Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 13. Juli 2000 Folgendes beschlossen:

 

„Der Senat wird aufgefordert, folgende Maßnahmen einzuleiten, um die Attraktivität des ÖPNV zu steigern:

 

Im Rahmen der ÖPNV-Offensive wird in Abstimmung mit dem Verkehrsverbund und den beteiligten Verkehrsbetrieben ein Berlin-Takt eingeführt, der durch Anschlusssicherung, Beschleunigung, optimierte Vertaktung, optimierte Erschließung einzelner Stadtteile (z. B. durch Kiezbusse) und Verkürzung von Umsteigewegen den ÖPNV attraktiver macht.

 

Die beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen bei Bussen und Straßenbahnen sollen termingerecht umgesetzt werden, auch um die Erfüllung der Aufgaben von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zu gewährleisten. Zur Verbesserung von Sicherheit und Service soll auf allen Schnellbahnhöfen wieder Personal der Verkehrsbetreiber als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang mit dem elektronischen Ticket ist im Schnellbahnnetz ein geschlossenes System mit Zugangssperren einzurichten. Ein vom Abgeordnetenhaus zu beschließender Nahverkehrsplan muss die Definition von Qualitätskriterien für ÖPNV-Leistungen und deren Überprüfung und Sicherstellung beinhalten.

 

Für das Park + Ride–Programm soll eine klare Verantwortlichkeit in der Verwaltung und ein eigener Haushaltstitel geschaffen werden, der aus Umschichtungen im Einzelplan gespeist wird. Vorhandene Anlagen sind effizienter zu nutzen und durch ein Leitsystem zu vernetzen.

 

Dem Abgeordnetenhaus ist jährlich, erstmals zum 31. Oktober 2000, zu berichten.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hierzu wird berichtet:

 

1.     Entwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs in Berlin

 

1.1  Fahrgastzahlen

Ein Ausdruck der positiven Entwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den letzten Jahren ist der weitere Anstieg der Fahrgastzahlen.

 

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hatten im Jahr 2000  796 Millionen Fahrgäste, im Jahr 2001  798 Millionen und für 2002 werden 799 Millionen Fahrgäste erwartet.

Beförderte die S-Bahn im Jahre 2000 noch 291 Millionen Fahrgäste, so waren es im Jahre 2001 bereits 296 Millionen Fahrgäste, die die S-Bahn-Züge nutzten. Nach bisherigen Zählungen werden es in diesem Jahr voraussichtlich 305 Millionen Fahrgäste sein.

 

1.2  Neue Tarifangebote

Diese positive Entwicklung bei den Fahrgastzahlen wird durch die neuen Tarifangebote im Jahr 2001 unterstützt. Die Erschließung von neuen Kundengruppen mit einer stärkeren Fahrgastorientierung des Tarifsystems hat als ein Wesentliches zur Erhöhung der Attraktivät des ÖPNV geführt. Durch die Verbilligung des Schülertickets und die Einführung des Geschwistertickets (siehe dazu auch unten, 2.4) kann gerade bei den jungen Kunden Mobilitätsverhalten positiv zugunsten des ÖPNV beeinflusst werden.

 

1.3  Netzentwicklung

Bei der S-Bahn Berlin GmbH wurde als weiterer Teilabschnitt des Berliner Innenrings die Strecke Schönhauser Allee – Gesundbrunnen in Betrieb genommen. Damit wird ein Streckennetz mit 326 km und 163 S-Bahnhöfen in den Ländern Berlin und Brandenburg bedient.

Von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) ist die Flughafen-Express-Buslinie TXL im Juni 2002 in eine „normale“ ÖPNV-Linie (nun ohne Fahrpreiszuschlag) umgewandelt worden. Außerdem sind zwei neue Express-Buslinien: X 10 (Zoologischer Garten - Teltow) und X 33 (Spandau - Niederschönhausen) eingerichtet worden.

