der Wirtschaft und den örtlichen Organisationen zu erarbeiten. Der Senat soll die organisatorischen Grundlagen für eine Lokale Agenda Berlin 21 verbessern, indem die Federführung an ein Agenda-Büro als Stabsstelle bei einer Senatsverwaltung übertragen wird, das die gesamtstädtischen Aktivitäten koordiniert und inhaltlich fördert.

 

3.        Um eine zielgerichtete Arbeit zu gewährleisten, sind bis zum Herbst 2000 die Handlungsfelder für eine nachhaltige Entwicklung Berlins zu identifizieren und die dazu gehörenden Arbeitsprioritäten festzulegen. Bis zum Herbst 2001 legt der Senat dem Abgeordnetenhaus die Leitbilder und erste Vorschläge für Indikatoren vor.

 

4.        Der Start für den gesamtstädtischen Konsultationsprozess erfolgt mittels einer öffentlichen Veranstaltung mit Präsentation des Beschlusses gemeinsam mit den bereits tätigen landesweiten Agenda-Gremien.

 

5.        Der Senat soll unabhängig von, aber unter Berücksichtigung der bisherigen Strukturen der Berliner Agenda-Arbeit, die Strukturen für eine kontinuierliche und ergebnis­orientierte Arbeit aller Akteure ermitteln und dabei auch klären, inwieweit eine zentral gelegene Anlaufstelle zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Gesamtprojekts unter Einbindung aller Akteursgruppen geschaffen werden kann.

 

6.        Zur Finanzierung des Agenda-Prozesses sind in den Haushalten aller Verwaltungen entsprechende Titel einzurichten und durch interne Umschichtungen Mittel verfügbar zu machen.

 

7.         Der aus der Konsultation und Diskussion entstandene Entwurf zur Lokalen Agenda Berlin 21 soll dem Abgeordnetenhaus binnen einer Frist von vier Jahren zur Beschlussfassung vorliegen. Der Senat wird weiterhin beauftragt, einmal jährlich über den Fortgang des Agenda-Prozesses zu berichten."

 

 

Die Erarbeitung einer Lokalen Agenda 21 setzt eine breite Partizipation voraus, die der Senat durch die Unterstützung des Agendaforums und durch die Mitarbeit darin gefördert hat. Im Agendaforum haben zahlreiche Bürgerinnen und Bürger Berlins – und wegen des oft regionalen Charakters auch Brandenburgs – mitgearbeitet. Der Senat dankt diesen Bürgerinnen und Bürgern für ihr zukunftsorientiertes Engagement in diesem Agendaprozess.

 

Das Ergebnis dieses Prozesses - der am 15. März 2004 vom Agendaforum vorgelegte Entwurf für die Berliner Agenda 21 - ist von diesem partizipativen Ansatz geprägt. Der Entwurf stellt einen während der Erarbeitung getroffenen Kompromiss unter den Beteiligten dar, dessen Aussagen vom Senat nicht in allen Teilen getragen werden können.

 

Im Folgenden werden die einzelnen Teile des Entwurfs inhaltlich kommentiert und anschließend der Entstehungsprozess des Entwurfs und die Aktivitäten der Beteiligten dargestellt.

 


1. Bewertung des Agendaentwurfs

 

Aus den vorgenannten Gründen enthält der Bericht Kapitel (Handlungsfelder),

 

in denen der Senat die getroffenen Aussagen weitgehend teilt (Soziale Stadtentwicklung, Strukturwandel zur Informationsgesellschaft, Bildung für die Zukunft, Berlin in der „Einen Welt", Klimaschutz, Geschlechtergerechtigkeit) und solche

in denen nur teilweise eine Zustimmung erfolgen kann (Mobilität/ Verkehr, Berlin in der märkischen Landschaft, Partizipation, Zukunft der Arbeit / Intensivierung regionaler bzw. lokaler Entwicklungspotenziale).

 

Es wird deshalb Aufgabe in der Fortführung des Agendaprozesses bleiben, die in den betreffenden Handlungsfeldern bestehenden unterschiedlichen Zielsetzungen, Positionen und Auffassungen der Beteiligten in einem konsens- und ergebnisorientierten Dialog einer möglichst einvernehmlichen Lösung im Sinne der generellen Ziele der Lokalen Agenda 21 für Berlin zuzuführen.

 

Zu den einzelnen Handlungsfeldern nimmt der Senat wie folgt Stellung:

 

1.1      Zum Handlungsfeld „Verkehr / Mobilität:“

 

Der Senat sieht das Handlungsfeld Verkehr/Mobilität als eines der zentralen Handlungsfelder für die Durchsetzung einer nachhaltigen Politik an. Er hat daher bei der Erarbeitung des Stadtentwicklungsplans Verkehr seit 2000 ein konsultatives Arbeitsverfahren gewählt und dabei Vertreter der Lokalen Agenda 21 einbezogen. Der Arbeitsansatz unterscheidet sich von der Arbeitsweise, wie sie vom Agenda-Forum praktiziert wurde:

 

Bei der Zusammensetzung des Runden Tisches Stadtentwicklungsplan Verkehr wurde bei der Auswahl der Nichtregierungs-Organisationen darauf geachtet, dass die wichtigen Interessen der Stadtgesellschaft repräsentiert sind und dass bei den Vertretern der Lokalen Agenda 21 sowie der verkehrsökologischen Gruppen das Delegationsprinzip zur Anwendung kommt. Die Mitarbeit in den Fachforen des Agenda-Forums stand dagegen im Prinzip allen engagierten und interessierten Bürgerinnen und Bürgern offen.

 

Ein Vorteil des StEP-Prozesses lag in der hohen Effizienz des Konsultationsprozesses, der dazu führte, dass der Plan bereits 2003 fertiggestellt und vom Senat beschlossen werden konnte, und sich heute in der Umsetzung befindet. Der in Berlin praktizierte Konsultationsprozess als Ansatz, die Verkehrspolitik in den Lokalen-Agenda-21-Prozess einzubinden, hat bei der Fachwelt und bei den Institutionen der EU Interesse und Anerkennung hervorgerufen.

 

Die Verfahrenskonzeption des StEP bezweckte die Erarbeitung von gemeinsamen Zielen und Problemsichten und den zielorientierten Interessenausgleich. Die Begleitung des Prozesses durch einen Wissenschaftlichen Beirat und die durchgeführten Wirkungsanalysen hat außerdem die erforderliche Realitätsnähe gewährleistet.

 

Die unterschiedlichen Arbeitsansätze beim StEP und beim Fachforum haben zur Folge, dass es Abweichungen bei Zielen und Maßnahmen zwischen dem StEP Verkehr und dem Beschluss des Agenda-Forums gibt. Während im StEP Verkehr soziale, ökologische und ökonomische Handlungsziele berücksichtigt wurden, ist die ökonomische Zieldimension nachhaltiger Verkehrspolitik im Entwurf des Agenda-Forums praktisch nicht existent. So fehlt im Zielkatalog des Agenda-Forums u.a. das Ziel der verbesserten Fernerreichbarkeit Berlins. Daher ergeben sich in beiden Entwürfen auch unterschiedliche Bewertungen von wichtigen Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. dem Bau der Teltowkanalautobahn und des Flughafens Berlin-Brandenburg-International. Aus den genannten Gründen hält der Senat an den im StEP vorgenommenen Abwägung fest.

 

Im Gegensatz zum Fachforum Mobilität war es Absicht am Runden Tisch, immissionsbezogene Handlungsziele bei Benzol, Ruß und Lärm zu definieren, die zumindest annähernd bis 2015 innerhalb denkbarer Maßnahmen-Szenarien realisierbar sind. Die Handlungsziele im Agenda-Beschluss sind dagegen vom Wunschdenken einer prioritären ökologischen Orientierung geprägt. Die entsprechenden Handlungsziele würden in großem Umfang zusätzliche restriktive Maßnahmen gegenüber dem Straßenverkehr erfordern, die die notwendige Funktionsfähigkeit des Verkehrs massiv beeinträchtigen würden. Auch die Handlungsziele im StEP Verkehr sind ehrgeizige Ziele, deren Erreichung sehr große Anstrengungen erfordern werden. Dies belegen auch die Wirkungsanalysen.

 

Der Senat ist auch nach Fertigstellung des StEP Verkehr mit dem Fachforum in einen intensiven Dialog getreten. Viele fachliche Hinweise des Senats wurden vom Fachforum Mobilität berücksichtigt. Trotz der Abweichungen in etlichen Einzelpunkten, u.a. in der Luftverkehrspolitik, die der Abstimmung insbesondere auf supranationaler Ebene bedarf, hat der Dialog gezeigt, dass in der Zielsetzung, den strategischen Überlegungen und den Maßnahmen zu einer nachhaltigen Mobilität wichtige Gemeinsamkeiten zwischen Senat und dem Agenda-Forum bestehen. Dies gilt insbesondere für das Engagement des Agenda-Forums zur Förderung des Umweltverbundes und die Überlegungen zu einer neuen Mobilitätskultur.

 

Auch die vorgeschlagenen Leitprojekte lassen sich in die Strategie des StEP Verkehr einordnen, allerdings müssen noch Fragen der Finanzierung unter Einbeziehung privater Partner geklärt werden. Beim Leitprojekt „Europäisches Netzwerk für Mobilität und Lokale Agenda 21“, an dem auch der Senat mitarbeitet, konnte die Finanzierung unter Einbeziehung der Heinrich-Böll-Stiftung bereits geregelt werden.

 

Der Senat sieht das Fachforum Mobilität als unterstützende Institution auf dem Wege zu mehr Nachhaltigkeit im Verkehr.

 

1.2      Zum Handlungsfeld „Berlin in der märkischen Landschaft“

 

Den Qualitätszielen kann im Wesentlichen grundsätzlich zugestimmt werden.

Eine Zustimmung zu den Handlungszielen und Maßnahmen ist dagegen nur eingeschränkt, nämlich insbesondere dort nicht möglich, wo diese

 

unabdingbare quantitative und zeitliche Vorgaben,

uneingeschränkte Richtwerterfüllung,

kategorische Bestandssicherung oder

einen unveränderbaren Automatismus für Nutzungsänderungen u.ä.

 

zum Inhalt haben. Diese Handlungsziele und Maßnahmen verkennen insoweit grundlegend die Dynamik von Entwicklungsprozessen in der Stadt ebenso wie in Natur und Umwelt sowie das Wirken externer Einflüsse und das Erfordernis von Planungsprozessen im Einzelnen.

 


Zum Teilbereich 2 : Stadtgüter

 

In der am 25. Mai 2004 beschlossenen Mitteilung an das Abgeordnetenhaus über den Stand des Privatisierungsverfahrens der Stadtgüter (Drs. 15/2883) hat sich der Senat dahingehend festgelegt, dass die Umstellung von mindestens zwei Gütern auf ökologischen Landbau angesichts der derzeitigen Marktsituation für Produkte des ökologischen Landbaus optional ausgeschrieben werden soll. Dabei werden bei gleichwertigen Angeboten Erwerber, die sich verpflichten, den zu übernehmenden Betrieb auf ökologischen Landbau umzustellen, vorrangig berücksichtigt.

 

Zum Teilbereich 3, „Regionale Agrarwende und Berliner Ernährungsmarkt“:

 

Im Rahmen der GAK (Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“[1]) ist nur die Förderung der ökologischen Produktion zulässig. Mittel der Landwirtschaft können daher zur Förderung der Verarbeitung und Vermarktung ökologischer Erzeugnisse nicht eingesetzt werden.

 

Eine Änderung der Förderungsbedingungen im Rahmen der GAK kann nur im Einvernehmen mit allen anderen Bundesländern und der Bundesregierung erwirkt werden.

 

Für die besondere Unterstützung und Förderung  „der Kultivierung und Verarbeitung alter Kultursorten und die Haltung alter und vom Aussterben bedrohter Tierrassen ...“ stehen für den erwerbsmäßigen Gartenbau und die erwerbsmäßige Landwirtschaft keine Landesmittel zur Verfügung.

 

1.3      Zum Handlungsfeld „Soziale Stadtentwicklung – Soziale Kohäsion“

 

Die mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ verfolgte Strategie gegen die soziale Polarisierung in den Kommunen sowie für den Ausbau und die Stärkung einer aktiven Bürgergesellschaft kann nur Erfolg haben, wenn die einzelnen Entwicklungsziele bei den in den Stadtteilen und ihren Bewohnern vorhandenen Ressourcen ansetzen. Wenn aber die dort lebenden Menschen auf diesem Wege mitgenommen werden sollen, ist es unerlässlich, sie mit ihren individuellen Fähigkeiten in die jeweiligen Prozesse eng mit einzubeziehen und zu motivieren. Information und Beteiligung sind die Voraussetzungen dafür.

 

In der Praxis des Berliner Quartiersmanagements hat sich deutlich gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger bereit und in der Lage sind, aktiv an einer positiven Entwicklung ihres Lebensumfeldes mitzuwirken. Die dargestellten Qualitätsziele setzen hier an und können die Strategien des Senats und der Bezirke zur sozialen Stadtentwicklung ergänzen, wenn sie nicht ohnehin bereits deckungsgleich sind. Das betrifft sowohl das ehrenamtliche Engagement in allen gesellschaftlichen Institutionen, als auch die Mitwirkung an themenbezogenen Maßnahmen. Das Ziel von Senat und Bezirken, hierfür die Voraussetzungen weiter zu verbessern und gerade auch Immi­grantinnen und Immigranten und ihre Organisationen eng mit einzubeziehen, wird durch die Ausführungen zu diesem Themenfeld unterstützt. Die dargestellten Leitprojekte im Handlungsfeld "Soziale Stadtentwicklung" sind in ihren Grundideen geeignet, diesen Prozess zu befördern. Dabei sind nicht alle Leitprojekte in ihren dargestellten Zielvorstellungen umsetzbar. Der Senat wird die Projekte bei der Weiterentwicklung beraten und grundsätzlich unterstützen.

 

1.4      Zum Handlungsfeld „Partizipation“

 

Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern besteht der Wunsch und die Bereitschaft, durch eigenes Engagement zu einer positiven Veränderung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes oder der gesamten Stadt beizutragen.

 

Der Senat orientiert sich am Leitbild einer lebendigen Bürgergesellschaft. Das heißt: Der Staat soll diesem Leitbild entsprechend Rahmenbedingungen setzen, die Partizipation ermöglichen und bürgerschaftliches Engagement fördern. Er soll bürgerschaftliches Engagement in Berlin sichtbar machen und zu einer Kultur der Anerkennung beitragen. Der Senat hat sich vorgenommen, diesem Anliegen durch einige beispielhafte Projekte Rechnung zu tragen – mit der Perspektive, diese im Erfolgsfalle (Best Practice) auszuweiten.

 

Die im Agenda-Entwurf enthaltenen Vorschläge müssen auch vor dem Hintergrund der personellen und finanziellen Rahmenbedingungen und der angestrebten Konzentration der Verwaltung auf ihre Kernaufgaben betrachtet werden. Der Senat wird strikt darauf achten, dass keine neue Bürokratie entsteht.

 

Um einen Überblick über das bürgerschaftliche Engagement in Berlin zu geben, hat der Senat am 6. Juli 2004 den Bericht über Bürgerschaftliches Engagement in Berlin beschlossen (Senatsbeschluss Nr. 1994/04) und dem Parlament vorgelegt.

 

Zum Handlungsziel „Bürgerbeteiligung medial sichtbar machen“:

 

Der Senat teilt das Anliegen des Agendaforums, die Bürgerinnen und Bürger stärker über ihre Beteiligungs- und Engagementmöglichkeiten zu informieren. Der Senat hat dies zu einem Schwerpunkt seiner Öffentlichkeitsarbeit gemacht und im Dezember 2003 das offizielle Bürgerportal „Bürger aktiv“ auf der Plattform von „Berlin.de“ gestartet. Es bietet engagierten Gruppen, Vereinen, Initiativen etc. an, sich mit einer „Visitenkarte“ im Netz zu präsentieren. Positive Beispiele von partizipativen Bürgeraktivitäten, auch auf bezirklicher Ebene, werden dargestellt, und perspektivisch wird das Portal „Bürger aktiv“ auch im Sinne einer niederschwelligen „Freiwilligenbörse“ arbeiten. Das Bürgerportal ist verlinkt mit dem „Treffpunkt Hilfsbereitschaft“, der Berliner Freiwilligenagentur, und den Informationsangeboten des Quartiersmanagements in den Kiezen.

 

Ermöglichung von Engagement und Abbau von Hemmnissen als Querschnittsaufgabe des Senats

 

Bürgerschaftliches Engagement zu fördern und administrative Hemmnisse abzubauen ist eine Querschnittsaufgabe aller Ressorts des Senats und ein zentrales Aufgabenfeld im Rahmen der Modernisierung der Berliner Verwaltung. Der Senat misst dieser Aufgabe eine große Bedeutung bei.

 

Um dies zu unterstreichen und im Zusammenwirken mit den Verwaltungen dafür zu werben, hat der Regierende Bürgermeister den Chef der Senatskanzlei zum Beauftragten für Bürgerschaftliches Engagement ernannt und unter Federführung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz wurde die ressortübergreifende Arbeitsgruppe Bürgergesellschaft eingerichtet.

 

Der Beauftragte versteht sich als zentraler Ansprechpartner, Moderator und Impulsgeber für bürgerschaftliches Engagement, das von der Nachbarschaftshilfe über freiwilliges Engagement in Vereinen und Bürgerinitiativen bis hin zu Stiftungen und Mäzenatentum reicht. Der Beauftragte vermittelt Kontakte zwischen Verwaltung und aktiver Bürgerschaft, er unterstützt durch Öffentlichkeitsarbeit Initiativen, die zu einer Stärkung der Berliner Bürgergesellschaft beitragen und er trägt im Rahmen der Steuerung der Verwaltungsmodernisierung dazu bei, bürokratische Hemmnisse abzubauen und die Berliner Verwaltung für eine stärkere Kooperation mit Engagierten aus der Bürgerschaft zu öffnen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Schaffung einer Kultur der Anerkennung für das Engagement von Stiftern und Mäzenen sowie von Unternehmen in Berlin, die sich als „corporate citizens“ verstehen und so zum Wohl der Stadt beitragen.

 

Darüber hinaus hat die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz mit dem Berliner Engagement Portal (Beeport) www.berlin.de/beeport eine sektorübergreifende Internet-Plattform geschaffen, auf der sich alle Senatsverwaltungen sowie wichtige Träger und Akteure mit ihren Handlungsfeldern und Angeboten zum Bürgerschaftlichen Engagement gemeinsam präsentieren.

 

Partizipative Haushaltsaufstellung („Bürgerhaushalt“)

 

Der Senat teilt die Auffassung des Agendaforums, dass modellhaft Wege zu einer Stärkung der Bürgerbeteiligung im Prozess der Haushaltsaufstellung erprobt werden sollten.

 

Der Senat wird die Transparenz und Lesbarkeit des Haushaltes des Landes sowie der Bezirke schrittweise verbessern. Im Rahmen der Kosten-Leistungsrechung werden die Bezirke ihre Haushalte für 2005 vollständig produktorientiert abbilden können (ohne Transferleistungen).

Formal ist der Haushalt des Landes Berlin 2004 produktorientiert dargestellt (Band 5: Produktorientierte Darstellung des Haushaltsplans 2004/2005) und im Internet einsehbar.

Der Senat hat das Projekt „Partizipative Haushaltsaufstellung – „Bürgerhaushalt“ in die Neuordnungsagenda des Landes Berlin aufgenommen und unterstützt das Vorhaben mehrerer Pilotbezirke sowie einer von der Bundeszentrale für politische Bildung koordinierten Plattform aller politischen Stiftungen, Bürgerbeteiligung bei der Aufstellung der Bezirkshaushalte zu realisieren. Bei der partizipativen Haushaltsaufstellung kann an positive Erfahrungen mit den Beteiligungsverfahren im Zusammenhang mit den „Quartiersfonds“ angeknüpft werden.

 

Engagement und Beteiligung vor Ort

 

Eine wichtige Rolle bei der Ermöglichung von bürgerschaftlichem Engagement und Partizipation spielen die Bezirke, die Stadtteilkommissionen oder Bürgerforen, die Stadtteil- bzw. Nachbarschaftszentren und Quartiersmanagement-Büros. Die Erfahrungen zeigen, dass es eine hohe Bereitschaft zur Partizipation gibt und dass die Anlaufstellen des Quartiersmanagements vor Ort sich bewährt haben. Der Senat stimmt mit dem Agendaforum überein, dass die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zur Beteiligung von Politik und Verwaltung aufgegriffen und gestärkt werden sollte.

 

Der Senat wird an die positiven Erfahrungen in Quartiersmanagement-Gebieten anknüpfen (siehe auch 8.3. Handlungsfeld „Soziale Stadtentwicklung“). Er beabsichtigt jedoch nicht, standardisiert und flächendeckend, d.h. ohne Rücksicht auf lokale Gegebenheiten, neue „Beteiligungsbüros“ einzurichten. Der Senat nimmt den Bericht des Agendaforums zum Anlass, an die Bezirke zu appellieren, das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für ihr Umfeld aufzunehmen und sie stärker als bisher in Planungen und Projekte vor Ort einzubeziehen.

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Der Senat teilt die Auffassung des Agendaforums, die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in Planungsprozesse einzubeziehen. Damit kann Verantwortungsbewusstsein geweckt und die Kinder- und Jugendfreundlichkeit von Entscheidungen von Politik und Verwaltung erhöht werden. Der Senat unterstützt daher die erfolgreichen Modelle einer stärkeren Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen vielfältiger laufender Aktivitäten. Wichtige Akteure sind auch hierbei die Bezirke und die Quartiersmanagement-Büros vor Ort sowie die auf der Grundlage des § 5 AG KJHG z.T. bereits arbeitenden Kinder- und Jugendbüros.

 

Um Möglichkeiten für eine weiter gehende Einbeziehung der Interessen von Kindern und Jugendlichen in Planungen und Vorhaben der Bezirke auszuloten, ist ein Modellvorhaben in zwei Bezirken vorgesehen. Die vom Landesjugendhilfeausschuss einberufene Landesarbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII „Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen“ hat hierzu - ebenso wie für das Leitprojekt „Entwicklung von Standards für Koordinierungsstellen sowie Kinder- und Jugendbüros“ - bereits weitgehende inhaltliche Vorarbeiten geleistet.

 

Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Agendaforums, dass die Bereitschaft zur Beteiligung bei Kindern von klein auf gefördert werden sollte. Das ist primär eine Aufgabe der Eltern, aber auch der Kitas, der Schulen, der Vereine und der Jugendeinrichtungen. Der Senat erkennt das bereits geleistete Engagement an und nimmt den Bericht des Agendaforums zum Anlass, insbesondere an die Schulen zu appellieren, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Gestaltung und Planung des Schullebens zu fördern und sich gegenüber bürgerschaftlichem Engagement im nachbarschaftlichen Umfeld zu öffnen, auch im Sinne des neuen Schulgesetzes.

 

Fort- und Weiterbildung für öffentlich Bedienstete

 

Der Senat ist für konkrete Verbesserungsvorschläge in Bezug auf die Durchführung von Beteiligungsverfahren offen. Diese sollten an die jeweils betroffene Verwaltung gerichtet werden. Bezogen auf die konkreten Erfordernisse im jeweiligen Fachverfahren ist von den Behördenleitungen z.B. auch im Rahmen von Kundenmonitoring zu ermitteln, ob und ggf. welche zusätzlichen Qualifikationen der Mitarbeiter erforderlich sind. Der Senat wird - auch im Kontext der Verwaltungsmodernisierung - die Verwaltungsakademie auffordern, in Zusammenarbeit mit den Verwaltungen ein am Bedarf orientiertes Fortbildungskonzept zur Förderung des freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements zu entwickeln.

 

Projekt „Zwischennutzungsagentur“

 

Der Senat teilt die Auffassung des Agendaforums, dass öffentliche Liegenschaften nicht über längere Zeit ungenutzt brachliegen sollten. Vielfach könnten die ungenutzten Gebäude oder Räume von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, von freien Trägern oder anderen Einrichtungen für zeitlich begrenzte Projekte genutzt und so vor Verfall und Vandalismus bewahrt werden. Dadurch könnten Projekte engagierter Menschen und Initiativen kostengünstig unterstützt werden, solange eine andere wirtschaftliche Verwertung der Räumlichkeiten oder Liegenschaften nicht möglich ist.

 

Zugleich ist der Senat angesichts der finanziellen Notlage des Landes Berlin und auch gesetzlich verpflichtet, nicht mehr benötigte Liegenschaften so zu verwerten, dass möglichst hohe Einnahmen für den Landeshaushalt generiert werden.

 

Der Liegenschaftsfonds Berlin ist auf dem Feld der Zwischennutzung öffentlicher Liegenschaften bereits selbständig tätig. Die vereinbarten Zwischennutzungen unterliegen jedoch kurzfristig kündbaren Verträgen, um das vorrangige Ziel der Veräußerung nicht zu gefährden. Die Bezirke verwalten ihre Liegenschaften, die nicht zum Verkauf anstehen. Auch sie sind gehalten, eine wirtschaftlich günstige Verwaltung vorzunehmen.

 

Der Senat nimmt den Bericht des Agendaforums zum Anlass, dass die Senatsverwaltung für Finanzen in Verbindung mit den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wirtschaft, Arbeit und Frauen gemeinsam mit den Vermögensverwaltern (Liegenschaftsfonds, Bezirke, BIM GmbH) klärt, wie alle Beteiligten auf der Grundlage des Auflagenbeschlusses des Abgeordnetenhauses vom 18. März 2004 (Drucksache Nr. 15/2551-II.B.78) zu einer erleichterten Zwischennutzung brachliegender öffentlicher Liegenschaften beitragen können. Hierbei ist insbesondere auf eine unbürokratische Handhabung entsprechender Wünsche aus der Bürgerschaft hinzuwirken. Die Beteiligten werden in diesem Zusammenhang auch einen Vorschlag für die öffentliche Kommunikation unterbreiten und dabei deutlich machen, welche Ansprechpartner dafür zur Verfügung stehen.

 

Wahl- und Abstimmungsrecht

 

Die den Senat tragenden Parteien beabsichtigen, die direkte Demokratie auf Landesebene durch eine Vereinfachung der formalen Voraussetzungen für Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid zu erleichtern.

Die direkten Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten der Berlinerinnen und Berliner auf Bezirksebene werden erweitert. Bürgerentscheide auf der Basis von Bürgerbegehren werden ermöglicht. Sammlungsbedingungen, Fristen sowie Quoren werden zugunsten der Initiativen novelliert.

 

Vorgesehen ist auch, das Bezirksverwaltungsgesetz zu ändern, um in den Bezirksverordnetenversammlungen Bürgerfragestunden bzw. Bürgeranhörungen zu ermöglichen.

 

Abgesehen davon wird die den Senat tragende Koalition eine Initiative zur Einführung des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren für die kommenden Wahlen zu den Bezirksverordneten-Versammlungen ergreifen. Das im Entwurf formulierte Ziel einer weiteren Absenkung auf 14 Jahre (vgl. Kinder- und Jugendpartizipation Handlungsziel „Ausweitung des Wahlrechts in den Bezirken“) wird derzeit vom Senat als zu weitgehend abgelehnt.

 

1.5      Zum Handlungsfeld „Zukunft der Arbeit / Intensivierung regionaler bzw. lokaler Entwicklungspotenziale“

 

Die Verfolgung einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik ist auch für die Arbeitsmarkt-, Berufsbildungs- und Wirtschaftspolitik des Landes Berlin uneingeschränkt zu befürworten.

Ziel muss es dabei sein, Strukturen zu schaffen, die heute ebenso wie auf mittel- und langfristige Sicht gewährleisten, dass alle Menschen Zugang zu Bildung und einem Existenz sicherndem Einkommen haben und dass insgesamt betrachtet ein möglichst hohes Wohlstandsniveau ohne Beeinträchtigung der Umwelt und ohne Belastung anderer Weltregionen oder künftiger Generationen erreicht wird.

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftssituation in Berlin bedeutet dies für die heutige Arbeitsmarkt-, Berufsbildungs- und Wirtschaftspolitik eine Ausrichtung auf folgende Hauptziele:

 

 

Eine entsprechend ausgerichtete Politik im Land Berlin steht in Übereinstimmung mit der Lissabonner Strategie der Europäischen Union bei. Die Lissabonner Strategie selbst ist gemäß dem Beschluss des Europäischen Rates auf dem Göteborger Gipfel im Juni 2001 dem Nachhaltigkeitsgrundsatz verpflichtet.

Das Agendaforum und der Senat von Berlin sind sich in den wesentlichen zu verfolgenden Zielen vom Grundsatz her einig. Aufgrund unterschiedlicher Einschätzungen des Senats und des Agendaforums hinsichtlich dessen, was unter den gegebenen politischen, rechtlichen und finanziellen Bedingungen umsetzbar ist, werden jedoch unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte und zeitliche Prioritäten gesetzt.

Das vom Agendaforum in den Mittelpunkt gestellte Leitbild „Nachhaltige Mischarbeit“ gibt der aktuellen Diskussion zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements wertvolle Impulse.

 

Der Leitprojektvorschlag „Beschäftigungsorientierte Genossenschaften“ wird vom Senat als Ergänzung bisheriger Ansätze zur Entwicklung eines genossenschaftsfördernden Vernetzungs- und Kooperationsumfeldes durch Erfahrungsaustausch und Öffentlichkeitsarbeit begrüßt. Zur Vermeidung des Aufbaus von Doppelstrukturen und zur Gewinnung von Synergieeffekten empfiehlt der Senat eine Integration dieses Leitprojekts in das bestehende, vom DGB-Landesbezirk Berlin-Brandenburg moderierte „Netzwerk Genossenschaften“. Verknüpfungsmöglichkeiten ergeben sich mit der vom Senat geplanten Initiative „Pro Kooperation und pro Genossenschaft“. Im Rahmen dieser Initiative soll eine Workshopreihe mit Gründungsinteressierten, -beraterinnen und -beratern und -initiativen stattfinden.

Der Leitprojektvorschlag „Bürgerschaftliches Engagement und Arbeit am Beispiel der Agenda 21“ weist große inhaltliche Anknüpfungsmöglichkeiten mit den Aufgaben und Ansätzen der bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz eingerichteten ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Bürgergesellschaft“ auf. Für den Fall der Realisierung des Projektvorschlags sollte daher ein enger Austausch zwischen der Arbeitsgruppe und den Akteuren des Projekts angestrebt werden.

Auch bezüglich des Leitprojektsvorschlags „Häuser für Eigenarbeit in jedem Bezirk“ bietet sich unter dem Aspekt nachbarschaftlicher Stadtentwicklungsstrategien (Nachbarschaftszentren) sowie unter dem Aspekt der Bildungsangebote von bezirklichen Volkshochschulen und anderer Bildungsträger eine Diskussion in der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz an. Aufgrund der finanziellen Dimension dieses Leitprojekts wird allerdings eine umfassende Realisierung des Projekts bei der gegenwärtigen Haushaltslage des Landes Berlin – zumindest kurzfristig – schwierig sein.

 

1.6      Zum Handlungsfeld „Strukturwandel zur Informationsgesellschaft“

 

Viele Ideen zur Nachhaltigkeit der Informationsgesellschaft sind bereits in der Konzeption und der Umsetzung der Landesinitiative Projekt Zukunft enthalten.

 

1.7      Zum Handlungsfeld „Bildung“

 

Der Senat unterstützt das Leitprojekt Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“. Im Rahmen des BLK-Programms „21“ - Bildung für eine nachhaltige Entwicklung - sind an 21 Berliner Modellschulen bereits vielfältige Ansätze entwickelt und erprobt worden.

 

Allgemeinbildende und berufliche Schulen haben sich unter der Zielsetzung der Partizipationsfähigkeit und Gestaltungskompetenz der Schülerinnen und Schüler mit Themen der Nachhaltigkeit  auseinander gesetzt. Die Unterrichtseinheiten wurden fachübergreifend oder fächerverbindend in Teamarbeit der Lehrerinnen und Lehrer entwickelt. Diese Art der Unterrichtsplanung hatte positive Auswirkungen auf Schulentwicklungsprozesse und unterstützte die Entwicklung von Schulprogrammen.

 

Das BLK – Programm „21“ ist am 30.7.2004 beendet. Der Senat wird sich dafür einsetzen, das daran anschließende, vom BMBF geförderte Transferprogramm mitzutragen. Hierdurch ergäbe sich die Möglichkeit, durch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren die in den letzten Jahren erarbeiteten Ergebnisse in weiteren Schulen direkt vorzustellen. Die Schulen könnten die unterschiedlichen Ansätze im Rahmen ihrer Schulprogrammentwicklung, unter Vernetzung mit den regionalen außerschulischen Umsetzern und Organisationen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, einbeziehen.

Dieses Vorgehen entspräche auch den Intentionen des neuen Schulgesetzes (§§ 7 und 8 SchulG, GVBl vom 31.01.2004 S. 26)

 

1.8      Zum Handlungsfeld „Berlin in der Einen-Welt“

 

Der Senat begrüßt, dass das Agendaforum die Vorreiterrolle Berlins als internationales Zentrum, geprägt von Verantwortungsbewusstsein, Toleranz und einer auf internationale Kooperation ausgerichteten Politik des offenen Weitblicks, anerkennt.

 

Bezüglich der Städtepartnerschaften, der projektbezogenen Partnerschaftsprogramme und der internationalen kommunalen Zusammenarbeit enthält das Papier interessante Ansatzpunkte insbesondere zur Einbeziehung der Bürger in die praktische Ausgestaltung der Partnerschaften und gemeinsamer Projektarbeit.

 

Der Senat wird da, wo es möglich ist, seine Maßnahmen auf diesen politischen Handlungsfeldern an den vom Agendaforum entwickelten Grundsätzen ausrichten.

Ungeachtet der grundsätzlich positiven Einschätzung des Handlungsfelds „Berlin in der Einen Welt“ im Entwurf der Agenda 21 durch den Senat ergeben sich gleichwohl die folgenden Anmerkungen:

 

Der Senat teilt nicht die in der Problemskizze dargelegten politischen Einschätzungen, da sie die Komplexität der Rahmenbedingungen für dieses Politikfeld nicht widerspiegeln.

Die formulierten Qualitäts- und Handlungsziele Nr. 2 und 3 sind grundsätzlich zu begrüßen, wenngleich insbesondere die angestrebte „Berliner Stiftung Entwicklung“ und die Bereitstellung von jährlich 400.000 € für die Arbeit der Nicht-Regierungsorganisationen in Berlin ausdrücklich unter Finanzierungsvorbehalt steht und deshalb die Umsetzung in einem überschaubaren Zeitraum nicht möglich ist. Die Annahme, öffentliche Gelder könnten für die Bereitstellung des Stiftungskapitals genutzt werden, verkennt die finanzielle Realität des Landes Berlin. Die Bemühungen zur Errichtung einer „Berliner Stiftung Entwicklung“ sollten sich deshalb auf die Bereitstellung des Stiftungskapitals aus Lotteriemitteln konzentrieren, wie dies u.a. in NRW und Niedersachsen geschehen ist.

Die Städtepartnerschaften Berlins, die projektbezogenen Partnerschaftsprogramme und die kommunale Zusammenarbeit auf Bezirksebene können nicht ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Entwicklungszusammenarbeit betrachtet werden. Insofern lassen sich einzelne Ansätze des Agendaforums nicht eins zu eins auf diese Politikbereiche übertragen.

Qualitätsziel 4 - Dieses Qualitätsziel erscheint angesichts begrenzter personeller Ressourcen nicht realisierbar. Hier bedarf es mehr Informationen und Diskussionen.

Qualitätsziel 5 – Eine Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Erarbeitung von Leitideen zur konzeptionellen Weiterentwicklung von Integrationspolitik und interkultureller Öffnung erfolgt insbesondere über den Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen. Über diese Mitwirkungsstrukturen hinaus steht der Beauftragte des Senats für Integration und Migration in ständigem Austausch mit nichtstaatlichen Organisationen (z.B. Migranten- und Wohlfahrtsverbände). Der vorgeschlagene Indikator sollte allerdings eingegrenzt werden. Der Landesbeirat hat den Auftrag, für die Landesregierung Empfehlungen zu erarbeiten; die Entscheidung obliegt jedoch dem Senat – nicht dem Landesbeirat. Berichterstattung gegenüber dem Abgeordnetenhaus ist eine Regelaufgabe der Verwaltung.

Leitprojekt 1: Es wäre besser, sich auf Unterstützung von fair gehandeltem Kaffee zu konzentrieren. Parallel dazu auch noch ein weiteres Produkt zu promoten scheint vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen nicht realisierbar.

Leitprojekt 2: Auf das Forum "Internationale Partnerschaften und Globales Lernen" kann komplett verzichtet werden. Der Beirat "Entwicklungszusammenarbeit" bei

SenWiArbFrau kann die Themen aufgreifen.

·         Leitprojekt 3: Der Senat begrüßt eine Unterstützung der Berliner Integrations- und Migrationspolitik durch den Agenda 21-Prozess. Die genannten umfassenden „Schritte zur Zielerreichung“ dieses Leitprojektes versteht der Integrationsbeauftragte schon jetzt als seine ständige Aufgabe. Monografischen Analysen wären allerdings personell und finanziell nur mit maßgeblicher Unterstützung Dritter (Z.B. Hochschulen und Stiftungen) mittelfristig durchführbar. Bei den vorgesehenen Kooperationsstrukturen ist zu berücksichtigen, dass der Senat mit dem Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen bereits ein Partizipationsorgan eingerichtet hat. Eine Verdopplung solcher Strukturen wäre nicht zielführend. Als konkrete integrationspolitische Aktivitäten im Rahmen des Agenda-Prozesses sollten insbesondere solche ins Auge gefasst werden, die mit den vorherrschenden Leitzielen des Agenda-Prozesses (zum Beispiel Entwicklungszusammenarbeit, internationale Partnerschaften, Ökologie) korrespondieren.

 

1.9      Zum Handlungsfeld „Klimaschutz“

 

Im Handlungsfeld Klimaschutz wird das vorgeschlagene Projekt „Eine neue Kultur im Umgang mit Wasser“ abgelehnt: Der dort konstatierte Wassermangel geht nicht auf Klimaänderungen zurück, sondern vor allem auf das Beenden der Verrieselung, für das Einzelfalllösungen gefunden werden. Ansonsten werden die im Projekt vorgeschlagenen technischen Maßnahmen bereits weitestgehend durchgeführt. Die Einrichtung eines „Runden Tisches“ mit Brandenburger Beteiligung ist nicht notwendig, da die EU-Wasserrahmenrichtlinie bereits flussgebietsbezogen umgesetzt wird.

 

1.10    Zum Handlungsfeld „Querschnittsaufgabe Geschlechtergerechtigkeit“

 

Auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Beijing (1995) verpflichteten sich die Regierungen in Bezug auf die Agenda 21 auf die Schaffung eines neuen Entwicklungsparadigmas, das ökologische Bestandsfähigkeit, die Gleichbehandlung der Geschlechter sowie Gerechtigkeit innerhalb und zwischen den Generationen zu einem neuen Ganzen zusammenfügt.

 

Die Lokale Agenda 21 fordert explizit die Partizipation von Frauen auf allen Ebenen des Agenda 21 – Prozesses, die Berücksichtigung frauenpolitischer Belange als Querschnittsaufgabe sowie in Kapitel 24 einen globalen Aktionsplan für Frauen zur Erzielung einer nachhaltigen und gerechten Entwicklung. Geschlechtergerechtigkeit ist substanzieller Bestandteil sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit.

 

Die Einbeziehung in den und die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit im Prozess der Agenda 21 wurde bereits zu Beginn als Querschnittsaufgabe definiert und damit als eine qualitative Anforderung für alle Themenfelder des Agendaprozesses formuliert und darauf hingewirkt, dass sich die Querschnittsaufgabe Geschlechtergerechtigkeit in allen Handlungsfeldern der Lokalen Agenda 21 Berlin wiederfindet.

Der Senat hat in seiner Sitzung am 31. August 2004 einen „Zweiten Bericht über Gender Mainstreaming in der Berliner Politik und Verwaltung“ beschlossen, der über die Umsetzung dieser Strategie informiert.

 

Mit der Vision Geschlechtergerechtigkeit wird ein Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung geschaffen, die Frauen und Männern, Mädchen und Jungen gleichen Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und Chancen zusichert und deren gleichberechtigte Mitwirkung in allen Bereichen der Gesellschaft anstrebt.

 

 

1.11.   Schlussfolgerungen der Bewertung

 

Der Entwurf zur Berliner Agenda 21 ist ein guter und wichtiger Schritt zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt, der aus Sicht des Senats allerdings noch deutliche Defizite aufweist.

 

Der Senat sieht jedoch in einer Reihe der in dem Agendaentwurf vorgestellten Projekte dem Grundsatz nach richtige Zielstellungen, die weiterverfolgt werden sollten. Unabhängig von inhaltlichen Zustimmungen oder Ablehnungen ist die Finanzierung allerdings in allen Handlungsfeldern noch weitgehend ungeklärt.

 

Zur Fortsetzung und Verbesserung der öffentlichen und politischen Diskussion und der Unterstützung der Projekte durch Bürgerinnen, Bürger und Institutionen fördert der Senat den Agendaprozess in Berlin, so dass mittelfristig von der öffentlichen Hand unabhängige gesellschaftliche Aktivitäten im Bereich nachhaltiger Entwicklung vorangetrieben werden können.

2. Organisatorische Umsetzung des Beschlusses

 

Bei der Umsetzung dieses Beschlusses konnte sich der Senat von Berlin auf einen Agendaprozess in der Stadt stützen, der seit 1993 überwiegend dezentral und auf der Ebene der Bezirke wirksam war. Dies war eine wichtige Voraussetzung, der Aufforderung des Abgeordnetenhauses folgen und die „Lokale Agenda 21“ für Berlin in einem gesamtstädtischen Konsultationsprozess erstellen zu können. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde bereits 1997 durch Senatsbeschluss damit beauftragt, für Berlin die gesamtstädtischen Fragen einer nachhaltigen Entwicklung und Zukunftsbeständigkeit federführend zu koordinieren. Zugleich wurde schon damals das Agendabüro in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz und die Arbeitsgruppe der Agenda-21-Beauftragten der Senatsverwaltungen eingerichtet, die für ihre Zuständigkeitsbereiche Ziele, Aktivitäten und Indikatoren für eine nachhaltige Stadtentwicklung definieren und spezifische Aktivitäten transparent nach außen darstellen sollten.

 

Der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde nun auch die Ausführung des Abgeordnetenhausbeschlusses federführend zugewiesen. Der Senat legte die organisatorischen Grundlagen dazu in seinem Beschluss am 17.10.2000 fest. Danach wurde das Agenda-Büro bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung damit beauftragt, die Erstellung der gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 zu organisieren, inhaltlich zu fördern und auf Senatsebene zu koordinieren. Wichtigstes Gremium dieser Koordination wurde auf Seiten der Verwaltung die Arbeitsgruppe der Agenda-21-Beauftragten, die sich danach vordringlich auf die Erstellung der gesamtstädtischen Agenda 21 konzentrierte.

 

Der Konsultationsprozess konnte also auf Strukturen und Gruppen zurückgreifen, die sich bereits mit Fragen nachhaltiger Entwicklung beschäftigten. Dazu zählten im gesellschaftlichen Bereich vor allem solche Projekte, die sich in den Bezirken Themen aus den verschiedenen Bereichen der Agenda 21 widmeten, oder Vorschläge und praktische Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung ausarbeiteten. Schon seit Ende 1996 hatten sich gesamtstädtische Foren dieser Agendagruppen und Organisationen gebildet, in denen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Partner vertreten war. Dazu gehörte der "Öffentliche Arbeitskreis Lokale Agenda 21" als das Forum des Erfahrungsaustausches aller Praktiker aus den Bezirken sowie der Vertreter der Nichtregierungsorganisationen.

 

Der "Runde Tisch zur nachhaltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg", konstituierte sich am 17. Juni 1997. Zu seinen Mitgliedern zählten sowohl die wichtigsten Umweltverbände, wie auch die Verwaltungen und Wirtschaftsorganisationen, z.B. die IHK. Er erörterte Ergebnisse des stadtweiten Dialogs und gab Anregungen für dessen weitere Gestaltung auch über die Berliner Stadtgrenzen hinaus.

 

Die Struktur des "Runden Tisches" genügte allerdings den Anforderungen an die Erstellung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda nicht mehr. Am 4. Juli 2000 löste ihn das "Agendaforum" als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Politik ab.

 

Organisation des Agendaforums mit Plenum, Lenkungskreis, Fachforen und Geschäftsstelle:

 

Die gesellschaftlichen Gruppen werden im Plenum dieses Forums am Diskurs über die Lokale Agenda Berlin nun durch Repräsentanten vertreten, die sie selbst bestimmen und die in "Bänken" organisiert sind. Die Bänke umfassen jeweils fünf Mitglieder, von denen mindestens eines aus Brandenburg kommen soll, und sind den folgenden Sektoren zugeordnet:

§         Arbeitnehmer/Arbeitslose,

§         Bildung/Wissenschaft,

§         kommunale/lokale Initiativen,

§         Nichtregierungsorganisationen (NGO),

§         Wirtschaft,

§         Wohlfahrt/Kirchen und

§         Verwaltung (nur beratend).

 

Fünf weitere Plätze nehmen Vertreterinnen und Vertreter für Bürgerbeteiligung, Geschlechtergerechtigkeit und der Parlamente von Berlin und Brandenburg ein. Das Plenum des Forums tagte insgesamt elf Mal.

 

Die Sitzungen werden von einem Lenkungskreis vorbereitet, in den jede Bank je einen Vertreter entsandte und dem eine der Vertreterinnen für die Geschlechtergerechtigkeit sowie der Parlamente und für Bürgerbeteiligung angehören. Dieser Lenkungskreis koordiniert auch die Arbeit der thematischen Arbeitsgruppen und Fachforen des Agendaforums.

 

Die Organisation des Agendaforums obliegt einer Geschäftsstelle, für die das Agendabüro Anfang 2001 einen Vertrag mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) abschloss. Die Geschäftsführung umfasst im Wesentlichen das Management der Gremiensitzungen, die Koordination des Netzwerks Agendaforum und die Koordination zwischen den Fachforen und Arbeitsgruppen, darüber hinaus jedoch auch inhaltliche und redaktionelle Abstimmungen und Beiträge zur Qualifizierung der Vorlagen. Der Vertrag mit dem Difu endete zum 15. 12. 2003. Nunmehr führt die GRÜNE LIGA die Geschäfte für das Agendaforum.

 

Für die Arbeit an den Handlungsfeldern wurden Fachforen eingerichtet. Diese sind im Prinzip offen für aktive Bürgerinnen und Bürger und wurden in ihrer Arbeit mit unterschiedlicher Intensität durch Mitarbeiter der Fachverwaltungen unterstützt.

