruß und Stickstoffdioxid an Berliner Straßen durch. Dazu wurden 30 platzsparende und preiswerte Probensammler an 26 Hauptverkehrsstraßen und vier Hintergrund­stand­orten eingerichtet. Sie sammeln Benzol und Ruß als Wochenproben, die im Labor analysiert werden. BLUME-Ergebnisse werden ständig aktuell auf einer großen Tafel im Foyer der Brückenstraße 6, im Internet, im Videotext von RBB und über einen telefonischen Ansagedienst (Tel. 0190270643) mit stündlichen Berichten veröffentlicht. Im Sommer gibt dieser Dienst auch Auskunft über die momentane Ozonbelastung.

                                                               Schwefeldioxid (SO2)         Schwefeldioxid entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Schwefelverbindungen enthalten. 1999 sank der Durchschnittswert aller Messstationen auf 7 µg/m³. Er lag 2002 bei 5 µg/m³ und damit erneut selbst unter den neuen, verschärften EU-Grenzwerten. Die Belastung bleibt im ganzen Stadt­gebiet homogen, nur in Straßennähe steigen die Werte – Ergebnis des heutigen Hauptverursachers Verkehr. Seit 1970 ist die SO2-Belastung um 96% gesunken – vor allem durch die Umstellung der Heizungen und den gesunkenen Schwefelgehalt in Brennstoffen. Die Modernisierung der Großkraftwerke in und um Berlin und der starke Rückgang der Schad­stoff­emissionen im Umland durch Betriebsstill­legun­gen und den Einsatz moderner Umwelttechnologie sind weitere Gründe.

                                                               Stickoxide (NOx)                Seit 1987 ist die Stickstoffdioxid-Belastung in Berlin um etwa ein Drittel gesunken. In den Wohngebieten der Innenstadt lagen die Werte 2002 fast doppelt so hoch wie am Stadtrand. Dies und die deutlich höheren Werte an Straßen verweisen auf die Verursacher: In Berlin resultiert dieser Schad­stoff zu zwei Dritteln aus dem Verkehr und zu einem Drittel aus  Feuerungsanlagen, vornehmlich von Kraftwerken. Auch an den Straßen liegen die Konzentrationen indes noch deutlich unterhalb der Grenz­werte der TA Luft und des BImSchG. Die MIK-Werte wurden nur an der stark befahrenen Schildhornstraße in Steglitz und an der Silbersteinstraße in Neukölln überschritten, wo der 98 %-Wert bei 162 µg/m³ lag. Der neue EU-Grenzwert (40 µg/m³ im Jahresmittel) wird dagegen an den Hauptverkehrsstraßen noch nicht eingehalten.

                                                               Kohlenmonoxid (CO)         Die Kohlenmonoxidkonzentration ist seit 1980 um 80 % zurückgegangen. Erreicht wurde das durch den Einsatz umweltfreundlicher Brennstoffe und die Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Katalysatoren erreicht.

                                                               Benzol   Die Jahresmittelwerte von Benzol betrugen 1999 an den Hintergrund­messstationen der Innenstadt im Durchschnitt 2,30 µg/m³, an den Haupt­verkehrsstraßen je nach Verkehrsaufkommen das anderthalb- bis vier­fache davon. An der Schildhornstraße wurde mit 9,1 µg/m³ der höchste Wert ermittelt. Im Mittel aller Straßenmesspunkte ist die Belastung der beiden Jahre 1999 und 1998 etwa gleich geblieben.

                                                               Ozon      Ozon ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und wird nur selten direkt emittiert. Es bildet sich verstärkt an sonnigen und heißen Tagen durch chemische Reaktionen aus Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen. Wesentliche Quellen der Vorläuferstoffe sind der Kraftverkehr, Kraft­werke und Feuerungsanlagen, Industriebetriebe sowie der Gebrauch von Farben, Lacken und Lösemitteln. Die  MIK- und EU-Werte für Ozon werden am Stadtrand häufiger überschritten als in den Bezirken Wed­ding, Mitte und Neukölln. Der Grund: Stickoxid- und Kohlenwasserstoff­emissionen führen an Sommertagen erst in einem Abstand von etwa 20 bis 80 km vom Zentrum zu zusätzlicher Ozonbildung. In der Stadt ver­stärken dagegen paradoxerweise gerade die Stickstoffmonoxidemissionen des Verkehrs und der Heizwerke den lokalen Abbau von Ozon. Die Mess­ergebnisse der Turmstation Frohnau zeigen, dass sich der nächtliche Ozonabbau auf die untersten Schichten der Atmosphäre (< 300m Höhe) beschränkt. Die Messreihe der letzten Jahre zeigt indes auch beim Ozon einen leicht abnehmenden Trend.

 

                                                               Schwebstaub        Schwebstaubbelastung wird durch Feuerungsanlagen, Industrie- und Gewerbebetriebe, Güterumschlag, Bautätigkeit, Verkehr, Staubverwirbel­ung auf nichtbegrünten Flächen und natürliche Quellen verursacht. Seit 1984 ist sie in Berlin um 65% gesunken – vor allem durch den Wegfall vieler Kohleheizungen. Die erhebliche Bautätigkeit und die große Anzahl unbegrünter Freiflächen führten im Ostteil zu höheren Werten als im Westen. Die Werte der TA Luft und des BImSchG werden überall eingehalten. Der MIK-Wert für die Einstundenbelastung wird an einigen, vorrangig innerstädtischen und verkehrsbeeinflussten Stationen über­schritten.

                                                               PM 10-Staub       In der 1999 verabschiedeten EU-Richtlinie wurde ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ und ein maximaler Tageswert von 50 µg/m³ festgelegt, der an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Diese Grenzwerte beziehen sich aber nur auf PM10-Staub, d. h. den feinen lungengängigen Staubanteil mit einem Partikeldurchmesser unter 10 µm. In Berlin wurde PM10-Staub seit 1998 an zunächst drei, später sechs Stationen gemessen. Für die anderen Stationen wird der Anteil mittels eines Verhältnisfaktors aus den allgemeinen Schwebstaubwerten errech­net. Nur an der Schildhornstraße in Steglitz gab eine leichte Über­schreitung des vorgesehenen Jahresgrenzwertes. Ungünstiger stellt sich die Situation bei der Beurteilung der Tagesmittelwerte dar. Hier lagen die Werte an allen Straßen und an den Wohngebietsmessstellen im Norden und Osten der Innenstadt um bis 30% über dem Grenzwert.

                                                               Ruß        Ruß wird vorrangig durch Dieselverbrennung und zu etwa 20% durch Reifenabrieb verursacht. Die Werte auch der Rußbelastung sanken allein von 1998 auf 1999 um 11 % und nahmen auch 2000 weiter ab. Inzwischen ist an einigen Meßstelllen wieder ein Anstieg festzustellen. Neben diesen erst 1997 begonnenen thermographischen Messungen wird die Rußentwicklung auch mit dem unaufwändigen Black-Smoke-Ver­fahren kontrolliert, für das Zahlen seit 1988 zur Verfügung stehen. Sie belegen eine deutlich rückläufige Entwicklung: Im Schnitt wird die Ber­liner Luft an Straßen um 0,48 µg/m³, im innerstädtischen Hintergrund und 0,36 µg/m³ jährlich weniger belastet.

                                                               Straßennahe Belastung    Die seit 1997 durchgeführten speziellen Schadstoffmessungen an Straßen erlauben es, die Immissionsbelastung für das gesamte Berliner Haupt­straßennetz mit einer Modellrechnung abzuschätzen. In Berlin muss - das ergeben die Werte 2002 - in weniger als 1 % der Hauptstraßenabschnitte mit Überschreitungen der Russ-Prüfwerte gerechnet werden. Bei Benzol gibt es keine Überschreitungen der Prüfwerte der 23. BImSchV. Auch der strengere zukünftige EU-Grenzwert von 5 µg/m³ wird nur an deutlich unter 1 % der Straßen nicht eingehalten. Beim PM10-Staub werden die zukünftigen EU-Grenzwerte des Jahresmittelwertes an weniger als 1 % der Hauptstraßenabschnitte überschritten, während diejenigen für das Tagesmittel  sehr häufig (41 %) überschritten werden. Auch die zukünftigen EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden an mehr als 10 % der Straßen nicht eingehalten.

                                                               Emissionen          Im Rückgang der Schadstoffwerte in der Luft spiegeln sich sinkende Emissionen wieder. Seit 1989 werden die Emissionen der typischen Verursachergruppen ermittelt: Industrie (genehmigungsbedürftige Anlagen), Kleingewerbe (nicht genehmigungsbedürftige Anlagen) Hausbrand und Haushalte, KfZ-Verkehr, sonstiger Verkehr und andere Quellen. Über die Jahre zeigt sich: Die Summe aller Emissionen ist deutlich zurückgegangen – in den 90er Jahren um mehr als die Hälfte. Bei Schwefeldioxid aber auch Kohlenmonoxid und Stäuben ist der Rückgang überdurchschnittlich.