 

1.4 Fahrzeugbestand

Zur Modernisierung des Fahrzeugparks der BVG sind bei der U-Bahn bereits 46 moderne Großprofilzüge der Baureihe H (Sechs-Wagen-Einheiten) im Einsatz. Im U‑Bahn-Kleinprofilnetz verkehren seit 2002 vier Vier-Wagen-Einheiten der modernsten Baureihe HK als Prototypen im Fahrgasteinsatz. Der Lieferumfang bei den Bussen (15 m-, 12 m- und 9 m-Wagen) beträgt im gesamten Jahr 2002  215 Fahrzeuge. Schließlich sind im Jahr 2000 bis heute bei der Straßenbahn weitere 35 neue Niederflurstraßenbahnwagen beschafft worden. Der Fahrzeugpark der S-Bahn wurde weiter modernisiert.

Ende 2001 waren bereits 348 S-Bahnzüge der Neubau-Baureihe 481 im Einsatz.

 

2. Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV

 

In den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten standen Investitionen in die Infrastruktur des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Maßnahmen im Mittelpunkt. Nunmehr liegen die Schwerpunkte bei der Verbesserung der qualitativen Bedingungen für die Fahrgäste, der Kundenorientierung und der betrieblichen Aspekte. Im Zuge der Kundenorientierung kommt es außerdem darauf an, die Potenziale auszuschöpfen, die die Wahrnehmung des ÖPNV positiv beeinflussen.

 

Für die Ausgestaltung des ÖPNV in Berlin bildet der am 22. Oktober 2001 vom Senat beschlossene und dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnisnahme vorgelegte „Nahverkehrsplan des Landes Berlin – Fortschreibung 2000/2001 und 2004“ (Drs. Nr. 14/1603) die Grundlage. Darin sind u. a. Anforderungsprofile, sowie qualitätssichernde und attraktivitätssteigernde Maßnahmen als Vorgaben und zur Einführung eines Kontrollsystems für den Berliner Nahverkehr enthalten. Darüber hinaus prüft der Senat derzeit, ob und wie durch eine gesonderte Regie- und Bestelleinheit der ÖPNV in Berlin unter Einschluss der S-Bahn noch besser auf die Kundenwünsche abgestimmt und unter Berücksichtigung der verfügbaren finanziellen Mittel weiter optimiert werden kann.

 

Der Maßnahmen-Katalog beinhaltet folgende Schwerpunkte:

 

 

2.1 Beschleunigungsmaßnahmen für Busse und Straßenbahnen

2.1.1 Stand der Straßenbahn-Beschleunigung

Die Baumaßnahmen, einschließlich Feinjustierungen, sind an den LSA im Verlauf folgender Straßenbahnlinien abgeschlossen (in der Reihenfolge ihrer Fertigstellung): 6, 1, 8/18/7/17, 2/3/4, 26/27/28, 5/15, 20/21, 23/13/24, 50/52/53 und 60/61/62/63/67/68. Mit der Inbetriebnahme von 223 Anlagen, die nunmehr mit einer Vorrangschaltung für die Straßenbahn ausgestattet sind, gilt das Hauptprojekt (Projektteil 1) „Beschleunigung der Straßenbahnlinien außerhalb der City“ als baulich und verkehrlich abgeschlossen. Dadurch konnte die Reisegeschwindigkeit auf den beschleunigten Abschnitten von bisher 18,2 km/h auf nunmehr bis zu 24,55 km/h gesteigert und 15 Züge eingespart werden.

Beispielsweise ergibt sich für die Linie 6 durch die Reduzierung der Aufenthaltszeiten an insgesamt 32 LSA im Vergleich zum ursprünglichen Zustand eine Fahrzeitverringerung von 6 Minuten pro Richtung.

 

 

 

 

 

Im Rahmen des Gesamtprojekts werden folgende Teilprojekte weitergeführt: „ÖPNV-priorisierte LSA-Steuerung im Citybereich und bei ausgewählten Einzelknoten“ und „Weiterführung des Aufbaus eines Technischen Überwachungssystems (TÜS) für LSA, einschließlich des Kabelnetzes“.