 

Die weitere Verklammerung des Agendaprozesses mit der Umweltbewegung, den NGO’s und der interessierten Öffentlichkeit und die Rückkoppelung seiner Ergebnisse erfolgt im Wesentlichen über die „Projektstelle Agenda 21“ der GRÜNEN LIGA, die als Service- und Informationsstelle für an der Agenda 21 interessierte Bürgerinnen, Bürger und Gruppen fungiert. Die Projektstelle hält dafür vielfältige Informationsmaterialien, Fachliteratur und Veröffentlichungen vor, bearbeitet Nachfragen und gibt Auskünfte zur Lokalen Agenda 21.

 

Um die bezirklichen und gesamtstädtischen Initiativen weiterhin in den Prozess einzubeziehen und die Partizipation an der Agenda 21 für weitere Bürgerinnen und Bürger und Personengruppen attraktiv zu machen und zu öffnen, organisiert die Grüne Liga darüber hinaus den „Öffentlichen Arbeitskreis zum Erfahrungsaustausch für die Berliner Agendagruppen“, der mittlerweile zweimonatlich stattfindet und gab bis Ende 2003 die "Berliner Briefe" heraus, eine ebenfalls zweimonatlich in 8.000 Exemplaren erscheinende Zeitschrift, in der die stadtweit tätigen NGO‘s über ihre Aktivitäten im Rahmen der Agenda 21 berichteten. Die "Briefe" werden, wie die Projektstelle, vom Agendabüro der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung finanziert. Die Finanzierung der „Briefe“ musste mittlerweile stark zurückgefahren werden.

3. Die Arbeit an dem Entwurf für die Berliner Lokale Agenda 21

 

Die ersten Diskussionen im Sommer 2000 dienten der Erörterung der prioritären Handlungsfelder für die Berliner Agenda. Das Agendaforum und parallel dazu die Arbeitsgruppe der Senatsbeauftragten zur Lokalen Agenda 21 stellten sich dabei die Frage, in welchen Bereichen der Landespolitik ein Paradigmenwechsel zugunsten nachhaltiger Entwicklung besonders nötig sei und wo die Verwirklichung solcher Prinzipien besonders chancenreich sein würde. Dafür hat das Agendaforum in Abstimmung mit der AG der Senatsbeauftragten schließlich die aus politischer Sicht wichtigsten Handlungsfelder für eine nachhaltige Entwicklung Berlins identifiziert:

 

·         Verkehr/Mobilität

·         Klimaschutz

·         Soziale Stadtentwicklung/sozialer Zusammenhalt

·         Partizipation der Bürger

·         Zukunft der Arbeit – nachhaltige regionale Wirtschaftspotentiale

·         Strukturwandel zur Informationsgesellschaft

·         Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und Sprache als Grundlage der Integration

·         Berlin in der einen Welt

·         Geschlechtergerechtigkeit (als Querschnitt-Thema)

 

Die Ausarbeitung programmatischer Aussagen in den Handlungsfeldern erfolgte danach in den Fachforen und Arbeitsgruppen des Agendaforums. Die Senatsbeauftragten, die für ihren Zuständigkeitsbereich Ziele, Aktivitäten und Indikatoren für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu definieren hatten, trugen auch durch eigene Beiträge direkt in der Diskussion mit den Agenda-Akteuren zum Fortgang dieser Arbeiten bei. Alle Senatsressorts nahmen im Wege der Abstimmung zu verschiedenen Ausarbeitungen aus ihrer Sicht inhaltlich Stellung, um konsensfähige Leitbilder, Ziele und Indikatoren für die Agenda zu entwickeln. Dieser Prozess nach dem Gegenstromprinzip zwischen den Bürgerinnen und Bürgern in den Gruppen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung war jedoch nicht in allen Handlungsfeldern konfliktfrei. Die Sichtweise der Verwaltung,  gebunden an gesetzliche und/oder politische Vorgaben, wurde von den Vertreterinnen und Vertretern der Bürgergesellschaft teilweise als einengend und bevormundend erfahren, während die Behördenvertreter und -vertreterinnen bei den ehrenamtlich mitarbeitenden Akteuren häufig den Realitätsbezug von Handlungszielen, die Stringenz von Vorschlägen und die Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit vermissten.

 

Nach den Ausarbeitungen der Arbeitsgruppen und Fachforen stellte das Agendaforum schließlich im Herbst 2002, in enger Zusammenarbeit mit dem Agendabüro, einen Arbeitsentwurf für die Berliner Lokale Agenda 21 unter dem Titel "Mit Zukunft gestalten – Zukunft mitgestalten" fertig. Das Plenum des Agendaforums konstatierte dabei, dass eine inhaltliche Qualifizierung und ein stärkerer Praxisbezug unumgänglich sei und durch eine größere Beteiligung der Öffentlichkeit erreichbar erscheine. Es forderte daher Bürger, Verbände, Parteien und Verwaltungen auf, diesen Entwurf ausführlich zu diskutieren.

 

Zwischen Mai und September 2003 wurde dafür eine Serie von öffentlichen Dialogveranstaltungen durchgeführt. In sechs zentralen Veranstaltungen, von der Geschäftsstelle des Agendaforums und dem Agendabüro organisiert, wurden die Handlungsfelder Mobilität, Soziale Stadtentwicklung, Zukunft der Arbeit, Partizipation, Bildung, Klimaschutz, Geschlechtergerechtigkeit und Wandel zur Informationsgesellschaft diskutiert. Der Entwurf zum Handlungsfeld Berlin in der Einen Welt stand in einer eigenen Veranstaltung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen mit den Berliner entwicklungspolitischen Gruppen zur Debatte. Im gleichen Zeitraum wurde der Arbeitsentwurf in den Bezirken vorgestellt und erörtert. Diese Veranstaltungen wurden durch die Kontaktstelle Umwelt und Entwicklung (KATE e.V.) organisiert und von der IZT-Projektagentur „Zukunftsfähiges Berlin“ finanziell unterstützt.

 

Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Veranstaltungen kamen unter anderem aus Stadtteilinitiativen, Planungsbüros, Vereinen und Bildungseinrichtungen. Bei diesem Meinungsaustausch wurde insbesondere von Naturschutzorganisationen ein stärkerer Bezug auf die Region angeregt und das Fehlen eines eigenen Handlungsfeldes „Natur und Landschaft“ als Defizit des Arbeitsentwurfs moniert. Nach Entscheidung des Lenkungskreises, dieses Handlungsfeld aufzunehmen, fand sich eine Arbeitsgruppe zusammen und entwickelte innerhalb kurzer Zeit einen entsprechenden Vorschlag, der Aufnahme in den vorliegenden Entwurf gefunden hat.

Für die anderen Handlungsfelder wurden in den Veranstaltungen zahlreiche Änderungs- und Ergänzungsvorschläge protokolliert. Daneben beschloss der Lenkungskreis für die Überarbeitung der Texte in den Handlungsfeldern eine strukturelle und quantitative Vorgabe und leitete Vorschläge und Vorgaben an die Fachforen und Arbeitsgruppen weiter. Es ist allerdings nicht gelungen, alle an der Textarbeit Beteiligten darauf zu verpflichten, sich an diese Vorgaben zu halten bzw. die Bedenken und Anregungen aus dieser Beteiligungsphase systematisch abzuwägen.

 

An der Erstellung der Zielsetzungen, Handlungsschritte und Projekte des Handlungsfeldes „Partizipation junger Menschen“ war die vom Landesjugendhilfeausschuss eingesetzte Landesarbeitsgemeinschaft „Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen“ regelmäßig beteiligt und hat diese wesentlich mit erarbeitet.

 

Parallel zu den öffentlichen Diskussionen erörterten Lenkungskreis und Senatsarbeitsgruppe weiter Aspekte des Praxisbezugs und der späteren Umsetzung von Vorschlägen der Lokalen Agenda in den verschiedenen Handlungsfeldern. Die Fachforen und Arbeitsgruppen des Agendaforums wurden aufgefordert, dazu Leitprojekte zu entwickeln, die in die Agenda aufgenommen werden könnten. Die so ergänzte und überarbeitete Fassung des Entwurfs wurde vom Agendaforum am 15. März dieses Jahres angenommen und liegt diesem Bericht zugrunde.

4. Aktivitäten in den Bezirken

 

Wie dargestellt, ist die Erarbeitung der gesamtstädtischen Agenda 21 nicht zu trennen von den bezirklichen Aktivitäten.

 

Schon kurz nach der Rio-Konferenz 1992 begannen in einigen Berliner Bezirken Aktivitäten, um den Nachhaltigkeitsprozess gemäß den Beschlüssen der Konferenz in die Tat umzusetzen und Lokale Agenden zu initiieren. Diese wurden unterstützt durch das „Koordinatorenmodell“, das von 1997 bis 2000 jeden Bezirk und die Hauptverwaltung mit je zwei Koordinatoren aus SAM-Mitteln unterstützte. Das Auslaufen dieses Modells und die direkt danach erfolgenden Bezirksfusionen führten jedoch zu erheblichen Problemen in den bezirklichen Aktivitäten. In allen Bezirken gibt es nun aber hauptamtliche Agenda-Beauftragte oder Agenda-Ansprechpartner und zahlreiche Agendagruppen innerhalb und außerhalb der Verwaltung. Viele der Alt-Bezirke hatten Lokale Agenden erarbeitet, die jetzt nach den Bezirksfusionen überarbeitet wurden bzw. überarbeitet werden:

-          Lichtenberg mit der Aktion „Besser Leben“ und der Fortschreibung des kommunalen Handlungsprogramms

-          Marzahn-Hellersdorf diskutiert einzelne Leitbilder mit Trendberichten

-          Mitte hat einen Entwurf  aus den bisherigen drei Agenden erarbeitet

-          in Neukölln liegt der Entwurf der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vor

-          in Pankow ist die Zusammenfassung der drei vorliegenden Agenden noch nicht abgeschlossen

-          Steglitz-Zehlendorf  hat eine Zusammenführung der beiden Einzelagenden vorgelegt und am 17.6.2004 findet eine Fachtagung Nachhaltigkeitsziele für das nachhaltige Bezirksamt statt

-          Treptow-Köpenick ist ein Beispiel für eine besonders erfolgreiche Agendaarbeit. Es hat gerade am 27.4.2004 die Lokale Agenda 21 Treptow-Köpenick als fortzuschreibende Konzeption für eine nachhaltige Entwicklung des Bezirks beschlossen. Mit dem Beschluss zur LA 21 bekennt sich das Bezirksamt zu einer nachhaltigen und damit sozial gerechten, ökonomisch tragfähigen und die Umwelt schützenden Entwicklungspolitik. Am 5.5.2004 hat der Förderverein LA 21 Treptow-Köpenick als Sieger des 2. bundesweiten Wettbewerbs „Global vernetzt – lokal aktiv“ der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt einen Preis für ihr Gartenprojekt zur interkulturellen Begegnung und ihre Partnerschaften mit Cajamarca (Peru) und Lemberg (Ukraine) erhalten.

 

Einige Bezirke haben sich gegen die Erarbeitung einer Agenda entschieden (Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Reinickendorf, Spandau und Tempelhof-Schöneberg). Sie führen aber zahlreiche Aktivitäten im Sinne der LA 21 durch, z. B. gemeinsame Projekte zu bestimmten Schwerpunkten, Unterstützung von Initiativen, Öffentlichkeitsarbeit, Foren, Umwelttage usw. Lichtenberg und Neukölln haben sich u. a. am Wettbewerb „Zukunftsfähige Kommune“ beteiligt.

 

In die Erarbeitung der gesamtstädtischen Agenda 21 sind viele Ergebnisse der bezirklichen Agenden eingeflossen, insbesondere bei der Auswahl und der inhaltlichen Gestaltung der Handlungsfelder. Im Agendaforum sind die bezirklichen Initiativen durch eine eigene Bank vertreten und der Rat der Bürgermeister ist auf der Bank Verwaltung vertreten. In 2003 wurde in den Bezirken in einer Workshop-Reihe die gesamtstädtische Agenda mit ausgesuchten Handlungsfeldern der Öffentlichkeit vorgestellt. Viele Vorschläge für die Leitprojekte kommen aus den Bezirken und entsprechend sind sie bei der Realisierung eingebunden.

5. Bisherige Initiierung und Förderung von Projekten zur Lokalen Agenda

Bereits der Runde Tisch hatte die Initiative ergriffen und in einer „Projektbörse“ für Projekte und Projektideen, die der nachhaltigen Entwicklung der Region förderlich sind, Preise ausgelobt. Grundgedanke der Projektbörse war, durch eine Zusammenführung verschiedener Ideen und Projekte in dieser „Börse“ durch Beratungsleistung und durch Kooperationen untereinander die Realisierungs- und Verbreitungsmöglichkeiten der Projekte zu verbessern.

Einen deutlichen Schub für bezirkliche und gesamtstädtische Projekte leistete die „Projektagentur Zukunftsfähiges Berlin“ beim Institut für Zukunftsforschung und Technologiebewertung. Diese Projektagentur bekam von 2000 bis 2004 Mittel der Lottostiftung, die für insgesamt 75 Agendaprojekte mit einer Fördersumme von bis zu 20.000 € verwendet wurden. Mit dieser Förderung wurden auch Projekte erreicht, die zwar inhaltlich im Sinne nachhaltiger Entwicklung arbeiten, sich bis dahin jedoch nicht als Teil des Agendaprozesses verstanden.

6. Öffentlichkeitsarbeit als wesentliches Element im Agendaprozess

Nachhaltige Entwicklung lässt sich nicht verordnen – sie setzt voraus, dass sich weite Teile der Gesellschaft für dieses Ziel einsetzen und gewohnte Wertsetzungen und Verhalten in Frage stellen und verändern. Dies ist der Grund für den partizipativen Ansatz im Agenda­prozess.

Partizipation ist aber nur möglich, wenn die dafür erforderlichen Informationen leicht erreichbar, in ausreichendem Umfang zugänglich und verständlich formuliert sind. Es ist die Aufgabe von Öffentlichkeitsarbeit, das Thema in die dafür vorgesehenen Zielgruppen zu kommunizieren. Mit ihrem Anspruch, die nachhaltige Entwicklung mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen zu gestalten, sah sich die Agenda 21 von Beginn an zu entsprechenden Anstrengungen veranlasst.

 

Dabei wurden die unterschiedlichsten Medien und Veranstaltungsformen genutzt. Die kontinuierliche Information wurde über ein periodisches Printmedium und über Internet gewährleistet:

Mit finanzieller Unterstützung durch das Agendabüro gab die GRÜNE LIGA die "Berliner Briefe" heraus, die sich zu thematischen Schwerpunkten und aktuellen Berichten aus dem Agendaprozess vor allem an die Agendaakteure wandten.

Für die selbe Zielgruppe erscheint der elektronische „Newsletter“, den die Geschäftsstelle des Agendaforums und die GRÜNE LIGA in Zusammenarbeit mit dem Agendabüro der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in der Regel monatlich verschickt.

 

Das Agenda-Büro informiert die allgemeine Öffentlichkeit mit seiner Internetpräsenz seit April 1999 über Aktivitäten, Projekte, Veranstaltungen, Termine, Literatur, Kontakte, etc., setzt Links zu Internetseiten der Akteure und trägt so dem Partizipationsanspruch Rechnung. Die Berliner Agendaakteure sind unter dem gemeinsamen Portal www.agenda21berlin.de im Internet vertreten. Von diesem Portal aus lassen sich alle weiteren Berliner Internetangebote zur Lokalen Agenda 21 erreichen

 

Zur Unterrichtung der Öffentlichkeit, vor allem auch für die Zielgruppe der Jugendlichen, ließ das Agendabüro von einer Gruppe des BUND zwei Ausstellungen konzipieren und produzieren, die in Schulen, öffentlichen Einrichtungen, bei Veranstaltungen und Festen präsentiert wurden.

Die Ausstellung „Zukunft ganz nah – Agenda 21“ hatte zum Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern Anliegen und Prozess der Agenda 21 nahe zu bringen und sie zu eigenen Initiativen zu animieren.

Mit der Ausstellung „Briefe aus der Zukunft“ wurde der Versuch unternommen, in
e-Mails das Leben eines 14.jährigen Kindes im Jahr 2042 zu schildern und zur Reflexion über mögliche Veränderungen in Alltag und Lebensstil anzuregen.

 

Auf dem jährlich stattfindenden Umweltmarkt werden die Ziele der Lokalen Agenda 21 dargestellt, wofür die Ausstellung „Briefe aus der Zukunft“ und die gedruckten Materialien aus der Arbeit an der Berliner Agenda Verwendung fanden. Solche Flyer wurden meist aus Anlass bestimmter Veranstaltungen erstellt. Zu ihnen zählen auch internationale Ereignisse im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung, die genutzt wurden, um den Berliner Agendaprozess zu befördern:

Während der Expo 2000 fand in der Rummelsburger Bucht die Agendawerkstatt statt, die mit Ausstellungen und Veranstaltungen über Ziele und Aktivitäten der Berliner Agenda 21 informierte. Zu diesem Anlass wurden ein Plakat und ein Prospekt („Lust auf Zukunft“) über die Informationsangebote zur Agenda 21 im Internet herausgegeben.

Anlässlich der Johannesburgkonferenz 2002 wurde auf die Ziele nachhaltiger Entwicklung mit einem besonderen Internetangebot hingewiesen, aus dem ein spezieller Flyer über „Nachhaltige Politik und Projekte“ in Berlin entwickelt wurde. Er ist zu finden unter: www.stadtentwicklung.berlin.de/agenda21/de/nachh_berlin

 

Zum Umweltmarkt 2004 hat die GRÜNE LIGA mit finanzieller Unterstützung durch das Agenda-Büro eine Kurzfassung des vorliegenden Agenda-Entwurfs für Berlin herausgegeben. Sie basiert formal auf der ersten Kurzfassung, die für die Serie der Dialogveranstaltungen im Sommer 2003 produziert und, zusammen mit einer englischsprachigen Version, auch im nationalen und internationalen Erfahrungsaustausch eingesetzt worden ist.

 

Mit der „Woche der Zukunftsfähigkeit“ haben die Gruppen und Projekte in Berlin und Brandenburg seit drei Jahren eine Möglichkeit, sich und ihre Arbeit zu präsentieren. Die Idee dieser Veranstaltungswoche, deren Zentrum ursprünglich das Gelände der ufa-fabrik war, beginnt sich mittlerweile über die „Agendatransfer“-Stelle bundesweit zu etablieren.

 

Über die Stadt hinaus erregte der Berliner Agendaprozess in Fachkreisen Interesse. Zahlreiche Besuchergruppen aus dem In- und Ausland ließen sich über den Prozess und einschlägige Projekte durch das Agendabüro, die „Projektstelle Lokale Agenda 21“ bei der Grünen Liga und bei bezirklichen Gruppen informieren. Neben dem Informationsaspekt zur nachhaltigen Entwicklung war dies auch immer eine gute Werbung für die Stadt Berlin.

 

Abschließend lässt sich somit feststellen, dass es ein reges Interesse aller am Agendaprozess beteiligten Personen und Organisationen an Information und Austausch gibt. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, dieses Interesse an der Mitwirkung und Beförderung einer zukunftsorientierten und ganzheitlichen Entwicklung der Kommune auch bei den Medien zu wecken.

7. Die Zusammenarbeit mit dem Abgeordnetenhaus

 

Das Abgeordnetenhaus hatte zwei Enquetekommissionen zu dem Thema Lokale Agenda 21 eingerichtet. Die Arbeitszeit der ersten Kommission (1998-1999) lag vor dem Beschluss, eine Lokale Agenda 21 für Berlin aufzustellen. Hier wurden im Prozess vor allem die Ergebnisse dieser Kommission verwertet: Die Vorschläge zur Struktur des Agendaprozesses, die Leitbilder, die Analysen und Empfehlungen zu den Dimensionen der Nachhaltigkeit und die Vorschläge zu den Handlungsfeldern (Drs. 13/3800) wurden jeweils als wichtige Entscheidungsgrundlage in die Agendaerstellung einbezogen. Dies wurde erleichtert durch die Mitarbeit von ehemaligen Mitgliedern dieser Kommission im Agendaforum.

Die zweite Enquetekommission „Zukunftsfähiges Berlin“ tagte von 2000 bis 2001 parallel zu dem Erstellungsprozess der Berliner Lokalen Agenda 21. Bei aller zu wahrenden Unabhängigkeit von Legislative und Exekutive gelang es im Wesentlichen, ein koordiniertes Vorgehen bei unterschiedlichen Aufgaben zu erreichen: Diese Enquetekommission beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Aufstellung von Leitbildern und von Qualitäts- und Handlungszielen und von Indikatoren zu deren quantitativer Beschreibung. Dabei ging es in einem sehr breiten Ansatz um alle Dimensionen nachhaltiger Entwicklung. Die Kommission hat hier wesentliche Beiträge geliefert, die wegen der verkürzten Legislaturperiode allerdings nicht bis ganz zu Ende ausgearbeitet werden konnten (Drs. 14/1460).

Der Berliner Agendaprozess hat sich frühzeitig entsprechend der Vorgabe des Abgeordnetenhauses („Nennung prioritärer Handlungsfelder“) auf eine Auswahl als besonders wichtig erachteter Handlungsfelder beschränkt. Der Agendaentwurf des Agendaforums hat die Logik von Qualitäts- und Handlungszielen übernommen, die jeweiligen Ziele in den Fachforen besprochen und soweit sinnvoll und möglich verwendet.

Darüber hinaus wurden Zwischenstände der Agendaerstellung der Enquetekommission berichtet, wie auch später dem Plenum und dem Ausschuss für Stadtentwicklung und dem für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen.

Das Abgeordnetenhaus ist im Agendaforum vertreten gewesen durch den Vorsitzenden der Enquetekommission in der 14. Legislaturperiode und durch den Vorsitzenden des Ausschusses für Stadtentwicklung in der 15. Legislaturperiode.

8. Erfahrungen mit der partizipativen Agendaerstellung

 

Das Abgeordnetenhaus hatte den Senat beauftragt, die Berliner Agenda 21 in einem breiten Dialog mit der Bevölkerung, der Wirtschaft und den örtlichen Organisationen zu erarbeiten und dabei die bisherigen Strukturen der Berliner Agenda-Arbeit zu berücksichtigen. Alle Beteiligten an der Erstellung der Berliner Agenda 21 haben die vom Abgeordnetenhaus vorgegebene Partizipation als Element der Agendaerstellung begrüßt, jedoch sind in der konkreten Umsetzung deutliche Probleme aufgetreten, die für die Fortsetzung des Prozesses gelöst werden müssen.

 

 

Als wichtige Lehren aus dem Prozess sind folgende Punkte festzuhalten:

 

Sowohl auf gesamtstädtischer als auch auf bezirklicher Ebene engagieren sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger mit langem Atem, großem Einsatz und kenntnis- und ideenreich für die nachhaltige Entwicklung Berlins. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass dieser oft schwierige und mühsame Prozess nun über Jahre aufrecht erhalten werden kann.

 

Eine wirklich breite Partizipation lässt sich allerdings nur herstellen, wenn das Thema hohe Priorität in der Öffentlichkeit (Bürger und Medien) hat und hohe Anteilnahme der politischen Entscheidungsträger genießt.

 

Weiterhin ist die Anerkennungskultur tragend für den Prozess: wenn den Beteiligten Erfolgserlebnisse ermöglicht werden und sie einen Statusgewinn aus ihrem Engagement ziehen können, wird dieses Engagement andauern und es werden sich weitere Bürgerinnen und Bürger an dem Prozess beteiligen (s. auch die Vorlage zur Kenntnisnahme an das Abgeordnetenhaus zum „Bürgerschaftlichen Engagement“, Drs. 15/2538).

 

Eine hohe Beteiligung der Bevölkerung geht mit höherer politischer Beachtung einher und bewirkt dann auch ein deutliches Engagement der Verwaltung; diese muss Prioritäten ihrer Arbeit setzen, die dann für die Agenda 21 günstig ausfallen, wenn es sich um eine breite Bewegung in der Bevölkerung handelt.

 

Der Anspruch, gleichberechtigt in den Fachforen zu arbeiten unterschätzt die Bedeutung der unterschiedlichen Arbeitskulturen von professioneller Verwaltung und ehrenamtlicher Bürgerarbeit: in den Verwaltungskontext eingebunden auf der einen, von individuellen Arbeitsmöglichkeiten und Vorlieben geprägt auf der anderen Seite. Es sind in Zukunft Arbeitsformen zu wählen, die diesen Unterschieden stärker Rechnung tragen.

 

B.        Rechtsgrundlage

 

§ 27 Abs. 1 GGO II

 

C.        Kostenauswirkungen auf Privathaushalte
und/oder Wirtschaftsunternehmen

 

Keine

 

Die Agenda 21 appelliert an freiwilliges Engagement.

 

D.        Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg

Das Agendaforum versteht sich als Organ für Berlin und Brandenburg und hat diesem Selbstverständnis entsprechend auch eine Besetzung mit Brandenburger Akteuren gesucht. Im Handlungsfeld „Berlin in der märkischen Landschaft“ des Agendaentwurfs geht es um eine explizite Stärkung der Kooperation im Bereich der Regionalparks.

 

E.         Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung

 

a)      Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

Zur Unterstützung der Infrastruktur des Agendaprozesses sowie zur Initiierung und Umsetzung von Projekten sind im Doppelhaushaltsplan 2004/ 2005 bei Kapitel 1290, Titel 541 05 - Nachhaltige Entwicklung und Ressourcenschonung (Lokale Agenda 21) - in den Jahren 2004 und 2005 Ausgaben von jeweils 100.000 € veranschlagt.

Darüber hinaus anfallende Kosten für weitere Projekte und Initiativen, die nicht von Dritten finanziert werden, wären von den betreffenden Senats- und/oder Bezirksverwaltungen durch Umschichtungen im Rahmen der Haushaltswirtschaft zu finanzieren, wenn diese Projekte den politischen und fachlichen Zielsetzungen entsprechen und realisiert werden sollen.

 

b)      Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

 

Im Zuge der Umstrukturierung des Agendaprozesses können die Personalressourcen des Agendabüros bei SenStadt um eine Stelle Techn. Angestellte/r – Vgr. I b – BAT reduziert werden. Weitere Auswirkungen auf andere Fachverwaltungen sind damit nicht verbunden.

 

F.         Flächenmäßige Auswirkungen

 

Keine

 

G.        Auswirkungen auf die Umwelt

 

Die Agenda 21 hat das Ziel, ökonomische und soziale Entwicklung umweltverträglich zu gestalten; insofern sind von ihrer Umsetzung positive Effekte auf die Umwelt zu erwarten. Die in dem Agendaentwurf dargestellten Handlungsfelder lassen vor allem in Hinblick auf Luftreinhaltung, CO2-Emissionen (Klimaschutz) und Landschaftspflege und Naturschutz Verbesserungen erwarten.

 

Berlin, den 30.09.2004

 

Der Senat von Berlin

 

In Vertretung

S c h m i t z                                                                 J u n g e – R e y e r

 

Chef der Senatskanzlei                                     Senatorin für Stadtentwicklung


 

                                                                                                                      Anlage zur Vorlage

                                                                                                                      an das Abgeordnetenhaus

 

 

Entwurf zur Berliner Lokalen Agenda 21


 

                                                                                                                      Stand: 21. April 2004

 

 

 

 

Mit Zukunft gestalten – Zukunft mitgestalten

Berliner Lokale Agenda 21

 

Vorwort

Das Ziel der Berliner Agenda 21 ist, unsere Stadt zukunftsfähig zu machen. Die Politik soll so gestaltet werden und das Verhalten der Menschen soll sich so verändern, dass auch künftige Bewohner/innen gute Lebensbedingungen in der Stadt vorfinden und heute und in Zukunft nicht auf Kosten der Dritten Welt leben. Die Prinzipien der Nachhaltigkeit berühren alle Lebens- und Handlungsbereiche. Es geht dabei um das Anliegen, Umweltschutz, Wirtschaftsentwicklung und soziale Gerechtigkeit in Einklang zu bringen. Hierfür soll dieses Zukunftsprogramm Orientierung und Anregungen geben und dazu beitragen, konkrete Projekte und Maßnahmen in Gang zu setzen.

 

Die zukunftsfähige Entwicklung von Berlin verlangt, dass alle Kräfte der Stadt zusammenwirken. In den Jahren 2000 bis 2004 hat das Agendaforum, ein Zusammenschluss von Vertreter/innen gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen sowie von Verwaltung und Politik, im gemeinsamen Dialog den Entwurf für die Berliner „Lokale Agenda 21“ erarbeitet. Diese Zusammenarbeit erfolgte auf Beschluss des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin und entspricht den Entschließungen der UN-Konferenzen von Rio 1992 und Johannesburg 2002.

 

Das Abgeordnetenhaus und das Agendaforum werden die Diskussion fortsetzen und vor allem an der Umsetzung der hier dargestellten Konzepte, Ideen und Projekte für die nachhaltige Entwicklung Berlins arbeiten. Sie fordern Bürger/innen, Initiativen, Unternehmen, Verwaltung, Verbände und Organisationen auf, sich an dieser Umsetzung und an der Weiterentwicklung zu beteiligen.

 

 


Inhaltsverzeichnis

 

 

       Vorwort.................................................................................................................................. 1

       Inhaltsverzeichnis.................................................................................................................... 2

 

1.    Einleitung: Berlin – bereit für Zukunft....................................................................................... 3

       Das Leitbild Nachhaltige Entwicklung....................................................................................... 3

 

2.    Prioritäre Handlungsfelder....................................................................................................... 5

       2.1    Die Umwelt erhalten....................................................................................................... 7

               2.1.1 Verkehr/Mobilität................................................................................................... 7

               2.1.2 Berlin in der märkischen Landschaft...................................................................... 16

       2.2    Das soziale Leben in der Stadt gestalten......................................................................... 27

               2.2.1.Soziale Stadtentwicklung – Soziale Kohäsion.......................................................... 27

               2.2.2 Partizipation.......................................................................................................... 33

       2.3    Innovationen fördern, Beschäftigung sichern, Arbeitsplätze schaffen................................ 45

               2.3.1 Zukunft der Arbeit................................................................................................ 45

               2.3.2 Strukturwandel zur Informationsgesellschaft........................................................... 58

       2.4    Bildung für die Zukunft ................................................................................................. 62

       2.5    Globale Verantwortung.................................................................................................. 66

               2.5.1 Berlin in der Einen Welt........................................................................................ 66

               2.2.2 Klimaschutz.......................................................................................................... 71

       2.6    Geschlechtergerechtigkeit umsetzen............................................................................... 78

 

3.    Die Umsetzung der Berliner Agenda 21.................................................................................. 82

       3.1    Der Auftrag.................................................................................................................. 82

       3.2    Die Erfahrungen des partizipativen Ansatzes................................................................... 83

       3.3   Reformschritte............................................................................................................... 85

       3.4    Die Leitprojekte der Berliner Agenda 21......................................................................... 85

       3.5    Die weitere Arbeit des Agendaforums............................................................................ 86

       3.6    Kontakte...................................................................................................................... 87

 

 


1. Einleitung: Berlin – bereit für die Zukunft

Das Leitbild Nachhaltige Entwicklung

„Wir verstehen, dass unsere derzeitige städtische Lebensweise, insbesondere unser arbeits- und funktionsteiliges System, die Flächennutzung, der Verkehr, die Industrieproduktion, Landwirtschaft, der Konsum und die Freizeitaktivitäten und folglich unser gesamter Lebensstandard uns für die vielen Umweltprobleme wesentlich verantwortlich macht, denen die Menschheit gegenübersteht.

Wir Städte und Gemeinden verstehen, dass uns die Idee der zukunftsbeständigen und umweltgerechten Entwicklung hilft, unseren Lebensstandard mit der Tragfähigkeit der natürlichen Umwelt in Einklang zu bringen. Wir bemühen uns um soziale Gerechtigkeit, zukunftsbeständige Wirtschaftssysteme und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Umwelt. Soziale Gerechtigkeit muss notwendigerweise auf einer wirtschaftlichen Dauerhaftigkeit und Gerechtigkeit beruhen, und diese wiederum erfordern eine Nachhaltigkeit der Umweltnutzung. (aus der Charta von Aalborg, 1994). Als ethische Grundlage dient auch die Erd-Charta, die Berlin mit ihren grundsätzlichen Aussagen bejaht. In einigen Berliner Bezirken hat auch der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsbewahrung der Kirchen eine besondere Bedeutung.

 

Eine Politik der Nachhaltigkeit trifft allein dadurch auf Schwierigkeiten, dass sie langfristige Ziele, kooperative Politikprozesse erfordern und Veränderungen an dem gegenwärtig vorherrschenden kurzfristigen Interessenhandeln. Es ist darüber hinaus unübersehbar, dass aktuelle Nachhaltigkeitspolitik auf massive Strukturhemmnisse und Gegentendenzen in der derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklung stößt. Gerade weil Nachhaltigkeitspolitik auch die künftigen Folgen unseres heutigen Tuns und Lassens berücksichtigt und dafür eine Langfristperspektive zugrunde legt, müssen die erforderlichen Umsteuerungsimpulse schon heute erfolgen und die nächsten darauf aufbauen, und der Prozess, der dies ermöglicht, stabilisiert und gefördert werden. In der Erkenntnis, dass dieser Prozess keine übliche politische Aufgabe ist, sondern weitgehende Fragen der Lebensqualität in verschiedenen Teilen der Welt und zukünftiger Generationen betrifft, kann er nur im intensiven Dialog mit den Bürger/innen realisiert werden.

 

Nachhaltigkeit wird nicht in einem einzelnen Kraftakt hergestellt. Dies ist ein langer Prozess, der immer wieder die Neubestimmung der aktuellen Position und der einzuschlagenden Richtung verlangt. Aus diesem Grunde muss diese Berliner Agenda 21 fortgeschrieben und sukzessive weiterentwickelt werden.

Der Lokale-Agenda-21-Prozess in Berlin ist ein Dach, unter dem sich daraus ergebende Zielkonflikte bearbeitet werden können, indem die Teilziele von Umwelt, Wirtschaft und Sozialem mit ihren Zwängen und Eigenheiten grundsätzlich von allen Beteiligten anerkannt werden. Nachhaltigkeit akzeptiert prinzipiell die Gleichrangigkeit dieser drei Ziele, findet jeweils detaillierte Qualitätsziele dafür und spielt sie nicht gegeneinander aus. Bei aller Gleichrangigkeit der Ziele muss „bei Zielkonflikten … deshalb zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Belangen abgewogen werden. Hier hat jeweils diejenige Zieldimension Vorrang, die in der jeweiligen Situation zum 'Engpass' zu werden droht. Dabei sind kurzfristige Engpässe in einem Zielbereich auch mit langfristig zu vermutenden Engpässen in anderen Bereichen abzuwägen. Die Gleichwertigkeit der Zieldimensionen besteht allerdings nicht, wenn nach vorliegendem Erkenntnisstand das Risiko besteht, dass die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit erreicht oder überschritten werden können und somit die menschliche Existenz bedroht ist. Insofern stellt die ökologische Dimension die natürliche Grenze gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung dar: Nur in dem Maße, in dem die Natur als Lebensgrundlage nicht gefährdet wird, ist Entwicklung und damit soziale und ökonomische Wohlfahrt möglich.“ (Abschlussbericht der Enquête-Kommission "Zukunftsfähiges Berlin" des Abgeordnetenhauses von Berlin, 13. Wahlperiode, S. 58f.)

 

Auf nationaler Ebene beschreibt die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes als Ziel eine ausgewogene Balance zwischen den Bedürfnissen der heutigen Generation und den Lebensperspektiven künftiger Generationen. Neben dem Rat für Nachhaltige Entwicklung und dem Staatssekretärsausschuss der Bundesregierung hat kürzlich der Bundestag einen "Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung" eingerichtet, um die Aufgaben auf Bundesebene besser bewältigen zu können. Die Nachhaltigkeitsstrategie führt im Einzelnen vier Koordinaten für die Bundespolitik an:

·         Generationengerechtigkeit (sparsamer Umgang mit natürlichen Ressourcen)

·         Lebensqualität (intakte Umwelt, Schulen, lebenswerte Stadt, Arbeitsplätze, neue
Agrarpolitik)

·         Sozialer Zusammenhalt (wirtschaftlicher Strukturwandel, keine Spaltung der Gesellschaft)

·         Internationale Verantwortung (Entwicklungszusammenarbeit, globaler Umweltschutz, fairer Handel).

 

Berlin sieht sich durch diese nationale Strategie aus dem Jahr 2002 in seiner Agenda 21 gestützt, weil genau diese Themen bereits zwei Jahre zuvor als diejenigen identifiziert wurden, die in der Stadt vorrangig zu bearbeiten sind. Andererseits baut Berlin in seiner Agenda 21 auf der Arbeit der Bezirke auf, die zum Teil eigene Lokale Agenden 21 aufgestellt haben. Durch die Umsetzung dieser bezirklichen Agenden und durch die Unterstützung und Umsetzung der gesamtstädtischen Agenda 21 tragen die bezirklichen Initiativen erheblich zur nachhaltigen Entwicklung Berlins bei. Zahlreiche Verknüpfungen zwischen gesamtstädtischem Prozess und
Agendaprozessen in den Bezirken bestehen direkt über Personen, Verbände, Initiativen und Projekte. Durch die Reihe von Dialogveranstaltungen konnten die gegenseitigen Impulse nochmals verstärkt werden.

 

In Berlin dominiert die prekäre Finanzlage die tagesaktuellen politischen Diskussionen. Daneben scheinen andere Themen und gestalterische Ansätze kaum Platz zu haben. Der
Agendaprozess hat auch gezeigt, dass durch die Arbeit ehrenamtlicher Gremien - ohne große Geldspritze - ein bedeutender Beitrag hin zu nachhaltigen Lösungsansätzen erbracht werden. Viele dieser Lösungsansätze für die nachhaltige Zukunft Berlins beruhen auf dem freiwilligen Engagement der Bürger/innen, für das Politik und Verwaltung den geeigneten Rahmen schaffen und deutlich weiter verbessern müssen. Dafür sind die nötigen Ressourcen bereitzustellen. Nur wenn wir die langfristige Perspektive Berlins im Auge haben, vermeiden wir Fehlentwicklungen (und immense Folgekosten!) und kommen zu sinnvollen Kriterien, wie und wo gespart werden muss; dann liegt auch eine Perspektive vor, die die Bevölkerung in diesem Prozess nachvollziehen und unterstützen kann. Darin liegt ein Schlüssel für finanzpolitische Nachhaltigkeit.

 


2. Prioritäre Handlungsfelder

 

In den folgenden Handlungsfeldern kollidiert unsere Lebensweise am stärksten mit den Zielen nachhaltiger Entwicklung oder es besteht das größte Potenzial, in Berlin eine Entwicklung zur Nachhaltigkeit zu forcieren:

 

Themenbereiche

Handlungsfelder

Die Umwelt erhalten

Verkehr/Mobilität

Querschnitts-aufgabe für alle Handlungs-
felder:

Berlin in der märkischen Landschaft

Das soziale Leben

in der Stadt gestalten

Soziale Stadtentwicklung

Partizipation

Innovationen fördern,

Beschäftigung sichern,

Arbeitsplätze schaffen

Zukunft der Arbeit

Geschlechter-gerechtigkeit umsetzen

Strukturwandel zur Informationsgesellschaft

Bildung für die Zukunft

Bildung

 

Globale Verantwortung

Berlin in der Einen Welt

 

Klimaschutz

 

Im Ergebnis des Agenda-Dialogs wurde auf Initiative mehrerer Umwelt- und Naturschutzverbände und von bezirklichen Akteuren* ein zehntes Handlungsfeld mit der Bezeichnung „Berlin in der märkischen Landschaft“ aufgenommen. Dass es sich um mehr als eine notwendige Ergänzung handelt, zeigen die zahlreichen Querbezüge zu anderen Handlungsfeldern der
Agenda.

 

Die Auflistung dieser Handlungsfelder meint nicht, dass dies die einzigen Felder sind, in denen künftig nach dem Konzept der Nachhaltigkeit gearbeitet werden muss und kann. In vielen weiteren Bereichen hat die Stadt – ihre Bewohner/innen, ihre Vereinigungen und ihre Verwaltung – dieses Leitbild bereits als Grundlage oder muss und wird sich danach richten. Diese Auflistung bedeutet auch nicht, dass in diesen Feldern neben den üblichen Arbeiten einfach zusätzliche Arbeit unter dem Leitbild der Nachhaltigkeit geleistet werden soll: es geht im Gegenteil darum, die tagtäglichen Aktivitäten in diesen Bereichen so zu gestalten, dass sie Berlin in Richtung Nachhaltigkeit bringen.

 

Insgesamt sind die Texte zu den Handlungsfeldern von den jeweiligen Fachforen erarbeitet worden. Inhaltliche Differenzen zwischen den Handlungsfeldern konnten zwar vermieden werden, in Aufbau und Länge der einzelnen Kapitel bestehen jedoch Unterschiede, welche die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Handlungsfelder widerspiegeln, nicht aber eine unterschiedliche Gewichtung des Themas durch das Agendaforum anzeigen.


Die Ausführungen zu den Handlungsfeldern folgen im Wesentlichen folgender Grundgliederung:

·         Problembeschreibung

·         Leitbild

·         Qualitätsziele und dazu gehörige Handlungsziele

·         Maßnahmen

·         Indikatoren

·         Leitprojekte

·         ggf. weitere Projekte.

In allen Handlungsfeldern wurde darauf geachtet, dass innerhalb dieser Gliederung ein möglichst direkter Zusammenhang zwischen den Problemen, Leitbildern bis hin zu den Zielen, Indikatoren, Maßnahmen und Leitprojekten erkennbar wird.

 

Die Texte geben die Meinung des Agendaforums wieder. Obwohl die am Entwurf beteiligten Organisationen, Institutionen und Senatsverwaltungen in die Fachforen eingebunden waren, entsprechen die Texte im Detail nicht immer der Meinung aller Beteiligter. Diese Differenzen sind in einigen Texten deutlich hervorgehoben, in anderen jedoch nicht, um den Text insgesamt lesbar zu halten.

Neu in dieser Agenda sind die Leitprojekte in den einzelnen Handlungsfeldern, die gewissermaßen den Praxistest für die Umsetzung von Leitbildern und Zielen darstellen. Sie sind in ihrer Umsetzung kooperativ angelegt, d.h. das Agendaforum und seine Fachforen und AGs wollen diese Leitprojekte gemeinsam mit den Senatsverwaltungen und weiteren Akteuren der Stadt weiter entwickeln und realisieren. Damit sind die Leitprojekte wesentliche Elemente beteiligungsorientierter Politikgestaltung in Berlin.

 

Die Welt ist ein Kontinuum, und jede Aufteilung nach Fächern ist künstlich. So sind auch diese Handlungsfelder in ihren Inhalten und Maßnahmen eng verknüpft, auch wenn diese Verknüpfungen wegen der besseren Lesbarkeit nicht immer im Einzelnen dargestellt werden. Dies wird schon in den einzelnen Problembeschreibungen und Leitbildern deutlich.

Um den strategischen Anspruch der Agenda 21 einzulösen, ist künftig stärker herauszuarbeiten, wo zwischen den Handlungsfeldern die Verknüpfungen und Synergien bei den Leitbildern, Zielen, Maßnahmen und Leitprojekten liegen. Auch mögliche oder bereits bestehende Verzahnungen mit sektoralen nachhaltigkeitsrelevanten Politiken, Strategien und Programmen des Landes gilt es zu identifizieren und zu nutzen.

Außerdem sind künftig die zahlreichen Indikatoren daraufhin zu überprüfen inwieweit sie geeignet sind, Erfolg oder Misserfolg zu messen und durch entsprechende Nachjustierungen bei den Maßnahmen Korrekturen vorzunehmen. Zudem müssen sie möglichst regelmäßig und mit vertretbarem Aufwand erhoben werden können.

 


2.1      Die Umwelt erhalten

2.1.1        Verkehr/Mobilität

 

Verständnis von Nachhaltigkeit im Verkehr

Nachhaltige Entwicklung ist eine dauerhaft-umweltgerechte Entwicklung, in der die ökonomischen, ökologischen und sozialen Systeme so aufeinander abgestimmt sind, dass die natürliche Lebensgrundlage des Menschen auch für zukünftige Generationen gesichert ist.

Der Weg zu Nachhaltigkeit im Verkehr führt in ökologischer Hinsicht zu einer Minimierung der vom Verkehr ausgehenden Schäden und Risiken für die Umwelt, so dass eine dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage des Menschen gewährleistet ist. Das schließt den Schutz von Flora und Fauna mit ein.

In ökonomischer Hinsicht soll der Verkehr zur Sicherung von Arbeit und wirtschaftlichem Erfolg beitragen. Die Knappheit natürlicher und finanzieller Ressourcen (Haushaltsnotlage Berlins) zwingen zur konsequenten Verbesserung der Effizienz, d.h. zur Reduzierung volkswirtschaftlicher Verluste der heutigen Verkehrsorganisation und zum wirkungsvolleren Einsatz der verfügbaren Ressourcen (Least-Cost-Planungsansatz).

In sozialer Hinsicht geht es um die Gewährleistung der Mobilitätsbedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, die Erreichbarkeit von Einrichtungen und die Vermeidung gesundheitlicher Gefahren – insbesondere auf Kosten gesellschaftlich schwächerer Gruppen – sowie eine spürbare Erhöhung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.

In einem breiten und kontinuierlichen Partizipationsprozess ist die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, die damit verbundenen Ambivalenzen sowie Zielkonflikte sind auszuloten, offen zu legen und Prioritäten sind zu setzen.

 

 

Problemskizze

Die Belastung der Umwelt durch den Verkehr, durch Lärm, Schadstoff- und Klimagasemissionen, ist schwerwiegend. So stieg in Berlin beispielsweise zwischen 1990 und 2000 der verkehrsbezogene Anteil am gesamten CO2-Ausstoß von 17,2 auf 22,9%. Der KfZ-Verkehr bestimmt die lokale Belastung mit Luftschadstoffen und Lärm in der Region. Und er nimmt zu, zumal wenn die urbane Lebensqualität sinkt und die Menschen, insbesondere Familien mit Kindern, weiter ins Umland ziehen.

Nach wie vor existieren zwischen den östlichen und westlichen Bezirken Infrastrukturdisparitäten, und auch die Verknüpfung Berlins mit den regionalen und internationalen Zentren wird von zahlreichen Akteuren als ungenügend empfunden, um den heutigen und künftigen Bedarfen zu entsprechen.

Wirksame Gegenstrategien für die Region zur Begrenzung des Kfz-Verkehrs werden zurzeit nicht entschieden genug umgesetzt. In die Kosten der Kfz-Nutzung werden die externen Umwelt- und Gesundheitskosten nicht einbezogen. Dieses wirksame Instrument der Internalisierung der externen Kosten könnte durch ein stärkeres Engagement des Bundeslandes Berlin auf der nationalen und europäischen Ebene stärker eingefordert werden.

Kontinuierlich steigende ÖPNV-Fahrpreise erhöhen die Zugangsbarrieren zum öffentlichen Verkehr. Die Finanznot der öffentlichen Hand hat den Handlungsspielraum Berlins für alle Maßnahmen, die eine finanzielle Beteiligung der Stadt erfordern, stark eingeschränkt. Verkehrsbezogene Maßnahmen werden damit immer schwerer durchsetzbar.