                                                               Industrie              Besonders relevante genehmigungsbedürftige Anlagen (wie Kraftwerke) werden kontinuierlich überwacht, ihre Emissionsdaten jährlich auf Basis der Messberichte fortgeschrieben. Die Emissionserklärungen der anderen Anlagen werden zur Zeit alle 4 Jahre aktualisiert. Bei kleineren Anlagen werden die Emissionen rechnerisch ermittelt. Die Emissionen der In­dustrie haben sich seit 1989 um 20 bis 80 % – je nach Schadstoff – ver­ringert. Die Einführung der Rauchgasreinigung bei Kraftwerken, die Stilllegung veralteter Industrieanlagen – insbesondere im Ostteil Berlins – und der Ersatz kohlebefeuerter Anlagen hat besonders bei Schwefel­dioxid, Stickoxiden und Kohlenmonoxid deutliche Erfolge erzielt.

                                                               Hausbrand           Für den Hausbrand wurden für das Jahr 1994 erstmals ein Emissionska­taster nach einheitlichen Erhebungsmethoden für den Ost- und Westteil der Stadt erhoben, und die Emissionen für jeden Häuserblock bestimmt. Die Emissionen sind bei Schwefeldioxid, Staub und Kohlenmonoxid seit 1989 besonders stark gesunken, weil viele Kohleheizungen durch Fern­wärme, Gas- und Ölheizungen ersetzt wurden. Dieser Trend setzt sich durch neue Gasheizungen bis heute fort.

                                                               Verkehr               Für den KfZ-Verkehr wurde auf Basis der Verkehrszählung 1998 ein Emissionskataster erstellt, das auch die Kaltstart- und Warmlaufphasen und den Reifenabrieb der Kraftfahrzeuge erfasst. Bei dieser Verursach­ergruppe sind seit 1994 deutliche Abnahmen zu verzeichnen; den starken Emissionsminderungen durch verbesserte Motor- und Abgasreinigungs­technik wirkt eine geringfügige Zunahme der Fahrleistungen entgegen. Am deutlichsten macht sich die moderne Abgasreinigungstechnik bei den Emissionen der organischen Gase bemerkbar. Dort sind die Werte seit 1994 um zwei Drittel gesunken. Der dieselbetriebene LKW-Verkehr hat in Berlin nach 1994 leicht abgenommen, was zu einer spürbaren Reduk­tion der Staubemissionen beitrug.

                                                               Kleingewerbe und sonstige             In den Jahren 1994 bis 2000 zeigte sich eine erhebliche Reduktion der Kleingewerbe-Emissionen – durchschnittlich um 60%. Insbesondere machen sich hier die Emissionsminderungen bei Tankstellen bemerkbar.

                                                               Luftreinhalteplan               Auf der Basis des 1993 erarbeiteten Luftreinhalteplans hat der Senat eine Vielzahl von Maßnahmen initiiert, die die spürbare Verbesserung der Berliner Luft erst möglich machten. Die Nachrüstung der Kraftwerke mit modernen Rauchgasreinigungsanlagen wurde im Westteil 1993, im Ost­teil 1996 abgeschlossen. Im selben Jahr wurde die EBAG in die BEWAG integriert. Die im Heizkraftwerk Klingenberg nachgerüstete Entstickungs­technik reduzierte dessen Stickstoffoxidemissionen um mehr als die Hälf­te. Durch die Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage ver­minderten sich die Schwefeldioxid-Emissionen von über 22.000 auf weni­ger als 1.700 t/a. Gleichzeitig sanken die Staub-Emissionen um mehr als 90%. 1997 nahm die BEWAG mit dem Heizkraftwerk Mitte eins der modernsten Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke in Betrieb. Von 1990 bis 1998 wurde so die SO2-Emissionen der Bewag-Anlagen um 88 %, ihre Stickoxid- Emissionen um 82 % gesenkt.

Im Westteil der Stadt war die Sanierung genehmigungsbedürftiger Altan­lagen in der Industrie nach TA Luft 1994 abgeschlossen. Auch im Ostteil der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt Hauptverursacher wie die Produk­tionsstätten der Berlin Chemie im Südosten, die Müllverbrennungsanlage Lichtenberg und die Elektrokohle Lichtenberg bereits stillgelegt. Heute sind die 1989 im Ostteil der Stadt vorhandenen ca. 600 genehmigungs­bedürftigen Braunkohlefeuerungsanlagen zu 90% entweder auf Erdgas, Heizöl oder Anthrazitkohle umgerüstet oder stillgelegt und an das Fern­wärmenetz der BEWAG angeschlossen.

                                                               Kraft-Wärme-Koppelung Andernorts wird in Heizkraftwerken entstehende, nicht mehr zur Stromer­zeugung brauchbare Abwärme über Kühltürme und/oder Gewässer abge­leitet. Die Berliner Stromversorgung setzt dagegen auf die Kraft-Wärme-Koppelung, bei der diese Abwärme über ein Fernwärme-Rohrsystem zur Beheizung von Wohnungen genutzt wird – nicht nur beim Heizkraftwerk Mitte, das etwa die Neubauten am Potsdamer Platz so mit Wärme ver­sorgt. Die dezentrale Kraft-Wärme-Koppelung hat sich aufgrund des preiswerten Erdgases, durch Förderung und die Anwendung innovativer Planungstechniken in den 90er Jahren auch sonst deutlich ausgeweitet. Mit klein- und mittelständigen Betreibergesellschaften und der GASAG agieren zunehmend neue Akteure auf dem Gebiet der Wärme- und Strom­versorgung. 1999 waren in Berlin 62 Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von rund 71 MW in Betrieb.

                                                               Heizungen           Der Absatz von Braunkohlenbriketts hat ganz erheblich abgenommen. Zunächst 1994, in einem zweiten Schritt 1997 verschärfte Bestimmungen für Kleinfeuerungsanlagen haben zu einer schrittweisen Modernisierung veralteter Heizanlagen geführt, die weitergeht. In den noch verbliebenen Kohleöfen im Ostteil der Stadt wird zudem seit 1991 schwefelärmere Braunkohle verfeuert. Das senkte die Schwefeldioxid-Emission aus Haus­brand um rund 10 %.

                                                               Chemische Reinigungen  In Berlin gibt es rund 100 Standorte, an denen Maschinen zur chemischen Reinigung von Textilien mit organischen Lösemitteln betrieben werden. Mit dem in Deutschland üblichen Stand der Technik werden die 1999 in einer EU-Richtlinie über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC-Richtlinie) niedergelegten Bestim­mungen mit einer zulässigen Gesamtemission von 2 % des Gewichts der gereinigten Ware problemlos erfüllt.

                                                               Tankstellen         Beim Tanken und beim Auffüllen der Tankstellenlager entweichen etwa 0,5 % des Flüssigvolumens als Benzindampf. Mit dem Prinzip der Gas­pendelung werden diese Dämpfe aufgefangen und in den Tankwagen zurückgeführt. Beim eigentlichen Tanken übernimmt diese Aufgabe ein in das Zapfventil integrierter Gasrückführschlauch. Dadurch werden die Emissionen an Tankstellen um 80% reduziert– in Berlin entspräche das bei rund 400 öffentlichen Tankstellen und einem Durchschnittsumsatz von rund 1 Mio m³ Benzin einer Reduktion der freigesetzten Dämpfe von 2.800 auf 560 t/a. Da nach der Einführung bundesweit bei 50 % Prozent der Saugrüssel Mängel auftraten, wurde vereinbart, dass die Mineralöl­wirtschaft ab 2000 häufigere Kontrollen und eine Ausbildung des Tank­stellenpersonals gewährleistet.

                                                               Abgasvorschriften für Kfz               Die letzte Verschärfung der Abgasnormen für Kfz trat 2000 in Kraft. Benzin- und Dieselfahrzeuge müssen seither die strengere EURO III Norm, ab 2005 die nochmals verschärften EURO IV Grenzwerte ein­halten. 1994 wurden in Berlin noch 47% der PKW-Fahrten in Fahrzeugen mit geregeltem Katalysator, 16 % in Dieselfahrzeugen zurückgelegt.
1999 war der Katalysator-Anteil auf 73 % angestiegen, der Dieselanteil auf 15 % gesunken.

Rußfilter können den Ausstoß der krebserregenden Dieselpartikel erheb­lich verringern. Zur Einhaltung der bisherigen Emissionsgrenzen sind sie allerdings nicht erforderlich. Erst mit den ab 2005 zu erfüllenden Stan­dards wird die breite Verwendung bei schweren Nutzfahrzeugen wahr­scheinlich. Dennoch rüstete die BVG – auf der Basis einer Vereinbarung mit dem Senat – bereits bis Ende 2001 ihre 1200 Busse mit solchen Ruß­filtern aus und verwendet seit 1999 ausschließlich schwefelfreies Diesel. Die Bedeutung dieser Maßnahmen wird klar, wenn man zugrundelegt, dass die Fahrzeugflotte der BVG jährlich 42 Mio l Kraftstoff verbraucht – immerhin ein Sechstel des Berliner Gesamtbedarfs.