 

2.1.2 Stand des Beschleunigungsprogramms für den Busverkehr

Auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung zwischen dem Senat und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) vom 27. September 1999 und zwischenzeitlichen Anpassungen umfasst das Projekt zunächst die Beschleunigung von 35 Buslinien (Priorität A) und 19 Buslinien (Priorität B) vorrangig mittels der Beeinflussung von Lichtsignalanlagen (LSA). Außerdem sollen zum besseren Anfahren von Haltestellen weitere Buskaps angelegt, Haltestellen verlegt und Haltverbote eingerichtet werden.

 

Maßnahmen der Priorität A:

 

Für die Linie 101 sind bis Ende des Jahres 2001 die Zusatzeinrichtungen zur LSA-Beeinflussung bis auf zwei installiert worden. Für diese Linie sind weitere Beschleunigungsmaßnahmen, wie eine neue Endhaltestelle mit LSA-gesteuerter Wendemöglichkeit, die Anlage eines Haltestellenkaps, Haltverbote in Stauräumen vor LSA, realisiert worden. Auf der Buslinie 101 konnte die Reisezeit je Wagenumlauf zunächst um 12 Minuten von 135 auf 123 Minuten gesenkt werden. Durch die zusätzliche Einführung von Blockpausen konnte ein Fahrzeug eingespart werden.

 

Zurzeit werden die Beschleunigungsmaßnahmen für die Buslinien X 69, 194 und 227 umgesetzt. Für die Linien 150/158 stehen sieben LSA vor der Inbetriebnahme. Die meisten Maßnahmen der Linien 156 und 255 befinden sich im Vergabeverfahren. In der konkreten Planung befinden sich die Linien: X34/X49/149, X54/154/195, 192/197/297, 108, 109/210, 133, 144, 187, 241, 260, 100/200, 148/348, 360, 167, 186 und 129, für die als Zielstellung gilt, die Bauausführungen bis Ende 2003 abzuschließen.

 

Damit werden sämtliche Linien der Priorität A mit insgesamt ca. 1 000 km Linienlänge beschleunigt sein.

 

Maßnahmen der Priorität B:

 

Folgende Buslinien der Priorität B (Linienlänge ca. 600 km) sollen nachfolgend untersucht und beschleunigt werden: 104, 120, 121/122, 145, 136/137, 170/174, 176/181, X83/283, X10/110/115 und X11/111/172.

 

Zur Ergänzung der linienbezogenen Busbeschleunigung wurden insgesamt 49 örtliche Maßnahmen hinsichtlich der Buspriorisierung untersucht. Vorrangig wird darauf gezielt, durch die Anordnung von Bussonderfahrstreifen den Betriebsablauf der Busse zu beschleunigen. Zurzeit verfügt Berlin über 100,8 km  Busspuren. Insgesamt befinden sich noch ca. 3,9 km Busspuren in der Planung bzw. sind bereits angeordnet.

2.2  Service, Sicherheit und Personaleinsatz

Im Nahverkehrsplan des Landes Berlin ist den Akzeptanzkriterien Sicherheit, Service und Sauberkeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden. Vor diesem Hintergrund wird darin bereits deutlich betont, „dass sich diese Kriterien ungeachtet der Schnelligkeit und der Angebotsqualität eines Verkehrssystems auf das Wohlbefinden der Fahrgäste und die Verkehrsmittelwahl wesentlich auswirken.“ Der kundennahe Personaleinsatz, die sichtbare Präsenz und mögliche direkte Ansprechbarkeit von Sicherheitskräften haben einen herausragend hohen Stellenwert für das Qualitätsmerkmal der Sicherheit.
In der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – über Schnellbahnhöfe mit Personal besetzen – Service und Sicherheit für den Öffentlichen Personennahverkehr (Drs 15/225, 15/371 und 15/456) wird diese Themenstellung ausführlich behandelt.

 

2.3  Elektronisches Ticketing

Die Deutsche Bahn AG, DB Regio AG, S-Bahn Berlin GmbH, Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) haben am 30. Juni 2001 eine Vereinbarung getroffen, die Wege zur Einführung (Realisierungs-, Arbeits- und Zeitplanung) eines Elektronischen Ticketing Systems (Automatisierte Fahrpreisfindung) im Nahverkehrsraum Berlin-Brandenburg gemeinsam zu erarbeiten.