 

Leitbild

Berlin – Stadt der gelebten nachhaltigen Mobilität

Das Berlin der gelebten nachhaltigen Mobilität ist eine Stadt der kurzen Wege, in der  Menschen und Waren problemlos ihre alltäglichen Ziele erreichen. Neben dem sozialen Kriterium der gesellschaftlichen Teilhabe wird somit auch der wirtschaftliche Erfolg durch den Verkehr bei minimierten ökologischen Effekten gewährleistet. Bei der Realisierung der Mobilitätsbedürfnisse ist Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern und allen sozialen Gruppen gegeben. Die öffentlichen Räume sind barrierefrei und weisen eine hohe Aufenthaltsqualität auf. Die Bürger benutzen bewusst den ÖPNV, das Fahrrad oder gehen zu Fuß, denn der Umweltverbund ist attraktiv, bequem und einfach zu nutzen und lässt sich meist gut mit den Routinen des Alltags verbinden. Aber auch die Mobilitätserziehung, die bereits in Kitas und Schulen beginnt, leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.

Externe Kosten werden stärker in die Marktpreise integriert, die Marktkräfte bewegen somit das Angebot und die Nachfrage in Richtung verbesserte ökonomische und ökologische Effizienz und weniger Umweltbelastung. Im Sinne der Nachhaltigkeit werden gesellschaftliche Kosten des Verkehrs verursachergerecht bezahlt und damit nicht auf andere Menschen, andere Räume und andere Zeiten verlagert.

Der ÖPNV verkehrt in kundenfreundlichem Takt, ist ohne Hindernisse zugänglich sowie nutzbar und bietet sozialverträgliche Tarife an.

Gesundheitliche und ökologische Schäden sind auf das nicht vermeidbare Maß reduziert. Durch eine attraktive Innenstadt ist der Wegzug ins Umland gestoppt.

 

Qualitätsziele, Handlungsziele und Indikatoren

Der folgende Katalog verkehrspolitischer Ziele beschränkt sich auf die ökologische und Teile der sozialen Zieldimension und damit auf einen Teilbereich des Nachhaltigkeits-Anspruches.

Aus der Sicht des Agenda-Fachforums ist eine Bewältigung der Probleme der Verkehrsfolgen vorrangig.

Qualitätsziele

Handlungsziele

Indikatoren

Ökologische Zieldimension

- Reduzierung des verkehrsbedingten Verbrauchs freier Fläche

- Umverteilung der vorhandenen Verkehrsfläche zu Gunsten des Umweltverbunds

- Langfristig:

-soll keine zusätzliche Flächeninanspruchnahme durch den Verkehr erfolgen, ein Ausgleich von Neubau erfolgt durch Rückbau an anderer Stelle

-sollen durch die Reduzierung des MIV freiwerdende Flächen zu Gunsten des Umweltverbunds umgewidmet werden

 

Begrenzung der zusätzlichen Siedlungs- und Verkehrsfläche auf 5% des Durchschnitts der Jahre 1991-2000 bis 2020[2]

 

(1)

Siedlungs- und Verkehrsflächen in Berlin [ha]

 

Mittelfristig ist die Entwicklung und Fortschreibung einer nach Verkehrsarten und Grad der Versiegelung differenzierten Flächenstatistik wünschenswert. Handlungsziele können sich dann differenziert auf die Verkehrsflächen und Verkehrsarten beziehen

Langfristziel: (ohne Zieljahr) das verkehrsbezogene Flächenwachstum ist ganz zu stoppen, die Entwicklung der Stadt basiert auf einem intelligenten Umgang mit den vorhandenen Flächen (Rückbau, Umbau, Brache)

 

Neubau (Neuversiegelung) zu Rückbau (Entsiegelung) im Verhältnis 1:1[3]

Reduzierung der CO2-Emissionen des Verkehrs

 

.

 

·          Senkung der verkehrsbezogenen CO2 Emissionen um 15% bis 2010 gegenüber 2000

·          Senkung der verkehrsbezogenen CO2 Emissionen um 30% bis 2020 gegenüber 2000[4] 

 

(2)

Verkehrsbedingte CO2-Emissionen,

Einheit: t/a

Soziale Zieldimension

Überall dort, wo Menschen leben und sich aufhalten, soll die Luftqualität so gut sein, dass das gesundheitliche Risiko für Kanzerogene mindestens auf die „Virtuell Sichere Dosis“ (VSD) begrenzt wird (dies entspricht einem Restrisiko von einem immissionsbedingten zusätzlichen Krebstodesfall auf 100.000 Einwohner bei einzelstofflicher Betrachtung und lebenslanger Exposition)[5].

Bis zum Jahr 2025 soll das als nachhaltig zu charakterisierende, vorsorgeorientierte Risikoniveau der VSD für Benzol erreicht sein. Bei einem unit risk von 9 x 10-6 für Benzol liegt diese Dosis bei 1,1 µg/m³ [6].

(3)

Durchschnittliche Benzolimmissionen an Hauptverkehrsstraßen

Einheit: µg/m³

Reduktion der Rußimmissionen auf 0,14 µg/m³ bis zum Jahr 2025. Bei einem unit risk von 7 x 10-5 bezogen auf 1 µg/m³ entspricht dies der „Virtuell Sicheren Dosis“[7]

(4)

Durchschnittliche Rußimmissionen an Hauptverkehrsstraßen

Einheit: µg/m³

Überall dort, wo Menschen wohnen und sich aufhalten soll es so ruhig sein, dass niemand durch Straßenverkehrslärm gesundheitlich beeinträchtigt wird.

 

In Gebieten, die überwiegend oder wesentlich dem Wohnen dienen, sollen als angestrebter Zustand zusätzlich Ruhequalitätsziele gelten, die erhebliche Belästigungen und Beeinträchtigungen vermeiden[8].

 

Bis zum Zieljahr 2015 soll zumindest der gesundheitsbezogene Mittelungspegel von höchstens 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts in allen zum Wohnen genutzten Gebieten eingehalten werden[9]

 

Ohne Zieljahr: Anzustreben ist, dass auch in Wohngebieten an Hauptstraßen erhebliche Beeinträchtigungen durch Lärm, wie Kommunikations- und Schlafstörungen, vermieden werden. Hierfür ist ein Zielpegel von maximal 59 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts einzuhalten[10]. Mit diesen Standards werden Ruhequalitätsziele erreicht, die ungestörten Tagschlaf bei geschlossenem Fenster (Isolierglas), ungestörten Nachtschlaf bei teilweise geöffnetem Fenster, eine gute Sprachverständlichkeit bei normaler Sprechweise und teilweise geöffnetem Fenster in Innenräumen und eine zumindest akzeptable Sprachverständlichkeit bei angehobener (bis lauter) Sprechweise im Freien ermöglichen[11].

(5)

Indikator: Lärmimmissionen im Straßennetz

Einheit: km Straßenseiten je Pegelklasse (Mittelungspegel in 5 dB(A)-Klassen)

Schutz des Lebens und der Gesundheit vor Unfällen im Verkehr durch Erhöhung der Verkehrssicherheit. Die Anzahl der bei Verkehrsunfällen verunglückten Personen soll so gering wie möglich sein.

Mittelfristiges Handlungsziel (2015): Das Verkehrssicherheitsrisiko soll genauso bewertet werden, wie das immissionsbedingte kanzerogene Risiko.[12] Das in diesem Zusammenhang empfohlene „vorsorgeorientierte Risikoniveau“ liegt bei mindestens 10-5 („Virtuell Sichere Dosis“, Restrisiko von einem zusätzlichen Toten pro 100.000 Einwohner). Ausgehend von der (heutigen) Berliner Einwohnerzahl von ca. 3,4 Mio. soll bis 2015 die Zahl der Verkehrstoten auf unter 30 pro Jahr reduziert werden.

Langfristiges Handlungsziel (2030): „Vision Zero“: Reduzierung der Zahl der Unfalltoten und Schwerverletzten auf den Wert Null.[13]

(6)

Verkehrstote pro Jahr in Berlin (und Brandenburg)

 

Verletzte durch Verkehrsunfälle pro Jahr in Berlin (und Brandenburg)

 

Maßnahmen

Die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen haben ihren Bezug im StEP-Maßnahmenkatalog bis 2015. Im Sinne der o.g. Ziele unterstreichen, verschärfen, ergänzen oder kritisieren sie die Maßnahmen des Stadtentwicklungsplanes Verkehr.

Die folgenden Maßnahmenvorschläge beziehen sich auf die Bereiche:

·         Förderung der Stadt der kurzen Wege

·         Steigerung der Attraktivität und Sicherheit des Fußgängerverkehrs

·         Steigerung der Attraktivität und Sicherheit des Fahrradverkehrs

·         Steigerung der Attraktivität des ÖPNV

·         Förderung eines umweltverträglichen Güterverkehrs

·         Verkehrsberuhigung

·         Vorbildfunktion öffentliche Verwaltung und Betriebe

·         Mobilitätskultur

·         Flugverkehr

Die Maßnahmenvorschläge sollen im Rahmen des Agendaprozesses Impulse für Diskussionen geben und zur Erreichung der Umsetzungsstrategien beitragen.

 

Förderung der Stadt der kurzen Wege

·         Durch eine verkehrssparsame Standortplanung (Förderung wohnungsnaher Versorgung, Einrichtung von Nachbarschaftsläden mit Zusatzfunktionen wie Postdiensten, Einführung von Wohnungstauschbörsen, Umwandlung ungenutzter Grünflächen in Wohngebieten in Mietergärten, Orientierung der Planung an bestehenden ÖV-Angeboten) sollte das Leitbild der "Stadt der kurzen Wege" gefördert werden, das u.a. der Verkehrsvermeidung mit einhergehender Steigerung der Lebensqualität dient.

·         Aufbauend auf den Erfahrungen in anderen Städten sollte das autofreie Wohnen in Altbau- wie in Neubaugebieten von politischer Seite unterstützt werden.

·         Die Wegzüge ins Umland werden genauer erforscht, die Gründe offengelegt und dem entgegenwirkende Maßnahmen umgesetzt.

 

Steigerung der Attraktivität und Sicherheit des Fußgängerverkehrs

·         Für ausgewählte Straßenabschnitte, an denen z. B. Instandhaltungsrückstände zur Beseitigung anstehen, sollten unter Beteiligung der Behindertenverbände und Anwohner Untersuchungen über die barrierefreie Gestaltung von Straßenräumen (mit Checkliste) durchgeführt werden. Entsprechende Befunde können eine Grundlage für die rechtzeitige und schrittweise Umsetzung dieses Anliegens sein.

·         Die Verlängerung von Grünphasen an Fußgängerampeln sollte an ausgewählten Übergängen von Einkaufsstraßen oder an Übergängen, wo Beschwerden von Anwohnern vorliegen, überprüft und ggf. umgesetzt werden. Damit haben auch ältere Menschen die Möglichkeit, die Straße ohne Hetze zu überqueren.

·         An ausgewählten Straßenabschnitten, die dem Wohnen und Einkaufen dienen, sollten bei zu geringer Breite der Fußgängerwege die Parkmöglichkeiten für Pkws oder die Fahrbahnbreite eingeschränkt werden. Die Breite der Fußgängerwege richtet sich unter anderem nach der Frequentierung durch Fußgänger (mindestens 2 m; EAE/95 Tabelle 17).

 

Steigerung der Attraktivität und Sicherheit des Fahrradverkehrs

·         Die kostenlose Fahrradmitnahme ist in allen öffentlichen Verkehrsmitteln gestattet.

·         Schrittweise werden weitere Fahrradabstellanlagen gebaut, insbesondere an U-Bahnhöfen und Ergänzungen an S-Bahnhöfen (B+R). Im Straßenraum könnten auch zu Lasten von Kfz-Parkplätzen weitere Fahrradabstellanlagen angelegt werden. Erfahrungen der Fahrradverbände sollten hierbei berücksichtigt werden.

·         Das Radverkehrsnetz der Stadt wird schrittweise und entschieden erweitert. Vorrang haben Fahrradwege auf der Fahrbahn (Fahrradspuren = Angebotsstreifen).

 

Steigerung der Attraktivität des ÖPNV

·         Der ÖPNV soll für alle bezahlbar sein; das schließt faire, den Einkommen angemessene Preise für alle Verkehrsteilnehmer und ermäßigte Fahrpreise unter gleichen Nutzungsbedingungen für Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Studenten, Kinder und Jugendliche in der Ausbildung ein.

·         Es sollte eine (verbindliche) Checkliste zur Bewertung der Haltestellen und Bahnhöfe unter Beteiligung der Behindertenverbände erstellt werden. Diese dient auch dem Monitoring der erbrachten Fortschritte seitens der zuständigen Infrastrukturbetreiber durch Verbände und den Senat. Die Ergebnisse sollten veröffentlicht und Teil eines Informationssystems des VBB für den Reisenden sein.

·         Um eine bessere Erreichbarkeit in den einzelnen Quartieren, vor allem in Stadträumen mit weitmaschigem Schienennetz, zu erwirken, wird die verstärkte Einrichtung von Pendel- bzw. Kiezbuslinien überprüft. Diese stellen wichtige Verknüpfungen zu S- und U-Bahn sowie bedeutenden Einrichtungen der Verwaltung, des Einzelhandels und der Erholung her. In dünner besiedelten Gebieten erbringen sie einen wichtigen Beitrag zu einer effizienten und umweltgerechten Erschließung.

·         Das Streckennetz der Straßenbahn sollte mittelfristig stärker ausgebaut werden. Optimierungsüberlegungen in Abhängigkeit von der Nachfrage werden dabei berücksichtigt. Die Straßenbahn ist ein ideales Verkehrsmittel für die Innenstadt. Unter Beachtung der Prinzipien des Least Cost Planings soll die Entwicklung des Tramnetzes gerade auch in der historischen Innenstadt an beispielhaften Straßenabschnitten mit hohem Verkehrsaufkommen als Möglichkeit zur Verkehrsverlagerung auf den ÖPNV demonstriert werden – auch da, wo der Platz für einen eigenen Gleiskörper nicht ausreicht (überfahrbare Gleise, Fahrradstraße mit Tram o.ä.).

·         Alle S- + U-Bahnhöfe sowie die Haltestellen der Tram und der Busse sollten langfristig barrierefrei gestaltet werden.

·         An Wochenenden und Feiertagen sollte der ÖPNV auch nachts in akzeptablem Takt verkehren. Parallel könnten Sammeltaxis verstärkt eingerichtet werden.

·         Um die Subventionen zu reduzieren werden zusätzliche Möglichkeiten zur Finanzierung des ÖPNV gesucht (z.B. Nahverkehrsabgabe und „Laternengaragengebühr“).

 

Förderung des umweltverträglichen Güterverkehrs

·         Der Gütertransport in der Stadt und der Region sollte verstärkt auf der Schiene abgewickelt werden. Dieser soll möglichst nah an Empfänger und Absender herangeführt werden. Dazu könnte sich auch die Nutzung der Straßenbahntrassen für den Güterverkehr eignen (Cargo-Tram). Der Güterverkehr soll verstärkt mit stadtangepassten Fahrzeugen (leise, emissionsarm und tonnagebegrenzt) erfolgen. Die Schnittstellen zwischen Straße und Schiene sollten ausgebaut werden (dezentral, unabhängig der Güterverteilungszentren). Hierfür ist die Einrichtung von speziellen Logistikflächen/Lagerhallen vonnöten.

·         Das Konzept der Güterverkehrssubzentren sollte in Berlin ausgebaut werden. Vorhandene Standorte sollten gesichert  und wieder aktiviert werden.

·         Private und gewerbliche Investoren sollen bereits bei der Baugenehmigung ein  stadtverträgliches Erschließungs- und Verkehrskonzept nachweisen. (Dazu ist eine Änderung der Bauordnung notwendig.)

·         Für den Schwerlastverkehr sollten Empfehlungen für gesonderte Routen durch lärm­unempfindlichere Gebiete erarbeitet werden (Senkung der Anzahl von lärmbetroffenen Bürgern). Das Fahren von schweren Lkws durch sensible Wohngebiete ist nachts zu beschränken.

·         Ein notwendiges Ziel ist die umweltverträglichere Abwicklung des Straßengüterverkehrs z.B. durch Erdgasfahrzeuge, verbesserte Logistik und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien; z.B. Telematik).

 

Verkehrsberuhigung

·         An sensiblen Hauptverkehrsstraßen sollte verstärkt das Instrument der Geschwindigkeitsbegrenzung eingesetzt werden (Tempo 30). Auch die Einrichtung von Spielstraßen und verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen mit Tempo 10 sollte für ausgewählte Straßenabschnitte und in Wohngebieten mit hohem bürgerschaftlichem Engagement unterstützt werden.

·         Schleichverkehrsgefährdete Nebenstraßen mit ausgeprägter Wohnfunktion sollen vom Durchgangsverkehr entlastet werden (z.B. durch Schleifenerschließung)

·         Mittelfristig sollte sich die Flächenbilanz nicht weiter zugunsten der Verkehrsflächen verschieben. Bei Neubau von Straßenfläche sollte an anderer Stelle ein Straßenrückbau erfolgen. Wird an einer Stelle eine Straße mehrspurig ausgebaut, sollte in Orientierung an dem Verkehrsdurchsatz an anderer Stelle der Rückbau von Spuren erfolgen.

·         Auf einen weiteren Autobahnausbau wird in Berlin verzichtet. Eine Verlängerung des mittleren Stadtrings bis zur Frankfurter Allee wird abgelehnt.

·         Parkraumbewirtschaftung sollte in der Innenstadt und den Stadtteilzentren durchgeführt werden. Das Parken auf öffentlichen Parkplätzen sollte teuerer sein als in privaten Parkierungsanlagen. 

·         Im Sinne einer stärkeren Kfz-Nutzerfinanzierung sollte langfristig die Einführung eines Road-pricings, gegliedert in einzelne Zonen (City, Innenstadt, Außenbezirke; siehe Beispiel London), geprüft werden .

·         Es sollte unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern eine Studie erstellt werden, in der der Rückbau von Straßen untersucht wird, die stadtbedeutende Grün- und Erholungsflächen durchschneiden (z.B. Straße des 17. Juni, Havelchaussee, Puschkinallee).

 

Vorbildfunktion öffentliche Verwaltung und Betriebe

·         Die öffentliche Hand unterstützt entschieden die Nutzung von VBB-Tickets und Fahrrädern. Im Sinne der Vorbildfunktion sollte auch die Nutzung von Dienstwagen stärker auf Alternativen überprüft werden. Öffentliche Kfz-Flotten sollten an Wochenenden und ausgewählte Pkw-Stellplätze der öffentlichen Verwaltung an allen Wochentagen Car-Sharing-Unternehmen zur Verfügung gestellt.

·         Bei der Vergabe von städtischen Aufträgen, beispielsweise an die Stadtreinigung und ÖPNV-Anbieter, sollte die Verwendung von umweltfreundlichen Nutzfahrzeugen und Verkehrsmitteln Bestandteil der Ausschreibung sein.

 

Mobilitätskultur

·         Eine neue Mobilitätsstrategie kann nur dann wirksam werden, wenn sowohl Politik und Planung als auch die Bürgerinnen und Bürger ein neues Bewusstsein für Mobilität entwickeln. Politik und Verwaltung müssen auf eine Mobilität nach den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung achten. Gleichzeitig sind die Verkehrsteilnehmenden aufgerufen, ihre persönliche Verantwortung im Verkehrsgeschehen wahrzunehmen. Jede und jeder kann mobil sein und dennoch die möglichen Nachteile minimieren. Dieses Bewusstsein sollte in der Region Berlin Ausdruck einer neuen Mobilitätskultur sein.

·         An Kitas und Schulen wird die Einführung von Mobilitätslernen bzw. eines Trainings für ein nachhaltiges Verkehrsverhalten angestrebt.

·         Die Verkehrssicherheit ist Teil einer neuen Mobilitätskultur. Die Zahl der Unfalltoten und Schwerverletzten soll langfristig dem Wert Null angenähert werden („Vision Zero“). Ausgewählte Unfallschwerpunkte werden mit Beteiligung der Verkehrsverbände genau untersucht. Dabei wird über die übliche Art der Unfallaufnahme hinaus und unter Einbeziehung einer interdisziplinären wissenschaftlichen Auswertung (z.B. unter Beachtung verkehrspsychologischer Erkenntnisse) das Unfallgeschehen in einen breiten Erklärungskontext gestellt. Ein Analysekriterium ist die Mitverursachung durch Verkehrsregelungen und die Straßengestaltung. So könnte die Sicherheit oft erhöht werden, wenn die Geschwindigkeit reduziert wird. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen sollen schrittweise Maßnahmen zur Unfallvermeidung an den Unfallorten selbst und an vergleichbaren Stellen durchgeführt werden.

·         An zentralen Punkten (Zoo, Gesundbrunnen, Ostkreuz, Papestraße, Alex) sollten Mobilitätsstationen eingerichtet werden. Diese Stationen sollten auch mit Fahrradstationen verbunden sein.

 

Flugverkehr

·         Im Zuge der Zusammenlegung des Flugverkehrs auf einen Single-Airport sind die Flughäfen Tempelhof und Tegel zu schließen. Regionale Fluglinien sollten zugunsten des Schienenverkehrs (z.B. ICE) eingestellt werden.

·         Zur langfristigen Reduzierung der Anzahl der Flugbewegungen sind in Übereinstimmung mit den anderen europäischen Flughafenstandorten Konzepte wie Kontingentierungen, höhere Fluggebühren, Abbau von Subventionen für die Flughäfen und Flugbetrieb, Substitutionen durch andere Verkehrsmittel etc. zu entwickeln.

 


Projekte

Leitprojekte sind prioritäre verkehrspolitische Aktionsbereiche des Agendaforums zur Erreichung der genannten Handlungsziele. Die aufgeführten Maßnahmen versprechen hohe Effizienz (bei begrenztem Finanzaufwand) und sind geeignet, zur Meinungsbildung im Sinne der Agenda 21 beizutragen.

Die Initiative zu den Leitprojekten geht von den Agendagruppen aus. Die Umsetzung der Projekte ist auf Partner bei den Verkehrsunternehmen, in der Wirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung angewiesen.

 

1. Shopping per Rad in Berlin

Weiterführung eines bis Juni 2002 durchgeführten Projektes. Shopping per Rad besteht aus drei Elementen: Fahren, Parken und Serviceleistungen. In diesem Leitprojekt soll dabei vorrangig das Thema Fahrradabstellanlagen aufgegriffen werden. Im Vordergrund steht zum einen eine Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung der betreffenden Personen und zum anderen ein „sichtbares“ Ergebnis: das Aufstellen von Abstellanlagen.

2. Das Fahrradtaxi – Etablierung als Logistiklösung und Berliner Verkehrsmittel

In Berlin legen Autokuriere und Taxis täglich zehntausende Kilometer zurück. Im Innenring Berlins führt das zu großen Problemen: Lärm, hoher Schadstoffausstoß und Mobilitätsengpässe mindern die Lebensqualität der Anwohner erheblich. An dieser Stelle soll die Idee des Fahrradtaxis ansetzen. In einem Fahrradtaxi können sowohl zwei erwachsene Personen, die hinter dem Fahrer sitzen, als auch Sendungen in einem verschließbaren Koffer unterhalb der Sitzbank befördert werden. Dadurch kann  das Fahrradtaxi Taxi- und Kurierfahrten im innerstädtischen Berlin schnell und flexibel ausführen und ist dabei nicht stauabhängig, da Fahrradwege und Busspuren genutzt werden können. Auch können Fahrradtaxis problemlos Poller passieren und sind damit fast immer in der Lage, die kürzesten und direktesten Wege zu fahren. Ziel des Projektes ist es, wesentliche Arbeiten, die bisher mit einem Auto durchgeführt werden, auf Fahrradtaxis zu verlagern.

3.Europäisches Netzwerk für Mobilität und Lokale Agenda 21

Mit besonderer Ausrichtung auf die Berliner Städtepartnerschaften in Ostmitteleuropa (Prag, Warschau, Budapest) und die EU-Osterweiterung im Jahre 2004 werden die Fachforen Eine Welt und Verkehr/Mobilität in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung und Kooperationspartnern aus Verwaltung und Zivilgesellschaft in Berlin und insbesondere den o.g. Partnerstädten den Informations- und Erfahrungsaustausch zu Verkehrs- und Mobilitätsthemen sowie zur Lokalen Agenda 21 weiterentwickeln. darüber hinaus werden konkrete Einzelprojekte wie z. B. Planungswerkstätten und Bürgerbeteiligungsverfahren zur Verbesserung der Lebensqualität initiiert und durchgeführt. Die Organisation von Veranstaltungen  und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit begleiten die umfangreichen Aktivitäten und informieren Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

 

Zukünftige Leitprojekte sollen sich mit folgenden Themen beschäftigen:

·         Einrichtung einer Mobilitätszentrale am Bahnhof Hohenschönhausen (mit der Einrichtung einer Mobilitätszentrale am Standort Bahnhof Hohenschönhausen, der bereits über eine gute ÖPNV-Anbindung verfügt, sollen ÖPNV-Serviceleistungen sowie weitere Serviceleistungen, wie Reisebüro, Fahrradausleihe, -reparatur, Car-Sharing, Taxi-Vermittlung und Mitfahrzentrale, akquiriert und angeboten werden. Der Vorschlag knüpft an eine seit 1998 bestehende lokale Agenda-Initiative an und baut auf umfangreichen Vorarbeiten auf). Kontakt: Elke Schuster, WiR e. V. (Ges. zur Förderung der Weiterbildung in der Region) BMBF-Projekt "Lernkultur Berlin, Stadtraum Ost", Warnitzer Str. 28, 13057 Berlin, Tel.: 030 / 96 06 187-6 (Fax:-5) email: schuster.elke@gmx.de

Zukunftsstraßenplanung: Straßenumgestaltung mit Bewohnerbeteiligung, wobei die Kompetenzen für die Straße weitgehend in Bewohnerhand gegeben werden soll (die Umgestaltungskompetenz bleibt aber bei der Verwaltung):

·         Jugendstraßen (Fahrbahnrückbau zugunsten der Aufenthaltsflächen wie z.B. die Rütlistraße). Kontakt: Fusion-Intercultural Projects Berlin e.V.; Projektbüro "Jugendstrasse" Pannierstrasse 58; 12045 Berlin; Telefon: 620 052 41/43, Telefax: 620 052 42; E-Mail: info@jugendstrasse-berlin.de, Internet: www.jugendstrasse-berlin.de

·         Fahrradstraßen (priorisierende Verkehrsregelung für eine Verkehrsart des Umweltverbunds wie z.B. die Linienstraße in Mitte - ähnlich wie die Oderstraße in Neukölln). Kontakt: Betroffenenvertretung Spandauer Vorstadt, Koppenplatz 12, 10115 Berlin-Mitte

·         Erschließungsstraßen im Plattenbaugebiet (Einschränkung der Verkehrsflächen für den fahrenden und ruhenden Kfz-Verkehr, Qualifizierung der öffentlichen Räume) Akteure vor Ort werden angesprochen (z.B. Wohnungsbaugesellschaft, Anwohner)

·         Umweltbahnhof Dannenwalde (stillgelegte Bahnstation mit Übernachtungsmöglichkeit und Ausgangsort für umweltverträglichen Tourismus in Brandenburg zu Fuß, per Rad und per Schiff). Kontakt: Umweltbahnhof Dannenwalde e.V. c/o Christian Wend, Postfach 90 03 54; 14482 Potsdam Tel. 0331/76 14 24, Fax 0331/76 13 99; c.wend@t-online.de

·         Mobilitätszentrum im Hafen der Kulturen Hafen Tempelhof (Ziel ist die Realisierung eines attraktiven, integrierten Stadtteilzentrums mit dem Hauptaugenmerk auf ein ganzheitliches ökologisches Technologie- und Mobilitätskonzept. Neue Vernetzungen von zukünftigen Mobilitätsformen und ÖPNV, am Land und auf dem Wasser). Kontakt: Hafen der Kulturen e.V. Dr. Michael LaFond, Tel. 755 03 189 id22 ufaFabrik, Viktoriastr. 10, 12105 Berlin.

 

Literatur

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Entwurf eines umweltpolitischen Schwerpunktprogramms. Bonn 1998.

Klippel, P. (1994): Umweltqualitätsziele für Lärm an innerörtlichen Straßen. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) (Hrsg.): Qualitätsstandards für den Verkehr. ILS-Schriften 77. Dortmund 1994.

OECD, Dist.: 24-Sep-1999: Environmentally Sustainable Transport. Final Report on Phase II of the OECD EST Project. Volume 1: Synthesis Report.

Olsson/Piekenbrock: Kompakt-Lexikon, Umwelt- und Wirtschaftspolitik, Wiesbaden 1996.

Reul, F.: Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für den Stadtverkehr – das Beispiel Berlin. Dissertation an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät II der Humboldt-Universität zu Berlin. Berlin 2003.

Digitale Publikation unter: <http://edoc.hu-berlin.de/abstract.php3?id=78000945&lang =ger>

Reuter, O. et al.: Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltbelastung durch Ruß, Benzol, Ozon und CO2 im Verflechtungsraum Berlin/Brandenburg. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Wuppertal 1996.

Umweltbundesamt: Nachhaltiges Deutschland. Wege zu einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung. Berlin 1997.

Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: Definition von Handlungszielen für eine sozial- und umweltverträgliche Mobilitätsgestaltung in Nordrhein-Westfalen. Wuppertal 1999.

 

Internet

Arbeitsgemeinschaft Autofreies Stadtviertel an der Panke: www.autofrei-wohnen.de.

ILS Dortmund: www.wohnen-plus-mobilitaet.nrw.de.

 


2.1.2 Berlin in der märkischen Landschaft

 

Die Herausforderung

 

Die starke Abwanderung aus der Stadt hält an und führt zu einer fortschreitenden Zersiedelung diesseits und besonders jenseits der Stadtgrenze. Vor allem wirtschaftlich besser gestellte Familien mit Kindern ziehen aus der Innenstadt fort. Wegen dieser Randwanderung wächst die Besiedelung im Verflechtungsraum, ein Wachstum, das nur teilweise und nur unzureichend von den Instrumenten der gemeinsamen Landesplanung Brandenburg-Berlin begrenzt wurde und begrenzt werden kann.

 

Die Stadtflucht kostet dem hoch verschuldeten Berlin Steuereinnahmen und lässt sozial entmischte Innenstadtquartiere mit niedrigem Lebensstandard zurück. Die Zunahme an Bevölkerung am Stadtrand und im Verflechtungsraum verursacht wachsende Verkehrsströme in die Stadt und verschlechtert damit die innerstädtische Lebensqualität zusätzlich. Damit einher gehen auch Belastungen der natürlichen Umwelt, die gerade in Stadtrandlage einen hohen Stellenwert hat.

 

Das Leitbild:

Als Gegengewicht zur Globalisierung hat sich Berlin auf seine regionalen Potenziale besonnen. Die städtische und regionale Entwicklung geschieht im Einklang mit der Natur. Die regionalen Wirtschaftskreisläufe sind vernetzt.

Die Siedlungsschwerpunkte im Verflechtungsraum Berlin befinden sich im Einzugsbereich der Bahnlinien in der Region. Berlin ragt als Siedlungsstern in die märkische Landschaft. Ebenso hat der Verflechtungsraum in wie jenseits der Stadtgrenzen Berlins einen zusammenhängenden „GrünGürtel“. Dieser Ring an Freiflächen hat wie die stadtnahen Landschaften insgesamt eine hohe Naturqualität und die kulturellen Traditionen der Landschaftsstruktur bewahrt. Alle Siedlungsgebiete und Landschaftsräume sind mit dem öffentlichen Nahverkehr gut zu erreichen. Die in der Nähe Berlins gelegenen Ortschaften haben besondere wirtschaftliche Entwicklungschancen, die sie landschafts- und umweltverträglich wahrnehmen. Zugleich ist der Prozess der Entvölkerung und wirtschaftlich-kulturellen Verödung der Berlin-fern gelegenen märkischen Gemeinden gestoppt worden.

Die „neue Landwirtschaft“ gibt dem ländlichen Raum mit den Schwerpunkten regionale Vermarktung, ökologischer Landbau, Landschaftspflege, umweltfreundlicher Tourismus und weiterer Dienstleistungen ein wirtschaftliches Rückgrat und trägt so zur besseren Entwicklung der Region bei.

Die Parks, Freiflächen und vor allem die städtischen und stadtnahen Wälder Berlins wirken klimatisch ausgleichend, sie sind ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen und dienen der Erholung und der Geselligkeit. Sie fördern das Wohlbefinden und die Bindung der Einwohner/innen an die Stadt. Die Stadtflucht hat aufgehört. “Grün und Landschaft” sind ein ökologischer, ökonomischer und sozialer Standortvorteil, den die Gemeinden und ihre Bewohner im Sinne einer zukunftsfähigen Regionalentwicklung nutzen. Sie sind ein wichtiger Beweggrund aus dem sich Betriebe in Berlin ansiedeln, zur wirtschaftlichen Belebung von Stadt und Region sowie zur Linderung der Massenarbeitslosigkeit beitragen.

 

Teilbereich 1:
GrünGürtel Berlin - Regionalparks

Die Idee eines Grüngürtels wurde und wird in vielen europäischen Städten verfolgt. Für Berlin wurde erstmals 1909 der Plan eines “Wald- und Wiesengürtels für Groß-Berlin” vorgestellt und diskutiert. Mit ihrer Freiflächenpolitik - wie den Ankauf der Rieselfelder, der Stadtgüter und der Waldflächen um Berlin sowie die Entwicklung von Volksparks und Grünflächen im Stadtgebiet - hat Berlin diese Idee bewusst voran getrieben.

Heute kann sich die Konzeption eines GrünGürtels auf die Entwicklung der acht Regionalparks am Rande Berlins und in angrenzenden Gemeinden beziehen: Krämer Forst, Naturpark Barnim, Barnimer Feldmark,, Müggel-Spree, Flutgrabenaue, Teltow Park, Potsdamer Havelseen, Döberitzer Heide. Diese stadtnahen Landschaften enthalten Naherholungsgebiete von hohem ökologischen Wert und sind durch den öffentlichen Nahverkehr erreichbar. Wegen ihrer Nähe zu Berlin haben sie zugleich besondere wirtschaftliche Entwicklungschancen. Diese gilt es in den Ländern Berlin und Brandenburg wahrzunehmen und ressortübergreifend zu unterstützen.

 

Qualitätsziel 1.1:

Verflechtung und Zusammenarbeit der acht Regionalparks untereinander. Ihre Entwicklung wird als interkommunale Aufgabe über die noch bestehende Ländergrenze hinweg betrieben. Die im Grüngürtel lebenden Menschen identifizieren sich mit den Regionalparks, da Politik und Wirtschaft, Vereine und Verbände für den Entwicklungsprozess gewonnen werden.

Handlungsziele

·         Naturschutz und Landschaftsgestaltung der Flächen in den Regionalparks, die zu Berlin gehören (z.B. Wiedervernässung von Rieselfeldern).

·         Aktive Mitarbeit Berlins und der Berliner Bezirke in den Regionalparks und im Dachverband

·         Engagement der Privatwirtschaft in den Regionalparks.

·         Die ökonomische Aktivitäten in den Regionalparks werden landschafts- und naturverträglich gestaltet; sie sind in regionale Wirtschaftskreisläufe eingebettet.

·         Der öffentliche Nah- und Regionalverkehr in die Regionalparks wird verbessert. Bis zum Jahr 2010 sind alle Gemeinden in den Regionalparks an allen Tagen mit öffentlichen Verkehrmitteln erreichbar.

Indikatoren: Erreichbarkeit aller Gemeinden in den Regionalparks mit öffentlichen Verkehrsmitteln an allen Wochentagen.

Neue Arbeitsplätze im Kontext zukunftsfähiger Regionalentwicklung

Maßnahmen

Finanzielle und organisatorische Unterstützung des Dachverbands der Regionalparks und der Regionalparkvereine zur Schaffung von Arbeit und wirtschaftlicher Aktivität im Kontext zukunftsfähiger Regionalentwicklung

Die Taktzeiten von Bussen werden verdichtet, Busverkehr an den Wochenenden angeboten bzw. verstärkt.

Die Fahrradmitnahme wird erweitert.

Geschlossene Bahnstationen, wie Schönwalde im Krämer Forst, werden wieder eröffnet.

Im Bahnhof Hohenschönhausen wird eine Mobilitätszentrale eingerichtet.

Werbekampagnen für umweltverträglichen Tourismus in die Regionalparks

 

 

Teilbereich 2:
Stadtgüter

Die acht Berliner Stadtgüter, rund 24.000 ha Land, sind Teile des Naherholungsraums der Regionalparks und bedürfen insofern der landschaftlichen Entwicklung. Sie sollen verpachtet, die Betriebsrechte an den Gütern verkauft werden.

 

Qualitätsziel 2.1:

Berlin nutzt seine Verantwortung als Grundeigentümerin zur Entwicklung von ökologischer Bewirtschaftung und artgerechter Tierhaltung auf den Flächen der Stadtgüter und fördert ihre Attraktivität als Ausflugsgebiet.

Handlungsziele

·         Der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen auf den Stadtgütern wird insgesamt unterbunden.

·         Umstellung auf ökologischen Landbau und artgerechte Tierhaltung für mindestens 50% der Fläche und die Viehwirtschaft.

·         Werbung für die Vermarktung der Agrarprodukte der Stadtgüter in Berlin

·         Erhalt der ländlichen Architektur und der zum Teil denkmalswürdigen Bausubstanz der Stadtgüter

·         Landschaftliche Gestaltung.

Maßnahmen

Die Handlungsziele werden in allen Verkaufs- und Pachtverträgen der Stadtgüter festgeschrieben.

Die Verträge enthalten auch die Verpflichtungen für alle verpachteten Güter, Fördermittel zur Landschaftsgestaltung in Anspruch zu nehmen.

Landschaftliche Gestaltung durch Hecken, Feldsäume, Feldalleen oder die Renaturierung von Bachläufen.

Lieferverträge und Bildungspartnerschaften zwischen den Stadtgütern und Einrichtungen in Berlin, insbesondere Kitas und Schulen.

 

 

Teilbereich 3:
Regionale Agrarwende und Berliner Ernährungsmarkt

Der ökologische Landbau ist eine wichtige Stütze der begonnenen Agrarwende, schafft mehr Arbeit in den Dörfern und wertet die Landwirtschaft gesellschaftlich auf. Aber auch in der Stadt verbessert die arbeitsintensivere Verarbeitung und Vermarktung die Beschäftigungsbilanz, eine weniger schadstoffbelastete und ausgewogene Ernährung dient der Gesundheit der Städter/innen insgesamt.

Gegenwärtig ist Brandenburg mit 8,3% Bio-Anbau bundesweit Spitzenreiter, allerdings bleibt der Absatzmarkt in Berlin noch weit dahinter zurück. Öko-Anbau, -Verarbeitung und Vermarktung können aber durch enge regionale Zusammenarbeit von Brandenburg und Berlin sehr vorangebracht werden. Dabei sollten nach dem Beitritt Polens zur EU ab Mai 2004 auch die grenznahen Gebiete Westpolens einbezogen werden.

 
Qualitätsziel 3.1:

Ökologisches Wirtschaften auf dem Land verbessert die Böden und den Wasserhaushalt, stärkt den Artenschutz, dient dem Klimaschutz und entlastet die Wälder von Emissionen. Die Vermarktung weniger schadstoffbelasteter Nahrungsmittel dient der ausgewogenen Ernährung und Gesundheit der Berliner/innen.

Handlungsziele

·         Die Entwicklung der Bio-Vermarktung in Berlin wird ein Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung und in den EU-finanzierten Programmen berücksichtigt.

·         Die angrenzenden Gebiete Westpolens werden nach dem EU-Beitritt Polens in die Unterstützung von Bio-Anbau und Bio-Vermarktung einbezogen.

·         Durchsetzung von Biokost an Kindertagesstätten und Schulen um die gesundheitliche Prävention für Kinder und Jugendliche zu stärken. Die Biokost-Kampagne wird sich mit einer verstärkten Umstellung auf kalorienärmere Ernährung verbinden, um die Zivilisationskrankheit der Fettleibigkeit zurück zu drängen.

Maßnahmen

Ein Mindestanteil von 10% an Bio-Kost aus überwiegend regionalem Anbau und von Transfair-Produkten wird in Pachtverträgen oder Zielvereinbarungen mit den Küchen und Kantinen aller öffentlichen Einrichtungen der Stadt, inklusive der Hochschulen und stadteigenen Betriebe vereinbart.

Beratungsstellen für Biokost und Transfair-Produkte in Privathaushalten wie im gesamten Außer-Haus Bereich ( Restaurants, Kantinen, Imbissbuden etc.) werden in Zusammenarbeit mit Organisationen aus dem Umwelt- und Verbraucherschutz eingerichtet.

Gezielte Unterstützung ökologischer Bewirtschaftung und ökologischer Gestaltung in den Kleingärten

Die Kultivierung und Verarbeitung alter Kultursorten und die Haltung alter und vom Aussterben bedrohter Tierrassen wird besonders unterstützt und gefördert.

 

 


Teilbereich 4:
Begrenzung der Flächeninanspruchnahme und Bodenschutz

Lebende und funktionsfähige Böden sind für den Naturhaushalt auch in einer Stadt unverzichtbar. Dies gilt insbesondere für Berlin, das sein Trinkwasser aus dem eigenen Stadtgebiet gewinnt.

 

Qualitätsziel 4.1:

Der Flächenverbrauch in Berlin wird weiter reduziert. Die Netto-Neuversiegelung wird bis 2020 auf Null begrenzt.

Handlungsziele

·         Für jeden neu versiegelten Quadratmeter nimmt sich Berlin vor, eine gleich große versiegelte Fläche zu entsiegeln.

·         Die Wiedernutzung vormals versiegelter Flächen, sogenanntes "Flächenrecycling", wird gefördert.

·         Fördermöglichkeiten für den Ankauf von Altbauten und für Altbausanierung werden erweitert, die Förderung von Erwerb und Errichtung von Neubauten abgeschafft.

Indikator: Netto-Neuversiegelung in ha pro Jahr

Maßnahmen

Berlin setzt sich für eine Veränderung der derzeit praktizierten staatlichen Eigenheimzulage ein.

Besonders wertvolle Freiflächen, die zur Zeit noch als Baufläche im FNP von 1995 ausgewiesen sind, werden zu Frei- bzw. Grünflächen umgewidmet, um sie vor Bebauung zu schützen.

 

 

Qualitätsziel 4.2:

Stadtbrachen werten die Innenstadt ökologisch auf.

Handlungsziele

·         Geeignete Brachen werden in Biotopverbundkonzepte integriert und für die Erholung und Umweltbildung zugänglich gemacht.

·         Ausgewählte Stadtbrachen werden von den Bürgern nach ihren Wünschen selbst gestaltet und erhalten die von ihnen selbst entwickelten Freiraum-, Freizeit-, Kultur- oder Bauqualitäten.

 

 

Teilbereich 5:
Grünflächen in der Stadt

Grün in der Stadt fördert das Wohlbefinden ihrer Bevölkerung und ist ein wichtiger Standortfaktor für Berlin. Seine Parks, Freiflächen und vor allem die städtischen und stadtnahen Wälder wirken klimatisch ausgleichend, sind ein wichtiger Lebensraum für die Natur und dienen der Erholung und der Geselligkeit.

 

Qualitätsziel 5.1:

Alle als Grünflächen und Kleingartenanlagen ausgewiesene Gebiete werden gesichert, neue werden angelegt. In Ortsteilen, die die Richtwerte für wohnungsnahes (6 m²/Einwohner) oder für siedlungsnahes Grün (7 m²/Einwohner) nicht erreichen, wird bis zum Jahr 2020 der Grünanteil um mindestens 10 % erhöht oder es wird für sie ein entsprechender Wertausgleich geschaffen.

Handlungsziele

·         Bauflächen, die wegen der veränderten Bevölkerungs- und Gewerbe-Entwicklung nicht mehr benötigt werden, werden zu Grünflächen umgewidmet.

·         Die Neuanlage und Pflege der Grünanlagen wird in den Bezirken über möglichst breite Partizipation organisiert.

Maßnahmen

Vorrangig werden längst geplante Grünflächen wie z. B. der Park am Gleisdreieck, die Restflächen am Anhalter Bahnhof in ursprünglich vorgesehener Größe und der Freizeit- und Erholungspark Arkenberge im Nordosten angelegt.

 

 

Qualitätsziel 5.2:

Durch die Verbindung vieler Grünflächen miteinander entsteht ein grünes Netz mit Fuß- und Radwegen, auf dem sich die Bewohner dieser Stadt erholen und außerhalb der verkehrsbelasteten Straßen fortbewegen können.

Handlungsziel

·         Durchgängige Grün- und Wegesicherung vorrangig für innerstädtische Kanalufer aber auch an anderen ökologisch nicht wertvollen oder bereits verbauten Uferbereiche

Maßnahme

Die Möglichkeiten des Grundstückkaufs oder Grundstücktauschs werden geprüft und genutzt.

 

 

Qualitätsziel 5.3:

Die Parkpflegewerke und Pflegerichtlinien werden ökologisch ausgerichtet und die Belange des Artenschutzes stärker berücksichtigt. Dies gilt auch für denkmalgeschützte Parks, die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verwaltet werden.

Handlungsziel

·         Teilflächen größerer Parkanlagen werden als naturnahe Flächen entwickelt.

Maßnahme

Das Grünanlagengesetz wird entsprechend novelliert. Grünanlagen sind in Kategorien einzustufen (intensiv-extensiv) und im Gesetz festzuschreiben.

 

 

Qualitätsziel 5.4:

Berlin erhält seine Wälder, auch die stadteigenen Waldflächen in Brandenburg, in vollem Umfang und dauerhaft im öffentlichen Eigentum und bewirtschaftet sie nach ökologischen Kriterien.

Handlungsziel

Stadtwälder wie der Plänterwald oder die Wuhlheide, die viele Menschen zur Erholung nutzen, werden nicht verkleinert.

Maßnahme

Die naturgemäße Waldwirtschaft nach dem zertifizierten FSC-Modell wird fortgesetzt.

 

 

Teilbereich 6:
Interkulturelle Gärten

Gärtnern ist produktiver Umgang mit der Natur. Für Familien mit Kindern in der Stadt ist Gärtnern ein besonders wichtiger Erfahrungsbereich mit der Natur und ihren Zyklen. Die gemeinsame Bestellung von Gärten fördert zudem den gesellschaftlichen Austausch. Allerdings sind in Berlin Familien von Einwanderern und Spätaussiedlern als Pächter von Kleingärten unterrepräsentiert. Aufgrund ihrer sozialen Lage, im Durchschnitt beengter Wohnverhältnisse, relativ höherer Kinderzahl und überwiegend bäuerlich-ländlicher Familientradition sind sie eine wichtige Zielgruppe für Gartenpacht.