                                                               Erdgas als Kraftstoff         Derzeit ist kein alternativer Kraftstoff für Verbrennungsmotoren erkenn­bar, der bei relativ geringen Kosten ein vergleichbares Potential zur Minderung der Schadstoffemissionen eröffnet wie Erdgas. Um die Ver­breitung von Gasfahrzeugen zu forcieren, hat der Senat mit dem Bundes­umweltministerium und der Berliner GASAG im Oktober 2000 das Modellprojekt TUT – Tausend Umwelt-Taxis für Berlin gestartet. Innerhalb dieses Projektes sollen insgesamt 1000 erdgasbetriebene Taxen und 100 Fahrschulwagen über Berlins Straßen rollen. Sie erfüllen die erst ab 2005 verbindliche Abgasnorm EURO IV und sind mit lärmarmen Reif­en ausgerüstet. Die ersten 400 Umwelt-Taxis erhalten einen Zu­schuss, der mit zunehmender Zahl von Anträgen abnimmt. Derzeit sind 116 Taxen und 34 Fahrschulwagen auf Gasbasis unterwegs. Zur Versorg­ung dieser Erdgasfahrzeuge wurden 12 neue Erdgastankstellen in Berlin eingerichtet. Der Gaspreis liegt mindestens 30 % unter dem vergleich­baren Dieselpreis. Im Rahmen des Modellprojekts wird so in kurzer Zeit ein flächendeckendes Netz von Erdgastankstellen aufgebaut.

                                                               Verkehrssteuerung          Die wirksamen Maßnahmen bei Anlagen in Industrie und Gewerbe und bei Heizungen ließen die Luftverschmutzung durch den Verkehr immer mehr in den Vordergrund treten, obwohl durch strenge Emissions­begrenz­ungen für neue Fahrzeuge und verbesserte Kraftstoffe bereits viel ge­scheh­en ist. Die Verkehrszunahme in Berlin verschärft dieses Problem. In Zukunft werden deshalb Maßnahmen von Bedeutung sein, die nicht bei den Einzelemissionen der Fahrzeuge ansetzen, sondern den Verkehr ins­gesamt in Richtung Nachhaltigkeit steuern – mit entsprechenden, positi­ven Auswirkungen auf die Berliner Luft.


 

11                Lärm

Lärm ist noch immer eine Kehrseite der an sich nachhaltigen Dichte großer Städte. Das liegt indes vor allem an einem Verkehrsverständnis, das in den Tagen der Nachhaltigkeit antiquiert anmutet. Straßenlärm ist indes nicht nur ein Ärgernis, sondern hat gravierende soziale und öko­nomische Folgen: Er macht krank: Psychische und vegetative Störungen sind nicht selten die Folge dauerhafter Lärmbelästigung. Untersuchungen belegen, dass die Behandlung dieser Krankheitsfälle Jahr für Jahr erheb­lich­e Kosten verursacht. Auch der Wert von Immobilien wird durch Lärm erheblich verringert. Dennoch ist das Problembewusstsein relativ schwach ausgeprägt. Obwohl sich bundesweit mehr als 70 % der Bevöl­ker­ung durch Straßenlärm belästigt fühlen, ist nur eine Minderheit bereit, das eigene Verhalten entsprechend zu ändern.

                                                               Hauptquelle Verkehr        In Berlin ist der Verkehr, und hierbei wiederum vor allem der motori­sierte Individualverkehr, Hauptverursacher von Lärm. Im Vergleich zum Verkehr sind die weiteren Lärmquellen eher nachrangig: die anhaltende Bautätigkeit, die wachsende Zahl sportlicher und kultureller Großveran­staltungen, Sport- und Freizeitanlagen oder Industrie und Gewerbe, deren Einfluss durch den Strukturwandel eher rückläufig ist. Eine Aussage zur Entwicklung des Verkehrslärms in den letzten zehn Jahren, die für das ge­samte Stadtgebiet Berlins gültig wäre, lässt sich angesichts gegenläufiger Faktoren nicht treffen: Zwar hat der Verkehr erheblich zugenommen – ehemals stillgelegte Strecken und Straßen gingen wieder in Betrieb, an­dere werden stärker genutzt –, doch wurden andererseits durch die Gleis­sanierung von Fern-, S- und Straßenbahn, leisere Fahrzeuge und erneuerte Straßenbeläge erhebliche Entlastungen erreicht.

                                                               Lärm an Straßen                Als gesundheitlich bedenkliche Schwellenwerte gelten Belastungen ab 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht. Eine Innenstadtstudie im Auf­trag des Senats, mit der die Lärmbelastungen auf den 260 km langen Haupt­netzstraßen innerhalb des S-Bahnrings erfasst wurde, brachte 1990 erschreckende Ergebnisse: Bei 95% der betroffenen Wohnungen wurde tags der Wert von über 65 dB(A) überschritten. Die Untersuchung wurde daraufhin auf die weiteren Hauptnetzstraßen der Stadt ausgeweitet. So entstand die Karte "Straßenverkehrslärm an der Straßenrandbebauung“ für das übergeordnete Straßennetz. Sie zeigt heute folgende Belastungs­situation: Die Lärmimmission beträgt am Tag bei 60 % der bebauten Straßenseitenlängen mehr als 65 dB(A), nachts werden an 80 % der Strecken mehr als 55 dB(A) gemessen. In den Wohnungen entlang der 1.480 km langen Randbebauung von Hauptverkehrsstraßen sind damit tags 220.000 Personen (das entspricht 63 % der vom Verkehrslärm be­troffenen) und nachts mehr als 280.000 Personen (80%) Lärmbelastungen ausgesetzt, die die genannten Richtwerte übersteigen.

                                                               Lärm an Schienenwegen  An den Schienenwegen waren erheblich weniger Berliner von gesund­heits­relevanten Lärmpegeln betroffen als an den Straßen. Das zeigt eine weitere Lärmkarte, die für die Belastung an den Gebäuden entlang der Fern- und S-Bahn sowie der oberirdischen U-Bahn-Strecken erarbeitet wurde. 239 km der 1998/99 untersuchten 492 km Streckenseiten im Schienennetz sind mit Wohngebäuden bebaut. An 27 % dieser bebauten Abschnitte liegt der Lärm­pegel tags über 65 dB(A), an 55 % nachts über 55 dB(A). Deutlich ge­ring­er als beim Straßenverkehr ist auch die Zahl der betroffenen Anwohn­er: Über 65 dB(A) tags sind ca. 7.000, über 55 dB(A) nachts ca. 15.000 Anwohner ausgesetzt. Belastungen treten dabei besonders an innerstädt­ischen Streckenabschnitten und am Berliner Außenring auf. Im Bereich der dicht und mit geringem Abstand bebauten Stadtbahn werden Pegel von über 70 dB(A), an Stahlbrücken mit mehr als 75 dB(A) die höchsten Werte erreicht. Erhebliche Belastungen gehen auch von den Viadukt­strecken der U-Bahn aus. Im S- und U-Bahnverkehr stellen die nächt­lichen Betriebspausen eine gewisse Entlastung dar. Mit dem weiteren Ausbau der Schienenstrecken, der Inbetriebnahme bisher stillgelegter Strecken und mit einer dichteren Zugfolge wird der Schienenverkehr größere Berliner Wohnbereiche erheblich stärker und andere neu mit Lärm belasten.

                                                               Fluglärm              Obwohl der Luftverkehr zunahm, ist in den letzten Jahren die Belastung durch Fluglärm eher gesunken. Der Grund: Seit 1994 dürfen in Tegel keine lauten Flugzeuge starten oder landen. Da der Verkehr in Tegel aber weiter zunimmt, wird auch die Lärmbelastung wieder steigen. Eine nach­haltige Entlastung des Stadtgebietes wird deshalb nur die Bündelung des Flugverkehrs im neuen Flughafen Berlin Brandenburg International sichern.

                                                               Verkehrslärmkataster     Die Daten der Straßen- und der Schienenverkehrslärmkarte, Erhebungen zu den betroffenen Gebäuden und Bewohnern, topographische Daten zur Schallausbreitung und relevante technische Daten zu Straßen und Straßen­bahntrassen sind im Berliner Verkehrslärmkataster zusammen­gefasst, das regelmäßig – zuletzt 2002 –  aktualisiert wird. Diese Daten­bank liefert damit wichtige Planungsdaten, ermöglicht Analysen und thematische Vertiefungen, etwa zur räumlichen Verteilung des Lärms.

                                                               Verkehrsimmissionskataster        Durch die Integration von Daten zu verkehrsbedingten Luftschadstoff­belastungen ins Verkehrslärmkatasters entstand das aktuelle Verkehrs­immissionskataster. Dabei werden soweit vorhanden auch Belast­ungs­daten zu den Nebenstraßen eingeschlossen. Nebenstraßen stellen ca. 75 % des Gesamtnetzes mit einer Länge von 3.900 km. In den Bezirken Prenz­lauer Berg, Köpenick, Mitte, Pankow, Spandau, Charlottenburg, Hohen­schönhausen, Friedrichshain und Lichtenberg wurden Lärmbelastungen auch in Nebenstraßen erfasst. Die Senatsverwaltung hat dafür Verfahren entwickelt, die die Erhebung vor Ort erheblich erleichtern. Die Messung­en zeigten: Stellenweise liegen auch in Nebenstraßen – etwa durch schad­haftes Großsteinpflaster – die Pegel vergleichbar hoch wie im übergeord­neten Straßennetz.