 

Vor dem Hintergrund der bisher in vergleichbaren Ballungsgebieten gesammelten Erfahrungen der Systemqualitäten für den Fahrgast wird von den Unternehmen die Einführung eines Raumerfassungssystems (z. B. Be In/Be Out) als unverzichtbar angesehen. Bei einem Raumerfassungssystem wird die Anwesenheit des Fahrgastes in einem Fahrzeug durch Identifikation seiner mitgeführten Chipkarte festgestellt und der Fahrpreis automatisch ermittelt. Dieses System hat allerdings noch keine Marktreife erlangt.

 

Die BVG wird als Projektführer gemeinsam mit den Partnern die Entwicklung eines Raumerfassungssystems realisieren. Sie koordiniert die notwendigen Vorbereitungsaktivitäten. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in die zu erstellenden Einführungsstrategien eingearbeitet. In der zur Zeit beginnenden Projektphase wird die BVG als Vorbereitung zur Einführung eines Elektronischen
Ticketing Systems den Elektronischen Fahrschein auf Chipbasis realisieren. Der Elektronische Fahrschein (EFS) wird zunächst für personengebundene, nicht-übertragbare Zeitfahrausweise eingeführt. Danach erfolgt – unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen – die Abbildung des gesamten heutigen Tarifs ebenfalls auf Chipbasis. Die vertrieblichen Maßnahmen werden dann auf die Einführung eines Elektronischen Ticketing Systems abgestimmt.

 

Außerdem beteiligt sich die BVG an einem EU-Projekt mit dem Thema „Handy und Fahrausweise“. In einem Feldversuch bis 31. Oktober 2002 können per SMS Einzelfahrscheine bzw. Tagesfahrkarten AB bei zwei unterschiedlichen BVG-Nummern mit e-plus geordert werden. Die Abbuchung erfolgt im Rahmen der monatlichen e-plus- Abrechnung. Der Fahrschein ist die SMS-Antwort, die bei einer Kontrolle auf dem Display gezeigt werden muss.

 

2.4 Tarifgestaltung

Der Senat vertritt die Auffassung, dass eine stärkere Kundenorientierung des Fahrpreissystems im ÖPNV ein wesentliches Element zur Erhöhung der Attraktivität des Nahverkehrs ist. Die wirtschaftliche Verantwortung für die Tarife liegt bei den Verkehrsunternehmen. Auf Grund der angespannten Haushaltslage können durch den Senat keine zusätzlichen Zahlungen an die Verkehrsunternehmen erfolgen.

 

Im Jahr 2001 sind deutliche Preissenkungen bei den Schülertickets und die Einführung der Geschwisterkarte erfolgt, die zu einem Anstieg des Verkaufs dieser Angebote um 26 % führten. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist, dass auf diesem Weg sehr junge Kunden gewonnen werden konnten. Die alltägliche Nutzung der Verkehrsmittel des ÖPNV wird so zur „Normalität“ und beeinflusst so erfahrungsgemäß auch das  Mobilitätsverhalten im Erwachsenenalter.

 

Ein weiterer Erfolg ist die Einführung des Semestertickets. Nachdem nun auch die Studierenden der Humboldt-Universität sich für dieses preisgünstige Angebot entschieden haben, werden ab dem kommenden Sommersemester alle drei Berliner Universitäten, sowie weitere vier Hoch- und Fachschulen zum festen Kundenkreis der Berliner Verkehrsunternehmen gehören. Mit dem neu eingeführten „Berlin-Ticket“ gibt es jetzt einen preiswerten Einstieg in die regelmäßige ÖPNV-Nutzung, der gerade auch für Neukunden attraktiv ist. Positiv ist schließlich zu bewerten, dass die Verkehrsunternehmen zum 1. August 2002 die Kleingruppenkarte wieder eingeführt haben und dieses bewährte Tarifangebot nunmehr auf Initiative von Senat und Abgeordnetenhaus wieder zur Verfügung steht. Die Kleingruppenkarte berechtigt bis zu fünf Personen mit einem Fahrschein ab Entwertung bis zum nächsten Tag 03:00 Uhr den Tarifteilbereich AB, BC bzw. ABC zu nutzen.