Berlin ist eine interkulturelle Stadt mit vielfältigen und unterschiedlichen Lebensweisen. Ein Ort, das zum Ausdruck zu bringen, sind interkulturelle Gärten, in denen die verschiedenen Sozialgruppen Gelegenheit erhalten, ihre Traditionen und Besonderheiten der Gartengestaltung darzustellen und um ökologische Aspekte zu erweitern. Interkulturelle Gärten können auch Orte des sozialen Miteinanders sein, an denen ImmigrantInnen aus den unterschiedlichen Kulturen gemeinsam mit Einheimischen ebenfalls unterschiedlicher Garten- und Lebensgestaltung arbeiten, kommunizieren und feiern. Der Senat unterstützt durch geeignete Flächen, personelle und sachliche Ressourcen die Einrichtung interkultureller Gärten. In diesen Anlagen erhalten Haushalte und Personen aus den unterschiedlichen Kulturen und Herkunftsregionen Gelegenheit, ihre Traditionen und Praktiken der Gartengestaltung zu entfalten.

 

Qualitätsziel 6.1:

Berlin ist eine Stadt, in der alle Bevölkerungsgruppen ungeachtet ihrer ethnischen und kulturellen Herkunft gleichen Zugang zu Gärten haben und in ihnen Natur erleben, schützen sowie entwickeln können.

Zusätzlich erhalten in interkulturellen Gärten Familien von Einwanderern und Spätaussiedlern gemeinsam mit Einheimischen die Gelegenheit, ihre Traditionen und Besonderheiten der Gartengestaltung zu entfalten und sie um ökologische Aspekte zu erweitern.

Handlungsziele

·         In Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen der Beteiligten wird der Anteil von Immigranten/innen in den Berliner Kleingärten bis zum Jahr 2010 auf ihren Anteil an der Wohnbevölkerung gesteigert.

·         Der Senat unterstützt durch geeignete Flächen, personelle und sachliche Ressourcen die Einrichtung interkultureller, ökologischer Gärten.

Indikatoren

·         Anteil von Immigranten als Pächter/innen oder Mieter/innen in den Kleingärten.

·         Anzahl und Verteilung interkultureller Gärten in Berlin

Maßnahme

Einwanderer und Spätaussiedler werden als Pächter von Kleingärten unterstützt.

 

 


Teilbereich 7:
Natur in der Stadt

Natur in der Stadt ist nicht nur ein wichtiges ökologisches Gut, sondern ein Faktor der Verbesserung urbaner Lebensqualität. Sie fördert das Wohlbefinden und die Erholung; für Kinder ist sie ein wichtigen Erfahrungsraum von Spiel und lernender Welterkenntnis. Natürliche Lebensräume und Grünflächen in der Stadt zu schützen, zu erhalten und zu pflegen erhöht die Qualität der Stadt für ihre Bewohner wie für ihre Besucher.

 

Qualitätsziel 7.1:

Flächenschutz durch Ausweisung nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Zunahme von unter Schutz gestellten Landschaftsräumen auf 20 % der Landesfläche bis zum Jahr 2010 und auf 25 % bis zum Jahr 2020. Realisierung des Biotopverbunds.

Handlungsziele

·         Keine Grundstücksverkäufe, die den Biotopverbund, die Sicherung, Erweiterung und Schaffung von Grünflächen gefährden.

·         Die für den Biotopverbund wichtigen gewässerbegleitenden Grünzüge und Wegeverbindungen verbleiben grundsätzlich im öffentlichen Eigentum.

·         Diese Flächen sind naturnah zu gestalten und zu erhalten und gemäß den Zielen des Landschaftsprogramms zu entwickeln.

·         Keine weitere Privatisierung von Ufergrundstücken.

Indikator

Anteil der nach BNatSchG ausgewiesenen Flächen an der Gesamtfläche.

Maßnahme

Flächenkauf oder -tausch der großen Grundstückseigentümer (Eisenbahnvermögensverwaltung, Haupt- und Bundesvermögensverwaltung, bezirkliche Liegenschaftsämter) zur Schaffung des Biotopverbundes.

 

Qualitätsziel 7.2:

Vielfältige und artenreiche Natur in der Stadt, durch Artenschutz und durch Artenhilfsprogramme vor allem im besiedelten Bereich, erhöht die Qualität und den Erlebniswert ihrer Freiflächen und Siedlungsgebiete für alle Bürger/innen.

Handlungsziele

·         Artenhilfsprogramme insbesondere für gefährdete Tiere und Pflanzen.

·         Berücksichtigung des Artenschutz bei Bau- und Sanierungsvorhaben.

Maßnahmen

Artenschutz wird ein Kriterium in der Gewährung von Zuschüssen für wohnverbessernde Maßnahmen.

Die breite Öffentlichkeit wird für den Artenschutz im bebauten Bereich sensibilisiert, Architektenbüros, Baufirmen, und Hausbesitzer werden informiert.

Schutzprogramm für Gebäude- und Höhlenbrüter wie z.B. Mauersegler, Rauch- und Mehlschwalben, oder Turmfalken sowie Fledermäuse.

Für den Amphibienschutz an betroffenen Straßen (Amphibienwanderungen) werden weitere stationäre Untertunnelungen eingeplant und ausgeführt.

 

 

Qualitätsziel 7.3

Stadtklima und Wohnlichkeit in den verdichteten Gebieten werden durch die Aufwertung von öffentlichen, halböffentlichen und privaten Freiflächen und Innenhöfen verbessert und der Anteil an Natur besonders in den Innenstadtbezirken erhöht.

Handlungsziel

·         Hofbegrünung und Biotop-Pflege in Selbsthilfe bzw. unter breiter Beteiligung der Bewohner/innen

Maßnahmen

Hofbegrünungs- und Biotop-Pflegeprogramm. “1000 begrünte Höfe” für Innenstadtquartiere mit besonderem Erneuerungsbedarf, angekoppelt an das soziale Quartiersmanagement.

Beratung und Unterstützung von Mieter/innen und Eigentümer/innen bei der Hof- und Fassadenbegrünung sowie beim Artenschutz an Gebäuden durch Verwaltung und Naturschutzverbände.

 

 

Teilbereich 8:
Schonende Gewässernutzung

Berlin ist zu 6% mit Gewässern bedeckt. Dem Wasser verdankt die Stadt ihre Gründung, ihre Charakteristik und ihr Landschaftsbild. Die Flüsse und Seen sind wichtiger Faktor für Attraktivität und Urbanität. Zudem bezieht Berlin sein Trinkwasser aus der eigenen Fläche und ist auch deshalb auf eine gute Gewässerökologie und eine schonende Gewässernutzung angewiesen.

 

Qualitätsziel 8.1

An den Gewässern Berlins wird die biologische Durchlässigkeit für wandernde Fischarten sowie andere im und am Wasser lebende Tiere wiederhergestellt.

Handlungsziele

·         Sperrbauwerke und andere Fließhindernisse auch an den kleineren Fließgewässern Berlins werden entfernt.

·         Im bebauten Bereich sind Ufer in der Weise zu gestalten, dass Wasservögel, Amphibien und Reptilien genügend Ausstiegsmöglichkeiten haben (Rückbau von Spundwänden).

Maßnahmen

Zeit- und Maßnahmenplan für die Landesgewässer, mit dem die biologische Durchgängigkeit im Rahmen der Umsetzung der Wasser-Rahmenrichtlinie gewährleistet wird.

An Schleusen und Wehren - z.B. der Spandauer, Charlottenburger und der Mühlendamm-Schleuse - werden Fischtreppen eingebaut .

 

 

Qualitätsziel 8.2

Keine weitere Ausweitung von Wassersportanlagen an ökologisch sensiblen Gewässerufern.

Handlungsziel

 

 

Qualitätsziel 8.3

Verminderung von Lärmbelästigung, Abgasemissionen und Wellenschlag durch den Motorbootverkehr.

Handlungsziel

·         Geringe Beeinträchtigung Erholungssuchender und nicht motorisierter Wassersportler am Wochenende.

Maßnahme

Regelungen, die den stark ansteigenden Motorsportbootverkehr einschränken.

 

 

Qualitätsziel 8.4

Sicherung der Röhrichtbestände und der letzten Hecht- und Amphibienlaichplätze.

Handlungsziel

Aufrechterhalten des Pegelstandes des Havelwassers im Berliner Bereich.

Maßnahmen

Verzicht mangels Bedarf auf weitere Ausbaumaßnahmen von Spree und Havel für Großmotorgüterschiffe im Projekt 17 „Deutsche Einheit“.

Weiterführung des erfolgreichen Röhrichtschutzprogramms, da die Röhrichtbestände wesentlich zur Selbstreinigung der belasteten Gewässer beitragen und Lebensraum vieler seltener Tierarten sind.

 

 

Leitprojekte

 

1. Interkulturelle Gärten

Natur mit Migranten/innen gemeinsam schützen und gestalten - Umsetzung Interkultureller ökologischer Gärten im Rahmen der Lokalen Agenda 21 Berlin

Kurzbeschreibung: Interkulturelle ökologische Gärten bieten Migranten/innen aus den verschiedensten Kulturräumen und auch Deutschen die Gelegenheit, ihre spezifischen Traditionen der Gartengestaltung und –nutzung einzubringen und um ökologische Aspekte zu bereichern bzw. diese zu entwickeln. Interkulturelle Gärten sind Kondensationskerne für den interkulturellen Austausch zu vielen anderen Lebensbereichen (z.B. Essen, Feiern, etc.) und befördern damit das wichtige gesellschaftliche Ziel der Integration. Die Entwicklung und modellhafte Umsetzung des Konzeptes „Interkulturelle ökologische Gärten für Berlin“ setzt sich aus 4 Bausteinen zusammen: Gesamtkonzept Interkulturelle Gärten für Berlin, Pilotprojekte, Leitfaden, wissenschaftliche Begleitung.

 

2. Regionalparks als Potenziale für regionale Wirtschaftkreisläufe / neue Kulturlandschaften

Regionalparks können Pilotprojekte im Rahmen des Agenda 21- Prozesses für eine nachhaltige Entwicklung im Verflechtungsraum Berlin / Brandenburg sein. Die ausbaufähigen Stadt-Umland-Beziehungen stellen ein erhebliches endogenes Entwicklungspotential mit großen Möglichkeiten einer eigenständigen, zukunftsfähigen Regionalentwicklung im Kontext mit der Entwicklung neuer Arbeitsplätze dar. Es besteht die Möglichkeit, sowohl ressortübergreifend innerhalb der Berliner Verwaltung (auf Bezirks- und Landesebene) als auch in Brandenburger Landkreisen zu arbeiten und damit ebenfalls Beispiele für regionale Wirtschaftskreisläufe zu schaffen.

Durch Umsetzung integrierter Handlungsansätze sollen ganzheitliche Innovationsmodelle realisiert werden, z.B.:

·         Dorf- und Landschaftsentwicklung in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht (Schaffung von Dorfzentren, Beförderung kultureller Aktivitäten, Ansiedlung von Handwerk bzw. Unterstützung der bestehenden KMU)

·         Erhaltung und Entwicklung regionaler Besonderheiten, der ländlichen Strukturen, der Denkmäler usw., die für die Menschen der Region bzgl. ihrer Identifizierung wichtig sind

·         Strukturentwicklung für naturnahen Tourismus, der Naherholung. In diesem Zusammenhang steht auch die Beförderung innovativer / ökologischer Verkehrssysteme

·         Unterstützung der Neuorientierung der Landwirtschaft – Entwicklung von Kulturlandschaften

·         Beförderung des ökologischen Landbaus als globale und regionale Aufgabe, des Vertragsnaturschutz und der Landschaftspflege

·         Gründung von Kooperationsverbünden, Existenzgründungen in Form von Genossenschaften zur Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von regionalen und ökologischen Produkten

·         Nutzung und Intensivierung bestehender Kontakte nach Ost-Europa (Polen) und zu EU-Mitgliedsstaaten

Der Versorgung der Hauptstadt mit regionalen Produkten / Dienstleistungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Gleichzeitig kann die Länderfusion Berlin Brandenburg durch Ausbau der schon vielfältig vorhandenen Kooperationsbeziehungen als bottom-up-Prozess vorbereitet werden.

 

3. Stärkung des Absatzmarktes von regionalen Bio-Produkten in Berlin

Es wird eine Kontaktstelle eingerichtet zur Erfassung, Aufbereitung und Vermittlung der notwendigen Informationen für eine effektive Steigerung des Absatzmarktes. Die Aufgabe besteht insbesondere in der Einbindung und Beratung aller Akteure auf Angebots- und Nachfrageseite. Die Stelle dient dazu, konkrete Projekte zu initiieren und durchzuführen. Des weiteren stellt sie die Verbindung zwischen den Projekt-Akteuren, der Berliner Verwaltung und den Institutionen des Berliner Agenda-21-Prozesses dar. Sie entwickelt und pflegt Kontakte zu den verschiedenen Partnern, erhält den Überblick über sämtliche Aktionen und ist hiermit ein geeigneter Ansprechpartner für neue Initiativen, die sich im Bereich Einsatz von regionalen Bio-Produkten in Berlin engagieren wollen.

 


2.2      Das soziale Leben in der Stadt gestalten

2.2.1    Soziale Stadtentwicklung – Soziale Kohäsion
Soziale Stadt – Stärke aus der Summe der Unterschiede

 

Problem

In den letzten zehn Jahren ziehen bessergestellte Familien mit Kindern aus der Innenstadt fort. Durch diese Veränderung und die zusätzlich starken Zu- und Fortzüge entstehen überforderte Nachbarschaften, die gekennzeichnet sind durch Arbeitslosigkeit, Armut, Kinderlosigkeit, Überalterung und Desintegration von Migranten. Nachbarschaftlich tragende Strukturen lösen sich auf, Selbsthilfekräfte und Verantwortungsübernahme für das Gemeinwesen geraten ins Hintertreffen.

Programme zur Verbesserung der Wohnungssituation und des Wohnumfelds haben diese Probleme zwar zum Teil entschärfen, nicht aber beseitigen können.

 

Leitbild:
Berlin ist eine weltoffene, zukunftsfähige, funktional und sozial gemischte Stadt.

 

Berlin wird geprägt durch die Weltoffenheit seiner Bürgerinnen und Bürger. Interkulturelle Kontakte schaffen ständig aufs Neue eine funktionale und soziale Vielfalt in der Stadt und halten die „Integrationsmaschine Berlin“ in Bewegung. Maßnahmen für Bildung, Kultur und Arbeit in den Stadtteilen verbessern die Startchancen ihrer Bewohner/innen und schaffen Identifikationsmöglichkeiten. So können sich alle in ihrem Quartier wohlfühlen und wollen dort wohnen bleiben.

In allen Teilräumen der Stadt werden sozialstrukturell stabile Stadtteile und Quartiere (Kieze) erhalten oder wieder hergestellt. Dabei werden die Chancengleichheit aller Bewohner/innen in allen Teilen Berlins beachtet und die unterschiedlichen Lebensbedingungen für Männer und Frauen berücksichtigt. Gebietstypische Besonderheiten werden erhalten, so dass die unterschiedlichen Quartiere mit ihren Potenzialen als „unverwechselbare Adresse“ werben können.

Dieses Leitbild wird durch die Verantwortlichen in Senat, den Bezirken, den Freien Trägern, der Wirtschaft, externen Sachverständigen sowie von der  Wohnungswirtschaft  unterstützt. Durch das Engagement der Bürger/innen selbst und durch die Kooperation aller Verantwortlichen und Akteure in den Quartieren werden so aus überforderten Nachbarschaften nunmehr tragfähige und stabile Gemeinwesen.

 

Präambel

Die durch die Auffälligkeit von sog. Problemkiezen eingetretene Sensibilisierung der Behörden für die Probleme vor Ort hat zur Einsetzung von Quartiersmanagements geführt, die über das Programm Soziale Stadt finanziert werden. Aber auch in andern Kiezen sind Stabilisierungsmaßnahmen von Nöten, damit die stabilisierenden Bewohner nicht mit Wegzügen reagieren, sondern sich im Stadtteil engagieren und bei der Steuerung von desintegrativen Prozessen (z.B. Konfliktmanagement) wie auch bei der Integrationsarbeit (z.B. Sprachangebote auch bei der Erwachsenenbildung, Ausbau der qualifizierten Sozialarbeit an Schulen) durch bessere Ausschöpfung von vorhandenen Ressourcen unterstützt werden.

Die für die Stadtteilarbeit eingesetzten Finanzmittel der öffentlichen Hand können wegen der desolaten Haushaltslage in absehbarer Zeit nicht erhöht werden. Deshalb müssen Senat und Bezirke die derzeit bereitgestellten Zuwendungen und Förderungen unbedingt halten und ausbauen, damit eine Verstetigung und allmähliche Erweiterung des nachbarschaftlichen Engagements eintritt. Insbesondere in sog. Problemkiezen sollten die aktiven Bürger wenigstens durch diese - leider unzureichende - Unterstützung eine Würdigung und Anerkennung ihres ehrenamtlichen Einsatzes erfahren, denn deren Einblicke und Engagement stellen die wertvollsten Ressourcen dar, die durch kein Management ersetzt werden können.

Die nachfolgend beispielhaft dargestellten Maßnahmen sollen mit wenig öffentlichen Mitteln selbsttragende und damit nachhaltige Strukturen ermöglichen. Dies geschieht durch Aktivierung vorhandener Ressourcen (Personal, Räume, Gebäude, Organisationsstrukturen u.ä.). Darunter verstehen wir auch die Bereitschaft der Verwaltung (sowohl auf Senats- und Bezirksebene), Kontakte herzustellen, Vernetzungsstrukturen zu initiieren und Einflußmöglichkeiten (z.B. auf Wohnungsbaugesellschaften) wahrzunehmen.

Dieser Prozess der Vernetzung unter Einbeziehung vorhandener Ressourcen, der Koordinierung und Kooperation führt zu einer neuen Qualität der bürgernahen Verwaltung (vernetzte Soziale Dienste).

Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen sofort begonnen und kontinuierlich fortgesetzt werden, damit sie in naher Zukunft auch das gewünschte Ziel erreichen. Zeitangaben für Zwischenziele erscheinen nicht sinnvoll.

 

 

1. Qualitätsziel:
Gleichwertige Lebensbedingungen

In allen Ortsteilen existieren akzeptierte, gleichwertige Lebens-, Wohn- und Umfeldverhältnisse und in den Nachbarschaften werden tragfähige gesellschaftliche Strukturen neuentwickelt bzw. erhalten.

Handlungsziele

Akzeptanz und Toleranz unabhängig von Herkunft oder sozialem Status bestimmen das nachbarschaftliche Miteinander in den Stadtteilen. Sozialstrukturell problematischen Entwicklungen wird begegnet.

Einkommensschwache, Zugezogene, weniger mobile und nicht erwachsene Personen werden in das soziale Leben im Quartier und den Nachbarschaften einbezogen und unterstützt.

Eine vielfältige sozialkulturelle Infrastruktur wirkt stabilisierend im Wohnumfeld.

Die Integration von Migranten/innen wird durch zusätzliche qualifizierte Sprachförderung, interkulturelle Lernprozesse und Förderung der Jugendkultur gestärkt.

Die Wohnungsbaugesellschaften und –genossenschaften unterstützen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Schaffung von lokalen Angeboten für vielfältigen Lebens- und Wohnraum (generationsübergreifendes Wohnen, Jugendwohngemeinschaften).

Maßnahmen

·         Einrichtung interkultureller Gärten, weitere Qualifizierung und Ausbau von Spracherwerbs- und –förderangeboten sowie ausreichende qualifizierte Angebote für Jugendliche.

·         Ausbau der Mietermitbestimmung bei den städtischen Wohnungsunternehmen; Gründung einer Stiftung für Nachbarschaftsentwicklung mit Sponsoring. Eine Beteiligung der städtischen und privaten Wohnungsunternehmen wird angestrebt.

·         Qualitative Weiterentwickelung der schulischen Bildung, Einrichtung von Ganztagsschulen insbesondere in benachteiligten Stadtquartieren, Ausbau der Schulsozialarbeit, u.a. durch Vernetzung mit entsprechenden Infrastrukturangeboten, möglichst mit Öffnung für die Nachbarschaft.

·         Verstetigung und Ausbau der bisher bereits bestehenden Stadtteilzentren sowie ergänzende Entwicklung eines durch Anwohner/innen getragenen Netzes von Nachbarschaftstreffs.

·         Aufbau eines Beratungs- und Informationsportals für InteressentInnen am gemeinschaftlichen, generationsübergreifenden Wohnen mit dem Schwerpunkt sozialer Einbindung der Älteren.

 

2. Qualitätsziel:
Aktivierung des Gemeinwesens

Die Bereitschaft, soziale Verantwortung zu übernehmen, wird gestärkt. Soziales, kulturelles und ehrenamtliches Engagement der Bewohner/innen aktiviert das Gemeinwesen.

Handlungsziele

Verstärkter Einsatz von neuen Formen der Bürgerbeteiligung (z.B. Bürgerjury, Kiezfonds, Planungszelle) zur Einbindung bürgerschaftlichen Engagements in lokale Netzwerke der Bezirke.

Einbeziehung der Kompetenzen und Erfahrungen älterer Menschen bei der Arbeit in Nachbarschaftstreffs (Weitergabe von Wissen und Erfahrungen an jüngere Menschen) z.B. durch Zusammenarbeit mit Senioreneinrichtungen.

Maßnahmen

·         Mitnutzung der öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Schulhöfe, Kitas, Seniorenfreizeitstätten oder Sporteinrichtungen (Mehrfachnutzung) in Absprache mit den entsprechenden Trägern

·         Ausbau und Qualifizierung der bestehenden Freiwilligenagenturen

 

 

3. Qualitätsziel:
Bewohnerengagement

Die Bewohner/innen besonders benachteiliger Stadtquartiere entwickeln Kraft und Fähigkeit, sich von Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, soweit möglich, unabhängig zu machen und sich aktiv in die Mitgestaltung des Gemeinwesens einzubringen.

Handlungsziele

Kooperation zwischen Selbsthilfe, professioneller Gemeinwesensarbeit und bezahlter Dienstleistung.

Einrichtung lokaler Kooperationsrunden der Wirtschaft für Praktika und Arbeitsplätze für Jugendliche, Stellenangebote und Existenzgründungen im Quartier.

Übernahme von Tätigkeiten im Rahmen der  Hausbewirtschaftung durch Mieter/innen, soweit von den Eigentümer/innen akzeptiert.

Maßnahmen

·         Fortführung und Ausbau von Verfügungs- und Aktionsfonds (Kiezfonds) für bürgerschaftliche Teilhabe bei der Planung und Umsetzung von stadtteilbezogenen Programmen und Projekten.

·         Lokale Beschäftigungsbündnisse und Stadtteilgenossenschaften.

·         Evaluation bereits laufender Aktivitäten

·         Förderung von Netzwerkbildung.

 

 


4. Qualitätsziel:
Sicherheit

Die alltäglichen Umgangsformen sind von Toleranz, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme geprägt. Die öffentlichen Räume, Plätze, Parks, Boulevards, Bahnhöfe, Stadtplätze und Sportflächen werden von den Kiezbewohner/innen gerne angenommen und ihr persönliches Sicherheitsgefühl ist hoch.

Handlungsziel

Erhöhung der individuellen Verantwortung für das Gemeinwesen bzw. das Wohnquartier und Gewaltprävention.

Maßnahmen

Entsprechende bauliche Maßnahmen in Wohnungen, Gebäuden, Wohnumfeld, Quartieren und in der Stadt.

 

 

5. Qualitätsziel:
Gesundheit

Gesundheitliche Prävention insbesondere durch Sicherung von unbelasteten Aufenthalts- und Bewegungsräumen für alle Altersgruppen (als Berliner Beitrag zum Gesunden Städtenetzwerk). Dazu müssen Handlungsziele und Maßnahmen erst erarbeitet werden, da bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen in gezielter Prävention mit integrierten Maßnahmen vorliegen.

 

 

Indikatoren

Indikatoren für das Handlungsfeld Soziale Stadtentwicklung sind zurzeit noch nicht ausreichend verfügbar, sondern müssen im weiteren Prozess der Lokalen Agenda entwickelt werden. Als Grundlage dafür dienen die dafür notwendigen Daten wie z.B. Umzugsentwicklung, Schulabgänger, zur Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Sprachentwicklung der Kinder, Sicherheitsgefühl usw., die aber kleinräumiger und geschlechtsspezifisch erfasst werden müssen.

Als Erfolgsindikatoren können beispielsweise Verträge von Schulen mit Stadtteilgruppen, positive Entwicklungen der oben genannten Stadtteildaten (z.B. weniger Schulabbrecher, höhere Sprachkompetenz, höhere Zahl der Beschäftigten) u.ä. dienen. Diese können als Ranking zwischen den Stadtteilen weitere Anreize freisetzen, mehr und größere Erfolge zu erzielen.

 

 

1. Leitprojekt: BürgerInnen aktivieren BürgerInnen
Das Revaler Viereck ein Modellprojekt für nachhaltige innerstädtische Entwicklung auf Brachflächen

 

Das Projekt „Revaler Viereck“ steht im Sinne der benannten Qualitäts- und Handlungsziele beispielhaft für ein breit angelegtes nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement in der sozialen Stadtentwicklung. Die 10 ha umfassenden innerstädtischen Brache - das ehemalige Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) „Franz Stenzer“ an der Revaler Str. 99/Ecke Warschauer Straße im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gehört zum Bundeseisenbahnvermögen. Weil sich bisher kein Investor fand, bot sich 1999 engagierten BürgerInnen die Chance, in Kooperation mit dem Bezirk und der Eigentümerin – die Bahn -, deutliche Impulse für eine prozessorientierte, nachhaltige Entwicklung des Geländes zu setzen.

Momentan werden etwa 6000 qm – vier Gebäude und dazugehörige Freiflächen - von dem Verein „raw-tempel e.V“. und seinen ca. 40 Projektpartnern vorwiegend kulturell genutzt. Mit Hilfe von Urban II-Fördermitteln wird derzeit eines der Gebäude grundsaniert, es entsteht ein sozial-kulturelles Projekte- und kulturgewerbliches Gründerzentrum. In den Vorbemerkungen zum 10-jährigen Mietvertrag mit der Vivico Real Estate GmbH wird unterstrichen, dass beide Seiten diesen Mietvertrag als Einstieg zum Abschluss weiterer Verträge betrachten.

In dem kieznahen Fixpunkt für den Stadtteil um den Boxhagener Platz sollen zahlreiche neue Arbeitsplätze und Kulturprojekte vor allem für Kinder und Jugendliche entstehen. Geplant ist u.a. die Gründung einer beschäftigungsorientierten (Stadtteil-)­Genossenschaft.

Langfristiges Ziel der Akteure auf dem Gelände ist, das gesamte Revaler Viereck über einen kooperativen, partizipativen Entwicklungsprozess, in den alle Akteure - d.h. Eigentümerin, Bezirk und die BürgerInnen - eingebunden sind, zu erschließen.

 

2. Leitprojekt:
 Generationenübergreifendes Wohnen

In Berlin gibt es einige Projekte und verschiedene Vereine, die das Zusammenwohnen zwischen den Generationen fördern wollen. Da der Anteil älterer Menschen zunimmt wird es wichtiger, sie möglichst frühzeitig für das Zusammenwohnen mit jüngeren Menschen zu interessieren und, als Alternative zur Heimunterbringung, das Zusammenwohnen mehrerer Generationen zu organisieren. Weil ältere Menschen nicht nur unter sich sein wollen und ihren letzten Lebensabschnitt nicht im Heim oder gar einsam verbringen wollen, streben das Forum für gemeinschaftliches Wohnen im Alter (FGWA) und andere Vereine (z.B. Brückenschlag e.V.) an, möglichst viele Menschen für Wohngruppen zu begeistern und entsprechende Wohnprojekte zu organisieren. Dabei wird beachtet, dass Menschen mit zunehmendem Alter auf altersgerechte Serviceleistungen und durch zunehmende Behinderungen auf entsprechende Um- und Einbauten angewiesen sind. Wegen der demografischen Entwicklung (Überalterung) sollte ein Informationsnetzwerk speziell für sog. „Junge Alte“, d.h. Menschen ab etwa 50, aufgebaut werden, mit dessen Hilfe generationsübergreifende Projekte vorgestellt werden und Alternativen zur Heimunterbringung dargestellt werden können.

 

3. Leitprojekt:
Autofreies Wohnen-Stadtviertel z.B. Autofreies Wohnen an der Panke

Nach den Vorstellungen der Arbeitsgemeinschaft Autofreies Stadtviertel an der Panke soll das über 13 ha große Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend an der Chausseestraße nutzungsgemischt mit Wohnungen, Büros, Kultureinrichtungen, Sport- und Grünflächen bebaut werden. Auf dem Gelände sollen bis auf die Versorgungsfahrzeuge keine Kraftfahrzeuge verkehren, lediglich entlang der Chausseestraße wird es einige Stellplätze für Car-Sharing-, Besucher- und Lieferfahrzeuge geben. Dadurch stehen große Teile des Geländes für Grünflächen und Mietergärten zur Verfügung, versiegelte Asphaltflächen sind damit minimiert. Die Erschließung der einzelnen Gebäude soll ausschließlich über Feuerwehrzufahrten erfolgen, die als gemeinsame Verkehrsfläche für Fußgänger und Radler nur die notwendigen Minimalmaße einer Fahrzeugbreite haben, Fußgänger gehen auf diesen Zufahrtflächen statt auf Gehsteigen. Entlang dieser Wege und in den Wohnhöfen haben die Bewohner/innen damit viele Gelegenheiten, Grünflächen selbst zu gestalten und zu pflegen. Dadurch wird das Leben der Kinder weniger gefährdet in einer durchgrünten Wohnumgebung statt zwischen Autos stattfinden. Die Mieten sowie die Preise für die Eigentumswohnungen könnten durch die wegfallenden (Tief-)Garagen­plätze ca. 10 % niedriger ausfallen. Die bereits registrierten ca. 500 Interessenten haben schon heute Kontakt zu den späteren Nachbarn, so dass sie bereits im Planungsprozess die gemeinsamen Vorstellungen und Wünsche absprechen und einbringen können. Die ersten Investoren für Wohnungen, Büro- und Sportflächen stehen bereit.

Das Anliegen des Projektes autofreien Wohnen kann auch auf anderen innerstädtischen Standorten umgesetzt werden, falls der Standort Chausseestraße nicht für diese Projektidee zur Verfügung stehen sollte.

 

4. Leitprojekt:
experiment city berlin

            fördert partizipative und nachhaltige Entwicklungen Berliner Brachflächen

id22 institut für kreative nachhaltigkeit e.V. baut (in Kooperation mit ufaFabrik Berlin e.V, European Academy for the Urban Environment (EA.UE), der TU Berlin - ISR, Institute für Stadt- und Regionalplanung Öko-Stadt & Partner / Prof. Dr. Ekhart Hahn, AG Gleisdreieck) ein Berliner Kompetenzzentrum „Nachhaltige Nutzung von Brachflächen“ auf. Nach Aufruf und Einladung zur Mitarbeit für Berliner Best Practice Projekte wird eine interaktive Internet-Plattform mit Kriterien, Beispielen, Literatur & Links mit Fragen zu deren Zielstellungen und zu den kreativen und nachhaltigen Entwicklungskriterien für Berliner Brachflächen erstellt. Im Rahmen der „Woche der Zukunftsfähigkeit“ mit Berliner Projektbörse wird im September 2004 im R.A.W. ein Workshop zu Nachhaltigkeitskriterien organisiert. Dabei werden Best Practice Projekte präsentiert und eine Besichtigungstour führt zu verschiedenen Brachflächen, um die sich Projektgruppen kümmern. Durch die Internet-Plattform, die Workshops mit Besichtigungstouren, Faltblätter und Mitteilungen werden alle relevanten Akteure vernetzt, informiert und motiviert. Im November wird ein zweiter Workshop in der ufaFabrik stattfinden, auf dem Berliner und internationale Akteure zusammenkommen. Dort soll dann der Entwurf des Kriterienkatalogs vorgestellt, eine Besichtigungstour durchgeführt und eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit organisiert werden. Die Kontakte mit Berliner sowie internationalen Akteure werden ausgebaut, neue Akteure werden für Freiflächen wie Flughafen Tempelhof, eastside gallery usw. hinzugewonnen. Gleichzeitig beginnt eine Vermarktung der Erfahrungen mit Veranstaltungsmanagement und Forschung durch das Berliner Kompetenzzentrum und die Vorbereitung einer Präsentation der Ergebnisse von experiment city berlin auf dem Weltkongress Metropolis 2005 unter dem Motto „Tradition & Transformation – Zukunft der Stadt“.

Es wird erwartet, dass die Veröffentlichung der Entwicklungskriterien für Berliner Brachflächen größeres Interesse und Verständnis für nachhaltige Entwicklungsmethoden und Nutzungen schaffen. Die Projektleitung übernimmt id institut für kreative nachhaltigkeit e.V..

 

 

 


2.2.2    Partizipation
Berlin braucht eine Beteiligungs-Innovation

 

Engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich zum Teil mit großem Elan in die gesellschaftlichen Belange einbringen und ihre „staatsbürgerliche Verantwortung“ wahrnehmen, machen – auch in Berlin – immer wieder die Erfahrung, dass sie an den realexistierenden Strukturen von Politik und Verwaltung abprallen. Das kann und muss sich ändern. 

Partizipation der Bürgerinnen und Bürger – im Sinne einer aktiven Mitgestaltung der sie betreffenden Angelegen­heiten – umfasst nicht nur den Bereich der sozialen Selbsthilfe, sondern auch die Willens­bildungs- und Entscheidungs­be­reiche des öffentlichen Lebens. Nur durch eine frühzeitige (d.h. noch vor der Befassung durch die Verwaltung einsetzen­de) und umsetzungsrelevante Beteiligung können die Bürger/innen das Vertrauen dafür ent­wickeln, dass sie an der Gestaltung ihrer Lebenszusammenhänge effektiv mitwirken können.

Attraktive Möglichkeiten für Bürger/innen bei der Verwirklichung von Bürgerbeteiligung im konkre­ten Alltag des Gemeinwesens sind in Berlin noch unzureichend eingeführt. Der in manchen Berei­chen bereits begonnene Dialog zwischen den Interessengruppen bedarf der Ergänzung durch - auch formal legitimierte - Formen der bürgerschaftlichen Mitwirkung. Nur wenn es gelingt, über die "organisierten" Interessen hinaus Bürger/innen zur aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung an einer nachhaltig orientierten Politik zu gewinnen, kann letztere auf Dauer wirksam und erfolgreich sein.

Für die Entfaltung des bürgerschaftlichen Engagements ist es zunächst erforderlich, Bürgerinnen und Bürger umfassend über ihre Möglichkei­ten zur gesellschaftlichen Mitbestimmung insgesamt zu informieren und zur Teilhabe zu ermuntern. Die Ergebnisse aus entsprechenden Partizipations­ver­fahren müssen in verbindlicher Form in die offiziellen Zielfindungsverfahren und Pla­nungen der jeweiligen Handlungsebene (z.B. Stadtplanung, Bildung, Arbeits­platz, Bezirksgremien etc.) mit einflie­ßen. Hierzu ist es erforderlich, die vorhande­nen Struk­turen zu stärken (z.B. Stadtteilbüros, Bezirkliche Beschäfti­gungsbündnisse, Bürgerforen etc.) bzw. entsprechende Strukturen zu schaffen – und darüber hinaus verbindliche Regelungen für die Beteiligung der Bürger/innen zu entwickeln und festzuschreiben.

Heute eingeleitete bzw. getroffene Entscheidungen wirken in ho­hem Maße in die Zukunft hinein und beeinflussen das künftige Leben unserer Stadt. Im Zuge einer bürgerorientierten Verwaltungsreform sind daher geeignete Formen einer frühzeitigen Beteiligung der Bürger/in­nen an den ihre Be­lange be­tref­fenden Fragestellungen und Zielsetzungen in den Verwaltungsbestimmungen zu verankern. Bür­gerinnen und Bürger sind dabei als Partner zu verstehen, die im Sinne einer zukunftsfähi­gen Ent­wicklung Berlins die Gestaltung ihrer Umwelt aktiv mit beeinflussen können und sollen. Erfahrungen die­ser Art führen am ehesten dazu, dass sie als gesellschaftlich und politisch verantwortungsvolle Staatsbürger/innen handeln.

Partizipation aller betroffenen Personen, Gruppen und Institutionen ist die Grundvoraussetzung de­mokratischer Planungs- und Entwicklungsverfahren: Nur mit Beteiligung der Bürger lassen sich die notwendigen Änderungen in der Gesellschaft bewerkstelligen und legitimieren. Hier ergeben sich Querbezüge zum Handlungsfeld „Soziale Stadtentwicklung“, in dem das praktische Bürgerengagement ebenfalls ein tragendes Element ist. Somit sind diese beiden Handlungsfelder zum Teil als einander ergänzend anzusehen.

 

Das Handlungsfeld gliedert sich im Folgenden in einen Teil zur „allgemeinen Bürgerbeteiligung“ und einen Teil zur „Partizipation junger Menschen“.

 


Umfassende Bürgerbeteiligung
Teilhaben und Mitentscheiden

 

Leitbild:

Berlin wird eine Stadt souveräner Bürgerinnen und Bürger. Als Experten in eigener Sache entschei­den sie über die Gesamtentwicklung des Gemeinwesens mit. Weil sie teilhaben und mitentscheiden, gleich welchen Geschlechts oder wie alt sie sind, woher sie kommen und welche Sprache sie spre­chen, lassen sich die notwendigen Änderungen in der Gesellschaft bewerk­stelligen. Bereits im Früh­stadium der Planungsprozesse gibt es Verfahren zur gemeinsamen Willensbildung von Bürgern, Poli­tik und Verwaltung. Die Ergebnisse dieser Beteiligung fließen wirksam – d.h. formal legiti­miert – in die Entscheidungs­prozesse auf allen Ebenen ein. Die Politiker und Verwaltungsbehörden verstehen sich als Dienstleistende für die Bürgerinnen und Bürger.

Die Übernahme von Verantwortung in Vereinen und Verbänden prägt das öffentliche Leben der Stadt deutlich mit. Durch ihr positives Engagement für das Gemeinwohl und ihre eigenverant­wortli­che und selbstän­dige Teil­habe an aktuellen Themen und an den Entwicklungs­fra­gen der Stadt realisieren Bürgerinnen und Bürger demokratische Werte als wesentliche Voraussetzung eines funktionierenden Gemein­wesens. Darüber hinaus leis­ten die einzelnen Institutionen mit der Schwerpunktsetzung des interkulturellen Lernens einen beachtlichen Beitrag, Men­schen dialog­fä­hig zu machen und ihnen eine Orien­tierung des gemeinsamen Verstehens und Handelns zu geben.

Vielfältige Formen von Beteiligungs- und Partizipationsverfahren sowie die verschie­denen, beispielsweise im Quartiersmanagement praktizierten Beteiligungsmaßnahmen zeigen, dass Bürgerin­nen und Bürger bereit und in der Lage sind, ihre Belange einzubringen und fundiert zu vertreten. Weil sich das Beteiligungsinteresse von Bürgerinnen und Bürgern auf eine dauerhafte Mitarbeit in gesellschaft­lichen Großorganisationen richtet, wird das Stadtgeschehen verantwor­tungs­voll gestaltet. Die Ansätze einer aktiven Bürgerbeteiligung finden positive Unterstützung durch Politik und Verwaltung.

 

Qualitätsziele

* Bürgerinnen und Bürger arbeiten in vielfältiger Art und Weise in Schulen, Vereinen, Parteien oder Initia­tiven an sie interessierenden oder betreffenden Themen mit und entwickeln eigene Vorstellungen und Hand­lungs­vorschläge. Partizipation kann jedoch nur erfolgen, wenn diese Bereitschaft zur Mitwirkung an gesellschaftlichen Fragestellungen von den zu­ständigen Stellen sowie von Politik und Verwaltung auch aufgegriffen und in für die Bürger verständliche und angemessene, aber auch verbindliche Verfahren (siehe Handlungsziel 1) umgesetzt wird. 

* Das Prinzip, die Bürgerinnen und Bürger an sie betreffenden Entscheidungen und Maßnah­men früh­zeitig und umfassend zu beteiligen und dies im politischen Leben auch rechtlich zu ge­währ­leisten, ist bei den Planungs- und Entwicklungsmaßnahmen auf gesamt­städtischer und bezirkli­cher Ebene wahrnehmbar zu realisieren. Verlässliche Beteiligungsformen an Planungs- und Entwick­lungsmaß­nahmen sind ausreichend zu etablieren. Die bisher z.B. in Bauplanungsvorhaben vor­han­de­nen Mitwirkungs­mög­lichkeiten für Bürgerinnen und Bürger sind unzureichend und werden überdies unter­schiedlich gehandhabt. Daher sind Politik und Verwaltung in den Bezirken und auf Landesebene aufgefordert, sicherzu­stellen, dass Bürger/innen, die durch Beteiligungsstrukturen beauftragt sind, in den Ausschüssen der BVV und des Abgeordneten­hauses in den betreffenden Angelegenheiten angehört werden. Ihre Stellungnahmen sind zu dokumen­tieren und somit zum Bestandteil der Entscheidungsver­fahren zu machen.

* Bürgerinnen und Bürger sind in die Entscheidungsfindungen zur Entwicklung ihres unmittel­baren Lebensraums sowie in die Zielfindung für grundsätzliche Fragestellungen der Kommune einzubezie­hen: “Die Berliner Verwaltung hat in ihrer mo­derie­renden und aktivierenden Rolle die Vernet­zung des Interesses der Bürgerinnen und Bürger mit der lebendigen Vielfalt bürgerschaft­lichen Engage­ments im Umwelt-, Sozial-, Sport-, Kultur- oder Gesundheitsbereich zu ermöglichen. Die Arbeit z.B. von Sport­ver­ei­nen, Wohlfahrts­verbänden, Kir­chen, Bürgerinitiativen, Frei­willigen Feuerwehren, DRK oder THW, aber auch Agenda 21-Gruppen ist einzubeziehen. Aufgabe des Staates ist es, die Rahmenbedingun­gen für das Bürger­engage­ment zu sichern und zu verbessern.” (Programm der Regierungskoalition)

* Die in den letzten Jahren in der Region Berlin/Brandenburg erfolgreich erprobten neuen Ansätze zur Förderung von Bürgerbeteiligung, zur Aktivierung bürgerschaftlicher Kompetenz und zur An­spra­che neuer Zielgruppen, die Bürger­beteiligung als einen kommunikativen Prozess verstehen, temporär und themenspezifisch angelegt sind und auf der Arbeit in über­schau­baren Gruppenzusammenhängen aufbauen, sollten einer zukünftigen Beteili­gungspolitik in Berlin als Anregung dienen.

* Die in einigen Bezirken bereits existierenden Nachbarschaftstreffs, Stadtteilbüros und -Aus­schüsse sind bereits ein Baustein, an dem an­ge­knüpft werden kann mit dem Ziel, Bürger/innen wie auch bestehende en­ga­gierte Bürgergruppen in den Bezir­ken zu hören und auf deren Aktivitäten aufzubauen. Darüber hinaus bedarf es gezielter Schritte, die in Berlin und darü­ber hinaus beste­henden Initiativen zur Bürgerbeteiligung (so z.B. zur Verbesserung der Bedingungen für Volks­ent­scheide) zu fördern und zu vernetzen, bestehende Beteiligungs­standards weiter zu entwickeln, Kriterien für die Erpro­bung und die bezirksweite Einführung von Beteili­gungs­verfahren zu erarbeiten sowie entspre­chen­de Arbeits- und Informationshilfen bereit zu stellen. In den Bezirken und auf gesamtstädti­scher Ebene gilt es zunächst syste­matisch zu erfassen, welche Beteiligungsstrukturen es bereits gibt.

* Neben den einzelnen Beteiligungsverfahren gibt es als landesweite, gesetzlich zu verankernde Möglichkeit der Bürgerbeteiligung den Bürger- bzw. Volksentscheid. Die Bürger/innen können von der Ernst­haftigkeit der Be­teiligungsverfahren nicht wirklich überzeugt werden, solange Berlin als einziges Bundesland den klassi­schen Bürgerentscheid auf bezirklicher Ebene nicht zulässt. Vor diesem Hintergrund ent­hal­ten die aktuellen Koali­tions­vereinba­rungen fol­gen­de Aussagen: “Direkte Demokratie auf Landesebe­ne soll durch eine Ver­ein­fa­chung der formalen Voraus­set­zungen für Volksinitiative, Volksbegehren und Volks­ent­scheid (vereinfachte Sammlungsbedin­gun­­gen, ange­messe­ne Fristen), er­leichtert werden. (...) Die direkten Bürgerbeteiligungs­mög­lich­­keiten der Berlinerinnen und Berliner auf Bezirksebene werden erweitert. Bürger­entscheide auf der Basis von Bürgerbe­geh­ren werden ermöglicht. Sammlungsbedingungen, Fristen sowie Quoren werden zugunsten der Initiativen novelliert.

* Um die Ergebnisse und Forderungen von Bürgerbeteiligungsverfahren in die landesweiten Entschei­dungs­verfahren verbindlich mit einbringen zu können, sind in den Lebensbereichen der Bürgerinnen und Bürger verlässliche Beteili­gungsformen und -verfahren zu entwickeln, abzustimmen und festzule­gen. In diesem Rahmen gilt es, die bestehenden Be­teiligungs­standards weiter auszuformen und Krite­rien für die Erprobung und die bezirksweite Einführung von Bürgerbeteiligungsverfahren zu erarbeiten.

* Bezüglich der Verankerung der Bürgerbeteiligung ist nicht zuletzt das Abgeordnetenhaus gefragt, ob es einem zivilgesellschaftlich organisierten Gemein­wesen den Vorzug geben möchte. Ein umfassendes Vertrauen der Bürger in die etablierte Politik ist nur dann herstellbar, wenn die aus eigenem Engagement Tätigen die Erfahrung machen, dass ihre Arbeit kein Sandkastenspiel ist.

Die vorgestellten Qualitätsziele sind nur zu erreichen, wenn die zunehmend erkennbare Be­reit­schaft in Politik und Öffentlichkeit zur aktiven Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die sie betref­fenden Planun­gen und Entscheidungen selbstverständlich wird. In diesem Sinne müss­te eine bürger­orientierte Ver­waltungsreform sowohl eine stärkere Übernahme von Verant­wort­lichkeiten durch die Bürgerschaft als auch eine stärkere Teilhabe der Bürger/innen an politisch-administrativen Entscheidungen umfassen.

 

Handlungsziele, Projekte und Indikatoren

 

Handlungsziel 1:
Frühzeitige Bürgerbeteiligung umfassend verankern

Gemäß dem Gebot der Partizipation werden Bürger/innen an Planungen und Maßnahmen, die ihre Belange berühren, umfänglich, angemessen und frühzeitig beteiligt. Ihre Beteiligung als “Experten in eigener Sache” wird als selbstverständliches und verbindliches Element gesell­schaftlich etabliert, weil das Gemeinwesen ohne die bürgerschaftliche Kompetenz nicht zu gesamt­ge­sell­schaftlich tragfä­higen Problemlösungen gelangen kann. Die gewachsene Engage­mentbereitschaft von Bürger/in­nen wird gesellschaftlich anerkannt und erfährt eine bessere politische Akzeptanz. Vielfältige Beteiligungsformen für alle Bürger auf allen Ebenen werden installiert und etabliert. Nur so wird es für Bür­ger/innen zu einer Selbstverständlichkeit, ihre Ideen einzubringen, fundiert darzustellen und sich für deren Realisierung einzusetzen. In diesem Sinne sind selbstorganisierte Beteiligungsprojekte kon­sequent zu unterstützen und im Entscheidungsprozedere des Gemeinwesens zu verankern. Erst auf diese Weise kann das Vertrauen in die Fähigkeiten und Potenziale der Bürger/innen steigen.