                                                               Ressortübergreifende Planungen  Der wirksamste Lärmschutz liegt in der planerischen Vorsorge, die Lärm vermeiden oder zumindest minimieren kann. Lärmschutz wird so zur inter­disziplinären Planungsaufgabe mit der langfristigen Perspektive einer nachhaltigen Sicherung städtischer Lebensqualität. Werkzeuge dazu sind Stadtentwicklungs-, Verkehrs- und Umweltpolitik. So wird im SteP Verkehr die Minderung der Lärmbelastung für Anwohner von Hauptver­kehrsstraßen durch Dämpfung der Verkehrsnachfrage und der Motori­sierung und durch die Förderung von ÖPNV, Fußgänger- und Fahrrad­verkehr angestrebt. Weniger Verkehr heißt weniger Lärm. Und die Ver­lagerung auf Schiene und Wasser stellt auch in Bezug auf Lärm eine nach­haltige Option dar. Die Potentiale einer solchen modifizierten Ver­kehrspolitik sind beträchtlich, wie Modellrechnungen belegen: Pegelwerte über 65 dB(A) nachts lassen sich damit in bestimmten Bereichen vermeiden, mindestens 75.000 Anwohner werden nachts um 5 dB(A) weniger belastet. Auch im LEPeV wurde der Anspruch auf Lärmvorsorge festgeschrieben. Das Prinzip der Siedlungsentwicklung an schienener­schlossenen Punkten bündelt lärmintensive Verkehrstrassen.

Eine nachhaltige Entlastung Berlins vom Fluglärm kann nur durch die Schließung der innerstädtischen Flughäfen erreicht werden. Bei der Plan­ung für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) wurde im LEP Standortsicherung Flughafen eine über bundesweite Kriterien hinausgehende Ausdehnung der Zonen durchgesetzt, in denen die Siedlungsplanung beschränkt wird. Während in der besonders lauten Zone I eine Neuausweisung von Wohn­gebieten besonders schutzbedürftigen Einrichtungen generell ausge­schlos­sen wird, sind in der Zone II solche Ausweisungen nur unter ein­geschränkten Voraussetzungen zulässig.

Das Planwerk Innenstadt trifft Vorsorge durch die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit und die Verlagerung des Verkehrs aus der Innen­stadt. Weil Lücken der Straßenrandbebauung geschlossen werden, können Hofräume vom Straßenlärm abgeschirmt werden. Weitere Lärmschutz­vor­sorge hat die Senatsverwaltung schließlich auch in Planfeststel­lungs­verfahren durchsetzen können.

                                                               Minderung von Straßenlärm           In den Bereichen Straßenbau, Verkehrsregelung und Fahrzeugverbes­ser­ungen lassen sich weitere Schritte zur Lärmminderung umsetzen. Eine Straßendecke mit Großsteinpflaster etwa hat gegenüber einer Asphalt­decke einen um 5 dB(A) höheren Lärmpegel, der bei schadhaftem Zu­stand noch höher liegen kann. Auch die vielfach schadhafte Betongroß­verbundplatte für das Gleisbett der Straßenbahn hebt die Emissionspegel um 5 bis 8 dB(A) an. Pflege, Reparatur und wo nötig Asphaltierung von Pflasterstrecken vor allem auf Hauptnetzstraßen mit Wohnnutzung sind deshalb eine naheliegende Maßnahme zur Lärmminderung an Straßen.

                                                               Tempo-30-Zonen                Tempo-30-Zonen spielen bei der Lärmminderung eine wichtige Rolle. Untersuchungen und Modellprojekte zeigen, dass eine Minderung um
3 dB(A) möglich ist, wenn das Tempolimit nicht zu stark überschritten wird. Diese Lärmminderung ergibt sich vor allem, weil rasche Beschleu­nig­ungen entbehrlich werden. Zudem verringert sich die subjektive Lärm­belästigung der Anlieger durch den Wegfall von Geräuschspitzen.

                                                               LKW Fahrverbote              Im Modellversuch Verkehrslärmschutz, der Mitte 1999 begann, wurde auf sieben dicht bewohnten, lauten Hauptverkehrsstraßen nachts Tempo 30 vorgeschrieben, an zwei Abschnitten ein LKW-Nachtfahrverbot ver­fügt, von dem nur geräuscharme LKW ausgenommen waren, und für zwei Straßenzüge andere LKW-Routen empfohlen. Wichtiger als der entfallende Fahrlärm war dabei die Verringerung der durch polternde und klappernde Aufbauten erhöhten Maximalpegel. Obwohl die Pegel­minder­ungen weniger als 2 bzw. 3 dB(A) betrugen, zeigten sich die Anwohner mit dem Ergebnis ausgesprochen zufrieden.

                                                               Bündelung des Verkehrs Allgemein wird man erwarten, dass dort, wo besonders hohe Belastungen vorliegen, auch zuerst Abhilfe geschaffen werden muss und kann. Ver­kehrs­lärmschwerpunkte sind jedoch vielfach Hauptverkehrsstraßen mit einer überdurchschnittlich hohen Auslastung (über 50.000 Kfz/24h). Eine Halbierung dieser Zahl würde aber nur zu einer Reduzierung um 3 dB(A) führen. Um die Schwellenwerte zu erreichen, dürften selbst die großen Magistralen von nicht mehr als 3.000 bis 5.000 Autos pro Tag befahren werden. Das ist nicht realisierbar. Zudem würden die Verkehrsströme in bisher ruhige Nebenstraßen abgedrängt. Eine noch stärkere Bündelung des Kfz-Verkehrs auf den Hauptverkehrsstraßen könnte dagegen eine er­hebliche Entlastung anderer Straßen bewirken, ohne dass der Lärm in den schon hochbelasteten Straßen merklich zunehmen würde. Daraus ergeben sich schwierige Fragen bei der Abwägung, welche auch nur geringen Lärm­erhöhungen an bereits sehr hoch belasteten Straßen vertretbar sind, um andere zu entlasten.

                                                               Fahrzeugtechnik               Lärmemissionen von Pkw bei 50 km/h sind spätestens ab Mitte der 90er Jahre auf die Größenordnung des Rollgeräusches durch Reifen und Fahr­bahn gesenkt worden. Eine weitere Reduzierung der Motor-, Getriebe- und Auspuffgeräusche würde sich kaum bemerkbar machen. Die Reifen­industrie darf nach EU-Richtlinien ab 2001 nur noch lärmgeminderte Reifen anbieten, viele Produkte namhafter Hersteller weisen schon heute geringere Werte auf, als die EU vorschreiben wird. In wenigen Jahren wird die Umrüstung aller Kfz abgeschlossen sein und eine leichte Re­du­zierung bewirken.. Bei Nutzfahrzeugen wirkt sich die seit 1996 gelten­de Senkung der EU-Grenzwerte für Geräuschemissionen erst mittelfristig aus, da Lkw und Busse nur alle sechs bis 12 Jahre erneuert werden.

                                                               Passiver Verkehrslärmschutz       Neben stadtplanerischen Mitteln sind konkrete bauliche Maßnahmen des passiven Schallschutzes möglich, die auf Eigeninitative der Investoren und Eigentümer verwirklicht werden müssen, solange eine Förderung nicht finanzierbar ist. Dazu zählt die geeignete Gestaltung von Grundris­sen (Wohn- und Schlafräume auf der straßenabgewandten Seite) aber auch die Lärmdämmung der Fassaden. Experten schätzen, dass in Berlin ein Nachrüstungsbedarf von mindestens 150.000 Schallschutzfenstern besteht. Das entspricht einem Investitionsvolumen von rund 100 Mio €.

                                                               Baulärm               Der zunehmende Straßenverkehr, besonders der Schwerlastverkehr, trägt zu schnellerem Verschleiß der Verkehrsbauten bei. Zudem müssen Ver­sorg­ungs­leitungen saniert und modernisiert werden. Straßenbaustellen sind die Folge, die nicht nur für Autofahrer ein Ärgernis darstellen. Die an den Baustellen entstehenden Staus belasten mit Lärm und Abgasen die Anwohner. Die Senatsverwaltung koordiniert die Baumaßnahmen mit dem Ziel, Beeinträchtigungen für den Verkehr so gering wie möglich zu halten. Bei Wartungsarbeiten an Straßenbahngleisen (laut BVG müssen allein in Mitte pro Jahr 330 Baustellen für Schienenschleif- und Schweiß­arbeiten eingerichtet werden) und Straßenbaustellen müssen die notwen­dig­en Arbeiten aus Rücksicht auf den Verkehrsfluss in den späten Abend- und Nachtstunden durchgeführt werden. Zum Schutz der Anwohner wer­den die ausführenden Firmen verpflichtet auf eine Arbeitsnacht eine Ruhe­nacht folgen zu lassen und lärmintensive Arbeitsabläufe bis Mitter­nacht zu beenden.