 

Es kommt jetzt entscheidend darauf an, dass die Verkehrsunternehmen diese Tarifangebote auch nutzen, um systematisch neue Kundenkreise zu erschließen. Der Senat erwartet daher intensivierte Bemühungen und kreatives Marketing der Verkehrsunternehmen bei diesen neuen Tarifangeboten. Zum Beispiel wurde das neue „Berlin Ticket“ bisher nur 42 000 mal verkauft. Dies dürfte u. a. darauf zurückzuführen sein, dass das bisherige Marketing nur auf ÖPNV-Kunden ausgerichtet ist. Eigentliche Intention bei der Einführung dieses Tickets war jedoch, einen günstigen Einstieg für Neukunden anzubieten. Im Gegensatz dazu ist die aktuelle Kampagne der Bahn zur Information über ihr neues Preissystem ein positives Beispiel, wie breite Kreise der Bevölkerung angesprochen werden können.

 

 

 

Ergänzend zu den neuen Tarifangeboten hat es im Jahr 2002 weitere geringfügige Tarifmaßnahmen gegeben: Die Tarifpositionen Berlin-Ticket, Berlin-Ticket A und die Geschwisterkarte für Schüler werden zunächst bis zum 31. Juli 2003 verlängert. Der Verbundtarif gilt seit 1. August 2002 auch in den Landkreisen Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße sowie der kreisfreien Stadt Cottbus.

 

Die oben genannten Tarifangebote sieht der Senat als erste Schritte zu einer Optimierung der Tarifstruktur an. Der Senat erwartet von den Verkehrsunternehmen, darauf aufbauend weitere innovative Tarifangebote zu entwickeln und öffentlichkeitswirksam auf breiter Basis zu vermarkten. Neu wird ein Modell verfolgt, bei dem der Tarif in Abhängigkeit von der Nachfrage angepasst wird. Dabei steht in erster Linie das Ziel im Vordergrund, die Akzeptanz zur Erschließung neuer Kundenpotenziale zu berücksichtigen.

 

2.5 Park + Ride, Bike + Ride und Fahrradmitnahme im ÖPNV

Seit dem 16. Juni 2002 gibt es keine zeitlichen Beschränkungen mehr für die Mitnahme von Fahrrädern in der U-Bahn. Bislang war dies nur außerhalb des Berufsverkehrs gestattet. Weiterhin ist seit diesem Zeitpunkt die Fahrradmitnahme auch in den Straßenbahnen gestattet, ebenfalls ohne zeitliche Beschränkung.

 

Die intermodalen Angebote dienen dazu, dem ÖPNV weitere Fahrgäste zuzuführen. Zur Förderung von Bike + Ride wurden 2001 im Rahmen des Bauprogramms 416 Abstellanlagen an sechs Berliner S-Bahnhöfen errichtet. Das Maßnahmeprogramm 2002 beinhaltet die Förderung von 940 Bike + Ride- Stellplätzen an 117 S-Bahnhöfen.

 