 

Schritte und Indikatoren:

·         Bis Ende 2004 verabschieden alle BVVen einen Leitfaden der Bürgerbeteiligung in den jeweiligen Bezirken sowie Richtlinien, die die Bür­ger­beteiligungs­verfahren in den Bezirken / Ortsteilen / Kiezen verlässlich machen.

·         Bis Ende 2004 wird in allen Bezirken durch eine entsprechende Verankerung im Bezirksverwaltungsgesetz bzw. in den Geschäftsordnungen der BVVen geregelt, dass vorab angemeldete Vertreter/innen von Bürgerinitiativen sowie von Beteiligungsverfahren in den bezirklichen Ausschüssen in sie betreffenden Angelegenheiten ein Rede- und Antragsrecht haben, ihre Stellungnahmen dokumentiert und Bestandteil der weiteren Entscheidungsverfahren werden.

·         Bis Mitte 2005 fanden in allen Bezir­ken repräsentative Erhebungen statt, in de­nen von Bürge­r/in­nen Mängellisten er­stellt und Verbesserungsvorschläge zu ih­rem Woh­numfeld und zu anderen sie betreffen­den An­liegen und Themen gemacht wurden.

·         Bis Ende 2005 werden in allen Bezirken und auf Landesebene Bereiche identifiziert, in denen Bürgerbeteiligungsverfahren bevorzugt stattfinden sollen. Die diesbezüglichen Erfahrungen über angemessene und wirksame Formen der Bürgerbeteiligung werden ausgewertet und dokumentiert.

·         Bis zum Jahr 2006 werden weiterführende Maßnahmen (ggf. auch Gesetzesänderungen) getroffen, die die Verbindlichkeit der Bürgerbeteiligung in Ent­scheidungen, die die Bürger/in­nen mittelbar und unmittelbar betreffen, spürbar erhöhen.

·         Die Zahl der Beteiligungsverfahren für Bürger/innen (ohne Flächennut­zungs- und Be­bau­ungs­pläne) steigt pro Bezirk und auf gesamtstädtischer Ebene bis zum Jahr 2006 jährlich um 10 % an.

·         Bis Ende 2004 werden die Quoren für die Einleitung eines Bürgerentscheids auf 5 % gesenkt.

·         Sparvorschlag: Um Kosten, die bislang durch teure Expertengutachten u.ä. entstanden, einzusparen, wird ersatzweise bis Ende 2004 im Landes- sowie in jedem Bezirkshaushalt ein Anteil “Partizipationsverfahren” eingestellt.

 

Handlungsziel 2:
Bürgerbeteiligung medial sichtbar machen

Über die Erfordernisse und Ziele des gesellschaftlichen Engagements von Bürger/innen sowie über geplante, laufende und abgeschlossene Beteiligungsmaßnahmen ist in geeigneter Form regelmäßig zu berichten/zu informieren (z.B. bezirkliche Beteiligungsberichte, Zeitungsbeiträge, Internet, eigene Medien etc.). Entsprechend sollten alle Bereiche von Politik, Verwaltung, Medien und Dienstleistungen in angemessener und verständlicher Form regelmäßige Informationen für Bür­ger/innen über sie berührende und interessierende Themen gewährleisten. Die Pressestellen der Bezirke, des Landes und der einzelnen Verwaltungen veröffentlichen Mitteilungsblätter für Bürgerbeteiligung.
Informationen von und für Bürger/innen werden garantiert, z.B. über eine monatlich erschei­nende Zei­tung, die auch über das Internet abgerufen werden kann. Zeitungsverteiler (oder Informations­verteiler) können Öffentliche Einrichtungen, Schulen, Haushalte etc. sein. An fremdsprachige Ausgaben ist zu denken.  Die lokalen Medien unterstützen diesen Prozess mit ihren Möglichkeiten und berichten regelmäßig über Beteiligungsarbeit von Bürger/innen. Themen aus bürgerschaftlicher Sicht aufbereitet finden sich deutlich erkennbar in allen Medien wieder.

Schritte und Indikatoren:

·         Ab Ende 2004 haben alle Medien, die (täglich, wöchentlich, monatlich) mehr als 50.000 Bürger/innen erreichen, eine Redaktion für bürgerschaftliche Anliegen, in der Bür­ger­schaftsvertreter/innen mitarbeiten. Aufbau und Pflege dieser Redaktionen werden öffentlich und/oder privat bezuschusst

·         Gesteigerte Anzahl regelmäßiger Informationen von Politik, Verwaltung über Dienstleistungen im Bereich Bürgerbeteiligung.

 

Projekt 1: Bürgerhaushalt (LEITPROJEKT)

Um die Bereitschaft der Berliner Politik zu einer Beteiligungs-Innovation in der Öffentlichkeit deutlich zu akzentu­ie­ren, wird ein beispielhaftes Projekt ins Leben gerufen, in dem sich bürger­schaft­liches Engagement und der Wille der Entscheidungsträger, die Bürgerschaft an ihren Ent­schei­dungsfin­dungen zu beteiligen, sichtbar miteinander verbinden. Ein solches konkretes Projekt ist das in Porto Alegre, in vielen Städten und Gemeinden europa- und weltweit sowie in einigen deutschen Kommu­nen erprobte Modell “Bürgerhaus­halt”, bei dem die Bürgerinnen und Bürger partizipativ an der Erstellung des Haus­halts mitwirken. Dabei kann an die Erfahrungen mit der Bürgerbeteili­gung Rahmen der Quartiersfonds angeknüpft werden, die im Bereich des Quartiersmana­ge­ments geschaffen wurden. Den Berli­ner Bür­gerinnen und Bürgern würde die Mög­lich­keit eröffnet, sich mittels eines struk­tu­rier­ten Beteiligungsverfahrens in die Beratungen über eine nachhalti­ge, finan­zierbare Gestal­tung ihres Gemeinwesens einzubrin­gen. Angesichts der desola­ten Berliner Haus­haltslage könnte dies ent­schei­dend zu einer Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Bürgerschaft und Politik beitragen. Zur Realisierung eines Bürgerhaushaltsverfahrens gilt es zunächst, die dafür geeigneten Teile des Berliner Haushalts zu identifizieren. 

 

Schritte und Indikatoren:

·         Bis Ende 2004 werden die Haushalte aller Berliner Bezirke sowie des Landes transparent und produktorien­tiert dargestellt, im Internet zugänglich gemacht und für Vorschläge seitens der Bürgerinnen und Bürger geöffnet.

·         Bis Ende 2004 wird in mindestens drei Berliner Bezirken ein Bürgerhaushaltsverfahren gestartet, das im Verlauf des Jahres 2005 – bezogen auf das Haushaltsjahr 2006 – durchgeführt wird.

·         Bis Anfang 2005 werden die administrativen und juristischen Weichen dafür gestellt, das Modell Bürgerhaushalt auch auf Gesamt-Berliner Ebene einzuführen.

·         Bis Mitte 2005 wird die Geschäftsordnung des Berliner Abgeordnetenhauses dahingehend geändert, dass die Vertretung des Bürgerhaushalts Einbringungsrechte im Sinne einer Fraktion erhält.

 

 

Projekt 2: Zwischennutzungsagentur (LEITPROJEKT)

Es ist nicht legitim, Grund und Boden länger als 5 Jahre ungenutzt brachliegen zu lassen. In Berlin gibt es eine große Zahl von Brachflächen und ungenutzten Liegenschaften. Viele Bürger und engagierte junge Unternehmer würden gern innovativ tätig werden, allerdings fehlt ihnen in der Regel der nötige Entfaltungs­freiraum. Diese Ressource für Innovationen ist im Liegen­schafts­fonds ausreichend, aber zum Teil ungenutzt vorhanden. Eine Zwischennutzungs­agentur mit einer entsprechenden Vertretung der Bürgerschaft könnte diesem Problem beikommen.

 

Schritte und Indikatoren:

·         Bis Mitte 2004 wird in mindestens einem Bezirk ein Pilotprojekt für eine Zwischennutzungs­agentur etabliert.

·         Ab Anfang 2005 wird eine Gesamt-Berliner Zwischennutzungsagentur unter Beteiligung des Liegenschaftsfonds eingerichtet.

·         Bis 2010 gibt es ein Gesetz, nach dem Grund und Boden, sofern sie über 10 Jahre lang ungenutzt brachliegen, in geeigneter Weise (beispielsweise treuhänderisch) öffentlichen nutzbar gemacht werden können (entsprechend GG Art. 14).  

 


Projekt 3: Beteiligungsbüros

In allen Bezirken werden zur Entwicklung, Anregung, Unterstützung und Begleitung der verschiede­nen Formen und Maßnahmen einer Beteiligung der Bürger/innen an allen sie betreffenden Angele­genheiten und Planungen Beteiligungsbüros bzw. entsprechende Koordinierungsstellen geschaffen. Die Beteili­gungsbüros bzw. Koordinierungsstellen organi­sieren, begleiten und unterstützen die verschiedenen möglichen Formen von Beteiligungs­verfahren, wie Bürgerforen, Zukunftswerkstätten, Stadtteilinitiativen, etc. sowie deren Anhörung in Ausschüssen. Den Mitarbeiter/innen der Beteili­gungsbüros werden aus den verschiedenen Ämtern des Bezirks Ansprechpartner/innen für die Belange der Bürger/innen benannt.

Darüber hinaus wird angestrebt, dass auch durch gemeinnützige Institutionen Beteiligungsbüros eingerichtet werden. Diese sollen eng mit den Beteiligungsbüros der Bezirke zusammen arbeiten.

Die Büros sind zentral, verkehrsgünstig und für Bürger/innen sichtbar und erreichbar gelegen. Es findet eine verbindliche hinausreichende Arbeit statt. Die Büros erhalten – in sorgfältiger Abstimmung mit dem vorhandenen bürgerschaftlichen Engagement – ausreichend Sach- und Personalmittel, um erfolgreich zu arbeiten. Die Öffnungszeiten der Büros sind bürgerfreundlich. Die Mitarbeiter/innen werden für die besonderen Aufgaben der Partizipation sowie Beteiligungs­moderation fortgebildet. (Die bisherigen Strukturen der bürgerschaftlichen Selbsthilfe werden zentral erfasst und ggf. in ihrer Funktion um das Element der Bürgerbeteiligung erweitert.)

 

Schritte und Indikatoren:

·         Bis Ende 2004 sind die bisherigen bürgerschaftlichen Selbsthilfestrukturen in allen Bezirken vollständig erfasst.

·         Bis Ende 2004 werden von allen Bezirken Ausbauprogramme für Beteiligungsbüros erarbeitet.

·         Bis Mitte 2005 werden in allen Bezirken die erarbeiteten Mindeststandards an­gewandt und entsprechende Richtli­nien zur Berücksichtigung festgelegt.

·         Bis zum Beginn der nächsten Legisla­turperiode gibt es in allen Bezirken eine entsprechende Verankerung in den Geschäftsordnungen.

·         Bis Mitte 2005 existiert pro 100.000 Bürger/innen modellhaft mindestens 1 Beteiligungsbüro, in dem die Beteiligung von Bürger/innen koordiniert und organisiert wird.

·         Bis Ende 2006 gibt es 1 Beteiligungs­büro pro 50.000 Einwohner.

 

Projekt 4: Landes-AG/Landesbeauftragter für Bürgerbeteiligung mit Geschäftsstelle

In einer Landesarbeitsgemeinschaft (entsprechend jener zu “Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen”), die sich aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen und Initiativen zusammensetzt, könnten gezielt Schritte entwickelt werden mit dem Ziel:

-          die in Berlin beste­henden Initiativen zur Bürgerbeteiligung zu fördern und zu vernetzen,

-          bestehende Beteiligungsstandards weiter zu entwickeln,

-          Kriterien für die bezirks- und landesweite Einführung und Erprobung von Bürgerbeteiligungs­verfahren zu erarbeiten und entsprechende Evaluationen durchzuführen,

-          Arbeits- und Informationshilfen bereit zu stellen,

-          sowie Bildungsarbeit zur Methodenschulung durchzuführen. 

Zur Realisierung dieser Aufgaben wird eine unabhängige Geschäftsstelle für gesamtstädtische und bezirk­li­che Bürgerbeteili­gung eingerichtet. Die Geschäftsstelle wird beauftragt, in enger Zusammen­arbeit mit Exper­ten sowie den bestehenden oder noch zu initiierenden Aktivitäten in den Verbänden, Initiativen und den bezirklichen Agenden die Ergebnisse von Bürgerbeteiligung mit gesamtstädti­scher Bedeutung in die lan­desweiten Entschei­dungsgremien zu tragen und dort zu vertreten. Es wird eine geeignete und an­spre­chende Informations- und Öffent­lichkeitsarbeit für Bürger­beteiligung in den vorgesehenen Planungen und Maßnahmen, über Inhalte und Ziele der Agenda 21 und über konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten durchgeführt.

 

Schritte und Indikatoren:

·         Bis Ende 2004 wird eine Landes-AG bzw. ein Landesbeauftragter für Bürgerbeteiligung mit Büro innerhalb einer zuständigen Verwaltung eingerichtet.

·         Bis Mitte 2005 sind Richtlinien für rechtzeitige und umfassende Bürgerbe­teili­gung entworfen und erste modellhafte Erfahrungen in ausge­suchten Bezirken unter Mitwirkung von Bürger/innen und Beteiligungs-Experten durchgeführt und ausgewertet.

·         Ab dem Jahr 2003 gibt es einen jährlichen Beteiligungsbericht, der von den Bezirks-Beteili­gungs­büros in Kooperation mit den Bezirken herausgegeben und  öffentlich vorgestellt wird.

 

Projekt 5: Verwaltung als lernende Organisation

Die Mitarbeiter der Verwaltung werden hinsichtlich der Methodik und Implementierung von Bürgerbe­teiligungs-Verfahren im Rahmen eines Weiterbildungsprogramms ausgebildet. Vorrangige Zielgruppe sollten entscheidungs­befugte Mitarbeiter/in­nen aus dem Stadtplanungs-, Sozial- und Finanzbereich sein. Ein entsprechendes Fortbildungskonzept ist in Kooperation mit der Verwaltungsakademie und Bürgerbeteiligungs-Organisationen zu entwickeln.

 

Schritte und Indikatoren:

Ab Ende 2004 werden halbjährlich Pflicht-Weiterbildungskurse in Fragen der Bürger­beteiligung für jeweils 40 entscheidungsbefugte Mitarbeiter/innen der Verwaltung durchgeführt.

 

Bezirkliche Projekte:

Gewährleistung und Finanzierung umfassender Bürgerbeteiligung in exemplarischen Bebauungsplan­verfahren und in der Stadtentwicklung. Dafür bieten sich insbesondere an:

1) das Revaler Viereck (ehem. Reichsbahnausbesserungswerk am S-Bhf. Warschauer Straße)

2) der Tempelhofer Hafen (Projekt unter maßgeblicher Beteiligung der ufa-fabrik)

3) die bürgerfreundliche Nutzung und Gestaltung des Geländes am Gleisdreieck

Das Ziel ist eine umfassende Bürgerbeteiligung bei der Nutzungsplanung von Flächen, bei den Bebauungs-Planverfahren sowie im anschließenden Stadtentwicklungsprozess.

 

 

 


Partizipation junger Menschen
Mit Verantwortung wachsen und gestalten

 

Leitbild/Vision

Kinder und Jugendli­che werden zunehmend als Experten in eigener Sache verstanden und akzeptiert. Gemäß dem Gebot der Partizipation werden sie an Planungen und Maßnahmen, die ihre Belange berühren, umfänglich, angemessen und möglichst frühzeitig beteiligt. Ausgehend von der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (und den darin festgehaltenen Rechten) besteht der Auftrag an Politik und Verwaltung, an Institutionen und Erziehungsberechtigte, eine enge Beteiligung aller jungen Menschen an sie betref­fenden gesellschaftlichen Fragestellungen zu ermöglichen.

In Berlin und seinen Bezirken gibt es beredte Beispiele erfolgreicher Be­teiligungs­po­li­tik mit konstruktiven Ergebnissen. Für junge Menschen wird es zu einer Selbstverständlichkeit, ihre Ideen einzubringen und sich für deren Realisierung einzusetzen. Auf diese Weise lernen sie frühzeitig, Verantwortung zu übernehmen. Erfahrungen dieser Art führen dazu, dass sie auch als erwachsene Bürger gesellschaftlich und politisch verantwortungsvoll handeln.

 

Die nachstehenden Vorschläge sollen dazu beitragen, die für Berlin formulierten politi­schen Zielsetzungen zur verstärkten Partizipation junger Menschen aufzugreifen und ihnen einen Rahmen zu geben.

 

Qualitätsziele

Auf der Basis der im Teil „Umfassende Bürgerbeteiligung“ genannten Qualitätsziele ergeben sich für den Bereich „Kinder- und Jugendlichenbeteiligung“ folgende Spezifizierungen: 

·         Junge Menschen sollen frühzeitig Verantwortung für sich selbst, für andere und für die Gesellschaft übernehmen.

·         Berlin schafft positive Lebensbedingungen für junge Menschen: In einem lebendigen Sozialraum wirken Kinder und Jugendliche aktiv an der Gestal­tung ihres Lebensumfeldes mit.

·         Alle Ressorts in Politik und Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene machen sich die Belange von jungen Menschen und ihren Familien zu Eigen.

·         Auf Bezirks- und Landesebene sind der Rahmen sowie angemessene Formen und Verfahren der Beteiligung junger Menschen an allen sie unmittelbar betreffen­den Entscheidungen gegeben.

·         In Berlin gibt es eine vernetzte und koordinierte Beteiligungspraxis.

·         Partizipation insbesondere junger Menschen ist gesellschaftliche Selbstverständlichkeit und Bedingung. Sie bedarf dafür der öffentlichen Unterstützung, Informa­tion und Berichterstattung.

 

Handlungsziele, Maßnahmen und Indikatoren

Kurzfristige Handlungsziele und Maßnahmen bis 2006

 

Handlungsziel 1:
Voraussetzungen schaffen

Anregung, Unterstützung und Begleitung der verschiedenen Formen und Maßnahmen einer Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie unmittel­bar betreffenden Angelegenheiten und Planungen

Maßnahmen

·         In allen Bezirken und auf Landesebene werden Koordinierungsstellen zur Kinder- und Jugendbeteiligung geschaffen und mit den erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet.

·         Die Koordinierungsstellen organisieren, begleiten und unterstützen die verschiedenen möglichen Formen von Beteiligung junger Menschen, wie Kinder- und Jugendforen, Kinder- und Jugendparlamente, Quartiersmanagement, Stadtteil-initiativen, etc. sowie die Anhörung in Ausschüssen.

·         Entwicklung von Standards incl. Qualitätsstandards zur Kinder- und Jugendbeteiligung.

Schritte und Indikatoren

·         Eine koordinierende Institution auf Landesebene wird eingerichtet.

·         Je Bezirk wird mindestens eine Koordinierungsstelle eingerichtet.

·         Die Koordinierungsstellen sowie Kinder- und Jugendbüros arbeiten ressortübergreifend auf der Basis von abgestimmten Standards.

 

Handlungsziel 2:
Umsetzung der Gesetzeslage

Die vorhandenen und z.T. auch durch gesetzliche Vorschriften unterstützten Formen der aktiven Beteiligung junger Menschen werden realisiert und intensiviert.

Maßnahmen

·         Die ihrem Entwicklungsstand entsprechende Mitwirkung von Kindern in Kinder­tagesstätten bei der Gestaltung des Kita-Alltags wird vom Kitapersonal und den Eltern aktiv gefördert und unterstützt.

·         Die Schülervertretungen und -aktivitäten an allen Berliner Schulen werden von Lehrpersonal und den Eltern aktiv informiert, gefördert und unterstützt.

·         Die Vereine und Verbände sowie Freizeiteinrichtungen unterstützen aktiv die ehrenamtliche Mitwirkung junger Menschen am Vereinsleben und in den landesweiten Gremien.

Schritte und Indikatoren

·         Prozentsatz der Kindertagesstätten und Schulen mit einer aktiven Mitwirkungsarbeit.

·         Zahl der in den Sportvereinen und anderen Verbänden bzw. ihren landesweiten Gremien ehrenamtlich mitwirkenden jungen Menschen.

·         Zahl der Kooperationen verschiedener Träger.

 

Handlungsziel 3:
Regionale Kinder- und Jugendbüros

Regionale Kinder- und Jugendbüros organisieren bzw. begleiten Projekte zur Be­teiligung junger Menschen

Maßnahme

In jedem Sozialraum wird ein Kinder- und Jugendbüro in öffentlicher oder freier Trägerschaft und angemessener Personal- und Sachmittelausstattung eingerich­tet.

Schritte und Indikatoren

Anzahl der Sozialräume mit Kinder- und Jugendbüros

 


Handlungsziel 4:
Bereitstellung von Rahmenbedingungen und regelmäßiger
Information

Zum Selbstverständnis einer Beteiligungspraxis gerade auch junger Menschen bedarf es der Bereitstellung organisatorischer Rahmenbedingungen, regelmäßiger Information durch die Koordinierungsstellen sowie der entsprechenden Wissens- und Handlungskompetenz aller gewählten politischen Vertreter/innen, der Eltern sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen und Institutionen.

Maßnahmen

·         Vermittlung dieser Grundsätze in den politischen und übergreifend arbeitenden Gremien (z.B. Sozialraumkonferenzen).

·         Ressortübergreifende Fortbildung von Bediensteten der Verwaltung und nachgeordneter Einrichtungen in allen beteiligten Ressorts.

·         Regelmäßige Information von Politik, Verwaltung, Institutionen und Medien über die aktive Beteiligung junger Menschen in der Stadt.

·         Fortbildungsangebote für Mitarbeiter/innen und Eltern in Kita, Schule und Sportverein zum Thema Partizipation junger Menschen.

Schritte und Indikatoren

·         Regelmäßige und ressortübergreifende Fortbildungsveranstaltungen in der Verwaltungsakademie bzw. ähnlichen Institutionen ab 2004.

·         Rahmenpläne und Curricula für die Ausbildung zum Lehramt, zu den Berufen im Bereich der Stadt- und Landschaftsplanung sowie für die Be­diensteten in Jugendeinrichtungen enthalten die Grundsätze zur frühzeitigen und umfassenden Beteiligung junger Menschen an allen sie direkt betreffenden Fragestellungen.

·         Wegen des öffentlichen Interesses berichten die Medien regelmäßig über Betei­ligungsaspekte und -projekte.

·         Zahl der Fortbildungsangebote für Beschäftigte und Eltern in den Einrichtungen.

 

Handlungsziel 5:
Geregeltes Rede- und Antragsrecht

·         Im Landesjugendhilfeausschuss haben die Vertretungen der landesweiten Koor­dinierungsstelle sowie in besonderen Fällen auch die mitwirkenden jungen Menschen ein Rede- und Antragsrecht.

·         In allen Bezirken wird durch eine entsprechende Verankerung in den Geschäftsordnungen der BVV geregelt, dass benannte Vertreter/innen aus Projekten und Maßnahmen der Kinder- und Jugendbüros sowie Kinder- und Jugendforen, Kinder- und Jugendparlamenten, Stadtteilinitiati­ven in den bezirklichen Ausschüssen ein Rede- und Antragsrecht in den durch sie behandelten Angelegenheiten haben, ihre Stellungnahmen dokumentiert und Bestandteil der weiteren Entscheidungsverfahren werden.

Maßnahmen

Aufnahme entsprechender Regelungen in die Geschäftsordnungen des LJHA sowie der BVVen.

Schritte und Indikatoren

·         Bis zum Ende der Legislaturperiode gibt es eine entsprechende Grundlage in der Geschäftsordnung des LJHA.

·         Bis zum Beginn der nächsten Legislaturperiode gibt es in allen Bezirken eine entsprechende Verankerung in den Geschäftsordnungen der BVVen.

 

Handlungsziel 6:
Wahlrecht in Bezirken

Kinder und Jugendliche beteiligen sich aktiv an der politischen Willensbildung.

Maßnahme

Das aktive Wahlalter wird bis zu den nächsten Wahlen für die Bezirksverordnetenversammlungen auf 16 Jahre herabgesetzt.

Schritte und Indikatoren

In Berlin ist das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren für die kommenden Wahlen zu den BVVen eingeführt.

 

Handlungsziel 7:
Prüfung der Kinder-, Jugend- und Familiengerechtigkeit

Für alle Planungen und Vorhaben, die Belange von jungen Menschen und ihren Familien unmittelbar berühren, werden Kinder- und Familiengerechtigkeitsprüfungen bzw. entsprechende Interessensabwägungen vorbereitet und erprobt.

Maßnahme

Entwicklung von Standards zur Kinder-, Jugend- und Familiengerechtigkeitsprüfung in den Verwaltungsverfahren sowie deren modellhafte Erprobung.

Schritte und Indikatoren

Praktikabilität der entwickelten Standards sowie Grad ihrer Anwendung.

 

Handlungsziel 8:
Qualifizierung der Leitlinien

Die Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt werden aktiv ange­wandt, ergänzt und fortgeschrieben.

Maßnahme

Alle Senats- und Bezirksverwaltungen ergänzen aus ihren individuellen Aufgaben­stellungen bzw. regionalen Erfordernissen die Leitlinien und schreiben sie fort.

Schritte und Indikatoren

Fortgeschriebene bzw. ergänzte Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt.

 

 

Längerfristige Handlungsziele und Maßnahmen bis 2020

 

Handlungsziel 9:
Ausweitung des Wahlrechts in Bezirken

Nachdem die aktive Beteiligung junger Menschen an der politischen Willensbildung sich bewährt hat, wird sie ausgeweitet.

Maßnahme

Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen zur Herabsetzung des aktiven Wahl­rechts für die BVVen auf 14 Jahre, des passiven Wahlrechts auf 16 Jahre.

Schritte und Indikatoren

In Berlin ist bis 2010 das aktive Wahlrecht ab 14 Jahren und das passive Wahlrecht ab 16 Jahren für die übernächsten Wahlen zu den BVVen eingeführt.

Handlungsziel 10:
Verbindliche Einführung der Kinder- und Familiengerechtigkeits-Prüfung

Für alle Planungen und Vorhaben der Bezirke, von denen die Belange von jungen Menschen und ihren Familien unmittelbar berührt sind, werden Kinder- und Fami­lienfreundlichkeitsprüfungen bzw. entsprechende Interessensabwägungen ver­bindlich vorgenommen.

Maßnahme

Die verbindliche Durchführung von Kinder- und Familiengerechtigkeitsprüfun­gen in allen die Kinder, Jugendlichen und deren Familien betreffenden Planun­gen und Vorhaben des Senats und der Bezirke wird sicher gestellt.

Indikator

Anzahl der Planungen und Verfahren zur Kinder- und Familienverträglichkeits-Prüfung

 

Projekte

Aus den aufgeführten Handlungszielen resultieren die folgenden Projekte, die zum Teil bereits praktische Realität sind, zum anderen Teil noch der Konzeptionierung und Implementierung bedürfen:

·         Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik Berlin der Stiftung SPI, im Auftrag des Landesjugend­amtes: Die Drehscheibe koordiniert und vernetzt u.a. Beteiligungsinitiativen in der Stadt, entwickelt Partizipationsmethoden und -formen, konzipiert Beteiligungsverfahren und führt sie durch.

·         Einrichtung von Koordinierungsstellen sowie dezentralen Kinder- und Jugendbüros in den Bezirken.

·         Entwicklung von Standards für Koordinierungsstellen sowie Kinder- und Jugendbüros, die die Partizipation von Kin­dern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Stadtteilen nachhaltig sicherstellen und befördern. (LEITPROJEKT)

·         Berliner Landesprogramm „Jugendnetz-Berlin.de“: Im Rahmen der medienpädagogi­schen Ju-gendarbeit soll erreicht werden, dass Kinder und Jugendliche durch ihre ak­tive Mitarbeit einen kompetenten Umgang mit den neuen Informations- und Kommuni­kationstechnologien erhalten.

·         Landesarbeitsgemeinschaft „Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen“ nach § 78 SGB VIII“: Mitglieder sind diverse Jugendinitiativen und Verbände sowie Vertreter/innen der Be­zirks- und Landesverwaltungen. Aufgaben sind u.a.:

·         Erarbeitung von Standards z.B. für Koordinierungsstellen, Beteiligungsbüros, etc.

·         Vernetzung und Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligungsprojekte,

·         Förderung der Prozesse im Sinne der „Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche

·         Stadt sowie Entwicklung von entsprechenden Qualitätsstandards und -kriterien,

·         Informations- und Austauschplattform.

·         Aktionstag Interaktiv / Crossover mit geplanter jährlicher Durchführung

·         Neuauflage der Broschüre „Wir mischen mit!“ Auflistung aller Beteiligungsmöglichkeiten sowie Ansprechstellen für Kinder und Jugendliche in Berlin

·         Erarbeitung von „Best practice“ – Handreichungen für Partizipationsprojekte

 


2.3 Innovationen fördern, Beschäftigung sichern, Arbeitsplätze schaffen

2.3.1    Zukunft der Arbeit - Die Mischung macht's          

 

Strukturelle Umbrüche und Entwicklungstendenzen

Berlin ist im Umbruch: In den vergangenen Jahren sind Arbeits- und Ausbildungsplätze in erheblichem Umfang abgebaut worden – nicht nur im produzierenden Gewerbe und in der Bauwirtschaft. Die positive Ent­wicklung im privaten Dienst­leistungssektor – vor allem im Bereich der Informations- und Kom­muni­kationstechnologien, bei den personenbezogenen und produktionsnahen Dienstleistun­gen, im Tou­rismus und bei einer Reihe zukunftsorientierter Technologien – konnte den Verlust an Ar­beitsplät­zen nicht kom­pen­sieren, so dass im Saldo die Beschäftigtenzahl in Berlin seit 1993 (mit Ausnahme des Jahres 2000) konti­nuierlich abgenommen hat. Gleichzeitig ist die Zahl der Arbeitslosen gestie­gen.

In Berlin sind derzeit (Sept. 2003) rund 300.000 Personen, davon ca. 42 % Frauen, arbeitslos gemeldet. 11,4% der Arbeitslosen sind unter 25 Jahren, 10,8% 55 Jahre und älter und 3,4% schwerbehindert. Ein großer Teil (mehr als 40 %) verfügt über keine abgeschlossene Ausbildung. Der Anteil derer, die schon ein Jahr und länger arbeitslos sind, beträgt fast 40 % aller Arbeitslosen. Auf eine den Arbeitsämtern gemeldete freie Stelle kommen in Berlin ca. 25 Arbeitslose.

Auch auf dem Ausbildungsstellenmarkt herrschen erhebliche Ungleichgewichte. Die Entwick­lung des Ausbildungsplatz-Angebots konnte bisher nicht mit dem demografisch bedingten Nachfrage­anstieg Schritt halten. Der Übergang in eine Berufsausbildung wurde für die Schul­abgänger/innen immer schwieriger. Nur durch umfangreiche staatliche Interventionen konnte in den letzten Jahren zumindest ein rechnerischer Ausgleich zwischen Ausbildungsangebot und
-nachfrage erreicht werden.

Zusammengefasst lassen sich die aktuellen Entwicklungstendenzen und Umbrüche der Arbeit wie folgt beschreiben:

·         Dauer- und Massenarbeitslosigkeit grenzen große soziale Gruppen von produktiver Arbeit, Einkommen und Anerkennung aus.

·         Steigende Flexibilität und Diskontinuität der Arbeiten (Berufs- und Arbeitsplatzwechsel, Unter­bre­­chun­gen) erhöhen einerseits die Wahlmöglichkeiten, verringern aber auch die soziale Sicherheit und erzeugen neue Belastungen (Stress, private Koordination, lebenslanges Lernen). Neue Chancen und Risiken gibt es nicht nur an den Rändern der Erwerbsarbeit, sondern auch in ihrem Zentrum.

·         Die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse (Befristung, Teilzeit, Scheinselbstständigkeit) gefährden den Lebensmindeststandard und kumulieren sich bei bestimmten Gruppen (niedrige Qualifikation und Fortbildungschancen, Gesundheitseinschränkungen, Sozialverhalten).

·         Weil Erwerbsarbeit im sozialen und ökologischen Bereich einerseits für viele Nutzer zu teuer, andererseits für die dort Arbeitenden wenig attraktiv (weil zu anstrengend und zu wenig anerkannt) ist, entstehen gravierende Versorgungsdefizite.

Somit ist für viele Gruppen die Teilnahme an der Erwerbsarbeit (als befriedigende Tätigkeit) und darüber die Erlangung eines bestimmten Wohlstands (Einkommen) eingeschränkt bis unmöglich. Für die Gesellschaft ergeben sich daraus Ungleichheit und Ausgrenzung, Versorgungsdefizi­te und Gefährdungen des sozialen Zusammenhalts. (Diese Aspekte sind teilweise auch bei der Problembeschreibung unter „Soziale Stadtentwicklung“ und der sozialen Seite der Informationsgesellschaft aufgeführt.)

Konzepte, die dieser Entwicklung wirksam begegnen möchten, werden nicht umhin kommen, sich von der bislang vorherrschenden Verengung auf reine Erwerbsarbeitsstrategien loszusagen.

Das vom Fachforum eingeführte Leitbild „Nachhaltige Mischarbeit“ ist noch wenig verbreitet und bedarf einer kurzen Erläuterung: Nachhaltigkeit konzentriert sich auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Dafür werden alle geeigneten Tätigkeiten und ihre Produkte in die Betrachtung einbezogen – nicht nur die bezahlte Erwerbsarbeit, sondern die „ganze Arbeit“: Auch Versorgungsarbeiten, Gemeinschaftsarbeiten und Selbstversorgung sind sinnvolle und produktive Tätigkeiten, die zur persönlichen Befriedigung und zum gesellschaftlichen Wohlergehen beitragen. Obwohl jedoch nur ein Teil dieser Tätigkeiten als Erwerbsarbeit durchgeführt wird, erfährt gegenwärtig nur diese eine entsprechende Anerkennung (durch Einkommen, Status, Teilhabe).

Das Konzept der Mischarbeit dagegen nimmt alle Arbeiten einer Person und ihre wechselseitige Abhängigkeit in den Blick. Die nachhaltige Gestaltung von Mischarbeit erfordert die Aufwertung der produktiven, aber unbezahlten Arbeiten wie auch die Ermöglichung sinnvoller Kombinationen und Übergänge. Daraus ergeben sich neue Perspektiven der Arbeits-Umverteilung (besonders von Erwerbs- und Versorgungsarbeit zwischen den Geschlechtern) mit dem Ziel von Teilhabe und sozialer Gerechtigkeit.

Der erweiterte Arbeitsbegriff der „Mischarbeit“ trägt der Realität der aktuellen Entwicklungen Rechung, indem er die bisherige Fixierung auf Erwerbsarbeit relativiert und sie in einen Zusammenhang mit sozialen und ökologischen Kreisläufen stellt. Damit wird die fortwirkende Bedeutung von Erwerbsarbeit für unser gesellschaftliches Leben keineswegs negiert: Es handelt sich vielmehr um ein Konzept, das die in unserer Gesellschaft vorhandenen Arbeitsformen als einander notwendig ergänzend anerkennt und in ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept der gerechten Arbeitsverteilung einfügt.

Der notwendige Strukturwandel wird nur möglich sein, wenn die Beteiligten auf die anstehenden Veränderun­gen in der Arbeitswelt und in allen anderen Lebenssphären vorbe­reitet sind, d.h. wenn sie selbstständig und selbstorganisiert  die nötigen Kompetenzen erwerben können. Die Integration in Erwerbs­arbeit (auch in Form von eigenständiger unternehmerischer Tätigkeit) und den gleichbe­rech­tig­ten Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung zu gewährleisten sowie der sozialen Ausgrenzung von bestimmten Personengruppen (allein Erziehende, gering Qualifi­zierte, Ältere) entgegenzuwirken, sind we­sent­liche Aspekte einer Nachhaltigkeits­strategie in der Arbeitsmarkt- und Berufs­bil­dungspolitik – und zugleich übergreifende gesell­schafts-, wirtschafts- und sozialpolitische Ziele. Die Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens in der Arbeits- und Berufsbildungspolitik erfordert das Zusammenwirken vieler unterschiedlicher Akteure im Land Berlin, im Bund und in der EU.

Berlins Chancen liegen zum einen in der Entwicklung zu einem attraktiven Wissenschafts-, Kultur-, Medien- und Touristik­zentrum, zum Standort für Bio-, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie zur Dreh­scheibe zwischen West- und Osteuropa. Zum anderen bedarf es neuer Ansätze zur sozialen Stadtentwicklung, zur Weiterentwicklung lokaler sozialer Unternehmen und zu genossen­schaftlichen Wirtschaftsformen. Arbeitsplätze in diesen Bereichen erfordern von den Arbeitskräften ein lebensbegleitendes Lernen, ohne das heute der Erwerb und die Entwicklung von Arbeitskompetenzen – und damit die Mitwirkung an einem zukunftsfähigen Berlin – nicht mehr denkbar sind.

 

Leitbild / Vision

 

In unserer Stadt werden die Menschen einer Vielzahl befriedigender Beschäftigungen nachge­hen. Gesellschaftlich aner­kannt und sozial abgesichert sind aber nicht nur diejenigen, die einen festen und bezahlten Job haben. Wer seine Angehörigen versorgt, ehrenamtlich im Sportverein oder in der Nach­barschaftshilfe tätig ist, wer Teilzeit mit anderen Tätigkeiten kombiniert, wer sich für einen neuen Beruf qualifi­ziert – jede/r verfügt über ein gesichertes Mindesteinkommen und über Unterstützung in gemein­schaftlichen Infrastrukturen. Soziale Tätigkeiten sind gleichermaßen anerkannt wie Erwerbsarbeit und verbessern den Zugang zu bezahlter Arbeit.

Nachhaltige Mischarbeit hat zu einer gerechteren Verteilung der verschiedenen Arbeiten geführt – zwischen den Geschlechtern wie auch zwischen den Generationen. Einerseits sind soziale Tätigkeiten aufgewertet, andererseits ist das „Arbeiten ohne Ende“ eingeschränkt worden. Früher in der Arbeitswelt systematisch Benachteiligte - Frauen, Jugendliche, Ältere, Ausländer oder Leistungsgeminderte - werden gleichberechtigt in die Produktion, Reproduktion und Ent­wick­lung der Gesellschaft einbezogen; sie erhalten zumindest Entgelte, die zur Deckung  ihrer materiellen und sozialen Grundbedürfnisse ausreichen.

Das prioritäre Ziel der Arbeitsmarktpolitik, bestehende zukunftsfähige Arbeitsplätze zu erhalten und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen sowie ein quantitativ ausreichendes und qualitativ hochwertiges Ausbildungsangebot zu sichern, ist realisiert worden. Integration in Erwerbsarbeit, Zugang zu beruflicher Aus- und Weiterbildung, Prävention und Abbau sozialer Ausgrenzung bestimmter Personengruppen sind als Schlüsselaspekte eines auf Nachhaltigkeit zielenden Konzeptes zur „Zukunft der Arbeit“ umgesetzt.

Investitionen in die Ausbildung der jungen Generation stellen ein wesentliches Element einer Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik dar, die „nachhaltig“ wirkt. Wie sich herausgestellt hat, reichen die im Rahmen der Erstausbildung vermittelten Kenntnisse nicht für ein ganzes Arbeitsleben. Sie werden deshalb fortlaufend ergänzt, aktualisiert und angepasst: Die Förderung des „lebensbegleitenden Lernens“ ist ein zentrales Element der nachhaltigen Arbeitmarkt- und Berufsbildungspolitik. Nur so gelingt es, die neuen Anforderungen erfolgreich zu meistern.

Im Rahmen einer auf Nachhaltigkeit orientierten Politik konnte die Arbeitslosigkeit durch die Schaffung hochproduktiver – sozial, gesundheitlich und ökologisch verträglicher – Arbeitsplätze reduziert werden. Damit sind die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme, die Finanzierung eines umfangreichen Angebotes an staatlichen Dienstleistungen und ein befriedigendes allgemeines Einkommensniveau gewährleistet.

 

Qualitätsziele und zielführende Strategien

 

Soziale Ungleichheit, Armut und Ausschluss von der Teilhabe an der Gesellschaft sind in sozialer wie auch in ökologischer und ökonomischer Hinsicht kontrapro­duk­tiv und stehen somit einer nachhaltigen Entwicklung entgegen.

Angesichts dieser Sachlage ist das Prinzip der Mischarbeit von zentraler Bedeutung für jedes Konzept zukunftsfähiger Arbeit: Es erkennt an, dass Erwerbs-, Versorgungs-, Gemeinschafts- und Eigenarbeit gleichermaßen für die Reproduktion und Entwicklung der Gesellschaft und des Individuums erforderlich sind. Dementspre­chend ist die Aufmerksamkeit auf eine neues Gleichgewicht von Leben und Arbeiten und die Förderung von bislang benachteiligten Gruppen zu legen, d.h. auf:

·         die Eröffnung von Zugängen in den ersten Arbeitsmarkt bei Vereinbarkeit mit anderen Arbeitsformen;

·         die Aufwertung informeller Tätigkeiten für die Versorgung, für die Gemeinschaft und für die individuelle und gesellschaftliche Qualifizierung – mit dem Ziel, die Lebensvielfalt und Lebensqualität der Einzelnen in der Gemeinschaft zu erhöhen; 

·         die Sicherung eines von Erwerbsarbeit unabhängigen Grundeinkommens;

·         die Ermöglichung von Teilhabe und Qualifizie­rung (Elemente hierzu sind auch in den Handlungsfeldern „Bildung“ und „Partizipation“ enthalten).

Das Konzept der nachhaltigen Mischarbeit enthält folglich wesentliche Elemente, die im Rahmen der Lissabonner Strategie der Europäischen Union – und insbesondere in der Europäischen Beschäftigungspolitik – bereits gefordert und gefördert werden: Humankapitalentwick­lung; Integration möglichst vieler Menschen in produktive, unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten optimierte Erwerbs­tätigkeit; Aufbau langfristig funktionierender sozialer Sicherungssysteme bzw. Ressourcenumver­tei­lung zwischen Erwerbsfähigen und Nichterwerbsfähigen.

Inhalt und Qualität der Ausbildung sowie die Berufsstruktur müssen vorausschauend an den gesell­schaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Wandlungsprozessen orientiert werden: Die Modernisierung der Berufsausbildung muss auf die Heranbildung eines Fachkräfte­po­tenzials ausgerichtet sein, das in Qualität, Quantität und Struktur den Bedarfsanforderungen einer nachhaltig orientierten Berliner Wirtschaft entspricht und eine breite Einsetzbarkeit ermöglicht.

Ein gesichertes Mindesteinkommen in Verbindung mit der Unterstützung von gemeinschaft­lichen Infrastrukturen ist ebenfalls ein wichtiger Eckpunkt des o.g. Leitbildes: Die nötigen Gelder für ein solchen Mindesteinkommens können sich aus dem speisen, was gegenwärtig bereits im Rahmen von Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und kommunalen Dienstleistun­gen ausgegeben wird. Auch wenn es hier im Wesentlichen um ein Thema für den Bundesgesetz­geber und u.U. auch die Tarifvertragsparteien geht,  sollten auf lokaler Ebene alle Gestaltungs­spielräume bzgl. eines „gesicherten Mindesteinkommens“ genutzt werden.

Entscheidend ist, dass es bei den Perspektiven nachhaltiger Arbeit um einen integrierten Ansatz geht, d.h. um die Einbeziehung der wichtigsten Handlungsfelder, die für das Alltags­verhalten der Men­schen bedeutend sind. Soziale Nachhaltigkeit hat Gesamtkontexte und nicht nur einzelne Para­meter – wie z.B. die aktuelle Beschäftigungsfähigkeit – im Blick. Diese integrierte Betrachtung gilt nicht nur für die Begründung des Handlungs­feldes, sondern auch für die exemplarische Auswahl konkreter Maßnah­men und Projekte und die Kriterien ihrer Bewertung.

 

a) Perspektiven der Bezirklichen Bündnisse für Wirtschaft & Arbeit

Die Bezirklichen Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit (BWA) zielen auf die Verknüpfung von Projekten, Maßnahmen und Netzwerken, um mittels der hervorgerufenen Synergieeffekte die  Entwicklung des jeweiligen Bezirks zu fördern und insbesondere das Arbeits- und Ausbil­dungs­platz­angebot zu erhöhen und die lokale Wirtschaft zu stärken. Bestandteil der BWA ist auch die Entwicklung neuer Projektideen. Die Bürger/innen waren und sind aufgerufen, sich zu beteiligen und eigene Projekte einzubringen.

Auf eine stärkere Einbeziehung von lokalen Akteuren in die Erschließung von lokalen Beschäf­ti­gungs­potenzialen und die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit ist auch die Umset­zung des ESF-Politik­feldes „Lokales Soziales Kapital“ gerichtet. Akteure auf lokaler Ebene werden durch kleine Förderbeträge in die Lage versetzt, vor Ort vorhandenes Potenzial zur Beschäftigtenentwicklung und zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu mobilisieren. Das im Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ enthaltene Potenzial ist geeignet, der gesell­schaftlichen Ausgrenzung bestimmter Personengruppen zu begegnen. Seine Zielgruppe sind Personen, denen es aufgrund besonderer Vermittlungshemmnisse nicht gelingt, ohne entsprechende Förderung ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern.

Die Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit wurden in ihrer Anfangsphase durch die Zusam­men­legung von Bezirken und das Fehlen einer eigenen Finanzierung behindert. Die Konstel­lationen zwischen Bezirksverwaltungen, Servicegesellschaften, lokalen Projekten und Netz­wer­ken sind je nach Bezirk sehr unterschiedlich. Hier bedarf es einer Klärung der Zuständigkeiten und einer Verstärkung der nötigen Ressourcen und Qualifikationen. Neben einer verbesserten Effizienz der Organisations- und Verwaltungsprozesse sollten daher die qualitativen Ziele von Beschäftigungs­för­de­rung im Rahmen nachhaltiger Entwicklung im Vordergrund stehen. Das Verhältnis zwischen den in die BWA eingebrachten Zeit- und Energieressourcen einerseits und den erzielten Ergebnissen andererseits sollte verbessert werden. Bei der künftigen Um­setzung der BWA-Strategie sollten Aufwand und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen.

Die derzeitige Arbeitsmarkt-Strategie ist vor allem auf ökonomische und weniger auf ökologische und soziale Dimension zugeschnitten. Das dokumentiert sich u.a. in der Namensänderung der Beschäftigungsbündnisse in „Bündnis für Wirtschaft und Arbeit“ (BWA) wie auch in einem unterschiedlichem Verständnis von „Nachhaltigkeit“: So wird im Arbeitsmarkt- und berufspolitischen Rahmenprogramm des Landes Berlin (ARP) unter „nachhaltig“ in der Regel nur „dauerhaft“ verstanden.