Bei Baustellenkontrollen im privaten Hoch- und Tiefbau wird die Einhalt­ung gesetzlicher Lärmschutzbestimmungen überprüft, bei Ausnahmezu­lassungen der Einsatz lärmarmer Fahrzeuge und Verfahren (Betonbeißer an Stelle von Aufbruchhämmern; Rüttel-,Vibrations- bzw. Pressverfahren an Stelle von Rammverfahren; etc.) vorgeschrieben. Nicht immer jedoch lassen sich die Lärmprobleme auf diesem Weg lösen.

Die Senatsexperten fungieren deshalb regelmäßig als Moderatoren und Berater bei großen und kleinen Vorhaben, wie 1997 bei der Sanierung der U-Bahnbrücke am Gleisdreieck, 1998 beim Abriss eines Bunkers in Zehlen­dorf, oder bei den Bauvorhaben am Potsdamer Platz, für die der Senat Ausnahmezulassungen nach der Lärmverordnung erst erteilte, nach­dem eine vertragliche Lösung zwischen Anwohnern und Bauherren gefunden war.

                                                               Großveranstaltungen        Rings um Waldbühne und Olympiastadion wurde der Verkehr an- und abfahrender Besucher dadurch reduziert, dass das Veranstaltungsticket gleichzeitig zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel berechtigt. Wohn­straßen im Umfeld der Veranstaltungsorte werden für den motorisierten Besucherverkehr gesperrt. Zudem moderiert der Senat auch hier zwischen Betroffenen und Verursachern und hilft gemeinsame Lösungen zu finden.

                                                               Schankgärten und Straßencafés    In Berlin besteht lediglich zwischen fünf und sechs Uhr morgens eine gast­stättenrechtliche Sperrzeit. Für den Betrieb von Schankgärten insbe­sondere nach 22 Uhr ist jedoch eine besondere Genehmigung erforder­lich, wenn es zu Störungen kommen kann. Trotz der Novellierung der Berliner Lärmverordnung im Jahre 1994, durch die der Spielraum für Ausnahmezulassungen während der Abend- und Nachtzeit erweitert wurde, ergaben sich immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Gast­wirten, Anwohnern und Behörden. In einem Gespräch zwischen Ver­tretern der Hotel- und Gaststätteninnung, bezirklichen Umweltämtern und dem Senat wurde vereinbart, in Konfliktfällen Ausnahmezulassungen an die Auflage zu knüpfen, dass die Schankvorgärten von Sonntag bis Don­nerstag um 23 Uhr, an Freitagen und Sonnabenden um 24 Uhr schließen und die Lärmbelastung während der gesamten Betriebszeit den Richtwert für die Tagzeit nicht überschreitet. Zusätzlich soll im Konfliktfall von den Bezirken ein Clearingverfahren zwischen Gaststätte und den Anwohnern installiert werden. Diese Vereinbarung ist jedoch durch jüngste gerichtliche Entscheidungen in Frage gestellt.

                                                               Lärmminderungsplan       In Modellprojekten für bezirkliche Teilräume eines stadtweiten Lärm­minderungsplans entwickelt der Senat derzeit zur stadtweiten Eindäm­mung des Verkehrslärms konkrete Einzelmaßnahmen und einen mittel- und längerfristig auszufüllenden Maßnahmenkatalog.


12                 Abfall

Anfang der 90er Jahre war allerorten noch von einer Mülllawine und drohendem Entsorgungsnotstand die Rede. Eingetreten ist das Gegenteil: Die Abfallmengen sind gesunken, immer mehr Abfall wird wiederver­wendet, immer weniger muss entsorgt werden. Die auf Basis der Prog­nosen bundesweit ausgebauten Verbrennungskapazitäten sind nicht auszulasten. Berlin hat darauf reagiert und die Abfallwirtschaftsplanung grundlegend verändert.

Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes von 1994 wurde im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin vom 21. Juli 1999 ver­tieft, das seither den gesetzlichen Rahmen für die Abfallwirtschafts­plan­ung in Berlin bildet. Leitbild ist eine nachhaltige, ökologisch orientierte Kreislaufwirtschaft mit der deutlichen Pflichtenhierarchie: Abfallver­meidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung.

                                                               Siedlungsabfälle Als Siedlungsabfälle werden Hausmüll, Sperrmüll, Geschäftsmüll, Ge­werbeabfall und Straßenkehricht betrachtet. In Berlin fielen 2002 rund 1.674.000 t Siedlungsabfälle an. Pro Einwohner und Jahr entspricht das einer Menge von 493,7 kg. Über ein Drittel (629.000 t) dieser Siedlungs­abfälle wurde einer Verwertung zugeführt, 1.045.000 t wurden beseitigt. Hausmüll verursacht etwas über die Hälfte der Siedlungsabfälle. Durch­schnittlich erzeugte jeder Einwohner Berlins im Jahr 2002 etwa 288 kg Hausmüll. Den Hauptbestandteil davon bildet Bioabfall (Küchen- und Gartenabfälle) mit 38 %, der Verpackungsanteil liegt bei 21 %.

Die verwertbaren Abfälle wurden zum überwiegenden Teil über Recyc­lingcontainer im öffentlichen Straßenland (Bringsystem) oder über Be­hälter am Haus (Holsystem) getrennt erfasst. Verwertet wurden so vor allem Papier/Pappe/Karton, Glas und Leichtverpackungen (über die Duale System Deutschland (DSD)) aber auch Bioabfall, Altbatterien und Alttextilien verwertet. Die flächendeckende Einführung der Biotonne, die 1996 begann, führte zu stetigen Steigerungen der Sammelergebnisse. In­zwischen sind 80% der Haushalte an die getrennte Sammlung der Bioab­fälle angeschlossen.

Das Brutto-Siedlungsabfallaufkommen reduzierte sich von 1994 bis 2002 um fast 23%. Dazu beigetragen hat neben den sinkenden Einwohnerzahl­en, dem wirtschaftlichen Strukturwandel und den daraus resultierenden Veränderungen der Gewerbeabfallentwicklung auch ein verändertes Um­weltbewusstsein der Gesellschaft: Die Maßnahmen zur Abfallvermeidung zeigen Wirkung. Die Verwertungsquote stieg auf 37,6 % im Jahr 2002 – gegenüber 1994 ein Quotenzuwachs um 21 %. Der Anteil der beseitigten Siedlungsabfälle reduzierte sich von 1994 bis 2002 um 42,6 %.

Rund 512.000 t davon wurden in der bestehenden Müllverbrennungs­anlage Ruhleben thermisch behandelt. Damit werden etwa 49 % der beseitigten Siedlungsabfälle thermisch behandelt und 51 % im Land Brandenburg deponiert. Die am 1. März 2001 in Kraft getretene Ab­lagerungsverordnung (AbfAblV) verbietet die Deponierung unbehan­delter Siedlungsabfälle aus Haushalten und Gewerbe ab 1. Juni 2005.

                                                               Bauabfälle            In Berlin sind 2002 rund 4.730.000 t nicht besonders überwachungsbe­dürftige Bauabfälle angefallen. Das Gesamtaufkommen hat sich damit im Vergleich zu 2001 (5.031.000 t) nach Jahren drastischer Rückgänge kaum verändert. 2001 betrug der Rückgang gegenüber 2000 noch 16 % (von vergleichsweise 1998 zu 1997 sogar 40 %). Die drastischen Rückgänge Ende der 90er Jahre sind u.a. auch auf die Entwicklung im Wohnungs­neubau zurück zuführen – von 32.965 fertiggestellten Wohnungen 1997 über 9.061 Wohnungen 2000 auf 5.182 Wohnungen 2002. Hinzu kommt, dass der relativ hohe Anteil der Sondermaßnahmen am Potsdamer Platz, Spreebogen etc. deutlich zurückgegangen ist. Dadurch sank die Boden­aushubmenge auf 2.051.000 t im Jahr 2002. Dank kostengünstiger Ver­wert­ungs­wege werden zudem immer weniger Bauabfälle auf Deponien beseitigt: Waren es 1997 noch 1.100.000 t, sank diese Menge 2000 auf 142.200 t und erreichte 2002 einen Stand von 76.000 t. Im Jahr 2002 wurden damit ca.  2 Prozent der Bauabfälle beseitigt.

Etwas 98 % der Bauabfälle wurden 2002 somit verwertet. Die für das Jahr 2010 im Abfallwirtschaftsplan Berlin – Teilplan Bauabfall noch 1999 prognos­tizierten Verwertungsquoten für die Abfallfraktionen Bodenaushub (96 %) und Bauschutt (84%) wurden 2002 mit 99 % für Boden und Steine und 98 % für Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik bereits deutlich überschritten.