Die Finanzierung zur Umsetzung des Park + Ride–Konzeptes ist auf Grund der gegenwärtigen Sparzwänge seitens des Landes Berlin nicht möglich. Gemeinsam mit Vertretern der S-Bahn Berlin GmbH, der BMW-Group und dem Bezirk war ein Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Park + Ride–Situation im Süd-Ost-Raum aufgestellt worden, der die Umsetzung eines Beschilderungs-, Wegeleit-, Sicherheits- und Ausstattungskonzeptes für die Park + Ride–Plätze an den S-Bahnhöfen Altglienicke, Grünau und Betriebsbahnhof Schöneweide vorsieht. Auf Grund des großen Interesses für eine Förderung von Park + Ride seitens der BMW-Group und deren Bereitschaft, die Umsetzung der Beschilderungsmaßnahmen zu unterstützen, wurde Ende 2001 gemeinsam mit dem Land Berlin ein Beschilderungskonzept des gegenwärtig gering frequentierten Park + Ride–Platzes am S-Bahnhof Altglienicke erarbeitet. Dabei ist vorgesehen, die vorhandene Autobahnbeschilderung durch amtliche Park + Ride–Symbole und die Anordnung eines Hinweisschildes mit Informationen zum ÖPNV-Angebot zu ergänzen. Die Umsetzung der statischen Beschilderung soll bis Ende 2002 erfolgen. Eine dynamische Anzeige in Koordinierung mit dem Verkehrsmanagementsystem (VMZ) ist für 2003 vorgesehen.

 

 

2.6 Anschlusssicherungen, optimierte Vertaktung und Verkürzung von Umsteigewegen

In den Jahren 2001 und 2002 wurden Untersuchungen durchgeführt, die die Optimierungspotenziale an über 50 ÖPNV-Umsteigepunkten im Berliner Stadtgebiet in Bezug auf

     die Umsteigewege von einem öffentlichen Verkehrsmittel zum anderen,

 

     die Wege von und zu den Haltestellen des Umsteigepunkts mit den Verkehrsarten zu Fuß, Fahrrad und PKW, d. h. ihre direkte, sichere und komfortable Zugänglichkeit,

ermittelt haben.

 

In Mängelanalysen wurden die Defizite erhoben, Maßnahmevorschläge entwickelt und mit Interessenverbänden und beteiligten Behörden diskutiert.

 

Gegenwärtig werden nach Freigabe der im Haushalt eingestellten Mittel die notwendigen Detailplanungen durchgeführt, um beginnend ab Ende 2002 erste Bauvorhaben umzusetzen.

 

Von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) werden Anschlusspunkte, insbesondere im Spät- und Nachtverkehr, unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen festgelegt und sukzessive mit der Einführung von RBL (Rechnergesteuertes Betriebsleitsystem) und LISI (Leit-, Informations- und Sicherungssystem) gesichert. Die Anschlusspunkte werden durch Leitstellen permanent überwacht.

 

Der Unternehmensbereich U-Bahn hat die Zielvorgabe, 99 % der definierten und überwachten Anschlüsse zu realisieren. Dieses Ziel konnte bisher erreicht werden. Weitere Verbesserung des LISI und Schulung der Mitarbeiter erfolgt. Bei der U-Bahn werden zur Zeit folgende Anschlusspunkte überwacht: Berliner Straße, Osloer Straße, Wittenbergplatz, Wuhletal und Mehringdamm. Im Unternehmensbereich Straßenbahn werden die geplanten Anschlüsse an den Punkten: S-Bahnhof Landsberger Allee, Prerower Platz und Jan-Petersen-Straße durch die Betriebsleitstelle permanent überwacht und gesteuert. Im Unternehmensbereich Omnibus gibt es 35 funküberwachte Anschlusspunkte im Spät- und Nachtverkehr. Die wichtigsten Anschlusspunkte sind: U-Bahnhof Rathaus Spandau, U-Bahnhof Rathaus Steglitz, S-Bahnhof Hackescher Markt und S-/U-Bahnhof Zoologischer Garten. Von den überwachten Anschlüssen ist lediglich ein Anteil von 0,2 % nicht zu Stande gekommen.

 