Die bisherige Strategie bezirklicher Beschäfti­gungsbündnisse sollte künftig durch die Einbeziehung des Konzepts „nachhaltiger Arbeit in der Region" erweitert werden, dessen Beitrag zur Existenzsicherung, zur Versorgung und zum sozialen Zusam­men­halt der Gemeinschaft zu prüfen wäre. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, welche Veränderun­gen durch die gewandelten politischen und finanziellen Rahmenbedingungen im Programm selbst eintreten werden. Die Beschäftigung mit den Perspektiven der BWA unter dem Aspekt nachhaltiger Arbeit lohnt sich auch in Zukunft. Dazu bedarf es allerdings eines Ausbaus der Koopera­tion zwischen der Senatsverwaltung, den Akteuren in den bezirklichen  Bündnissen und dem Potenzial der bürgerschaftlich Engagierten in Berlin.

 

b) Tendenzen und Auswirkungen der Arbeitsmarktpolitik des Bundes

Die Strategien der Agenda 2010 sind – trotz gegenteiliger Bekundungen – eher eindimensional und kurzfristig angelegt. Die nächsten Schritte einer langfristigen Beschäftigungspolitik müssen daher die ökologisch-soziale Dimension stärker einbeziehen und einseitige Sichtweisen korrigieren. Zu hinterfragen sind insbesondere folgende Annahmen: dass geringere Lohnkosten und Deregulierung zu mehr Arbeitsplätzen führen; dass Arbeitslose durch die Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln zu mehr Flexibilität und Eigenaktivität gebracht werden müssen; dass jede geringfügige Erwerbsarbeit in der Privatwirtschaft besser und wichtiger sei als alle Tätigkeiten auf dem zweiten und dritten Arbeitsmarkt oder in der Selbstversorgung.

Demgegenüber ist ein erweiterter Arbeitsbegriff zu fördern. In Berlin müssen Experimente ermöglicht werden, in denen die in großem Umfang vorliegenden Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung unterschiedlicher Ressorts in die Praxis überführt werden. Dies bezieht Maßnahmen der Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung sowie die Kombination mit sog. informellen Arbeiten mit ein: Es bedarf der Freiräume zur Ermöglichung von Experimenten wie auch einer Verknüpfung von Förderprogrammen aus unterschiedlichen Fach­ressorts zur Schaffung neuer Arbeitsplätze (im Sinne neuer Organisationsformen und Arbeitsinhalte).

Zur Unterstützung dieses Ansatzes bietet sich eine Mitarbeit des Agenda-Fachforums im vorge­sehenen Beirat zur Steuerung der Arbeitsförderung an, insbesondere unter Bezug auf Modul 13 des Hartz-Berichts. Wie bei den Bündnissen für Wirtschaft und Arbeit sind auch bei der Entwicklung des  Arbeits­markt- und Berufsbildungspolitischen Rahmenprogramms des Landes Berlin (ARP) Ver­treter/innen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen einzubeziehen, wobei die poli­tische Verantwortung für den Inhalt des ARP letztendlich der Senat von Berlin trägt.

 

Handlungsziele und Indikatoren

Die individuelle Mischung aus Erwerbs- und Versorgungs-Tätigkeiten, Eigenarbeit und Engage­ment für die Gesellschaft soll das Arbeiten insgesamt abwechslungsreicher und für den Einzelnen befriedigender machen, Stress und gesundheitliche Belastungen abbauen, die soziale Sicherheit erhöhen. Arbeit erweist sich immer dann als befriedigend und weniger entfremdet, wenn die Beteiligten ausreichend qualifiziert und selbstbestimmt an Produkten bzw. Dienstleistungen arbeiten, deren soziale und ökologische Qualität erkennbar ist. Bezogen auf das Leitbild der Mischarbeit ergeben sich daraus folgende Grundhandlungsziele:

 

1.     Alle Arbeitsformen und ihre Kombinationen werden gesellschaftlich anerkannt und gefördert.

2.    Die physische und psychische Gesundheit sowie die Persönlichkeitsentwick­lung werden geschützt und geför­dert.

3.     Das Entgelt für geleistete Arbeit wird sicher und gerecht gestaltet.

4.     Die Arbeitsprozesse werden nach sozialen und ökologischen Ansprüchen gestaltet.

5.     Die Menschen werden zu sozialen Innovationen im Bereich Arbeit ermutigt.

6.     Angesichts der sich stetig wandelnden Arbeitsbedingungen werden Ausbildung und „lebens­begleitendes Lernen“ geför­dert.

7.     Geschlechtergerechtigkeit

 

Für diese Handlungsziele werden im Folgenden Indikatoren aufgeführt, anhand derer überprüfbar werden soll, ob bzw. wie gut sich Berlin dem Ziel des nachhaltigen Arbeitens nähert. Zum Teil existieren in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte bereits Indikatoren und Verfahren zur Erfassung dieser Handlungsziele, zum Teil müssen sie aber auch modifiziert werden: Es bedarf neuer Definitionen, was im Sinne eines tiefgreifenden Strukturwandels in Bezug auf eine nachhaltige Gestaltung der Arbeitsprozesse sinnvoll und notwendig ist. Die folgenden Handlungsziele nachhaltiger Arbeit

·         beziehen sich prinzipiell auf alle Formen von Arbeit;

·         sind prägend mit der menschlichen Arbeitstätigkeit verbunden;

·         stellen ein System dar, das Arbeiten in ihren vielgestaltigen Ausprägungen und ihrer Komplexität erfasst;

·         erfassen die Merkmale von Arbeit nicht nur quantitativ, sondern auch detailliert qualitativ; somit werden auch komplexe Zusammenhänge abgebildet;

·         erfassen neben der Abbildung objektiver Sachverhalte auch die subjektive Sicht der Arbeitenden auf ihre Tätigkeit für den Bewertungsprozess;

·         verstehen sich als Denkanstöße für eine zukunftsfähige Berliner Arbeitsmarktpolitik.

 

1. Gesellschaftliche Anerkennung und Förderung aller Arbeitsformen und ihrer
Kombinationen

Grundsätzlich bedarf es einer Organisation gesellschaftlicher Arbeit, die frei bestimmte und anerkannte Mischarbeit, d. h. die Kombination von Erwerbsarbeit, Versorgungs-, Gemeinschafts- und Eigen­arbeit sowie veränderte Kombinationen in biographischer Perspektive (Zu- und Übergänge) fördert. Informelle Arbeit ist im Verhältnis zur Erwerbsarbeit aufzuwerten, auch im Sinne ergänzender Einkom­men. Nachhaltige Arbeit erfordert eine Umverteilung der Arbeiten, gerade um sozialen und ökologi­schen Interessen und Perspektiven des Einzelnen und der sozialen Gerechtigkeit - insbesondere zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen den Altersgruppen und ethnischen Gruppen - gerecht zu werden (insbesondere in der Zeit- und Bildungspolitik).

Objektiver Indikator: Fördernde Berücksichtigung von Mischarbeit in den staatlichen und betriebli­chen Regelungen zu Arbeitszeit-Regimen, Arbeitsplatzsicherheit, Aufstiegsmöglichkeiten und Bezahlungsbedingungen in der Erwerbsarbeit (Mindestanforderungen in x Prozent)

Subjektiver Indikator: Zufriedenheit verschiedener Bevölkerungsgruppen mit der gesellschaftlichen Lei­stungs- und Verteilungsgerechtigkeit (jährliche Erhebung in x Betrieben und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

 

2. Schutz und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit
sowie der Persönlichkeitsentwicklung

Es bedarf einer Arbeitsgestaltung, die die langfristige Erhaltung der persönlichen Gesundheit und Fähigkeiten (Qualifikation), ein aktives Gesundheitsverhalten (Arbeits- und Gesundheitsschutz; Begrenzungen von Arbeitsumfang, Arbeitsintensität, Zeit- und Koordinationsstress) sowie die Eigenverantwortung in der Arbeit ermöglicht.

Dieses Handlungsziel korrespondiert mit bekannten Konzepten zur Humanisierung der Arbeit, die allerdings bislang keineswegs die gängige Grundlage der Arbeitsgestaltung sind. Die Forderung zur Umsetzung dieses Quali­täts­merkmals als Bestandteil eines Nachhaltigkeitskonzep­tes bleibt daher aktuell. Weiterhin ist zu bedenken, dass die optima­le Förderung von Gesund­heit und Persön­lichkeits­entwicklung durch die Arbeit letztlich nicht nur eine entspre­chen­de Gestaltung der unmittelbaren Arbeitstätigkeiten, sondern auch die Erfüllung der anderen aufgeführten Qualitätsmerk­male voraussetzt.

Objektiver Indikator: Anteil der Arbeitsplätze, in denen Möglichkeiten der Mischarbeit geregelt sind, ohne dabei Standards des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu verletzen. (Juristische Prüfung, qualitative Datenerhebung)

Subjektiver Indikator: Anteil der arbeitenden Menschen, die sich schädigenden arbeitsbedingten Belastungen und Stress ausgesetzt fühlen (jährliche Erhebung in x Unternehmen und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

 

3. Sichere und gerechte Gestaltung des Entgeltes für geleistete Arbeit

Die Entgeltung für geleistete Arbeit ist so zu gestalten, dass ohne Vorbedingungen zumindest ein Grundeinkommen über das gesamte Leben sichergestellt und eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird. Diese Entgeltgestaltung erfolgt unter Berücksichtigung aller Formen von Arbeit. Dabei ist ein weiteres Auseinanderklaffen der Einkommensschere zu vermeiden. (Die all­gemeine Forderung nach einer Grundsicherung ist allerdings in einem anderen Kontext zu erörtern.)

Objektiver Indikator: Existenz von gesetzlichen Regelungen zur gerechten Entgeltung (monetär und nichtmonetär) von Versorgungs-, Gemeinschafts- und Eigenarbeit und damit zur Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums (juristische Prüfung, qualitative Datenerhebung - noch klärungsbedürftig)

Subjektiver Indikator: Anteil der Arbeitenden, die sich und ggf. ihre Familien durch ihre Arbeiten materiell und sozial gesichert fühlen  (jährliche Erhebung in x Familien, Institutionen und Betrieben des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

 

4. Arbeit nach Anforderungen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit

 

Die Arbeitsformen und -inhalte in Unternehmen und Infrastrukturen (d.h. Mitarbeit an Produkten, Dienstleistungen und Versorgungsnetzen) sind so zu gestalten, dass sie den Anforderungen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit – in einem ausgewogenen Verhältnis zu ökonomischen Notwendigkeiten – entsprechen. Dieses Qualitätsmerkmal stellt den Bezug zwischen nachhaltiger Arbeit und dem breiteren Kontext nachhaltigen Wirtschaftens (z.B. regionaler Wirtschaftskreisläufe) her.

Objektiver Indikator: Anteil der Unternehmen und Einrichtungen, die Nachhaltigkeitsprüfungen durchführen, sowie Anteil der Produkte, die ein entsprechendes Siegel (wie z.B. transfair) tragen. Der Siegelstandard ist vorher festzulegen (jährliche Erhebung in x Unternehmen und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

Subjektiver Indikator: Anteil der Beschäftigten, die es für gerechtfertigt halten, dass sie für die Produkte und Leistungen, an denen sie mitwirken, Verantwortung tragen. (Umfragen in x Unternehmen und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

 

5. Ermutigung zu sozialen Innovationen im Bereich Arbeit

Es bedarf der Ermutigung zu individuellen Gestaltungsbeiträgen und sozialen Innovationen in allen Arbeitsformen. Dazu ist der Ausbau von rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, begleitet durch aktivierende Organisationen, erforderlich. Hinsichtlich der inhaltlichen Füllung der Begriffe „Ermutigung“ und „soziale Innovationen“ ist der Tenor auch auf solche Innovationen zu legen, die über den Grundansatz der Mischarbeit hinausgehen (z.B. kollektive Arbeitsformen, Integrationsfirmen, u.a. nicht auf private Gewinn­maxi­mierung ausgerichtete Unternehmensformen, freizügigere Arbeitszeitregime, erweiterte Mitbestim­mungsregelungen).

 

Objektiver Indikator: Verbesserte gesetzliche Regelungen, die die Existenzfähigkeit kollektiver und gemeinwohlorientierter Unternehmensformen ermöglichen, sowie effiziente staatliche Förderinstrumente für die Gründung solcher Unternehmens­formen. (Anzahl und Wertigkeit der entsprechenden Regelungen im Verhältnis zu Wirtschaftsförderungsregelungen)

 

6. Förderung des lebensbegleitenden Lernens und einer entsprechenden Ausbildung

Lebensbegleitendes Lernen in der Erwerbsarbeit und anderen gesellschaftlich nützlichen Arbeiten ermöglicht ein selbstverantwortliches und reflektiertes Verhalten der Bürger/innen in der Gemeinschaft sowie ein produktives und abgesichertes Arbeitsleben. Es ist durch unterstützende Infrastrukturen und aktivierende Organisationen zu fördern. Dieses Handlungsziel korrespondiert mit dem Aspekt der Persönlichkeitsförderlichkeit von Arbeit im Punkt 2.

Objektiver Indikator 1: Anzahl und Qualität der Bildungsangebote sowie deren Verteilung auf die verschiedenen Arbeitsfelder und -formen. (jährliche Erhebung über wahrgenommene Angebote  in x Unternehmen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

Objektiver Indikator 2: Anteil der Fünfundzwanzigjährigen ohne abgeschlossene Ausbildung.
(Statistische Erhebung, quantitative Daten)

Subjektiver Indikator: Anteil der Menschen, die angeben, inhaltlich und zeitlich angemessene Bildungs- bzw. Weiterbildungsmöglichkeiten (z.B. Bildungsurlaub) zu haben. (jährliche Erhebung in x Unternehmen und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

 

7. Querschnittsthema: Geschlechtergerechtigkeit

Es bedarf der gesellschaftlichen Anerkennung und gleicher Möglichkeiten für Frauen und Männer, an verschiedenartigen Tätigkeiten und Arbeitsformen teilzuhaben sowie deren Mischungsverhältnis individuell zu bestimmen (als Rahmenbedingung für die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Leben bei Männern und Frauen).

Objektiver Indikator 1: Anteil der Frauen in Arbeit, deren Einkommen und Position genauso hoch ist wie die der Männer mit gleichwertiger Arbeit. (jährliche Erhebung in x Unternehmen und Institutionen des 1., 2. und 3. Arbeitsmarktes)

Objektiver Indikator 2: Verhältnis zwischen der Erwerbslosenquote und der Arbeitszeit bei Männern und bei Frauen (Statistische Erhebung, quantitative Daten)

 

Reformschritte und Projekte:

Die Entwicklung von Strategien mittlerer Reichweite für nachhaltiges Arbeiten erfolgt unter der Maß­gabe, dass Nachhaltigkeit eine bewusste Verbindung von ökologischen, sozialen, kulturellen und ökono­mi­schen Anforderun­gen darstellt. Das Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitische Rahmenprogramm (ARP) des Landes Berlin ist auf die Erreichung der genannten Handlungsziele und die Etablierung entsprechender Projekte auszurichten.

Um die öffentliche Wahrnehmung neuer Arbeitskonzepte (z.B. der Mischarbeit) zu fördern, ist ein aufsehenerregender gesellschaftlicher Dialog zu einzuleiten, in den auch andere Zielgruppen einzubeziehen sind als die bisher im "Agendaforum" und in den Bezirklichen Bündnissen beteiligten – verbunden mit spektakulären Projek­ten, die das Anliegen verdeutlichen: die Ent­wick­lung von Maßnahmen, die die betroffenen Menschen ansprechen und zugleich einen regionalen Bezug haben.

Die aufgeführten Handlungsziele in Richtung auf Nachhaltigkeit und einen neuen Arbeitsbegriff der „Mischarbeit“ sollen zunächst in den folgenden Reformschritten und Projekten erprobt werden. Wir sind uns bewusst, dass zwischen langfristigen Visionen und eher kurzfristigen Reformvorhaben im Rahmen gesetzlicher und finanzieller Vorgaben z.T. erhebliche Spannungen existieren. Die folgenden Vorschläge beschränken sich nicht auf kurzfristige und begrenzte Bereichsinteressen, sondern sind in unterschiedlichem Maße an langfristigen und grundsätzlichen Handlungszielen und Leit­bildern ausgerichtet. Sie kritisieren das gegenseitige Abschottungsverhalten in der Politik und die damit einher gehende Folgenabwälzung auf andere Bereiche, auf die Natur oder auf nachfolgende Generationen. 

 

1. Reformschritte:

Neufassung oder Änderung von Gesetzen, Verordnungen und Programmen

 

1.1. Kontinuierliche Ausrichtung des Berliner Arbeitsmarkt- und berufsbildungs
politischen Rahmenprogramms (ARP) auf das Ziel der Nachhaltigkeit

Im Arbeitsmarkt- und berufsbildungspolitischen Rahmenprogramm des Berliner Senats sind die wesentlichen Ziele, Grundsätze und instrumentellen Ansätze des Landes Berlin im Bereich der Arbeits- und Berufsbildungsförderung dargelegt. Das ARP trägt dazu bei, die Zielsetzungen der „Lissabonner Strategie“ der Europäischen Union, einschließlich der Europäischen Beschäftigungsstrategie,  zu verwirklichen – und unterliegt in diesem Sinne einer kontinuierliche Fortentwicklung.

Eine Ausrichtung des ARP auf Nachhaltigkeit würde einen wichtigen Beitrag zur Erreichung wesentlicher Elemente des Leitbildes leisten – etwa durch Schaffung von zusätzlichen, sozialen und ökologischen Zukunftsanforderungen genügenden Arbeitsplätzen, durch die Gewährleistung eines quantitativ wie qualitativ ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes, durch die Förderung des lebenslangen Lernens sowie die Prävention und Reduzierung sozialer Ausgrenzung. Nachhaltiges Arbeiten ist konkret zu ermöglichen – sei es über Teilzeit­arbeit-Förderung, Qualifizierung in KMU, Beratungsförderung und  erleichterten Zugang zu Mikrokrediten für Stadtteilorganisationen, fachliche Anleitung von Arbeits­amts-Maßnahmen; entsprechende Vereinbarungen der BBWA könnten durch  Mittelübertragung an die Bezirke zu deren freier, aber zweckentsprechender Verwendung in einer Pilotphase bis 2006 unterstützt werden.

 

1.2. Weiterentwicklung und Neukonzipierung der Bezirklichen Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit (BBWA)

Die Bezirklichen Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit sind Bestandteil der gesamtstädtischen  Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik. Der Erfolg dieser Bündnisse wird nicht zuletzt von der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten abhängen.

Dabei sollte das im Begriff des Bündnisses (Pakt) enthaltene Versprechen eingelöst werden: nämlich zu konkreten Verträgen und Verabre­dun­gen zwischen den Wirtschafts- und Arbeitspartnern zu gelangen. Es  wird deshalb vorgeschla­gen, dass die Bezirksämter alle im jeweiligen Bezirk ansässigen Wirtschafts- und Arbeitspartner (Unternehmen, Beschäftigte, Arbeitslose, Freiwillige ) einladen, um in einer moderierten Zukunftswerkstatt konkrete Zielen und Verabredungen für eine nachhaltige Wirtschafts- und Arbeitspolitik zu entwickeln. Ergebnisse könnten z.B. sein:

·         Selbstverpflichtungen der Unternehmen für ökologische, humanere und demokratischere Verfahrensabläufe im Produktionsprozess – ggf. Prämierung von Vorbild-Unternehmen durch ein Nachhaltigkeits-Siegel;

·         Teilzeitvereinbarungen, Einstellungszusagen, Schaffung geeigneter bezirklicher Förderprogramme – übertragen aus ARP-Mitteln;

·         Übertragung bezirklicher Aufgaben an Stadtteilorganisationen und Freiwillige;

·         Ausweisung von Flächen bzw. Räumen für Eigenarbeitswillige, Nachbarschaftshilfe und Gemeinschaftsnutzung - sowie deren Förderung, Beratung und ggf. Anleitung (über ARP, LOS u.a.)

·         Festlegung von Zielen und Maßnahmen in entsprechenden Vereinbarungen, Verträgen und Förderankündigungen zwischen den Wirtschafts- und Arbeitspartnern.

 

1.3. Umsetzung des Förderprogramms für „Lokales Soziales Kapital“ (LSK und LOS)

Mit dem aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierten Programm „Lokales Soziales Kapital Berlin“ werden Anschubfinanzierungen für Kleinstvorhaben zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Beschäftigungschancen benachteiligter Personengruppen geleistet.  Die zur Verfügung stehenden Mittel sollten vorzugsweise für Vorhaben eingesetzt werden, die geeignet sind, Strukturen und Ziele zu unterstützen, die unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten wünschenswert sind. Die Auswahl der Kleinstvorhaben ist – unter Beachtung der EU-Vorgaben zur Förderfähigkeit von Projekten – entsprechend zu gestalten , d.h. nicht als Ersatz für Arbeits- und Wirtschaftsförderzwecke, sondern mit eigenständigem Profil deutlich auf niedrigschwellige soziale Unternehmen, Eigenarbeits-, Gemeinschaftsnutzungs- und Nachbarschaftsprojekte ausgerichtet.

 

1.4 Neuausrichtung der Berufsbildung und Berufsorientierung

Im Zusammenhang mit der sich verändernden Arbeitswelt und den Erfordernissen zur Veränderung von Inhalt und Qualität der Berufsbildung (siehe auch Aktionsprogramm BMBF „Berufsbildung für eine Nachhaltige Entwicklung“) ist auch die Berufsorientierung inhaltlich neu zu gestalten. Berufsorientierung und Jugendberufshilfe sind auszurichten auf Arbeits- und Lebensorientierung, d.h. sie sind einzubetten in eine umfassende Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie der Jugendlichen sowie mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Somit sind, wie auch vom Forum Bildung empfohlen, ganzheitliche Bildungskonzepte mit bereichsübergreifenden Ansätzen erforderlich.

 

1.5 Ausarbeitung eines Katalogs bezirklicher Aufgaben, die an Stadtteil- und Bürgerorgani­sationen übertragen werden können.

Die Selbstorganisationskraft von Bürgern muss gefördert werden: Nicht zuletzt auch zur Entlastung der Stadt- und Landeskassen sollten die Bezirke – etwa in Form von Bürgerkon­ferenzen – administrative und kommunal-bezirkliche Aufgaben dezentralisieren und ggf. an bürger­schaftliche Einrichtungen delegieren. Diese Übertragung administrativer und bezirklicher Verantwortungen an zivilgesellschaftliche Unternehmen (in Form von Stadtteilorganisationen und bürgerschaftlichen Einrichtungen) bedarf der fördernden Unterstützung durch die Kommune wie auch durch Marktunternehmen.

 

1.6 Mischarbeits-Förderprogramm

Im Zuge der Entwicklung dieser Schritte ist mittelfristig die Auflage eines Misch­arbeits-Förder­pro­gramms mit angepassten Zuschüssen und Krediten für Raum- und Gartenmiete, Regie- und Bera­tungskosten ins Auge zu fassen. Eine funktionierende Mischarbeits-Gesellschaft braucht ein ausge­wogenes Verhältnis von Erwerbs- und Bürgerarbeit im Bereich der öffentlichen Subsis­tenz. Für bür­gerschaftliche Einrichtungen bedarf es angepasster Program­me, die nicht nur den Übergang in den er­sten Arbeitsmarkt zum Ziel haben, sondern auch in der Subsi­stenz verbleiben können. In diesem Sinne be­darf es zeitlich langfristig angelegter Planungshorizonte für die Verfügbarkeit der geförderten Stellen wie auch einer entsprechenden Anerkennungskultur in den Unternehmen.

 

1.7 Planerische Unterstützung durch entsprechende baulich-räumliche Angebote
und Zugänge seitens kommunaler und politischer Rahmenbedingungen

Über die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sollten Freiräume im öffentlichen Bereich wie in der baulichen Struktur für verschiedenartige zivilgesellschaftliche Unternehmungen und Aktivitäten eröffnet werden. Eröffnung heißt in diesem Zusammenhang einerseits, dass diese Flächen zugänglich gemacht werden. Dies betrifft die Ermöglichung einer Nutzungsmischung in bisher monofunktional struk­turierten Stadtquartieren ebenso wie die verbesserte Ermöglichung von Zwischennutzungen mit verbindlicheren Zeithorizonten für die Nutzungsdauer für bestimmte Flächen.

Dazu gehört die Förderung der Mieterselbstorganisation bei der Übernahme von Aufgaben der Haus- und Wohnumfeld-Instandhaltung, der wohnungsnahen Eigen- und Gemeinschaftsarbeit durch Förderung von Mietkosten, Qualifizierung und Kofinanzierung von Arbeitsamtsmaßnahmen (ge­nauere Abstimmung mit dem Fachforum Soziale Stadtentwicklung nötig). Zur Realisierung bedarf es en­ger Kooperationen zwischen der Stadt und den Bezirken. Im Besonderen sollten Flächen und Gebäude im kommunalen Besitz oder in kommunaler Verwaltung für bürgerschaftliche Nutzungen geöffnet werden.

 

1.8 Stärkung der in den Medien geführten Debatte zur Zukunft der Arbeitsgesellschaft

Nachhaltigkeit in der Arbeitswelt ist ein sehr facettenreiches Thema. Viele Facetten sind bislang nur unzureichend bzw. nur in einer kleinen Fachöffentlichkeit näher beleuchtet worden. Aufgrund der elementaren Bedeutung von Arbeit für den Einzelnen wie für die Gesellschaft sollte das Thema verstärkt in die breite Öffentlichkeit getragen werden. Die Frage, wie wir zukünftig leben und arbeiten wollen bzw. sollen, geht alle Menschen an. Die Realisierung einiger Antworten erfordert ggf. weitreichende Veränderungen  im Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Hierzu ist die Erzielung eines gesellschaftlichen Konsenses im Rahmen eines breiten Diskurses erforderlich. Dabei sind unterschiedliche Interessen und Wertvorstellungen zu berücksichtigen. Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und bürgerschaftliche Organisationen, Wissenschaft und Medien sind aufgerufen, sich an dem Diskussionsprozess zu beteiligen und ihn zu fördern.

Die anzustrebende Kooperation zwischen Mediengesellschaften, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sollte u.a. die Themenspektren Bürgerarbeit, Grundgehalt und Mischarbeit umfassen.

 

2. Projekte und Leitprojekte

Konkrete Projekte nachhaltigen Arbeitens und regionaler Wirtschaftskreisläufe sollen in ihrer Praxis gefördert werden. Die in den Berliner Koalitionsverhandlungen avisierten Stadtteil- und Produktiv­genossen­schaften sollen gefördert und durch nachhaltige Konzepte ergänzt werden.

 

Beispielhafte bezirkliche Projekte:

2.1 Beschäftigungsorientierte Genossenschaften (LEITPROJEKT)

Projekt zur Förderung und Begleitung beschäftigungsorientierter Genossenschaften mit lokal­ökono­mi­scher Ausrichtung durch:

·         Vernetzung bestehender und in Gründung befindlicher Genossenschaften und Genossenschafts­gründungs-Initiativen,

·         Erfahrungsaustausch untereinander und mit anderen Genossenschaften, auch außerhalb Berlins und international,

·         Schaffung eines genossenschaftsförderlichen Vernetzungs- und Kooperationsumfelds,

·         Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung des Genossenschaftsgedankens.

Neue Ansätze der Verbindung von Arbeit und Leben sollen erprobt werden mit dem Ziel, tragfähige Existenzsicherungsmodelle auf der Basis des Konzepts nachhaltiger Mischarbeit zu entwickeln und in Berlin anwendbar zu machen. Das Projekt folgt einem Modell wirtschaftlicher Selbsthilfe für lokale Unternehmen, Selbstständige, Existenzgründer/innen, Erwerbslose, freie Träger, selbstverwaltete Projekte und alle Menschen, die aktiv an der Gestaltung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen mitarbeiten möchten.

In der Kooperation der Genossenschaften und Gründungsinitiativen erfolgt ein Austausch zur Entwicklung von Angeboten für ein Kooperationsmanagement und Dienstleistungen für die Genossenschafts­mitglieder (Verwaltung, Marketing, Projektentwicklung, Fortbildungen etc.), über Erfahrungen und Erfolgsbedingungen. Ziele sind die Stärkung der lokalen Ökonomie, die Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeits- und später auch Ausbildungsplätze sowie Erhalt und Entwicklung sozialer, kultureller und der Klein- und Kleinstwirtschaft förderlicher Infrastrukturen. Begonnen werden soll mit der Kooperation der folgenden Teilprojekte:

·         Genossenschaft im RAW-Tempel

·         Stadtteilgenossenschaft Schöneberg

·         berlin-trans-fair – Genossenschaft zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit eG

·         Schüler- und Jugendgenossenschaft(en) Prenzlauer Berg

·         Stadtteilgenossenschaft Wedding für wohnortnahe Dienstleistungen eG

 

2.2 Räume für Eigenarbeit in jedem Berliner Bezirk (LEITPROJEKT)

In jedem Berliner Bezirk entsteht ein "Haus und Garten der Eigenarbeit". Hierfür existieren gut funktionierende Vorbilder, zu denen Kooperationskontakte bestehen ("ANstiftung", insbesondere München). Diese Häuser bieten den Anwohner/innen unter Betreuung erfahrener (arbeitsloser bzw. verrenteter) Facharbeiter/innen die Möglichkeit, in ihrer Freizeit handwerkliche Fähigkeiten durch das Erstellen eigener Produkte weiterzuentwickeln. Dadurch entstehen neue, durchaus für die Erwerbsfähigkeit relevante Qualifikationen und Kompetenzen, ein höheres Selbstbewusstsein, neue soziale Kontaktnetze (Treffpunkt im Haus) und Produkte für den eigenen Bedarf. Durch fachgerechte Betreuung, Material- und Gerätebereitstellung wird das Wissen über umweltverträgliche Produktionsweisen und den pfleglichen Umgang mit den Produkten erhöht.

 

Beispielhafte Experimentierprojekte für nachhaltiges Arbeiten in der Region:

 

2.3 Center für Recycling und Wiederaufbereitung von Elektro- und Elektronik­schrott

Projekt zur ökologischen relevanten Zerlegung, Verwertung und Entsorgung sowie Aufarbei­tung von Elektronikschrott mit dem Ziel des Produkt- und Material-Recyclings sowie der Schaffung von langfristigen Arbeitsplätzen.

Im Bereich der Aufarbeitung von Komponenten zur Wiederverwendung erfolgt eine Prüfung auf Funktion der einzelnen Baugruppen sowie deren Zusammenstellung zu „neuen“ Funktionseinheiten. Je nach Bedarf an Menge und Verwendung werden diese wieder funktionsfähigen Komponenten Einrichtungen und Personen zur Verfügung gestellt (wie z.B. Bildungseinrichtungen, soziale Einrich­tungen, internationale Projekte). Eine weitere Chance ergibt sich durch Erschließung von Märkten im Ausland, vor allem in Osteuropa, wo eine große Nachfrage nach gebrauchten Produkten vorliegt.

Die Gestaltung der Arbeitsplätze und der Anforderungsprofile soll so erfolgen, dass vor allem auch Menschen mit physischen Einschränkungen diese Arbeitsplätze besetzen können und eine anspruchsvolle, abwechslungsreiche Tätigkeit im Rahmen eines Mischarbeitskonzepts erhalten.

 

2.4 Neue Arbeitsplätze in Berlin und Brandenburg durch Vermarktung regionaler
Produkte

Im Landschaftsraum des Regionalparks Barnimer Feldmark existieren diverse Erzeuger landwirt­schaftlicher, u. a. auch ökologischer Produkte, jedoch erweisen sich Verarbeitung, Veredlung und Vermarktung als problematisch. Die Erzeuger sind mit der Organisation der Vermarktung (bis­her nur über Hofläden) und der PR für ihre Produkte häufig überfordert. Bislang aber müs­sen die Bundeslän­der Berlin und Brandenburg an den Ländergrenzen mit ihrer Förderung halt ma­chen müssen. Dieser Sachverhalt erschwert Aktivitäten für eine nachhaltige Regionalent­wick­lung.

Zielstellung des Projektes ist es, regionale Wirtschaftskreisläufe im Regionalpark „Barnimer Feld­mark“ zu initiieren bzw. zu unterstützen und somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Kontext zukunftsfähiger Regionalentwicklung sowie zur Reduzierung von Umweltbelastungen beizutragen.

Gleichzeitig wird damit den Bedürfnissen nach gesunder Ernährung im Zusammenhang mit der in Diskussion befindlichen Neuorientierung der Landwirtschaft entsprochen, aber auch zur Fusion Berlin/Brandenburg kann beigetragen werden. Synergieeffekte sind u.a. in den Bereichen Touris­mus, ökologischer Landbau, Ausbildung, EU-Osterweiterung usw. zu erwarten.

Die Etablierung einer Vermarktungs-Genossenschaft soll die aktuelle Diskussion um Gründungen der­artiger Organisationsstrukturen befördern und beispielhaft für neue Organisationsformen zur Schaffung von Arbeitsplätzen sein. Die bestehende länderübergreifende Entwicklungspart­ner­schaft „Regionalpark Barnimer Feldmark“ kann auf vielfältige Aktivitäten und Koopera­tions­beziehungen verweisen.

 

2.5 Entwicklungsagenturen für soziale Unternehmen und Stadtteilökonomie

Als Vorbild für dieses Projekt könnte das im Rahmen des ESF Artikel 6 geförderte Modellprojekt „Berliner Entwicklungsagentur / BEST“ dienen.

 

Forschungs- und Bildungsprojekte zur Etablierung und Qualifizierung einer
effektiven Infrastruktur für nachhaltiges Arbeiten in der Region:

 

2.6 Bürgerschaftliches Engagement und Arbeit am Beispiel der Agenda 21 (LEITPROJEKT)

Dieses Projekt hat auf der einen Seite zum Ziel, das Konzept der Mischarbeit am Beispiel der Mitarbeit von Bürgern in den Agenda-Fachforen zu konkretisieren, denn diese Mitarbeit ist eine Form der Mischarbeit – und eine Arbeitsform, ohne die der Agendaprozess nicht möglich wäre. Jede/r Enga­gierte ist gleichzeitig in anderen Arbeiten tätig, und im Agendaprozess arbeiten Teilnehmer in un­ter­schiedlichen Arbeitsrollen zusammen (als Senatsangestellte, als wissenschaftliche Experten, als Delegierte von NROs und als engagierte Bürger). Zum anderen gibt es erhebliche Unzufrieden­heit mit der Handhabung des Engagements, seiner Anerkennung und Honorierung, was zu einer Unter­nutzung des Engagementpotenzials in Berlin führt. Das Projekt beinhaltet daher drei Schritte:

Erstens eine Bestandsaufnahme des Wissens über die Ausgestaltung von Ehrenamt in Nachhaltig­keitsprozessen, von hemmenden und fördernden Faktoren; zweitens die Erhebung von Interessen, Erfahrungen und Lernprozessen der Beteiligten im Berliner Agendaprozess; drittens die Ausar­bei­tung von Empfehlungen zur besseren Förderung und Anerkennung bürgerschaftlichen Engage­ments.

 

2.7 Qualitätsmanagement und Controlling-Verfahren für bürger­schaftliche Einrichtungen

Im Rahmen eines praxisorientierten Projektes sollen Verfahren für die Sicherung von Dienstlei­stungs­qualität und Kontrollmöglichkeiten für die Leistungen aus Bürgerarbeit entwickelt werden. Weiterhin sollen Bewertungsmöglichkeiten, die für unterschiedliche Anerkennungsinstrumente für bürgerschaftliche Leistungen verwendet werden können, evaluiert, neue entwickelt und Chancen und Wege für deren Etablierung erarbeitet werden. Dies wäre als praxisnahes Forschungsprojekt umzusetzen.

 

2.8 Aufbau einer ‚Subsistenz-Akademie’ (Arbeitstitel)

Die avisierte Bildungseinrichtung mit dem Arbeitstitel ‚Subsistenzakademie’ soll spezifische Qualifi­ka­tionen, die für Bürgerarbeit-/gemeinschafts­orien­tier­te Subsistenzarbeit von besonderer Bedeutung sind, vermitteln, verbessern und trainieren. So sollen neben Trainingsseminaren, die mit einem Zerti­fi­kat abge­schlossen werden, auch eigene Lehrgänge und Kurzausbildungen angeboten werden, so z.B. zum Ehrenamtskoordinator, zur Ma­nagerin von bürgerschaftlichen Einrichtungen, zum Akqui­siteur von För­der­mitteln, zur Netzwerkerin u.ä.. Gleichzeitig wird es Aufgabe der Akademie sein, die öffentliche und auch sektorübergreifende Anerkennung der vermittelten Qualifikationen zu fördern und zu stärken. Sie soll zu einem zertifizier­ten Ab­schluss ausbilden.

Die notwendigen Qualifikationen, die durch die Verbindung von öffentlicher Subsistenz- und Er­werbs­arbeit in bürgerschaftlichen Einrichtungen besonders gefordert sind, lassen sich über verschie­dene umfassende quantitative und qualitative Untersuchungen in bundesdeutschen Städten der letzten vier Jahre differenziert ableiten. Es wird aber auch ein wichtiger Teil der Projektentwick­lung sein, die unterschiedlichen Notwendigkeiten und Vorstellungen von adäquaten Qualifizierungs­maß­nahmen und -zie­len im Rahmen der ‚Subsistenzakademie’ zu sammeln, zu sichten, zu bewerten und abschließend zu einer Reihe von Qualifikationen und Trainingsprogrammen zu bündeln. Ergänzend braucht es den Aufbau von Kooperationen und Synergien mit bestehenden Bildungs­ein­richtungen, möglicherweise auch in Form von Referent/innentausch oder gemeinsamen Abschluss­möglichkeiten bzw. im Sinne technischer und räumlicher Kooperationen.

Mit dem Aufbau einer ‚Subsistenzakademie’ ist die Etablierung einer Institution im öffentlichen Raum avisiert, die auf hohem Niveau Qualifikationen für unterschiedlichste Dienstleistungen im Bereich der Bürgerarbeit vermittelt, verbessert und trainiert.


2.3.2        Strukturwandel zur Informationsgesellschaft

Problemskizze

Nachhaltige Entwicklung bedarf eines zukunftsfähigen Wirtschaftens, einer Wirtschaftsweise, welche die Grundanliegen der Menschen nach Befriedigung ihrer Bedürfnisse, nach Arbeit und Arbeitsplätzen in einer intakten Umwelt berücksichtigt.

Die Entwicklung der Industriegesellschaft hin zur Informationsgesellschaft ist ein globaler Prozess, der Alltag, Beruf, Freizeit, Ausbildung und Konsum der Menschen weitreichend verändert. Es ist überaus bedeutend, sich diesen Wandlungen und den damit verbundenen sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen zu stellen und sie unter dem Blickwinkel der nachhaltigen Entwicklung zu bewerten, zu beeinflussen und mitzugestalten.

Um die wirtschaftlichen Impulse im Sinne von zukunftsfähiger Entwicklung gezielt mit positiven sozialen und ökologischen Effekten zu verbinden, sollten vor allem drei Herausforderungen des Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) angegangen werden:

 

a)    Nachhaltigkeitsaspekte müssen in der IKT (Informations- und Kommunikationstechnik) stärker berücksichtigt werden. Gegenwärtig wird für die Herstellung eines Computers ungefähr 1 t Material verbraucht („ökologischer Rucksack“). IKT-Geräte vergeuden mit ihren Stand-by-Schaltungen in Deutschland etwa 8 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr, was der Leistung eines Großkraftwerks entspricht. Jährlich fallen aus dem Bereich Informations- und Kommunikationstechnik ca. 350.000 t an schwermetallhaltigem Elektronikschrott an (alle Angaben BMBF/IZT 2003). Der Großteil des Elektronikschrotts wird verbrannt oder deponiert, der Anteil stofflicher Verwertung ist gering. Eine Wiederverwendung von Geräten oder Komponenten findet kaum statt. Aufgrund dessen führen die immer kürzer werdenden Innovationszyklen zu einer entsprechend kurzen Produktlebensdauer und dazu, dass Mengeneffekte die Effizienzvorteile neuer Produkte überkompensieren. Produkte der IKT müssen deshalb ressourceneffizient und schadstoffarm sein. Ihre Wieder- und Weiterverwendung ist verstärkt zu entwickeln.
Auf der anderen Seite bestehen vielfältige Möglichkeiten, die Entwicklung in Richtung Nachhal­tig­keit durch IKT zu unterstützen. Der Sektor der IKT zeichnet sich durch das Zusammentreffen  zweier Besonderheiten aus. Die hohe Innovationsgeschwindigkeit zum Ersten und zum Zweiten die weite Ausbreitung/Durchdringung in anderen Wirtschaftssektoren bewirken, dass die IKT wie kein anderer Sektor derzeit die wirtschaftliche und auch die soziokulturelle Entwicklungsdynamik mitprägt. Aus Sicht der Nachhaltigkeitsperspektive eröffnen sich eine Vielzahl von Möglichkeiten.  In vielen Daseinsbereichen kann die IuK-Technik dazu beitragen, dass Ressourcen geschont, Kosten verringert oder soziale Bedingungen verbessert werden.

b)    57 % der Berliner ab 14 Jahren nutzen das Internet und 62 % aller Erwerbstätigen in Deutschland haben mit programmgesteuerten Maschinen und Anlagen zu tun. Mit dem Internetzugang und IT-Kompetenz sind grundlegende Veränderungen bei der Nutzung von Informationen, im Konsum, aber auch bei der Beteiligung von Bürgern an demokratischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen verbunden. An dieser Entwicklung nehmen aber nicht alle Gruppen der Bevölkerung teil. Es kommt nach Alter, Bildung, Einkommen, Geschlecht und Wohnort/Wohnlage zu einer "digitalen Spaltung" der Gesellschaft in "Onliner" und "Offliner". Die Aufhebung dieser Spaltung, die "Digitale Integration" ist damit ein dringendes und sämtliche Bereiche gesellschaftlicher Aktivitäten berührendes Aufgabenfeld, wenn die Entwicklung zur Informationsgesellschaft ohne zusätzliche soziale Verwerfungen erfolgen soll.

Die modernen Informations- und Kommunikationstechniken bieten vielfältige Chancen für eine Ressourcen schonendere, sozial gerechtere und in höherem Maße gemeinschaftlich gestaltete Zukunft. Diese Chancen gilt es frühzeitig zu erkennen, zu fördern und aktiv zu nutzen.

 

Leitbild

Berlin wird eine Stadt, in der

·         die Innovationen der Informations- und Kommunikationstechniken entwickelt, nachhaltig gestaltet und im Sinne einer Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft genutzt werden und in der

·         alle die gleichen Zugangschancen zu technisch vermittelter Information und Kommunikation haben - für Arbeit, politische Teilhabe und Freizeit, unabhängig von Geschlecht, Alter, Bildung, Einkommen, Herkunft oder körperlichen Einschränkungen.

 

Ziele

a)  Die Informations- und Kommunikationstechnik wird Ressourcen sparend und schadstoffarm gestaltet. Der Energieverbrauch in Produktion und Gebrauch wird minimiert, der Anfall von Elektronikschrott durch hochwertige Strukturen in der Kreislaufwirtschaft verringert. Hierzu werden Wiederverwendung und Recycling ausgebaut und bereits in die Produktion und Beschaffung integriert sowie eine Entkoppelung der Produktlebensdauer von den Innovationszyklen angestrebt. Darüber hinaus werden IKT eingesetzt, um die Ressourceneffizienz in anderen Wirtschafts- und Konsumbereichen zu erhöhen sowie Kooperation und Vernetzung zu befördern.

b)  Das Grundangebot an Information für alle Mitglieder der Gesellschaft und deren freier Zugang zu Informations- und Kommunikationsquellen werden gesichert und gefördert. Das geistige Eigentum wird geschützt, die Medienkompetenz sowie Ressourcen schonende und sozialförderliche IKT-Anwendungen verbreitert. Dazu zählt insbesondere auch ihre Nutzung für partizipative Prozesse. Dafür ist ein preiswertes, sicheres und schnelles Internet für alle von hoher Bedeutung.

Für diese Ziele sollen bis zum Jahr 2006 die erforderlichen Maßnahmen und Projekte gestartet (s. u.) und erste signifikante Verbesserungen bei allen Indikatoren erreicht werden. EDV-Geräte sollen bis dahin zu einem Anteil von mindestens 20 % nach ökologischen Kriterien beschafft werden, bis 2020 zu 100 %. Berlin soll seine Spitzenstellung bei der Verbreitung von Internetanschlüssen beibehalten und die Unterschiede der Anteile verschiedener Bevölkerungsgruppen vermindern, u. a. durch Bildungsangebote und die Unterstützung kostengünstiger Angebote wiederverwendbarer Geräte.

 

Indikatoren

zu a):

·         Anzahl der Forschungs- und Entwicklungs-Projekte im Bereich „Nachhaltigkeit und IKT“

·         Anzahl der Aus- und Weiterbildungsgänge zu IKT an Universitäten und Fortbildungseinrichtungen und Anzahl der Teilnehmer

·         Aufkommen, Wiederverwendungs- und Recyclingquote zu entsorgender EDV-Geräte

·         Anteil der nach ökologisch Maßstäben beschafften und der wiederverwendeten EDV-Geräte in der öffentlichen Verwaltung

zu b):

·         Anzahl der Internet-Anschlüsse pro 1000 Einwohner/Haushalte

·         Unterschiede des Internetzugangs nach Geschlecht, Altersgruppe, Bildung, Einkommen und Herkunft (prozentuale Abweichung vom Durchschnitt)

·         Ausstattungsgrad der Schulen mit IKT und Internetzugängen

·         Anteil der Vorgänge im e-government (IKT-unterstützte Verwaltung) an den Gesamtaktivitäten der Verwaltung

 

Maßnahmen

Berlin betreibt weiterhin die erfolgreiche Landesinitiative „Projekt Zukunft“ und nutzt in diesem Rahmen oder darüber hinaus die folgenden Handlungsoptionen:

zu a):

·         Aufbau einer lokalen Kreislaufwirtschaft für IKT-Produkte mit effizienten Systemen zur Verlängerung der Nutzungsdauer, der Rücknahme und des hochwertigen Recyclings

·         Konkretisierung und Umsetzung der bundesweiten Roadmap für Nachhaltigkeit in der Informations- und Kommunikationstechnik in und für Berlin

·         Informationen zur nachhaltigen Konsumtion und Produktion von Waren, Dienstleistungen und Kulturgütern für Verbraucher und Hersteller mittels geeigneter Portale sowie strukturelle Anpassungen im wirtschaftlichen und öffentlichen Beschaffungswesen

·         Verbesserung der gesellschaftlichen Infrastruktur, vor allem in den Bereichen Verkehr, Logistik und Gesundheitsversorgung durch aktive Nutzung der IKT-Potenziale

zu b):

·         verbesserte Bildungsangebote zur Medienkompetenz insbesondere für Frauen, Jugendliche, Senioren, Erwerbslose und Migranten, Ausbau des barrierefreien Internets auch außerhalb der Verwaltung (durch Partnerschaften)

·         aktive Gestaltung neuer Arbeitswelten durch den Einsatz moderner Informationstechniken, die sich durch hohe Flexibilität, Mobilität und lebenslanges Lernen auszeichnen

·         Ausbau des e-government und der e-democracy mit hoher Transparenz und leichteren Zugängen zu Entscheidungsprozessen

·         Kooperation mit Kommunen und Nichtregierungsorganisationen aus Ländern des Südens zur Überwindung der globalen digitalen Spaltung in „information rich“ und „information poor“.