                                                               Sonderabfälle      Im Land Berlin fielen im Jahr 2001 rund 629.000 t besonders überwach­ungsbedürftiger Abfälle an. Auf dem Papier ist die Menge dieser Sonder­abfälle damit seit 1995 um 88 % gestiegen. Das liegt indes an einer neuen Einteilung: Seit 1997 werden auch verunreinigte Bauabfälle den beson­ders überwachungsbedürftigen Abfällen zugeordnet. Allein von 2000 bis 2001 verursachten Aushübe von Großbaustellen im Zentrum oder Ent­schlammungsmaßnahmen eine Zunahme von Bauschutt und Erdaushub mit schädlichen Verunreinigungen um 29 %. Diese Bauabfälle machten im Jahr 2001 88 % der überwachungsbedürftigen Abfälle aus. Ohne Bau­abfälle sanken die Mengen im Jahr 2001 nach einem stetigen Anstieg bis 1998 auf ein Maximum von 121.000 t noch unter die Werte von 1995.

Der Anteil produktionsspezifischer Abfälle am Gesamtaufkommen be­trägt 12 % und setzt sich vor allem aus Ölabfällen, Abfällen aus Abfallbe­handlungsanlagen, Abfällen aus Prozessen der mechanischen Formgeb­ung und Oberflächenbearbeitung sowie aus anorganischen Abfällen aus thermischen Prozessen zusammen. Letztere sind im Jahr 2001 weiterhin um 39 % gestiegen, sie trugen allerdings nur zwei Prozent zum Gesamtaufkommen bei.

Die Gesamtabfallmenge wurde 1995 und 1996 primär aus Abfällen von Mineralöl- und Kohleveredelungsprodukten gebildet, seit 1997 stellen Bauabfälle den Hauptanteil. 1998 folgten an zweiter Stelle die Stoffgrup­pe der Oxide, Hydroxide und Salze, sowie anschließend Abfälle aus der Wasseraufbereitung, Abwasserreinigung und Gewässerunterhaltung. Da­gegen fielen von 1999 bis 2001 die zweitgrößten Mengen in der Stoffgruppe der Ölabfälle an, gefolgt von Abfällen aus Abfallbe­handlungsanlagen, öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen und der öffentlichen Wasser­versorgung. Letztgenannter Anteil ist bedingt durch die Entschlammung des Teltowkanals.

Rund 90 % der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle wurden Beseitigungsverfahren mit ökologisch begründeten hohen technischen Standards zugeführt. Verwertet werden konnten vor allem die Bau- und Abbruchabfälle, gefolgt von anorganischen Abfällen aus thermischen Prozessen sowie Ölabfällen.

Die Altölmengen gingen nach einer Steigerung von 1997 bis 1999 im Jahr 2001 auf rund 28.000 t zurück. Den mengenmäßig größten Anteil in dies­er Gruppe stellten im Jahr 2001 halogenfreie Bearbeitungsemulsionen mit 7.000 t. Schlämme aus Einlaufschächten (Sandfangrückstände) mit 6.600 t, gefolgt von nicht chlorierten Maschinen-, Getriebe- und Schmierölen mit 5.400 t  und Schlämmen aus Öl-/Wasserabscheidern mit 5.746 t.

                                                               Entsorgungsanlagen         Bedingt durch die stetig fallenden Abfallmengen verminderte sich die Zahl der in Berlin betriebenen Entsorgungsanlagen von 13 im Jahr 1996 auf heute acht. Zugenommen hat die Abfallentsorgung außerhalb Berlins, die seit 1995 überwiegend in Brandenburg statt findet. Mit dem Nachbarland, das auch Hauptlieferant der von außerhalb nach Berlin verbrachten Ab­fallmengen ist, bestehen sinnvolle Absprachen, die die Stärken beider Partner in der Abfallbehandlung nutzen.

                                                               Wandel in der     Im Abfallentsorgungsplan Berlin 1995 waren noch auf Grundlage der

                                                               Abfallwirtschaftsplanung                Daten von 1992 drei weitere Restmüllverbrennungsanlagen mit einer Kapazität von 850.000 t/a geplant. Die tatsächliche Entwicklung der Abfallmengen machte eine rasche Neubewertung nötig. Das Abgeord­netenhaus beschloss im Juni 1996, die Überarbeitung des Abfallwirt­schaftskonzepts durch ein Mediationsverfahren zu begleiten. 1997 ver­sammelte dieses Verfahren Vertreter der Entsorger, Bürgerinitiativen, Umweltverbände, Kammern, abfallerzeugende Wirtschaft, Verbraucher, Parteien, Verwaltungen, die Bezirke (den Rat der Bürgermeister) und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an einem Tisch.

Parallel dazu fanden zwei wichtige Weichenstellungen statt: Die Zustän­digkeiten für die Abfallentsorgung wurden in einer Senatsverwaltung zusammengeführt und damit die Voraussetzungen für Vollzug aus einer Hand in der Berliner Abfallwirtschaft geschaffen. Die Novelle des Lan­desabfallgesetzes Berlin gab derweil eine klare Bestandsgarantie für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) als öffentliche Anstalt und formu­lierte ihre dauerhafte Zuständigkeit für die Entsorgung.

                                                               Abfallwirtschaftsplan Berlin          1999 wurde mit dem Abfallwirtschaftsplan Berlin (Teilplan Bauabfall) die Planungsgrundlage für die Bauabfallwirtschaftspolitik des Landes Berlin vorgelegt. Im Februar 2001 folgte der Abfallwirtschaftsplan Berlin (Teilplan Siedlungsabfall), der eine aktualisierte Prognose für das Jahr 2010 enthält. Am 1. April 2003 hat der Senat die entsprechenden Maßnahmen zur zukünftigen Abfallentsorgung beschlossen. Die Entsorgungssicherheit des Landes Berlin ab dem Jahr 2005 soll dadurch gewährleistet werden, dass die über die Kapazität der MVA Ruhleben (520.000 t/Jahr) hinausgehende Menge an Siedlungsabfällen in Höhe von 463.000 t/Jahr als Rohmüll zur Entsorgung in externen Abfallbehand­lungsanlagen ausgeschrieben werden soll. Maximal 50 % dieser Menge sollen bei Vorliegen eines wirtschaftlich vergleichbaren Angebotes im Rahmen einer Public-Private-Partnership vergeben werden. Die Aus­schreibung erfolgt in mehreren Losen und grundsätzlich mit einer maximalen Laufzeit bis zum Jahr 2015. Neben der Sicherstellung einer sozialverträglichen Gebührenentwicklung sollen auch ökologische Kriterien bei der Vergabe beachtet werden.

                                                               Strategien zur Vermeidung            Mit einer Reihe von Strategien fördert das Land Berlin die Abfallver­meidung. Dazu gehören:

          Vorgaben zum umweltverträglichen und abfallarmen Beschaf­fungs- und Auftragswesen der öffentlichen Hand (Vorbildfunktion des Landes)

          Anforderung und Prüfung betrieblicher Abfallwirtschaftskonzepte und Bilanzen (Gewerbebetriebe sollen die Abfallentsorgung als betriebswirtschaftlichen Faktor im Produktionskreislauf erken­nen.)

          Pflicht zur Beratung und Information der Abfallerzeuger

          Erhöhung der Mehrwegquote

          Ausbau der Eigenkompostierung

          Anreize durch die Gestaltung der Abfallgebühren
(Um die Akzeptanz der kommunalen Abfallwirtschaft nicht zu gefährden, wird der Senat – gerade angesichts des weiterhin not­wendigen Investitionsbedarfs im Abfallbereich – die Bemühungen zur Dämpfung der Kosten und Gebühren fortführen. Der Konflikt zwischen steigenden technischen Anforderungen an die Abfallent­sorgung einerseits und die Bürgerinnen und Bürger belastenden Gebühren andererseits soll so weit als möglich vermieden wer­den.)

          Förderung der Prinzipien nachhaltiger Bauwirtschaft
(Erhalt und Sanierung vor Abriss, Einsatz wiederverwendbarer Baumaterialien und Getrennterfassung durch geeignete Rückbau­verfahren)

                                                               Strategien zur Verwertung             Soweit möglich sollen aus den Abfällen sekundäre Rohstoffe gewonnen werden (stoffliche Verwertung). Als zweite Verwertungsform werden Abfälle als Ersatzbrennstoffe eingesetzt, um Strom und Wärme zu er­zeugen (energetische Verwertung). Eine Verbrennung ohne energetischen Nutzen, wird als letzte Alternative eingesetzt, um die Stoff­mengen, die deponiert werden zu reduzieren.