Bei der S-Bahn Berlin GmbH hat die Wiederinbetriebnahme des S-Bahn-Ringes neue Möglichkeiten bei der Angebotsgestaltung und Fahrplanerstellung geboten, um auf eine verbesserte Anschlussgestaltung und eine optimale Vertaktung der Linien Einfluss zu nehmen. Infolge des Trassentauschs der Linien S 5 und S 9 auf der Stadtbahn und der Veränderung der westlichen Linienendpunkte konnte für die Linie S 5 eine Linienbeschleunigung erreicht werden. Die Fahrzeit von Strausberg zum Alexanderplatz verkürzte sich um 4 Minuten. Ein wichtiger Verknüpfungspunkt auf dieser Linie ist der Bahnhof Wuhletal, an dem der Anschluss zwischen den Linien S 5 und U 5 bahnsteiggleich funktioniert. Ab dem 13. Oktober 2002 verkehren im Tagesverkehr auf dem S-Bahn-Ring in der Stunde jeweils neun Züge pro Richtung in einem Abstand von 7 bzw. 6 Minuten. Durch diese Taktfolge wird eine verbesserte Anpassung der unterschiedlichen Fahrplangefüge von S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn und Bus erreicht. Hierdurch verringern sich an den vielen Verknüpfungspunkten des Ringes die Umsteigezeiten zwischen den S-Bahn-Linien und den Angeboten des übrigen ÖPNV. In den vergangenen Jahren setzte sich die S-Bahn Berlin GmbH für eine optimale Verknüpfung zwischen S-Bahn und übrigen ÖPNV an ihren Radialstrecken ein. Als Ergebnis konnten im Bereich der S 5 und der S 46 Anschlussoptimierungen an einzelnen Verknüpfungspunkten erreicht werden.

 

2.7  Erschließung von Stadtteilen durch Kiezbusse

Auf der Grundlage des Nahverkehrsplans hat die BVG Planungen zur Einrichtung von Kiezbussen erarbeitet, von denen erste Maßnahmen im Jahr 2003 zur Umsetzung anstehen.

 

Mit den „Kiezbussen“ werden folgende Ziele verfolgt:

     verbesserte Erschließung der Gebiete,

     verbesserte Anbindung von Quartieren an ihre Orts- bzw. Stadtteilzentren und an S- und U-Bahn,

     zusätzliche Servicequalität durch verbesserte Übersichtlichkeit der Linienführung und Bedienung,

     Anschlusswahrung der Kiezlinien und – in einem zweiten Schritt – durch flexible Bedienung in den Tagesrandzeiten.

 

Hierbei wird das Verkehrsangebot in abgegrenzten Quartieren vor allem der Berliner Außenbezirke mit geringerem Verkehrsaufkommen und starken inneren Verflechtungen nach neuen Maßstäben strukturiert. Das Bedienen solcher Bereiche mit Linienästen des Hauptnetzes ist nicht mehr zeitgemäß und unwirtschaftlich. Jeweils dem lokalen Verkehrsaufkommen angepasste Fahrzeuge (Midibus, Kleinbus) gelangen zum Einsatz. Zu berücksichtigen sind auch die Fahrplantakte, die ein gesichertes Umsteigen vom Schnell- bzw. Hauptnetz auf die Quartiersnetze ermöglichen.

 

Die Kiezbusse können zudem in verkehrsschwachen Zeiten (z. B. abends oder am Wochenende) auf Bedarfsverkehr umgestellt werden. Dabei würden die Kiezbusse nur dort unterwegs sein, wo auch aktuelle Fahrtwünsche bestehen, die z. B. in der BVG-Leitstelle angemeldet werden.

 

 

 

 

Frohnau/Hermsdorf ist als Pilotprojektgebiet ausgewählt worden. Dort sollen ab dem ersten Halbjahr 2003 die ersten Kiezbusse fahren. Der ÖPNV-Aufgabenträger und die BVG werden mit den neuen Nahverkehrsangeboten Erfahrungen sammeln und die Entwicklung der Nachfrage und die Akzeptanz bei den Fahrgästen beobachten. Ziel des Senats ist es, diese Angebotsform auf weitere Gebiete auszudehnen und sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Erschließungsqualität zu erhöhen.

 

Wir bitten, den Beschluss für das Jahr 2002 damit als erledigt anzusehen.

 

Berlin, den 9. Dezember 2002

 

 

Der Senat von Berlin

 

Der Regierende Bürgermeister

In Vertretung

 

 

Schmitz

Chef der Senatskanzlei

 

Strieder

Senator für Stadtentwicklung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Ausschuss-Kennung : BauWohnVgcxzqsq