 

Leitprojekte

a) Zukunftsfähiges Berlin durch Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik

Die Landesinitiative „Projekt Zukunft“ erschließt die Potenziale Berlins im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien und gestaltet den Strukturwandel der Stadt. Mit Initiativen und Projekten, Public-Private-Partnerships, Veranstaltungen, Informationskampagnen und Öffentlichkeitsarbeit fördert die Landesinitiative die Zukunft Berlins in der Informationsgesellschaft. Hierbei sollen die im Handlungsfeld genannten Nachhaltigkeitsziele einfließen. In Kooperation mit der Landesinitiative wird das Thema Nachhaltigkeit/Zukunftsfähigkeit in die weiteren Aktivitäten eingebunden. Durch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen und Innovations-Netzwerke werden Möglichkeiten einer zukunftsfähigen Gestaltung unserer Gesellschaft durch IKT beispielhaft kommuniziert. Herausragende Beispiele könnten im Rahmen eines Wettbewerbs prämiert werden.

Ziel dieser Aktivitäten ist es vor allem, die Berliner IKT-Wirtschaft darin zu unterstützen bzw. anzuregen, Potenziale der Nachhaltigkeit in bzw. durch die IKT zu erkennen und zu nutzen.

In Zusammenarbeit mit den Verwaltungen wird die Orientierung der öffentlichen Beschaffung dahin gehend verstärkt, dass zukünftig vermehrt umweltgerechte IKT-Produkte nachgefragt werden. Dadurch nutzt die öffentliche Hand ihre Macht als Großkonsument und beeinflusst die Produkt- und Dienstleistungsangebote.

 

b) Ausbau der regionalen Kreislaufwirtschaft im IKT-Bereich

Die Wieder- und Weiterverwendung von IKT, insbesondere EDV-Technik, ist bisher nur rudimentär entwickelt. Gerade das öffentliche Beschaffungswesen hat hier die Möglichkeit, wesentliche Impulse für eine entsprechende Kreislaufwirtschaft zu geben. Es liegt auch im Interesse der öffentlichen Hand, wiederverwendbare IKT zu nutzen, angesichts der knappen Haushaltssituation und der in einigen Bereichen (z.B. Polizei) eklatant schlechten Ausstattung mit EDV-Technik.

Dies setzt allerdings voraus, dass entsprechende Beschaffungsrichtlinien dahin gehend überarbeitet werden, dass eine Beschaffung von wiederverwendbarer IKT möglich wird. Die Beschaffer müssen von den Vorteilen einer solchen Beschaffung überzeugt und mittels eines Internetportals für wiederverwendbare EDV sind unkomplizierte Zugangsbedingungen zu realisieren.

 

c) Kiezportale

Das Internet hat für eine Förderung der nachhaltigen Entwicklung durch die IKT eine mehrdimensionale Bedeutung. Bei richtiger Handhabung kann mit Hilfe dieses Medium die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem lokalen Kiez und der Entwicklung ihres Bezirkes gestärkt, können Anregungen und Unterstützung für einen bewussteren Konsum und die Entwicklung internetgestützter Dienstleistungen befördert werden. Eine Kampagne (beispielsweise in Anlehnung an die „Netdays Europe Berlin“) könnte die Umsetzung unterstützen.

 

Erstens kommt dem Internet eine erhebliche Bedeutung zu, im Sinne einer „Befähigung“ der Konsumenten. Damit ist gemeint, diese darin zu unterstützen, zukunftsfähige, also auf Nachhaltigkeit hin orientierte Produkte und Dienstleistungen nachzufragen. Im dem zentralen Wechselspiel zwischen Nachfrage und Angebot kann die Angebotssituation verbessert werden, wenn die Transparenz erhöht und die „Konsumentenmacht“ durch entsprechende Maßnahmen mobilisiert wird. Hierfür bietet das Internet eine ideale Informationsplattform. Ziel ist es hierbei, eine Orientierung der Konsumenten durch stationäre und mobile Produktinformationen am Ort des Konsumprozesses zu bieten. In einem ersten Schritt sind hierfür Kiezportale für die lokale Konsumenteninformation (unter Berücksichtigung des „nachhaltigen Warenkorbs“) und zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft auf- bzw. auszubauen. Parallel dazu sind die technologischen Voraussetzungen für eine mobile Produktinformationen am Ort des Konsumprozesses zu schaffen. So sollte beispielsweise der städtische Ausbau von Hot Spots zum mobilen Einstieg ins Internet (über W-LAN) unterstützt werden.

Zweitens können diese Maßnahmen wesentlich dazu beitragen, dass eine digitale Integration (als Gegenmaßnahme zur digitalen Spaltung) vorangebracht wird. Denn nur, wenn den Menschen sinnfällige und auf ihre Bedürfnisse genau zugeschnittene Angebote im Internet offeriert werden, steigt die Bereitschaft bzw. das Interesse, dieses Medium zu nutzen. Hierfür sind quartiersbezogen Internetstationen (vorzugsweise im Einkaufsbereich) anzubieten, und parallel dazu Informationen über günstige Beschaffungsmöglichkeiten von EDV-Technik in Kombination mit einem Service-Netzwerk (plug and surf).

 


2.4      Bildung für die Zukunft
           Bildung zukunftsorientiert gestalten

Problemskizze

Bildung ist die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung unserer Gesellschaft, einer Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch kulturelle Vielfalt, technologische Veränderungen aber auch durch zunehmende ökonomische und soziale Ungleichheiten und begrenzte Ressourcen. Das ist auch in Berlin spürbar. In den meisten Bildungseinrichtungen steht eine Form der Wissensvermittlung im Vordergrund, die nicht ausreichend ist, um Kinder und Jugendlichen auf die Aufgaben zur Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Probleme in Gegenwart und Zukunft vorzubereiten.

Auch im Berliner Schulsystem werden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, für Menschen mit nichtdeutscher Herkunft und aus benachteiligten sozialen und ökonomischen Lebensverhältnissen sowie für Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen nicht aufgehoben, sondern verstärkt. Besonders Jugendliche nichtdeutscher Herkunft haben geringere Chancen in Schule, Ausbildung und Beruf. Jeder vierte ausländische Jugendliche verlässt die Schule ohne Abschluss und nur jeder zwölfte macht Abitur. Immer noch kommen  10 % der Kinder ohne vorschulische Sprachförderung oder mit nur einjähriger vorschulischer Bildung in die Schule. Das sind einige Gründe, die ein Umdenken erforderlich machen.

 

Leitbild

Bildung befähigt alle Berliner/innen, vor allem auch Menschen mit Behinderungen, aktiv gestaltend an der gesellschaftlichen zukunftsfähigen und umweltverträglichen Entwicklung einer multikulturellen europäischen Metropole teilzunehmen. Bildung ist ein lebenslanger handlungsorientierter Prozess, der u.a. das Ziel hat, aktiv an der Gestaltung des Wohn- und Lebensumfeldes mitzuwirken. Dabei sollen Konzepte der Nachhaltigkeit handlungsleitend sein.

Der Erwerb von Sprachkompetenz ist eine Grundlage und Voraussetzung gesellschaftlicher Integration. Kommunikation befähigt insbesondere Menschen nichtdeutscher Herkunft zur aktiven Mitgestaltung einer zukunftsfähigen Gesellschaft.

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung wird eine Selbstverständlichkeit im lebenslangen Bildungsprozess in allen Bildungsbereichen. Die Lern- und Innovationsbereitschaft von Menschen und Institutionen wird in ihren Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen der Stadt im Sinne der Nachhaltigkeit sichtbar.

 

Ziele

Dem Bereich Bildung lassen sich vier Qualitäts- und vielfältige Handlungsziele zuordnen:

 

Qualitätsziel 1: Modernisierung des formalen Bildungssystems auch unter dem Leitbild
„Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“

·         Eine Grundlage für nachhaltige Entwicklung ist die Vermittlung von Wissen über ökologisches Gleichgewicht, über soziale Gerechtigkeit hier vor Ort und weltweit und über Strategien ökologischer und sozial verträglicher Wirtschaft.

·         Stärkung der Lern- und Innovationsbereitschaft von Menschen und Institutionen und die Reflexion unserer kulturellen Werte durch lebenslanges Lernen, Qualifizierung und Kompetenzvermittlung.

·         Vermittlung von Gestaltungskompetenz (nach de Haan und Harenberg): Durch sie werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene befähigt interdisziplinär, vorausschauend und vernetzt zu denken, eigene Zukunftsentwürfe zu planen, sich und andere zu motivieren. Sie lernen sich ökologisch und sozial verträglich und verantwortungsvoll zu verhalten sowie ihren Lebensstil und Konsumverhalten selbst zu reflektieren. Um aktiv an der Gesellschaft partizipieren zu können, sind inner- und außerhalb der Bildungseinrichtungen vielfältige Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten zu erproben. Darüber hinaus erwerben sie die Fähigkeit zur Konfliktbewältigung, die den Respekt für unterschiedliche Menschen, Ideen, Werte und Leistungen beinhaltet.

Handlungsziele:

·         Integration der Nachhaltigkeitsthemen in Rahmenpläne und Schulprogramme, auch als Querschnittsthemen

·         Erarbeitung von Handreichungen zu konkreten Nachhaltigkeitsthemen, vor allem für die Sekundarstufen I und II und für den beruflichen Bildungsbereich

·         Unterstützung bei dem Anstreben positiver inner- und außerschulischer Evaluationsergebnisse zu den Nachhaltigkeitsprojekten und neuen Bildungszielen

·         Unterstützung von fachübergreifenden langfristigen Schulprojekten zur Nachhaltigkeit, z.B. zur sozialen Partizipation, zu globalem Lernen, zu vernetztem Denken, zur Mobilitätserziehung, zu interkultureller Arbeit oder zur Umweltbildung und/oder Gesundheitserziehung

 

Qualitätsziel 2: Kitas, Schulen und Bildungseinrichtungen entwickeln sich als gesundheitsfördernde, ökologisch anregend gestaltete soziale Lebens- und Lernräume, die Kinder, Schüler/innen, Eltern, ErzieherInnen  und Lehrer/innen eigenverantwortlich und phantasievoll mitgestalten und in denen sie sich wohlfühlen. Schulen erarbeiten ein eigenständiges Profil und beziehen ihre Umgebung und die dort tätigen sozialen und ökologischen Initiativen, aber auch Wirtschaftsunternehmen und Einrichtungen, die Nachhaltigkeit zum Leitbild haben, aktiv ein.

Handlungsziele:

·         Erweiterung der Mitgestaltungsmöglichkeiten in Kitas, in Schulen bei der Schulraum- und Schulhofgestaltung durch Beteiligung von Kindern, Eltern und Kooperationspartner, z.B. durch Energiespareinrichtungen, durch Begrünung, durch ökologische Baustoffe, durch Bewegungsangebote, gesunde Ernährungsangebote.

 

Qualitätsziel 3: Alle Menschen, Mädchen und Jungen, Männer und Frauen, werden in ihren individuellen Fähigkeiten, ihren kulturellen Prägungen gefördert und erhalten unabhängig von ihren Beeinträchtigungen einen gerechten Zugang zu allen Bildungsangeboten. Die Sprachkompetenz von Lernanfängern und von jungen Menschen mit nicht deutschsprachigem Hintergrund wird verbessert.

Handlungsziele:

·         Abnahme des Anteils der Schulabgänger ohne Abschluss (maximal 7 Prozent bis 2010, maximal 11 Prozent bis 2020)

·         Integration von Kindern, Schüler/innen mit Beeinträchtigungen und besonderem Förderungsbedarf in allen Bildungseinrichtungen in einem lebenslangen Bildungsprozess im gemeinsamen Lernprozess mit allen Menschen

·         Förderung der individuellen Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern durch Angebote von extracurricularen Kursen

·         Gerechte Teilhabe von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern an allen Bildungsangeboten . Spezielle Mädchenförderungsangebote

·         Verbesserter altersunabhängiger Zugang zu Sprachkursen und Sprachförderungsmöglichkeiten und Erweiterung des Angebots im vorschulischen, schulischen und außerschulischen Bereich

 

Qualitätsziel 4: Bildung erfährt generell eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung, vor allem durch die Bereitstellung von mehr Ressourcen. Alle in der Bildung Tätigen werden besser qualifiziert, die individuelle Bereitschaft zur Qualifizierung wird adäquat honoriert.

Handlungsziele:

·         Verkleinerung der Gruppen und Klassenstärken in den Berliner Kitas, Horten und Schulen in Bezug auf die Praxis im Jahr 2004 (maximal 25 SchülerInnen pro Klasse und maximal 15 Kinder pro Erzieherin in Hortgruppen)

·         Erweiterung der Qualifikationsangebote für ErzieherInnen und Lehrerinnen zur Förderung der Sprachbildung

·         Ausweitung der finanziellen Anreize und Schaffung von Aufstiegschancen für den Beruf der Erzieherinnen und Erzieher, so dass vor allem Männer diesen Berufsweg einschlagen

·         Ausweitung von Fortbildungsangeboten für alle in der Bildung Beschäftigten zur Messung der Effektivität und zur Erhöhung der Zufriedenheit

·         Entwicklung von neuen Formen höherer Anerkennung für Lehrer/innen und Schüler/innen, die konstruktive Projektarbeit leisten und bürgerschaftliches Engagement zeigen

 

Indikatoren

Auf der strukturellen schulpolitischen Ebene:

·         Gruppengröße in Kindertagesstätten

·         Prozentsatz der Lehrenden in der Vor- und Grundschule mit einer Qualifikation für Sprachbildung

·         Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss

·         Anteil der Schulabgänger mit Abitur

·         Anteil der Männer im vorschulischen Elementarbereich und im Grundschulbereich

·         Anteil der Frauen in Führungspositionen in allen Bereichen der Bildung, vor allem in Leitungsfunktionen von Jugendhilfeeinrichtungen, Senatsverwaltungen, Schulen und Universitäten

·         Anteil der fachübergreifenden langfristigen Projekte zur Nachhaltigkeit an Kitas, Schulen und Universitäten

·         Verankerung der Bildung für Nachhaltigkeit in der Lehrer/innenausbildung an der Universität und in den schulpraktischen Seminaren

·         Anzahl der Kooperationen von Schulen mit Externen im Rahmen von Nachhaltigkeitsprojekten

·         Anzahl der Integrationskinder in allen Bildungseinrichtungen

 

Auf der Schulebene:

·         Anzahl der Schulprogramme, die Nachhaltigkeitsprojekte und –themen enthalten

·         Anzahl der Partizipationsprojekte und –methoden im schulischen Alltag

·         Anzahl der unterrichtlichen Projekt- und Unterrichtsangebote von fachübergreifenden Nachhaltigkeitsthemen zu sozialen, globalen, ökologischen und ökonomischen Fragen

 

Vorschläge für die nächsten Schritte auf der politischen Ebene:

Auf den Senatsebenen von Wissenschaft , Bildung, Schule und Jugend:

·         Integration der Nachhaltigkeitsthematiken und -methoden in die Lehrer/innenausbildung, in die Erzieher/innenausbildung, in Rahmenpläne und Schulprogramme, vor allem in den Sekundarstufen I und II sowie in der beruflichen Bildung bis 2006

·         Einrichtung von Informations- und Beratungsstellen zum Aufbau, zur Durchführung und zur Qualitätssicherung von Nachhaltigkeitsprojekten in Kitas, Schulen und Universitäten

·         Freistellung und Fortbildung von Multiplikatoren und Koordinatoren für die Förderung  und Umsetzung nachhaltiger Programme und Projekte in allen Bildungseinrichtungen, vor allem auch im beruflichen Bereich

·         Einrichtung neuer Sprachförderungsangebote in allen Bildungseinrichtungen, z.B. auch für Familienangehörige, kostenfreie Angebote an alle, die sprachlich gefördert werden wollen, auch mit Hilfe von Partnerschaften mit Senioren, mit älteren Schüler/innen usw.

·         Schaffung von neuen Integrationsangeboten von Kindern, Schüler/innen mit Beeinträchtigungen und besonderem Förderungsbedarf in allen Bildungseinrichtungen und Fortbildungsmöglichkeiten für Erzieher/innen zu Facherzieher/innen für die Integration behinderter Kinder

·         Herstellung von Handreichungen zur Mobilitätserziehung für die Sek. I und II

 

Zur Umsetzung dieser Maßnahmen wurden und werden in Berlin bereits Projekte realisiert. Diese sollten in jedem Fall fortgeführt sowie qualitativ und in ihrer Reichweite ausgebaut werden. Leitprojekte mit besonderer Hebelwirkung sollen als konzertierte Aktionen von Agendaforum, Vereinen, Verbänden und Institutionen gemeinsam mit den Berliner Verwaltungen realisiert werden.

 

Leitprojekte

 

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

In dem bundesdeutschen Modellversuch arbeiteten ca. 200 Schulen von 1999 bis 2004. In 20 Berliner Programmschulen wurden 34 Beiträge zur Schulentwicklung, zu neuen Unterrichtsinhalten und Unter­richtsmethoden umgesetzt.. Grundlage dazu waren die Inhalte der Agenda 21., Es wurden Innovationen zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung entwickelt. Alle Materialien sind für andere Schulen zugängig und können von ihnen weiter angewendet, erweitert, verändert werden. Sie können einen Baustein für das Schulprogramm bilden, in schulinterne Curricula übernommen werden und auf verschiedenen Ebenen der Schule angesiedelt werden: z.B. bei der Schulgestaltung, bei fachübergreifenden Projekten, bei der Einführung neuer Methoden und bei der unterrichtlichen Neugestaltung. Sie eigenen sich sowohl für ein Leitbild der Schule als auch für neue Wege, z.B. bei der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern.

 

Einführung von Mobilitätskursen an Schulen im Sekundarbereich, verknüpft mit Fahr­ausbildung durch Fahrlehrer.

16-17jährige Schüler/innen befassen sich an ihrer Schule jeweils im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft ein Schuljahr lang unter Moderation einer Lehrkraft mit nachhaltiger Mobilität und absolvieren als Gruppe zugleich eine Fahrausbildung mit Schwerpunkt im umweltbewussten Fahren. Einweisung des Lehrpersonals in Zielsetzung und Verfahren der Verknüpfung von Mobilitätserziehung und Fahrausbil­dung samt Organisation solcher Kurse erfolgt durch Mitarbeiter des Instituts für Ver­kehrspädagogik und von Verkehr human. Dem Mobilitätskurs soll ein Curriculum zu­grunde gelegt werden, das bereits an einer Berliner Gesamtschule zwei Jahre lang erfolgreich erprobt wurde


2.5      Globale Verantwortung

2.5.1    Berlin in der Einen Welt

Problemskizze

Die weitgehend wechselseitige internationale Abhängigkeit der Länder hat in Rio de Janeiro 1992 zu der Einsicht geführt, dass lokale und globale Probleme verflochten sind und deswegen nur in dieser Komplexität nachhaltige Lösungsansätze gesucht werden können.

Entwicklungszusammenarbeit hatte in der Summe ihrer Handlungsmöglichkeiten einen relativ geringen Stellenwert in der Senatspolitik. Darüber hinaus wurde entwicklungsrelevanten Fragen in anderen Politikbereichen und Senatsressorts zu wenig Bedeutung beigemessen. Die einzelnen Bemühungen blieben weit hinter erwartbaren Ergebnissen, internationalen Kooperationen und Entwicklungsprojekten zurück. Gleichzeitig werden Nichtregierungsorganisationen trotz ihrer umfangreichen und qualitativ sehr hochwertigen Ergebnisse unzureichend gefördert.

Migrationsbewegungen als Ausdruck von globalen und interdependenten Entwicklungsprozessen ließen Berlin praktisch zum Einwanderungsort werden, während die Politik in wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen dies kaum vorausschauend und gestaltend beeinflusst hat.

Berlin hat aber gerade als Hauptstadt einzigartige Voraussetzungen, um sich als weltoffene Metropole für die Perspektiven der Einen Welt einzusetzen: In keiner anderen Stadt in Deutschland gibt es so viele aktive Initiativen, Vereine, Nichtregierungsorganisationen (NRO), Netzwerke, Städtepartnerschaften, MigrantInnenorganisationen, Sprach- und Kulturvielfalt mit unterschiedlichsten jahrelangen Erfahrungen und Ansätzen, ein sehr breites Spektrum wissenschaftlicher Ansätze und Forschungen, eine internationale Studierendenschaft und ein sehr ausgeprägtes multikulturelles Leben. Hinzu kommen durch den Hauptstadtumzug die Botschaften und Konsulate, politischen Stiftungen sowie nationale und internationale Institute und Wirtschaftsverbände. Dies alles sollte in seiner Gesamtheit als Bereicherung für die Stadt und als positives Potential angesehen und genutzt werden.

 

Leitbild

Berlin hat eine Vorreiterrolle als internationales Zentrum mit einer Politik des offenen politischen Weitblicks eingenommen, geprägt von Verantwortungsbewusstsein, Toleranz und einer kooperierenden Politik in alle Bereiche der Zivilgesellschaft hinein. Berlin begreift sich als Einwanderungsstadt und als Lebensort von Menschen aus allen Teilen der Welt. Als Nord-Süd-Ost-West-Zentrum nimmt Berlin seine Rolle als internationale Metropole wahr und sucht im Dialog mit der Bevölkerung, der Zivilgesellschaft und internationalen PartnerInnen die globale Verantwortung und lokale Verpflichtung des eigenen Handelns und Wirtschaftens umzusetzen.

 

Ziele

Qualitätsziel 1: Die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und die internationalen wirtschaftlichen Kooperationen Berliner öffentlicher und privater Akteure erfüllen die internationalen sozialen, ökonomischen, ökologischen, kulturellen und menschenrechtlichen Standards (Standards der Vereinten Nationen).

Handlungsziele:

·         Steuerung der Vergabe von Geldern aus Zivilgesellschaft, öffentlicher Verwaltung, Politik und Wirtschaft nach den Standards der Vereinten Nationen

·         Schaffung und ggf. Anpassung von Kompetenzen, Instrumenten und Ressourcen zur Vergabe nach den Standards der Vereinten Nationen

·         Vergabe insbesondere öffentlicher Gelder wird auf zunehmenden Schutz und Förderung der internationalen Standards ausgerichtet (bis 2020 erfüllen 100% der vom Senat geförderten oder bezuschussten internationalen Projekte die oben genannten Standards).

Maßnahmen:

·         Einführung einer Entwicklungsverträglichkeitsprüfung und Bewertung internationaler wirtschaftlicher Kooperationen durch die öffentliche Verwaltung unter Kontrolle des Abgeordnetenhauses und Organen der Zivilgesellschaft

·         öffentliche Förderung internationaler wirtschaftlicher Kooperationen nur nach positiver Entwicklungsverträglichkeitsprüfung.

Indikator:

·         Anteil der vom Senat geförderten oder bezuschussten internationalen Projekte, die die Standards der Vereinten Nationen erfüllen.

 

 

Qualitätsziel 2: Aktive Mitgestaltung der öffentlichen und privaten Entwicklungszusammenarbeit durch die Akteure der Zivilgesellschaft in Berlin und in den Partnerländern

Handlungsziele:

·         Bereitstellung der strukturellen und finanziellen Mittel zur dauerhaften Beteiligung der Zivilgesellschaft in Berlin und in den Partnerländern (Bereitstellung von 400.000 Euro jährlich für die Arbeit der NRO bis 2006)

Maßnahmen:

·         Gründung einer Berliner Stiftung für Entwicklung zur Unterstützung der Arbeit von Berliner NRO

·         dauerhafte Bereitstellung und Absicherung von Stiftungskapital, Programm- und Projektgeldern aus öffentlicher und privater Hand

Indikator:

·         Höhe der durch eine Berliner Stiftung für Entwicklung bereitgestellten Mittel für die Finanzierung und Qualitätsförderung der NRO pro Jahr in EURO

 

 

Qualitätsziel 3: Internationale Partnerschaften werden durch die aktive Beteiligung der Berliner Bevölkerung ausgestaltet. Mit ausgewählten Partnerstädten insbesondere in Armutsregionen, werden modellhafte Projekte der Zusammenarbeit durchgeführt. Dabei orientieren sie sich an den Grundsätzen des „Globalen Lernens“.

Handlungsziele:

·         Verwirklichung von jeweils einem von Bürgern und Verwaltung gestaltetem Projekt in ausgewählten Städtepartnerschaften

·         Verankerung von globalem Lernen in allen Schulen und in der beruflichen Weiterbildung

·         Integration internationaler Partnerschaften in allen Schulen und in der beruflichen Weiterbildung.

Maßnahmen:

·         Änderung des Berliner Schulgesetzes zur Verankerung von globalem Lernen in allen Schulen und in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

·         Unterstützung von Aktivitäten und Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Intensivierung der Bürgerbeteiligung bei der Ausgestaltung der Städtepartnerschaften durch die Verwaltung

·         Schaffung eines quantitativen und qualitativen Überblicks über internationale Partnerschaften sowie über Bildungsangebote und Projekte zum globalen Lernen.

Indikatoren:

·         Zahl der Projekte in internationalen Partnerschaften, in deren Ausgestaltung die Bürger aktiv einbezogen sind

·         Zahl der Bildungsangebote und Projekte zum globalen Lernen in den Berliner Schulen und in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

 

Qualitätsziel 4: Zunehmende Verantwortung privater und öffentlicher Haushalte und Unternehmensleistungen für nachhaltiges Wirtschaften gemäß internationalen menschenrechtlichen und ökologischen Standards, vor allem in den Bereichen Fairer Handel und ethische Geldanlagen.

Handlungsziele:

·         Regelmäßige Ermittlung von Kennzahlen zur Qualität wirtschaftlichen Engagements privater und öffentlicher Haushalte und Unternehmen

·         Vorlage der Kennzahlen beim Abgeordnetenhaus und Vergleich mit anderen europäischen Metropolen

Maßnahmen:

·         Gründung eines europäischen Vergleichsrings nach dem Modell des Agenda-Vergleichsrings der Kommunalen Gemeinschaftsstelle auf Initiative Berlins und regelmäßiger Berichterstattung zur Auswertung an das Abgeordnetenhaus

·         Ausrichtung des statistischen Erfassungswesens auf die Ermittlung und Vergleichbarkeit entsprechender Kennzahlen

Indikatoren:

Der Indikator für die Umsteuerung zu nachhaltigem Wirtschaften setzt sich aus einem Bündel von Einzelindikatoren zusammen, die im Projekt des kommunalen Vergleichsrings mehrerer Kommunen entwickelt wurden:

·         Anteil der lokalen nach EU-Öko- und Ethikaudit/Ökoprofit zertifizierten Unternehmen

·         Anteil der Arbeitnehmer in nach EU-Öko- und Ethikaudit o. Ökoprofit zertifizierten Unternehmen

·         Anteil der Ausgaben für fair gehandelte Produkte in kommunalen Institutionen

·         Marktanteil von Produkten des fairen Handels in Berlin

·         Altkleidersammelware nach Fairwertungskriterien pro 1.000 Einwohner

·         Käufer landwirtschaftlicher Produkte bei Direktvermarktern pro 1.000 Einwohner

·         Investoren in ethische Anlageformen pro 1.000 Einwohner

·         Anzahl der von der Regierung empfangenen Delegationen mit menschenrechtlichen und ökologischen Anliegen aus den Zielregionen internationaler Wirtschaftskontakte Berlins

 

 

Qualitätsziel 5: Berlin als internationale Metropole begreift sich als Einwanderungsstadt, als Lebensort von Menschen aus allen Teilen der Welt. Integration und interkulturelle Öffnung sind Leitmotive in allen Politikbereichen.

Handlungsziele:

·         Erarbeitung von Leitideen und einem Konzept von Integration und interkultureller Öffnung für alle Politikbereiche unter aktiver Beteiligung und Mitwirkung der Zivilgesellschaft insbesondere der an Integration und interkultureller Öffnung bereits mitwirkenden Akteure (Vorliegen des Konzeptes mit mittelfristiger Perspektive bis Ende 2005)

·         aktive Einbeziehung von Migrantenorganisationen in die Erarbeitung und Umsetzung des Konzeptes von Integration und interkultureller Öffnung für alle Politikbereiche.

Indikator:

·         Alle Verwaltungsbereiche und öffentlichen Einrichtungen haben ein vom Landesintegrationsbeirat befürwortetes Konzept der Integration und der interkulturellen Öffnung, das der Verwaltung die Durchführung eines Monitorings sowie dem Abgeordnetenhaus eine Auswertung ermöglicht.

 

 

Leitprojekte

 

1. Zukunft schmecken - nachhaltige Produkte für Konsumenten und Unternehmen

Unter Beachtung des Senatsbeschlusses vom 8.7.2003 zur Unterstützung des Fairen Handels und der vorliegenden Leitziele der Lokalen Agenda Berlin und unter Nutzung von Erfahrungen konkreter Agenda-Projekte aus anderen Städten und Regionen Deutschlands soll durch die Einführung zweier neuer Produkte (Berlin-Kaffee und Apfel-MaNRO-Saft) der Gesamtanteil fair gehandelter Produkte in Berlin gesteigert werden. Innovationsfreudigen Einzelhändlern und Unternehmen wird zudem die Möglichkeit geboten, ihre Produktpalette zu erweitern und ihr Renommee mit einem nachhaltigen Produkt ganz im Sinne der lokalen Agenda zu verbessern. Erste Vorarbeiten wurden von einer Projektgruppe bereits durchgeführt, so dass mit der Startphase begonnen werden kann.

 

2. Forum “Internationale Partnerschaften und Globales Lernen“

Durch die Gründung eines Forums „Internationale Partnerschaften und Globales Lernen“ sollen Bildungs- und Entwicklungszusammenarbeit wirkungsvoll verknüpft werden. Eine weitere Vernetzung der Berliner Akteure, die Bündelung und Verstetigung der Aktivitäten sind als wichtiger Beitrag zur Umsetzung der Berliner Agenda 21 zu betrachten.

 

Für eine dauerhafte Mitarbeit im Forum sind potenzielle Kooperationspartner zu gewinnen (NRO, Schulen, Volkshochschulen und sonstige Bildungseinrichtungen, Institutionen aus Wissenschaft und Forschung, Stadtteilgenossenschaften / Kiezvereine, Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft).

 

Inhalte und Aktivitäten (Internationale Partnerschaften):

·         Weiterentwicklung internationaler Partnerschaften mit dem thematischen Schwerpunkt „Wasser im internationalen Dialog“ (Vergleich der Wasserversorgung in den Partnerstädten, bzgl. BürgerInnenbeteiligung, Nachhaltigkeit, Zugang, Kosten, öffentliche /private Wasserversorgung, Beispielprojekte)

·         Durchführung von Dialogveranstaltungen mit Teilnehmern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft

·         Erarbeitung von Informationsmaterialien

·         Erarbeiten einer Internetpräsentation mit dem Ziel, über bestehende Initiativen, Organisationen und Projekte zu informieren und sie miteinander zu vernetzen

·         Erarbeiten von Vorschlägen für weitere internationale Partnerschaften mit Schwerpunkt auf Ländern, in denen die Wasserversorgung/-entsorgung eine besondere Herausforderung darstellt

 


Inhalte und Aktivitäten (Globales Lernen):

·         Module / Angebote zu einzelnen Themenschwerpunkten (z.B. Wasser), Projekttagen und Projektwochen für Schulen u.a. Institutionen mit besonderer Ausrichtung auf Partnerstädte und internationale Partnerschaften entwickeln sowie Informationen über die Partnerorganisationen und die Partnerstädte

·         vorhandene Schulpartnerschaften (ca.10 zu Ländern des Südens) fördern und weiterentwickeln sowie weitere Partnerschaften initiieren, Netzwerk Schulpartnerschaften einrichten

·         Veranstaltungen für Lehrer u. Multiplikatoren, um den Bedarf für Schulen und andere Bildungseinrichtungen zu ermitteln

·         Medien zu den Schwerpunktthemen Städtepartnerschaften und Wasser zusammenstellen, Filmtage für Schulen organisieren

 

 

3. Migration und Integration - Vom integrationshemmenden zum integrationsfördernden Ansatz

Berlin als Einwanderungsstadt kann große Vorteile aus den Ressourcen einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft ziehen. Voraussetzung sind die notwendigen politischen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Integrationspolitik. Unter den in Berlin lebenden Bevölkerungsgruppen nichtdeutscher Herkunft stellt die große Gruppe aus Afrika, Asien, Ozeanien, Lateinamerika ein sehr großes Potential bereit, das mit einer auf sie und die Berliner Bedürfnisse zugeschnittenes Beratungs- und Integrationskonzept für den weltoffenen Charakter von Berlin als Ost – West und Nord – Süd-Metropole erschlossen werden kann.

Zur Zielerreichung sind folgende Schritte geplant:

·          Analyse der gesetzlichen Grundlagen

·          Analyse des Bedarfs und der Bedürfnisse der genannten Bevölkerungsgruppe und möglicher Defizite in Konzept und Angeboten der Beratung

·          Bestandsaufnahme vorhandener Ressourcen und Potenziale, z.B. welche informellen Dienste, Selbsthilfestruren und welches Zusammenspiel von beiden gibt es?

·          Ergänzung rechtlich – sozialer Prioritäten der Beratung um wirtschaftliche im Beratungskonzept

Maßnahmen:

  1. die Bildung eines "Runden Tischs mit Vertretern aller Akteure“
  2. Konzipierung eines Netzwerkansatzes professioneller und informeller Beratungsdienste
  3. einen Maßnahmekatalog festlegen zur konkreten Umsetzung integrationsfördernder Maßnahmen. Dazu gehört auch ein zeitlicher Rahmen, also Nahziele-Fernziele.
    Das könnten z.B. sein:

·       Überprüfung von Verwaltungsvorschriften

·       Interreligiöser Dialog/Bildungsmaßnahmen für und mit religiösen Führungskräften

·       Interkulturelle Trainingsprogramme

·       Angebote und ihr Setting überprüfen, wie Deutschkurse, Alphabetisierungskurse etc.

·       Beratung von Selbsthilfegruppen

·       Ressourcen der Selbsthilfegruppen stärken, z.B. durch Bildung von communities – partnership / Patenschaften

Unterstützend für den gesamten Prozess wäre, zu Beginn eine Steuerungsgruppe zu bilden, um den Arbeitsprozess zu organisieren und Ergebnisse regelmäßig zu überprüfen

 

 

4. Internationales Netzwerk Mobilität und Lokale Agenda 21
(gemeinsames Projekt mit Fachforum Mobilität, daher dort Projektkurzbeschreibung)

 

 

 


2.5.2    Klimaschutz
            Offen für neue Energie
            Selber herstellen, intelligenter anwenden, weniger verbrauchen

Problemskizze

Klimaschutz ist eine weltweite Aufgabe, der sich vor allem die Regionen mit überhöhtem Energieverbrauch stellen müssen. Würde zum Beispiel Berlin die jährlich durch Energienutzung erzeugten Emissionen mit neu zu pflanzendem Wald kompensieren, müsste die erforderliche Fläche dreimal so groß sein wie das Land Brandenburg. Berlin hat bis zum Jahr 2000 erst eine Reduzierung der CO2-Emissionen von 14% erreicht und lag damit unter dem Bundesdurchschnitt von 18,5%. Die Stadt muss sich daher zukünftig im Klimaschutz besonders engagieren.

 

Leitbild

Die Grundbedürfnisse der Menschen nach Energiedienstleistungen werden befriedigt ohne hierbei die natürlichen Lebensgrundlagen zu gefährden. Berlin setzt nicht nur auf ”mehr Geld”, sondern auf ”mehr Intelligenz” und ”mehr Überzeugung und Mobilisierung” in der Stadtgesellschaft. Bausteine einer vorsorgenden Klimaschutzpolitik sind Energiesparen, die konsequente Steigerung der Effizienz, der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Änderung unseres Lebensstils und Konsumverhaltens.

 

Handlungsziele

Berlin orientiert seine Politik in diesem Feld an der Mitgliedschaft der Stadt im "Klimabündnis europäischer Städte mit den indigenen Völkern Amazoniens” und der Energie-Enquetekommission des Deutschen Bundestages (2002).

Als Handlungsziel für 2010 verständigt sich die Stadt darauf, die Zielsetzung des Energiekonzepts von 1994, die CO2-Emissionen um 25% zu reduzieren, deutlich zu übertreffen. Bis 2020 sollen die CO2-Emissionen mindestens um 40% reduziert werden. Langfristig sollen die CO2-Emissionen weiter gesenkt werden. Bis zum Jahr 2050 wird eine Reduzierung um 80% angestrebt. Basis für die Emissionssenkungen ist immer das Jahr 1990.

Für die übrigen Treibhausgas-Emissionen – Methan, Stickstoffverbindungen, fluorierte Gase – wird Berlin bis 2005 eine zuverlässige Bilanz vorlegen, die die direkten wie indirekten Beiträge der Stadtgesellschaft zu diesen Stoffen darlegt. Auf Basis dieser Bilanz wird die Agenda 21 um quantifizierte Handlungsziele in diesem Sektor ergänzt.

Um diese Ziele zu erreichen, muss jeder Sektor Reduktionsleistungen erbringen. Hierfür werden die folgenden CO2-Minderungen als Handlungsziele formuliert (gegenüber 1990, alle Angaben in %):

 

CO2-Minderungen

bis 2000

bis 2010

bis 2020

Gesamt

- 14

- 25

-40

Industrie

- 45

- 50

-55

Haushalte

- 20

- 30

-50

Öffentliche Verwaltungen

- 20

- 30

-50

Kleinverbraucher

0

- 15

-30

Verkehr

+ 14

0

-15

 

Für den Sektor erneuerbare Energien werden die Ausbauziele der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und der Bundestags-Enquêtekommission auch für Berlin angestrebt:

·         Anteil der Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch:      4,2 bis 2010, 8,5% bis 2020

·         Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch:                    12,5% bis 2010, 20% bis 2020

Bedingt durch die kontinentale Stadtlage von Berlin konzentrieren sich die Anstrengungen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Berlin auf den Bezug von Öko-Strom und die umfassende Installation von Solaranlagen zur Erzeugung von Solarstrom und -wärme. Der Ausbau der Biomasse sowie der Windenergienutzung wird vorangebracht. Dieses geschieht insbesondere unter Einbeziehung der Potenziale des Landes Brandenburg.

Als Indikator für die Umsetzung dieser Handlungsziele wird die Installation von Solaranlagen herangezogen, derzeit sind etwa 30.000 m2 Kollektorfläche und 5 MWp realisiert.

 

bis 2010*

bis 2020

Solarthermie

100.000 m2

400.000 m2
(etwa 0,13 m2/Einw.)

Photovoltaik

20 MWp
(etwa 200.000 m2)

120 MWp
(etwa 1.200.000 m2) oder 0,35 m2/Einw.)

 

Über 50% des in den Berliner Heizkraftwerken produzierten Stroms ist Kraft-Wärme-Kopplungs-Strom (KWK-Strom). Die aus diesem Prozeß gewonnene Abwärme macht zu etwa 90% die Fernwärme aus. Würde diese Fernwärme in normalen Heizkesseln produziert werden, würden sich die derzeitigen CO2-Emissionen in Berlin um etwa 2 Mio. t erhöhen. Ziel ist es also, die KWK in Berlin zu erhalten und auszubauen. Dies bedeutet konkret: Ausbau des Wärmeanteils aus KWK (Fern- und Nahwärme) am Gesamtwärmemarkt in Berlin von 25% im Jahre 2003 auf 30% im Jahre 2010 und 40% im Jahre 2020.

Auch der Lebensstil und das Konsumverhalten beeinflussen den Klimawandel. Weitere Ziele sind daher der Verzicht auf die Verwendung von nichtzertifiziertem Tropenholz und die Senkung des Fleischkonsums (Methan, Lachgas). Darüber hinaus soll das ausgasende Methan von Berlin belieferten Abfalldeponien erfasst und verwertet werden.

 

Indikatoren:

Als Leitindikator werden die CO2-Emissionen berechnet. Darüber hinaus werden die Kollektorfläche für die Solarthermie, die installierte Leistung für die Photovoltaik und der Wärmeanteil aus KWK (Fern- und Nahwärme) am Gesamtwärmemarkt in Berlin verwendet.

 

Maßnahmen und Projekte

Änderung der Rahmenbedingungen

Die Maßnahmen, die Berlin allein ergreifen kann, reichen nicht aus, um die formulierten Handlungsziele zu erreichen. Hierzu ist eine Änderung der Rahmenbedingungen für Produzenten und Konsumenten notwendig. Daher wird Berlin verstärkt Maßnahmen zur ökologischen Modernisierung der Volkswirtschaft im Bundesrat initiieren. Hierzu gehören:

·         die Weiterentwicklung der Energiesparverordnung mit dem Ziel den Passivenergiehausstandard zum Regelstandard für neue Bauwerke einzuführen und Mindeststandards für alle Gebäude durchzusetzen, die den Werten der Wärmeschutzverordnung 1995 entsprechen

·         die Ausweitung des EU-weiten CO2-Emissionshandelsystems auf weitere Sektoren der Wirtschaft

Von einigen Akteuren des Agendaforums werden darüber hinaus folgende Maßnahmen vorgeschlagen, über die jedoch kein Konsens vorliegt:

·         die Fortsetzung der ökologischen Umstrukturierung des Finanzsystems (inkl. Fortsetzung der ÖSR, Ausweitung der LKW-Maut auf alle KfZ, Abbau aller ökologisch kontraproduktiven Subventionen),

·         die Weiterentwicklung des Energiespargesetzes mit dem Ziel eine Solaranlagenverordnung zu erlassen (Baupflicht von thermischen Solaranlagen für alle Neubauten),

·         eine Initiative in der EU zur Einführung von CO2-Emissionsgrenzwerte für alle neu zugelassenen Pkw (entsprechend 5 l/100km) ab dem Jahr 2008,
3 l ab 2015, 1,5 l ab 2022.

 

In Berlin werden die folgenden Leitprojekte realisiert:

 
1.    Klimaschutz schafft Arbeit

Berlin richtet, möglichst gemeinsam mit Brandenburg, ein Handlungsprogramm “Beschäftigung und Klimaschutz” ein. Die Finanzierung erfolgt über bestehende Mittel zur Altbausanierung und durch gezielte Nutzung der zusätzlich dafür vom Bund und der Kreditanstalt für Wiederaufbau bereitgestellten Gelder. Des Weiteren wird versucht, die Ko-Finanzierung durch die EU-Strukturförderung für diese Aufgabe einzusetzen. Als Maßnahme des Umweltschutzes, der Förderung von Beschäftigung und Wirtschaft im Bau und im Handwerk und der Erneuerung verfallender Stadtviertel ist ein solches EU-gestütztes Programm beispielgebend für städtische Nachhaltigkeitspolitik.

Die Förderung von erneuerbaren Energien, Energieeinsparungen und Energieeffizienz wird vom Senat im Rahmen der Entwicklungs- und Innovationsfelder aktiv von Maßnahmen der Wirtschaftsförderung unterstützt, u.a. durch die Technologiestiftung (TSB) als zentrale Management- und Steuerungseinrichtung für die Innovationsaktivitäten in Berlin.

Mit einem Investitionsvolumen von jährlich 50 Mio. € können pro Jahr 4.800 Wohnungen in der Region energetisch saniert werden. Über einen Zeitraum von 10 Jahren würden dadurch 47 Mio. € an Heizkosten (nach jetzigen Tarifen) und 280.000 Tonnen C02-Emissionen dauerhaft eingespart. Zugleich werden über denselben Zeitraum 1.500 zusätzliche Stellen im Baufachgewerbe geschaffen.

Ein Instrument zur Umsetzung dieses Leitprojekts ist der Berliner Heizspiegel. Dieser ermöglicht den Vergleich klimabereinigter Verbrauchskennwerte für das Heizen in Wohngebäuden. Im Rahmen energetischer Sanierungen wird ein Verbrauchskennwert unter 130 kWh/m2*a angestrebt. Bei umfassenden Maßnahmen der energetischen Sanierung sollte die Heizklasse B (unter 100 kWh/m2*a) erreicht werden.

Bei festgestellter Heizklasse F (über 250 kWh/m2*a) oder schlechter verständigen sich Wohnungsunternehmen und Bewohner darüber, wie schnellst möglich Heizklasse C zu erreichen ist.

Die Handwerkskammer Berlin wirkt darauf hin, dass eine motivierende Initialenergieberatung etabliert wird.

 


2. Das Land Berlin als energiebewusster Bauherr und Nutzer

Für Neubauvorhaben gelten ab dem Jahr 2004 die Anforderungen des Leitfadens Nachhaltiges Bauen des Bundes vom Januar 2001.

Für die Bestandsbauten des Landes Berlin wurden mit der Umsetzung der "Energiesparpartnerschaft" für etwa 800 Öffentliche Gebäude (von ca. 6000) Energieeffizienzpotentiale für diese Gebäude erschlossen und Energiekosten gesenkt, ohne dass das Land Berlin finanzielle Mittel dafür aufwenden musste. Das Land Berlin wird die "Energiesparpartnerschaft" ausbauen bzw. andere geeignete Lösungen zur Erschließung der Energieeffizienzpotentiale und zur Senkung der Energiekosten bei Nutzung privaten Kapitals umsetzen. Darüber hinaus werden im Ergebnis energetischer Bestandsaufnahmen und eines Benchmarkings weitere Energieeinsparpotenziale erschlossen.

Zur Umsetzung der energetischen Anforderungen im Neubau und im Gebäudebestand wird ein Energiebeauftragter berufen.

Das Land Berlin wird auch im Rahmen zukünftig abzuschließender Stromlieferverträge für seine Gebäude Atomstrom ausschließen, einen hohen Anteil an Kraft-Wärme-Kopplung und einen steigenden Anteil von grünen Strom (zertifiziert) vorsehen. (Der derzeitige Stromliefervertrag mit der Bewag basiert auf 90% KWK-Strom und 10% grünem Strom)

 

3. Klimaschutz beginnt auf der Schulbank

Finanzielle Anreizsysteme zum Energiesparen an Schulen – bekannt geworden unter dem Schlagwort “fifty/fifty” – haben sich in den letzten Jahren als optimale Methode erwiesen, um umweltpädagogische Projekte zu verbreiten. Hierbei werden die Bildungsziele (Schaffung von Umweltbewußtsein verbunden mit dem Erlernen umwelt- und klimaschützenden Verhaltens), Umweltziele (praktische Verringerung des ökologischen “Fußabdrucks” der eigenen Schule in den Bereichen Energie, Abfall und Wasser) sowie finanzielle Ziele (Haushaltsentlastung und Erweiterung des finanziellen Spielraumes für die Schulen) miteinander verbunden.

Bausteine sind dabei die Lehrerfortbildung, die Beratung der Bezirke zur Umsetzung von fifty/fifty, der Verleih von Messgeräten, die Bereitstellung und Weiterentwicklung von Unterrichtsmaterialien sowie die inhaltliche und pädagogische Beratung von Schulen, die solche Projekte starten.