                                                               Maßnahmen Siedlungsabfall           Bis zum Jahr 2010 soll die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge weiter abnehmen. In einem Minimal- und Maximalszenario geht der Abfallwirt­schaftsplan von einer durch Vermeidung und Verwertung erzielten Re­duktionsquote von 17 % (Minimalszenario) bis 35 % (Maximalszenario) gegenüber 1997 ausgegangen. Damit wird sich die zu beseitigende Sied­lungsabfallmenge auf 826.000 t bis 1.080.000 t verringern. Erreicht wird das durch folgende Maßnahmen:

          Umstellung von kohlebeheizten Wohnungen auf andere Energie­träger (Reduzierung des Feinmülls um max. 10.100 t/a)

          Projekte zur Förderung der Eigenkompostierung (Reduktion or­ganischer Bestandteile im Restabfall um max. 8.000 t/a)

          Erfassung von Problemabfällen in mobilen und stationären Sam­melstellen (Reduzierung von Problemabfällen um max. 5.000 t/a)

          Erhöhung der Mehrweggetränkeverpackungsquote durch Koope­ration mit dem Handel und Abfallberatung (Vermeidung von Ver­packungsabfällen, max. 50.800 t/a)

          Aufbau eines Getrenntsammlungssystems für Verpackungen (Re­duzierung des Restabfalls um max. 300.000 t/a)

          Ausbau der Getrenntsammlung von Bioabfällen aus Haushalten (Reduktion organischer Abfälle im Restabfall um max. 130.000 t/a)

          Getrenntsammlung von Speiseabfällen aus Gewerbebetrieben (Reduktion organischer Stoffe im Gewerbeabfall um max. 50.000 t/a)

          Sortierung von Sperrmüll in Sortieranlagen (Reduzierung des Restabfalls um max. 107.000 t/a)

          Getrenntsammlung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle und Sor­tierung in Sortieranlagen (Reduzierung des zu beseitigenden Ge­werbeabfalls um max. 61.000 t/a)

          Stoffliche Verwertung von Siel- und Kanalsanden (Reduzierung des zu beseitigenden Restabfalls um max. 25.000 t/a)

          Nassphysikalische Behandlung von Straßenkehricht (Reduzierung des zu beseitigenden Restabfalls um max. 105.000 t/a)

          Energetische Verwertung heizwertreicher Abfällen (Reduzierung des Restabfalls um ca. 190.000 t/a)

                                                               Maßnahmen Bauabfall      Gegenwärtig fallen in Berlin mehr als zwei Drittel aller Abfälle im Bau­sektor an. Entsprechend stark wirken sich die im folgenden aufgeführten Maßnahmen auf das Gesamtanfallaufkommen der Stadt aus:

          Um- und Mehrfachnutzung des Bestandes
Vermeidung des Abrisses durch rechtzeitige Maßnahmen zur Sanierung der Bausubstanz

          Abfallarmer Rückbau
Der selektive und kontrollierte Rückbau von Bauwerken mit stuf­enweiser Demontage bei Getrennterfassung direkt an der Anfall­stelle ist Voraussetzung für eine weitgehende Rückführung des Bauabfalls in den Stoffkreislauf.

          Recyclingbaustoffe im Straßenbau
Nahezu der gesamte Beton- und Asphaltaufbruch wird im im öf­fentlichen Straßen- und Wegebau wiederverwertet. Das sichern entsprechende Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßen­gesetz.

          Betonrecycling
Bisher wird Recyclingmaterial aus Beton vorwiegend zum Straßen-, Wege- und Deponiebau eingesetzt. Künftig wird eine verstärkte Konkurrenz der Verwertungsverfahren unter­ein­ander erwartet. Vor allem im Bereich möglicher Hochbauanwendungen wird intensiv geforscht, die künftigen Chancen werden von Ex­perten positiv beurteilt.

          Entwicklung neuer Materialien und Technologien
Durch die verstärkte Verbreitung industrieller Vorfertigungstech­niken (Betonfertigteile, Fertighäuser etc.) wird sich der Anfall von Holz und gemischten Bauabfällen verringern.

                                                               Maßnahmen Sonderabfälle              Seit 1995 werden in Berlin von den Unternehmen aller Branchen (mit Ausnahme des Handels) Abfallwirtschaftskonzepte, seit 1998 Abfall­bilanzen angefordert und ausgewertet. Die daraus gewonnenen Erfahr­ungen dienen mittel- und langfristig nicht nur als innerbetriebliches Plan­ungsinstrument für das Unternehmen und als Mittel zur Abfallwirtschafts­planung des Landes. Sie können auch im Technologie-Transfer zum Ein­satz kommen. Diese Aufgabe ist für die spezielle Berliner Wirtschafts­struktur mit ihren vielen kleineren und mittleren Unternehmen von besonderer strukturpolitischer Bedeutung. Die Abfallwirtschaftskonzepte und –bilanzen belegen beispielhaft die Abkehr von einem rein ordnungs­rechtlichen Instrumentarium, das der Senat durch begleitende kooperative Maßnahmen sowie Informations- und Beratungsinstrumente ergänzt hat.

                                                               Entsorgungsraum              Berlin ist als dicht besiedelter Ballungsraum nicht in der Lage, die

                                                               Berlin-Brandenburg         Abfallentsorgung vollständig im eigenen Land vorzunehmen. Deshalb bilden Berlin und Brandenburg einen gemeinsamen Entsorgungsraum. Die seit langem bestehende Zusammenarbeit in der Abfallentsorgung wurde auch im Abfallwirtschaftsplan festgelegt. Im Stadtgebiet Berlin können keine Deponien errichtet und betrieben werden. In Berlin ange­fallene und nicht zu verwertende, besonders überwachungsbedürftige Abfälle werden vorzugsweise in Brandenburg deponiert. Im Gegenzug nutzt Brandenburg für die Entsorgung besonders überwachungsbedürf­tiger Abfälle in Berlin vorhandene Behandlungskapazitäten. Brandenburg übernimmt Berliner Abfälle erst nach Reduzierung und - soweit möglich - Vorbehandlung. Diese Restabfälle werden auf dem Schienen- oder Wasserweg nach Brandenburg transportiert.

Mit jeweils 50% Anteilen sind die beiden Länder Gesellschafter des Deponienbetreibers, der Märkischen Entsorgungsanlagen-Betriebsgesell­schaft (MEAB). Durch das geringere Aufkommen konnte die Anlieferung an MEAB-Deponien 1999 eingestellt werden. Die derzeitige Deponier­ung erfolgt auf den BSR-eigenen Deponien Schöneicher Plan und Schwanebeck.

                                                               Sonderabfallgesellschaft Berlin und Brandenburg haben die Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/

                                                               Brandenburg/Berlin         Berlin mbH (SBB) mit Sitz in Potsdam zur gemeinsamen zentralen Ein­richtung bestimmt, die die Entsorgung überwachungsbedürftiger Abfälle organisiert, und ihr die erforderlichen hoheitlichen Aufgaben mit Wirk­ung vom 1. Juli 1995 übertragen. Seither besteht in Berlin eine aus­schließliche Andienungspflicht für Sonderabfälle, seit 1996 auch für Bau­sonderabfälle an die SBB. Damit hat der Senat die zentrale Steuerung der Abfallströme nach nachhaltigen Gesichtspunkten ermöglicht.

                                                               Aufgaben der Zukunft      Ab Juni 2005 darf unbehandelter Siedlungsabfall nicht mehr depo­niert werden. Zu diesem Zeitpunkt enden auch die Ausnahmeregelungen, die die TA Siedlungsabfall heute noch vorsieht. Das stellt Berlin vor neue Aufgaben. Bislang kamen nur thermische Behandlung in Frage, um die Forderungen der TA Siedlungsabfall zu erfüllen. 1999 stellte das Bundes­ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit neue Eck­punkte für die zukünftige Entsorgung von Siedlungsabfällen vor, die neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Zur Vorbehandlung sind seitdem neb­en thermischen auch hochwertige mechanisch-biologische Vorbehand­lungsverfahren zugelassen. Bis spätestens 2020 sollen die Behandlungs­techniken so weiterentwickelt und ausgebaut werden, dass alle Siedlungs­abfälle in Deutschland vollständig und umweltverträglich verwertet werden. Für Berlin bedeutet das, mittelfristig auf Großinvestitionen zu verzichten, Überkapazitäten zu vermeiden und ein möglichst flexibles Konzept zu verfolgen, das auf mögliche Änderungen der Rahmenbeding­ungen reagieren kann (so wird etwa auch auf EU-Ebene über die Fest­legung eines Mindestheizwertes diskutiert).


13       Ökologischer Umbau

                                                               Wirtschaft und Stadt         Ziel der Senatspolitik ist es, ökologisches Wirtschaften als ökonomisches Potenzial für die Stärkung des Standortes zu nutzen. Die Entwicklung von Technologien, Produkten, Verhaltens- und Verbrauchsweisen öffnet Chancen für neue Berufe und Arbeitsplätze. Besonders die Modernisier­ungsleistungen bei der Sanierung der Großsiedlungen wie auch bei der Wiederherstellung der Infrastruktur - etwa durch die Sanierung der Rohr­leitungssysteme - haben eine erhebliche Innovationskraft freigesetzt, die inzwischen vor allem in den Staaten Mittel- und Osteuropas auf Interesse stösst.

Berlin praktiziert eine Umweltpolitik, die auf Kooperation und Kommuni­kation zwischen Stadt und Wirtschaft setzt, dabei aber hohe Umwelt­standards gesetzlich garantiert. Unternehmen sollen bei der Organisation ihrer eigenen Produktionsabläufe nachhaltige Strategien verfolgen. Hier setzen die Berliner Umweltallianzen an. Ihr Ziel ist die Gewährleistung eines hohen Umweltstandards in den Betrieben bei möglichst geringem Verwaltungsaufwand, ihr Motto: Abbau von Regelungen und Kontrolle gegen Transparenz und Vertrauen.