 

4. Sonne auf die Dächer

Das Land Berlin stellt Dachflächen seiner Gebäude zur Verfügung, damit auf diesen PV-Anlagen im Rahmen von Betreiberlösungen realisiert werden können. Bis zum Jahre 2010 werden mindestens 80.000 m2 PV-Module auf öffentlichen Dächern des Landes Berlin realisiert; für das Jahr 2020 wird eine Zielgröße von 200.000 m2 PV-Module vorgegeben. Neben den öffentlichen Dächern werden auch private Dächer erschlossen. Die Finanzierung wird dabei auch von Bürgerinnen und Bürgern, übernommen (Bürger-Solaranlagen), die sich zu diesem Zwecke zusammenschließen.

 


Weiterhin sind folgende Maßnahmen und Projekte vorgesehen:

 

Der Klimaschutzfonds

Effizientere Gestaltung von Energiedienstleistungen ist eine Aufgabe von Klimaschutz und von kluger Kundenbindungsstrategie. Der Senat handelt daher mit Bewag und GASAG einen gemeinsam verwalteten Klimaschutzfonds als ständige Einrichtung aus. Aus dem Fonds werden gezielt energiesparende Maßnahmen und Programme zu verbesserter Energieeffizienz in der Stadt unterstützt.

Energie und Kostensparen in Industrie und Gewerbe

Die IHK Berlin wird ihre Mitglieder, insbesondere die Wohnungswirtschaft, die Unternehmen des produzierenden Gewerbes sowie Krankenhäuser gezielt über Möglichkeiten informieren, durch einen intelligenten Instrumentenmix Energie zu sparen, CO2 zu mindern und Kosten zu senken. Gemeinsam mit den anderen KlimaSchutzPartnern in Berlin und dem Berliner ImpulsE-Programm wird sich die IHK Berlin dafür einsetzen, dass betriebliche Einsparpotentiale gezielt lokalisiert und genutzt werden. Ziel ist es dabei durch Informationsveranstaltungen spezielle Weiterbildungsangebote und best-practice-Projekte win-win-Situationen zu fördern, die möglichst ein Optimum an CO2 –Minderung und Kosteneinsparung liefern. Die KlimaSchutzPartner Berlin werden dazu auch weiterhin den KlimaSchutzPartner Preis für aktuelle Vorhaben ausloben, die einen besonderen Beitrag zum Klimaschutz in der Stadt leisten.

Klimaschutz und Verkehr

Um die vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen, muss sich das Mobilitätsverhalten verändern. Um dafür mehr Akzeptanz und Engagement in allen Kreisen der Gesellschaft zu erreichen, verständigt sich Berlin auf eine mehrjährige Kampagne, die folgende Schwerpunkte hat:

·         Berlin steigt auf. - mobil und gesund mit dem Fahrrad
Berlin wird in diesem Zusammenhang die jährliche Fahrradsternfahrt – weltweit die größte und traditionsreichste dieser Art – als gesamtstädtisches Ereignis begehen. Des weiteren beteiligt sich die Stadt am europaweit im September ausgerufenen Aktionstag “in die Stadt ohne mein Auto”, indem der Tag des jährlichen Berlin-Marathon zugleich als autofreier Tag begangen wird.

 

·         Weniger Sprit tut´s auch – Berlin fährt treibstoffarm.
Der durchschnittliche Treibstoffverbrauch pro Fahrkilometer ist zu hoch. Durch verbesserte Antriebstechnik, Ausstattung der Fahrzeuge und Fahrverhalten soll der spezifische Verbrauch bis 2010 um 30%, bis 2020 um 60% gesenkt werden.

 

·         Bio in den Tank – Berlin ist mobil ohne Erdöl
Der Umstieg auf Biotreibstoffe und auf Brennstoffstellen mit Treibstoffen aus erneuerbaren Energien verringert die Klimabelastungen. Berlin unterstützt aktiv die neu erlassene EU-Richtlinie, die zu einem Anteil von 6% Bio-Treibstoffen bis 2010 verpflichtet. Im öffentlichen Fuhrpark, einschließlich von BSR und BVG, soll dieser Anteil 2010 deutlich übertroffen werden. Bis 2020 sind hier 100% aller Neufahrzeuge durch C02-neutrale Technologien ausgestattet.

 

·         Wer wird gleich in die Luft gehen? – Fliegen schadet dem Weltklima?
Für den weltweiten Klimaschutz ist die Zunahme des Luftverkehrs besonders  beunruhigend. Der Flugverkehr von und nach Berlin war 1995 zu mindestens 5% an den von der Stadt zu verantwortenden Treibhausgas-Emissionen beteiligt. Das seinerzeit angestrebte Ziel einer Verdreifachung des Luftverkehrs bis 2020 hätte somit – unter Beachtung angestrebter C02-Reduktionen – zu einer 20%igen Zunahme der Treibhausgas-Produktion Berlins geführt! Das ist das Gegenteil eines Wandels hin zu Nachhaltigkeit. Die Stadtgesellschaft ist insgesamt gefordert, ihr Verhältnis zur Mobilität in der Luft zu überdenken.

Die Ausgestaltung der Kampagne findet am Runden Tisch Verkehr in Zusammenarbeit mit dem Agendaforum Berlin statt.

 

Kein Tropenholz ohne Siegel

Berlin hat sich mit seinem Beitritt zum Klimabündnis schon 1991 zum Schutz der Regenwälder verpflichtet. Um die Verwendung von nicht zertifizierten Tropenhölzern in der Stadt zu stoppen, werden die folgenden Schritte realisiert: In der öffentlichen Beschaffung bleibt die Verwendung von nicht zertifizierten Tropenhölzern ausgeschlossen. Auch Anstalten des öffentlichen Rechts in Berlin sollen sich zu diesem Schritt verpflichten. Bei Baumaßnahmen der öffentlichen Hand wird die Verwendung von nicht zertifiziertem Tropenholz (weiterhin) ausgeschlossen. Berlin beginnt eine öffentliche Kampagne bei Handel und Verbrauchern, nicht zertifiziertes Tropenholz nicht zu kaufen oder zu verkaufen.

 

Abfälle können auch gen Himmel stinken

Um die Entstehung von klimarelevanten Gasen (insbesondere Methan) aus Berliner Abfällen zu vermeiden und dennoch anfallendes Gas effizient energetisch zu verwerten, wird an allen von Berlin belieferten Deponien das ausgasende Methan erfasst und energetisch verwertet.

 

Erste Berliner Grasheizung

Als modellhaftes Projekt mit Öffentlichkeitswirkung soll eine CO2-neutrale Beheizung von Gewächshäusern im Botanischen Volkspark Pankow durch lokal und regional anfallende Biomasse als technische Anlage mit Pilot- und Demonstrationscharakter verwirklicht werden, das die Tradition der Volksbildung an diesem Standort durch Anwendung von klimaneutralen Zukunftstechnologien fortführt. Über die Versorgung von Energie hinaus soll ein nachhaltiges Konzept zur Kreislaufführung von Biomasse und Rückgewinnung von Düngemitteln unter Einbeziehung von Fäkalien entwickelt werden.

 

Fleischkonsum senken – gut für’s Klima, gut für die Gesundheit

Der sehr hohe Fleischkonsum in Berlin führt auch zu einem erheblichen Ausstoß von Treibhausgasen. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch betrug im Jahre 2001 in Deutschland insgesamt 88,3 kg. Der Anteil der Landwirtschaft an den Emissionen von Methan und Lachgas beträgt etwa 50 % der Gesamtemissionen. 1 kg Methan entspricht dabei 21kg CO2, 1kg Lachgas entspricht 310kg CO2. Ein Mastrind gibt zwischen 30 und 80kg Methan pro Jahr ab. Der Fleischkonsum ist darüber hinaus verantwortlich für ca. 90 % der Ammoniak-Emissionen, für einen enormen Flächenverbrauch (7 kg Getreide wird für 1 kg Rindfleisch benötigt, ein Viertel des Festlandes ist Weideland) und für eine Vielzahl an Schlaganfällen und Herzinfarkte.

Eine neue Kultur im Umgang mit Wasser

Die Zeichen der Klimaveränderung sind in Brandenburg-Berlin unübersehbar. Die Region muss sich für die Zukunft darauf einstellen. Das Land leidet zunehmend unter Austrocknung und Dürreperioden. Zur Linderung dieser regionalen Umweltverschlechterung wird es nötig sein, den Umgang mit Wasser in der Region zu verändern. Es wird zunehmend wichtiger, Wasser im Gebiet zu halten, statt für seine schnelle Ableitung zu sorgen. Gräben sollten zurückgebaut, Flußbegradigungen zurückgenommen, Feuchtgebiete erhalten und entwickelt werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob Berlin seinen Umgang mit Abwasser und Regenwasser ändert. Nicht nur Naturschützer machen geltend, dass die niedrigen Grundwasserstände in den Wald- und Feuchtgebieten der „Hochflächen“ (Grundmoränen, Sander) ein Problem sind. Es sollte daher überlegt werden, gut gereinigte Abwässer statt in die Flüsse in die Region zu leiten, die Grundwasserstände wertvoller Grünräume aufzubessern, Feuchtgebiete zu stabilisieren. Folgende Maßnahmen können dabei verfolgt werden: Rückbau von Entwässerungsgräben und überdimensionierten Vorflutern, Verhinderung des weiteren Flussausbaus, Erhalt und Ausbau der Flussauendynamik, Ausbau der Regenwasserversickerung, Waldumbau, um die Verdunstung insbesondere im Winter zu minimieren.

Die Klimaveränderungen zwingen zu einer neuen Kultur im Umgang mit Wasser: Berlin wird zur Erarbeitung eines Handlungsprogramms einen „Runden Tisch“ unter Brandenburger Beteiligung einrichten. Aus Berlin sollten hier der Senat, die Berliner Wasserbetriebe und die Naturschutzverbände vertreten sein.

 


2.6      Geschlechtergerechtigkeit umsetzen

Problemskizze

Frauen und Männer sind nicht in gleichem Maße und in gleicher Weise an der Entstehung von sozialen, ökonomischen und Umweltproblemen beteiligt und sie sind auch unterschiedlich von den Auswirkungen politischer Maßnahmen betroffen. Stärker als bisher müssen Frauen ihre eigenen Vorstellungen und Kompetenzen in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse für eine nachhaltige Entwicklung einbringen (können).

Die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit wird überwiegend als reines Frauenthema wahrgenommen. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert aber, dass sowohl Frauen wie Männer sich an diesem Prozess beteiligen und diesen auch als ihrer beider Nutzen verstehen.

Voraussetzung für die Umsetzung gleichstellungspolitischer Belange ist eine umfassende Sensibilisierung aller Akteurinnen und Akteure sowie die Analyse aller Handlungsfelder hinsichtlich vorhandener Geschlechterdifferenzierungen. Der weitgehende Mangel an geschlechterdifferenzierten Daten bedarf dringender und umfassender Abhilfe, um sinnvolle Indikatoren und Ziele festlegen zu können. Geschlechtsindifferente Kategorien wie Arbeitslose, Migranten, Jugendliche, Sozialhilfeempfänger oder in Ausbildung befindliche Personen verstellen den Blick dafür, dass es sich dabei immer um Frauen und Männer, Mädchen und Jungen mit differenzierten Lebensbedingungen und -situationen handelt, die einer spezifischen Betrachtung und Analyse bedürfen. Erst daraus können geschlechtergerechte Handlungsziele und Maßnahmen entwickelt werden, die dem Erfordernis der Nachhaltigkeit genügen.

 

Leitbild

Geschlechtergerechtigkeit ist das Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung, die eine Veränderung von Geschlechterrollenstereotypen, einen Wandel von Werten und Vorstellungen sowie Abbau von Vorurteilen und Ungerechtigkeiten bedeutet. Frauen und Männer tragen gemeinsam Verantwortung für die nachhaltige Gestaltung von Lebens- und Politikbereichen, wie Gesundheit, Mobilität, Wohn- und Arbeitswelt, Produktion, Versorgungsarbeit und Ressourcenschutz. Es ist für Frauen gleichermaßen selbstverständlich, in Führungspositionen zu arbeiten wie für Männer, sich um die Kindererziehung und den Haushalt zu kümmern.

Das Ziel der Nachhaltigkeit bezieht sich auf die Lebensrealität und die Lebenschancen von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen gleichermaßen. Darum müssen die Lebensbedingungen, Interessen und Vorstellungen von Frauen und Männer in gleicher Weise in den Prozess der Lokalen Agenda 21 eingebracht werden.

Die Integration von Geschlechtergerechtigkeit und die Umsetzung des Gender Mainstreaming im Rahmen der Agenda 21 für eine nachhaltige Entwicklung im Land Berlin geht über die bisherigen Maßnahmen der Frauenförderung hinaus. Sie baut auf diesen auf und ergänzt sie mit neuen Ansätzen. Bestehende Ungleichheiten in vielen, für die Agenda 21 relevanten Bereichen müssen auch weiterhin durch das Instrument der Frauenförderung ausgeglichen werden.

 

Qualitätsziele

Die Stadt Berlin ist attraktiver Lebensraum, der gleichermaßen für  Frauen und Männer gleichberechtigte Entwicklungsperspektiven bietet. Es gibt eine gleichberechtigte Partizipation von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen, eine gleichbererechtigte Beteiligung an Entscheidungen auf allen Ebenen. Die Frauenpolitik und Herstellung der Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe wird in alle Politikfelder einbezogen. Dazu gehört die gerechte Vergabe öffentlicher Mittel unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit (Gender Budgeting). Eine strikte Umsetzung von Gender Mainstreaming erfolgt in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und allen Bereichen des öffentlichen Lebens, wodurch auch in der privaten Lebensplanung gleichberechtige Lebensmodelle erleichtert werden.

 

Handlungsziele

Frauen und Männer haben gleiche Ausbildungs- und Weiterbildungschancen, Chancengleichheit von Frauen und Männern besteht auch auf dem Arbeitsmarkt. Familien- und Versorgungsarbeit werden auf Frauen und Männer gleich verteilt (z.B. Väter nehmen die Hälfte des Erziehungsurlaubs). Für Frauen und Männer besteht die Möglichkeit gleichberechtigter Raumaneignung und gleicher Nutzungsqualitäten (z.B. bei der Einrichtung von Stätten für Jugendliche auch Raum für Mädchen vorsehen, nicht nur Bolzplätze für Jungen), Eigen-Orte für Frauen und Mädchen müssen geschaffen bzw. erhalten werden. Durch präventive Maßnahmen im Bereich Polizei, Justiz und Gesundheitswesen wird Gewalt an Frauen und Mädchen und Jungen und Männern verhindert bzw. wirksam bekämpft.

 

Indikatoren

Um Geschlechtergerechtigkeit zu messen wird vorgeschlagen die Entwicklung eines
EqualX/Kommunaler Gleichstellungsindex, der auf statistischen Daten beruht über

·         bezahlte Arbeit

·         Bildung (Anteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (getrennt) an Veranstaltungen der drei größten Weiterbildungseinrichtungen pro 1000 EW –(noch nicht klar wie handhabbar dieser Maßstab ist: welche Veranstaltungen und welche Bildungseinrichtungen (die drei Unis ? oder andere VHS, Bildungsträger etc)

·         Anzahl der Ausbildungsverhältnisse je 1000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte)

·         Bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote, die Vätern und Müttern ein Berufsleben ermöglichen

·         Einkommen - gleicher Lohn für gleiche Arbeit

·         Vertretung von Frauen und Männer in Gremien (Anteil von Frauen im Abgeordnetenhaus; Anteil von Frauen und Männer in Gremien/ BürgerInnenvertretungen;Anteil von Männern/Frauen mit Entscheidungskompetenz in der Verwaltung)

·         Anteil von Unternehmen mit familienfreundlichen Arbeitsmodellen

 

Maßnahmen

·         Geschlechtsspezifische inhaltliche Bearbeitung jedes Handlungsfeldes der Lokalen Agenda Berlin

·         Integration von Gender Mainstreaming in der Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene

·         Entwickeln und Starten von Modellprojekten zum Gender Mainstreaming in den Handlungsfeldern der Lokalen Agenda

·         Entwicklung von Formen und Methoden gendergerechter Beteiligung

·         Gendertrainings; Erarbeitung von Genderkompetenz

·         Bereitstellung von bedarfsgerechter Versorgungsinfrastruktur zur Entlastung von Familien- und Versorgungsarbeit

·         Entwicklung und konsequenten Anwendung einer geschlechterdifferenzierten statistischen Datenbasis

·         Analyse, inwieweit geschlechtsspezifisch unterschiedliche Arbeitsbelastungen, Wünsche und Bedürfnisse, Zukunfts- und Zielvorstellungen für ein nachhaltiges Berlin sowie entsprechende Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind.

·         Integration von Geschlechtergerechtigkeit bei der Formulierung von Zielen und Indikatoren, d.h. es werden Belange von Frauen und Männern gleichermaßen berücksichtigt

·         Überprüfung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen aller Maßnahmen und Projekte in der Planung wie auch während der Durchführung

·         Überprüfung, inwieweit vorhandene Unterschiede und Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden können

·         Ressourcenplanung für frauen-/männerspezifische Maßnahmen, insbesondere der erforderlichen finanziellen Mittel

·         Analyse, welche rechtlichen, planerischen und ökonomischen Maßnahmen auf anderen politischen Ebenen notwendig und welche Interventionen zu deren Verwirklichung erforderlich sind

Eine geschlechterdifferenzierte Beschreibung der unterschiedlichen Ausgangslagen und Zielvorstellungen schärft den Blick für anzustrebende Veränderungen und Maßnahmen. Neben der Sensibilisierung der beteiligten Akteure ist die Entwicklung von Umsetzungsstrategien und Instrumenten sowie die Verbindung von Fachkompetenz und Gender-Perspektive grundlegende Voraussetzung für die Anwendung des Gender Mainstreaming im Agendaprozess und für die Durchsetzung der Geschlechtergerechtigkeit.

 

 

Leitprojekte

 

1. Förderung von Familienfreundlichkeit in Unternehmen in Pankow

Ausschreibung eines alle zwei Jahre stattfindenden Wettbewerbes unter dem Titel "Familienfreundliche Unternehmen in Pankow“ durch das Bezirksamt Pankow unter Auslobung eines Preisgeldes. Unter Federführung der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirkes und des Frauenbeirates Pankow wurde dieses Projekt angeregt und entsprechende Unternehmen in Pankow werden aufgefordert, sich zu beteiligen und entsprechende Maßnahmen in ihren Betrieben, Unternehmen nachzuweisen. Für die Ausschreibung wurden feste Kriterien für einen familienfreundlichen Betrieb festgelegt:

·         Wertschätzung der Familienarbeit in der Unternehmensführung

·         Familienfreundliche flexible Arbeitszeiten

·         Möglichkeit zur Teilzeitarbeit

·         Finanzielle und organisatorische Unterstützung des Betriebes bei der Kinderbetreuung

·         Aufstiegschancen für Eltern werden individuell geplant

·         Individuelle Berücksichtigung von Alleinerziehenden bei der Personalentwicklung

·         Einbeziehung der Eltern ins Betriebsgeschehen während der Elternzeit.

 

 

2. Runder Tisch gegen häusliche Gewalt (Gewaltpräventionsprojekt)

Initiativen und Aktivitäten des Runden Tisches gegen häusliche Gewalt in Neukölln/ Frauenarbeitskreis Lokale Agenda 21 Neukölln sind darauf gerichtet, präventive öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die

·         Frauen über ihre Rechte informieren, sie durch Bildung, Maßnahmen zur Selbstbehauptung, Sprachkurse für Migrantinnen, Schaffung öffent­licher Räume für Frauen stärken

·         dahingehend wirken, dass die öffentliche Meinung sich stärker mit dem Thema auseinandersetzt, zur Einmischung gegen Gewalt ermutigt und Gewaltanwendung sozial ächtet.

 


3. Frauen im Klimaschutz

Die beiden Projekte haben zum Ziel, die Beteiligung von Frauen an Entscheidungen in klimaschutzrelevanten Politikfeldern zu verbessern. In diesem Rahmen beteiligen sich Berliner Akteure an einem (1) EU-Projekt „Frauen im Klimaschutz“ und entwickeln durch eine (2) Kampagne „Klimaschutz zum mitmachen“ Formen und Methoden, die die Bereitschaft für Klimaschutzaktivitäten stärken.

(1)   Basierend auf einer Analyse der jetzigen Situation von Frauen und Männern in diesen Arbeitsbereichen und der für eine Förderung der Beteiligung von Frauen eingesetzten Instrumente sollen Strategien entwickelt werden, wie gleichberechtigte Beteiligung in diesem für eine nachhaltige Entwicklung entscheidenden Politikfeld erreicht werden kann.

(2)   Niedrigschwelliges Beteiligungsprojekt, durch das eine gezielte Einbindung und Motivation von Frauen bei der konzeptionellen Vorbereitung und Durchführung einer Klimaschutzkampagne erreicht wird.


3. Entstehung und Umsetzung der Berliner Agenda 21

 

3.1      Der Auftrag

Den Auftrag zur Erarbeitung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 für Berlin hat das Abgeordnetenhaus in einem Beschluss vom 23. September 1999 erteilt. Ein entsprechender Senatsbeschluss wurde am 17. Oktober 2000 gefasst. Das Agendaforum wurde als das zentrale Diskussionsforum für die Erstellung der Berliner Agenda 21 vorgesehen.

 

Mit der Erarbeitung und Umsetzung der Berliner Agenda 21 kommen das Abgeordnetenhaus und der Senat in Zusammenarbeit mit vielen gesellschaftlichen Akteuren dem Auftrag des Erdgipfels in Rio de Janeiro 1992 und des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 nach. Auf der Rio-Konferenz hat die internationale Staatengemeinschaft im Handlungsprogramm für das 21. Jahrhundert, der "Agenda 21", die Kommunen aufgefordert, sie mögen "in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine 'kommunale Agenda 21' beschließen." (Kap. 28.3) Der Johannesburger Gipfel hat sich in seinem Maßnahmenplan für die "Stärkung der weiter aufrechtzuerhaltenden Unterstützung für lokale Programme zur Umsetzung der Agenda 21 und damit verbundene Initiativen und Partnerschaften" ausgesprochen (Ziff. 149). Darüber hinaus wird damit auch Berlins Verpflichtung aus der Unterzeichnung der "Charta von Aalborg" gefolgt, "in Lokale Agenda-21-Prozesse einzutreten und langfristige Handlungsprogramme mit dem Ziel der Zukunftsbeständigkeit aufzustellen."

Damit wurden die langjährigen Bemühungen engagierter Bürger/innen und Politiker/innen aufgegriffen, auch für Berlin ein Programm für eine nachhaltige Entwicklung zu erstellen. Berlin hat sich damit, wie viele andere Großstädte, auf den Weg gemacht, eine eigene Agenda zu entwickeln.

 

Die Träger des Agendaprozesses auf gesamtstädtischer Ebene waren bis dahin der „Runde Tisch zur nachhaltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg“, der „Öffentliche Arbeitskreis“, der bezirkliche Aktivitäten koordiniert und auf Verwaltungsseite die AG der Senatsbeauftragten für die Lokale Agenda 21.

Der Auftrag zur Erarbeitung einer gesamtstädtischen Lokalen Agenda 21 erforderte jedoch neue Organisationsstrukturen. Den „Runden Tisch“ löste am 4. Juli 2000 das „Agendaforum“ als Partizipationsgremium und Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Politik ab. Das Bestreben des „Runden Tischs“, möglichst viele „stake holders“ zu einem gemeinsamen Dialog zusammenzuführen, wurde im Agendaforum mit den – aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten – „Bänken“ fortgesetzt, die für mehr Repräsentativität im Konsultationsprozess sorgen sollten. Die zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen verblieben hingegen auf dem vorhergehenden niedrigen Niveau und wurden später abgesenkt.

 

Auf seinen Sitzungen hat das Agendaforum in Abstimmung mit verschiedenen Senatsverwaltungen die prioritären Handlungsfelder genauer begründet, verabschiedet und für sie erste Handlungsziele und Indikatoren empfohlen. Um die Inhalte in den Handlungsfeldern detailliert zu erarbeiten, wurden spezifische Fachforen und AGs eingerichtet. In diesen Fachforen und AGs waren bzw. sind ehrenamtliche Akteure aus verschiedenen Initiativen, Organisationen und Verbänden aus der gesamten Stadt vertreten. Auf Seiten der Verwaltung hat die Arbeitsgruppe der Senatsbeauftragten ihrerseits Konzepte zur Lokalen Agenda 21 in Berlin entwickelt. In aufwändigen Abstimmungsverfahren wurden die verschiedenen Konzepte angeglichen. Die Koordination des Prozesses lag seitens der Verwaltung beim Agendabüro der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Das Konzept des partizipativen Arbeitens stellt neue Anforderungen an die Bürger/innen, die gesellschaftlichen Akteure und die Verwaltungen. Das bezieht sich nicht nur auf das Ergebnis des Prozesses, die Agenda für die Stadt, sondern auch auf den Arbeitsprozess selbst. Hier müssen Menschen aus unterschiedlichen Professionen, aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen und mit unterschiedlichem Status zusammenarbeiten; gewohnte Formen der Profilierung und Interessendurchsetzung mussten aufgegeben und durch kooperative Lernprozesse und Kompromissbildungen ersetzt werden.

Vor und während des Agendaprozesses wurde vom Berliner Abgeordnetenhaus sowohl in der 13. als auch in der 14. Wahlperiode eine Enquêtekommission („Zukunftsfähiges Berlin“ bzw. "Lokale Agenda 21 / Zukunftsfähiges Berlin") eingesetzt. Zur gleichen Zeit hat der Senat mit Unterstützung der EU-Kommission die BerlinStudie erstellen lassen ("Strategien für die Stadt"). Der Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Erarbeitung der Berliner Agenda 21 geht auf einen entsprechenden Vorschlag der ersten Enquêtekommission zurück. Die Ergebnisse der Enquêtekommissionen und der BerlinStudie flossen teilweise in die Leitbilder, Ziele und Maßnahmen dieser Berliner Agenda 21 ein. Eine integrierte Diskussion und Umsetzung der Empfehlungen und Schlussfolgerungen der Enquêtekommissionen und der BerlinStudie in Parlament, Verwaltung und Zivilgesellschaft steht jedoch noch aus. Das Agendaforum betrachtet daher mit der Vorlage der Agenda seinen Arbeitsauftrag keineswegs als abgeschlossen

 

 

3.2      Die Erfahrungen des partizipativen Ansatzes

Das Agendaforum hatte und hat den Anspruch, Politik, Verwaltung und Bürgerschaft auf eine Weise zusammenzubringen, dass diese konstruktiv zusammenarbeiten können. Hintergrund dieses Anspruches ist die Erkenntnis, dass nachhaltige Entwicklung eine umfassende gesellschaftspolitische Strategie und eine breite Bürgerbeteiligung erfordert. Sie verlangt sowohl konsequente politisch-rechtliche Instrumente, die die Rahmenbedingungen für Produzent/innen und Konsument/innen verändern als auch einen umfassenden Prozess der Bewusstseinsbildung und Verhaltensänderung der Bevölkerung.

Aus diesem Grund sind Agendaprozesse überall in dieser oder ähnlicher Weise organisiert. In allen Berliner Bezirken wird bzw. wurde an eigenen Agenda-Entwürfen gearbeitet. In einigen Stadtbezirken wurde sogar bundesweit und international Pionierarbeit geleistet. So ist seit 1993 in Köpenick ein Agendaprozess lebendig. Es war von Anfang an das Bestreben der bezirklichen Agenda-Akteure, eine gesamtstädtische Agenda auf den Weg zu bringen, weil in Handlungsfeldern wie Wirtschaft, Verkehr oder Bildung die bezirklichen Entscheidungsspielräume sehr gering sind. Umgekehrt war das Agendaforum bestrebt, die Impulse aus den bezirklichen Agenden mit in den gesamtstädtischen Agendaentwurf zu übernehmen. Strukturell wurden die Bezirke durch eine eigene Bank „bezirkliche und kommunale Initiativen“ und durch den gesetzten Vertreter des Rates der Bürgermeister im Agendaforum verankert. Dem Informationsaustausch und der Diskussion zwischen bezirklichen und gesamtstädtischen Akteuren diente außerdem der Öffentliche Arbeitskreis sowie die 14 Diskussionsforen in den Berliner Bezirken zum vorliegenden Agenda-Entwurf.

Für Berlin, als Gemeinde zugleich Bundesland, stellen sich für die Lokale Agenda 21 viele Aufgaben, die wegen ihrer Größe und Komplexität über den unmittelbaren Erfahrungshorizont der Bürger/innen hinausgehen. Aus diesem Grund waren anfangs im Agendaforum vor allem Gruppen, Initiativen und Organisationen vertreten, die auf einem großen Erfahrungshintergrund in Nachhaltigkeitsfragen aufbauen konnten. Im Rahmen der Dialog-Veranstaltungen kamen neue Initiativen, Verbände und Einzelpersonen zu Wort, die ihre Ideen dann teilweise auch in die Fachforen einbrachten. Auf der bezirklichen Ebene dominieren Fragestellungen, die eher aus der unmittelbaren Lebenserfahrung entscheidbar sind; deswegen sind in den bezirklichen Agendagruppen deutlich mehr Bürger/innen statt Organisationen vertreten.

Im November 2002 wurde ein Arbeitsentwurf mit Leitbildern, Handlungszielen, Indikatoren und Maßnahmen in neun vorrangigen Handlungsfeldern präsentiert. Zwischen Mai und September 2003 diskutierte das Agendaforum diesen Arbeitsentwurf in über 20 öffentlichen Dialog-Veranstaltungen mit den Bürger/innen der Stadt. Nach dieser Diskussion haben die Fachforen und AGs des Agendaforums auf der Basis zahlreicher Anregungen, Hinweise und Kritiken den Arbeitsentwurf qualifiziert. Dieser Entwurf der Berliner Lokalen Agenda 21 wurde auf der Sitzung des Agendaforums am 15.03.2004 beschlossen. Um ihn zu der „Berliner Lokalen Agenda 21“ zu machen, wird er noch vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet.

Die bisherigen Erfahrungen machen deutlich, wie wichtig die gesellschaftliche Akzeptanz und politische Unterstützung des Agendaprozesses für die Stadt sind. Fehlen sie, ist es immens schwierig, die für die nachhaltige Entwicklung Berlins wichtigen Verbände und Institutionen für ein Engagement zu gewinnen. Dies bestätigen auch sämtliche Erfahrungen aus anderen Städten, Bundesländern und Staaten eindeutig: je offener und fördernder staatliche Akteure agieren, umso besser und schneller entwickelt sich ein Agendaprozess und umso besser und schneller ergeben sich die angestrebten positiven Effekte in ökologischen, ökonomischen und sozialen Bereichen – was wiederum weitere Bürger/innen zu mehr Engagement animiert.

Dementsprechend zeigte sich in Berlin ein differenziertes Bild der Zusammenarbeit im Agendaforum bzw. in den Fachforen. Erfolg war nur dann beschieden, wenn sowohl die Verwaltungsseite als auch die Akteure aus Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaft, Wirtschaft, Arbeitnehmerschaft

·         sich auf die Situation des jeweils anderen Partners einließen,

·         die jeweils unterschiedlichen Rollen und Arbeitsweisen akzeptierten und

·         die nachhaltige Entwicklung als gemeinsames Ziel anerkannten und als Ansatzpunkt der Kooperation nutzten.

 

Die Begleitung und Unterstützung durch die Geschäftsstelle des Agendaforums und durch das Agendabüro des Senats erwiesen sich hierbei als außerordentlich hilfreich und erscheinen auch für den weiteren Umsetzungsprozess unerlässlich. Allerdings hat sich die Anbindung des Agendabüros in der Senatsverwaltung als nicht ausreichend erwiesen. Die Erarbeitung der Lokalen Agenda 21 spielte bei den Verwaltungsspitzen nur eine untergeordnete Rolle. Ebenso waren nur einige Senatsverwaltungen am Dialog der jeweiligen Fachforen aktiv beteiligt. So kam es, dass das tägliche politische Handeln des Senats oft nicht im Einklang mit den Diskussionen im Rahmen der Lokalen Agenda 21 stand.

Alle Senatsverwaltungen sind aufgefordert, sich zukünftig stärker in den Agendaprozess einzubringen und die Arbeit der ehrenamtlichen Gremien adäquat anzuerkennen. Die Praxis zeigt, dass durch verbesserte Kommunikation und Kooperation positive Resultate erzielt werden können. Wenn die Politik dafür den Rahmen schafft, werden sich künftig sicherlich mehr und auch wichtige Akteure aus der Stadtgesellschaft beteiligen. Als ein wichtiges Bindeglied hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Senatsbeauftragten bewährt. Jedoch muss sie stärker als bisher auch in das Handeln der Senatsressorts hineinwirken und zu diesem zwingend erforderlichen Zweck gestärkt werden.

Der hohe Anspruch, ehrenamtliches Engagement mit hierarchischen Verwaltungsstruk­turen zusammenzubringen, war für alle Beteiligten eine neue Herausforderung. Er konnte nicht immer eingelöst werden, kann jedoch in Anbetracht der zu bewältigenden Aufgabe nur weiter intensiviert werden. Der auf die Umsteuerung in Richtung Nachhaltigkeit zielende Dialog kann, trotz verschiedener Interessen und Motivationen der Prozessbeteiligten, als grundsätzlich Gewinn bringend bewertet werden und bietet damit für die künftige Arbeit eine unerlässliche und Erfolg versprechende Perspektive. Auf den bisherigen Erfahrungen und mit den geschaffenen Arbeitskontakten kann und muss nun in der Umsetzung der Berliner Agenda 21 aufgebaut und die Zusammenarbeit verbessert werden.

 


3.3      Reformschritte: Anforderungen der Berliner Agenda 21 an nachhaltige
           Politikgestaltung

Das Handeln der Akteure im Agendaforum ist von dem Anspruch geprägt, mit einem partizipativ erarbeiteten Zukunftsprogramm für Berlin eine Umsetzung nachhaltiger Politik in Politik, Verwaltung und Organisationen sowie in der Zivilgesellschaft selbst zu erreichen.

In Abschnitt 3.3 ist eine Reihe von Aufgaben aufgeführt, deren Erfüllung die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Berliner Agenda ist.

Die Berliner Agenda soll in einem langfristigen Dialogprozess bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden, wobei die Ziele, Maßnahmen und Projekte in kurzfristige (bis 2006) und langfristige unterschieden werden. Zentrales Element dabei ist die kooperative Erstellung und Umsetzung eines Nachhaltigkeitsplans für Berlin. Als Grundlage dafür hat das Agendaforum die Reformschritte - konkrete Ziele, Maßnahmen und Projekte, ggf. auch Änderungen von Gesetzen, Verordnungen und Programmen - in den einzelnen Handlungsfeldern benannt. Damit erbringt das Agendaforum eine wichtige Vorleistung für die Stadt und handelt im Sinne der Koalitionsvereinbarung der Landesregierung, die die Erstellung eines Nachhaltigkeitsplans ebenso betont wie der Bericht des Senators für Stadtentwicklung über die Berliner Agenda an das Abgeordnetenhaus vom 24.2.2003. Gleiches gilt für die Entwicklung von Zielen, Indikatoren und Aktivitäten für eine nachhaltige Stadtentwicklung in den Senatsressorts, wie vom Abgeordnetenhaus im Jahr 1999 und vom Senat im Jahr 2000 beschlossen.

Berlin kann sich nachhaltig verändern, wenn eine von Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und NROs gemeinsam getragene langfristige Nachhaltigkeitsplanung einschließlich eines entsprechenden Monitorings und Controllings auf Basis der Agenda 21 erarbeitet und umgesetzt wird. Dies schließt die Verzahnung der Berliner Agenda 21 mit anderen nachhaltigkeitsrelevanten formellen und informellen Plänen, Programmen sowie sektoralen Politiken ein.

 

 

3.4      Die Leitprojekte der Berliner Agenda 21

Agenda bedeutet wörtlich „das, was zu tun ist“ und so ist die Berliner Agenda 21 vor allem als Handlungsanleitung zu verstehen. Ausgehend von Problembeschreibungen und Leitbildern sind die Ziele, Maßnahmen und Projekte bereits für die einzelnen Handlungsfelder dargestellt. Unter diesen sind die Leitprojekte hervorgehoben als die Projekte, die in hervorragender Weise

·         den Zielen des jeweiligen Handlungsfeldes dienen,

·         das Ziel nachhaltiger Entwicklung illustrieren und

·         eine Zusammenarbeit verschiedener Akteure ermöglichen.

Darüber hinaus ist es wünschenswert, diese Projekte unmittelbar anzuschieben. Sie sind so breit gefasst, dass sie verschiedene Aktivitäten umfassen und Flexibilität in der Durchführung gestatten. Andererseits sind sie so eng beschrieben, dass sie noch überschaubar und handhabbar sind.

Die Fachforen und AGs initiieren, begleiten und unterstützen die Leitprojekte: Sie stellen die Steuerungsgruppe dar und müssen für die konkrete Umsetzung noch weitere Akteure hinzugewinnen. Sie erwarten von Politik und Verwaltung die aktive Unterstützung der Leitprojekte, die Schaffung der Rahmenbedingungen und die Bereitstellung von Ressourcen. Denn nur wenn Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen, können die Leitprojekte erfolgreich verwirklicht werden.

 


3.5 Die weitere Arbeit des Agendaforums

Das Abgeordnetenhaus und das Agendaforum wollen den gemeinsamen Dialog über eine nachhaltige Entwicklung Berlins und die Bemühungen zu ihrer Realisierung fortführen. Sie halten dies für erforderlich, um die vielerorts aktivierten Ressourcen ehrenamtlicher Initiativen, Vereine und Verbände nun verstärkt in die Umsetzung von Projekten zu lenken, die aufzeigen, wie sich die Stadt positiv in Richtung Nachhaltigkeit verändern kann.

Das Agendaforum wird sich ab 2004 den folgenden Aufgaben zur Umsetzung der Berliner
Agenda 21 widmen:

·         Umsetzung des Agenda-Programms vor allem an Hand der Reformvorschläge und Leitprojekte

·         intensive Begleitung der Diskussions- und Entscheidungsprozesse zur Berliner Agenda im Abgeordnetenhaus,

·         Fundraising zur Erschließung von Mitteln für die Umsetzung von Agendaprojekten und für die erfolgreiche Fortführung des Agendaprozesses,

·         breite öffentliche Kommunikation des Agenda-Umsetzungsprozesses und seiner Ziele,

·         sukzessive Mitarbeit an der Erstellung eines Nachhaltigkeitsplans (wie in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen),

·         Aufbau eines Nachhaltigkeitsmonitorings und –controllings,

·         Fortschreibung, Aktualisierung und Anpassung der Agenda 21.

 

Das Agendaforum wird seinen Arbeitsplan und die weitere Verbesserung der Kommunikations- und Arbeitsstrukturen bis Mitte des Jahres 2004 präzisieren. Alle diese Aufgaben sollen vom Agendaforum in enger Zusammenarbeit mit Verwaltung und Politik gelöst werden.

Eine entscheidende Rolle sollte dabei der Regierende Bürgermeister von Berlin einnehmen. Er sollte sich klar zum Nachhaltigkeitsprozess bekennen und sich als Moderator des Agendaprozesses verstehen. Von seiner Teilnahme wird entscheidend die Teilnahme anderer wichtiger Persönlichkeiten und Institutionen der Stadt abhängen. Innerhalb der Verwaltung sollte die Umsetzung der Lokalen Agenda 21 von einem Agendabüro als Stabsstelle geleitet werden. Dazu bedarf es einer Stärkung und Aufwertung des vorhandenen Agendabüros. Die Stabsstelle übernimmt die Koordination zwischen den einzelnen Verwaltungen und verteilt und kontrolliert die Aufgaben, die für die Umsetzung und das Monitoring der Agenda notwendig sind. Gleichzeitig dient sie als Verbindungsglied zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft. Parallel sollte, wie auf der Bundesebene, ein Staatssekretärsausschuss für Nachhaltige Entwicklung eingerichtet werden, um notwendige politische Entscheidungen zu treffen oder Zielkonflikte schnell zu lösen.

Das Abgeordnetenhaus nimmt sich vor, zur Begleitung des Nachhaltigkeitsprozesses ein parlamentarisches Gremium für Nachhaltige Entwicklung einzurichten. Auch hier kann sich Berlin an der Bundesebene orientieren, wo diese Aufgabe ein Beirat übernommen hat. Damit würde das Parlament dem interdisziplinären Ansatz nachhaltiger Entwicklung und der ressortübergreifenden Entscheidungsfindung gerecht werden. Die institutionelle Basis für eine erfolgreiche Umsetzung der Lokalen Agenda 21 wäre damit sichergestellt. Aufgaben sollten insbesondere die Entwicklung von Empfehlungen für mittel- und langfristige Planungen, der Dialog über Nachhaltige Entwicklung mit der Zivilgesellschaft sowie die Mitberatung bei der Festlegung und Konkretisierung von Zielen und Maßnahmen sein.

Die Fachforen und AGs des Agendaforums werden weiter arbeiten und ihre Vorschläge weiter entwickeln. Vor allem aber kommt es jetzt darauf an, dass Politik, Verwaltung und zivilgesellschaftliche Akteure den Agenda-Dialog auf eine breite Basis stellen und zusätzliche Ressourcen mobilisieren. Denn nur die kontinuierliche und partizipationsorientierte Arbeit an der Umsetzung der gemeinsam definierten Leitbilder, Ziele, Maßnahmen und Projekte wird die Stadt in die Lage versetzen, den Auftrag von Rio zu erfüllen und die Lebensqualität in Berlin zu verbessern.

 

3.6 Kontakte:

Generell:

Geschäftsstelle des Agendaforums
c/o Projektstelle Lokale Agenda 21 in der GRÜNEN LIGA
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin, Tel. 44 33 91 64
berliner.agenda21@grueneliga.de    www.agenda21berlin.de

 

Für die Handlungsfelder:

Verkehr / Mobilität

Christian Kölling, Tel. 681 65 68, Koelling@p-soft.de

 

Berlin in der märkischen Landschaft

Hartwig Berger, Tel. 318 00 406, hartwig.berger@t-online.de

 

Soziale Stadtentwicklung - Soziale Kohäsion

Norbert Rheinländer, Tel. 788 33 96, Norbert.Rheinlaender@t-online.de

 

Partizipation

Erhard O. Müller, Tel. 204 40 77 oder 0177-277 85 46, fobuerg@aol.com

 

Zukunft der Arbeit

Erhard O. Müller, Tel. 204 40 77 oder 0177-277 85 46, fobuerg@aol.com

 

Strukturwandel zur Informationsgesellschaft

Lars Vogelsang, Tel. 61 28 08 71, vogelsang@agenda-agentur.de

 

Bildung für die Zukunft

Hilla Metzner, Tel. 838 56 471, prowerk@zedat.fu-berlin.de

 

Berlin in der Einen Welt

Annette Berger, Tel. 428 515 87, buero@BER-Landesnetzwerk.de
Michael Strecker, Tel. 0174-137 31 71, flya21@gmx.de

 

Klimaschutz

Stefan Richter, GRÜNE LIGA, Tel. 44 33 91 64, stefan.richter@grueneliga.de
Rainer Stock, IHK Berlin, Tel. 31 510 498, stk@berlin.ihk.de

 

Geschlechtergerechtigkeit

Ulrike Jobst, Tel. 44 33 09 49, jobst@profutura-ev.de
Dr. Ute Waschkowitz, Tel. 42 40 23 12, ute.waschkowitz@ba-pankow.verwalt-berlin.de

 

Ausschuss-Kennung : ArbBFraugcxzqsq

 



[1] Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe für den Zeitraum 2003-2006 in der Fassung vom 21.07.1988 (BGBl. I S. 1055) zuletzt geändert durch das „Gesetz zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des GAK-Gesetzes“ vom 10. Mai 2002 (BGBl. I S. 1527).

* Für den Agendaprozess ist Geschlechtergerechtigkeit ein wesentliches Element. Im Text ist deswegen immer auch immer die weibliche Form mit gemeint, selbst wenn sie nicht extra erwähnt wird.

[2]  Entsprechend dem gemeinsamen Vorschlag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für ein Ziel- und Indikatorensystem eines zukunftsfähigen Berlins im Rahmen der Enquetekommission „Lokale Agenda 21/Zukunftsfähiges Berlin“.

[3] Vgl. Surburg, U. et al.: Kommunale Agenda 21 – Modellvorhaben: Dauerhaft umweltverträgliche Mobilität in Stadt und Region. Teilvorhaben 1: Erstellung eines Katalogs technischer und planerischer Qualitätsziele. Berlin 2001.

[4] Die Formulierung der verkehrsbezogenen Reduktionsziele für Kohlendioxid erfolgt in Abstimmung mit dem Handlungsfeld Klimaschutz. Die Expertengruppe des OECD „EST-Projekts“ empfiehlt zur Erreichung des als nachhaltig (im Sinne von dauerhaft-umweltgerecht) zu bezeichnenden Qualitätsziels eine Reduktion der verkehrsbezogenen CO2-Gesamtemissionen bis 2030 um 80% bezogen auf 1990. Die Einschätzung der OECD-Experten basiert auf den Studien des IPCC zum Klimawandel und der Forderung von größeren Reduktionsmengen in den OECD-Staaten gegenüber Nicht-OECD-Staaten. Es wird davon ausgegangen, dass eine erhebliche Steigerung der Energieeffizienz im Verkehrsbereich möglich ist. (Vgl. OECD (1999), S. 23.)

[5] Empfehlung des Wuppertal-Institus (REUTER et al. 1996) zur Reduzierung der Umweltbelastung für den Verflechtungsraum Berlin/Brandenburg. Dementsprechend wird das Handlungsziel formuliert.

[6] Grundlage für die Zielberechnung ist das „unit risk-Konzept“ als Maß für die Kanzerogenität eines Stoffes. Das „unit risk“ ist der Schätzwert des Risikos pro Dosiseinheit (= Wahrscheinlichkeit bei lebenslanger Exposition bei einer Konzentration von 1µg/m³ infolge der Belastung an einer Krebserkrankung zu sterben).

[7] Nach dem „unit risk“-Konzept entspricht: 1 µg/m³ Ruß einem Risiko von 7 x 10-5
0,14 µg/m³ Ruß einem Risiko von 0,14 x (7 x 10-5) » 1 x 10-5 = VSD

[8] Vgl. Reuter, O. et al. (1996).

[9] Das Umweltbundesamt (1997), S. 89, empfiehlt dieses Umweltqualitätsziel bereits für das Zieljahr 2005. Das Wuppertal-Institut (1996) definiert die angegebenen Werte für den Verflechtungsraum Berlin/Brandenburg für das Zieljahr 2010. Diese Werte werden gleichzeitig als politikfähiger Lösungsansatz gekennzeichnet.

[10] In Anlehnung an Umweltbundesamt (1997), S. 89.

[11] Vgl. Reuter, O. et al. (1996) und Klippel, P. (1994).

[12] vgl. UBA (1997), S. 91 und Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (1999), S. 63.

[13] In Anlehnung an einen schwedischen Parlamentsbeschluss, der vorsieht, bis 2020 die Zahl der Schwerverletzten und Toten im Verkehr auf Null zu reduzieren.