                                                               Umweltallianzen Das Land Berlin hat mit folgenden Verbänden Umweltallianzen als frei­willige Vereinbarungen geschlossen:

          VCI-Landesverband Berlin am 20. Juni 1997;

          Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Branden­burg e.V. am 20. Februar 1998;

          Berliner Wirtschaft vertreten durch die IHK Berlin, die Hand­werkskammer Berlin und die Vereinigung der Unternehmens­verbände in Berlin und Brandenburg am 22. Februar 1999.

Betrieben aus den Bereichen der Vertragspartner werden Vollzugserleich­terungen gewährt, falls diese eine Zertifizierung im Rahmen des Öko-Audits oder nach ISO 14001 vornehmen. Davon profitieren die Betriebe auch in anderer Hinsicht. Ein funktionierendes Umweltmanagement ist ein Indiz für die Innovationskraft des Managements. Das macht ein Unternehmen wettbewerbsfähig und sichert Arbeitsplätze.

Schon 1997 schloss der Senat mit den Verbänden der Berliner Wirtschaft eine freiwillige Übereinkunft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen. Mit dieser verpflichtete sich die Berliner Wirtschaft, für 75% aller neuen Wohnungen jeweils 1,5m² solarthermische Anlagen zu bauen. Der damit eingeleitete kontinuierliche Verständigungsprozess trägt Früchte: Ende 2000 gab es in Berlin fast 3.000 solarthermische Anlagen.

                                                               Umweltförderprogramme Schutz und Wahrung der Umwelt ist die Aufgabe des Staates. Während bei unmittelbaren Umweltbelastungen mit gesetzlichen Auflagen, Grenz­werten und Verboten wirkungsvolle Instrumente der Gefahrenabwehr ein­gesetzt werden, führen die „schleichenden“ Umweltprobleme dazu, dass immer stärker Vorsorgeaspekte in den Vordergrund rücken. Kooperatio­nen bieten die Möglichkeit, Gefährdungen, Schädigungen der Umwelt schon im vorhinein zu mindern oder ganz zu unterbinden.

Berlin wendet dazu verschiedene marktwirtschaftliche Anreizinstrumente an. Dazu zählen fiskalische Maßnahmen wie das Grundwasserentnahme­entgelt ebenso wie Instrumente gezielter Förderung, die Umweltschutz­maßnahmen für die Betriebe rentabel machen. Diese Möglichkeit steht Berliner Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre im Rahmen der Zukunftsinitiative Ökologisches Wirtschaften (ZÖW) und des Umwelt­förderprogramms (UFP) offen. Seit 2000 wurden diese Programme durch das Umweltentlastungsprogramm Berlin (UEP) abgelöst, in dem
122,5 Mio € zur Verfügung stehen. Rund 60 % davon sind EU-Mittel.

                                                                     Informationssystem Stadt und Umwelt               Die Arbeit der Senatsverwaltung für Bürger wie Fachleute transparent zu machen, ist ein wichtiger Beitrag zur Vernetzung und Verbreitung des Wissensstandes in Sachen Nachhaltigkeit. Das Informationssystem Stadt und Umwelt (ISU) dient in diesem Sinne einem wirkungsvollen internen Wissensmanagement wie auch der effizienteren Nutzung vorhandener Daten durch Externe und einer aktiven Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit. ISU ist daneben – gerade wegen des interdisziplinären Ansatzes– unabdingbar für eine zeitgemässe, ressortübergreifende Ver­waltungsarbeit.

                                                               FIS-Broker          Einen Schwerpunkt des Systems bildet das fachübergreifende Inform­ationssystem FIS-Broker, mit dem Daten der Senatsverwaltung und der Bezirke erschlossen werden. An unterschiedlichen Orten vorliegende Datenbestände können mit Hilfe dieses Brokers beschrieben, aufgefun­den, selektiert und visualisiert werden, ohne dass der Nutzer Kenntnisse der jeweiligen DV-Sprachen und Dateiformate mitbringen muss. Neben Karten stehen im FIS-Broker auch eine Vielzahl von Sachdaten zur Ver­fügung.

                                                               Internet Bereits seit 1995 werden ausgewählte Arbeitsergebnisse des Informa­tionssystems wie der digitale Umweltatlas im Internet angeboten. Mitt­lerweile umfasst das Webangebot der Senatsverwaltung mehrere tausend Seiten mit Arbeitsergebnissen des ganzen Hauses.

Über Geographische Informationssysteme werden Daten und Informa­tionen zu Stadt und Umwelt mit den amtlichen Kartenwerken des Landes Berlin verknüpft. Neben den Geobasisdaten werden dabei eine Vielzahl von thematischen Karten in verschiedenen Formaten bereitgestellt. Für fachübergreifende und querschnittsorientierte Darstellungen, wie zum Beispiel den alle Umweltmedien umfassenden Umweltatlas Berlin, werden einzelne Daten mit den Methoden des ISU weiterverarbeitet und veröffentlicht.

                                                               Umweltatlas Berlin            Der Umweltatlas Berlin liegt in digitaler Form seit 1995 im Maßstab zwischen 1:50.000 und 1:300.000 vor und wird laufend aktualisiert. Er behandelt über 50 Themen u. a. aus den Bereichen Boden, Wasser, Luft, Klima, Verkehr, Lärm und Biotope mittels Karten, Texten und Abbild­ungen.

Verschiedene Fachdaten werden direkt im ISU erarbeitet und bereit­gestellt – so etwa das CO2-Kataster, das Daten des Emissionskatasters, der Energieversorger, des Statistischen Landesamts und der Senats­verwaltung vereint, das Bodenbelastungskataster oder das im Rahmen des ISU entwickelte komplexe Berechnungsverfahren des Abflussbildungs­modells ABIMO.


14       Lokale Agenda 21

Wie alle Städte ist auch Berlin aufgefordert, die Ziele der UN-Konferenz von Rio de Janeiro 1992 in einem partizipativen Prozess mit allen gesell­schaftlichen Gruppen und Bürgern in lokale Programme für die nach­haltige Entwicklung im 21. Jahrhundert zu übersetzen. Durch die Unter­zeichung der Charten von Aalborg 1994 und Valencia 1995 hat sich Ber­lin dem Nachhaltigkeitsprinzip der Agenda 21 verpflichtet. In Gremien und Gruppen auf den unterschiedlichsten Ebenen ist die die Senatsver­waltung für Stadtentwicklung heute als Partner aktiv.

In Berlin begann die Lokale Agenda 21 in den Bezirken. Dort bildeten sich ab 1993 zahlreiche Gruppen und Projekte, die Themen aus den verschiedenen Bereichen bearbeiteten. Zu Ihrer Unterstützung initiierte die Senatsverwaltung 1997 ein viel beachtetes Koordinatorenmodell mit monatlichen Arbeitstreffen für alle Bezirke.

Im September 1997 wurde in der Prenzlauer Allee die Projektstelle Agen­da 21 als Service- und Informationsstelle für interessierte Bürger und Gruppen eröffnet. Im selben Jahr konstituierte sich eine Arbeitsgruppe der Agenda-21-Beauftragten, die sich aus Vertretern aller Senatsressorts und der Senatskanzlei zusammensetzt, und der Runde Tisch zur nach­haltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg, der schnell zu einer der wichtigsten Institutionen im Agendaprozess der Stadt wurde. Am 4. Juni 2000 löste ihn das Agendaforum als Schnittstelle zwischen Zivilgesell­schaft und Politik ab. Die gesellschaftlichen Gruppen sind am Diskurs über die Lokale Agenda in diesem Forum durch Repräsentanten vertreten. Das Forum tagt viermal jährlich; einzelne Handlungsfelder werden in Fachforen (bisher zu den Themen Mobilität, Klimaschutz und Berlin in einer Welt) behandelt.

Seit September 1999 wird die Erstellung einer gesamtstädtischen Lokale Agenda 21 durch das Agenda-Büro der Senatsverwaltung koordiniert. Das Büro bündelt die Informationen aus Politik und gesellschaftlichen Gruppen, wirkt durch den intensiven Kontakt zu den Akteuren der Nicht­regierungsorganisationen, der Wissenschaft und der Wirtschaft ressort­über­greifend an Strategien und Projekten mit und formuliert federführend den Ziel- und Umsetzungsplan, der bis Ende 2003 vorliegen soll. Auf parlamentarischer Ebene unterstützt das Agenda-Büro die Arbeit der seit 1998 aktiven Enquêtekommissionen Zukunftsfähiges Berlin, die im Herbst 2001 die Entwürfe der Fraktionen für ein Leitbild, Handlungsziele und Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung vorlegte. Im September 2001 konstitutierte sich auf Initiative der Umweltministerkonferenz der Bund/Länder-Arbeitskreis Nachhaltige Entwicklung. Vorrangige Aufgabe dieses Gremiums ist der Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern und die Einordnung der Lokalen Agenden in eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie.